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Schweizerisches Bundesblatt.

3l. Jahrgang. III

Nr. 54.

6. Dezember 1879.

J a h r e s a b o n n e m e n t (portofrei in der ganzen Schweiz): 4 Franken.

E i n r ü k u n g s g e b u h r per Zeile 15 Ep. -- Inserate sind franko an die Expedition einzusenden* Druk und Expedition der Stämpflischen Buchdrukerei in Bern.

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Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend den Niederlassungsvertrag zwischen der Schweiz und Spanien vom 14. September 1879.

(Vom 22. November 1879.)'

Tit.

Die abweichende Auslegung, welche hinsichtlich der unterm 27. August 1869 zwischen der Schweiz und Spanien über gegenseitige Gleichstellung mit der meistbegünstigten Nation in Hinsicht der Verkehrsverhältnisse abgeschlossenen Deklaration in einem Spezialfalle zwischen uns und der spanischen Regierung sich ergeben hatte, veranlaßte die leztere, den Abschluß eines die gegenseitigen Niederlassungsverhältnisse regulirenden Staats Vertrages bei uns zu beantragen. Wir gingen mit Bereitwilligkeit auf diese Anregung ein und befinden uns nunmehr in der angenehmen Lage, Ihnen das Resultat der diesfälligen Verhandlungen der beiderseitigen Bevollmächtigten zur Ratifikation vorlegen zu können.

Der Vertragsentwurf ist seinem wesentlichen Inhalte nach dem zwischen der Schweiz und Frankreich bestehenden Niederlassungsvertrage nachgebildet; wir können somit unsere Erörterungen auf diejenigen Bestimmungen beschränken, in welchen Abweichungen von dem Modelle zu verzeichnen sind.

1. Im Art: l wird das Prinzip aufgestellt, daß die Spanier in jedem Kanton der Eidgenossenschaft in Bezug auf Person und *) Siehe eidg. Gesezsammlung, Band S, Seite 283, Bundesblatt 31. Jabrg. Bd. III.

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902 Eigenthum auf dem nämlichen Fuße und auf die nämliche Weise aufzunehmen und zu behandeln seien, wie es die Schweizer sind oder noch werden sollten, s o f e r n d e r V e r t r a g s e l b s t nicht ausdrttklich abweichende V e r f ü g u n g e n e n t h a l t e . Die Aufnahme dieser leztern an und für sich selbstverständlichen Einschränkung des Prinzipes ist als nothwendig erachtet worden, weil wiederholt in der Praxis von Franzosen anläßlich von Ausweisungen vollständige Gleichbehandlung mit Schweizerbürgern nach Maßgabe des Art. 45 der Bundesverfassung in Anspruch genommen wurde. Dieser Verfassungsartikel gestattet gegenüber Schweizerbürgern die Entziehung der Niederlassung nur: a) wenn sie in Folge eines strafgerichtlichen Urtheiles nicht im Besize der bürgerlichen Rechte und Ehren sind ; b) wenn sie wegen schweren Vergehen wiederholt gerichtlich bestraft worden,sind; c) wenn sie dauernd der öffentlichen Wohlthätigkeit zur Last fallen und deren Heimatgemeinde, resp. Heimatkanton eine angemessene Unterstüzung troz amtlicher Aufforderung nicht gewährt.

Der Artikel 5 des Niederlassungsvertrages mit Frankreich dagegen, welcher altern Datums ist als die jezige Bundesverfassung, läßt die Ausweisung zu ,,durch gerichtliches Urtheil oder gemäß den Gesezen oder Verordnungen über die Sitten- und Armenpolizeiu. In einschlagenden Rekursentscheiden, welche insbesondere durch ' die Genfer Polizei gegen Bettler, Vaganten, Dirnen u. dgl. verfügte Ausweisungen betrafen, gingen wir von der Ansicht aus, daß überall da, wo der Vertrag selbst Bestimmungen enthalte, diese in erster Linie gegenüber den Angehörigen der betreffenden Staaten maßgebend seien und zur Anwendung gelangen sollen. Um jedoch jede Zweideutigkeit für die Zukunft zu vermeiden, ist in dem vorliegenden Vertrage mit Spanien unserer, übrigens von keiner Seite beanstandeten, Interpretation früherer Abmachungen formeller Ausdruk im Vertragstexte selbst verliehen worden.

Von der freien Ausübung der Gewerbe sind zufolge Antrages des spanischen Unterhändlers die wissenschaftlichen Berufsarten ausdrüklich ausgenommen worden, für welche Staatsexamen oder andere wissenschaftliche Ausweise verlangt werden. Auch in dieser Beziehung besteht dem Sinne nach Uebereinstimmung mit dem französischen Vertrage.

2. Im Artikel 2 sind in gleicher Weise und in gleichem Umfange die Rechte normirt, welche die Schweizer in Spanien an-

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sprechen dürfen, wenn sie sich daselbst niederlassen und Gewerbe oder Handel betreiben wollen.

3. Der Artikel 3 schreibt vor, daß sowohl die Spanier in der Schweiz, als auch die Schweizer in Spanien, behufs der Erwerbung des Domizils und der Bewilligung zu Handels- oder Gewerbebetreibung einen Immatrikulationsschein vorzuweisen haben, welcher von den respektiven Gesandtschaften oder Konsuln ausgestellt wird, nachdem sich der Bewerber über den Besiz eines guten Leumunds ausgewiesen haben wird.

Der schweizerischerseits gestellte Antrag, daß der Immatrikulationsschein auch durch Ausweispapiere, welche von den Heimatbehörden ausgestellt sind, ersezt werden könne, wurde von der spanischen Vertretung des Bestimmtesten abgelehnt, weil das spanische Fremdengesez vom Jahr 1852 die Beibringung von Immatrikulationsscheinen von allen Fremden ohne Unterschied positiv verlange. Wir glaubten auf unserer Anregung nicht beharren zu sollen, indem die Immatrikulation der Schweizer bei unseren Konsulaten in Spanien bereits praktizirt wird, auch nicht mit großer Belästigung oder Kostenaufwand verbunden ist, da dieselbe leicht auf dem Korrespondenzwege abgemacht werden kann, und weil endlich der Gebrauch der von den Heimatbehörden ausgestellten Ausweisschriften hinsichtlich der Sprache und der Kenntniß der ausstellenden Behörden vielerlei Schwierigkeiten im Gefolge hat.

4. Die übrigen Artikel sind im Wesentlichen gleichlautend mit denjenigen des französischen Vertrages, mit der einzigen Modifikation, daß im Artikel 5, welcher die gegenseitige Freiheit von dem Militärdienste am Orte der Niederlassung zusichert, auch der Ersazsteuer gedacht wird.

Wir empfehlen Ihnen den Vertrag zur Ratifikation.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommensten Hochachtung.

B e r n , den 22. November 1879.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Hammer.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schiess.

904 (Entwurf)

Bundesbeschluss betreffend

den Staatsvertrag zwischen der Schweiz und dem Königreich Spanien über Niederlassungs- und Gewerbeverhältnisse.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 22. November 1879, b eschließt: Art. 1. Dem zwischen der Schweiz und dem Könis:reiche Spanien unterm 14. Wintermonat 1879 zu Bern abgeschlossenen Vertrage betreffend Niederlassungs- und Gewerbeverhältnisse wird hiermit die vorbehaltene Ratifikation ertheilt.

O

Art. 2. Der Bundesrath ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

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Niederlassungsvertrag zwischen

der S c h w e i z und Spanien.

(Vom 14. November 1879.)

Die Regierung der schweizerischen Eidgenossenschaft und die Regierung Seiner Majestät des Königs von Spanien, von dem Wunsche geleitet, die Bande der Freundschaft, welche die beiden Staaten vereinigen, enger zu knüpfen und die Beziehungen, welche zwischen den Angehörigen der beiden Länder bestehen, zu vermehren, haben beschlossen, die Bedingungen für die Niederlassung der Schweizer in Spanien und der Spanier in, der Schweiz in beiderseitigem Einverständnisse durch einen besonderen Vertrag zu regeln, und haben zu diesem Zweke zu ihren Bevollmächtigten ernannt, nämlich:

Der schweizerische Bundesrath den Herrn ßundesrath F. A n de r w e r t , Vorsteher des Justizund Polizeidepartements ;

Seine Majestät der König von [Spanien: Don N a r c i s o G a r c i a de L o y g o r r i , V i c o m t e de la Vega, Kommandeur der königlichen Orden Karls III. und Isabellas der Katholischen, Ritter des Ordens des heiligen Johannes

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Botschaft des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend den Niederlassungsvertrag zwischen der Schweiz und Spanien vom 14. September 1879. (Vom 22. November 1879.)

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Jahr

1879

Année Anno Band

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Volume Volume Heft

54

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

06.12.1879

Date Data Seite

901-905

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