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Bundesratsbeschluss über

die Beschwerde von Louis Piaget, chapelier in Yverdon, betreffend Eintragung der Firma ,,Ed. Fischer (succr de E. Piaget, neveu)" in Yverdon in das Handelsregister.

(Vom 2. März 1909.)

Der schweizerische Bundes rat hat über die Beschwerde von Louis P i a g e t , chapelierr in Yverdon, betreffend Eintragung der Firma ,,Ed. Fischer (succ de E. Piaget, neveu)a in Yverdon in das Handelsregister, auf den Bericht seines Justiz- und Polizeidepartements, folgenden Beschluss gefasst: A.

In tatsächlicher Beziehung wird festgestellt: I.

1. Eduard Heinrich Friedrich Fischer in Yverdon hat im Jahre 1892 das Hut- und Pelz Warengeschäft des ,,E. Piaget, neveu" in Yverdon übernommen und sich am 12. November 1892 unter der Firma ,,Edouard Fischer" in das Handelsregister eintragen lassen. Auf dem Schaufenster seines Verkaufsmagazines an der rue du Lac, Nr. 9, führte er neben seinem Namen ,,E. Fischer" stets die Aufschrift ,,E. Piaget, neveu".

135 Im Dezember 1908 wollte er einen das Nachfolgeverhältnis andeutenden Zusatz auch in die eigentliche Firma aufnehmen und meldete deshalb dem Handelsregisterbureau Yverdon an, dass er «die bisherige Firma ,,Edouard Fischer"1 abändere in ,,Ed. Fischer
2. Bevor der Registerfilhrer die Eintragung vornehmen konnte, hatte sich der im Handelsregister unter der Firma ,,Ls. Piaget" ·eingetragene Hut- und Pelzwarenhändler Louis Charles Piaget in Yverdon dagegen verwahrt.

· Der Registerführer ersuchte deshalb seine Aufsichtsbehörde, «das waadtländische Kantonsgericht, um Weisung.

Letzteres wies ihn durch Schlussnahme vom 8. Dezember 1908 an, die angemeldete Eintragung vorzunehmen. Es ging dabei von folgenden Erwägungen aus: Der Erwerber oder Übernehmer eines bestehenden Geschäftes kann seiner Firma nach Art. 874 0. R. einen das Nachfolgeverhältnis andeutenden Zusatz beifügen, wenn der frühere Inhaber oder dessen Erben ausdrücklich oder tatsächlich dazu einwilligen.

Nun hat Fischer im Jahre 1892 das Geschäft des E. Piaget.

neveu übernommen, und letzterer erklärte noch am 4. November 1908 zu Binden der Handelsregisterbehörden schriftlich, dass anlässlich der Eintragung der Firma ,,Edouard Fischer11 in das Handelsregister lediglich aus Unachtsamkeit vergessen worden sei, ·den Zusatz ,,suce1 de E. Piaget, neveu"1 zur Firma einzutragen ; ·er sei deshalb durchaus damit einverstanden, dass dieser Zusatz nun nachträglich eingetragen werde.

Mit Rücksicht hierauf muss dem Eintragsbegehren Folge gegeben werden. Wenn sich Ls. Piaget dadurch benachteiligt glaubt, so kann er gemäss Art. 876, Abs. 2, 0. R. den Eil. Fischer vor dem Richter auf Unterlassung der weitern Führung der Firma und auf Schadenersatz belangen.

II.

Gegen diese Schlussnahme wendet sich Ls. Piaget mit Eingabe vom 26. Dezember 1908 an den Bundesrat und macht geltend: Die Aufschrift auf dem Schaufenster Fischers, welche lautet: ,,E. Piaget, neveu" und darunter ,,E. Fischer, successeur", führen
Der Gebrauch der Bezeichnung ,,E. Piaget, neveu" ist daher ein Akt illoyaler Konkurrenz, und deshalb darf sich Fischer ihrer weder als Ladenaufschrift (Enseigne) noch als Firmazusata bedienen.

136 Piaget stellt daher das Begehren : ,,Eduard Fischer sei z« verhalten, die Aufschrift (l'enseigne) ,E. Piaget, neveu' von seinem Schaufenster zu entfernen tt .

in.

Fischer beantragt, es sei auf die Beschwerde wegen Verspätung, eventuell wegen Inkompetenz nicht einzutreten.

Er macht geltend : a. Die Beschwerde wurde erst am 26. Dezember 1908 eingereicht, während die Schlussnahme des waadtländischen Kantonsgerichtes schon am 17. Dezember eröffnet ward. Die in der Verordnung über das Handelsregister vorgesehene fünftägige Beschwerdefrist ist demnach nicht eingehalten worden.

b. Eventuell : Wie schon vor der kantonalen Instanz, so verlangt Piaget auch in seiner Beschwerde an den Bundesrat wieder,, dass Fischer die Worte ,,E. Piaget, neveu" von seiner ,,enseigne"* entferne. Die Frage, ob Fischer berechtigt sei, seiner Firma den Zusatz ,,E. Piaget, neveu a beizufügen, erörtert er nicht. Nun wäreiaber der Bundesrat nur zur Entscheidung dieser letzteren Fragezuständig. Die Frage, ob Fischer die Bezeichnung ,,E. Piaget,.

neveu 01 als Aufschrift auf den Fenstern seines Verkaufsmagazins, anbringen dürfe, entzieht sich seiner Kompetenz; sie könnte nur auf Grund der Art. 50 und ff. 0. R. durch die Gerichte entschiede» werden.

IV.

Das waadtländische Kantonsgericht beschränkt sich darauf* unter Verweisung auf die Motive seiner Scblussnahme vom 8. Dezember 1908 Abweisung der Beschwerde zu beantragen.

B.

In rechtlicher Beziehung fällt in Betracht :

I.

Die von Ed. Fischer aufgeworfene Vorfrage, ob die Beschwerde nicht als verspätet anzusehen sei, muss verneint werden.

Die Verordnung über Handelsregister und Handelsamtsblatt vor» 6. Mai 1890 sieht kurze (fünftägige) Fristen nur für Beschwerden* vor, welche die Pflicht zu einer Eintragung zum Gegenstand haben, (Art. 25 und 26). In allen übrigen Fällen gelten die Art. 178,, Ziffer 3, und Art. 190 des Gesetzes über die Organisation der

137 Bundesrechtspflege (vergi, den Geschäftsbericht des Buudesrates -- Justiz- und Polizeidepaitement -- pro 1904; Bundesbl. 1905, Bd. I, S. 694).

Da die Beschwerde Piaget« binnen 9 Tagen eingereicht worden ist, so ist sie nicht verspätet.

II.

Die Entscheidung der Frage, ob Ed. Fischer zur Entfernung der Aufschrift ^E. Piaget, neveu a von seineu Schaufenstern zu verhalten sei, liegt nicht in der Kompetenz der Aufsichtsbehörden über das Handelsregister, sondern gemäss Art. 876, Abs. 2, und 50 0. R. in derjenigen der Gerichte.

Wenn der Beschwerdeführer auch seinen Beschwerdeschluss nur dahin formuliert hat, Eduard Fischer sei zu verhalten, die Aufschrift (enseigne) ,,E. Piaget, neveu11 von seinen Schaufenstern zu entfernen, so wendet er sich im Grunde doch ebenfalls gegen die Eintragung des Zusatzes ,,succ* de E. Piaget, neveu a zur Firma ^Ed. Fischer" ins Handelsregister. Denn die Schlussnahme des waadtländischen Kantousgerichtes, über die er sich beschwert, hat ja gerade die Eintragung dieses Zusatzes in das Handelsregister gutgeheissen. Sein Beschwerdeschluss ist nur ungeschickt formuliert.

Und da Piaget v o r erfolgter Eintragung gegen dieselbe Einspruch erhoben hat, ist der Bundesrat nach konstanter Praxis zu dieser Entscheidung zuständig.

m.

Nun erscheint aber der Firmazusatz ,,succ* de E. Piaget, neveu1'1 im vorliegenden Falle nach Art. 874 0. R. als durchaus zulässig. Eduard Fischer ist Unbestrittenermassen Geschäftsnachfolger des E. Piaget, neveu. Und letzterer hat noch anlässlich des gegenwärtigen Streites ausdrücklich seine Zustimmung dazu erklärt, dass sich Fischer in seiner Firma als Nachfolger bezeichne. Gegen den Gebrauch des Zusatzes kann daher auf Grund des Art. 874 O. R. nichts eingewendet werden.

Der Beschwerdeführer kann sich auch nicht auf Art. 868 0. R. und Art. 21 der Verordnung über Handelsregister und Handelsamtsblatt vom 6. Mai 1890 berufen, wonach sich jede neue Firma von einer anderen am selben Orte bereits eingetragenen deutlich unterscheiden muss, um ins Handelsregister eingetragen werden zu dürfen. Die Firma, welche Fischer neu angemeldet hat, lautet ,,Ed. Fischer (succ* de E. Piaget, neveu) a . Da der Zusatz nur mit der eigent-

138 liehen Firma ,,Ed. Fischer" zusammen als Ganzes in Betracht kommt, so ist diese Firma deutlich genug von der Firma ,,Ls. Piaget" unterschieden, die einem ganz anders lautenden Familiennamen entnommen ist. Aber auch wenn man den Zusatz ,,succr de E.

Piaget, neveu" für sich allein in Betracht zöge, so könnte er der Firma ,,Ls. Piaget" gegenüber nicht als unzulässig erklärt werden.

Eine Firma ,,E. Piaget, neveu" durfte an demselben Orte ganz wohl neben der Firma ,,Ls. Piaget" geführt werden.

Gegen die Eintragung des Zusatzes ,,succr de E. Piaget, neveu" zur Firma ,,Ed. Fischer" in das Handelsregister ist daher nichts einzuwenden.

Demgemäss wird erkannt: a. Auf das Begehren um Entfernung der Aufschrift ,,E. Piaget, neveu" vom Schaufenster des Eduard Fischer wird wegen Unzuständigkeit nicht eingetreten.

b. Der Einspruch gegen die Eintragung des Zusatzes ,,succ.

de E. Piaget, neveu" zur Firma ,,Ed. Fischer" in Yverdon wird als unbegründet abgewiesen.

B e r n , den 2. März 1909.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Deucher.

Der I. Vizekanzler: Schatzmann.

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Bundesratsbeschluss über die Beschwerde von Louis Piaget, chapelier in Yverdon, betreffend Eintragung der Firma ,,Ed. Fischer (succr de E. Piaget, neveu)" in Yverdon in das Handelsregister. (Vom 2. März 1909.)

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10.03.1909

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