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Schweizerisches Bundesblatt.

47. Jahrgang. III.

Nr. 46.

23. Oktober

1895.

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ßundesratsbeschluß über


(Vom 11. Oktober 1895.)

Der s c h w e i z e r i s c h e B u n d e s rat, nach Einsicht 1. einer Eingabe der Regierung von Zürich vom 21. November 1894; 2. eines Berichtes und Antrages seines Eisenbahndepartementes, in Erwägung: 1. Mit Eingabe vom 24. November 1894 erhebt die Regierung des Kantons Zürich gegen einen Entscheid des Eisenbahndepartementes vom 30. Juli 1894, durch welchen ein Erweiterungsprojekt der Nordostbahn für die Station Dietlikon genehmigt worden war, Beschwerde, mit der Begründung, daß die in diesem Projekt vorgesehenen Wohnräume für den Stationsvorstand gesundheitsschädlich seien, und mit dem Antrag, daß die Verfügung des Eisenbahndepartements betreffend Genehmigung des abgeänderten Projektes der Nord ostbahn für Erweiterung der Station Dietlikon aufzuheben und die Nordostbahn zu verhalten sei, ein den Bedürfnissen entsprechendes neues Gebäude zu erstellen.

Im fernem ersucht die Regierung von Zürich mit Bezug auf die Handhabung der Bau-, Gesundheits- und Feuerpolizei bei den Hochbauten der Bahnen um einen prinzipiellen Entscheid in dem Sinne, daß diese Handhabung Sache der kantonalen, bezw. lokalen Bundesblatt. 47. Jahrg. Bd. III.

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958 Behörden sei, immer in der Meinung, daß die kantonalen Gesetze und Verordnungen nur insoweit gelten sollen, als sie ohne Beeinträchtigung des Zweckes, dem die Bauten zu dienen haben, anwendbar seien.

2. Was zunächst die grundsätzliche Frage betrifft, so ist in rechtlicher Beziehung grundlegend Art. 14 des Eisenbahngesetzes, wonach dem Bundesrat der Bauplan in seiner Gesamtheit, sowie in den Einzelheiten zur Genehmigung vorzulegen ist. Diese Genehmigung wird als namentlich erforderlich bezeichnet u. a. auch für sämtliche größern Bauobjekte, einschließlich der wichtigern Hochbauten. Im fernem wird bestimmt, daß der Bundesrat den betreffenden Kantonsregierungen und durch deren 'Vermittlung auch den Lokalbehörden Gelegenheit geben werde, bezüglich des Tracés, derGestaltung der Wegübergänge, der Lage der Stationen u. s. w,, ihre Interessen geltend zu machen.

Aus dem Wortlaut dieser Bestimmung geht unzweifelhaft hervor, daß dem Bund das Recht der Plangenehmigung ausschließlich zusteht. Er hat die Pläne nicht nur nach eisenhahnrechtlichen und eisenbahntechnischen Gesichtspunkten, sondern in Würdigung aller einschlägigen Faktoren zu prüfen. Dabei ist er aber, soweit mit Bezug auf die Bau-, Feuer- und Gesundheitspolizei kantonale Rechte in Frage kommen, auf die Mitwirkung der Kautone angewiesen, welchen deshalb Gelegenheit geboten werden soll, ihre Interessen geltend zu machen.

Die Mitwirkung der Kantone hat sich somit nicht nur auf die Wahrung derjenigen Interessen zu beschränken, wie sie in exemplifizierender Aufzählung (Tracé, Lage der Wegübergänge uad Stationen elc.) angedeutet sind, sondern auch die Geltendmachuug von Rechten zu umfassen, die auf der kantonalen Gesetzgebung über Bau-, Feuer- und Gesundheitspolizei beruhen, sofern die vorgelegten Pläne den betreffenden Gesetzen und Verordnungen zuwiderlaufen.

Aus dieser Geltendmachung . folgt nun aber keineswegs, daß der Bund diese Vorschriften unter allen Umständen respektieren müsse, wenn er auch die Geltung des kantonalen Rechts, auf dem sie beruhen, im allgemeinen anerkennt. Er wird vielmehr in jedem einzelnen Falle zu prüfen haben, ob die Erfüllung dieser Polizeivorschriften mit dem Zweck, der bei Erstellung der projektierten Eisenbahnbauten verfolgt wird, vereinbar sei. Ist dies nicht deiFall, so hat nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen das
kantonale Recht dem Bundesrecht zu weichen, woraus sich der Schluß ergieht, daß das kantonale Recht nur so weit gilt, als dasselbe mit den aus der Eisenbahngesetzgebung des Bundes hergeleiteten Rechten nicht kollidiert.

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3. Bezüglich der Beschwerde der Zürcher Regierung gegen die Genehmigung des Projektes der Nordostbahn, betreffend Erweiterung der Station Dietlikon, bat die in Sachen angeordnete Expertise die Richtigkeit der seitens der Kantonsregierung aufgestellten Behauptung ergeben, daß die io dem genehmigten Projekt vorgesehenen Wohnräume des Stationsvorstandes feucht und in erheblichem Maße gesundheitsschädlich seien.

Damit fallen die Voraussetzungen dahin, unter welchen das Projekt genehmigt wurde, so daß die Ausarbeitung und Vorlage eines neuen Projektes, welches die erwähnten Übelstände vermeidet, angezeigt erscheint, beschließt: 1. Betreffend die auf kantonalem Recht beruhende Bau-, Feuerund Gesundheitspolizei wird grundsätzlich entschieden, daK deren Vorschriften bei Genehmigung der Pläne von Hochbauten der Bahngesellschaften, welche ausschließlich dem Bundesrat zusteht, von diesem respektiert werden, sofern dieselben von den Kantonen in ihren Vernehmlassungen geltend gemacht werden und im einzelnen Falle nicht mit den aus der Eisenbahngesetzgebung hergeleiteten Rechten kollidieren.

2. Die Beschwerde der Regierung von Zürich, betreffend die Genehmigung des Projektes der Nordostbahn für Erweiterung der Station Dietlikon, wird begründet erklärt und infolgedessen die daherige Verfügung des Eisenbahndepartements vom 30. Juli 1894 aufgehoben, in der Meinung, daß die Nordostbahn eingeladen werden solle, ein neues Projekt auszuarbeiten, welches den vom vorigen Projekt in sanitariseher Beziehung gemachten Aussetzungen in ausreichendem Maße Rechnung trägt.

B e r n , den 11. Oktober 1895.

Im Namen des Schweiz. Bundesrate«, Der Bundespräsident: Zemp.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Rangier.

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Bundesratsbeschluß über den Rekurs der Regierung von Zürich, betreffend die Erweiterung des Bahnhofes Dietlikon (Nordostbahn). (Vom 11. Oktober 1895.)

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1895

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46

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23.10.1895

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957-959

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