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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Vereinbarung eines Zusatzprotokolls vom 26. November 1926 zum Auslieferungsvertrag zwischen der Schweiz und der Republik Uruguay vom 27. Februar 1923.

(Vom 5. Januar 1927.)

Durch Bimdesbeschluss vom 9. April 1924 (Gesch. Nr. 20/1767) haben Sie dem am 27. Februar 1923 in Montevideo unterzeichneten Ablieferungsverträge zwischen der Schweiz und der Republik Uruguay die Genehmigung erteilt. Leider verlief die Ratifikation des Vertrages in Uruguay nicht so glatt. Wie wir Ihnen bereits im Geschäftsbericht von 1924 (Seite 260) mitgeteilt haben, wies die Deputiertenkammer von Uruguay den Vertrag an die vorberatende Kommission für die auswärtigen Angelegenheiten zurück, und zwar wegen der Bestimmung von Art. 2, Ziffer 2, des Vertrages, der die ,,vorsätzliche Abtreibung der Leibesfrucht" als Auslieferungsdelikt aufführte. Obschon dieses Delikt nach dem uruguayischen Strafgesetz strafbar ist und beispielsweise auch in den Auslieferungsvertrag Uruguays mit den Vereinigten Staaten von Amerika übernommen wurde, hielt es die Kammer doch als mit den derzeitigen Rechtsanschauungen in Uruguay unvereinbar, dass die Abtreibung in unserem Auslieferungsvertrage Aufnahme fand. Die Berichte der schweizerischen Gesandtschaft für Uruguay in Buenos-Aires Hessen uns nicht darüber in Zweifel, dass angesichts der grossen Opposition, die dem Vertrag gemacht wurde, keine Aussicht bestand, die Kammer umzustimmen und den Vertrag ohne Ausmerzung der angegriffenen Bestimmung zur Annahme zu bringen.

Wir haben in der Botschaft zum Vertrag (BEI. 1923, Bd. 2, S. 589ff.)

dargelegt, dass wir an dem Zustandekommen eines Auslieferungsvertrages mit Uruguay ein wesentliches Interesse haben, weil Uruguay zu denjenigen Staaten gehört, die ohne Vertrag nicht ausliefern, und wir daher nur durch den Abschluss eines solchen dem unbefriedigenden Zustand, dass die Verbrecher in jenem Lande ein für die schweizerische Strafrechts-

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pflege unerreichbares Refugium finden, ein Ende bereiten können. Diese Überlegung und dazu die Erwägung, dass wegen des Deliktes der Abtreibung wohl schwerlich einmal mit Uruguay ein Auslieferungsfall praktisch werden wird, liess uns trotz des nicht sehr günstigen Eindrucks, den die Behandlung des Geschäftes in der uruguayischen Kammer in uns hervorrief, dazu bereit finden, zur Rettung des Vertrages der Streichung des Deliktes ,,vorsätzliche Abtreibung der Leibesfrucht" aus dem Katalog der Auslieferungadelikte zuzustimmen. Wir willigten daher ein, ein Zusatzprotokoll zu vereinbaren, durch das die Abtreibung von der Liste der Auslieferungsdelikte gestrichen wurde, erklärten jedoch ausdrücklich, dieses Protokoll den eidgenössischen Räten erst vorlegen zu können, nachdem Vertrag und Protokoll durch die gesetzgebende Körperschaft von Uruguay ratifiziert sein werde.

Während den nachfolgenden Verhandlungen wurde noch versucht, uns auch zur Preisgabe von Art. 2, Ziffer 8, des Vertrages, ,,Aussetzung und bösliches Verlassen von Kindern oder hilflosen Personen, Entführung von Minderjährigen", zu bewegen. Immerhin bestand dann Uruguay nicht auf diesem Verlangen. Am 13. September 1926 hat endlich die uruguayische Deputiertenkammer und anfangs Oktober auch der Senat den Vertrag ratifiziert mit der Massgabe, dass Art. 2, Ziffer 2, ,,vorsätzliche Abtreibung der Leibesfrucht1-0, als gestrichen gelte und dass darüber ein Zusatzprotokoll, das als integrierender Bestandteil des Vertrages zu gelten habe, zu vereinbaren sei.

Dieses Protokoll ist am 26. November 1926 in Montevideo von den beidseitigen Bevollmächtigten unterzeichnet worden, wodurch der Vertrag in Uruguay seine endgültige Gutheissung erfahren hat.

Wir beantragen Ihnen, auch Ihrerseits dem Zusatzprotokoll durch Annahme des mitfolgenden Beschlussesentwurfes die Genehmigung zu erteilen.

Bern, den 5. Januar

1927.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundeepräsident: Motta.

Der Bundeskanzler: Kaeslin.

22 (Entwurf.)

Bundeslbeschluss betreffend

Genehmigung des Zusatzprotokolles vom 26. November 1926 zum Auslieferungsvertrag zwischen der Schweiz und der Republik Uruguay vom 27. Februar 1923.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 5. Januar 1927, in Anwendung von Art. 85. Ziffer 5, der Bundesverfassung, b eschliesst: Art. 1. Dem Zusatzprotokoll vom 26. November 1926 zum Auslieferungsvertrag zwischen der Schweiz und der Republik Uruguay vom 27. Februar 1923 wird die Genehmigung erteilt.

Art. 2. Der Bundesrat wird beauftragt, diesen Beschluss in Wirksamkeit zu setzen.

Deutsche Übersetzung.

Zusatzprotokoll zum

Auslieferungsvertrag zwischen der Schweiz und der Republik Uruguay vom 27. Februar 1923.

Der Schweizerische Bundesrat und Seine Excellenz der Präsident der Republik Uruguay, vom übereinstimmenden Wunsche geleitet, eines der Auslieferungsdelikte zu beseitigen, welche in dem am 27. Februar 1923 in Montevideo von ihnen abgeschlossenen Auslieferungsvertrage aufgeführt sind, sind übereingekommen, zu diesem Zwecke dem Vertrage ein Zusatzprotokoll anzufügen, und haben als ihre Bevollmächtigten bezeichnet:

23 Der Schweizerische Bundesrat, Herrn Karl Egger, Seinen ausserordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister bei Seiner Excellenz dem Präsidenten der Republik Uruguay, und Seine Excellenz, der Präsident der Republik Uruguay, Herrn Alvaro Saralegui, Seinen Minister, Staatssekretär der Auswärtigen Angelegenheiten, welche, nach Austausch ihrer in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten, folgende Artikel vereinbart haben: Art. 1. Das in Ziffer 2 von Artikel 2 des erwähnten Auslieferungsvertrages vorgesehene Delikt wird von dem genannten Vertrage ausgeschlossen. Die Auslieferung einer Person wegen des Deliktes der Yorsätzlicheu Abtreibung der Leibesfrucht kann demnach nicht bewilligt werden.

Art. 2. Die Bestimmung des vorhergehenden Artikels bildet einen integrierenden Bestandteil des Auslieferungsvertrages vom 27. Februar 1923.

Art. 3. Das gegenwärtige Protokoll wird gemäss der Verfassung und den Gesetzen jedes der beiden vertragschliessenden Staaten ratifiziert, und die Ratifikationsurkunden werden in Bern gleichzeitig mit denjenigen betreffend den Vertrag ausgetauscht.

Zu Urkund dessen haben die obenbezeichneten Bevollmächtigten das gegenwärtige Protokoll unterzeichnet und es mit ihren Siegeln versehen.

Also geschehen zu Montevideo, in zwei Exemplaren! mit gleichem Inhalt und zum nämlichen Zweck, jedes in französischer und spanischer Sprache, den sechsundzwanzigsten November tausendneunhundertundsechsundzwanzig.

gez. Egger.

gez. Alvaro Saralegui.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Vereinbarung eines Zusatzprotokolls vom 26. November 1926 zum Auslieferungsvertrag zwischen der Schweiz und der Republik Uruguay vom 27. Februar 1923. (Vom 5. Januar 1927.)

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