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85.055

Botschaft zu einem Bundesbeschluss über den Delegierten für das Flüchtlingswesen

vom 6. November 1985

Sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, mit Antrag auf Zustimmung unterbreiten wir Ihnen einen Entwurf zu einem Bundesbeschluss über den Delegierten für das Flüchtlingswesen.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

6. November 1985

1985-977

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Purgier Der Bundeskanzler: Buser

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Übersicht Die Arbeitslast im Geschäftsbereich des Bundesamtes für Polizeiwesen (BAP) im Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) hat in den vergangenen Jahren in einem beträchtlichen Mass zugenommen. Deshalb kann sich der Direktor des Amtes unmöglich in dem Masse den Asyl- und Flüchtlingsfragen widmen, wie es die gegenwärtige Situation erfordern würde. Aus diesem Grund wählte der Bundesrat am 22. Oktober 1985 einen Delegierten für das Flüchtlingswesen. Dieser soll neben Koordinationsaufgaben und Beraterfunktionen namentlich die Aufgaben im Asyl- und Flüchtlingsbereich übernehmen, die nach Asylgesetz und BG über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG) dem BAP übertragen sind. Das bedeutet insbesondere, dass dem Delegierten das Personal des BAP unterstellt wird, das für den Asyl- und Flüchtlingsbereich tätig ist. Damit will der Bundesrat den gestiegenen führungsmässigen und organisatorischen Ansprüchen im Asyl- und Flüchtlingsbereich und den erheblichen Koordinationsbedürfnissen Rechnung tragen. Es sollen zugleich die Voraussetzungen für eine gesteigerte Effizienz des Personals geschaffen werden.

Die Massnahme erträgt keinen Aufschub. Der Delegierte soll seine Tätigkeit nur so lange wahrnehmen, als es die ausserordentlichen Umstände erfordern. Deshalb und weil die Änderung der Kompetenzordnung des Asylgesetzes und des ANAG eine Regelung auf Gesetzesstufe notwendig machen, unterbreitet der Bundesrat einen dringlichen. Bundesbeschluss nach Artikel 89bis Absätze l und 2 B V. Dieser soll höchstens zehn Jahre gelten. Doch soll ihn der Bundesrat vorher aufheben können, sofern es die Lage im Flüchtlingsbereich erlaubt.

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Botschaft I

Allgemeiner Teil

II

Gegenwärtige Situation

Das Bundesamt für Polizeiwesen (BAP) gliedert sich heute wie folgt: Hauptabteilung Strassenverkehr mit den Abteilungen Verkehrsregelung und Verkehrszulassung; Abteilung Internationale Rechtshilfe und Polizeiwesen und Abteilung Flüchtlinge. Unmittelbar dem Direktor unterstellt sind daneben die Sektionen Auslandschweizer-Fürsorge und Bürgerrecht.

Die Arbeitslast im Geschäftsbereich des BAP hat in den vergangenen Jahren in einem beträchtlichen Mass zugenommen. Erinnert sei nur an die komplexen und umfangreichen Aufgaben- der Hauptabteilung Strassenverkehr vor allem im Zusammenhang mit Umweltschutzmassnahmen. Aber auch die Belange der Internationalen Rechtshilfe und Auslieferung sowie die polizeilichen Aufgaben haben sich wegen verstärkter internationaler Kriminalität und zunehmender Verflechtung enorm ausgeweitet. Die grösste Veränderung indes war in den vergangenen Jahren im Asylbereich festzustellen. Quantitativ nahm die jährliche Zahl der Asylgesuchsteller gegenüber den siebziger Jahren um ein Vielfaches zu, wobei seit anfangs Juli dieses Jahres im Vergleich zu den beiden Vorjahren noch einmal eine eklatante Steigerung registriert werden musste. In Zahlen ausgedrückt heisst das: In den siebziger Jahren (bis 1978) waren jährlich rund 1000 Asylgesuche zu beurteilen; ab 1978 stieg die Zahl kontinuierlich an: 1980 wurden rund 3000, 1982 bereits um 7000, 1983 rund 7800 und 1984 etwa 7400 Asylgesuche eingereicht. Für das Jahr 1985 rechnen wir mit 9000-10 000 Gesuchstellern; diese Schätzung ergibt sich daraus, dass seit anfangs Juli rund 1000 Personen monatlich um Asyl baten. Diese Entwicklung im Asylbereich widerspiegelt sich auch im steigenden Personalbestand der für Flüchtlingsfragen zuständigen Stellen. Während in den Jahren 1981 und 1982 bloss 16 bzw. 19 und 1983 auch nur 41 Personen die Flüchtlingsfragen bearbeiteten, beträgt seit 1984 ihre Anzahl 153 (119 in der Abteilung Flüchtlinge selber und 34 in den Zentralen Diensten des BAP).

Es muss auch festgestellt werden, dass seit einiger Zeit immer mehr Gesuche aus anderen als asylrechtlichen Gründen eingereicht werden. Insbesondere der Zustrom von Asylbewerbern aus Ländern der Dritten Welt ist heute zu einem grossen Teil eher eine Wanderungsbewegung, was Auswirkungen auf die gesamte Ausländerpolitik des Bundes hat. Angesichts dieser Entwicklungen,
die sich auch in anderen industrialisierten Ländern feststellen lassen, ist nicht zu erwarten, dass die bestehenden Probleme innert weniger Jahre zu lösen sind.

Vielmehr ist die Behandlung von Asylgesuchen, deren Anzahl auch in den nächsten Jahren hoch bleiben wird, zu einer eigentlichen Daueraufgabe geworden.

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16 Bundesblatt. 137.Jahrgang. Bd. III

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Getroffene und beabsichtigte Massnahmen

Den veränderten Verhältnissen, die den Asylbereich ins Zentrum des öffentlichen Interesses rückten, haben die eidgenössischen Räte vorerst mit einer Revision des Asylgesetzes vom 5. Oktober 1979 (SR 142.31) Rechnung getragen.

Organisatorische Massnahmen sollten den Pendenzenberg bei den Asylgesuchen abbauen helfen (endgültige Beschwerdeentscheide durch das EJPD, Verzicht auf Befragung bei offensichtlich unbegründeten Gesuchen, Zusammenlegung der Wegweisungsverfügung mit dem Entscheid über die Asylverweigerung). Diese Gesetzesänderung trat am 1. Juni 1984 in Kraft. Auf den 1. Januar 1984 wurde die personell unterdotierte Sektion Flüchtlingsfragen des B AP mit einer erheblichen Personalaufstockung zur Abteilung Flüchtlinge umgewandelt.

Diese Massnahmen brachten aber nicht den erhofften Abbau des Pendenzenberges. Vielmehr bewirkte die stark steigende Zahl von Asylsuchenden, die aus asylfremden Motiven ein Asylbegehren einreichen, eine nicht voraussehbare Zunahme der negativen Entscheide. Die Elemente dazu müssen unter zeitraubendster Kleinarbeit und unter eingehender Würdigung der objektiven und subjektiven Umstände des Einzelfalles bei stets wechselnden und sich entwickelnden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen im Heimatland zusammengetragen werden. Trotz zusätzlicher Rationalisierungsmassnahmen konnten wegen der im Sommer 1985 nochmals stark angestiegenen Neueingänge nur vorübergehend Pendenzen abgebaut werden. Zudem bewirkte der Hilfskräftestatus der Sachbearbeiter im Asylbereich eine hohe Fluktuation. Wir werden deshalb beim BAP und beim Beschwerdedienst des EJPD einen Dienst für Pendenzenabbau schaffen, für den wir zusätzliche Hilfskräfte benötigen.

Ein entsprechendes Begehren wird den eidgenössischen Räten im Rahmen des Voranschlags 1986 unterbreitet. Gleichzeitig soll das Asylgesetz erneut und zusätzlich auch das Bundesgesetz vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG; SR 142.20) revidiert werden, um den Bundesbehörden die nötigen rechtlichen Mittel in die Hand zu geben, mit denen sie die gesetzlichen Aufgaben in der gegenwärtigen Situation bewältigen können.

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Notwendigkeit des Delegierten

Diese ausserordentlichen Massnahmen bewirken aber zusammen mit der Ausweitung der Geschäfte auch in ändern Aufgabenbereichen des BAP, dass die Belastung für die Amtsleitung ein kaum zu tragendes Ausmass annimmt. Bei dieser Sachlage drängt sich die Abtrennung des Flüchtlingswesens vom BAP geradezu auf. Wir beschlossen denn auch am 17. September 1985, das Amt eines Delegierten zu schaffen und ihm die bisher dem BAP übertragenen Aufgaben im Fremdenrecht, insbesondere im Asylbereich, zu übertragen. Damit soll den gestiegenen führungsmässigen und organisatorischen Ansprüchen und den erheblichen Koordinationsbedürfnissen, die sich aus der schwieriger werdenden Aufgabenerfüllung durch Bund, Kantone und Hilfswerke ergeben, Rechnung getragen werden.

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Regelung auf Gesetzesstufe

Das geltende Asylgesetz legt verschiedene Verfügungskompetenzen des BAP fest. So entscheidet das BAP namentlich über die Gewährung oder Verweigerung des Asyls (Art. 11 Abs. 1). Mit der Übertragung dieser Verfügungsbefugnisse an den Delegierten (Art. 2 Abs. l des Entwurfs zum Bundesbeschluss [BBE]), der direkten Unterstellung des Delegierten unter das EJPD (Art. l Abs. 2 BBE) und der Zuweisung des notwendigen Personals an den Delegierten (Art. 3 BBE) wird eine neue Verwaltungseinheit geschaffen, die - im Grunde nicht anders als ein Bundesamt - unmittelbar unterhalb Stufe Departement selbständige Entscheidbefugnisse besitzt.

Da Bundesämter nur durch einen Erlass auf Gesetzesstufe geschaffen werden können (vgl. Botschaft vom 12. Febr. 1975 über die Reorganisation der Bundesverwaltung; BB1 1975 l 1453 und 1534, Komm, zu Art. 62 E) und der Delegierte dieselben Kompetenzen besitzt und innerhalb der Verwaltungshierarchie dieselbe Stellung einnimmt wie ein Bundesamt, ist eine Regelung auf Gesetzesstufe nötig.

Zudem wird mit der Schaffung dieser Verwaltungseinheit und mit der Zuweisung der entsprechenden Entscheidbefugnisse die Kompetenzordnung u. a. des Asylgesetzes geändert: Die Entscheide ergehen nicht mehr, wie im Gesetz ausdrücklich festgehalten, im Namen des BAP, sondern des Delegierten. Auch aus diesem Grunde ist eine Regelung auf Gesetzesstufe unumgänglich.

Wir fragten uns auch, ob die Verwaltungseinheit ins Verwaltungsorganisationsgesetz (VwOG; SR 172.010) aufzunehmen sei. weil sie dieselbe Stellung einnimmt und dieselben Kompetenzen besitzt wie ein Bundesamt. Aus diesem Sachverhalt liesse sich nämlich aufgrund der abschliessenden Aufzählung der Ämter in Artikel 58 Absatz l VwOG (vgl. auch die zitierte Botschaft; BB1 1975 I 1453 1534) schliessen, diese Vorschrift müsse ergänzt werden: Wir halten indessen dafür, auf eine Aufnahme ins VwOG sei zu verzichten, da es sich hier lediglich um eine zeitlich befristete Sondermassnahme handelt.

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Einsetzung des Delegierten

Der Bundesrat kann nach Artikel 39 VwOG spezielle Stabsstellen bilden, die ihn beraten. Das schliesst die Kompetenz ein, den Departementen solche Stabsstellen zuzuteilen (vgl. Art. 50 Abs. 4 VwOG). Für die Stabsaufgaben ist somit der vorliegende Bundesbeschluss nicht nötig. Er ist aber erforderlich für die beabsichtigte Übertragung von Entscheidkompetenzen; diese wird daher erst mit dem Inkrafttreten des Bundesbeschlusses wirksam.

Um keine Zeit zu verlieren, nahmen wir die uns in Artikel 39 VwOG eingeräumte Kompetenz wahr und wählten den Delegierten am 22. Oktober 1985. Er übernimmt ab sofort einzelne Stabsaufgaben und kann sein Amt am I.März 1986 definitiv antreten. Mit unserer Absicht, den Delegierten definitiv ab l.,März 1986 einzusetzen, soll der Entscheid der eidgenössischen Räte nicht präjudiziert werden.

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Wenn einmal die heute anstehenden Probleme gelöst sind und der Pendenzenberg bei den Asylgesuchen abgebaut ist, soll der Delegierte als selbständige Verwaltungseinheit wieder aufgehoben werden. Es ist dann zu prüfen, ob die Flüchtlingsfragen statt dem BAP dem Bundesamt für Ausländerfragen zugewiesen werden sollen. Alle Zeichen deuten daraufhin, dass die Aufgabenerfüllung im Asylbereich mit anhaltend hohen Asylbewerberzahlen zu einer Daueraufgabe geworden ist. Es kann aber im heutigen Zeitpunkt noch nicht mit Sicherheit abgeschätzt werden, in welchem Ausmasse der Abbau des Pendenzenberges sowie die schnelle und fristgerechte Behandlung der laufend eingehenden Gesuche Wirkungen zeitigen werden und die heutige Problematik entschärft werden kann.

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Verzicht auf ein Vernehmlassungsverfahren

Wegen der zeitlichen Dringlichkeit wurde kein Vernehmlassungsverfahren durchgeführt.

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Besonderer Teil: Erläuterungen zum Beschlussesentwurf

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Wahl und Unterstellung (Art. 1)

Der Delegierte wird vom. Bundesrat gewählt. Er wird seine Aufgaben im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses erfüllen. Die Tatsache, dass die Tätigkeit des Delegierten befristet ist, macht allerdings ein Sonderstatut nötig. Wir werden dieses gestützt auf Artikel 62 Absatz l des Beamtengesetzes (SR 172.221.10) ordnen, wobei wir auf eine Regelung in einer Verordnung, wie es Artikel 62 Absatz l an sich vorsieht, verzichten können, da bloss ein einziges Dienstverhältnis geregelt wird.

Nach Absatz 2 wird der Delegierte dem EJPD unterstellt. An der nach Asylgesetz geltenden hierarchischen Ordnung wird somit nichts geändert.

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Aufgaben und Zuständigkeiten (Art. 2)

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Absatz l

Artikel 2 Absatz l überträgt dem Delegierten die nach Asylgesetz und Artikel 15 Absatz 4 ANAG dem BAP zugewiesenen Kompetenzen.

Diese Bestimmung macht es überflüssig, die Vorschriften des Asylgesetzes, in denen ausdrücklich das Bundesamt für Polizeiwesen erwähnt ist, und Artikel 15 Absatz 4 ANAG formell zu ändern. Der Forderung nach Transparenz wird dadurch Genüge getan, dass in der Systematischen Sammlung des Bundesrechts durch Fussnoten auf die - zeitlich befristete - Kompetenzänderung hingewiesen wird.

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Die Übertragung der in Artikel 15 Absatz 4 ANAG dem B AP zugewiesenen Kompetenz zur Anordnung und zum Vollzug der Internierung an den Delegierten ist nötig, weil Artikel 15 Absatz 4 gegenwärtig zum allergrössten Teil, wenn auch nicht ausschliesslich. Asylgesuchsteller betrifft. Aus diesem Grund ist schon heute innerhalb des BAP die Abteilung Flüchtlinge für die Anordnung und den Vollzug der Internierung zuständig, unabhängig davon, ob ein Asylgesuchsteller oder sonst ein ausländischer Staatsangehöriger betroffen ist.

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Absatz 2

Artikel 2 Absatz 2 überträgt dem Delegierten Stabsaufgaben, deren Erfüllung für die Entspannung der Lage im Flüchtlingsbereich unumgänglich ist. Der Delegierte soll das Departement in Flüchtlingsfragen beraten und die Aufgaben des Bundes mit denen der Kantone und Hilfswerke koordinieren. Da zudem eine enge Zusammenarbeit auf internationaler Ebene erforderlich ist, soll der Delegierte überdies das Departement bei ausländischen und internationalen Stellen, insbesondere beim Hochkommissariat für Flüchtlinge, vertreten und so auf eine Entspannung der Situation hinwirken. Der Delegierte wird künftig auch als Präsident der beratenden Kommission für Flüchtlingsfragen nach Artikel 49 Asylgesetz amten. Die Übernahme dieses Präsidiums wird seine Tätigkeit als Koordinator und Kontaktperson erheblich erleichtern.

In, Abweichung von Artikel 48 Absatz l VwOG soll der Delegierte mit den kantonalen Regierungen zudem direkt verkehren können.

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Absatz 3

Gemäss Absatz 3 kann der Bundesrat dem Delegierten weitere Aufgaben im Bereich des Flüchtlingswesens übertragen.

223.1 Zum einen handelt es sich hiebei um Aufgaben, die bereits heute vom BAP im Bereich des Flüchtlingswesens wahrgenommen werden, die ihm aber nicht ausdrücklich durch Gesetz, sondern durch Verordnung aufgrund materieller Bestimmungen auf Gesetzesstufe, insbesondere aufgrund internationaler Übereinkommen, zugewiesen sind.

So obliegt dem BAP z.B. aufgrund von Artikel 7 Ziffer 3 der Verordnung vom 9. Mai 1979 über die Aufgaben der Departemente, Gruppen und Ämter (SRI72.010.15) der Vollzug - der mit der Bundesrepublik Deutschland, mit Österreich und Frankreich abgeschlossenen Abkommen über die Übernahme von Personen an der Grenze (SR 0.142.111.369; 0.142.111.639; 0.142.113.499), - verschiedener Abkommen im Flüchtlingswesen (SR 0.142.30; 0.142.301; 0.142.311; 0.142.37) und - des Übereinkommens über die Rechtsstellung der Staatenlosen (SR 0.142.40).

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Wir beabsichtigen, diese Vollzugskompetenzen dem Delegierten zu übertragen, obwohl einzelne Abkommen nicht bloss für Asylbewerber, sondern auch für Nichtasylbewerber gelten. Auch hier sind heute zum grössten Teil Asylbewerber betroffen. Deshalb ist schon heute innerhalb des BAP die Abteilung Flüchtlinge mit dem Vollzug beauftragt.

223.2 Der Bundesrat soll dem Delegierten auch neue Aufgaben übertragen können.

- Vorweg soll der Delegierte zuhanden des Departements längerfristige Konzepte zur Gestaltung der Asylpolitik ausarbeiten, wobei er besonderes Gewicht auf die-Koordination der schweizerischen Asylpolitik mit derjenigen der übrigen westeuropäischen Länder zu legen haben wird.

- Weiter hat der Delegierte ein Repatriierungsprogramm für abgewiesene Asylbewerber zu erstellen.

- Er hat sodann Massnahmen der Effizienzsteigerung bei der Behandlung der Asylgesuche zu verwirklichen. Um den Abbau des Pendenzenberges zu beschleunigen, werden wir ihm «Leistungsziele» vorgeben.

- Aufgrund dieser Ermächtigung ' soll es uns möglich sein, auf unvorhergesehene Situationen sofort zu reagieren und heute noch nicht absehbare Probleme dem Delegierten zur Lösung zu übertragen.

223.3 Die in Absatz 3 statuierte Delegation an den Bundesrat ist aus praktischen Gründen unerlässlich. Es würde zum einen zu weit führen, alle Aufgaben im Beschluss selber zu nennen. Zum anderen wird damit die notwendige Flexibilität geschaffen.

Rechtlich ist die Delegation zulässig. Auch die Aufgabenzuweisung an die Ämter fällt ja grundsätzlich in die Kompetenz des Bundesrates (Art. 61 Abs. l VwOG). Zudem kann hier der Bundesrat - anders als bei den Aufgaben nach Absatz l - die gegenwärtig dem BAP obliegenden Aufgaben in eigener Kompetenz auf den Delegierten übertragen, d. h. die entsprechenden Vorschriften in eigener Kompetenz ändern. Dies gilt insbesondere auch für die Klauseln in den Abkommen mit der Bundesrepublik Deutschland und mit Frankreich über die Übernahme von Personen an der Grenze, in denen jetzt ausdrücklich die «Polizeiabteilung» genannt ist. Die nötigen Anpassungen der Abkommenstexte (Nennung des Delegierten anstelle der «Polizeiabteilung») bedürfen nicht der Genehmigung durch die Bundesversammlung, weil dadurch der Schweiz keine neuen Pflichten entstehen.

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Organisation (Art. 3)

Artikel 3 räumt dem Bundesrat u. a. die Kompetenz ein, dem Delegierten das notwendige Personal zur Verfügung zu stellen. Das bedeutet im wesentlichen, dass wir die Abteilung Flüchtlinge und die administrativ unterstützenden Funktionen aus dem BAP ausgliedern und dem Delegierten unterstellen werden.

. Diese organisatorische Massnahme bildet ein notwendiges Korrelat zum Grundsatzentscheid, wonach die Aufgaben im Bereich des Flüchtlingswesens künftig vom Delegierten wahrgenommen werden sollen.

Indem wir die Abteilung Flüchtlinge dem Delegierten unterstellen, übertragen wir die Verantwortung für die Tätigkeit dieser Abteilung einer Person, die sich ausschliesslich mit Asyl- und Flüchtlingsfragen auseinandersetzen wird. Das schafft die Voraussetzungen für eine gesteigerte Effizienz der Abteilung.

Die Ausgliederung der Abteilung Flüchtlinge aus dem BAP und deren neue Unterstellung muss nicht ausdrücklich im vorliegenden Erlass umschrieben werden. Nach Artikel 61 Absatz l VwOG ist nämlich der Bundesrat zuständig, die Organisation der Departemente und Ämter zu bestimmen und ihre grundlegenden Aufgaben zu umschreiben. Folglich fällt es in unseren Kompetenzbereich, die Ausgliederung der Abteilung Flüchtlinge aus dem BAP und deren Unterstelluung unter den Delegierten anzuordnen.

In diesem Zusammenhang weisen wir auf folgendes hin: In den zentralen Diensten des BAP sind gegenwärtig etliche Angestellte für alle Bereiche des BAP tätig. Bei der anteilmässigen Ausgliederung der Zentralen Dienste wird es infolgedessen nötig sein, die Aufgaben einzelner Mitarbeiter neu zu umschreiben.

Diese Aufgabe wird die Wahlbehörde gestützt auf Artikel 9 des Beamtengesetzes vornehmen.

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Dringlichkeit und Dauer des Beschlusses (Art'. 4)

Die gegenwärtige Situation im Flüchtlingsbereich verlangt, dass der Delegierte möglichst rasch eingesetzt und mit Entscheidungskompetenzen ausgestattet wird. Aus diesem Grande beantragen wir Ihnen, den Bundesbeschluss nach Artikel 89bis Absatz l BV dringlich zu erklären.

Der Bundesbeschluss soll zehn Jahre gelten. Der Bundesrat wird aber ermächtigt, ihn vorher aufzuheben. Im Falle der Aufhebung kann er die Aufgaben des Delegierten entweder wieder dem BAP (in diesem Fall leben die alten Kompetenzbestimmungen wieder auf) oder dem Bundesamt für Ausländerfragen (BFA) zuweisen. Diese Ermächtigung soll uns ermöglichen, den Delegierten vorzeitig von seinen Aufgaben zu entbinden, sofern sich die Lage im Asylbereich entspannen sollte.

Für den Fall, dass wir mit der Aufhebung dieses Beschlusses die Aufgäben des Delegierten oder Teile davon auf das BFA übertragen, muss uns die Kompetenz eingeräumt werden, die von neuem geltende Kompetenzordnung im Asylgesetz und im ANAG zu ändern und in diesen Gesetzen anstelle des BAP das 323

BFA zu nennen. Ohne diese Ermächtigung würde die Kompetenzordnung in diesen Gesetzen eine Übertragung der Aufgaben im Asyl- und Flüchtlingsbereich an das BFA verunmöglichen.

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Finanzielle und personelle Auswirkungen

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Finanzielle Auswirkungen

Durch die Ernennung des Delegierten sind ungefähr folgende Mehrkosten für Besoldung, Dienstreisen und Repräsentationspflichten zu erwarten: 1986 240 000 Franken (Amtsantritt 1. März 1986) 1987 270 000 Franken 1988 260 000 Franken 1989 260 000 Franken Die Mehrkosten für 1986 werden zu gegebener Zeit durch einen Nachtragskredit beantragt, wobei aus finanztechnischen und verwaltungsökonomischen Gründen im Jahre 1986 noch die Kredite des BAP belastet werden.

Ab 1987 werden wir die Kredite unter der neuen Dienststellenbezeichnung «Delegierter für das Flüchtlingswesen» beantragen (Art. 5 des BG über den eidg. Finanzhaushalt; SR 611.0). Die Ausgangslage bildet der Finanzplan 1987 des BAP (134 Mio. Fr.), wovon rund 118 Millionen zugunsten des Delegierten ausgegliedert werden müssen. Für die Jahre 1988/89 ist ein Finanzbedarf von rund 95 bzw. 100 Millionen Franken gemäss Perspektivzahlen des B AP-Finanzplanes vorgesehen.

Im weitern ist vorauszusehen, dass sich die beantragte Ausgliederung der Abteilung Flüchtlinge aus dem BAP und ihre Unterstellung unter den Delegierten (180-190 Personen) sowie die in führungsmässiger und organisatorischer Hinsicht zweckmässige Unterbringung nur mit erheblichen Kosten realisieren lassen. Mit dem BRB vom 17. September 1985 wurde das EDI (Amt für Bundesbauten) beauftragt, die Unterbringung an einem einzigen Standort spätestens auf den 1. Januar 1987 sicherzustellen. Die sich daraus ergebenden Mehrkosten sind heute noch nicht bezifferbar.

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Personelle Auswirkungen

Ein minimaler zusätzlicher Personalbedarf ist nicht auszuschliessen (z. B. Personalchef und Mitarbeiter), kann aber erst nach erfolgter Ausgliederung der Abteilung Flüchtlinge und des Anteils der Zentralen Dienste beurteilt werden.

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Richtlinien der Regierungspolitik

Die Vorlage ist in den Richtlinien der Regierungspolitik 1983-1987 (BB1 1984 I 157) nicht enthalten. Sie bildet indessen einen integrierenden und unabdingbaren Bestandteil der bundesrätlichen Politik zur Bewältigung der gegenwärtigen Flüchtlingsprobleme und duldet keinen Aufschub.

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Verfassungsmässigkeit

Der Bundesbeschluss stützt sich wie das Asylgesetz und das Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer auf Artikel 69ter der Bundesverfassung.

Die Erlasskompetenz der Bundesversammlung ergibt sich aus Artikel 85 Ziffer l der Bundesverfassung.

Als dringlicher allgemeinverbindlicher Bundesbeschluss ergeht er gestützt auf Artikel 89bis Absätze l und 2 der Bundesverfassung.

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Bundesbeschluss über den Delegierten für das Flüchtlingswesen

Entwurf

vom

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 69ter der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 6. November 1985 '), beschliesst: Art. l Wahl und Unterstellung 1 Der Bundesrat wählt einen Delegierten für das Flüchtlingswesen (Delegierten).

2 Der Delegierte ist dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement (Departement) unterstellt.

Art. 2 Aufgaben und Zuständigkeiten 1 Der Delegierte hat die Aufgaben und Zuständigkeiten, die aufgrund des Asylgesetzes vom 5. Oktober 1979 ^ und des Artikels 15 Absatz 4 des Bundesgesetzes vom 26. März 193l 3 ) über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer dem Bundesamt für Polizeiwesen übertragen sind.

1 Der Delegierte berät das Departement in Flüchtlingsfragen. Er vertritt das Departement bei ausländischen und internationalen Stellen und koordiniert die Aufgaben des Bundes mit jenen der Kantone und privater Organisationen. Er kann mit den kantonalen Regierungen direkt verkehren.

3 Der Bundesrat kann dem Delegierten weitere Aufgaben übertragen.

Art. 3 Organisation Der Bundesrat regelt die weiteren organisatorischen Massnahmen und stellt dem Delegierten das notwendige Personal zur Verfügung.

Art. 4 Referendum, Inkrafttreten und Geltungsdauer 1 Dieser Beschluss ist allgemeinverbindlich.

2 Er wird nach Artikel 89bis Absatz l der Bundesverfassung als dringlich erklärt und tritt am Tage der Verabschiedung in Kraft.

') BEI 1985 III 315 > SR 142.31 ) SR 142.20

2

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Delegierter für das Flüchtlingswesen 3

Er untersteht nach Artikel 89bis Absatz 2 der Bundesverfassung dem fakultativen Referendum und gilt bis zum ... (10 Jahre nach Inkrafttreten).

4 Der Bundesrat ist ermächtigt, diesen Beschluss vorher aufzuheben. Er kann in diesem Fall die Aufgaben des Delegierten auf das Bundesamt für Ausländerfragen übertragen und die entsprechenden Anpassungen in der Gesetzgebung vornehmen.

0920

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft zu einem Bundesbeschluss über den Delegierten für das Flüchtlingswesen vom 6.

November 1985

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Jahr

1985

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

48

Cahier Numero Geschäftsnummer

85.055

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

10.12.1985

Date Data Seite

315-327

Page Pagina Ref. No

10 049 848

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