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2259 Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Erhöhung der Kompetenz des Bundesrates für den Ankauf von Liegenschaften oder für Neu- und Umbauten.

(Vom 2. November 1927.)

Nach der gegenwärtigen Ordnung können Gesuche um Bewilligung von Ausgaben für neue Anlagen und Einrichtungen den Räten mit dem Voranschlag oder mit den Nachkreditbegehren unter besonderer Auskunft und Begründung vorgelegt werden, wenn es sich um Beträge bis zu Fr. 100,000, mit besonderer Botschaft dagegen, wenn es sich um höhere Beträge handelt. Diese Grenze wurde im Jahre 1899 festgelegt durch Annahme des Postulates Nr. 566. das lautet: ,,Der Bundesrat wird eingeladen : a. -- ; b. -- ; c. für neue Anlagen sowie Installationen im Betrage von mehr als Fr. 100,000 jeweilen besondere Botschaften und Vorlagen, für solche unter diesem Betrage spezielle Auskunft und Begründung in der Budgetbotschaft beizubringen.a Die Grenze von Fr. 100,000 entsprach den damaligen Verhältnissen.

Seither ist durch den Krieg und seine Nachwirkungen eine wesentliche Geldentwertung eingetreten, und auch sonst haben sich die Verhältnisse wesentlich geändert. Schon im Jahre 1920 gab denn auch der Referent der ständerätlichen Kommission für den Ankauf des Postgebäudes in Thalwil, Herr Ständerat Mercier, der Ansicht Ausdruck, es dürfte vielleicht zweckmässig sein, den Kompetenzbetrag des Bunderates zu erhöhen, d. h. die Grenze nach oben zu verschieben, besonders weil der Bund immer mehr genötigt sein werde, auch in kleinern Ortschaften Postgebäude zu erwerben ').

Bei dem im laufenden Jahre erfolgten Ankaufe des Postgebäudes in Amriswil haben Presse und Bevölkerung daran Anstoss genommen, dass .

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) Siehe Auszug aus dem Protokoll des Ständerates vom 7. Dezember 1920 über Traktandum Nr. 56/1326, .Postgebäude Thalwil.

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zwei parlamentarische Kommissionen sich an Ort und Stelle begeben mussten, um dieses Geschäft, das die Erwerbung eines von der Post schon seit mehr als 20 Jahren benützten Gebäudes zu einem Kaufpreis von nur Fr. 108,000 zum Gegenstand hatte, zu prüfen und zu begutachten.

Diese Erscheinungen bieten offenbar einen Fingerzeig dafür, dass für derartige Geschäfte das Verfahren vereinfacht werden sollte. Das könnte in der Weise geschehen, dass die Grenze für Ausgaben, die den Räten mit besonderer Botschaft vorzulegen sind, in angemessener Weise nach oben verschoben würde. Wir wissen zwar, dass die Bundesversammlung im Jahre 1920 eine Anregung des Departements des Innern über die Erhöhung des Kompetenzbetrages auf Fr. 200,000 (siehe Botschaft zum Voranschlag 1921, Seite 83, allgemeine Bemerkung zu IV. Hochbauten), abgelehnt hat. Die Verhältnisse haben sich jedoch seither in der von Herrn Ständerat Mercier angedeuteten Richtung weiter entwickelt. Immer mehr wird es notwendig, Gebäude zur Unterbringung der eidgenössischen Betriebe, insbesondere der Verkehrsanstalten, zu erwerben oder zu erstellen.

Voraussetzung für die Erwerbung eines eigenen Gebäudes zu Post- und Telegraphenzwecken ist in allen Fällen, dass die Bahnhoffrage und die allgemeine bauliche Entwicklung einer Ortschaft so weit abgeklärt sind, dass die für ein Post- und Telegraphenbureau auf absehbare Zeit zweckmässigste Verkehrslage bestimmt werden kann. Überwiegende Gründe sprechen in der Regel dafür, diese Bureaux an den Bahnhof oder in seine nächste Nähe zu verlegen. Nur auf diese Weise lassen sich die vielen Gänge vom Postbureau zum Bahnhof und umgekehrt, die zu Sendungsvermittlungen erforderlich sind, in kürzester Frist ausführen. Damit wird einmal an Arbeitszeit und Transportkosten gespart. Zugleich aber können die Abschlusszeiten für abgehende Sendungen den Zugabgängen genähert und die ankommenden Postsachen rascher ihrer Bestimmung zugeführt werden. Die Vorteile, die mit der Verlegung von Postbureaux gegen die Bahnhofe hin erreicht werden, kommen also sowohl der Ökonomie der Postverwaltung als auch einer rascheren Verkehrsabwicklung zugute.

Nach den gesetzlichen Bestimmungen sollen im allgemeinen die Dienstzweige der Post, des Telegraphen und des Telephons in einem Bureau vereinigt oder wenigstens im nämlichen Gebäude untergebracht
sein. Ist nun ein Postbureau in günstiger Lage beim Bahnhof einmal eingerichtet und ist das Telegraphen- und Telephonamt mit ihm vereinigt oder im nämlichen Gebäude untergebracht, so sind diese Dienstzweige an diese Verkehrslage dauernd gebunden. Bei einer Verlegung in ein anderes Gebäude könnte meistens nur die unmittelbare Nachbarschaft in Frage kommen. Die Auswahl an Mietlokalen ist daher äusserst beschränkt.

Das wissen die Vermieter, und sie nützen diese Verhältnisse durch Mietzinssteigerungen beim Ablauf der Mietdauer aus. Gewöhnlich wird zwar versucht, wenigstens eine feste Mietdauer von 15 Jahren festzusetzen.

Schon das begegnet aber oft Widerständen bei den Vermietern, besonders

385 weil die mietenden Verwaltungen, um bei Handänderungen geschützt zu sein, verlangen müssen, dass der Mietvertrag im Grundbuch vorgemerkt werde. Die feste Mietdauer und die Eintragung der Mietverträge im Grundbuch sind indessen die einzigen Mittel, um sich gegen fortwährende Mietzinssteigerungen einigermassen zu schützen und günstig gelegene und eingerichtete Diensträume auf eine gewisse Zeit behalten zu können.

Nach Ablauf dieser Zeit macht sich die ganze Ungunst der Zwangslage geltend, in die die eingemieteten Betriebe inzwischen hineingewachsen sind. Sie findet ihren Ausdruck in übersetzten Mietzinsforderungen, vor denen nur der rechtzeitige Ankauf einer zweckmässig gelegenen Liegenschaft schützen kann. Es kommt hinzu, dass infolge der raschen Entwicklung des Telephonverkehrs die Zentralen auch in mittleren Ortschaften einen bedeutenden Umfang annehmen. Die Verlegung einer solchen Zentrale in ein anderes Haus ruft grossen Kosten, namentlich dort, wo wegen der sich stets mehrenden Starkstromanlagen die Telephonleitungen mittels Kabel in die Erde verlegt werden müssen. Ist eine solche Zentrale einmal in Mieträumen festgelegt, so ist es auf die Dauer nicht möglich, sich gegen sehr weitgehende Mietzinsforderungen zu schützen.

Daher ist es meist vorteilhafter, sie rechtzeitig in einem eigenen Gebäude unterzubringen.

Unter diesen Umständen empfiehlt es sich, das Verfahren zur Erwerbung kleinerer Liegenschaften zu vereinfachen. Auch für die Vornahme unerlässlicher Neu- und Umbauten wäre es wünschbar, die Grenze, innerhalb welcher Kreditbegehren den Bäten mit der Budgetbotschaft vorgelegt werden können, höher zu^ legen. Bekanntlich sind ja die Baukosten heute zirka 70 °/o höher als vor dem Kriege.

Eine Änderung des im Jahre 1899 gefassten Beschlusses scheint uns daher geboten. Wenn die damals bei Fr. 100,000 gezogene Grenze auf Fr. 200,000 erhöht würde, so wäre damit eine wesentlich bessere Anpassung an die heutigen Verhältnisse erreicht, und die prompte Behandlung der in Frage kommenden Geschäfte würde erleichtert.

Gestützt auf diese Ausführungen empfehlen wir Ihnen, den nachfolgenden Entwurf zu einem Beschluss gutheissen zu wollen.

Genehmigen Sie die Versicherung unserer ausgezeichneten Hochachtung.

B e r n , den 2. November 1927.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Motta.

Der Bundeskanzler : Kaeslin.

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Entwurf.

Bundesfoeschluss betreffend

die Erhöhung der Kompetenz des Bundesrates für den Ankauf von Liegenschaften oder für Neu- und Umbauten.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 2. November 1927, beschliesst:

Art. 1.

Kreditbegehren für den Ankauf von Liegenschaften oder für Neuund Umbauten sind vom Bundesrate den eidgenossischen Räten mit besonderer Botschaft zu unterbreiten, wenn die Ausgabe für das einzelne Geschäft Fr. 200,000 übersteigt. Beträgt die Ausgabe Fr. 200,000 oder weniger, so genügt die Einstellung des Betrages in den ordentlichen Voranschlag oder in die Nachtragskreditbegehren.

Art. 2.

Dieser Beschluss tritt, als nicht allgemein verbindlicher Natur, sofort in Kraft.

Art. 3.

Der Bundesrat wird mit der Vollziehung beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Erhöhung der Kompetenz des Bundesrates für den Ankauf von Liegenschaften oder für Neu- und Umbauten. (Vom 2. November 1927.)

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