65

# S T #

Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend den Zusazakt über Vollziehung von Art. 8 des in Paris am 5. November 1878 abgeschlossenen Münzvertrages.

(Vom 19. Juni 1879.)

Tit.!

In der Botschaft des Bundesrathes vom 6. Dezember 1878 wurde den hohen Räthen zur Ratifikation unterbreitet: 1) der Münzvertrag, abgeschlossen zwischen der Schweiz, Belgien, Frankreich, Griechenland und Italien am 5. November 1878; 2) Vereinbarung betreffend die Ausführung des Art. 8 des ad l angeführten Münzvertrages vom 5. November 1878; 3) Deklaration betreffend die Fabrikation von Silbermünze während des Jahres 1879, vom 5. November 1878.

Die leztere Vorlage wurde von der Bundesversammlung der Dringlichkeit wegen bereits am 20. Dezember 1878 und die beiden andern vom Nationalrath am 20. März und vom Ständerath am 42. gleichen Monats ratifizirt; deßgleichen erfolgten die Ratifikationen seitens Belgiens und durch die französische Deputirtenkammer in erster Berathung, und Griechenland theilte durch seinen Konsul in Genf mit, daß der Ministerrath vorläufig bis zum Zusammentritt der Kammern seine Genehmigung ausgesprochen habe.

66

Italien dagegen erhob Opposition gegen die in der oberwähnten.

Deklaration enthaltene Einschränkung der Prägung silberner Fünffrankenstüke, wonach diesem Staat einzig und ausnahmsweise für das laufende Jahr eine Prägung von nur 20 Millionen Franken gestattet wurde. Italien verlangte, behufs des Rükzuges seiner alten außer Kurs stehenden Silbermünzen weitere Kontingente im Betrage von je 20 Millionen Franken für die Jahre 1880, 1881 und 1882; sodann forderte Italien auch Streichung des Art. 7 der oben angeführten Vereinbarung, wonach es sich verpflichtet, die Papierabschnitte unter Fr. 5 in einer bestimmten Frist einzuziehen und nicht wieder in Verkehr zu sezen.

Die französische Regierung erachtete beide Begehren als sehr bedenklich, indem dieselben den der neuen Konvention zu Grunde liegenden Prinzipien -- Einschränkung der Silberzirkulation und Vorbereitung zur Aufhebung des italienischen Papierzwangskurses -- völlig zuwiderlaufen. Waren die unerwarteten Ansprüche Italiens einigermaßen überraschend, so mußte sich auf der andern Seite bei den übrigen Vertragsstaaten die Ueberzeugung bilden, daß der Austritt Italiens aus dem lateinischen Münzverband im gegenwärtigen Zeitpunkt und speziell für die Schweiz nicht rathsam erscheine, aus Gründen, die der Kürze wegen hier unerörtert bleiben müssen.

Der Bundesrath hielt es deßhalb für angezeigt, der in Angelegenheiten der lateinischen Münzkonvention als Vorort handelnden französischen Regierung den Wunsch auszudrüken, die Unterhandlungen mit Italien nicht abzubrechen, sondern vielmehr an einer zu veranstaltenden Münzkonferenz die Schwierigkeiten zu beseitigen su suchen, aus Grund deren die Ratifikation der Verträge vom 5. November 1878 von Seite der italienischen Regierung nicht stattfindet.

Die Münzkonferenz trat sodann am 11. Juni in Paris zusammen, und ihr Resultat ist im Wesentlichen dahin zu resümiren: 1. Italien verzichtet auf die von ihm anfänglich anbegehrte Mehrprägung von je 20 Millionen Franken silberner Fünffrankenstüke für die drei Jahre 1880, 1881 und 1882. Die Bestimmungen der Deklaration vom 5. November 1878 bleiben somit unverändert fortbestehen.

2. Italien wird gestattet, sein Papiergeld unter 5 Franken nach eigenem Ermessen aus dem Verkehr zurükzuziehen ; es dürfen aber in keinem Falle mehr als 6 F r a n k e n per Kopf der Bevölkerung
in Silberscheidemünzen und in Papierabschnitten unter 5 F r a n k e n im Lande zirkuliren. Solange der Zwangskurs des Papiergeldes in Italien nicht aufgehoben

67

ist, sind dessen Silberscheidemünzeu in den öffentlichen Kassen daselbst aufzubewahren und dürfen nur nach Maßgabe des Rükzuges der erstem in Zirkulation gesezt werden.

Die übrigen Punkte des von den betheiligten Staaten vereinbarten Zusazaktes bieten keine Veranlaßung zu besonderer Erörterung. Der Bundesrath hält dafür, das vorliegende Abkommen dürfe den hohen Räthen unbedenklich zur Annahme empfohlen werden. Die in den Vereinbarungen vom 5. November 1878 vorgestekten Ziele -- Einschränkung der Silberzirkulation und Vorkehren zur Aufhebung des Zwangskurses in Italien (lezteres allerdings in einem etwas verlängerten Termine) -- werden erreicht und der lateinische Münzverband, welcher anfänglich in die Brüche zu gehen drohte, bleibt ferner fortbestehen.

Die gegenwärtige Vorlage muß noch vor Schluß der jezigen Session den hohen Räthen unterbreitet werden, einerseits weil laut Konferenzbeschluß die Ratifikation der zuständigen Behörden sofort eingeholt und andererseits weil der Rükzug der italienischen Münzen in den lezten Monaten des laufenden Jahres bewerkstelligt werden soll.

Grestüzt auf die vorstehenden kurzen Auseiuandersezungen empfiehlt der Bundesrath den nachstehenden Beschlußentwurf der Bundesversammlung zur Genehmigung, und .ergreift im Uebrigen den Anlaß, Sie, Tit., seiner ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 19. Juni 1879.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Hammer.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Schiess.

Bundesblatt. 31. Jahrg. Bd. III.

68

(Entwurf)

Bundesbeschluss betreffend

den Zusazakt zur Vereinbarung über Vollziehung des Artikels 8 des Münzvertrages vom 5. November 1878.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes 19. Brachmonat 1878,

vom

beschließt: 1. Der Bundesrath ist ermächtigt, den in Paris unterm 20. Brachmonat 1879 zwischen der Schweiz, Belgien, Frankreich, Griechenland und Italien vereinbarten Zusazakt über Vollziehung des Art. 8 im Münzvertrage vom 5. November 1878 zu ratifiziren.

2. Der Bundesrath ist mit der Vollziehung des gegenwärtigen Beschlusses beauftragt.*) *) Von der Bundesversammlung unverändert angenommen, und zwar vom Ständerath und vom Nationalrath am 20. Juni 1879.

69

Zusazakt zur

Vereinbarung über die Vollziehung des Art. 8 im Münzvertrage vom 5. November 1878.

(Vorn 20. Juni 1879.)

Die Regierungen, welche den am 5. November 1878 in P a r i s abgeschlossenen Münzvertrag unterzeichnet haben, sind übereingekommen, Italien die Fristverschiebung zu überlassen, welche es zur Aufhebung seines Papiergeldes unter fünf Franken gemäß Art. 8 des genannten Vertrages für zwekmäßig erachtet.

Die Unterzeichneten, welche zu diesem Zweke mit gehörigen Vollmachten ausgerüstet sind, haben folgende Artikel vereinbart : Erster Artikel.

Die in Belgien, Frankreich, Griechenland und in der Schweiz aus dem Verkehr zurükgezogenen und gemäß Art. 2 der Vereinbarung zum Münzvertrag vom 5. November 1878 durch die französische Regierung gesammelten italienischen Silberscheidemünzen werden zur Verfügung der italienischen Regierung gehalten.

Die Rechnung über diese Stüke wird zwischen Frankreich und Italien am 31. Jänner 1880 abgeschlossen.

Art. 2.

Die französische Regierung wird diese Stüke der italienischen Regierung in die von lezterer bezeichneten Lokalitäten an der französischen Grenze oder in Civita-Vecchia übermitteln.

70

Die in Belgien, Griechenland und in der Schweiz gesammelten Münzen, deren Betrag auf \ 3 Millionen geschäzt wird, werden in der ersten Hälfte des Monats Jänner 1880 bis auf den Belauf der genannten Summe abgeliefert.

Die Restanz der zurükgezogenen Stüke soll laut der zwischen Frankreich und Italien abgeschlossenen Rechnung in den ersten sechs Monaten des Jahres 1880 abgeliefert werden.

Art. 3.

Die Rükzahlung von Seite Italiens für die ihm eingehändigten Münzen findet theils in Gold, in silbernen Fünffrankenstüken, theils in Wechseln auf Paris oder in in Paris zahlbaren italienischen Schazscheinen statt, und zwar an folgenden Terminen : 1) in den ersten fünfzehn Tagen des Monats Jänner 1880 die Summe von 13 Millionen, repräsentirend den Gegenwerth der in Belgien, Griechenland und in der Schweiz gesammelten Stüke ; 2) im Laufe des Jahres 1880 eine Summe von 17 Millionen; 3) im Laufe der Jahre 1881, 1882 und 1883 der Drittel der Summe, repräsentirend den Rest der zurükgezogenen Münzen, welche Summe vom Tage der Ablieferung an jährlich höchstens zu 3 % verzinslich und in Metall zahlbar ist.

Die italienische Regierung behält sich übrigens das Recht vor, Zahlung vorher zu leisten.

Art. 4.

Falls die italienische Regierung den Wunsch hegen sollte, die Entgegennahme derjenigen Stüke zu verschieben, welche außer den in Belgien, Griechenland und in der Schweiz gesammelten 13 Millionen vorhanden sind, so verpflichtet sich die französische Regierung auf eine vor dem 31. Dezember 1879 erhaltene Anzeige hin, dieselben ganz oder theilweise zu jeder Zeit zur Verfügung der italienischen Regierung zu behalten bis zu den im vorhergehenden Artikel für die Rükzahlung festgesezten Verfallzeiten, und dies gegen einen jährlichen, in Metall zahlbaren Zins von höchstens i1h %, vom 1. Jänner 1880 an gerechnet, bis zur Ablieferung der Münzen.

Art. 5.

Die wirkliche Zirkulation sowohl in Silberscheidemünzen als in Papiergeld unter fünf Franken darf sechs Franken per Kopf der

71 Bevölkerung, nach Art. 10 des Münzvertrages vom o. November, nicht übersteigen.

Demgemäß sollen die der italienischen Regierung abgelieferten Stüke, wie in den Artikeln 2 und 4 des gegenwärtigen Zusazaktes vorgesehen ist, nur in Zirkulation gesezt werden, um zur Auswechslung des aufzuhebenden Papiergeldes unter fünf Franken zu dienen.

Art. 6.

Die italienische Regierung vergütet der französischen Regierung zur Zeit der Saldozahlung für die abgelieferten Münzen alle und jede Kosten einschließlich derjenigen für den Transport bis an die Grenze, Kosten, welche aus dem gegenwärtigen Zusazakte sowie aus den Artikeln \ und 2 der Vereinbarung zum Münzvertrag vom 5. November 1878 entstehen ; diese Kosten dürfen in keinem Falle die Summe von 250,000 Franken übersteigen.

Art. 7.

Der gegenwärtige Zusazakt ist bestimmt, die Artikel 3, 4, 5, 6, 7 und 8 der Vereinbarung vom 5. November 1878 zu ersezen, falls die italienische Regierung zur Zeit der Ratifikation genannten Vertrages dessen Anwendung verlangen würde.

Art. 8.

Der gegenwärtige Zusazakt zur Münzvereinbarung vom 5. November 1878 soll ratifizirt und die Ratifikation in Paris gleichzeitig mit derjenigen der erwähnten Vereinbarung ausgewechselt werden.

Zur U r k u n d e dessen haben die Unterzeichneten den gegenwärtigen Akt unterzeichnet und demselben ihr Wappensiegel beigedrükt.

So geschehen in P a r i s , den 20. Juni 1879.

(L. S.) (Gez.) Kern.

(L. S.j ,, Eudore Pirmez.

(L. S.)

,, Garnier.

(L.

(L.

(L.

(L.

(L.

(L.

CL.

S.)

S.)

S.)

S.)

S.)

S.)

S.)

,, ,, ,, ,, ,, ,, ,,

Léon Say.

Ch. Jagerschmidt.

P. Musnier de Pleignes.

L. Ruau.

N. P. Delyanni.

P. Scotti.

Malvano.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend den Zusazakt über Vollziehung von Art. 8 des in Paris am 5. November 1878 abgeschlossenen Münzvertrages. (Vom 19. Juni 1879.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1879

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

33

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

12.07.1879

Date Data Seite

65-71

Page Pagina Ref. No

10 010 395

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.