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As 45

Bund

79. Jahrgang.

Bern, den 9. November 1927.

Band II.

Erscheint wöchentlich. Preis HO .Frante» im Jahr, lo Franken im Halbjahr, zuzüglich Nachnahme- and Postbestellungsgettihr.

Einriickungsffetilhr.' 50 Rappen die Petitzeile oder deren Raum. -- Inserate franko an Stämpfli * de. in Bern.

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I. Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigungsgesuche (Dezembersession 1927).

(Vom 2. November 1927.)

Wir beehren uns unter Vorlage der Akten über nachstehende 75 Begnadigungsgesuche Bericht zu erstatten und über deren Erledigung Antrag zu stellen.

1. Fritz Loosli, geb. 1889, Eisenwerkarbeiter, Horriwil (Solothurn).

(Billetverfälschung, Betrugsversuch.)

1. Fritz Loosli ist am 26. März 1927 vom Obergericht des Kantons Solothurn gemäss Art. 61 des Bundesstrafrechtes in Verbindung mit kantonalrechtlichen Strafbestimmungen betreffend Betrug zu 5 Tagen Gefängnis und Fr. 20 Busse verurteilt worden.

Loosli hat am 1. Oktober 1926 in einem S. B. B.-Zug als Ausweis für die Fahrt Mett=Bözingen-Solothurn ein seit zirka drei Monaten ungültiges Betourbillet vorgewiesen, dessen Ausgabedatum ausgekratzt und unleserlich war.

Loosli ersucht um Erlass der Gefängnisstrafe. Das Billet sei seinerzeit bezahlt, jedoch nicht benützt worden. Das urteilende Gericht hätte ihm den bedingten Straferlass zugebilligt, sofern dies zulässig gewesen wäre. Der Strafvollzug gefährde seine Anstellung. Zur Zeit des Vorfalles sei er infolge von Nachtwachen neben der Fabrikarbeit hergenommen gewesen. Man möge auch seinen schweren Familienlasten Eechnung tragen; die Frau sei leidend, zudem habe er für fünf Kinder aufzukommen.

Das Polizeidepartement des Kantons Solothurn spricht sich in längeren Ausführungen entschieden für die Begnadigung des nicht vorbestraften Gesuchstellers aus. Das Volksempfinden stosse sich immer wieder daran, den für ein Bahnbillet ausgegebenen Betrag infolge Fristablaufs verlieren zu müssen.

Aus Gründen der Generalprävention seien Strafverfahren nicht zu umgehen, jedoch sei den besondern Umständen des Einzelfalles im Wege des bedingten Straferlasses bzw. der Begnadigung Eechnung zu tragen.

Buudesblatt. 79. Jahrg. Bd. II.

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Wir beantragen den bedingten Erlass der Gefängnisstrafe unter Auferlegung einer Probezeit von drei Jahren und heben als Bedingung besonders hervor, dass Loosli während der Probezeit kein weiteres vorsätzliches Vergehen verübe. Im "Vergleich zu früheren Begnadigungsfällen betreffend Billetverfälschungen kann diese Massnahme auch hier verantwortet werden, namentlich wenn erwogen wird, dass besonders leichte Fälle von Urkundenfälschungen eine alternativ lautende Strafandrohung, Gefängnis oder Busse, nahe legen.

(Strafgesetzentwurf, Art. 217. Im übrigen zu vergleichen Beschlüsse i. S.

Schwestern Ammann, Anträge 3 und 4 des I. Berichtes vom 2. November 1923, Bundesbl. III, 108/9.)

2. Walter Schell, geb. 1896, Tapezierer, Liestal (Basellandschaft).

(Verfälschung einer Postquittung.)

2. Walter Schell ist am 7. Mai 1927 vom Kriminalgericht des Kantons Basellandschaft gemäss Art. 61 des Bundesstrafrechtes zu 2 Tagen Gefängnis und Fr. 20 Busse verurteilt worden.

Schell hat eine Postquittung für Fr. 58. 61 in Fr. 358. 61 verfälscht. Die Verfälschung steht im Zusammenhang mit einem Konkursverfahren. Schell, der am Verhandlungstag auf 11 Uhr vorgeladen war, erkundigte sich morgens bei der Amtsstelle nach dem genauen Schuldbetrag. Kurz vor 11 Uhr wies er die Quittung für Fr. 358. 61 vor und vermied damit den Konkurs aus bruch.

Mit Teilzahlungen vom 28. März (Fr. 270) und vom 29. März (Fr. 80) befriedigte er den Gläubiger gänzlich, d. h. in Zeitpunkten, da er die Verfälschung noch nicht entdeckt wusste. Er handelte offenbar in der Erwartung, zu zahlen, bevor Anzeige erstattet sei.

Schell, der die Busse bezahlt hat, ersucht um Erlass der Gefängnisstrafe.

Er schildert sein Bemühen, das benötigte Geld zusammenzubringen, das abgelehnte Anerbieten von Teilzahlungen, die eingetretene Gefahr, durch Kücksichtslosigkeit eines Geschäftsagenten alles zu verlieren. In dieser Lage habe er keinen Ausweg mehr gewusst. Von vorneherein habe er niemanden schädigen wollen.

Die Staatsanwaltschaft und die Polizeidirektion des Kantons Basellandschaft beantragen Abweisung, allenfalls bedingte Begnadigung. Der Vollzug der kurzen Freiheitsstrafe sei für Schell durchaus erträglich. Er sei derart mild bestraft worden, dass ein weiteres Entgegenkommen nicht am Platze sei.

Nach kantonalem Bechi wäre eine Begnadigung unzulässig,
was berücksichtigt werden sollte.

Unserseits übernehmen wir den Eventualantrag der Kantonsbehörden und beantragen den bedingten Erlass der Gefängnisstrafe unter Auferlegung einer Probezeit von drei Jahren und unter der besonderen Bedingung, dass Schell während der Probezeit kein weiteres vorsätzliches Vergehen verübe. Schell handelte in einer finanziellen Notlage, als junger Geschäftsmann, der damals

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vor der Hochzeit stand. Sein Verhalten soll nicht entschuldigt werden, immerhin lässt sich nach den näheren Veramständungen des Vergehens, nach Vorleben und Leumund des nicht vorbestraften Gesuchstellers die bedingte Begnadigung verantworten. Die Massnahme entspricht der Tendenz der Urteilserwägungen.

3. Karl Brühlmann, geb. 1888, Mosthändler, Luxburg-Egnach (Thurgau).

(Fälschung von Eichzahlen.)

3. Karl Brühlmann ist am 23. Mai 1927 vom Bezirksgericht Arbon in Anwendung von Art. 30 des Bundesgesetzes über Mass und Gewicht vom 24. Juni 1909 zu 2 Tagen Gefängnis und Fr. 100 Busse verurteilt worden.

Brühlmann hat bei mindestens zwanzig Fässern die Eichzahlen nachgebrannt.

Brühlmann stellt durch einen Anwalt das Gesuch um Erlass der Gefängnisstrafe. Hierzu wird angebracht, die Eichung habe an sich der Literzahl entsprochen, so dass die Mostkäufer keineswegs getäuscht worden seien. Es handle sich um einzelne, jeweils zu Lieferungen sofort benötigte Fässer ; bei einem Lager von über fünfhundert Stück seien höchstens zwanzig derart behandelt worden.

Die entzogene Eichgebühr betrage zirka Fr. 15. Der Vollzug der Gefängnisstrafe widerstrebe hier dem Bechtsempfinden, zudem sei Brühlmann leidend.

Der Bezirksstatthalter von Arbon beantragt den Erlass der Gefängnisstrafe ; er betont namentlich die sehr günstig lautenden Erhebungen über den Gesuchsteller. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau, auf deren Bericht wir verweisen, und das kantonale Justizdepartement beantragen Abweisung.

Es handle sich um ein raffiniertes Vergehen. Den Gesuchsanbringen sei mit dem milden Urteil genügend Eechnung getragen. Der Straf Vollzug beeinträchtige die Gesundheit des Gesuchstellers nicht. Das eidgenössische Amt für Mass und Gewicht bemerkt, bei der Schwere des Vergehens sollte eine Begnadigung an sich ausgeschlossen sein; ob der Gesundheitszustand eine Strafmilderung nahe lege, werde dem Ermessen der zuständigen Behörden anheimgestellt.

Wir beantragen aus denselben Erwägungen, das Gesuch abzuweisen.

4. Samuel Anderegg, geb. 1896, gew. Postchauffeur, Schönbühl (Bern).

(Postvergehen, Diebstahl.)

4. Samuel A n d e r e g g ist am 15. Juni 1927 vom korrektioneilen Gericht von Bern gemäss Art, 57 des Postverkehrsgesetzes und kantonalrechtlichen Strafbestimmungen betreffend Diebstahl zu drei Monaten Gefängnis verurteilt worden.

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Ahderegg behändigte aus einem Postfourgon ein beschädigtes kleines Paket, das er später vollends öffnete, worauf er sich den Inhalt, drei Armbanduhren, aneignete.

Anderegg stellt durch einen Eechtsanwalt das Gesuch um gänzlichen oder doch teilweisen Erlass der Gefängnisstrafe. Wie vor dem urteilenden Gericht wird betont, Anderegg habe das unterwegs beschädigte Paket zunächst nur behändigt, um einer Massregelung durch die Oberbehörde vorzubeugen. Dieser erste Veratoss gegen die Dienstpflicht habe alles Weitere nach sich gezogen.

Später habe Anderegg die Aneignung der Uhren wieder rückgängig machen und das Paket nachträglich abliefern wollen, jedoch das in einen Kehrichtkessel geworfene Packpapier nicht mehr vorgefunden. Im übrigen gibt das Gesuch namentlich die Anderegg günstigen Urteilserwägungen wieder.

Die Ehefrau des Gesuchstellers unterstützt aus dem Spital das Gesuch in mitleiderregenden Ausführungen.

Das urteilende Gericht hätte den bedingten Straferlass zugebilligt, sofern dies zulässig gewesen wäre. Anderegg sei gut beleumdet und nicht vorbestraft; sein Vorgehen, wenn auch nicht entschuldbar, erscheine menschlich begreiflich. Die Unmöglichkeit des bedingten Straferlasses bedeute eine Härte ; für den Fall, dass Anderegg ein Begnadigungsgesuch einreiche, werde es einstimmig empfohlen.

Der Gemeinderat von Urtenen empfiehlt das Gesuch dringend. Der Eegierungsstatthalter II des Amtsbezirkes Bern befürwortet den gänzlichen, die kantonale Polizeidirektion den bedingten Erlass der Gefängnisstrafe unter Auferlegung einer Probezeit von vier Jahren. Der kantonale Beamte für Schutzaufsicht erklärt, Anderegg sei des besondern Wohlwollens würdig.

WTir halten ebenfalls dafür, dass Kommiserationsgründe zutreffen. Zunächst möchten wir allerdings bekräftigen, was das urteilende Gericht ausführt über das Erfordernis, dass die Benutzer einer öffentlichen Einrichtung, wie der Post, ihr in jeder Beziehung vertrauen können. Straf fälle betreffend Vergehen in dienstlicher Stellung dürfen in diesem Zusammenhang nicht als geringfügig betrachtet werden. Im übrigen mag zugunsten des Gesuchstellers erwogen werden: die erst- und einmalige Verfehlung, die Untersuchungshaft von drei Wochen, der Verlust der SteEe, das ärztlich bestätigte Leiden, die Notlage der Familie, die besonders nachdrückliche Verwendung der
untern und obern Kantons behörden.

Wie weit die Begnadigung zu gewähren sei, ist Ermessenssache. Im Vergleich zur Erledigung des schwerer liegenden Falles Zeller, wo die Strafe bis zu zwanzig Tagen Gefängnis herabgesetzt wurde (Nr. 62 des II. Berichtes vom 19. November 1926, Bundesbl. II, 695/697), erachten wir es ausnahmsweise als angängig, Anderegg in Berücksichtigung der Untersuchungshaft von drei Wochen nunmehr in ganzem Umfang bedingt zu begnadigen. Wir beantragen den bedingten Erlass der Gefängnisstrafe unter Auferlegung einer Probezeit

349 von vier Jahren und heben als Bedingung besonders hervor, dass Anderegg während der Probezeit kein weiteres vorsätzliches Vergehen verübe.

5. Elise Steff en-Schweizer, geb. 1879, gew. Barrierenwärterin, Hinwil (Zeh.).

6. Emilio Croci, geb. 1899, Handlanger, zurzeit Strafanstalt Luzern.

(Eisenbahngefährdung.)

Gemäss Art. 67 des Bundesstrafrechtes sind verurteilt worden: 5. Elise S t e f f e n , verurteilt am 7. Juli 1927 vom Bezirksgericht Hinwil wegen fahrlässiger erheblicher Eisenbahngefährdung zu 14 Tagen Gefängnis.

Frau Steffen hat am 19. April 1927 als Barrierenwärterin der S. B. B.

unterlassen, in der Schöneich-Wetzikon für den kurz nach 22 Uhr von Bübikon eintreffenden Zug die Barrieren zu schliessen. In der Folge erfasste und zertrümmerte der Zug ein die Fahrbahn kreuzendes Automobil, wobei die Insassen bedeutend verletzt wurden ; der Zug war erheblich gefährdet und die Lokomotive erfuhr Beschädigungen. Die Wärterin war im Wärterhäuschen eingeschlafen.

Frau Steffen ersucht in einer vom Arbeitersekretariat Zürcher Oberland verfassten Eingabe um Erlass der Gefängnisstrafe. Die Gesuchsanbringen erörtern den der Verurteilung zugrunde liegenden Vorfall und die Lebens Verhältnisse der Gesuchstellerin, die als überarbeitete, erschöpfte Person bezeichnet wird. Der Strafvollzug lasse befürchten, dass sich die bedauernswerte Frau ein Leid antue, jedenfalls bedeute er eine übermässige Heimsuchung.

Das beigelegte Zeugnis der psychiatrischen Universitätspoliklinik schliesst dahin, dass die Begnadigung ärztlich für die Gesundung der armen Person dringend wünschbar sei.

Der Besitzer des zertrümmerten Automobils, das ein Chauffeur zu einer «Strolchenfahrt» missbraucht hatte, schliesst sich dem Begnadigungsgesuch in besonderer Eingabe an, mit dem Hinweis, dass wohl die ganze Bevölkerung der Gegend einen Akt der Menschlichkeit gewärtige.

Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich beantragt den bedingten Erlass der Gefängnisstrafe unter Auferlegung einer Probezeit von drei Jahren.

Die Generaldirektion der S. B. B. und die eidgenössische Eisenbahnabteilung beantragen Abweisung.

Unserseits bemerken wir mit den Eisenbahnbehörden, dass die zunehmenden Fälle nachlässiger Barrierenbedienung nachgerade zum Aufsehen mahnen, weshalb sich Strafurteilen gegenüber eine Begnadigung in der Eegel nicht verantworten lassen wird. Im Falle Elise Steffen ist jedoch zu beachten, dass das urteilende Gericht, durch das Gesetz zum Ausspruch einer Gefängnisstrafe
gezwungen, eine Begnadigung einhellig befürwortet. Dass das Mitleid mit der schwergeprüften, als Barrierenwärterin entlassenen Frau im Begnadigungsweg den Ausschlag geben darf,lässt sich im übrigen namentlich mit dem psychia-

350 trischen Gutachten begründen, wonach der Strafvollzug bei der körperlichen und geistigen Verfassung der Gesuchstellerin offensichtlich als übermässige Härte betrachtet werden müsste. Wie in Sachen Emma Burkhardt- (Antrag 3 des I. Berichtes vom 5. November 1926, Bundesbl. II, 600) beantragen wir angesichts der besondern Umstände des Falles, die Gefängnisstrafe gänzlich zu erlassen.

6. Emilio Croci, verurteilt am 28. April 1926 vom Obergericht des Kantons Luzern wegen vorsätzlicher Eisenbahngefährdung zu 3 Jahren Gefängnis und zur Einstellung im Aktivbürgerrecht auf die Dauer von sechs Jahren.

Croci hat am 5. Oktober 1925, im Anschluss an Streitigkeiten und an seine Entlassung als Arbeiter bei einem Geleiseumbau, zwischen Eeiden-Brittnau zwei Winkellaschen auf die Fahrbahn des herannahenden Personenschnellzuges der S. B. B. niedergelegt; die Laschen konnten im letzten Augenblick noch weggestossen werden. Croci hatte gedroht, einen Zug zum Entgleisen zu bringen.

Croci, der Ende Oktober die Hälfte der Strafzeit verbüsst hat, ersucht um Erlass der Beststrafe. Er schildert die Streitigkeiten auf dem Arbeitsplatz und betont, in einem Augenblick der Trunkenheit, der Wut, der Nervosität, der fehlenden Einsicht in sein Tun gehandelt zu haben. Der Zug sei zudem keineswegs so nahe gewesen, dass eine wirkliche Gefahr bestanden habe. Gewisse Zeugenaussagen seien ein Bacheakt.

Die Direktion der Strafanstalt schreibt, Croci verhalte sich in der Strafanstalt soweit befriedigend, jedoch sei das Gesuch verfrüht. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern beantragt Abweisung. Das kantonale Justizdepartement erachtet das Gesuch ebenfalls als verfrüht, kann sich aber allenfalls mit einer Begnadigung nach Verbüssung von drei Vierteln der Strafzeit einverstanden erklären.

Mit der eidgenössischen Eisenbahnabteilung beantragen wir Abweisung zurzeit und behalten uns vor, die Angelegenheit in der Junisession 1928 neuerdings zu unterbreiten. In jenem Zeitpunkt mag dann insbesondere geprüft werden, ob der Umstand, dass eine im Affekt begangene Handlung zutrifft, einigermassen berücksichtigt werden kann, und ob der bedingte Erlass der Beststrafe, als E r s a t z für die fehlende bedingte Entlassung, zu beantragen sei.

7. Adolf Reisser, geb. 1863, Kaufmann, von Cernay (Elsass), Marseille (Frankreich).

(Sprengstoffverbrechen.)
7. Adolf Beisser wurde am 26. August 1914 vom Strafgericht des Kantons Basel-Stadt wegen Übertretung des Art. 3 des Bundesgesetzes über Ergänzung des Bundesstrafrechtes vom 12. April 1894 durch verbotene Übernahme und Aufbewahrung von Sprengstoffen verurteilt zu drei Jahren Zuchthaus, zu zehn-

351 jähriger Einstellung im Aktivbürgerrecht nach Erstehung der Strafzeit und ferner zu lebenslänglicher Verweisung aus dem Gebiete der Eidgenossenschaft und zur Tragung der Kosten unter Konfiskation der Corpora delicti.

Die von Keisser eingereichte Appellation wurde abgewiesen, ebenso die Kassationsbeschwerde an das Bundesgericht (zu vergleichen Urteil des Kassationshofes vom 21. Dezember 1914, A. S. 40, l, 559 ff.).

Am 2. August 1914 sind im Keller der damaligen Wohnung Eeissers in Basel eine mit Pikrinsäure gefüllte Sprengbombe samt Zündschnur, Sprengkapseln und Klammern aus Eisen und Kupferblech vorgefunden worden. Die Sprengbombe hätte genügt, um Eisenbahnschienen, Weichen, leichtere Brückenträger usw. gründlich zu zerstören. Eeisser hatte dieses Material von einer auswärtigen Militärmacht erhalten, um nach Ausbruch des Krieges Eisenbahnlinien auf feindlichem Gebiet zu zerstören und die Mobilisation des Feindes zu beeinträchtigen.

Einem in der Folge von Eeisser aus der Strafanstalt an die Bundesversammlung gerichteten Begnadigungsgesuch wurde in der Sommersession 1916 dahingehend entsprochen, dass er nach Erstehung von zwei Dritteln seiner Strafe am 29. September 1916 unter Vollzug der Landesverweisung aus der Strafanstalt entlassen wurde. (Zu vergleichen Antrag 33 des Berichtes des Bundesrates für die Sommersession 1916, Bundesbl. II, 677 ff.). Ein neues Gesuch, unter anderm die Rehabilitation und den Erlass der Landesverweisung betreffend, wurde in der Februarsession 1920 abgewiesen, soweit einzutreten war (hierzu Antrag 67 des II. Berichtes vom 2. Dezember 1919, Bundesbl. V, 688/89).

Eeisser wiederholt dermalen, nach Antrag und Anbringen, sein Gesuch um Eehabilitation und Aufhebung der Landesverweisung.

Das Polizeidepartement des Kantons Basel-Stadt beantragt Abweisung.

Wie im Dezember 1919 beantragen wir Abweisung, soweit einzutreten ist. Das Ansuchen um Eehabilitation ist von vorneherein gegenstandslos, da eine Einstellung in der bürgerlichen Ehrenfähigkeit heute nicht mehr besteht, zudem wäre das Gesuch nicht an die Bundesversammlung zu richten gewesen.

Was die lebenslängliche Landesverweisung anbetrifft, so betonen wir neuerdings, dass der weitgehende Erlass eines Jahres der Zuchthausstrafe im Jahre 1916 insbesondere zugebilligt wurde in Erwägung, dass der des Landes verwiesene
Eeisser nicht mehr in den Fall kommen werde, sich in der Schweiz zu vergehen.

Im übrigen berichtet das Polizeidepartement des Kantons Basel-Stadt, wo Eeisser 1914 niedergelassen war, dass Eeisser engere Beziehungen zur Schweiz nicht unterhalte, so dass ein Bedürfnis zum Betreten der Schweiz nicht bestehe.

8. Marie Loutenbach, geb. 1878, Landwirtin, Courtemaîche (Bern), 9. Johann Altherr, geb. 1876, Landwirt, St. Margrethen (St. Gallen), 10. Albert Bühlmann, geb. 1872, Landwirt, Cortébert (Bern),

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Albert Küster, geb. 1888, Landwirt, Diepoldsau (St. Gallen), Konstantin Eggenschwiler, geb. 1862, Landwirt, Matzendorf (Solothurn), Jean Jetzer, geb. 1897, Kaufmann, Le Pont (Waadt), Johann Jakob Hutzli, geb. 1850, Käsehändler, Gstaad (Bern).

(Lebensmittelpolizei.)

Gemäss den Art. 36 ff. des Bundesgesetzes betreffend den Verkehr mit Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen vom 8. Dezember 1905 sind verurteilt worden: 8. Marie L o u t e n b a c h , verurteilt am 19. März 1927 vom korrektionellen Gericht von Pruntrut wegen vorsätzlicher Milchfälschung zu 10 Tagen Gefängnis und Fr. 700 Busse.

Die von Marie Loutenbach aus ihrem landwirtschaftlichen Betrieb in die Käserei verbrachte Milch wies einen Wasserzusatz von 20 % auf.

Marie Loutenbach ersuoht in nicht selbst verfasster Eingabe um Erlass der Gefängnisstrafe und, allenfalls, der Bussenhälfte. Die Gesuchsanbringen erörtern die Verhältnisse der Gesuchstellerin. Ferner wird eine bloss fahrlässige Zuwiderhandlung behauptet. Der besonders verlangte Polizeibericht schildert Frau Loutenbach, die Mutter von acht, zum Teil erwachsenen Kindern ist, als in ihrer Gesundheit beeinträchtigte Person, die eine schwere Operation hinter sich hat. Das Heine Heimwesen wird von der Gesuchstellerin geleitet, die in der Familie den Ausschlag gibt. Der Ehemann ist ein kleiner Uhrmacher.

Der Polizeibericht lautet bezeichnenderweise dahin, wenn die Ehefrau nicht wäre, müsste die ganze Familie unterstützt werden.

Der Gememderat von Courtemaîche befürwortet das Gesuch. Der Eegierungsstatthalter des Amtsbezirkes empfiehlt den Erlass der Gefängnisstrafe.

Die kantonale Direktion des Innern beantragt Erlass der Gefängnisstrafe und der Bussenhälfte, die Polizeidirektion und das eidgenössische Gesundheitsamt Herabsetzung der Gefängnisstrafe bis zu drei Tagen und Erlass der Bussenhälfte.

Nach Prüfung der Akten und insbesondere des nachträglich einverlangten Polizeiberichtes halten wir dafür, dass in der Person der Gesuchstellerin Kommiserationsgründe zutreffen. Der Gesuchsdarstellung gegenüber ist zwar festzuhalten, dass das Urteil wegen vorsätzlicher Milchverfälschung erging, so dass der Straffall nicht leichter Art ist Wir beantragen Herabsetzung der Gefängnisstrafe bis zu 3 Tagen und Ermässigung der Busse bis Fr. 400.

9. Johann Altherr, verurteilt am 28. Juli 1922 von der Gerichtskommission Unterrheintal wegen vorsätzlicher Milchfälschung zu Fr. 150 Busse.

Die von Altherr aus seinem landwirtschaftlichen Betriebe gelieferte Milch wies einen Wasserzusatz von 14 % auf.

353 Die Ehefrau des Gebüssten wandte sich bereits im Jahre 1923 in einer Eeihe von Eingaben an die Kantonsbehörden, worin sie in beharrlicher Weise die vorsätzliche Milchfälschung bestritt und mindestens um einen teilweisen Erlass der Busse nachsuchte.

Das Justizdepartement des Kantons St. Gallen berichtet, dass dermalen die Busse bis Fr. 59. 70 abbezahlt und die Kosten von Fr. 94. 20 gänzlich entrichtet seien. Mit Eücksicht auf die prekären Familienverhältnisse wird der Erlass der Eestbusse beantragt.

Angesichts der über fünf Jahre zurückliegenden Verurteilung und da zur Zeit der Behandlung des Gesuches in Wirklichkeit einzig noch die Umwandlungsstrafe in Betracht käme, beantragen wir mit dem eidgenössischen Gesundheitsamt, die Eestbusse bzw. die ihr entsprechende Umwandlungsstrafe zu erlassen.

10. Albert Bühlmann, verurteilt am 16. Februar 1927 vom korrektionellen Gericht von Courtelary wegen vorsätzlicher Milchfälschung zu Fr. 500 Busse.

Bühlmann hat vom 8. bis 28. Dezember 1926 die Morgen- und Abendmilch zu 18--24% verwässert.

Bühlmann ersucht in nicht selbst verf asster Eingabe um Herabsetzung der Busse. In den Gesuchs anbringen wird eingeräumt, dass das Urteil mild ausgefallen sei, jedoch wird angesichts der kleinbäuerlichen Verhältnisse Buhlmanns, der verschuldet ist, eine kränkliche Frau hat und für vier minderjährige Kinder sorgen muss, um Berücksichtigung der geltendgemachten Kommiserationsgründe nachgesucht.

Der Begierungsstatthalter des Amtsbezirkes empfiehlt den teilweisen Bussenerlass. Die Direktion des Innern und die Polizeidirektion des Kantons Bern beantragen Herabsetzung der Busse um die Hälfte, ebenso das eidgenössische Gesundheitsamt.

Demgegenüber beantragen wir Abweisung in der Meinung, dass es bei der erfolgten Zubilligung monatlicher Teilzahlungen von Fr. 20 sein Bewenden haben kann. Der Fall ist offensichtlich schwerer Art und die Busse ist nicht übersetzt, was die Gesuchsanbringen anerkennen und ohne weiteres auch der Vergleich mit dem Straf fall Marie Loutenbach dartut.

11. Albert Küster, verurteilt am 27.Februar 1925 von der Gerichtskommission Unterrheintal wegen vorsätzlicher Milchfälschung zu Fr. 80 Busse und Fr. 120 Kosten.

Küster hat der Verkaufsmilch in zwei Fällen 11 bzw. 28 %WTasser zugesetzt.

Küster ersucht um Erlass von Busse und Kosten, wozu er die
ärmlichen Familienverhältnisse schildert.

Der Gemeinderatsschreiber von Diepoldsau, der Bezirksammann von Unterrheintal bestätigen die Gesuchsanbringen und empfehlen den teilweisen Bussenerlass. Die Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen und das kantonale

354 Justizdepartement beantragen erhebliche Herabsetzung der Busse mit dem Hinweis, dass sich der Kostenvollzug nach kantonalem Becht bestimme.

Demgegenüber beantragen wir mit dem eidgenössischen Gesundheitsamt Abweisung. Es liegt auf der Hand, dass ein äusserst mildes Urteil in Betracht kommt, namentlich wenn erwogen wird, dass sich Küster nicht scheute, im zweiten Pali tei der Stallprobe selbst trotz Gegenwart der Gesundheitskommission die Milch zu wässern. Bescheidene Teilzahlungen sollten, aus grundsätzlichen Erwägungen, auch hier verlangt werden, bevor die Begnadigung zugebilligt wird.

12. Konstantin Eggenschwiler, verurteilt am 24. März 1927 vom Amtsgericht von Balsthal wegen vorsätzlicher Entrahmung der Milch zu Fr. 200 Busse.

Die von Eggenschwiler in Verkehr gebrachte Morgenmilch wies einen Fettentzug von 31 % auf.

Eggenschwiler ersucht um teilweisen Bussenerlass. Wie im Strafverfahren beteuert er, dass eine vorsätzliche Entrahmung nicht zutreffe. In Wirklichkeit habe er an jenem Morgen die Kühe nicht recht ausmelken können, weil er von einer Dorffestlichkeit erst in der Morgenfrühe heimgekommen und etwas angeheitert an die Arbeit gegangen sei. Das Urteil sei auffällig und die Busse zu hoch.

Das Polizeidepartement des Kantons Solothurn beantragt Ermässigung der Busse bis Fr. 50. Auf Grund einer von ihm auf die Gesuchseinreichung hin veranlassten Expertise erklärt das Departement die Gesuchsdarstellung als wahrscheinlich, so dass jedenfalls die Annahme wiederholter Entrahmung auf unsichern Voraussetzungen fusse. Der Ungerechtigkeit des Urteils habe die Begnadigung abzuhelfen. Das eidgenössische Gesundheitsamt unterstützt diesen Antrag.

Demgegenüber b e a n t r a g e n wir einmal deshalb Abweisung, weil wir im Begnadigungsweg nicht ohne zwingende Gründe auf die Schuldfrage zurückkommen möchten. Ferner muss beachtet werden, dass mindestens grobe Fahrlässigkeit zutrifft. Eggenschwiler sagte in der Untersuchung selbst aus, dass er «die Milch einfach nicht hervorgebracht habe»; wenn er das Melkprodukt trotzdem in Verkehr brachte, so trifft ihn hierfür auch die strafrechtliche Verantwortung. Anderweitige Kommiserationsgründe treffen nicht zu, insbesondere ist Eggenschwiler nicht unbemittelt. Schliesslich mag noch bemerkt werden, dass Eggenschwiler das Eechtsmittel der Appellation offen stand.
13. Jean J e t z e r , verurteilt am 9. Juni 1927 vom Amtsgericht von Ölten-Gösgen zu Fr. 100 Busse.

Die Firma Killer und Jetzer lieferte als echt fakturierten Enzian, der sich als stark verschnitten erwies.

Killer und Jetzer ersuchen um Erlass oder doch Ermässigung der Busse.

Die Entrichtung des hohen Betrages sei angesichts der bescheidenen Geschäfts-

355 Verhältnisse unmöglich. Der fragliche Enzianverschnitt Bei vor Inkrafttreten der neuen Lebensmittelverordnung gebrannt worden.

Mit dem Polizeidepartement des Kantons Solothurn und dem eidgenössischen Gesundheitsamt b e a n t r a g e n wir ohne weiteres Abweisung. Der Enzianverschnitt ist wissentlich falsch fakturiert worden, was bereits unter der alten Verordnung unzulässig war. Von einer ruinösen Belastung der verurteilten Erma kann im Ernste nicht gesprochen werden. Das Begnadigungsgesuch hätte unterbleiben dürfen.

14. Johann Jakob Hutzli, verurteilt am 21. Februar 1927 von der Ersten Strafkammer des Obergerichts des Kantons Bern zu Fr. 10 Busse.

Hutzli hat im Juli 1926 ohne Bewilligung mit Käse hausiert.

Hutzli ersucht um Erlass von Busse und Kosten. Wie im Strafverfahren macht er geltend, sieh über die Zulässigkeit des Hausierens bei einer Amtsstelle erkundigt zu haben. Ferner wird angebracht, Hutzli sei ein alter, vermögensloser Mann, der sich mühsam durchschlage.

Der Begierungsstatthalter des Amtsbezirkes schreibt, für den fast blinden, siebenundsiebzigjährigen Mann wäre die Bezahlung von Busse und Kosten im Gesamtbetrage von Fr. 64.50 ein harter Schlag, weshalb das Gesuch befürwortet wird.

Mit der Direktion des Innern, der Polizeidirektion des Kantons Bern und dem eidgenössischen Gesundheitsamt beantragen wir kommiserationsweise den Erlass der Busse.

15. Karl Schlosser, geb. 1887, Postschaffner, Konstanz (Baden).

(Silbergeld- und Banknotenschmuggel.)

15. Karl Schlosser ist am 29. März 1922 vom Bezirksgericht Kreuzungen gemäss den Bundesratsbeschlüssen betreffend das Verbot der Einfuhr silberner Fünffrankenstücke der lateinischen Münzunion vom 4. Oktober 1920 und betreffend das Verbot der Ausfuhr schweizerischer Banknoten usw. vom 31. Mai 1918 zu 6 Wochen Gefängnis und Fr. 2000 Busse verurteilt worden. Das Urteil ist am 13. Juni 1922 in Eechtskraft erwachsen.

In Betracht kommt ein Straffall, der der Bundesversammlung bereits anlässlich der Begnadigungsgesuche Isler und Eheleute Huwyler zu Kenntnis gebracht worden ist (Nr. 150/152 des II. Berichtes vom 22. November 1922, Bundesbl. III, 751 ff.) ; Schlosser, damals deutscher Zollangestellter, hat Silbergeld und Banknoten in Verletzung seiner Dienstpflicht über die Landesgrenze geschmuggelt. Den Straf- und Straf Vollzugs behörden
stellte sich Schlosser nicht, jedoch wurde er am 26. August 1927 in Basel verhaftet, wohin er als nunmehriger Postschaffner im Bahnpostdienst gefahren war. In der Folge blieb er einen Monat im Kantonalgefängnis in Frauenfeld, worauf er vom Polizeidepartement des Kantons Thurgau im Einvernehmen mit der Bundes-

356 anwaltschaft aus der Strafhaft vorläufig entlassen wurde. Die Unterbrechung des Strafvollzuges erfolgte gestutzt auf ein Begnadigungsgesuch Schlossers und einen Polizeibericht, der bestätigte, dass Kommiserationsgründe zutreffen.

Dermalen b e a n t r a g e n wir Ihnen, Schlosser den Eest der Umwandlungsstrafe von zwei Monaten zu erlassen. Die Gefängnisstrafe von 6 Wochen ist bereits verjährt. Der lange Zeitablauf, die einwandfreie Fuhrung Schlossers während einer Eeihe von Jahren, die Eücksichtnahme auf seine Familien- und Berufsverhaltnisse Ipssen diese Massnahme befürworten.

16. Joseph Stouder, geb. 1877, Fabrikant, St. Ursanne (Bern).

(Fabrikpolizei.)

16. Joseph S t o u d e r ist am 14. Januar 1927 von der Ersten Strafkammer des Obergerichts des Kantons Bern gemäss den Art. 40 und 88 des Bundesgesetzes vom 18. Juni 1914 betreffend die Arbeit in den Fabriken in Verbindung mit dem Bundesgesetz vom 27. Juni 1919 betreffend die Arbeitszeit in den Fabriken zu Fr. 200 Busse verurteilt worden.

Stouder hat in seiner Schalenfabrik ohne Bewilligung widerrechtlich 53 Stunden arbeiten lassen.

Stouder ersucht um ganzen oder doch teilweisen Erlass der Busse. Nach den Gesuchs anbringen wurde im Einvernehmen mit den Arbeitern 54 Stunden gearbeitet, um Lieferungsfristen einzuhalten. Stouder erinnert ferner an die Folgen der Krisis und die daherigen Verluste, sowie an seine damaligen Bestrebungen, die Arbeiterschaft trotzdem zu beschäftigen.

Der Gemeinderat von St. Ursanne befürwortet das Gesuch, insbesondere mit dem Bemerken, dass Stouder sich in anderer Beziehung an die Weisungen des Fabrikinspektorates gehalten habe. Der Regierungsstatthalter des Amtsbezirkes kann das Gesuch nicht empfehlen. Die Direktion des Innern, die Polizeidirektion des Kantons Bern und der eidgenossische Fabrikinspektor des ersten Kreises beantragen Abweisung.

Mit der Abteilung für Industrie und Gewerbe des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartenaents b e a n t r a g e n wir desgleichen Abweisung. Das Fabrikgesetz hätte Stouder ermöglicht, die BeFchaftigungsdauer des Personals durch Inanspruchnahme von Arbeitszeitbewilligungen auf gesetzlichem Wege auszudehnen. Nach den UrteiLerwägungen verletzte Stouder die Arbeitszeitbestimmungen seit Jahren in fortgesetzter Weise.

17. Anna Bandelier, geb. 1892, Hausfrau, Genf.

(Tierseuchenpolizei.)

17. Anna Bandelier ist am 17. Juni 1925 vom Maire de Carouge gemäss Bundesgesetz betreffend die Bekämpfung von Tierseuchen vom 13. Juni 1917

357 in Verbindung mit der Vollziehungsverordnung und einem kantonalen Vollzugserlass mit Fr. 10 gebüsst worden.

Anna Bandelier hatte ihren Hund gemäss tierseuchenpolizeilicher Vorschrift angebunden oder eingesperrt zu halten; er streifte jedoch nachts herum, drang in einen Hühnerhof und tötete mehrere Hühner.

Frau Bandelier ersucht um Erlass der Busse. Sie betont, der Hund sei regelmässig angebunden gewesen und müsse von anderer Seite böswillig losgebunden worden sein. Die Entrichtung der Busse sei den Eheleuten nicht möglich, da sie für neun Kinder zu sorgen hätten.

Die Staatsanwaltschaft des Kantons Genf beantragt Abweisimg.

In Betracht kommt ein ähnlicher Sachverhalt wie in der Begnadigungssache Lina Müller (Antrag 18 des I. Berichtes vom 9. Mai 1927, Bundesbl. I, 543), wo die Busse von Fr. 30 bis Fr. 10 ermässigt worden ist. Bei Anna Bandelier ergibt sich demgegenüber, dass die Busse bereits weniger als die gesetzliche Mindestbusse von Fr. 15 beträgt. Immerhin beantragen wir auf Grund eines Polizeiberichtes vom Mai 1926, in Berücksichtigung der äusserst ärmlichen Verhältnisse, der grossen Kinderschar sowie des Umstandes, dass der Vorfall über zweieinhalb Jahre zurückliegt, den gänzlichen Erlass der Busse.

18. Alois Anklin, geb. 1884, Kaufmann, Ebikon (Luzern).

(Lotterie vergehen.)

18. Alois Anklin ist am 10. März 1926 vom Amtsgericht Olten-Gösgen gemäss den Art. l, 4 und 38 des Bundesgesetzes betreffend die Lotterien usw.

vom 8. Juni 1923 zu Fr, 200 Busse verurteilt worden.

Anklin hat als damaliger Inhaber eines WeissWarengeschäftes in Ölten im Wege einer «Beklamepreisaufgabe» eine Lotterie veranstaltet, um sich neue Kunden zu verschaffen.

Die Ehefrau des Gebüssten ersucht um Strafaufschub und Hilfe, und das Polizeidepartement des Kantons Solothurn leitet die Eingabe als Begnadigungsgesuch an die Bundesbehörden. Die Familie Anklin befindet sich offensichtlich in einer wirtschaftlichen Notlage, zudem ist die Ehefrau leidend. Nach den Gesuchsanbringen droht die Umwandlungshaft.

Das Polizeidepartement des Kantons Solothurn beantragt Herabsetzung der Busse bis Fr. 50. Die eidgenössische Steuerverwaltung, Lotteriewesen, erhebt hiergegen keine Einwendungen.

Wir beantragen Herabsetzung der Busse bis Fr. 50. Dieser Antrag erfolgt weniger mit Rücksicht auf die Person Anklins als in Erwägung, dass bei der Notlage der Familie auch der verbleibende Betrag noch eine fühlbare Belastung ausmacht. Zudem darf einigermaßen in Betracht gezogen werden, dass Anklin

358 sich immerhin, wenn auch nur bei Privaten, über die Zulässigkeit seines Unternehmens erkundigt und beruhigende Auskunft erhalten hatte.

19. Justin Sutterlet, geb. 1861, Reisender, Pruntrut (Bern).

(Patenttaxengesetz.)

19. Justin Sutteilet ist am 28. April 1927 vom Gerichtspräsidenten von Pruntrut gemäss Art. 8 des Bundesgesetzes betreffend die Patenttaxen der Handelsreisenden vom. 24. Juni 1892 zu Fr. 100 Busse verurteilt worden.

Sutterlet nahm bei Privaten Bestellungen auf Wein auf, ohne eine Taxkarte zu besitzen.

Sutterlet ersucht um Erlass der Busse. Bei seinem Alter habe er Mühe, sich durchzuschlagen. Die Busse könne er nicht aufbringen, so dass ihm die Umwandlungshaft bevorstehe.

Der Gemeinderat von Pruntrut bestätigt die Gesuchsanbringen und befürwortet das Gesuch; der Bussenerlass sei hier eine Wohltat. Der Begierungsstatthalter des Amtsbezirkes empfiehlt das Gesuch ebenfalls.

Mit der Polizeidirektion des Kantons Bern und der Handelsabteilung des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements beantragen wir kommiserationsweise Herabsetzung der Busse bis Fr. 10.

20. Johann Schafroth, geb. 1884, Landwirt, Ziefen (Basellandschaft), 21. Marie Meier, geb. 1895, Ehefrau des Johannes, Unterseen (Bern), 22. Marie Schwarzentruber, geb. 1891, Landwirtin Bomoos (Luzern).

(Forstpolizei.)

Gemäss Art. 46, Ziff. 8, ferner gemäss Art. 46, Ziff. 7, des Bundesgesetzes vom 11. Oktober 1902 betreffend die eidgenössische Oberaufsicht über die Forstpolizei, in der durch Bundesbeschluss vom 5. Oktober 1923 erhaltenen Fassung, sind verurteilt worden: 20. Johann S c h a f r o t h , gemäss Strafbefehl des Begierungsrates desKantons Basellandschaft vom 6. September 1927 mit Fr. 100 gebüsst.

Schafroth hat in Schutzwaldgebiet annähernd sieben Aren gerodet, ohne die erforderliche Bewilligung eingeholt zu haben.

Schafroth ersucht um Erlass oder doch weitgehende Herabsetzung der Busse. Die Verfehlung sei geringfügiger Art, insbesondere seien nur Stauden, mithin Unterholz, ausgereutet worden. Schairoth habe das kleine Heimwesen teuer erworben und befinde sich mit der Ehefrau und drei unerzogenen Kindern in misslicher Lage.

359

Die Justizdirektion des Kantons Basellandschaft bestätigt die Gesuchs anbringen und beantragt, es bei der ergangenen Teilzahlung von Fr. 20 bewenden zu lassen. Die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei bemerkt namentlich, bei richtiger Gesetzesanwendung hätte hier die Mindestbusse nicht Fr. 100 betragen; denn die Meinung sei, dass die Strafbehörde pro Are einen Bussenansatz von Fr. l--5 berechnen könne. Im vorliegenden Fall könne die Busse demgemäss Fr. 7--35 betragen; da Schutzwald in Betracht komme, sei ein Ansatz von Fr. 4 gerechtfertigt, was zu einer Gesamtbusse von Fr. 28 führe, auf die im Begnadigungsweg herabzugehen sei.

Wir beantragen Herabsetzung der Busse bis Fr. 20, so dass es bei der geleisteten Zahlung sein Bewenden hat.

21. Marie Meier, verurteilt am 29. März 1927 vom Gerichtspräsidenten von Interlaken zu Fr. 125 Busse.

Marie Meier hat in ihrem Wald ohne Bewilligung 25 Kubikmeter Holz schlagen lassen.

In dem Gesuch uni ganzen oder doch teilweisen Erlass der Busse wird angebracht, der Holzschlag sei aus Not erfolgt, um die Versteigerung des kleinen Gutes zu verhindern, zudem hätte die Gesuchstellerin gutgläubig schlagen lassen, ohne das Erfordernis einer Bewilligung zu kennen. Frau Meier sei Mutter von acht Kindern.

Der Gemeinderat Unterseen bestätigt die Gesuchsanbringen und befürwortet das Gesuch mit dem Hinweis auf die ärmlichen Verhältnisse. Der Gerichtspräsident von Interlaken betont, die erkannte Mindestbusse sei nach den besondern Umständen des Falles erheblich übersetzt, weshalb weitgehende Ermässigung beantragt wird. Der Begierungsstatthalter des Amtsbezirkes schliesst sich dieser Stellungnahme an. Das Kreisforgtamt Interlaken und der Forstmeister des Oberlandes beantragen die gänzliche Begnadigung, die Forstund Polizeidirektionen des Kantons Bern und die eidgenössische Inspektion für Forstwesen und Fischerei Ermässigung der Busse bis Fr. 10.

Da es sich nachweisbar um eine in überaus ärmlichen Verhältnissen lebende Familie handelt und der in Betracht kommende Holzschlag nach den Erklärungen der Forstorgane sorgfältig ausgeführt worden ist, b e a n t r a g e n wir den gänzlichen Erlass der Busse.

22. Marie S c h w a r z e n t r u b e r , gemäss Strafverfügung des Amtsstatthalters von Entlebuch vom 16. März/2. April 1927 mit Fr. 175 gebüsst.
Marie Schwarzentruber hat in ihrem Wald ohne Bewilligung 85 Kubikmeter Holz schlagen lassen.

In dem Gesuch um Erlass von Busse und Kosten wird ausgeführt, die Gesuchstellerin habe ihre Liegenschaft vor zehn Jahren aus dem Konkurs des Ehemannes erworben, damit die Familie nicht auf die Strasse gestellt werde.

Den Eheleuten falle es schwer, für die acht Kinder zu sorgen, sie seien von Schulden gedrückt und der beanstandete Holzschlag sei in letzter Not erfolgt.

360

Der Gemeinderat von Eomoos bestätigt die Gesuchsanbringen und befürwortet das Gesuch. Das Kreisforstamt Entlebuch beantragt mit längerer Begründung, das Gesuch abzuweisen oder die Busse günstigstenfalls um die Hälfte zu ermässigen. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Luzem und das kantonale Justizdepartement beantragen Brlass der Bussenhälfte, die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei Abweisung. Nach dem Kreisforstamt Entlebuch ist die Gesuchsdarstellung übertrieben, indem es sich keineswegs darum handle, dass die Familie Schwarzentruber im Falle der Gesuchsabweisung um ihr Heimwesen komme. Bei frühern, kleinern Übertretungen sei die Gesuchstellerin lediglich verwarnt worden; den hier in Betracht kommenden Holzschlag habe sie allen Mahnungen zum Trotz vorgenommen. Die gänzliche Begnadigung wäre für mehrere Nachbarn geradezu eine Aufmunterung zur Gesetzesmissachtung.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei betonen wir die schwerwiegende Übertretung der forstpolizeilichen Bestimmungen. Der wissentlich unbefugt vorgenommene Holzschlag betrifft einen Wald an steilster Halde im Einzugsgebiet eines Wildbaches, der mit gewaltigen Kosten verbaut werden musste. Die Forstpolizei dient hier den Interessen ganzer Landesteile. Bei dieser Sachlage erwiese sich unseres Erachtens eine Begnadigung, ohne dass bis anhin an die Busse etwas entrichtet worden wäre, als verfehlte Massnahnae. Die misslichen Verhältnisse können durch weitgehende Zubilligung monatlicher Teilzahlungen berücksichtigt werden in der Meinung, dass mindestens zwei Drittel der Busse entrichtet werden sollten.

Wir b e a n t r a g e n Abweisung.

23. Adolf Richner, geb. 1871, Schreinermeister, Eupperswil (Aargau).

(Fischereipolizei.)

23. Adolf Eichner ist am 1. September 1927 vom Bezirksgericht Lenzburg gemäss Art. 21 und 31, Ziff. 2, des Bundesgesetzes betreffend die Fischerei vom 21. Dezember 1888 zu Fr. 50 Busse verurteilt worden.

Eichner hat beim Abfüllen eines Jauchefasses etwas Jauche in den Dorfbach fliessen lassen.

Eichner stellt das Gesuch um Erlass der Busse. Der Vorfall sei äusserst geringfügiger Art; das ihm zugestosseneMissgeschickmüsse er mit einem Bussenimd Kostenbetrag von Fr. 66 zu sehr entgelten.

Das urteilende Gericht beantragt die gänzliche Begnadigung, die eidgenössische
Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei, unter Hinweis auf die frühern Begnadigungsfälle Beer und Soder (Nr. 19 und 20 des I. Berichts vom 9. Mai 1927, Bundesbl. I, 546) beantragt Herabsetzung der Busse bis Fr. 20.

Da die Verfehlung Eichners wirklich unbedeutend ist, beantragen wir Ermässigung der Busse bis Fr. 10.

361 24. Friedrich Felber, geb. 1895, Landwirt, Farnein (Bern).

25. Alfred Felber, geb. 1885, Landwirt, Farnern (Bern), 26. Johann Zumstein, geb. 1883, Beisender, Attiswil (Bern), 27. Josua Peduzzi, geb. 1894, Händler, Ölten (Solothurn), 28. Josef Müller, geb. 1907, Schneidergeselle, Nottwil (Luzern), 29. Alfred Cachemaille, geb. 1893, Landwirt, Baulmes (Waadt), 30. Maurice Perusset, geb. 1896, Landwirt, Baulmes (Waadt), 31. Theophil Mamie, geb. 1892, Fabrikarbeiter, Boches (Bern), 32. Otto Gerhard, geb. 1878, Landwirt, Biittnau (Aargan), 33. Emil Gerhard, geb. 1882, Landwirt, Brittnau (Aargau), 34. Arnold Flückiger, geb. 1906, Landarbeiter, Walterswil (Bern), 35. Wilhelm Müller, geb. 1910, Kä^erknecht, Walterswil (Bern), 36. Siegfried Keller, geb. 1882, Zimmermann, Döttingen (Aargau), 37. Walter Bugmann, geb. 1908, Fabrikarbeiter, Döttingen (Aargau), 38. Jakob Feldmann, geb. 1885, Schweisser, Bauma (Zürich), 39. Christian Oberli, geb. 1871, Mauser, Liesberg (Bern), 40. Robert Oppliger, geb. 1893, Landwirt, Liesberg (Bern), 41. Fritz Grossenbacher, geb. 1901, Landarbeiter, Trachselwald (Bern), 42. Bernhard Marty, geb. 1903, Taglöhner, St. Gallenkappel (St. Gallen), 43. Friedrich Aebischer, geb. 1891, Landwirt, Guggisberg (Bern), 44. Anton Berger, geb. 1911, Landarbeiter, Oensingen (Solothurn), 45. Leon Favre, geb. 1869, Fischer, Berlincourt (Bern), 46. Werner Iseli, geb. 1898, Landwirt, 47. Alfred Iseli, geb. 1905, Landwirt, 48. Gottfried Iseli, geb 1907, Landwirt, alle in Turbenthal (Zürich).

49. Ludwig Meier, geb. 1880, Bannwart und Landwirt, Lommiswil (Solothurn), 50. Louis Micheloud, geb. 1895, Landwirt, Hérémence (Wallis).

(Jagdvergehen.)

Gestützt auf das Bundesgesetz über Jagd und Vogelschutz vom 10. Juni 1925 bzw. das frühere Bundesgesetz vom 21. Juni 1904 sind verurteilt worden: 24--26. Friedrich Felber, Alfred Felber, Johann Z u m s t e i n , veruiteilt am 26. November 1926 vom Obergericht des Kantons Solothurn gemäss den Art. 6, lit. (i, 27, Ziff. 5, lit. «, des frühem Bundesgesetzes je zu Fr. 50 Busse.

Die beiden Felber und Zumstein haben als bernische Jäger die Jagd ausgeübt und hierbei im Jura an der Berner-Solothurner Grenze einen Gratweg begangen, der jedenfalls teilweise über Solothurner Gebiet führte. Da& Bundesblatt. 79. Jahrg. Bd. II.

31

362

Amtsgericht Balsthal sprach die Beschuldigten frei, weil die Absicht, auf Solothurner Boden zu jagen, nicht bestanden habe, das Obergericht erachtete es als erwiesen, dass der Begriff des Jagens zutreffe (Näheres Erw. 5).

Die Bestraften ersuchen um Erlass der Bussen. Der begangene Höhenweg führe durch Grenzgelände, wo die Gebietshoheit nicht abgeklärt sei. Der Weg werde von Berner und Solothurner Jägern seit Jahrzehnten begangen, ohne dass von der einen oder andern Seite je geklagt worden sei. Von dieser Übung hätten sie ebenfalls Gebrauch gemacht.

Im Verlaufe der Gesuchsbehandlung sind die einschlägigen Grenzverhältnisse sowohl von den Bemer- wie Solothurnerbehörden nachgeprüft worden.

Das Polizeidepartement des Kantons Solothurn und die Porstdirektion des Kantons Bern beantragen einhellig die Begnadigung. Für Einzelheiten wird auf die Akten verwiesen.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir ebenso den gänzlichen Erlass der Bussen. Die amtlichen Vernehnilassungen bestätigen die Unklarheit der Grenzverhältnisse. Die Kantonsbehörden sind im Anschluss an die Begnadigungssache eingeladen worden, den Grenzveiiauf genau festzulegen und tunlichst sichtbar zu machen.

Bei dieser Sachlage erweist sich die Begnadigung als naheliegende Massnahme.

27. Josua P e d u z z i . verurteilt am 15. Juni 1927 vom Amtsgericht Solothurn-Lebern gemäss den Art. 4, Ziff. 4. und 39, Abs. 3, des Bundesgesetzes zu Fr. 50 Busse.

Peduzzi hat Igel, die zu den geschützten Tieren gehören, gefangen gehalten und auf dem Markt zu verkaiifen gesucht.

Peduzzi ersucht um Erlass der Busse, da der Vorfall geringfügiger Art sei und er in Unkenntnis des einschlägigen Verbotes gehandelt habe. Ferner verweist er auf seine bescheidenen Verhältnisse und die vorhandenen Familienlasten.

Das Polizeidepartement des Kantons Solothurn beantragt den Erlass der Busse, die eidgenössische Inspektion für Forstwesen. Jagd und Fischerei Herabsetzung bis Fr. 20.

Wir b e a n t r a g e n Ermässigung der Busse bis Fr. 10. Nach dem Bericht der Kantonsbehörde treffen ärmliche Verhältnisse zu, ferner kann auf Grand der Mitteilungen über den Gesuchsteller einigermassen berücksichtigt werden, dass er gutgläubig war. Der gänzliche Erlass erscheint als zu weitgehend : denn wie der Oberforstinspektor bemerkt, hätte
sich Peduzzi, der gewerbsmässig mit allerlei Tieren handelt, immerhin nach den vorhandenen Bestimmungen erkundigen sollen.

28. Josef Müller, durch Strafverfügung des Statthalteramtes Sursee vom25. November 1926 gemäss den Art. 4. Ziff. 6,24 und 39, Abs. 3, des Bundesgesetzes mit Fr. 50 Busse bestraft.

363

Müller hat an einem Novembersonntag mit einem Flobert auf geschützte Vögel gejagt und einen Distelfink abgeschossen.

Müller, der an Busse und Kosten Fr. 39 abbezahlt hat, ersucht um Erlass des Bussenrestes von Fr. 20. Er sei zur Zeit des Vorfalles noch minderjährig gewesen und sehe seinen Fehler ein. Mit seinem geringen Verdienst unterstütze er die schwer belasteten Eltern.

Die Staatsanwaltschaft und das Justizdepartement des Kantons Luzern beantragen, dem Gesuch zu entsprechen, die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragt Abweisung.

Mit den Kantonsbehörden b e a n t r a g e n wir deshalb den Erlass der Bestbusse, weil immerhin Fr. 39 entrichtet sind und der sonst gut beleumdete, zur Zeit der Tat minderjährige Gesuchsteller seine Eltern nachgewiesenermassen regelmässig unterstützt.

29,30. Alfred Cachemaille und Maurice Perusset, durch Strafverfügung des Préfet d'Orbe vom 27. Juli 1927 gernäss Art. 40, Abs. 2, des Bundesgesetzes je mit Fr. 50 Busse bestraft.

Cachemaille und Perusset haben zwei Marder erschlagen.

Beide reichen Begnadigungsgesuche ein mit dem Hinweis, die einschlägigen Bestimmungen des Jagdgesetzes nicht gekannt zu haben.

Der Statthalter von Orbe beantragt Herabsetzung der Bussen bis Fr. 10, das kantonale Justiz- und Polizeidepartement den gänzlichen Erlass.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei b e a n t r a g e n wir Herabsetzung bis Fr. 10. Eine Ermässigung der Bussen ist zuzubilligen, jedoch nicht der gänzliche Erlass; auch Raubtiere dürfen nicht ohne weiteres von jedermann und überall vernichtet werden.

31. Theophil Mamie, verurteilt am 17. Februar 1927 vom Gerichtspräsidenten von Münster gemäss den Art. 48 und 64 des Bundesgesetzes in Verbindung mit kantonalem Jagdrecht zu Fr. 100 Busse und Fr. 20 Wertersatz an die Kantonskasse.

Mamie ist verurteilt worden, weil er einen von anderer Hand vergifteten Fuchs behändigte und verheimlichte.

Für Mamie wird um Erlass von Busse, Wertersatz und Kosten im Gesamtbetrag von Fr. 163. 10 nachgesucht. Wie im Strafverfahren wird die Zuwiderhandlung bestritten, indem nicht ein Fuchs, sondern eine tote Katze in Betracht kommen soll. Die zur Erörterung stehende Gesamtsumme bedeute eine eigentliche Härte, namentlich da Mamie in bescheidenen Verhältnissen lebe.

Der Gemeinderat
von Boches und der Begierungsstatthalter des Amtsbezirkes befürworten das Gesuch. Die kantonalen Forst- und Polizeidirektionen beantragen den gänzlichen Erlass, da eine strafbare Handlung nicht zutreffe.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei b e a n t r a g e n wir Ermässigung der Busse bis Fr. 20. Der urteilende Richter

364

hat sich auf Art. 48, Abs. 2, des Bundesgesetzes gestützt, woran sich die Begnadigungsbehörde halten sollte. Immerhin betrifft der Sachverhalt ein leich teres Jagdvergehen, was in Verbindung mit den übrigen Umständen ein Entgegenkommen nahelegt. Die gänzliche Begnadigung ist abzulehnen, weil Mamie wegen Jagdvergehens vorbestraft ist. Über Wertersatz und Kosten kann im Begnadigungsweg nicht entschieden werden.

32. und 33. Otto und Emil Gerhard, verurteilt am 23. April 1927 vom Bezirksgericht Zofingen gemäss den Art. 8 und 40, Abs. l, des Bundesgesetzes je zu Er. 200 Busse.

Otto und Emil Gerhard haben als Gäste eines Jagdpächters gejagt, ohne den neben der Jagdkarte erforderlichen, amtlich ausgestellten Jagdpass zu besitzen.

Beide ersuchen urn Erlass oder doch Ermässigung der Bussen bis zum Mindestmass nach altern Gesetz ; sie hätten nicht gewusst, dass nunmehr auch ein Jagdpass erforderlich sei.

Das Bezirksgericht Zofingen erachtet eine Ermässigung der Bussen als angemessen.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei b e a n t r a g e n wir Herabsetzung der Bussen bis Fr. 50. Es ist nach Auffassung des urteilenden Gerichtes glaubhaft, dass den Gesuchstellern die seit 1921 eingeführte Neuerung des Jagdpasses unbekannt war, indem sie seit Jahren erstmals wieder jagten.

84. und 35. Arnold Flückiger und Wilhelm Mülle r, verurteilt am 10. März 1927 vom Gerichtspräsidenten von Trachselwald gemäss Art. 42 des Bundesgesetzes je zu Fr. 300 Busse.

Flückiger und Müller haben an einem Februarsonntag in Banngebiet mit einer Schußwaffe eine Hasenspur verfolgt.

Der Gemeinderat Walterswil ersucht für beide um erhebliche Bussenermässigung. Flückiger, als Waise von Pflegeeltern aufgezogen, sei etwas schwer zu leiten, besitze aber einen guten Leumund. Müller sei der Sohn ganz armer Leute. Beiden drohe die Umwandlungshaft.

Der Begierungsstatthalter des Amtsbezirkes befürwortet das Gesuch.

Die kantonalen Forst- und Polizeidirektionen beantragen Herabsetzung der Bussen bis Fr. 30.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei halten wir ebenfalls dafür, dass die Gesuchs anbringen weitgehende Berücksichtigung nahelegen. Dabei sollte aber beachtet werden, dass Flückiger, der der ältere ist und die Schusswaffe trug, stärker belastet ist als der jugendliche Müller. "Wir b e a n t r a g e n Herabsetzung der Busse bis Fr. 50 bei Flückiger, bis Fr. 20 bei Müller.

365

36. und 37. Siegfried Keller und "Walter B u g m a n n , verurteilt am 16. Februar 1927 vom Bezirksgericht Zurzach gemäss den Art. 40, Abs. 2, und 43, Ziffer 5, des Bundesgesetzes je zu Fr. 150 Busse.

Bugmann verfolgte an einem Feiertag mit einem Flobertgewehr zunächst einen Sperber und schoss dann einen Hasen, den ihm Keller gezeigt hatte.

Keller trug sein zusammenlegbares Flobertgewehr ebenfalls auf sich.

Beide ersuchen in nicht selbst verfassten Eingaben um Erlass der Bussen.

Bei Bugmann handle es sich um einen unüberlegten Jugendstreich, zudem treffe Gesetzesunkenntnis zu. Keller befinde sich bei schweren Familienlasten in ärmlichen Verhältnissen. Die Bezahlung der Busse falle beiden sehr schwer.

Man möge berücksichtigen, dass sie nicht eigentliche Wilderer seien.

Der Gemeinderat Döttingen bestätigt die Gesuehsanbringen und empfiehlt die Gesuche. Das Bezirksgericht Zurzach befürwortet die teilweise Begnadigung.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei b e a n t r a g e n wir in beiden Fällen Ermässigung der Bussen bis Fr. 100, d. h.

dem Mindestmass der schwersten, in Betracht kommenden Strafandrohung.

Wir berücksichtigen damit einigermassen die Gesuehsanbringen und Berichte des Ortsgemeinderates. Eine weitergehende Begnadigung sollte unterbleiben; denn es handelt sich um mehrere Jagch ergehen.

38. Jakob Feldmann,, durch Verfügung des Statthalteramtes Pfäffikon vom 19. April 1927 gemäss Art. 40, Abs. l, des Bundesgesetzes mit Fr. 300 Busse bestraft.

Feldmann hat in den letzten Jahren mindestens fünf Behe gefrevelt.

Feldmann ersucht urn Erlass der Busse. Mit seinem Verdienst müsse er für sieben noch schulpflichtige Kinder sorgen. Er habe eine Strafe verdient, jedoch sei die ergangene Busse unerschwinglich. Die drohende Umwandlungsstrafe treffe die Familie auch sehr hart.

Das evangelische Pfarramt Bauma befürwortet das Gesuch in besonderer Eingabe. Das Statthalteramt Pfäffikon empfiehlt in eingehenden Ausführungen, die Busse um die Hälfte oder bis zu einem Drittel zu ermässigen.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei b e a n t r a g e n wir Herabsetzung der Busse bis Fr. 100. Die Akten erweisen die Armut und die unerfreulichen Ehe- und Familienverhältnisse des Gesuchstellers. Zu seinen Gunsten ist das gute Zeugnis des
Arbeitgebers hervorzuheben. Auch eine ermässigte Busse belastet Feldmann noch schwer genug.

39. und 40. Christian O berli und Eobert Oppliger, verurteilt am 19. März 1927 vom Gerichtspräsidenten von Laufen gemäss Art. 48, Abs. 2 und 3, des Bundesgesetzes je zu Fr. 300 Busse.

Oberli behändigte ein von einem Dritten gefreveltes Beh und verbrachte es in das Haus seines Meisters Oppliger, wo es verheimlicht blieb und verzehrt wurde.

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Beide ersuchen um Ermässigung der Bussen. Die Strafandrohung betreffend Verheimlichung gefrevelter Tiere bzw. die Meldepflicht an die Behörde sei ihnen nicht bekannt gewesen. Bei der vorhandenen Sachlage erweise sich auch die Mindestbusse als ausserordentlich scharfe Strafe.

Das Gesuch Oppligers wird vom Gemeinderat Liesberg empfohlen. Der Begierungsstatthalter befürwortet in beiden Fällen weitgehende Berücksichtigung. Die kantonale Forstdirektion und die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen Herabsetzung der Bussen bis Fr. 100, die kantonale Polizeidirektion bei Oppliger bis Fr. 50.

Wir b e a n t r a g e n bei Oppliger Herabsetzung der Busse bis Fr. 50, bei Oberli Abweisung. Da dei: Tatbestand der Verheimlichung eines gefrevelten Tieres zutrifft, erfolgte die Verurteilung zu Hecht. Bei Oppliger berücksichtigen wir immerhin, dass nicht im Einvernehmen mit dem Frevler gehandelt worden ist und dass Ort und Zeit des Vorfalles eine sofortige Meldung an die Behörde erschwerten. Ferner beziehen wir uns auf den günstigen Bericht des Ortsgemeinderates. Oberli hingegen ist angesichts seiner Vorstrafen einer Begnadigung vmwürdig.

41. Fritz G r o s s e n b a c h e r , verurteilt am S.März 1927 vom Gerichtspräsidenten von Trachselwald gemäss den Art. 39, Abs. 2, und 48, des Bundesgesetzes zu Fr. 300 Busse.

Grossenbacher ist im letzten Dezember mit andern einer Eehspur nachgegangen, worauf eine Eehgeiss aufgestöbert und abgeschossen wurde.

Grossenbacher ersucht in nicht selbst verfasster Eingabe um Ermässigung der Busse. Ihre Entrichtung falle ihm als Landarbeiter schwer, so dass ihm die Umwandlungshaft drohe.

Der Eegieiungsstatthalter des Amtsbezirkes befürwortet da& Gesuch.

Die kantonalen Forst- und Polizeidirektionen beantragen Herabsetzung bis Fr. 50.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei b e a n t r a g e n wir Ermässigung der Busse bis Fr. 150. Die Verantwortung finden Jagdfrevel trifft in erster Linie den Meister Grossenbachers, ferner mag beiücksicbtigt werden, dass der Gesuchsteller Mühe hat, die Busse aufzubringen. Eine weitergehende Begnadigung sollte jedoch unterbleiben; denn Grossenbacher weist bereits zwei Vorstrafen auf, wovon eine wegen Jagdfrevels.

42. Bernhard M a r t y , verurteilt am S.April 1927 von der Gerichtskommission
See gemäss Art. 43, Ziff. 2, Abs. l, des Bundesgesetzes zu Fr. 300 Busse.

Marty hat eine Wildfalle gestellt.

Marty ersucht in nicht selbst verfasster Eingabe um Herabsetzung der Busse bis Fr. 50. Er sehe seinen Fehler ein, immerhin bemerke er, aus Not gehandelt zu haben, um einige Franken zu verdienen.

367

Die Gerichtskommission See befürwortet die weitgehende Begnadigung bereits in den Urteilserwägungen. Das Justizdepartement des Kantons Sankt Gallen und die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen Herabsetzung der Busse bis Fr. 100.

Wir b e a n t r a g e n , bei der Gefährlichkeit des Fallenstellens das Gesuch gänzlich abzuweisen.

43. Friedrich A e b i s c h e r , -verurteilt am 4. April 1927 vom Gerichtspräsidenten von Schwarzenburg gemäss Art. 43 des Bundesgesetzes zu Fr. 400 Busse.

Aebischer hat in der Nähe seines Hauses einen Selbstschuss gelegt, der .gegen einen Dachs gerichtet war, jedoch einen Jagdhund traf.

Aebischer ersucht um Erlass der Busse, wozu er geltend macht, durch Baubwild fortwährend schweren Schaden zu erleiden. Der Selbstschuss sei im Innern des Dachsbaues angebracht gewesen, eine Gefährdung von Menschen habe nicht bestanden. Aebischer sei kein "Wilderer. Die Busse treffe ihn bei seinen Familienlasten überaus schwer.

Der Gemeinderat von Guggisberg empfiehlt das Gesuch. Der Begierungsfetatthalter des Amtsbezirkes, die kantonalen Foret- und Polizeidirektionen und die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei bean-, tragen Herabsetzung der Busse um die Hälfte.

Demgegenüber b e a n t r a g e n wir, bei der Gefährlichkeit des Legens von Selbstschüssen das Gesuch abzuweisen.

44. Anton Berger, verurteilt am 23. Juli 1927 vom Amtsgericht Baisthal gemäss Art. 40, Abs. 2, des Bundesgesetzes zu Fr. 50 Busse.

Berger ist im Anschluss an den "Verkauf eines Felles wegen Erlegens eines Halsen, abgeschossen während geschlossener Jagdzeit," verurteilt worden.

Für Berger ersucht der Vater um Erlass der Busse. Die "Verurteilung bestehe zu Unrecht; denn in Wirklichkeit sei ein Kaninchenfell verkauft worden.

Berger habe Bache geschworen, so dass leicht Schlimmeres entstehen könne.

Ohne auf den Sachverhalt näher einzutreten, beantragen wir mit dem Polizeidepartement des Kantons Solothurn und der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei Abweisung, da dem rachsüchtigen Burschen gegenüber eine Begnadigung unangebracht wäre.

45. Léon Favre, verurteilt am .5. Oktober 1926 vom Gerichtspräsidenten von Delsberg gemäss den Art. 39, 40 und 45 des Bundesgesetzes in Verbindung mit kantonalem Jagdrecht zu Fr. 70 Busse.

Favre,
Inhaber eines Jagdpatentes, ist zu geschlossener Zeit der Jagd obgelegen, ferner hat er gleichzeitig seinen Hund jagen lassen.

Favre ersucht um Erlass der Busse, da er im Glauben gewesen sei. die Jaod sei noch offen.

368

Der Gemeinderat von Bassecourt bestätigt die Gesuchsanbringen und befürwortet das Gesuch. Der Begierungsstatthalter des Amtsbezirkes empfiehlt Ermässigung der Busse. Die kantonalen Forst- und Polizeidirektionen beantragen Abweisung.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei b e a n t r a g e n ·wir Abweisung, da feststeht, dass die in Betracht kommende Bestimmung der kantonalen Jagdverordnung eindeutig ist.

46., 47. und 48. Werner, Alfred und Gottfried Iseli, durch Verfügung des Statthalteramtes Winterthur vom 26. April 1927 gemäss den Art. 39, Abs. 2, bzw. Art. 40. Abs. l und 2, des Bundesgesetzes folgendermassen gebüsst: Werner Iseli mit Fr. 300, Alfred Iseli mit Fr. 500 und Gottfried Tseli mit Fr. 200.

Werner Iseli hat eine Eehgeiss, Alfred Iseli zwei Eehgeissen und einen Hasen, Gottfried Iseli einen Eehbock abgeschossen.

Sämtliche ersuchen um Herabsetzung der Bussen, deren Entrichtung ihnen unmöglich sei.

Das Statthalteramt Winterthur beantragt Heiabsetzung der Bussen um einen Drittel, d. h. bei Werner Iseli bis Fr. 200, bei Alfred bis Fr. 370 und be Gottfried bis Fr. 130. Für die Bussentilgung sind Teilzahlungen bewilligt.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir deshalb gänzliche Abweisung, weil es sich um gefährliche Wilderer handelt. Die Strafandrohungen betreffend Jagdvergehen sind namentlich verschärft worden, um derartigen Fällen wirksam entgegenzutreten.

Besonders naheliegende Kommiserationsgründe, wie bei Feldmann hiervor, treffen nicht zu.

49. Ludwig Meier, laut Strafverfügung des Gerichtsstatthalters von Solothurn-Lebern vom 25. August 1927 gernäss Art. 45, Abs. 2, des Bundet-gesetzes mit Fr. 20 gebüsst.

Meier hat seinen Wolfshund jagen lassen, der eine Häsin zu Tode biss, Meier ersucht um Erlass der Busse. Der Hund sei sonst kein Jager. Als Bannwart bedaure er den Vorfall sehr. Man möge die schweren Familienlasten und misslichen Verhältnisse des Gesuchstellers berücksichtigen.

Das Polizeidepartement des Kantons Solothurn beantragt auf Grund der Gesuchsanbringen und eines Polizeiberichtes Herabsetzung der Busse bis Fr. 5.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei b e a n t r a g e n wir Abweisung. Der Oberforstinspektor bemerkt, es handle sich hier sozusagen um einen Schulfall
der anwendbaren Strafbestimmung; bei derart kleinen Bussen sei die Begnadigung regelmässig unangebracht.

Eher angezeigt sei der Erlass oder die Ermässigung des zu leistenden Schadenersatzes von Fr. 50 durch die Kantonsbehörden.

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50. Louis Micheloud, durch Strafverfügung des Departements des Innern des Kantons Wallis vom 4. Dezember 1926 gemäss den Art. 39 und 56, Abs. 3, des Bundesgesetzes mit Fr. 800, auf Rekurs hin durch den Regierungsrats am 13. Januar 1927 mit Fr. 600 gebüsst Micheloud hat mit einem Ordonnanzgewehr in eidgenössischem Banngebiet gewildert und ist den Jagdpolizeibeamte gegenüber tätlich geworden.

Micheloud stellt das Gesuch, ihm mindestens die Hälfte der Busse zu erlassen. Hierzu wiederholt er im wesentlichen die Rekursanbringen, d. h. er bestreitet die ihm zur Last gelegte Widersetzlichkeit, verweist auf das Fehlen von "Vorstrafen, macht eine vorhandene Verstümmelung und daherige Beeinträchtigung im Erwerb geltend, um schliesslich die Unmöglichkeit der Bussentilgung zu behaupten.

Das Departement des Innern des Kantons Wallis beantragt Abweisung.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei b e a n t r a g e n wir desgleichen Abweisung. Bei Leuten dieser Art, die mit Militärgewehren im Banngebiet wildern und dem Wildhüterpersonal gegenüber vor Tätlichkeiten nicht zurückschrecken, ist mit Strenge einzuschreiten. Der Hinweis auf einen körperlichen Mangel erledigt sich mit der Feststellung, dass Michelou nichtsdestoweniger ein gefährlicher Bursche ist. Im übrigen ergibt die Vernehmlassung des kantonalen Regierungsdepartements dass er sich keineswegs in prekären Verhältnissen befindet, zudem sind ihm bereits Teilzahlungen bewilligt worden.

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Friedrich Muster, geb. 1885, Handlanger, Biel (Bern), Joseph Jolidon geb. 1901, Chauffeur, Pruntrut (Bern), Reinhard Maurer, geb. 1899, Hilfsarbeiter, Brügg (Bern), Christian Zbinden, geb. 1889, Landwirt, Rüschegg (Bern), Paul Klötzli, geb. 1897, Mechaniker, Thun (Bern), René Jeannerat, geb. 1902, Schuhmacher, Biel (Bern), Mathias Schädler, geb. 1896, Landarbeiter, Einsiedeln (Schwyz), Gustave Lavanchy geb. 1891, Handlanger, Genf, Arthur Lory geb. 1894, Journalist, Zürich, Fritz Born, geb. 1897, Pfarrhelfer, Bern, Georges Uebelhardt, geb. 1902, Hilfsarbeiter, Grenchen (Solothurn), Johann Kuriger, geb. 1891, Knecht, Einsiedeln (Schwyz), Louis Rollat, geb. 1890, Dreher, Biel (Bern), Hermann Sauvin, geb. 1890, Ausläufer, Grenchen (Solothurn), Ernst Peter, geb. 1892, Handlanger, Brügg (Bern), Alfred Tschannen, geb. 1895, Uhrmacher, Nidau (Bern),

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Fernand L'Hoste, geb. 1901, Rennfahrer, Prantrut (Bern), Paul Triebold, geb. 1894, Uhrmacher, Grenchen (Solothurn), Werner Neuenschwander, geb. 1899, Sattler, Brügg (Bern), Karl Amsler, geb. 1898, Hilfsarbeiter, Basel, Paul Freund, geb. 1900, Fabrikarbeiter, Allschwil (Basel-Landschaft), Auguste Groux, geb. 1899, Handlanger, Yverdon (Waadt), Franz Albert Grätzer, geb. 1888, Zahnarzt, St. Gallen, Ludwig Meyer, geb, 1894, Techniker, Bern, Adolf Eupp, geb. 1899, Eeisender, Thun (Bern).

(Militärpflichtersatz.)

Gemäss Bundesgesetz vom 29. März 1901 betreffend Ergänzung des Bundesgesetzes über den Mihtärp flichters atz sind wegen schuldhafter Nichtentrichtung des Militäipflichtersatzes verurteilt worden: 51. Friedrich Mus t er, verurteilt am I.März 1926 vom Gerichtspräsidenten von Biel zu zwei Tagen Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 21.10 für 1925 betreffend.

Muster, der nachträglich bezahlt hat, ersucht um Brlass der Haftstrafe.

Er sei zweimal erkrankt und habe ausserdem noch einen Unfall erlitten, was seinen Verdienst geschmälert habe.

Der Gemeinderat von Biel befürwortet das Gesuch, der Begierungsstatthalter des Amtsbezirkes und das Kantonskriegskomrnissariat beantragen Abweisung, die kantonale Polizeidirektion Herabsetzung der Haftstrafe bis zu l Tag. Die eidgenössische Stellerverwaltung bemerkt, Muster sei erst im l e t z t e n Er^atzjahr säumig geworden; mit Piücksicht auf seine misslichen Verhältnisse und die frühere legehnässige Pflichterfüllung könne deshalb in der gänzlichen Begnadigung gegenüber andeis gearteten Fällen keine Inkonsequenz erblickt werden.

Wir b e a n t r a g e n aus denselben Erwägungen den gänzlichen Erlass der Haftstrafe.

52. Joseph J o l i d o n , verurteilt am 15. Juni 1927 vom Gerichtspräsidenten von Prantrut zu l Tag Haft, den Eest des Militärpflichtersatzes von Fr. 38 für 1924/25 betreffend.

Jolidon, der Ende November 1926 Fr. 40 und am Tage der Gerichtsverhandlung die verbleibenden Fr. 38 entrichtet hat, wendet sich zwecks Überprüfung des Strafurteils an die Begnadigungsbehörde. Er verweist auf die erste Teilzahlung von Fr. 40, die längere Arbeits- und Erwerbslosigkeit und die 1926/27 geleisteten Wiederholungskurse. Bei den vorhandenen Verhältnissen sei die Verurteilung ungerecht.

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Der Gemeinderat von Pruntrut befürwortet das Gesuch. Die kantonale Militärsteuerverwaltung beantragt Abweisung, die Polizeidirektiou die bedingte Begnadigung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung, die Abweisung beantragt, ist zu bemerken, class gewisse Angaben der Gesuchsanbringen zu berichtigen sind, auch fällt auf, dass Jolidon anlässlich seines Auslandsaufenthaltes den militärischen Meldepflichten nicht nachgekommen ist. Der zeitliche Verlauf des Taxations- und Strafverfahrens lässt die Feststellung zu, dass Jolidon nicht nur einen Teil- sondern auch den Eestbetrag rechtzeitig hätte entrichten können. Die gestellten Abweisungsanträge sind deshalb verständlich. Wenn wir trotzdem b e a n t r a g e n , Jolidon die Haftstrafe gänzlich zu erlassen, so ziehen wir gnadenweise in Betracht, dass Jolidon nachträglich bezahlt und seit der wegen Auslandsaufenthaltes eingetretenen Steuerpflicht bereits wieder zwei Wiederholungskurse bestanden hat. Die 1926 erfolgte Beförderung zum Gefreiten ergibt, dass Jolidon im Militärdienst selbst seine Pflicht erfüllt.

53. Eeinhard M a u r e r , verurteilt am 4. April 1927 vom Gerichtspräsidenten von Nidau zu 2 Tagen Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 34. 60 für 1926 betreffend.

Maurer, der vor der ersten Abhörung durch den Untersuchungsrichter bezahlt hat, ersucht um Erlass der Haftstrafe. Der Strafvollzug gefährde seine Anstellung . Als Soldat einer Botkreuzkolonne und Hilfslehrer eines Samaritervereins würde er ebenfalls schwer beeinträchtigt. Fortan werde er pünktlich zahlen.

Der Gemeinderat von Brügg und der Begierungsstatthalter des Amtsbezirkes, der Sektionschef und das Kantonskriegskommissariat empfehlen das Gesuch, die Polizeidirektion des Kantons Bern beantragt die bedingte Begnadigung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir den bedingten Erlass der Haftstrafe von zwei Tagen, unter Auferlegung einer Probezeit von zwei Jahren, und heben als Bedingung besonders hervor, dass Maurer während der Probezeit kein vorsätzliches Vergehen verübe und auch nicht neuerdings die Entrichtung des Militärpflichtersatzes schuldhaft unterlasse. Wie die Urteilserwägungen dartun, liegt zwar Nachlässigkeit vor, immerhin kann eingeräumt werden, dass Maurer im Zeitpunkt der Mahnungen nur wenig lohnende Gelegenheitsarbeiten besorgte, ferner trifft
zu, dass er seine Mutter unterstützt.

Hinzu kommt, dass Maurer in persönlicher Beziehung nach einhelliger Auffassung der bedingten Begnadigung besonders würdig ist.

54. Christian Z b i n d e n , verurteilt am 2. März 1927 vom Gerichtspräsidenten von Schwarzenburg zu l Tag Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 21.10 für 1926 betreffend.

Zbinden, der am 26. Oktober 1926 bezahlt hat, ersucht um Erlass der Haftstiafe. Er schreibt, dass er den Sommer über sein Auskommen «auf dem Berg»

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finden müsse, auch habe er im Herbst die verkäufliche Viehware nur mühsam und um wenig Geld abgeben können.

Der Gemeinderat von Eüschegg, der Kegierungsstatthalter des Amtsbezirkes empfehlen das Gesuch, das Kantonskriegskommissariat beantragt Abweisung, die Polizeidirektion des Kantons Bern die bedingte Begnadigung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir den bedingten Erlass der Haftstrafe von l Tag, unter denselben Bedingungen wie bei Maurer.

Wie die Urteileerwägungen dartun, liegt eine irrtümliche Auffassung Zbindens über die Steuerpflicht vor, aber auch eine gewisse Nachlässigkeit dahingehend, «es sei früh genug, zu zahlen, wenn er vom Berg komme». Im übrigen handelt es sich um einen rechtschaffenen Mann, der seinen Verpflichtungen nachkommt ; die Ersatzabgabe für 1927 ist bereits im Juli entrichtet worden. Die bedingte Begnadigung ist hier gerechtfertigt.

55. Paul K l ö t z l i , verurteilt am 16. April 1926 von der ersten Strafkammer des Obergerichts des Kantons Bern, in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils, zu l Tag Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 73. 60 für 1925 betreffend.

Klötzli, der am Tag vor der oberinstanzlichen Gerichtsverhandlung bezahlt hat, ersucht um Erlass der Haftstrafe. Er bringt neuerdings an, dass er der Zahlungspflicht nur mit Mühe habe genügen können, und beruft sich auf seine Schritte bei verschiedenen Behörden.

Das Kantonskriegskommissariat beantragt Abweisung, die Polizeidirektion des Kantons Bern die bedingte Begnadigung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir den bedingten Erlass der Haftstrafe von l Tag, unter denselben Bedingungen wie bei Maurer. Die eingehende Vernehmlassung der Steuerverwaltung und die von ihr beschafften Berichte kantonaler Steuerbehörden verschaffen einerseits den Eindruck, dass Klötzli sich in den Vorschriften über Beweisführung, Rekursfristen und Beschwerdeinstanzen nicht zurechtfand, anderseits war sein Verdienst gering, auch war und ist er noch dermalen in finanziell ungünstigen Verhältnissen. Wie die Urteilserwägungen ergeben, liegt zwar Nachlässigkeit vor, jedoch darf kommiserationsweise die bedingte Begnadigung gewährt werden.

Für Einzelheiten wird auf die Vernehmlassung der Steuerverwaltuug verwiesen.

56. Bene Je a n n e r a t , vei urteilt am 31. März 1927 vom
Geiichtsstattnalter von Solothurn-Lebern zu 6 Tagen Gefängnis, den Militärpfliclitersaiz von Fr. 33. 60 für 1926 betreffend.

Jeannerat, der am 5. Mai bezahlt hat, ersucht um Erlass der Gefängnisstrafe. Er macht den bis 1925 geleisteten Militärdienst geltend, womit eine spätere Erkrankung und der andauernd schlechte Gesundheitszustand zusammenhangen sollen. Ferner verweist er auf die mannigfachen Bemühungen zur Regelung seiner Angelegenheit. Der Strafvollzug beeinträchtige ihn deshalb in besonderrn Masse, weil er seit kurzem als Schuhmacher auf eigene Eechnung arbeite.

b7,i

Das Polizeidepartement des Kantons Solothurn beantragt die bedingte ^Begnadigung, die eidgenössische Steuerverwaltung Ermässigung der Haft·strafe bis zu l Tag.

Dem Bericht der Steuerverwaltung ist zu entnehmen, dass die Gesuchsaiibringen, was die Massnahmen der Behörden anbetrifft, zu berichtigen sind, insbesondere sei das Urteil nicht vorzeitig ergangen, d. h. bevor abgeklärt gewesen wäre, dass Jeannerat nicht Militärpatient, wohl aber steuerpflichtig sei.

Hinwiederum kann der überaus günstig lautende Polizeibericht über die dermalige Aufführung und Betätigung des Gesuchstellers berücksichtigt werden, ferner der geleistete Militärdienst und der glaubhafte Hinweis auf den ge.schwächten Gesundheitszustand. Mit dem kantonalen Polizeidepartement bea n t r a g e n wir den bedingten Erlass der Haftstrafe von 6 Tagen, unter denselben Bedingungen wie bei Maurer.

57. Mathias Schädler, verurteilt am 21. Februar 1927 vom Kantonsgericht des Kantons Schwyz, in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils, zu einem Tag Gefängnis, den Militärpflichtersatz von Fr. 39 für 1926 betreffend.

Schädler, der am 14. Dezember 1926 bezahlt hat, ersucht um Erlass der Gefängnisstrafe. Er verweist auf die Bezahlung der Ersatzabgabe in früheren Jahren und die vorhandenen, schweren Familienlasten, ferner behauptet er zu hohe Einschätzung.

Mit dem kantonalen Militärdepartement und der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir den bedingten Erlass der Haftstrafe von l Tag, unter ·denselben Bedingungen wie bei Maurer. Saumseligkeit trifft zwar zu, immerhin kann in Würdigung der Gesuchsanbringen und im Anschluss an die früheren, .ähnlich gearteten Begnadigungssachen Eeichmuth und Waldvogel (Anträge 99, 101 und 102 des II. Berichtes vom 24. Mai 1927, Bundesblatt I,663--665) kommiserationsweise auch hier eine Begnadigung erfolgen. Damit wird die kantonalrechtlich vorgeschriebene Urteilsveröffentlichung, die als Strafverschärfung wirkt, wegfallen.

58. Gustave L a v a n c h y , verurteilt am 20. November 1926 von der Cour de Justice des Kantons Genf, in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils,zu 6 Tagen Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 218. 50 für 1928 und weiter zurückliegende Jahre betreffend.

Lavanchy ersucht um Erlass der Haftstrafe. Der vor Jahren eingetretene Verlust eines Auges zwinge ihn, sich seither
als Handlanger durchzuschlagen.

Er sei öfters arbeitslos und habe für drei Kinder zu sorgen. Die Familie werde häufig von Krankheiten heimgesucht. Am Zahlungs willen fehle eh ihm nicht.

Die Staatsanwaltschaft des Kantons Genf bezeichnete im März 1927 die "Verhältnisse des Gesuchstellers als sehr schlecht. Gleichzeitig verwies sie auf den Zusammenhang des Falles Lavanchy mit jener Serie von Genfer Strai.saclien, die im Begnadigungsweg zu 47, in der Sommersession 1925 erledigten

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Gesuchen führte. Eine Befürwortung des Gesuches lalle angesichts der Bückstände und des wenig günstigen Polizeiberichtes schwer.

Die Anbringen des im Dezember 1926 eingereichten Gesuches lies&en es als angezeigt erachten, den Fall einer näheren Prüfung zu unterziehen und zunächst der Frage einer nachträglichen Herabsetzung der Ersatzabgaben näherzutreten, worauf die Kantonsbehörden dem Ersatzpflichtigen im Juli abhin nach Entrichtung von insgesamt Fr. 76 den Eestbetrag erlassen haben.

Diese veränderte Sachlage darf auch hinsichtlich des Vollzugs der Haftstrafe Berücksichtigung finden. Die eidgenössische Steuerverwaltung hält dafür, in Würdigung der obwaltenden Umstände sei entweder Herabsetzung der Haftstrafe bis zu 2 Tagen oder, weitgehend, die bedingte Begnadigung zulässig.

Aus denselben Erwägungen und im Zusammenhang mit den bereits erwähnten Begnadigungssachen der Sommersession 1925 (Bundesblatt II, 478-482) b e a n t r a g e n wir kommiserationsweise, die Haftstrafe von 6 Tagen bedingt zu erlassen, unter denselben Bedingungen wie bei Maurer.

59. Arthur Lory, verurteilt am 23. April 1927 vom Bezirksgericht Zofingen zu 2 Tagen Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 51. 30 für 1926 betreffend. Die Beschwerde hat das kantonale Obergericht am 10. Juni 1927 abgewiesen.

Lory, der am 3. Dezember 1926 bezahlt hat, stellt durch seinen Anwalt das Gesuch um Erlass der Haftstrafe. Lory habe die Ersatzabgabe drei Tage nach dem in Aussicht gestellten Zeitpunkt beglichen. Die Unterlassung rechtzeitiger Entrichtung beruhe in Wirklichkeit nicht auf einem Verschulden, was näher ausgeführt wird.

Das Bezirksgericht Zofingen empfiehlt die Begnadigung, ebenso die eidgenössische Steuerverwaltung.

Die Akten und Urteilserwägungen ergeben einwandfrei, dass Saumseligkeit vorliegt. Unseres Eraclitens liesse sicli die blosse Ermässigung der Haftstrafe und selbst die Abweisung des Gesuchstellers damit begründen, dass das nachlässige Verhalten des Gesuchstellers kein besonderes Entgegenkommen rechtieitige. Immerhin übernehmen wir kommiserationsweise die Ausführungen der Steuerverwaltung und ziehen zusammenfassend folgendes in Erwägung: Loiy, der geschieden ist, trat seine Stellung als Journalist in Zofingen nach längerer Stelleiilosigkeit mit Schulden an und brachte es bis zur Beendigung der Anstellung nicht dazu,
seine persönlichen Verhältnisse zu ordnen. Im November 1926 war ihm bezeichnenderweise sein Lohn betreibungsrechtlich bis auf Fr. 70 gepfändet. Das hier in Betracht fallende Strafverfahren steht mit diesen Verhältnissen in engem Zusammenhang. Heute ist Lory seit nahezu einem Jahr in Zürich niedergelassen, wo er neuestens in seinem Beruf wieder eine feste Stelle erlangt hat. Der Strafvollzug würde diese Anstellung gefährden und den Gesuchsteller, der Schweres hinter sich hat, neuerdings in eine bedenkliche Lage versetzen. Obschon Lory in persönlicher Beziehung belastet ist und

375 insbesondere eine militärgerichtliche, 1918 ergangene, später im Begnadigungsweg gemilderte Vorstrafe aufweist, mag dermalen die Erwägung den Aussehlag geben, class die bedingte Begnadigung ihn in seiner Lebensführung allenfalls günstig beeinflussen kann. Für Einzelheiten beziehen wir uns auf die Vernehmlassung der Steuerverwaltung und ein persönliches Schreiben Lory» vom 20. September.

Wir b e a n t r a g e n den bedingten Erla?s der Haftstrafe von 2 Tagen, unter' denselben Bedingungen wie bei Maurer.

60. Fritz Born, verurteilt am 15. Juli 1927 vom Gerichtspräsidenten IV von Bern zu l Tag Haft, den Militärpflichtersatz Von Fr. 97. 60 für 1926 betreffend.

Born, der im April 1927 bezahlt hat, stellt durch seinen Anwalt das Gesuch um Erlass der Haftstrafe. Born wird in seiner Eigenschaft als Pfarrvikar näher geschildert. Ferner wird geschrieben, er habe die neue, schärfere Gerichtspraxis übersehen. Der Tod des Vaters, Unterstützungspflichten gegenüber der Mutter, Verzinsung von Studienschulden, ferner kirchliche Liebestätigkeit hätten seine Mittel in Anspruch genommen. Es liege entschuldbare Säumnis vor, keinesfalls böser Wille. Der Strafvollzug würde die ganze Zukunft des jungen Vikars gefährden. In den Akten befindet sich ein persönliches Schreiben des Gesuchstellers.

Die Polizeidirektion Bern und der Quartieraufseher, sowie der Regieiungsstatthalter des Amtsbezirkes befürworten das Gesuch. Das Kantonskriegskommissariat beantragt mit aller Entschiedenheit Abweisung, die Polizeidirektion dos Kantons Bern beantragt die bedingte Begnadigung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir den bedingten Erlass der Haftstrafe von l Tag, unter denselben Bedingungen wie bei Maurer.

Dass Saumseligkeit vorliegt, ist unbestreitbar. Bei der vorhandenen Sachlage ist es auch sehr erklärlich, dass der Eichter ein freisprechendes Erkenntnis mit Schärfe ablehnte, «weil dies wie ein Schlag ins Gesicht der Unparteilichkeit wirken müsste». Dies kann aber nicht hindern, der Angelegenheit von den Gesichtspunkten der Begnadigung deshalb besonderes Interesse entgegenzubringen, weil Born sonst einwandfrei dasteht und als Pfarrhelfer geachtet und beliebt ist. Sein Verhalten in dieser Sache ist zwar eine böse Entgleisung, es besteht aber Gewähr dafür, dass es sich nicht wiederholen wird. Im übrigen könnte
der Strafvollzug bei Born Folgen haben, die das Ergänzungsgesetz nicht bezweckt ; würde seine Zukunft als Pfarrer ernstlich beeinträchtigt, so läge hierin, wie die eidgenössische Steuerverwaltung bemerkt, allenfalls eine unnötige Straf schärfung. Diesen ausseroi deutlichen Urteilsfolgen darf die Begnadigung vorbeugen.

61. Georges U e b e l h a r d t , veruiteilt am 7. Dezember 1926 vom Untersuchungsrichter von Solothurn-Lebern zu 5 Tagen Gefängnis, den Militärpflichtersatz von Fr. 21 für 1924 betreifend.

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Uebelbardt, der anfangs Mai 1927 bezahlt hat, stellt durch seinen Anwalt das Gesuch um Erlass der Gefängnisstrafe. Die verspätete Entrichtung der Ersatzabgabe sei auf Krankheit und längere Arbeitslosigkeit des Gesuchstellers zurückzuführen. Uebelhardt habe für die Ehefrau und drei kleine Kinder zu sorgen. Er weise gute Arbeitszeugnisse auf.

Das Polizeidepartenient des Kantons Solothurn empfiehlt den Vollzug von zwei Tagen Gefängnis und den bedingten Erlass der Beststrafe.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir Herabsetzung der Gefängnisstrafe von 5 bis zu 2 Tagen. Uebelhardt ist 1924 vom Ausland her in den Wiederholungskurs nicht eingerückt, weshalb er militärgerichtlich zu 14 Tagen Gefängnis verurteilt und ausserdem für die Ersatzabgabe eingeschätzt wurde. Er hätte danach besonderen Grund gehabt, seiner vorübergehenden Ersatzpflicht rechtzeitig zu genügen. Da dies, wie die Urteilserwägungen dartun, schuldhaft unterblieben und Uebelhardt nach dem Polizeibericht nicht gut beleumdet ist, wäre die gänzliche Begnadigung- eine zu weitgehende Mas&nahme. Hinwiederum mag einigermassen berücksichtigt werden, da.it, Uebelhardt seither seiner Wiederholungskurspflicht wieder genügte, dass seine neuesten Arbeitsleistungen befriedigen und dass er bei bescheidenem Verdienst beträchtliche Familienlasten hat.

62. Johann K u r i g e r , verurteilt am 21. Februar 1927 vom Kantonsgericht des Kantons Schwyz, in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils, zu l Tag Gefängnis, den Militärpflichtersatz von Fr. 12 für 1926 betreffend.

Kuriger, der am 12. Januar 1927 bezahlt hat, ersucht um Erlass der Gefängnisstrafe. Infolge von Krankheiten in der Familie sei er stark in Rückstand geraten. Bei bescheidenem Lohn habe er für fünf Personen zu sorgen.

Der Urteilsvollzug würde ihm zur Schande werden.

Das Militärdepaiternent de» Kantons Schwyz hat gegen eine Begnadigung, nichts einzuwenden: zwar seien andere Verni teilte in der gleichen Lage wie Kuiiger. Die eidgenössische Steueiverwaltung erachtet, bei weitgehender Berücksichtigung der FamilienverhältnisEe, die bedingte Begnadigung als zulässig, immerhin mit dem Beifügen, den genauen Massstab für die Erledigung dieses Falles dürften fiühere Entscheide der Begnadigungsbehörde abgeben.

Da sich Kuriger seit Jahren als säumiger Zahler erweist und er
laut Urteilseiwägungen wegen Nichtentiichtung des Militärpflichtersatzes vorbestraft ist, b e a n t r a g e n wir Abweisung. Der Hinweis des kantonalen Militärdepartementes, andere Verurteilte seien in der gleichen Lage wie Kuriger, begründet den Abweisungsantrag ebenfalls; denn es muss darauf gehalten werden, dass die Begnadigung die Ausnahme bleibt.

63. Louis Rollat, verurteilt am ]. März 1926 vom Gerichtspräsidenten von Biel zu 2 Tagen Haft und 6 Monaten Wirtshausverbot, den Militärpflichtersatz von Fr. 24.10 für 1925 betieffend.

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Eollat, der im Januar 1926 bezahlt hat, ersucht um Erlass der Haftstrafe.

Er verweist auf seine Familienlasten und betont, dass er die erste Teilzahlung vor der ersten Einvernahme und die letzte, wie versprochen, 14 Tage später aufgebracht habe.

Der Polizeiinspektor und der Gemeinderat der Stadt Biel befürworten das Gesuch, der Eegierungsstatthalter des Amtsbezirkes kann dasselbe nicht empfehlen, das Kantonskriegskommissariat beantragt Abweisung, die Polizeidirektion des Kantons Bern und die eidgenössische Steuerverwaltung bedingte Begnadigung.

Wir beantragen Abweisung, indem wir den Gesuchsanbringen gegenüber die drei Vorstrafen von 1920, 1916, 1914 wegen Diebstahls betonen.

64. Hermann Sauvin, verurteilt am 31. März 1927 vom Gerichtsstatthalter von Solothurn-Lebern zu 5 Tagen Gefängnis und l Jahr Wirtshaus verbot, den Militärpflichtersatz von Fr. 18. 60 für 1926 betreffend.

Sauvin, der nach Einreichung des vorliegenden Gesuches bezahlt hat, stellt durch seinen Anwalt das Gesuch um Erlass der Gefängnisstrafe und des Wirtshausverbotes. Als Einarmiger sei Sauvin in der Erwerbsfähigkeit staik behindert. Bei den günstigen Leumunds- und Arbeitszeugnissen sei die Bestrafung eine Härte.

Das Polizeidepartement des Kantons Solothurn und die eidgenössische Steuerverwaltung beantragen, es zunächst bei der Verbüssung von 2 Tagen und dem Wirtshausverbot bewenden zu lassen und Sauvin für die Beststrafe von drei Tagen bedingt zu begnadigen.

Wir beantragen Abweisung, weil nach den Akten und Urteilserwägungen die Nachlässigkeit des Gesuchstellers unbestreitbar ist und er, mit dem Polizeibericht, als unsolid bezeichnet werden muss.

65. Ernst Peter, verurteilt am 4. April 1927 vom Gerichtspräsidenten von Biel zu 2 Tagen Haft und 6 Monaten Wirtshaus verbot, den Militärpflichtersatz von Fr. 16. 60 für 1926 betreffend.

Peter, der im April und Mai 1927 in Teilbeträgen bezahlt hat, ersucht um Erlass der Haftstrafe. Er sorge für die Ehefrau und vier kleine Kinder. Krankheiten in der Familie hätten ihn zurückgebracht. Er weise 615 Aktivdiensttage auf und sei 1917 wegen eines körperlichen Leidens landsturmpflichtig geworden.

Der Begierungsstatthalter des Amtsbezirkes befürwortet das Gesuch, die kantonale Militärsteuerverwaltung kann das Gesuch nicht empfehlen, die Polizeidirektion des Kantons Bern beantragt die
bedingte Begnadigung, die eidgenössische Steuerverwaltung Abweisung.

Angesichts der vielen Aktivdiensttage des Gesuchstellers haben wir die bedingte Begnadigung erwogen, gelangen aber mit der eidgenössischen Steuerverwaltung zum Antrag, das Gesuch gänzlich abzuweisen. Peter reichte seit Jahren keine Selbstdeklaration ein, kümmerte sich weder um ZahlungsaufBundesblatt. 79. Jahrg. Bd. II.

32

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forderungen noch Mahnungen und Hess sich seit 1918 jährlich dem Eichter überweisen. Die einzige Tätigkeit bestand in seiner Verteidigung vor Gericht, die jedoch im vorliegenden Falle nicht zu überzeugen vermochte. Bei dieser Sachlage sind die Anbringen der eidgenössischen Steuerverwaltung, die insbesondere die schlechte Wirkung einer allfälligen Begnadigung gegenüber anderen Pflichtigen betont, begründet. Pur weitere Einzelheiten verweisen wir auf den Bericht selbst.

66. Alfred T s c h a n n e n , verurteilt am 11. Januar 1926 vom Gerichtspräsidenten von Biel zu 2 Tagen Haft und 6 Monaten Wirtshaus verbot, den Militärpflichtersatz von Fr. 24. 40 für 1925 betreffend.

Tschannen ersucht um Erlass der Haftstrafe. Arbeitslosigkeit und Krankheit der Ehefrau hatten ihn in eine Notlage gebracht. Bis 1917 sei er auszugspflichtig gewesen; die nachherige Versetzung in den Landsturm gehe auf ein im Dienst erworbenes Gebrechen zurück.

Der Gemeinderat von Nidau äussert sich über den Gesuchsteller und empfiehlt, die Ersatzabgabe zu erlassen. Der Begierungsstatthalter von Biel, die kantonale Militärsteuerverwaltung und die Polizeidirektion des Kantons Bern beantragen Abweisung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir Abweisung.

Tschannen ist wegen Nichtentrichtung der Ersatzabgabe bereits im Jahre 1921 verurteilt worden. Aus dem Bericht des Sektionschefs geht klar hervor, dass Tschannen sich jahrelang um die Eegelung der Ersatzabgabe wenig kümmerte.

Er wird einhellig als gleichgültig geschildert. Wenn er auch dermalen verschuldet ist, so ändert diea nichts daran, dass sein Verhalten während Jahren saumselig war. In den Jahren 1922/23 versäumte er bezeichnenderweise auch die Inspektionen. Vor dem Eichter erklärte er, keine Militärsteuer mehr bezahlen zu wollen. Bei dieser Sachlage vermögen die Gesuchsanbringen eine Begnadigung nicht zu begründen; das geltend gemachte Gebrechen besteht zudem lediglich in Plattfussen, so dass eine Hinderung im Erwerb oder eine gesundheitliche Beeinträchtigung nicht vorliegt.

67. Fernand L'Hos te, verurteilt am 15. Juni 1927 vom Gerichtspräsidenten von Pruntrut zu l Tag Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 36 für 1926 betreffend.

L'Hoste, der am 25. Mai bezahlt hat, ersucht um Erlass der Haftstrafe.

Er versichert, die rechtzeitige Begleichung sei ihm nicht
möglich gewesen, insbesondere habe er nach einem Unfall als Eennfahrer sieben Monatslöhne verspätet bezogen. Fortan werde er für ordnungsgemässe Bezahlung besorgt sein.

Der Gemeinderat von Pruntrut befürwortet das Gesuch, sofern der Erlass angängig sei. Die Polizeidirektion des Kantons Bern empfiehlt das Gesuch ebenfalls.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir Abweisung.

L'Hoste, der ledig ist, erweist sich seit Jahren als Zahlungssaumiger. Die Mindeststrafe ist den Umständen 'angemessen.

379 68. Paul Triebold, verurteilt am 18. März 1927 vom Gerichtspräsidenten von Courtelary zu 8 Tagen Haft und Wirtshausverbot bis zu Entrichtung der Ersatzabgabe, längstens aber während 6 Monaten, den Militärpüichtersatz von Fr. 42. 60 für 1926 betreffend.

Paul Triebold, der im September/November 1926 und anfangs Februar 1927 in Teilbeträgen bezahlt hat, stellt durch seinen Anwalt das Gesuch um Erlass der Haftstrafe. Hierzu wird Arbeitslosigkeit geltend gemacht und auf die dem Urteil vorangegangene ratenweise erfolgte Begleichung der Ersatzabgabe verwiesen.

Der Eegierungsstatthalter des Amtsbezirkes kann das Gesuch nicht befürworten. Die Polizeidirektion des Kantons Bern beantragt Abweisung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir Abweisung.

Zuungunsten des Gesuchstellers spricht die Vorstrafe wegen Nichtentrichtung der Ersatzabgabe von 1920, ferner wird Triebold, der ledig ist, in Bieler und Grenchener Polizeiberichten übereinstimmend als unsolid geschildert. Für Einzelheiten wird auf die Polizeiberichte und den zuhanden der Strafvollzugsbehörden abgegebenen, vorläufigen Bericht der Bundesanwaltschaft verwiesen.

69. Werner N e u e n s c h w a n d e r , verurteilt am 14. März 1927 vom Gerichtspräsidenten von Nidau zu 2 Tagen Haft und 6 Monaten Wirtshausverbot, den Militärpflichtersatz von Fr. 42.10 für 1926 betreffend.

Neuenschwander, der am 21. März bezahlt hat, ersucht in nicht selbstverfasster Eingabe um Erlass der Haftstrafe. Arbeitslosigkeit und später geschäftliche Verluste hätten die rechtzeitige Zahlung verunmöglicht. Der Strafvollzug schädige Neuenschwander in übermässiger Weise.

Der Eegierungsstatthalter des Amtsbezirkes, der Kantonskriegskommissär und die Polizeidirektion des Kantons Bern können das Gesuch nicht empfehlen.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir Abweisung.

Neuenschwander, der ledig ist, hätte die Ersatzabgabe, wie die Urteilserwägungen dartun, ohne weiteres entrichten können. Er sei als säumiger Zahler bekannt. Im übrigen beziehen wir uns auf den Bericht der eidgenössischen Steuerverwaltung.

70. Karl Amsler, verurteilt am 12. Juli 1927 vom Polizeigericht Ariesheim zu 3 Tagen Gefängnis, den Militärpflichtersatz von Fr. 80 für 1926 betreffend.

Amsler ersucht um Erlass der Gefängnisstrafe oder Umwandlung in Busse. Der Strafvollzug
gefährde seine Anstellung.

Mit den Militär- und Polizeidirektionen des Kantons Basel-Landschaft und der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir Abweisung. Im Jahre 1926 musste Amsler bereits wegen den Ersatzabgaben der Jahre 1923-1925 bestraft werden. In den Strafakten wird Amsler als notorischer Steuerschuldner bezeichnet.

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71. Paul F r e u n d , verurteilt vom Polizeigericht Ariesheim: a. am 1. Oktober 1925 zu 5 Tagen Gefängnis, den Militärpflichtersatz yon Fr. 102.50 für 1922-1924 betreffend; &, am 4. März 1926 zu 6 Tagen Gefängnis, den Militärpflichtersatz von Fr. 33 für 1925 betreffend.

Freund, der bereits 2 Tage verbüsst hat, ersucht um Brlass der verbleibenden 9 Tage Gefängnis. Für 1926 habe er ordnungsgemäss bezahlt; was die früheren Abgaben anbetreffe, sei ihm in den betreffenden Jahren die Begleichung wegen wiederholter Krankheit und daherigen Stellenverlustes unmöglich gewesen. Er verspreche nachträgliche Bezahlung, jedoch solle ihm hierzu Zeit gelassen und Strafaufschub gewährt werden.

Mit den Militär- und Polizeidirektionen des Kantons Basel-Landschaft und der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir Abweisung.

Freund erhielt seit der Gesuchseinreichung vom 7. April Gelegenheit zu Teilzahlungen, er hat aber keine einzige entrichtet. Die eidgenössische Steuerverwaltung schreibt, Freund treibe mit den Behörden ein freches Spiel.

72. Auguste Groux, verurteilt am 6. April 1927 vom Gerichtspräsidenten von Yverdon zu 4 Tagen Haft, den Militärpflichtersatz von .Fr. 28.10 für 1926 betreffend.

Groux ersucht um Erlass der Haftstrafe, wozu er die angeblich vor dem Urteil erfolgte Zahlung von Fr. 24 geltend macht und weiter bemerkt, der Strafvollzug gefährde seine Stelle.

Der Préfet von Yverdon und das Justiz- und Polizeidepartement des Kantons Waadt beantragen Abweisung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir desgleichen Abweisung. Zunächst ergeben die Akten, dass Groux, entgegen den Gesuchsanbringen, eine Teilzahlung erst am 25. April leistete ; ferner handelt es sich um einen ledigen Ersatzpflichtigen, der die Ersatzabgabe mit Leichtigkeit aufbringen könnte. Die eidgenössische Steuerverwaltung schreibt hierzu, Groux scheine sich, nach den eingegangenen Berichten, über die Behörden geradezu lustig zu machen. Seine Anstellung wird er nicht verlieren.

73. Franz Albert G r ä t z e r , verurteilt am 11. Juli 1927 vom Bezirksgericht Hinterland zu 2 Tagen Haft und l Jahr Stimmrechtsentzug, den Militärpflichtersatz von Fr. 21. 50 für 1926 betreffend.

Für Grätzer stellt sein Anwalt das Gesuch um Erlass der Haftstrafe und der Busse von Fr. 10, die wegen unentschuldigten Nichterscheinens vor
Gericht ergangen ist. Grätzer könne als Zahnarzt ohne inländisches Diplom den Beruf nicht selbständig ausüben, sondern sei auf Anstellungen angewiesen. Er habe viel Missgeschick erfahren und sein Existenzkampf sei nicht leicht. In Herisau habe man Grätzer zu hoch eingeschätzt, worauf sein Eekurs geschützt worden sei ; infolge Stellenverlustes und Wohnsitzwechsels habe er dann auch die herab-

381 gesetzte Abgabe nicht sofort aufbringen können. Grätzer habe aber in St. Gallen innert der mit dem Sektionsehef vereinbarten Frist bezahlt; da jedoch das Strafverfahren bereits angehoben gewesen sei, habe ihn das Gericht hernach, in seiner Abwesenheit, trotzdem verurteilt. Eine Urteilsveröffentlichung sei auffälligerweise nie erfolgt. Grätzer erscheine als Opfer seines guten Glaubens, dass mit der Bezahlung der Abgabe das Strafverfahren gegenstandslos geworden sei.

Die Bezirksgerichtskanzlei Trogen äussert sich zu den Gesuchsanbringen, soweit sie das Strafverfahren betreffen. Die Justizdirektion des Kantons Appenzell A.-Bh. beantragt Abweisung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir Abweisung.

Soweit im Gesuch Eechtsfragen erörtert werden, sehen wir nach der ganzen Aktenlage davon ab, auf die Gesuchsanbringen näher einzutreten. Ausschlaggebend ist uns, dass Grätzer als arbeitsscheuer, liederlicher und prahlerischer Mensch bezeichnet wird, dass er sechsmal vorbestraft ist und in den Jahren 1920 und 1921 drei Freiheitsstrafen wegen Betrugs, Urkundenfälschung, Übertretung von Medizinalgesetzen aufwei&t. Unter diesen Umständen muss es dabei sein Bewenden haben, dass sich Grätzer um das Strafverfahren jedenfalls nicht derart bekümmert hat, wie dies hätte geschehen sollen. Im übrigen ist noch zu bemerken, dass die Ordnungsbusse von Fr. 10 nicht Gegenstand eines Begnadigungsgesuches sein kann.

74. Ludwig M e y e r , verurteilt am 17. November 1926 von der ersten Strafkammer des Obergerichts des Kantons Bern, in Bestätigung des erstinstenzlichen Urteils, zu l Tag Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 292. 60 für Ì925 betreffend.

Für Meyer stellt sein Anwalt das Gesuch um Erlass der Haftstrafe. Meyer sei wegen eines im Laufe des Militärdienstes hervorgetretenen Herzleidens dienstuntauglich erklärt worden; die Heranziehung zur Ersatzpflicht bedeute an sich eine Härte. Der Gesuchsteller habe zudem wegen geschäftlichen Misserfolgen Mühe, die Ersatzabgabe aufzubringen. Es wird geradezu Mittellosigkeit behauptet. Im übrigen legt der Verfasser des Gesuches Gewicht darauf, dass der Pflichtersatz am Tage der Gerichtsverhandlung, dieser vorgängig, beglichen worden sei. Der Strafvollzug erweise sich als übermässige Härte.

Die Polizeidirektion der Stadt Bern und der Begierungsstatthalter
des Amtsbezirkes befürworten das Gesuch, das Kantonskriegskommissariat und die Polizeidirektion des Kantons Bern können dasselbe nicht empfehlen.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir Abweisung.

Zunächst bemerken wir, dass Meyer am 5. August 1927 mit einem Gesuch um Befreiung vom Militärpflichtersatz für 1926, weil er ange blich infolge des Dienstes rnilitäruntauglich geworden sei, abgewiesen worden ist. Im übrigen ergeben die Akten einwandfrei, dass grobe Saumseligkeit zutrifft, so dass eine Begnadigung nicht verantwortet werden kann. Der eingehende Bericht der eid-

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genössischen Steuerverwaltung beleuchtet dies in deutlicher Weise. Der Fall ist geradezu ein Schulbeispiel für die Zweckmässigkeit der neueren Gerichtspraxis.

75. Adolf Eupp, verurteilt am 23. März 1927 von der ersten Strafkammer des Obergerichts des Kantons Bern, in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils, zu l Tag Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 37. 60 für 1925 betreffend.

Eupp ersucht um Brlass der Haftstrafe. Wegen Stellenverlustes und Arbeitslosigkeit, Krankheiten in der Familie, daheriger Spitalkosten und Auslagen für die Ehefrau und ein Kind sei die rechtzeitige Entrichtung des Pflichtersatzes unmöglich gewesen.

Der Gemeinderat von Thun bezeichnet Eupp als der Begnadigung unwürdig. Der Eegierungsstatthalter II von Bern und die Polizeidirektion des Kantons Bern beantragen Abweisung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir Abweisung.

Die Gesuchsanbringen erweisen sich verschiedentlich als unzutreffend. In Wirklichkeit handelt es sich um einen Gesuchsteller, der arbeitsscheu ist und weder einem geordneten Verdienst obliegt noch überhaupt seine Familienpflichten ernst nimmt. Für Einzelheiten beziehen wir uns auf den eingehenden Bericht der eidgenössischen Steuerverwaltung.

Genehmigen Sie die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 2. November 1927.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Motta.

Der Bundeskanzler: Kaesliu.

· 3KVSÌ-

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

I. Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigungsgesuche (Dezembersession 1927). (Vom 2. November 1927.)

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1927

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