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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Fristverlängerung für die Eisenbahn von Zermatt auf den Gornergrat und Nichteintreten auf das Fristverlängerungsgesuch für die Matterhornbahn.

(Vom 29. Oktober 1895.)

Tit.

Mit Eingabe vom 10. Juni 1895 stellen Herr A. H a a g , Architekt in Biel, und die Erbschaft H e e r - B é t r i x daselbst das Gesuch um Verlängerung der in Art. 5 der Konzession einer Eisenbahn von Z e r m a t t auf den G o r n e r g r a t und auf das M a t t erh ö r n vom 20. Juni 1892 festgesetzten und für die Gornergratbahn durch Bundesbeschluß vom 28. Juni 1894 erstreckten Frist zur Einreichung der vorschriftsmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen, sowie der Gesellschaftsstatuten, und zwar für die Gornergratbahn um 12 und für die Matterhornbahn um 36 Monate.

Die zur Finanzierung des Unternehmens mit Bankinstituten angeknüpften Unterhandlungen hätten zur Folge gehabt, daß der projektierte Dampfbetrieb für die Gornergratbahn fallen gelassen und elektrischer Betrieb in Aussicht genommen worden sei, was eine völlige Umarbeitung des Projektes, weitläufige Unterhandlungen mit der Gemeinde Zermatt betreffend Erwerb der Wasserkraft und eingehende Vorstudien des elektrischen Betriebes veranlaßt habe.

Im Laufe des letzten Sommers seien die Terrainaufnahmen für die Gornergratbahn besorgt und im letzten Winter die definitiven Pläne ausgearbeitet worden. Diese Vorarbeiten, die bereits einen Kostenaufwand von cirka Fr. 22,000 verursacht hätten, seien für die Finanzierung unbedingt erforderlich gewesen, da an eine solche vorher nicht hätte gedacht werden können.

Was das Matterhornbahnprojekt betreffe, so dächten die Konzessionäre dermalen nicht daran, an dessen Realisierung heranzuo

24 treten, vielmehr empfehle es sich, vorerst die Gornergratbahn zu erstellen und erst später das Matterhombahnprojekt nochmals näher zu prüfen.

Die Regierung von Wallis, der das Gesuch zur Vernchmlassung übermittelt wurde, teilte hierauf mit Schreiben vom 21. September dieses Jahres mit, daß der Große Rat sich zu diesem Gesuche ablehnend verhalte, da die projektierte Bahn lediglich eine Finanzspekulation sei und den zahlreichen Führern und Trägern eine beträchtliche und verderbliche Konkurrenz schaffen würde, weshalb die Regierung gemäß der ihr vom Großen Rate erteilten Direktive um Nichtgewährung der nachgesuchten Fristverlängerung ersuche.

Diese Stellungnahme der Regierung von Wallis entspricht vollständig dem Standpunkte, den sie bereits letztes Jahr in ihrer Vernehmlassung zu dem damals hängigen Fristverlängerungsgesuch für die Gornergratbahn allein eingenommen hatte. Wir traten schon damals der in dieser Stellungnahme zur Geltung gebrachten Auffassung entgegen, weil uns dieselbe weder formell noch materiell haltbar erschien. In formeller Beziehung ist zu bemerken, daß die für Ablehnung des Gesuchs geltend gemachten Gründe sich eigentlich nicht gegen die nachgesuchte Fristverlängerung richten, sondern gegen die Berechtigung des Unternehmens selbst, welche seiner Zeit durch die Erteilung der Konzession thatsächlich anerkannt worden ist und deshalb unseres Erachtens nicht wieder in Diskussion gestellt werden sollte. In materieller Hinsicht können wir nur das in unserer Botschaft vom 18. Juni 1894 Gesagte ·wiederholen, nämlich, daß durch den Hinweis auf die Bergbahnen des Berner Oberlandes wohl ohne Schwierigkeit der Nachweis erbracht werden könnte, daß die ja auch diesen Bahnen gegenüber seiner Zeit geltend gemachten Befürchtungen über die drohende Konkurrenz für den Stand der Führer und Träger sich in der Hauptsache als grundlos erwiesen haben und, da die wirtschaftlichen Bedingungen dort ungefähr die gleichen seien wie in Zermatt, sich deshalb auch hier nicht bewahrheiten würden. Endlich machten wir darauf aufmerksam, daß die bestehende und bis dahin durchaus konstante Praxis in weitgehendster Weise Fristverlängerungen für erteilte Konzessionen bewilligt habe, sobald nicht veränderte Verhältnisse, auftauchende Konkurrenzprojekte, ernsthaftere Garantien für die Ausführung bei neuen Bewerbern
und ähnliche Gründe die Fristverweigerung als gerechtfertigt erscheinen ließen, was in vorliegendem Falle alles nicht zutreffe. Sie haben damals unsere Auffassung geteilt, indem Sie die nachgesuchte Fristverlängerung erteilten.

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Die gleichen Gründe sprechen aber jetzt, nachdem die Konzessionäre kostspielige Detailaufnahmen vorgenommen haben, welche den ernsten Willen bekunden, die Bahn auf den Gornergrat wirklich zu erstellen, nur noch in verstärktem Maße für die Bewilligung der Fristverlängerung für diesen Teil des G-esamtprojektes. Dagegen ist mit Bezug auf die Matterhornbahn zu bemerken, daß eine Verlängerung der Frist jeder Begründung entbehrt, indem die Konzessionäre selbst mit aller Deutlichkeit erklären, daß sie an die Realisierung dieses Projektes zurzeit gar nicht dächten. Es kann nicht in der Aufgabe der Bundesbehörden liegen, Fristverlängerungen für Projekte zu bewilligen, welche von den Konzessionären selbst thatsächlich fallen gelassen worden sind, und deshalb ist unseres Brachtens hier die Bewilligung einer weitern Frist zu verweigern. Es kann dies ohne Gefährdung des ernsthaften Projektes der Grornergratbahn geschehen, indem durch die Konzessionsänderung vom 28. Juni 1894 (E. A. S. XIII, 123) folgende Bestimmung neu als Art. 6 a in die Konzession aufgenommen wurde : .,,Die Nichteinhaltung der in Art. 5 und 6 festgesetzten Fristen für die eine Linie hat nur den Hinfall der Konzession für diese, nicht aber für die andere Linie zur Folge. " Durch diese Trennung der beiden gemeinsam konzessionierten Projekte wird es möglich, die mit Bezug auf die Gornergratbahn bestehenden berechtigten Interessen der Konzessionäre zu schützen, ohne gleichzeitig durch Gewährung einer Fristverlängerung für ein nicht mehr ernsthaft zu nehmendes Projekt die Bedeutung dieses Aktes in unzulässiger Weise herabzusetzen.

Wir beantragen Ihnen deshalb die Annahme des nachstehenden Beschlußentwurfes und benutzen den Anlaß, um Sie, Tit., neuerdings unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

Bern, den 29. Oktober 1895.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Zemp.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Ringier.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluß betreffend

Fristverlängerung für die Eisenbahn von Zermatt auf den Gornergrat und Nichteintreten auf das Fristverlängerungsgesuch für die Matterhornbahn.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. einer Eingabe des Herrn Aug. Haag, Architekt, und der Erbschaft Heer-Bétrix in Biel, vom 10. Juni 1895; 2. einer Botschaft des Bundesrates, vom 29. Oktober 1895, beschließt: 1. Die in Art. 5 der Konzession einer Eisenbahn von Z e r m a t t auf den G o r n e r g r a t und auf das M a t t e r h o r n , vom 20. Juni 1892 (E. A. S. XII, 49 ff.), angesetzte, für die G o r n e r g r a t b a h n durch Bundesbeschluß vom 28. Juni 1894 (E. A. S. XIII, 123} erstreckte Frist zur Einreichung der vorschriftsgemäßen technischen und finanziellen Vorlagen, sowie der Gesellschaftsstatuten, wird für die G o r n e v g r a t b a h n neuerdings um 12 Monate, d. h. bis 20. Juni 1896, verlängert.

2. Auf das Gesuch um Verlängerung der Frist für die M a t t e r h o r n b a h n wird nicht eingetreten.

3. Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge dieses Beschlusses beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Fristverlängerung für die Eisenbahn von Zermatt auf den Gornergrat und Nichteintreten auf das Fristverlängerungsgesuch für die Matterhornbahn. (Vom 29. Oktober 1895.)

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30.10.1895

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