09.530 Parlamentarische Initiative Löschung ungerechtfertigter Zahlungsbefehle Bericht der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates vom 19. Februar 2015

Sehr geehrter Herr Präsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit diesem Bericht unterbreiten wir Ihnen den Entwurf zu einer Änderung des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs. Gleichzeitig erhält der Bundesrat Gelegenheit zur Stellungnahme.

Die Kommissionsmehrheit beantragt, dem beiliegenden Entwurf zuzustimmen. Die Minderheit (Stamm, Miesch, Reimann Lukas, Rickli Natalie, Schwander) beantragt Nichteintreten.

19. Februar 2015

Im Namen der Kommission Der Präsident: Alec von Graffenried

2015-0774

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Übersicht Ein Eintrag im Betreibungsregister kann gewichtige Nachteile für die betriebene Person mit sich bringen, insbesondere bei der Stellen- und Wohnungssuche sowie bei einer Kreditvergabe. Da eine Betreibung eingeleitet werden kann, ohne dass eine Forderung nachzuweisen ist, kommt es in der Praxis nicht selten zu Betreibungen über bestrittene oder sogar nicht bestehende Forderungen. Die Kommission ist der Ansicht, dass die nach geltendem Recht zur Verfügung stehenden Mittel gegen eine ungerechtfertigte Betreibung entweder ungeeignet oder für die betriebene Person sehr aufwendig oder riskant sind. Sie schlägt daher Änderungen im Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs vor, um den Schutz betroffener Personen vor den nachteiligen Auswirkungen ungerechtfertigter Betreibungen zu erhöhen.

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Bericht 1

Entstehungsgeschichte

1.1

Parlamentarische Initiative

Am 11. Dezember 2009 reichte der damalige Nationalrat Fabio Abate eine parlamentarische Initiative ein, welche eine Änderung des Bundesgesetzes vom 11. April 18891 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) fordert mit dem Ziel, ungerechtfertigte Betreibungen rascher und einfacher löschen zu können. Am 14. Oktober 2010 prüfte die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates die Initiative vor und beschloss einstimmig, ihr gemäss Artikel 109 Absatz 2 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 20022 (ParlG) Folge zu geben. Die Kommission für Rechtsfragen des Ständerates stimmte diesem Beschluss am 5. Mai 2011 einstimmig zu (Art. 109 Abs. 3 ParlG).

1.2

Arbeiten der Kommission

Die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates setzte am 3. Februar 2012 eine Subkommission ein und beauftragte diese damit, die verschiedenen Möglichkeiten zur Umsetzung der parlamentarischen Initiative zu prüfen, die damit verbundenen Fragen zu klären und der Kommission darüber Bericht zu erstatten.

Diese Subkommission trat zwischen Mai und November 2012 viermal zusammen.

Mitglieder der Subkommission waren Margret Kiener Nellen (Präsidentin3), Andrea Caroni, Yves Nidegger, Ursula Schneider Schüttel4, Pirmin Schwander, Luzi Stamm und Karl Vogler. Am 29. Juni 2012 hörte die Subkommission Vertreter der Schweizerischen Konferenz der Betreibungs- und Konkursbeamten, des Schweizerischen Dachverbands der Schuldenberatungsstellen «Schuldenberatung Schweiz» und des Verbands der Schweizerischen Inkassotreuhandinstitute an. Am 13. November 2012 verabschiedete die Subkommission einstimmig einen Bericht mit Anträgen zuhanden der Gesamtkommission.

Am 25. April 2013 verabschiedete die Kommission einstimmig einen Vorentwurf.

Zu diesem Vorentwurf wurde gemäss Bundesgesetz vom 18. März 20055 über das Vernehmlassungsverfahren eine Vernehmlassung durchgeführt. Die Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens, das vom 3. Juni 2013 bis zum 20. September 2013 dauerte, sind Gegenstand eines Berichts6. Am 20. Februar 2014 nahm die RK-N Kenntnis von den Vernehmlassungsergebnissen und beschloss, ihre Subkommission zu beauftragen, Vorschläge zur Anpassung des Vorentwurfs im Sinne dieser Ergeb1 2 3 4 5 6

SR 281.1 SR 171.10 Bis Ende Mai 2012 wurde die Subkommission von Thomas Hardegger präsidiert.

Ab Anfang Juni 2012 als Ersatz für Thomas Hardegger.

SR 172.061 Dieser Bericht kann auf der Webseite der Bundesverwaltung abgerufen werden (Vernehmlassungen Abgeschlossene Vernehmlassungen und Anhörungen 2013 Parlamentarische Kommissionen Änderung des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs Bericht [www.admin.ch/ch/d/gg/pc/ind2013.html#PK]). Sämtliche Stellungsnahmen können beim Bundesamt für Justiz eingesehen werden.

3211

nisse auszuarbeiten. Die Subkommission tagte im März und im Mai 2014 insgesamt zweimal. Die RK-N prüfte am 13. November 2014 die Vorschläge ihrer Subkommission. Am 19. Februar 2015 nahm sie die endgültige Fassung des Entwurfs und den vorliegenden Bericht an: Die Kommission beantragt ihrem Rat mit 17 zu 5 Stimmen bei 1 Enthaltung, diesem Entwurf zuzustimmen; die Minderheit (Stamm, Miesch, Reimann Lukas, Rickli Natalie, Schwander) beantragt Nichteintreten.

Die Kommission wurde bei ihren Arbeiten gemäss Artikel 112 Absatz 1 ParlG vom Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement unterstützt.

2

Ausgangslage

2.1

Geltende Rechtslage

Gemäss Artikel 67 SchKG kann eine Person betrieben werden, ohne dass das Bestehen einer Forderung nachzuweisen ist. Damit entsteht die Gefahr, dass Betreibungen über bestrittene oder sogar nicht bestehende Forderungen eingeleitet werden. Sämtliche Betreibungen werden im Betreibungsregister vermerkt und sind so für Dritte ersichtlich, und zwar unabhängig davon, ob die geltend gemachte Forderung tatsächlich besteht oder nicht.

Eigentliche Schikanebetreibungen, d.h. bewusste Falschbetreibungen, kommen in der Praxis vor, sind aber selten. Liegt ein klarer Fall einer Schikanebetreibung vor und ist dies auch ohne Weiteres ersichtlich, ist die betreffende Betreibung gemäss der Rechtsprechung des Bundesgerichts nichtig7. Die Nichtigkeit muss beim zuständigen Betreibungsamt geltend gemacht werden. Hält das Betreibungsamt an der Gültigkeit der Betreibung fest, kann kostenlos Beschwerde an die kantonale Aufsichtsbehörde erhoben werden. Im Falle der Feststellung der Nichtigkeit wird die Betreibung aufgehoben; sie ist anschliessend aus dem Registerauszug nicht mehr ersichtlich (Art. 8a Abs. 3 Bst. a SchKG). Die Voraussetzungen an das Vorliegen einer Nichtigkeit sind in der Praxis allerdings hoch, sodass eine Betreibung nur ausnahmsweise gestützt auf die Nichtigkeit gelöscht wird.

Häufiger als Schikanebetreibungen sind Betreibungen teilweise oder vollständig bestrittener Forderungen. Oftmals werden auch bestehende und nicht bezahlte Forderungen durch eine «Mahngebühr» oder einen anderweitigen «Verzugsschaden» erhöht und in Betreibung gesetzt. Die betreibende Person handelt in solchen Fällen allerdings häufig in guten Treuen und geht davon aus, dass der in Betreibung gesetzte Geldbetrag tatsächlich geschuldet ist, auch wenn die betriebene Person die Forderung bestreitet oder sich nachträglich herausstellt, dass tatsächlich nichts geschuldet ist. Aus diesem Grund erscheint es problematisch, hier von ungerechtfertigten Betreibungen zu sprechen. Hinzu kommt, dass zumindest ein Teil der in Betreibung gesetzten Forderung in vielen Fällen tatsächlich geschuldet ist, d.h. die betriebene Person eine offene Rechnung nicht bezahlt hat und die Betreibung deswegen nicht als ungerechtfertigt bezeichnet werden kann.

Die betriebene Person hat bei jeder Betreibung die Möglichkeit, Rechtsvorschlag zu erheben und auf diese
Weise die Vollstreckung in ihr Vermögen zu stoppen. Die Betreibung kann in einem solchen Fall erst fortgesetzt werden, wenn ein Gericht den Rechtsvorschlag aufgehoben hat. Im Betreibungsregister ist die Betreibung auch in 7

BGE 115 III 18 24

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diesen Fällen aber während fünf Jahren ersichtlich, ergänzt durch die Anmerkung, dass Rechtsvorschlag erhoben wurde. Dies auch dann, wenn die betreibende Person nach Erhebung des Rechtsvorschlags untätig bleibt, d.h. sich nicht darum bemüht, den Rechtsvorschlag beseitigen zu lassen und das Verfahren fortzusetzen. Für die betriebene Person, die die Forderung bestreitet, ist dies höchst unbefriedigend. Nach geltendem Recht stehen ihr die folgenden Möglichkeiten offen, sich zu wehren:

8 9 10

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Feststellungsklage gemäss Artikel 85 SchKG: Sofern die Forderung bezahlt oder gestundet wurde und die betriebene Person dies mit Hilfe von Urkunden klar nachzuweisen vermag, kann sie gestützt auf Artikel 85 SchKG beim Gericht des Betreibungsorts die Aufhebung der Betreibung verlangen. Wird die Klage gutgeheissen, muss die betreibende Person sämtliche Kosten (Gerichtskosten und eine allfällige Parteientschädigung, wozu insbesondere die Kosten einer anwaltlichen Vertretung gehören) übernehmen. Die Betreibung wird aufgehoben und ist aus dem Registerauszug nicht mehr ersichtlich.

Weil der Anwendungsbereich dieser Klage begrenzt ist auf die Fälle der Tilgung und Stundung der in Betreibung gesetzten Forderung, ist ihr Anwendungsbereich aber sehr eng und es kommt ihr in der Praxis nur eine geringe Bedeutung zu.

­

Feststellungsklage gemäss Artikel 85a SchKG: Das SchKG sieht in Artikel 85a eine weitere besondere Feststellungsklage vor, mit welcher die betriebene Person vom Gericht des Betreibungsorts feststellen lassen kann, dass die Schuld nicht oder nicht mehr besteht oder gestundet ist. Die betreibende Person hat in diesem Fall nachzuweisen, dass die Forderung tatsächlich geschuldet ist bzw. zum Zeitpunkt der Einleitung der Betreibung tatsächlich geschuldet war. Die Klage nach Artikel 85a SchKG wird nach geltendem Recht im ordentlichen Verfahren nach Artikel 219 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO)8, bei einem Streitwert bis zu Fr. 30 000.­ im vereinfachten Verfahren nach Artikel 243 ff. ZPO, abgewickelt. Wird die Klage gutgeheissen, muss die betreibende Person sämtliche Prozesskosten (Gerichtskosten und Parteientschädigung) übernehmen. Die Betreibung wird aufgehoben und ist aus dem Registerauszug nicht mehr ersichtlich. Wird die Klage dagegen abgewiesen, entstehen der betriebenen Person dadurch erhebliche Kosten. Trotz des grundsätzlich offenen Wortlauts von Artikel 85a SchKG («jederzeit») hat das Bundesgericht den praktischen Anwendungsbereich der Klage erheblich eingeschränkt. Danach kann sie nur erhoben werden, wenn es die betriebene Person versäumt hat, rechtzeitig Rechtsvorschlag zu erheben. Hat sie dagegen Rechtsvorschlag erhoben (was bei bestrittenen Forderungen regelmässig der Fall ist), steht die Klage nicht mehr zur Verfügung.9 Das Bundesgericht verweist die betriebene Person in denjenigen Fällen, in denen die Klage nach Artikel 85a SchKG unzulässig ist, auf die allgemeine zivilprozessuale Feststellungsklage.10 Die betreffende Klage wird auf diese Weise vom Bundesgericht ausschliesslich als Notbehelf zur Verhinderung der Vollstreckung und nicht als Mittel zur Bereinigung des Registers verstanden. Diese Rechtsprechung wird von der Lehre teilweise

SR 272 BGE 125 III 149 153 f.; 127 III 41 43 BGE 125 III 149 153

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kritisiert11; sie hat vor allem dazu geführt, dass der Klage nach Artikel 85a SchKG in der Praxis kaum eine Bedeutung zukommt.

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Allgemeine Feststellungsklage: Als letztes Mittel steht der betriebenen Person die allgemeine negative Feststellungsklage gemäss Artikel 88 ZPO offen. Damit kann sie verlangen, den Nichtbestand der in Betreibung gesetzten Forderung festzustellen. Es handelt sich um eine gewöhnliche Klage vor einem Zivilgericht, bei welchem das Gericht sämtliche relevanten Beweismittel würdigt und endgültig über den Bestand der Forderung urteilt. Wird die Klage gutgeheissen, muss die betreibende Person sämtliche Prozesskosten (Gerichtskosten und Parteientschädigung) übernehmen. Die Betreibung wird aufgehoben und ist aus dem Registerauszug nicht mehr ersichtlich. Die Klage kann jederzeit angehoben werden und ist an keine Fristen gebunden.

Zudem hat das Bundesgericht am 16. Januar 2015 seine Praxis gelockert und entschieden, dass das erforderliche Feststellungsinteresse angesichts der einschneidenden Wirkungen des Registereintrags ohne Weiteres zu vermuten ist.12 Es verbleibt damit als Unterschied zur Klage nach Artikel 85a SchKG der Umstand, dass die Klage nach Artikel 85 SchKG am Wohnsitz oder Sitz der betreibenden Person zu erheben ist.

2.2

Problematik und Handlungsbedarf

Es ist allgemein bekannt, dass ein Eintrag im Betreibungsregister schwerwiegende Auswirkungen für die betriebene Person hat und zum Beispiel bei der Stellen- und Wohnungssuche sowie der Kreditvergabe zu Schwierigkeiten führen kann. Mit einer ungerechtfertigten Betreibung kann deshalb ein erheblicher Schaden angerichtet werden. Die Kommission ist der Ansicht, dass die zur Verfügung stehenden Mittel gegen eine ungerechtfertigte Betreibung entweder ungeeignet oder für die betriebene Person sehr aufwendig oder riskant sind, nicht zuletzt auch in finanzieller Hinsicht.

Alle oben genannten Klagen sind von der betriebenen Person einzuleiten. Diese befindet sich damit in der schwierigeren Klägerrolle und hat sowohl die Gerichtskosten sowie auch allfällige Anwaltskosten zu bevorschussen. Zudem trägt sie das Risiko, im Verlustfall neben den eigenen Anwaltskosten und den Gerichtskosten auch die Anwaltskosten der Gegenseite übernehmen zu müssen.

Es besteht nach geltendem Recht kein einfacher Weg zu verhindern, dass Dritte von einer ungerechtfertigten Betreibung Kenntnis erhalten. Aus diesem Grund ist die Kommission der Meinung, dass das Anliegen der parlamentarischen Initiative berechtigt ist. Sie schlägt zur Entschärfung der Problematik drei Änderungen des SchKG vor: Zum einen sollen ­ auf Gesuch der betriebenen Person hin ­ Betreibungen bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen Dritten nicht mehr zur Kenntnis gebracht werden (Art. 8b). Zum anderen soll die betriebene Person ­ anders als im geltenden Recht ­ auch über die Rechtsvorschlagsfrist hinaus die Beweismittel der betreibenden Person einsehen können (Art. 73 Abs. 1). Zudem soll die restriktive Rechtsprechung des Bundesgerichts, wonach Klagen nach Artikel 85a SchKG nur

11 12

Vgl. Bodmer/Bangert, in: Basler Kommentar zum SchKG, Basel 2011, Art. 85a SchKG N 14 m.w.Nachw.

Urteil des Bundesgerichts 4A_414/2014 vom 16. Januar 2015, Erw. 2.6.1.

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im Fall von Betreibungen zugelassen werden, gegen welche kein Rechtsvorschlag erhoben wurde, korrigiert werden.

3

Vernehmlassung

3.1

Ergebnisse

In der Vernehmlassung zum Vorentwurf (3. Juni ­ 20. September 2013) nahmen 25 Kantone, sechs politische Parteien und 31 Organisationen und weitere Teilnehmer Stellung13. Zahlreiche Vernehmlasser, darunter zahlreiche Kantone (AG, AR, FR, GR, JU, LU, OW, SG, SH, SZ, TG, VD, ZG, ZH) und mehrere politische Parteien (CVP, FDP, SP, SVP), begrüssten ausdrücklich die Stossrichtung der parlamentarischen Initiative bzw. anerkannten den Handlungsbedarf in diesem Bereich. Andere Vernehmlasser äusserten sich zurückhaltender oder gar negativ. Sie sind namentlich der Meinung, dass reine Schikanebetreibungen selten sind und das geltende Recht genügend Schutz bietet. Im Übrigen weichen die Stellungnahmen je nach Vorschlag voneinander ab14:

13 14

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Verschiedene Vernehmlasser nehmen den neuen Artikel 8b positiv auf (GR, LU, ZG; CVP, FDP, SP, SVP usw). Mehrere andere Vernehmlasser zeigen sich skeptisch oder lehnen die Bestimmung sogar ab (AG, AI, BE, BL, BS, FR, GE, GL, JU, NE, NW, SG, SH, SO, TG, UR, ZH; economiesuisse, SGV; Konferenz der Betreibungs- und Konkursbeamten usw.). Die kritischen Stimmen finden die vorgeschlagene Lösung kompliziert. Sie befürchten insbesondere, dass der neue Artikel 8b für die Betreibungsämter schwierig anzuwenden ist, dass er für diese einen Mehraufwand verursacht und dass gewisse an und für sich gerechtfertigte Betreibungen Dritten nicht mehr mitgeteilt werden, wodurch der Informationsgehalt des Registerauszugs abnähme. Gewisse Vernehmlasser bezweifeln auch, dass die gewählten Kriterien zweckmässig sind.

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Der Vorschlag, dass der Schuldner die Beweismittel des Gläubigers auch über die Rechtsvorschlagsfrist einsehen können soll, wurde von vielen Teilnehmern ausdrücklich begrüsst (Art. 73 Abs. 1; namentlich: AG, BL, NE, NW, SG, SO, TG, VD, ZH; CVP, FDP, SP, SVP; economiesuisse), vereinzelt aber auch kritisch beurteilt oder sogar abgelehnt. Zum Vorschlag, dass der Gläubiger eine Übersicht über alle gegenüber dem Schuldner fälligen Ansprüche vorzulegen habe, äusserten sich nur wenige Teilnehmer.

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Der Vorschlag, den Anwendungsbereich von Artikel 85a SchKG zu erweitern, wurde allgemein begrüsst (namentlich: BE, BL, BS, JU, LU, NW, OW, SO, TG TI, VD, ZH; CVP, FDP, SP, SVP; economisuisse; Konferenz der Betreibungsbeamten). Nur vereinzelt wurde Kritik geäussert. Verschiedentlich wurde angemerkt, zur Optimierung könne noch präzisiert werden, dass das Rechtsmittel unabhängig davon zur Verfügung steht, ob der Betriebene Rechtsvorschlag erhoben hat.

Die Liste sämtlicher Vernehmlassungsteilnehmer findet sich im Anhang zum Bericht zum Ergebnis des Vernehmlassungsverfahrens (vgl. Fussnote 6).

Einzelheiten zu den Stellungnahmen sind dem Bericht zum Ergebnis des Vernehmlassungsverfahrens zu entnehmen (vgl. Fussnote 6).

3215

3.2

Beurteilung der Ergebnisse und Änderungen des Vorentwurfes

Die Kommission ist nach wie vor der Auffassung, dass der eingeschlagene Weg der richtige ist und dass ein geeigneter Lösungsvorschlag für das vom Initianten aufgeworfene Problem gemacht wurde. Sie hat deshalb mit 17 zu 5 Stimmen bei 1 Enthaltung beschlossen, am Vorentwurf weitgehend festzuhalten, allerdings nicht ohne daran einige Verbesserungen und Ergänzungen anzubringen, um so den Erkenntnissen der Vernehmlassung Rechnung zu tragen.

Die Kommission hat zunächst einmal die Struktur und die Formulierung von Artikel 8b vereinfacht und verbessert, das Kriterium einer beim Betreibungsamt bereits eingegangenen Zahlung in die Bestimmung aufgenommen und, soweit nötig, die Fristen angepasst. Des Weiteren hat sie den Anwendungsbereich von Artikel 85a optimiert (vgl. Ziff. 3.1). Zudem hat sie die Gelegenheit genutzt, um entsprechend dem Wunsch einiger Vernehmlassungsteilnehmer im Rahmen der Revision auch die Frist für das Erlöschen des Betreibungsanspruchs (Art. 88 Abs. 2) von einem Jahr auf sechs Monate zu kürzen. Artikel 73 VE, der in der Vernehmlassung begrüsst wurde, wurde unverändert beibehalten.

Eine Kommissionsminderheit (Stamm, Miesch, Reimann Lukas, Rickli Natalie, Schwander) ist hingegen der Ansicht, dass auf die geplante Revision verzichtet werden sollte und beantragt deshalb, nicht auf die Vorlage einzutreten. Sie weist darauf hin, dass die Zahl der tatsächlich ungerechtfertigten Betreibungen gering ist.

Das im neuen Artikel 8b vorgesehene System sei zudem kompliziert und gehe über das Anliegen des Initianten hinaus, da auch eine Vielzahl gerechtfertigter Betreibungen nicht mehr im Betreibungsregisterauszug aufgeführt würde. Schliesslich ist sie der Auffassung, dass zwischen einigen der vorgeschlagenen Änderungen und dem vom Initianten aufgeworfenen Problem kein echter Zusammenhang besteht (z. B. Art. 73 und Art. 88 Abs. 2) und dass die bei Artikel 85a vorgesehene Änderung allein keine Gesetzesrevision rechtfertigt.

Eine weitere Kommissionsminderheit (Nidegger, Miesch, Reimann Lukas, Schwander, Stamm) beantragt, auf den von der Kommissionsmehrheit ausgearbeiteten Artikel 8b zu verzichten. Sie schlägt ein anderes Konzept vor, welches auf der in Artikel 73 vorgesehenen Vorlage der Beweismittel beruht: Der Gläubiger kann aufgefordert werden, die Beweismittel für seine Forderung zusammen mit
einer Übersicht über alle gegenüber dem Schuldner fälligen Ansprüche beim Betreibungsamt zur Einsicht vorzulegen. Auf Verlangen des Schuldners wird die Betreibung Dritten nicht bekanntgegeben, solange der Gläubiger dieser Aufforderung keine Folge geleistet hat. Die Betreibung wird gelöscht, wenn aus der Antwort des Betreibers hervorgeht, dass kein schutzwürdiges Interesse vorliegt.

Die Kommissionsmehrheit lehnt den Antrag der Minderheit namentlich aus folgenden zwei Gründen ab: Zum einen laufe die summarische Prüfung durch die Betreibungsbeamten dem System des Gesetzes zuwider, da eine solche Prüfung eine Aufgabe der Richter sei. Zum anderen dürfte der wenig klare Begriff des «schutzwürdigen Interesses» in der Praxis grosse Probleme bringen. Es wäre insbesondere nur schwer zu unterscheiden zwischen diesem neuen Rechtsbehelf («kein schutzwürdiges Interesse») und den Fällen, in denen es möglich ist, die Nichtigkeit der Betreibung feststellen zu lassen (vgl. Ziff. 2.1).

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4

Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen

Art. 8b

Ausschluss des Einsichtsrechts

Kernstück der vorliegenden Vorlage ist die Einführung eines neuen Rechtsbehelfs, mit dem unabhängig vom Entscheid über den materiellen Bestand der Forderung die Mitteilung der Betreibung gegenüber Dritten unterbunden werden kann. Es stehen grundsätzlich zwei Möglichkeiten offen, wie dieses Ziel erreicht werden kann. Es wäre denkbar, die in Betreibung gesetzte Forderung summarisch auf ihren materiellen Bestand hin zu überprüfen. Eine solche Überprüfung müsste aber von einem Gericht durchgeführt werden; das Betreibungsamt ist dafür nicht geeignet. Die betriebene Person wäre damit nach wie vor gezwungen, ein Gesuch bei einem Gericht einzureichen, was allerdings mit einem erheblichen Aufwand verbunden wäre.

Im Ergebnis würde der Unterschied zur vorläufigen Einstellung einer Betreibung, wie sie der bestehende Artikel 85a Absatz 2 SchKG bereits vorsieht, kaum mehr ins Gewicht fallen. Der Entwurf sieht deshalb vor, den Bestand der Forderung keiner materiellen Prüfung zu unterziehen, sondern nur noch einen Entscheid über die Bekanntgabe der Betreibung an Dritte herbeizuführen, der auf einer Überprüfung einfacher formaler Kriterien beruht. Dies würde es auch ermöglichen, das betreffende Verfahren vor dem Betreibungsamt durchzuführen.

Der neue Artikel 8b SchKG ermöglicht es der betriebenen Person, beim zuständigen Betreibungsamt ein Gesuch zu stellen, dass eine hängige Betreibung Dritten nicht mehr mitgeteilt werden soll. Die Wirkungen der Gutheissung des Gesuchs beschränken sich auf die vorläufige Unterbindung der Bekanntgabe der hängigen Betreibung an Dritte; das Betreibungsverfahren wird dagegen weitergeführt. Für die Frage, wer als Dritter im Sinne der Bestimmung anzusehen ist, kann auf die bestehende Regelung in Artikel 8a Absatz 3 SchKG verwiesen werden.

Das entsprechende Verfahren soll ausserdem rasch, einfach und kostengünstig sein.

Dies bedingt wie festgehalten, dass sich die Prüfung auf das Vorliegen formaler Voraussetzungen beschränkt und weder der Bestand der Forderung noch die Rechtmässigkeit der Betreibung überprüft werden dürfen. Um dieses Ziel zu erreichen, wird vorgeschlagen, dass eine Kenntnisgabe der Betreibung an Dritte nach einem entsprechenden (mündlichen oder schriftlichen) Gesuch nur noch erfolgt, wenn zum Zeitpunkt des konkreten Auskunftsgesuchs mindestens eine der drei in Artikel 8b Absatz 2 genannten Voraussetzungen erfüllt sind: ­

Die Betreibung wird Dritten insbesondere dann mitgeteilt, wenn seit der Anhebung der Betreibung und in den sechs Monaten zuvor vor dem gleichen Betreibungsamt Betreibungen von mindestens zwei weiteren Gläubigern eingeleitet worden sind. Die Erfahrung zeigt, dass es immer wieder ungerechtfertigte Betreibungen gibt. Es handelt sich dabei aber typischerweise um Einzelfälle. Häufen sich bei einer Person aber die Betreibungen, spricht Vieles dafür, dass die Betreibungen nicht ohne Grund erfolgt sind. Dies umso mehr, wenn die Betreibungen von unterschiedlichen Personen eingeleitet werden. Der Entwurf gibt der betriebenen Person die Möglichkeit, gegen ungerechtfertigte Einzelbetreibungen vorzugehen. Wer aber von drei oder mehr unterschiedlichen Personen betrieben wird, soll dieses Verfahren nicht mehr beanspruchen können. Es besteht in diesem Fall vielmehr die Vermutung, dass die betriebene Person ihren Verpflichtungen nicht nachgekommen 3217

ist. Festzuhalten ist, dass mit der Einführung eines solchen Verfahrens im Einzelfall auch verhindert werden kann, dass gerechtfertigte Betreibungen Dritten mitgeteilt werden. Betrachtet man aber die Funktion des Registerauszugs, geht es dabei weniger darum, Personen zu identifizieren, die im Einzelfall ungerechtfertigterweise den Bestand einer Forderung bestreiten, als vielmehr notorische Spät- oder Nichtzahler ersichtlich zu machen. Diese Funktion kann das Register nach wie vor erfüllen.

­

Die Betreibung wird Dritten auch mitgeteilt, wenn in den vergangenen zwölf Monaten gegen den Schuldner vor dem gleichen Betreibungsamt eine Betreibung fortgesetzt wurde. Hier ist die betriebene Person ihren Verpflichtungen in mindestens einem Fall nicht nachgekommen; damit besteht für potenzielle Gläubiger ein erhöhtes Interessse, auch über die weiteren laufenden Betreibungen Auskunft zu erhalten.

­

Entsprechendes gilt auch, wenn in den vergangenen zwölf Monaten eine in Betreibung gesetzte Forderung durch Zahlung an das Betreibungsamt beglichen wurde und der Gläubiger die Betreibung in der Folge nicht zurückgezogen hat.

Weil dem Betreibungsamt durch das Gesuch ein administrativer Aufwand entsteht, ist für das Gesuch und dessen Bearbeitung eine Gebühr vorzusehen. Diese kann durch den Bundesrat mit einer Revision der Gebührenverordnung vom 23. September 199615 zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (GebV SchKG) eingeführt werden. Dabei soll dem gesuchstellenden Schuldner eine moderate, aber kostendeckende Gebühr auferlegt werden können, damit sein Gesuch behandelt wird. Es bleibt ausserdem möglich, dass ein Gericht anlässlich eines Entscheids über den Bestand der in Betreibung gesetzten Forderung eine Kostenübernahme durch den Gläubiger auf dem Weg des Schadenersatzes anordnet.

Gegen den Entscheid des Betreibungsamtes im Rahmen dieses neuen Verfahrens steht den betroffenen Parteien gemäss den allgemeinen Grundsätzen die Beschwerde nach Artikel 17 ff. SchKG offen. Das bestehende Informationsblatt zum Zahlungsbefehl sollte entsprechend ergänzt werden. Nicht Partei in diesem Verfahren ist die betreibende Person; sie hat keinen Anspruch darauf, dass ihre Betreibung bei der betriebenen Person im Register aufgeführt wird. Sie ist deshalb über das Gesuch der betriebenen Person auch nicht zu informieren.

Die Minderheit der Kommission beantragt dagegen, auf diese Regelung zu verzichten und das Problem mit einer Anpassung von Artikel 73 SchKG zu lösen.

Art. 73

Vorlage der Beweismittel

Das geltende Recht sieht in Artikel 73 Absatz 1 SchKG vor, dass die betreibende Person auf Verlangen der betriebenen Person vom Betreibungsamt aufgefordert wird, innerhalb der Frist zur Erhebung des Rechtsvorschlags die Beweismittel für die in Betreibung gesetzte Forderung beim Betreibungsamt zur Einsicht vorzulegen.

Die Vorlage der Beweismittel soll es der betriebenen Person erlauben, die Forderung zu beurteilen und ihr die Entscheidung darüber zu ermöglichen, ob sie die Forderung anerkennen oder ob sie Rechtsvorschlag erheben will. Die Frist zur Erhebung des Rechtsvorschlags wird allerdings nicht gehemmt, wenn die betreibende Person 15

SR 281.35

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dieser Aufforderung nicht nachkommt; erhebt die betriebene Person Rechtsvorschlag, kann das Gericht aber in einem nachfolgenden Rechtsstreit einen Teil oder die gesamten Kosten der betreibenden Person auferlegen, auch wenn sich die Forderung als begründet erweist (Art. 73 Abs. 2 SchKG).

Die von der Mehrheit vorgeschlagene Revision von Artikel 73 SchKG erweitert die Möglichkeiten der betriebenen Person, das Betreibungsamt um eine Aufforderung der betreibenden Person zur Vorlage von Beweismitteln zu ersuchen, indem ein entsprechendes Gesuch nicht nur innerhalb der zehntägigen Frist zur Erhebung des Rechtsvorschlags gemäss Artikel 69 Absatz 2 Ziffer 3 SchKG gestellt werden kann, sondern während der gesamten Dauer des Verfahrens. Wer eine Betreibung eingeleitet hat, soll die geltend gemachte Forderung jederzeit spezifizieren können. Mit dieser Anpassung von Artikel 73 SchKG wird zugleich die Funktion der Aufforderung zur Vorlage von Beweismitteln erweitert. Es geht nicht mehr nur darum, der betriebenen Person eine Entscheidgrundlage zu liefern, ob sie die Forderung bestreiten will oder nicht. Die betreibende Person soll neu auch ausserhalb eines Gerichtsverfahrens dazu bewegt werden können, die Forderung, die anlässlich der Einleitung der Betreibung nicht ausreichend spezifiziert wurde, näher zu konkretisieren. Es kommt ausserdem vor, dass für die betriebene Person nicht mehr ersichtlich ist, welche Forderungen gegen sie geltend gemacht worden sind, namentlich dann, wenn die Forderungen aufgrund von Zuschlägen (Mahngebühren, Verzugsschaden etc.)

nominal nicht mehr dem ursprünglichen Betrag entsprechen und verschiedene Forderungen nacheinander in Betreibung gesetzt werden. Es erscheint in diesen Fällen sachgerecht, dass die betreibende Person der betriebenen Person eine Übersicht über die geltend gemachten Ansprüche zur Verfügung stellt.

Schwierig bleibt dagegen die Festlegung einer Sanktion für den Fall, dass die betreibende Person der Aufforderung des Betreibungsamts nicht nachkommt. Da es weiterhin möglich sein muss, eine Betreibung einzuleiten für die Durchsetzung einer Forderung, die sich nicht durch Urkunden belegen lässt, kann eine solche Untätigkeit weder Auswirkungen auf den Bestand der Forderung noch auf die Fortführung der Vollstreckung haben. Auch ein Rechtsverlust in dem Sinn, dass nicht
vorgelegte Urkunden in einem nachfolgenden Gerichtsverfahren nicht mehr eingereicht werden können, erscheint angesichts der kurzen Frist und der nicht vorgesehenen rechtlichen Vertretung im Betreibungsverfahren unverhältnismässig. Es muss damit bei den bereits im geltenden Recht vorgesehenen Kostenfolgen in einem nachfolgenden Gerichtsverfahren (Art. 73 Abs. 2 SchKG) bleiben.

Dagegen beantragt die Minderheit der Kommission, das Hauptanliegen der parlamentarischen Initiative durch eine Anpassung von Artikel 73 SchKG umzusetzen.

Die betriebene Person kann danach nicht nur verlangen, dass die betreibende Person aufgefordert wird, beim Betreibungsamt seine Beweismittel vorzulegen. Er soll zusätzlich verlangen können, dass die Betreibung Dritten nicht bekanntgegeben wird, solange die betreibende Person dieser Aufforderung nicht nachkommt. Ist diese der Aufforderung nachgekommen, nimmt das Betreibungsamt eine summarische Prüfung der vorgelegten Beweismittel vor. Stellt sich dabei heraus, dass die betreibende Person kein schutzwürdiges Interesse an der Einleitung einer Betreibung geltend machen kann, muss die Betreibung gelöscht werden. Nach Auffassung der Minderheit bringt dieses neue Konzept verschiedene Vorteile: Zunächst hat die (vorläufige) Nichtmitteilung der Betreibung sofortige Wirkung, sie setzt einzig den Antrag der betriebenen Person voraus und bringt dem Betreibungsamt keine zusätzliche Arbeit; vor allem aber ist dieser Mechanismus unmittelbarer als der von der 3219

Kommissionsmehrheit in Artikel 8b E SchKG vorgeschlagene. Der Begriff «kein schutzwürdiges Interesse» nimmt Bezug auf die Rechtsprechung zum rechtsmissbräuchlichen Verhalten. Nicht als rechtsmissbräuchlich anzusehen ist eine Betreibung mit dem Zweck der Verjährungsunterbrechung.

Art. 85a Abs. 1

Richterliche Aufhebung oder Einstellung der Betreibung im ordentlichen und im vereinfachten Verfahren

Mit der vorgeschlagenen Ergänzung von Artikel 85a SchKG soll die einschränkende Rechtsprechung des Bundesgerichts zu dieser Bestimmung korrigiert werden. Der Betriebene soll jederzeit vom Gericht des Betreibungsortes feststellen lassen können, dass die Schuld nicht oder nicht mehr besteht oder gestundet ist, und zwar ungeachtet eines allfälligen Rechtsvorschlages. Auf diese Weise würde ein in der Praxis bedeutsames formelles Hindernis der Klage nach Artikel 85a SchKG beseitigt.

Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass diese Neufassung von Artikel 85a SchKG das Problem der ungerechtfertigten Betreibungen nur in Einzelfällen lösen kann.

Namentlich verbliebe die Klagelast und damit das finanzielle Prozessrisiko weiterhin bei der betriebenen Person; das Gericht hat nach wie vor abschliessend und mit voller materieller Rechtskraft über den Bestand der in Betreibung gesetzten Forderung zu entscheiden. Dies macht die betreffende Klage sehr aufwendig und führt dazu, dass sie sich nur beschränkt zur Bereinigung des Registers eignet.

Art. 88 Abs. 2 Diese Änderung, die im Vorentwurf nicht vorgesehen war, bietet der betriebenen Person den Vorteil, rascher zu erfahren, ob die betreibende Person ein Fortsetzungsbegehren stellt. Die heutige Frist von einem Jahr wird im heutigen Rechtsverkehr als zu lang empfunden. Im Sinne einer speditiven Klärung bzw. Bereinigung von Betreibungssituationen soll sie verkürzt werden.

5

Auswirkungen

5.1

Finanzielle und personelle Auswirkungen

5.1.1

Auswirkungen auf den Bund

Die Vorlage hat keine besonderen Auswirkungen auf den Bund.

5.1.2

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden

Die von der Kommissionsmehrheit vorgeschlagene Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen zu verhindern, dass eine Betreibung Dritten zur Kenntnis gebracht wird, wird zu einer Zusatzbelastung der Betreibungsämter führen. Wie viele solche Verfahren in Zukunft angestrengt werden, lässt sich heute nicht vorhersehen. Zu berücksichtigen ist freilich, dass die Leistungen der Betreibungsämter kostenpflichtig sind. Die Kommission geht deshalb davon aus, dass der Bundesrat die GebV SchKG um eine entsprechende Position ergänzen wird. Der durch die Revision entstehende Zusatzaufwand kann damit dem Gesuchsteller kostendeckend in Rech3220

nung gestellt werden und verursacht so für die Kantone und Gemeinden keine effektiven Mehrkosten. Auch die von der Kommissionsminderheit vorgeschlagene Revision von Artikel 73 SchKG würde zu einer gewissen Zusatzbelastung der Betreibungsämter führen, die sich allerdings zum heutigen Zeitpunkt nicht abschätzen lässt.

Die weiteren vorgeschlagenen Anpassungen haben keine besonderen Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden.

5.1.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Das Betreibungsregister dient unter anderem dazu, dass Dritte sich ein Bild davon machen können, ob eine Person finanzielle Schwierigkeiten hat. Diese Funktion ist von erheblicher volkswirtschaftlicher Bedeutung, weil sie verhindert, dass Kredite an solche Personen vergeben oder nutzlose Verfahren gegen sie eingeleitet werden.

Indem hängige Betreibungen Dritten nicht mehr mitgeteilt werden, entsteht die Gefahr, dass die Aussagekraft des Betreibungsregisterauszugs beeinträchtigt wird.

Umgekehrt können ungerechtfertigte Betreibungen aber auch die Kreditwürdigkeit einer Person oder eines Unternehmens in ungerechtfertigter Weise schädigen und damit den Abschluss von Geschäften verhindern, die für die Volkswirtschaft von Nutzen wären. Die Kommission ist der Ansicht, dass mit der vorgeschlagenen Lösung ein sinnvoller Kompromiss gefunden wurde, der diese gegenläufigen Interessen angemessen berücksichtigt und im Ergebnis keine negativen Effekte auf die Volkswirtschaft haben wird.

5.2

Vollzugstauglichkeit

Das in Artikel 8b vorgeschlagene Verfahren zum Ausschluss des Einsichtsrechts erfordert die Prüfung verschiedener formeller Voraussetzungen. Aufgrund der jedem Betreibungsamt zur Verfügung stehenden Informatikmitteln erscheint es heute möglich, diese Prüfung mithilfe der EDV automatisch durchzuführen. Den Betreibungsämtern ist eine ausreichende Übergangsfrist einzuräumen, um ihre Software entsprechend anzupassen.

6

Verfassungsmässigkeit

Die Vorlage stützt sich auf Artikel 122 Absatz 1 der Bundesverfassung16, der dem Bund die Kompetenz zur Gesetzgebung auf dem Gebiet des Zivilrechts- und des Zivilprozessrechts gibt.

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SR 101

3221

3222