Originaltext

Protokoll zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Königreich Norwegen zur Änderung des Abkommens vom 7. September 1987 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Königreich Norwegen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen Abgeschlossen am 4. September 2015 Von der Bundesversammlung genehmigt am ...1 In Kraft getreten am ...

Der Schweizerische Bundesrat und die Regierung des Königreichs Norwegen, vom Wunsch geleitet, das Abkommen vom 7. September 19872 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Königreich Norwegen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen in der Fassung der Protokolle vom 12. April 20053 und vom 31. August 20094 (nachfolgend «das Abkommen»), sowie die Briefwechsel vom 31. August 2009 und vom 15. Mai/13. Juni 20125 betreffend Anwendung und Auslegung von Artikel 26 des Abkommens zu ändern, haben Folgendes vereinbart:

Art. I Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe i (Allgemeine Begriffsbestimmungen) des Abkommens wird aufgehoben und durch folgende Bestimmung ersetzt: «i) bedeutet der Ausdruck «zuständige Behörde»: (i) in Norwegen: der Finanzminister oder sein bevollmächtigter Vertreter, (ii) in der Schweiz: der Vorsteher des Eidgenössischen Finanzdepartements oder sein bevollmächtigter Vertreter.» Art. II Folgende Absätze 5, 6, 7 und 8 werden nach Absatz 4 von Artikel 25 (Verständigungsverfahren) des Abkommens eingefügt:

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BBl 2015 7771 SR 0.672.959.81 AS 2006 237 AS 2011 197 AS 2012 4221

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Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen. Prot. mit Norwegen

«5. Wenn: a)

eine Person der zuständigen Behörde eines Vertragsstaats gemäss Absatz 1 einen Fall mit der Begründung unterbreitet hat, dass die Massnahmen eines Vertragsstaats oder beider Vertragsstaaten für sie zu einer Besteuerung geführt haben, die diesem Abkommen nicht entspricht; und

b)

die zuständigen Behörden nicht in der Lage sind, innerhalb von drei Jahren ab der Vorlage des Falls an die zuständige Behörde des anderen Vertragsstaats eine einvernehmliche Lösung im Sinne des Absatzes 2 herbeizuführen;

sind alle ungelösten Streitpunkte des Falls auf Ersuchen der Person einem Schiedsverfahren zuzuleiten. Diese ungelösten Streitpunkte dürfen jedoch dann nicht einem Schiedsverfahren zugeleitet werden, wenn in dieser Angelegenheit bereits eine Entscheidung durch ein Gericht oder ein Verwaltungsgericht eines der beiden Staaten ergangen ist. Sofern nicht eine vom Fall unmittelbar betroffene Person die Verständigungsregelung zur Umsetzung des Schiedsspruchs ablehnt oder die zuständigen Behörden sich nicht innerhalb von sechs Monaten nach Bekanntgabe des Schiedsspruchs auf eine abweichende Lösung einigen, ist dieser Schiedsspruch für beide Vertragsstaaten bindend und ungeachtet der Fristen ihres innerstaatlichen Rechts umzusetzen.

6. Absatz 5 ist nicht anwendbar, wenn: a)

sich die zuständigen Behörden vor dem Beginn des Schiedsverfahrens darauf einigen, dass sich der vorliegende Fall nicht für ein solches Verfahren eignet; oder

b)

der vorliegende Fall missbräuchliche Transaktionen mit der Absicht der Erlangung von nicht vorgesehenen Abkommensvorteilen betrifft, auf welche innerstaatliche Missbrauchsvorschriften Anwendung finden.

7. Die Vertragsstaaten können der nach Absatz 5 gebildeten Schiedsstelle die für die Durchführung des Schiedsverfahrens erforderlichen Informationen zugänglich machen. Die Mitglieder der Schiedsstelle unterliegen hinsichtlich dieser Informationen den Geheimhaltungsvorschriften nach Artikel 26 Absatz 2.

8. Die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten regeln in gegenseitigem Einvernehmen, wie das Verfahren nach den Absätzen 5, 6 und 7 durchzuführen ist.» Art. III Artikel IV des Protokolls vom 31. August 2009 wird aufgehoben.

Art. IV Artikel 26 (Informationsaustausch) des Abkommens wird aufgehoben und durch folgenden Artikel ersetzt:

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Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen. Prot. mit Norwegen

«Art. 26

Informationsaustausch

1. Die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten tauschen die Informationen aus, die zur Durchführung dieses Abkommens oder zur Anwendung oder Durchsetzung des innerstaatlichen Rechts über Steuern jeder Art und Bezeichnung, die für Rechnung der Vertragsstaaten, ihrer politischen Unterabteilungen oder ihrer lokalen Körperschaften erhoben werden, voraussichtlich erheblich sind, soweit die diesem Recht entsprechende Besteuerung nicht dem Abkommen widerspricht. Der Informationsaustausch ist durch die Artikel 1 und 2 nicht eingeschränkt.

2. Alle Informationen, die ein Vertragsstaat nach Absatz 1 erhalten hat, sind ebenso geheim zu halten wie die aufgrund des innerstaatlichen Rechts dieses Staates beschafften Informationen; sie dürfen nur den Personen oder Behörden, einschliesslich der Gerichte und der Verwaltungsbehörden, zugänglich gemacht werden, die mit der Veranlagung oder der Erhebung, mit der Vollstreckung oder der Strafverfolgung oder mit der Entscheidung von Rechtsmitteln hinsichtlich der in Absatz 1 genannten Steuern oder mit der Aufsicht über die vorgenannten Personen oder Behörden befasst sind. Diese Personen oder Behörden dürfen die Informationen nur für diese Zwecke verwenden. Sie können die Informationen in einem öffentlichen Gerichtsverfahren oder in einer Gerichtsentscheidung offenlegen. Ungeachtet der vorstehenden Bestimmungen kann ein Vertragsstaat die erhaltenen Informationen für andere Zwecke verwenden, wenn solche Informationen nach dem Recht beider Staaten für solche andere Zwecke verwendet werden können und die zuständige Behörde des übermittelnden Staates dieser anderen Verwendung zustimmt.

3. Die Absätze 1 und 2 sind nicht so auszulegen, als verpflichteten sie einen Vertragsstaat: a)

Verwaltungsmassnahmen durchzuführen, die von den Gesetzen und der Verwaltungspraxis dieses oder des anderen Vertragsstaats abweichen;

b)

Informationen zu erteilen, die nach den Gesetzen oder im üblichen Verwaltungsverfahren dieses oder des anderen Vertragsstaats nicht beschafft werden können;

c)

Informationen zu erteilen, die ein Handels-, Geschäfts-, Industrie-, Gewerbeoder Berufsgeheimnis oder ein Geschäftsverfahren preisgeben würden oder deren Erteilung dem Ordre public widerspräche.

4. Ersucht ein Vertragsstaat um Informationen nach diesem Artikel, so nutzt der andere Vertragsstaat die ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Beschaffung dieser Informationen, selbst wenn dieser andere Staat sie für seine eigenen steuerlichen Zwecke nicht benötigt. Die im vorstehenden Satz enthaltene Verpflichtung unterliegt den Beschränkungen nach Absatz 3, die jedoch in keinem Fall so auszulegen sind, dass ein Vertragsstaat die Erteilung von Informationen nur deshalb ablehnen kann, weil er kein innerstaatliches Interesse an solchen Informationen hat.

5. Absatz 3 ist in keinem Fall so auszulegen, als könne ein Vertragsstaat die Erteilung von Informationen nur deshalb ablehnen, weil sich die Informationen bei einer Bank, einem sonstigen Finanzinstitut, einem Bevollmächtigten, Beauftragten oder

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Treuhänder befinden oder weil sie sich auf Eigentumsrechte an einer Person beziehen.» Art. V Die Auslegung und die Anwendung von Artikel 26 des Abkommens, die von den Vertragsstaaten in den Briefwechseln vom 31. August 2009 und vom 15. Mai/ 13. Juni 2012 festgehalten wurden, finden keine Anwendung mehr.

Art.VI Der folgende Absatz 5 wird nach Absatz 4 des Protokolls zum Abkommen hinzugefügt: «5. Es besteht Einvernehmen darüber, dass für die Auslegung von Artikel 26 die in den Kommentaren der OECD beschriebenen Grundsätze zu berücksichtigen sind. Es sind dies insbesondere folgende Prinzipien: a)

Es besteht Einvernehmen darüber, dass der ersuchende Vertragsstaat ein Begehren um Austausch von Informationen erst dann stellt, wenn er alle in seinem innerstaatlichen Steuerverfahren vorgesehenen üblichen Mittel zur Beschaffung der Informationen ausgeschöpft hat.

b)

Es besteht Einvernehmen darüber, dass die Steuerbehörden des ersuchenden Staates bei der Stellung eines Amtshilfeersuchens nach Artikel 26 den Steuerbehörden des ersuchten Staates die nachstehenden Angaben zu liefern haben: (i) die Identität der in eine Überprüfung oder Untersuchung einbezogenen Person(en); (ii) die Zeitperiode, für welche die Informationen verlangt werden; (iii) eine Beschreibung der verlangten Informationen sowie Angaben hinsichtlich der Form, in der der ersuchende Staat diese Informationen vom ersuchten Staat zu erhalten wünscht; (iv) den Steuerzweck, für den die Informationen verlangt werden; (v) soweit bekannt, den Namen und die Adresse des mutmasslichen Inhabers der verlangten Informationen.

c)

Es besteht Einvernehmen darüber, dass der Zweck der Verweisung auf Informationen, die voraussichtlich erheblich sind, darin besteht, einen möglichst weit gehenden Informationsaustausch in Steuerbelangen zu gewährleisten, ohne den Vertragsstaaten zu erlauben, «fishing expeditions» zu betreiben oder um Informationen zu ersuchen, deren Erheblichkeit hinsichtlich der Steuerbelange einer bestimmten steuerpflichtigen Person unwahrscheinlich ist. Während Buchstabe b wichtige verfahrenstechnische Anforderungen enthält, die «fishing expeditions» vermeiden sollen, sind die Ziffern i­v von Buchstabe b nicht so auszulegen, dass sie einen wirksamen Informationsaustausch behindern. Die Voraussetzung «voraussichtlich erheblich» kann sowohl in Fällen mit einer (mit Namen oder auf andere Weise

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identifizierten) steuerpflichtigen Person als auch mit mehreren (mit Namen oder auf andere Weise identifizierten) steuerpflichtigen Personen erfüllt werden.

d)

Es besteht Einvernehmen darüber, dass der automatische Informationsaustausch über Finanzkonten und der spontane Informationsaustausch zwischen den Parteien auf anderer Basis vereinbart werden sollen.

e)

Es besteht Einvernehmen darüber, dass im Fall des Austauschs von Informationen die im ersuchten Staat geltenden Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensrechts über die Rechte der steuerpflichtigen Person vorbehalten bleiben. Es besteht im Weiteren Einvernehmen darüber, dass diese Bestimmungen dazu dienen, der steuerpflichtigen Person ein ordnungsgemässes Verfahren zu gewähren, und nicht bezwecken, den Informationsaustausch zu verhindern oder übermässig zu verzögern.»

Art. VII 1. Jeder Vertragsstaat notifiziert dem anderen Vertragsstaat auf diplomatischem Weg, dass die innerstaatlichen gesetzlichen Erfordernisse für das Inkrafttreten dieses Änderungsprotokolls erfüllt sind. Das vorliegende Änderungsprotokoll tritt am Tag des Eingangs der späteren dieser beiden Notifikationen in Kraft und ist ab diesem Datum anwendbar.

2. Ungeachtet von Absatz 1 findet das Änderungsprotokoll Anwendung: a)

hinsichtlich Artikel II des vorliegenden Änderungsprotokolls auf die Verständigungsverfahren über Veranlagungen für die Steuerperioden, die am oder nach dem 1. Januar des auf das Inkrafttreten dieses Änderungsprotokolls folgenden Jahres beginnen;

b)

hinsichtlich der Artikel IV, V und VI des vorliegenden Änderungsprotokolls auf die Informationen über die Steuerjahre, die am oder nach dem 1. Januar des auf das Inkrafttreten dieses Änderungsprotokolls folgenden Jahres beginnen. Artikel 26 des Abkommens in der Fassung vom 12. April 2005 ist weiterhin anwendbar auf die Steuerjahre, die am oder nach dem 1. Januar 2006 beginnen und am 31. Dezember 2010 enden. Artikel 26 des Abkommens in der Fassung des Protokolls vom 31. August 2009 ist weiterhin anwendbar auf die Steuerjahre, die am oder nach dem 1. Januar 2011 beginnen und am 31. Dezember des Jahres des Inkrafttretens dieses Änderungsprotokolls enden.

Zu Urkund dessen haben die von ihrer Regierung hierzu gehörig bevollmächtigten Unterzeichneten dieses Änderungsprotokoll unterschrieben.

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Geschehen zu Oslo, am 4. September 2015, im Doppel in deutscher, norwegischer und englischer Sprache. Bei unterschiedlicher Auslegung ist der englische Wortlaut massgebend.

Für den Schweizerischen Bundesrat:

Für die Regierung des Königreichs Norwegen:

Rudolf Knoblauch

Jorgen Naesje

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