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Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend den Entwurf zu einem Geseze über den Geschäftsbetrieb von Auswanderungsagenturen.

(Vom 25. November 1879.)

Tit.

Wir haben die Ehre, Ihnen hiemit einen Gesezentwurf vorzulegen, welcher die Ausführung eines Theils von Art. 34, Alinea 2, der Bundesverfassung zum Gegenstande hat, soweit nämlich dieses Alinea bestimmt : ,, Der Geschäftsbetrieb von Auswanderungsagenturen unterliegt der Aufsicht und Gesezgebung des Bundes."· Die Grenzen, innerhalb welcher sich eia derartiger Gesezvorschlag zu bewegen hat, sind theilweise schon durch den Wortlaut des zitirten Verfassungsartikels vorgezeichnet, theils ergeben sie sich auch noch aus einer Reihe von Postulaten und Verhandlungen der Bundesversammlung über diesen Gegenstand, welche bereits in einer frühern Botschaft vom 12. Juni 1867 (Bundesbl. 1867, n, 276) angeführt worden sind. Es kommen hiebei einerseits besonders in Betrachtung die Postulate vom 23. Juli 1855, 25. Juli 1856 und der Beschluß des Nationalrathes vom 7. Dezember 1870, durch welche der Bundesrath eingeladen worden ist, namentlich zu erwägen, ob nicht in den europäischen Hafenstädten eine wirksamere Kontrole, besonders der Schiffskapitäne etc., zum Schuze der Auswanderer zu erzielen sei; ob nicht ferner die Auswanderung von Familien, welche der nöthigen

930 Subsistenzmittel entbehren, zu verhindern sei, und ob nicht Personen, welche ohne bestimmtes Ziel nach Amerika auswandern, Anleitungen gegeben werden sollten, welche sie den Gefahren und Verführungen in den Ausschiffungshäfen entziehen. Andererseits bieten die Bundesrevisionsverhaudlungen aus den beiden Perioden der Revision von 1871 und 1873 den Nachweis, daß eine weitergehende Thätigkeit des Bundes in Bezug auf das Auswanderungswesen, namentlich eine noch allgemeinere Oberaufsicht über dasselbe, oder eine Betheiligung der Eidgenossenschaft an Kolonisationsumternehmungen bei Berathung der gegenwärtigen Verfassung abgelehnt worden ist, und es ist auch der Nationalrath unterm 11. Juni 1877 auf eine bezügliche Motion des Herrn Dr. Joos nur in dem beschränkten Sinne eingetreten, daß der Bundesrath eingeladen wurde, ,,zu prüfen und zu begutachten, ob es angezeigt sei, von Bundes wegen Vorkehren zum Schuze der schweizerischen Auswanderer zu treffen."

Demgemäß geht der Bundesrath auch heute bei Vorlage eines Gesezentwurfes von dem nämlichen Gesichtspunkte aus, welchen er schon in seinem Geschäftsberichte über das Jahr 1870 dahin präzisirte, ,,daß die Bundesbehörden sich jeder direkten Theilnahme an der Auswanderung zu enthalten und sich darauf zu beschränken haben, diejenigen schweizerischen Angehörigen, welche den festen Entschluß kund geben, auszuwandern, oder die wirklich auswandern, bestmöglich zu belehren und zu schüzen."

Das vorliegende Gesez hat somit nicht die direkte Organisation, Beförderung oder Unterstüzung einer Auswanderung in größerem Maßstabe aus sozialen oder nationalökonomischen Gesichtspunkten im Auge, sondern lediglich die Kontrole der ohne Staatshilfe bereits bestehenden, die sich nach den neuesten statistischen Angaben pro 1878 auf 2068 Personen, worunter 505 Frauen und 488 Kinder unter 16 Jahren, beläuft, welche Auswanderer ungefähr zur Hälfte nach Nordamerika, zur andern Hälfte nach Mittel- und Südamerika, Australien, Asien und Afrika sich begeben haben.

Der Schuz, welchen die Eidgenossenschaft denselben nach den oben bezeichneten Grundsäzen angedeihen lassen kann, besteht nach genauer Prüfung aller einschlägigen Umstände, sowie der Gesezgebung und der Erfahrungen anderer Staaten wesentlich und auf die am meisten wirksame Weise darin : 1) daß die Auswanderungsagenturen, welche in der Schweiz ihre Geschäfte betreiben, unter eine wirksamere allgemein eidgenössische Kontrole gestellt und zugleich inner der an-

931 gemessenen Schranken auch für diejenigen Personen verantwortlich gemacht werden, welcher sie sich außerhalb der schweizerischen Grenzen zur Beförderung der Auswanderer bis an ihren Bestimmungsort bedienen, oder welche sie sonst als Unteragenten oder Zwischenpersonen irgend einer Art gebrauchen ; 2) daß demgemäß ferner gewisse, durch die Erfahrung als nothwendig nachgewiesene Vorschriften erlassen werden, welche sich nicht bloß auf den Transport im Inlande, sondern namentlich auch auf die S e e r e i s e und den Aufenthalt in den europäischen und überseeischen Häfen beziehen, welche Vorschriften einen nothwendigen, wörtlichen Bestandteil eines jeden mit schweizerischen Auswanderern abgeschlossenen Vertrages bilden müssen und für welche der inländische Agent vor inländischem Gerichtsstande verantwortlich gemacht werden kann; 3) daß die Beförderung von gewissen Personen gänzlich verboten oder nur unter bestimmten Vorsichtsmaßregeln gestattet wird, wobei nicht allein allgemeine Gründe, sondern auch die Gesezgebungen derjenigen Staaten maßgebend sein müssen, welche den Strom der schweizerischen Auswanderung vorzugsweise aufnehmen ; 4) daß endlich mit der unmittelbaren Aufsicht über das Auswanderungswesen in diesem beschränkten Sinne eine besondere Person, ein Auswanderungskommissär, wie er im Anschluß an ähnliche Einrichtungen anderer Staaten (welche ganz besonders in Frankreich, England, Holland und Deutschland seit längerer Zeit bestehen) genannt wird, betraut werde, in dessen Aufgabe es liegt, neben der gewöhnlichen Handhabung: des Gesezes den Auswanderungslustigen in der Schweiz auch noch unentgeldlich mit Rath und Empfehlungen an die Hand zu gehen und sich zugleich in beständiger Verbindung mit den Auswanderungskommissären der auswärtigen Staaten in den Hafenstädten zu erhalten, durch deren Vermittlung allein, ein wirksamer Schuz der schweizerischen Auswanderer zu erzielen ist, da, wo sie seiner gerade am meisten bedürfen.

Durch diese Maßregeln, welche den w e s e n t l i c h e n Inhalt des GesezVorschlags ausmachen, glaubten wir den Eingangs genannten Aufträgen der h. Bundesversammlung nach vorangegangener Berathung einer Kommission von Sachverständigen und nach Einholung einer großen Anzahl von Berichten von Kantonsregierungen, schweizerischen Konsuln im Auslande, Auswanderungsagenturen, sowie

332 nach Vergleichung der einschlägigen Gesezgebung anderer Staaten und der schweizerischen Kantone am besten nachkommen zu 'können, ohne hiebei die Schranken, die uns in obigen Aufträgen und in dem Art. 34 der Bundesverfassung gezogen sind, zu überschreiten.

Von den schweizerischen Kantonen besaßen bisher eine 'Gesezgebung, oder wenigstens einzelne Verordnungen über Auswanderung: B e r n , L u z e r n , S c h w y z , U n t e r w a i d e n , Z u g , ·Glarus, F r e i b u r g , B a s e l s t a d t , S c h a f f h a u s e n , S t . G a l l e n , G r a u b ü n d e n , Aargau, T e s s i n , W a l l i s u n d G e n f .

Den nähern Inhalt dieser Gesezgebung finden Sie in einer gedrukteu Beilage. Sie werden sich daraus überzeugen, daß -- ganz abgesehen auch von der Verschiedenheit, theilweisen Unzwekmäßigkeit und namentlich Unzulänglichkeit ihrer Bestimmungen -- keines »dieser Geseze geeignet erschien, dieser Vorlage als Muster zu dienen.

Von wesentlicherem Nuzen sind uns bei der Berathung der Vorlage gewesen die Geseze von F r a n k r e i c h (besonders loi sur .·rémigration vom 18. Juli 1860, nebst Ausführungsdekreten vom 9. und 15. März 1861), E n g l a n d (passengers act, nebst amendment vom 14. August 1855 und 13. Juli 1863), H o l l a n d (Geseze vom 1. Juni 1861 und 15. Juli 1869, und Dekrete vom 27. November 1865 und 30. September 1869, sowie die bezüglichen gesezlichen Bestimmungen einzelner deutscher Staaten, ganz besonders der an der See gelegenen : H a m b u r g , B r e m e n , M e k l e n b u r g , O l d e n b u r g , welche namentlich detaillirte Vorschriften über die Verschiffung der Auswanderer aus ihren Häfen und über die Einrichtung der Auswandererschiffe besizen, die auch wir (wie die französischen, englischen und holländischen Bestimmungen) bei Aufstellung unserer Vorschriften mit zu berüksichtigen hatten, um nicht in Widerspruch mit ihnen zu gerathen. Auch B e l g i e n hat unterm 14. Dezember 1876 ein Auswanderungsgesez angenommen, welches auf Grundlage ·des holländischen beruht. Sie finden dasselbe am Schlüsse obenerwähnter Beilage. Das d e u t s e h e Reich als solches besizt eine ^eigentliche Gesezgebung über das Auswanderungswesen nicht, sondern nur einzelne hieher einschlägige Verordnungen in andern Ge·sezen (beispielsweise im Strafgesezbuch über die Auswanderung Wehrpflichtiger,
über betrügerische Verleitung zur Auswanderung).

Das Reich übt lediglich zufolge eines Verfassungsartikels eine allgemeine Aufsicht über das Auswanderungswesen durch einen dem Reichskanzleramte unterstellten ,,Auswanderungskommissär"1 aus, von welchem auch ein Bericht bei den Akten sich befindet, welcher die Nüzlichkeit und die Aufgaben einer solchen Stelle deutlich zeigt.

933 Das Nähere über diese auswärtige Gesezgebung, welcher auch ^einzelne Bestimmungen des Entwurfes, namentlich unter den Vorschriften über den Transport auf Schiffen, entnommen sind, finden Sie ebenfalls in der oben angeführten vorbereitenden Berichterstattung.

Im Einzelnen gestatten Sie uns, zu den w e s e n t l i c h e n Vorschriften des Gesezentwurfes noch folgende erläuternde Bemerkungen : Die Art. \--4 knüpfen die Ausübung des Auswanderungsagenturgeschäftes an die Erwerbung eines eidgenössischen P a t e n t e s .

Es ist absichtlich vermieden, diese Bestimmungen so zu fassen, daß sie mittelst Etablirung eines solchen Geschäftes außerhalb der Grenzen der Schweiz umgangen werden könnten, und es kommen hiebei dann auch noch die folgenden Artikel über Unteragenten und Zwischenpersonen jeder Art in Betrachtung. Die K a u t i o n , welche von den selbstständigen Hauptagenturen gefordert wird, kann nicht zu hoch erscheinen. Sie beträgt in Frankreich Fr. 40,000, in England unter Umständen noch weit mehr; in der Schweiz selbst erlegten bisher einzelne solche Geschäfte in den verschiedenen Kantonen zusammen bis auf Fr. 70,000 und zeitweise noch mehr.

Die Art. 5 -- 7 beseitigen einen der Hauptübelstände in dem gegenwärtigen Auswanderungsagenturbetriebe, den nämlich, daß dabei allerlei, zum Theil nicht immer die nöthigen Garantien bietende Z w i s c h e n p e r s o n e n zur Anwerbung, Begleitung, Einschiffung der Auswanderer gebraucht werden, welche der Natur der Sache nach für ihre Handlungen persönlich gar nicht in der Schweiz belangt werden können und für die auch die Hauptagentur nur sehr schwer haftbar zu machen ist. Die Klagen über dieses System sind sehr /.ahlreich.

Jenen Uebelständen kann nur dadurch abgeholfen werden, daß sämmtliche Unteragenten und Zwischenpersonen jeder Art bekannt gegeben und auch nötigenfalls auf jeweiliges Verlangen der Aufsichtsbehörde beseitigt werden müssen, und daß für alle ihre auf das Auswanderungsgeschäft bezüglichen Handlungen der Hauptagent in der Schweiz haftbar und belangbar ist, Andernfalls sind die Auswanderer gerade da, wo sie des Schuzes am meisten bedürfen und woBundesWatt. 31. Jahrg. Bd. III.

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934 hin der Arm der schweizerischen Gerechtigkeit nicht reicht, jeder Willkür ohne Rettung preisgegeben.

Der Art. 8, Alinea 3 beabsichtigt, den hie und da gehörten Klagen vorzubeugen, daß mittelst Auswanderungsgelegenheiten auch Verbrechern zur Flucht verhelfen werde, und den kantonalen Polizeibehörden überhaupt behufs Fahndung von solchen die Unterstüzung der Agenturen, soweit dies denselben ohne besondere Beschwerung zugemuthet werden darf, zu sichern.

Der Art. 9 verbietet den Auswanderungsagenturen ohne besondere Erlaubniß des Bundesrathes eigentliche K o l o n i s a t i o n s u n t e r n e h m u n g e n , die sonst unter dem gewöhnlichen Titel eines Auswanderungsgeschäftes betrieben werden könnten. DerBundesrath beabsichtigt damit keineswegs etwa, solche Unternehmungen zu erschweren, und es fand sich auch in dem ursprünglichen Entwurfe des Gesezes (unter Nr. 8) ein etwas anders gefaßter Artikel. Es ist jedoch offenbar, daß solche größere Kolonisationen, wie die s. Z. in Brasilien gemachten Erfahrungen beweisen, einer ganz besonderen Aufsicht und zum Theil stringenteren Bestimmungen, namentlich auch höheren Kautionen unterliegen müssen, als die gewöhnliche Art der Beförderung von Auswanderern, und es schien außerhalb des Rahmens dieses Gesezes zu liegen, darüber das Nähere zu statuiren, namentlich auch für solche Fälle, wo gar nicht die gewöhnlichen patentirten Auswanderungsagenturen sich mit solchen Geschäften befassen.

Der A r t i k e l 10 enthält die Vorschriften, welche dem Abschieben jeder Art von hilflosen Leuten, wie es noch in neuerer Zeit häufig vorgekommen sein soll, wirksam vorzubeugen trachten.

(Vgl. Beschluß des Nationalrathes vom 7. Dezember 1870.)

Mittelst Ziffer l ist dafür gesorgt, daß dennoch z. B. alte und bedürftige Eltern zu ihren in Amerika ansäßigen Kindern ungehindert ziehen können. Au der Stelle von Ziffer 3 enthalten einzelne Geseze, worunter auch schweizerische, bestimmte Summen (Bern 50--60 Fr.

per Kopf), was jedoch besser der zu machenden Erfahrung einstweilen anheimgestellt wird und nötigenfalls später durch ein Aus-; führungsreglement bestimmt werden kann.

Ziffer 4 bezieht bestimmung vom Jahre Einwanderung daselbst bestimmung s. Z. auch publizirt worden ist.

sich auf eine amerikanische Gesezes1875, wonach solche Personen von der ausgeschlossen werden, welche Gesezesim Bundesblatte (1875, II, Seite 698)

935 Durch Ziffer 5 sollen nicht Pässe verlangt werden, sondern lediglich eine zur persönlichen Legitimation genügende Ausweisschrift , die offenbar für alle Fälle (Krankheit, Tod , Verhaftung während der Reise) nothwendig erscheint, und ebenso beabsichtigen wir nicht, Personen, welche erst in den Militärdienst einzutreten hätten, aus diesem Grunde von der Auswanderung abzuhalten, sondern bloß solche, welche*schon im Dienste sich befinden, zur Rükgabe der Militäreffekten, die sie in Händen haben (Waffen, Pferde, Uniformstüke) oder zur Zahlung bereits schuldig gewordener Militärersazsteuern anzuhalten.

Die A r t i k e l 11 und 12 enthalten die obligatorischen Bestimmungen über die Leistungen des Agenten und über den T r a n s p o r t an den Bestimmungsort, welche einen n o t h w e n d i g e n Bestandteil jedes Auswanderungsvertrages bilden sollen, durch deren Festsezung und Uebermittlung in die Hände des Auswandernden derselbe auch allein in den Stand gesezt wird , sich gegenüber den Repräsentanten der Agenten im Ausland, den Rhedern, Schiffskapitäneu etc., über das von ihm kontraktlich zu Beanspruchende auszuweisen und nöthigenfalls behufs einer spätem Klage gegen den Hauptagenten in der Schweiz ein Protokoll aufnehmen zu lassen. Diese Bestimmungen sezen das M i n i m u m dessen fest, was gemachten Erfahrungen und andern Gesezen gemäß verlangt werden muß, und sie sollen daher in keiner Weise und Art eingeschränkt oder umgangen werden dürfen. Noch größere Spezialitäten, wie sie in andern Gesezen vorkommen, wurden beseitigt und nur das Notwendigste beibehalten.

Besondere Erwähnung verdienen Ziffer 6 vom Art. 11 und Ziffer 6 vom Art. 12. sowie die Schlußbestimmung des leztgenannten Artikels. Die Vorschrift einer L e b e n s v e r s i c h e r u n g im Betrage von Fr. 500 für die Dauer der Reise und für jedes Haupt einer Familie ist neu und in keinem bestehenden Geseze enthalten. Wir halten jedoch eine solche Vorschrift für eine sehr zwekmäßige und sehr geeignet, einer Familie bei Todesfall ihres Hauptes und Versorgers auf der Reise die nöthigen Subsistenzmittel , allfällig auch die Mittel zur Rükkehr oder zur Herbeischaffung anderer Personen , die sich ihrer annehmen können , zu verschaffen. Die Prämie wird nicht hoch sein können, da ja ohnehin kranke Personen nicht befördert werden dürfen, und die
Agenturen können sich auch sehr leicht durch Verträge mit Lebensversicherungsgesellschaf'tcu eine RükVersicherung verschaffen, die ihnen die Einhaltung dieser für den Auswanderer höchst nüzlichen Bestimmung ohne Opfer ermöglicht. Die Bestimmung im Art. 12, Ziffer 6 dient sehr zum Schuze der Einwanderer in den überseeischen Landungshäfen,

936 wo sie sonst leicht einfach mit ihrem Gepäk auf die Straße gestellt werden und , des Landes oder gar der Sprache unkundig, jeder Spekulation auf ihre Hilflosigkeit zur Beute fallen. Sie findet sich, so wie hier ungefähr, in der englischen Gesezgebung, weniger bestimmt lautend auch in andern. Eine andere eben so wesentliche Bestimmung zum Schuze der Auswanderer, die sich in Ziffer 6 vom Art. 13 findet, ist dem holländischen Geseze entnommen, wo sie in noch etwas schärferer Weise ausgedrükt ist.

Die Schlußklausel vom Art. 12 gibt dem Auswanderer die Wahl, einen Vertrag, welcher nicht die sämmtlichen Bedingungen von Art. 11 und 12 enthielte, einfach aufzulösen, oder ihn zwar dennoch einzuhalten, aber unter Vorbehalt der Schadensersazklage.

Der leztere Fall wird, sofern sich der Auswanderer u n t e r w e g s erst von der Gesezwidrigkeit des Vertrages überzeugen sollte, in der Regel der allein praktische sein. Der beste Schuz für ihn vor solchen Gesezesübersehreitungen besteht übrigens immer in der genauen Vorschrift, wie die Verträge überhaupt in ihren wesentlichen Theilen lauten müssen, und in dem weitern Vorbehalt, eine obligatorische Formel für dieselben festzustellen (Art. 13).

Der Art. 14 enthält die Bestimmungen, welche zum Schuze der G l ä u b i g e r von Auswanderern nothwendig erscheinen, worüber die bisherigen kantonalen Geseze mitunter Aehnliches enthielten.

Der erste Entwurf hatte die Bestimmung aufgenommen, daß die Agenturen den Gläubigern überhaupt tenent werden, wenn sie diese Bestimmung umgehen oder die Auswanderer vor der festgesezten Frist expediren ; der Bundesrath glaubte dies auf den Fall böswilliger Absicht beschränken zu sollen.

Der A r t . 16 endlich verweist die Entschädigungsklagen jeder Art, welche die Auswanderer gegen die Agenturen zu erheben in den Fall kommen, vor die kantonalen Gerichte. Es wird hiebei immer der Hauptagent direkt belangt werden können. Der erste Entwurf hatte (im Art. 16) diese Klagen an das Bun d es g eri eh t gewiesen, um hiedurch eine sichere und gleichmäßige Praxis zu erhalten. Es wäre dies auch ohne Zweifel auf Grund des Art. 114 der Bundesverfassung nicht unzuläßig gewesen. In einzelnen Ländern werden solche Klagen sogar auf administrativem Wege erledigt (Frankreich), in andern (England, Holland) haben die Friedensrichterämter oder
Auswanderungskommissäre eine Kompetenz zu summarischem Entscheide oder zu dem Versuche gütlichen Ausgleiches.

Eine oder die andere dieser Kompetenzen ließe sich allfällig auch hier noch dem im Art. 18 genannten A u s w a n d e r u n g s k o m m i s s ä r übertragen, von dessen Bestellung und richtiger Funk-

937 tion überhaupt der Erfolg des Gesezes zunächst abhängt ; doch glaubten wir, da dies bedeutend in die kantonale Rechtspflege eingreifen würde, einem allfälligen Entscheide der Bundesversammlung in dieser Richtung unsererseits nicht vorgreifen zu sollen.

Der Art. 15, welcher die Strafbestimmungen enthält, sowie die weitern Artikel 17 und 19 des Gesezentwurfes scheinen uns keiner besondern Erläuterung zu bedürfen.

Indem wir glauben, mittelst Vorlage desselben dem unzweifelhaften Bedürfnisse einer Regelung der o h n e Staatsbetheiligung stattfindenden Auswanderung, wie eine solche durch den Art. 34 der Bundesverfassung vorgesehen ist, entgegengekommen zu sein, und im Uebrigen weitergehenden Anträgen, die in diesen Rahmen nicht hineingehören, in nichts präjudizirt zu haben, benuzen wir den Anlaß, Sie, Tit., unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 25. November 1879.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Hammer.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schiess.

938 (Entwurf)

Bnndesgesez betreffend

den Geschäftsbetrieb von.Auswanderungsagenturen.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, in Vollziehung des Art. 34, Alinea 2, der Bundesverfassung ; nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 25 November 1879, beschließt: Art. 1. Die im Artikel 34, Alinea 2, der Bundesverfassung vorgesehene Aufsicht über den Geschäftsbetrieb der Auswanderungsagenturen wird vom Bundesrathe unter Mitwirkung der kantonalen Behörden ausgeübt.

Art. 2. Personen, welche sich mit der geschäftsmäßigen Beförderung von Auswanderern aus der Schweiz befassen wollen, bedürfen ein vom Bundesrathe ausgestelltes P a t e n t , welches allein ihnen die Befugniß gibt, den Beruf als Auswanderungsagent unmittelbar oder durch die Vermittlung anderer Personen zu betreiben.

939 Wenn eine Auswanderungsagentur von einer Gesellschaft irgend einer Art betrieben wird, so muß der Gesellschaftsvertrag oder eine beglaubigte Abschrift desselben bei dem Bundesrathe hinterlegt und ihm jede Aenderung daran mitgetheilt werden.

Art. 3. Patente dürfen n u r solchen Personen ertheilt werden, welche sich darüber ausweisen, daß sie 1) einen guten Leumund genießen, 2) die nöthigen Mittel und Befähigungen für diesen Geschäftsbetrieb besitzen, 3) innerhalb der Eidgenossenschaft ein festes Domizil haben.

Die Patente werden auf die Dauer von zehn Jahren ausgestellt und können jeweilen im Laufe des lezten Jahres auf eine gleiche Zeitdauer erneuert werden.

Für das Patent ist eine Gebühr von Fr. 100 und für jede Erneuerung desselben eine solche von Fr. 50 zu entrichten.

Der Bundesrath hat das Recht, das Patent zurükzuziehen, wenn sich dei' Inhaber desselben einer schweren Uebertretung der Vorschriften dieses Gesezes (Art. 15, Alinea l ) scHuldig macht, oder wenn er die im ersten Alinea dieses Artikels {Ziffer l--3) vorgeschriebenen Bedingungen nicht mehr erfüllt, oder wenn er sich bei einem Kolonisationsunternehmen betheiligt, bezüglich dessen der Bundesrath zu einer Warnung sich veranlaßt gesehen hat.

Der Agent, welcher auf sein Patent verzichten will, muß dies dem Bundesrathe anzeigen und den Zeitpunkt angeben, von welchem an er die Auswanderuugsagentur nicht mehr fortsezen will.

Art. 4. Jede Auswanderungsagentur hat gegen Empfangnahme des Patentes eine K a u t i o n von Fr. 50,000 in eidgenössischen oder kantonalen Staatsobligationen bei der Buudeskasse zu hinterlegen.

940 Diese Kaution dient zur Sicherheit für Ansprüche, welche von den Behörden oder Auswanderern oder den Gläubigern der lezteren nach Maßgabe dieses Gesezes geltend gemacht werden können ; sie darf erst nach Ablauf eines Jahres, vom Erlöschen des Patentes an gerechnet, zurükgestellt werden,, sofern dannzumal nicht noch Ansprüche gegen die Auswanderungsagentur vorliegen.

Art. 5. Den Agenten ist gestattet, sich mit U n t e r a g e n t e n zu versehen.

Diese müssen die nämlichen persönlichen Eigenschaften (Art. 3, Ziffer l--3) besizen wie die Hauptagenten. Ihre Anstellung ist dem Bundesrath, sowie der Polizeibehörde des Kantons, in welchem sie ihr Domizil haben, zur Kenntniß.

zu bringen.

Der Bundesrath hat das Recht, zu verlangen, daß ein Unteragent, welcher zu begründeten Klagen Anlaß gibt, sofort entlassen werde.

Es ist den Agenten untersagt, für den Verkehr zwischen ihnen und den Auswanderern andere bezahlte Personen als Unteragenten, welche den Behörden bekannt sind und von ihnen kontrolirt werden, zu verwenden. Auch die Uuteragenten dürfen für diesen Verkehr nicht andere bezahlte Personen bestellen.

Art. 6. Die Agenten sind sowohl gegenüber den Behörden, als gegenüber den Auswanderern für die Geschäftsführung ihrer Unteragenten, sowie ihrer Vertreter im Auslande persönlich verantwortlich.

Art. 7. Der Bundesrath veröffentlicht von Zeit zu Zeit die Namen der Agenten und der Unteragenten.

Personen, welche nicht auf diese Weise bereits öffentlich bekannt gemacht sind, ist es untersagt, auf die Beförderung von Auswanderern sich beziehende Publikationen irgend einer Art, sei es in öffentlichen Blättern oder auf andere Weise, in der Schweiz zu erlassen.

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Art. 8. Die Auswanderungsagenten haben eine eingebundene und paginirteKontrole über ihre Vertragsabschlüsse und gebundene und paginirte Kopirbüeher über ihre Korrespondenzen zu führen. Sie sind verpflichtet, dem Bundesrathe alle von ihm über diese Verträge verlangten Mittheilungen zu machen.

Ueberdies ist diese Behörde, sowie die kantonale Polizeidirektion jederzeit zur Einsicht in die Geschäftskontrole und in alle Bücher und Skripturen der Hauptagenten und Unteragenten berechtigt.

Die Agenten sind verpflichtet, den Polizeibehörden allen von diesen verlangten Aufschluß behufs Fahndung von Verbrechern zu ertheilen.

Art. 9. Auswanderungsagenten, welche in irgend einer Eigenschaft ein K o l o n i s a t i o n s u n t e r n e h m e n vertreten, haben dies dem Bundesrathe anzuzeigen und ihm über das Unternehmen vollständigen Aufschluß zu geben.

Art. 10. Den Auswanderungsagenten ist v e r b o t e n die Beförderung: Ij von Personen, die wegen vorgerükten Alters, Krankheit oder Gebrechlichkeit arbeitsunfähig sind, sofern nicht eine hinlängliche Versorgung derselben am Bestimmungsorte nachgewiesen ist; 2) von Personen unter 18 Jahren, es sei denn, daß sie von erwachsenen Familiengliedern begleitet werden, oder iaß für ihre gehörige Unterkunft am Reiseziel gesorgt ist; Alles überdies unter Vorbehalt der Einwilligung Seitens der Inhaber der väterlichen oder vormundschaftlichen Gewalt; 3) von Personen, welche nicht die nöthigen Mittel über den Passagepreis hinaus vorweisen können, um am Bestimmungsorte noch wenigstens einen Monat lang davon leben zu können;

942 4) von Personen, welche ein Strafurtheil wegen solcher Verbrechen abzubüßen haben, die weder politischer Natur noch mit politischen konnex sind, oder denen Strafen unter Bedingung der Auswanderung nachgelassen werden, 5) von Personen, welche keine Ausweisschriften besizen, sowie von militärpflichtigen Schweizerbürgern, bevor sich dieselben darüber ausgewiesen haben, daß ihrer Abreise von Seite des Staates kein Hinderniß entgegensteht.

Verträge und Reverse irgend einer Art, welche zum Zweke der Beförderung vom Geseze ausgeschlossener Personen mit den Auswanderungsagenturen verabredet werden, sind ungültig und strafbar.

Art. 11. Die V e r p f l i c h t u n g der Auswanderungsagenten gegen den Auswanderer umfaßt in allen Fällen: 1) sichere Beförderung der Personen und ihres Gepäks um einen bestimmten, im Vertrage festgesezten, in keinem Falle und in keiner Weise erhöhbaren Preis bis an den vertragsmäßigen Bestimmungsort, vorbehalten Ziffer 5 und 6; 2) genügende, gesunde und reinliche Verpflegung und Beherbergung auf der ganzen Reise, ausbedungene Selbstverköstigung für die Landreise vorbehalten ; 3) unentgeltliche ärztliche Behandlung im Falle von Krankheit; 4) anständige Bestattung bei Tod auf der Reise; 5) Versicherung des Gepäks gegen eine in den Vertrag nach Maßgabe eines von dem Bundesrathe genehmigten Tarifes aufgenommene Taxe; 6) Versicherung des Lebens aller Familienhäupter für die Dauer der Reise bis zur Ankunft am Bestimmungsort für 500 Franken per Kopf.

943 Die Prämie hiefür ist ebenfalls im Vertrage anzugeben, und der bezügliche Tarif muß von dem Bundesrathe genehmigt sein; 7) bei Aufenthalt oder Verzögerung auf der Reise vollständige Verpflegung und Beherbergung des Auswanderers und, im Falle die beabsichtigte Beförderungsgelegenheit nicht vorhanden oder nicht ausreichend wäre, prompte anderweitige Beförderung mindestens eben so guter Art wie die im Vertrag angegebene.

Art. 12. Insbesondere sind bei dem T r a n s p o r t e von Auswanderern folgende V o r s c h r i f t e n zu beobachten: 1) die Beförderung auf Eisenbahnen hat in gut geschlossenen Sizräumen zu geschehen; 2) die Beförderung zu Wasser darf nur auf Schiffen geschehen, die zum Transporte von Auswanderern autorisirt sind und einer gehörigen polizeilichen Kontrole über ihre Beschaffenheit und Einrichtung am Orte der Abfahrt unterliegen, wobei der Auswanderer Gelegenheit hat, allfällige Beschwerden u n m i t t e l bar vor derselben bei einem öffentlichen Beamten anzubringen und darüber ein Protokoll aufnehmen zu lassen (vgl. Art. 15); 3) der Auswanderer hat unter keinen Umständen weder Nachzahlungen zu machen, noch Trinkgelder oder sonstige Gebühren (Hospitalgelder u. s. w.) zu entrichten, sondern es hat der Agent für alles Nöthige während der ganzen Dauer der Reise zu sorgen, und es müssen alle Leistungen des Auswanderers in dem im Vertrage festgesezten Preise inbegriffen sein ; 4) es darf auch der Fahrpreis nicht ganz oder theilweise in persönlichen Dienstleistungen bestehen; 5) es darf keine Selbstbeköstigung während der Seereise stattfinden, sondern die Speisen müssen dem Auswan-

944 derer vollständig zubereitet und mit dem nöthigen Eßgeräthe geliefert werden; 6) die Agenten haben dafür zu sorgen, daß der Auswanderer nach der Ankunft im Landungshafen noch mindestens 48 S t u n d e n auf dem Schiffe ungestört verweilen kann und die vertragsmäßige Beköstigung erhält, oder daß anderweitig genügend für seine Unterkunft während 48 Stunden, oder für Weiterreise vorgesehen ist ; 7} alle Transporte von Auswanderern mit überseeischem Reiseziel, welche mindestens 50 Personen umfassen, hat der Agent oder ein Unteragent bis zum Einschif· fungshafen zu begleiten und nicht zu verlassen, bis die Abfahrt des Schiffes erfolgt ist.

Wenn Bestimmungen in dem Vertrag enthalten sind, die den Vorschriften der Artikel 11 und 12 widersprechen, so bleibt dem Auswanderer das Recht vorbehalten, vom Vertrage zurükzutreten, und in jedem Falle gegen den Agenten auf Schadenersaz zu klagen.

"O^ Art. 13. Die A u s w a n d e r u n g s v e r t r ä g e müssen schriftlich in zwei gleichlautenden Exemplaren abgefaßt sein, von denen das eine dem Auswanderer übergeben wird, das andere in Händen des Agenten verbleibt.

Der Vertrag muß enthalten : 13 die genaue Namensbezeichnung, Geburtsjahr, Heimat, Wohnort des Auswanderers, sowie die Reiseroute und den Bestimmungsort, bis zu welchem der Agent den Transport übernommen hat; 2) die genaue Angabe der Abreisezeit, sowie im Falle des Transportes per Schiff die genaue Angabe des Schiffes und des Tages, an welchem dasselbe den Hafen verläßt ;

945 3) die genaue Bestimmung des auf dem Schiffe zu beanspruchenden Plazes und Raumes für Personen und Gepäk; 4) die genaue Angabe (in Worten und Zahlen) des Transport- und Versicherungspreises für Personen und Gepäk nach Vorschrift des Art. 11, Ziffer l, 5 und 6; 5) eine vollständige Wiedergabe der Artikel 11 und 12 dieses Gesezes; 6) die Bestimmung, daß, wenn ein Auswanderer wegen nachgewiesener Erkrankung verhindert wird, die Reise anzutreten oder fortzusezen, der Agent verpflichtet ist, die für die Beförderung des Auswanderers und seiner bei ihm bleibenden Angehörigen bezahlten Beträge zurükzuerstatten, unter Abzug jedoch der für Abschluß oder theilweise Ausführung des Vertrages erwachsenen Auslagen.

Der Bundesrath kann für die Abfassung von Auswanderungsverträgen ein verbindliches Formular aufstellen.

Art. 14. Die Auswanderungsagenten sind verpflichtet, den Abschluß eines jeden Vertrages den Staatskanzleien derjenigen Kantone, in denen die Auswanderer ihren Wohnsiz haben, mitzutheilen. Diese Mittheilung muß wenigstens 14 Tage, bevor die Auswanderer den Kanton verlassen, gemacht werden und eine genaue Angabe der Personalien (Vor- und Geschlechtsname, Geburtsjahr, Heimat und Wohnort), sowie des Reiseziels und des Abreisetages enthalten.

Agenturen, welche Auswanderer ohne solche rechtzeitige Anzeige oder vor Ablauf des angegebenen Abreisetages befördern, werden nach Maßgabe des Art. 15 bestraft, und können, wenn sie in doloser Absicht oder mit grober Fahrläßigkeit handelten, überdies für den ganzen Schaden, welcher den Gläubigern der Auswanderer dadurch erwächst, verantwortlich gemacht werden.

946 Art. 15. Die Agenten werden, sofern sie selbst oder ihre Unteragenten oder Vertreter in- oder außerhalb der Schweiz dem gegenwärtigen Geseze zuwiderhandeln, vom Bundesrathe mit Fr. 20 bis Fr. 200 gebüßt. Beim Vorhandensein erschwerender Umstände wird ihnen überdies das Patent entzogen.

Personen, welche in der Schweiz u n b e f u g t Auswanderungsagenturgeschäfte betreiben oder dazu behilflich sind, sowie Verleger und Druker von Annoncen und Publikationen, herrührend von Personen, die hiezu keine Ermächtigung besizen, oder die ihren Wohnsiz nicht in der Schweiz haben, werden von Amtes wegen oder auf Klage hin den kantonalen Gerichten überwiesen und mit Fr. 50 bis Fr. 1000, im Wiederholungsfalle mit Gefängniß bis auf sechs Monate bestraft.

Art. 16. E n t s c h ä d i g u n g s k l a g e n von Auswanderern oder deren Rechtsnachfolgern oder Gläubigern gegen die Agenten sind bei den zuständigen kantonalen Gerichten anzubringen.

Ein Protokoll, welches im Auslande durch einen Schweizerkonsul oder durch einen Auswanderungskommissär oder eine andere, zu einer solchen Funktion nach dortigen Gesezen kompetente Person aufgenommen wird, gilt hiebei als Beweis, mit Vorbehalt des Gegenbeweises.

Art. 17. Der Bundesrath wird die zur Vollziehung des gegenwärtigen Gesezes nöthigen R é g l e m e n t e erlassen.

Ihm steht die Berechtigung zu, zu verbieten: 1) Annoncen in öffentlichen Blättern oder andere Publikationen jeder Art, welche geeignet sind, Personen, die auswandern wollen, in Irrthum zu führen ; 2) die Benuzung von Transportgelegenheiten, welche den Bestimmungen dieses Gesezes nicht entsprechen oder Anlaß zu begründeten Klagen geben.

Art. 18. Die Aufsicht des Bundesrathes über die Auswanderungsagenturen wird durch das eidgenössische Departement des Handels und der Landwirtschaft ausgeübt.

947 Demselben wird zu diesem Zwekc ein A u s w a n d e r u n g s k o m m i s s ä r beigegeben, welcher sich mit den Kommissären der auswärtigen Staaten, die zu ähnlichen Zweken, besonders in den Seehäfen, bestehen, in Verbindung sezen wird.

Der Auswanderungskommissär wird auch Personen, welche auswandern wollen, unentgeltlich mit den nöthigen Auskünften, Räthen und Empfehlungen versehen.

Art. 19. Alle bisherigen kantonaleti Gesezesbestimmungen und Verordnungen, welche dem gegenwärtigen Geseze widersprechen, sind mit dem Inkrafttreten desselben aufgehoben.

Insbesondere darf kein Kanton mehr von einem Auswanderungsagenten, Unteragenten oder Auswanderer eine Kaution oder irgend eine Gebühr, außer den gewöhnlichen mit der Niederlassung verbundenen Steuern und Abgaben, erheben.

Art. 20. Der Bundesrath wird beauftragt, auf Grundlage des Bundesgesezes vom 17. Brachmonat 1874, betreffend die Volksabstimmung über Bundesgeseze und Bundesbeschlüsso, die Bekanntmachung dieses Gesezes zu veranstalten und den Beginn der Wirksamkeit desselben festzusezen.

948

Auszug aus

den Gesezen der Kantone und fremden Staaten betreffend

das Auswanderungswesen.

(Beilage zur Botschaft des Bundesrathes betreffend den Entwurf zu einem Geseze über den Geschäftsbetrieb von Auswanderungsagenturen.)

Von den Schweizerkantonen hat bisher nur in den folgenden gesezliche Regelung und Kontrole des Auswanderungswesens, speziell der Auswanderungsagenturen stattgefunden.

1. Im Kanton Bern bestand eine Reihe von gesezlichen Bestimmungen, nätnlich : 1) Dekret über das Auswanderungswesen, vom 30. Wintermonat 1852.

2) Dekret betreffend die Auswanderungsagenten, vom 7. Christmonat 1852.

3) Kreisschreiben über einseitige Burgerrechtsverzichtleistungen, vom 9. April 1824.

4) Art. 10 der Verordnung vom 23. März 1838, betreffend Ausstellung von Reisepässen.

5) Kreisschreiben über die Ausstellung von Auswanderungspässen, vom 6. Mai 1846 (in desuetudinem gerathen oder vielmehr niemals streng beobachtet).

6) Verordnung vom 30. Herbstmonat 1853, betreffend die Förmlichkeiten, die bei bleibendem Verlassen des Kantons zu beobachten sind.

949 7) Kreisschreiben vom 20. Herbstmonat 185-1, betreffend die Unterstützung von Auswanderern.

S) Vorordnung betreffend Verbot des Verkaufs und der Verbreitung von amerikanischen Inlandfahrbillets, vom 9. Brachmonat 1858.

9) Verordnung über Verabfolgung der Ausweisschriften an außer Landes ziehende Steuerpflichtige, vom 25. April 1864.

Die Auswanderungsagentur ist an ein Patent geknüpft, wofür Fr. 5000 zu 3 °,o verzinslich zu deponiren sind (nebst der Patentgebühr von 25 Fr.), und steht unter bestimmter Kontrole. Der Inhalt, den die Verträge haben müssen, ist angegeben (Gesez vom 7. Dezember 1852).

Ein besonderer Werth wird in Bern auf die Ertheilung von Reisepässen an Auswanderer gelegt, eine Anschauung, die wir nicht theilen konnten und die namentlich auch von den Auswanderungsagen turen lebhaft bestritten wird.

2. Der Kanton Luzern besizt eine Regierungsverordnung vom 7. Dezember 1866 wonach eine Realkaution von 8000 Fr. oder annehmbare Personalkaution von Auswanderungsagenten verlangt wird, (Patentgebühr Fr. 25) und in welcher einige Vorschriften über den Inhalt der Verträge angegeben sind.

3. Der Kanton Schwyz hat eine Verordnung vom 27. November 1854.

Real- oder Personalkaution von Fr. 4000 und eine Patentgebühr von Fr. 10.

4. In Obwalden besteht kein Gesez, sondern nur ein Regierungsbeschluß, demzufolge die Namen der Auswanderer behufs Kontrole im Amtsblatt veröffentlicht werden sollen.

5. In Nidwaiden besteht eine Verordnung vom 15. Februar 1866, wonach jeder Kantonsbürger der überseeisch auswandern will, dazu die Erlaulmiß der heimatlichen Armenbehörde bedarf, die den Ort der Einwanderung, familiäre Verhältnisse, die geistige und körperliche Arbeitsfähigkeit, die Vermögensverhältnisse, den Reisevertrag zu untersuchen hat, mit Apellation au den Großen Rath. Eine bestimmte Baarschaft Einzelne 50 bis 60 Fr. über alle Reisekosten) wird verlangt. Solche, die ohne Bewilligung oder Paß auswandern, verfallen bei der Rükkehr strafrechtlicher Behandlung.

. Das Kantonsbürgerrecht bleibt ausdrüklich den Auswanderern.

Dieselben erhalten Beistände für ihre heimatlichen Verhältnisse; gegen die Geseze des Kantons abgeschlossene Ehen in Amerika Bundesblatt 31. Jahrg. Bd. III.

68

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werden nicht anerkannt, was nun durch die Bundesverfassung: wegfällt. Die Auswanderungsagenturen bedürfen ein Patent, aber leisten keine Kaution.

6. In Zug bedarf es einer Auskimdung zur Auswanderung: und die Agenturen sind konzessionirt gegen Realkaution von 2 -- 3000 Fr. und 25 Fr. jährliche Patentgebühr. Der Inhalt der Verträge ist nicht bestimmt, dagegen sind sie auf Verlangen den Behörden vorzuweisen. (Verordnung vom 19. Februar 1855.)

7. Glarus hat eine Verordnung im II. Theil seines Landbuches, pag. 142 (10. November 1857), mit Realkaution von 6000 Fr.

und Kanzleigebühr von 20 Fr. Der Inhalt der Verträge ist kurz bestimmt. Einen besonderen Werth legt auch Glarus, wie Bern, darauf, daß Reisepässe ertheilt werden, und schärft deshalb mittelst eines Kreisschreibens vom 17./21. Oktober 1873 den konzessionirten Auswanderungsfirmen noch besonders ein, daß sie keine direkten Verträge mit Glarner Angehörigen abschließen dürfen, sondern bloß durch Vermittlung der in Glarus angesessenen Unteragenten.

8. Freiburg hat ein Gesez vom 25. November 1862. Konzession mit Realkaution von Fr. 5--10,000 und Kanzleigebühr von Fr. 30--60 alle drei Jahre zu erneuern. Die Agenten müssen Schweizer sein und im Kanton wohnen. Die Gemeinden bedürfen zu Auswanderungsverträgen oder Beiträgen die Erlaubniß des Staatsrathes.

9. Solothurn. Die Gesezsammlung II, 147 enthält ein Auswanderungsgesez vom 10. März 1855, das namentlich die Gemeindeunterstüzung regelt. Die Verträge bedürfen der Genehmigung des Oberamtes; es sind hiefür einige Normen angegeben. Die Auswanderungsagenten leisten Kaution von Fr. 5000 zu 3 °/o verzinsbar und verzeigen Domizil im Kanton.

10. Baselstadt ist der Sitz von 7 Agenturen, welche in manchen anderen Kantonen ebenfalls konzessionirt sind und ihre Unteragenten haben. Eines dieser Häuser allein, Ph. Rommel & Comp., hinterlegt in 9 Kantonen zusammen Fr. 120,000 Kaution. Die Vorschriften betreffend das Auswanderungswesen enthält ein Gesez vom 2. Oktober 1854 über Agenturbetrieb, mit Kaution von Fr. 8000, eine Verordnung vom 27. Januar 1855 über Kontrole hierüber und ein ergänzender Rathsbeschluß vom 30. September 1865, wonach die Vorschrift, daß nur Personen mit Reiseschriften spedirt werden dürfen, auf Reklamation der Agenten fallen gelassen ist. Die Basler Regierung befindet sich seither in -Widerspruch mit mehreren anderen Kantonen, die sich bei ihr über Spedition von Auswanderern ohne

951 Reiseschriften beklagen. Basel führt für seine Ansicht namentlich an, daß die Nachbarstaaten solche Vorschriften nicht haben, der französische Konsul in Basel z. B. bloße Auswanderungsverträge visire und auch im Elsaß nur Vorschriften bestehen, die die Umgehung der Militärpflicht verhindern. Es sei daher diese Bestimmung nach mehrfacher reiflicher Berathung fallen gelassen worden.

Alle Vertragsabschlüsse müssen dagegen der Polizeidirektion angezeigt werden. Das Strafgesez enthält in Art. 160 die Bestimmungen über Strafbarkeit der Agenten.

11. Schaffhausen hat eine Verordnung vom 23. August 1854 über die Auswanderungsagenturen, nebst Nachtrag vom 27. Mai 1857, betreffend die Notwendigkeit von Ausweisschriften. Die Kaution beträgt Fr. 5000; die Agenturen müssen hier zum Voraus bei der Bewerbung um die Konzession Entwürfe zu ihren Verträgen eingeben.

12. St. Gallen hat ein Gesez über Auswanderungsagenturen, vom 11. Juli 1869, nebst Vollziehungsverordnung vom 16. B^ebruar 1870. Das Gesez beschlägt übrigens nicht allein das Auswanderungswesen, sondern Versicherungsverträge sind damit in Verbindung gebracht. Die Kaution beträgt nach Bericht des Regierungsrathes (nicht im Gesez) Fr. 10,000 für jede Hauptagentur. Im Uebrigen enthält das Gesez die gewöhnlichen Bedingungen.

13. Graubünden hat nur eine kurze, provisorische Großrathsverordnung über den Betrieb von Auswanderungsagenturen, vom 5. Juli 1854, wonach eine regierungsräthliche Bewilligung gegen Kaution von Fr. 8000 erforderlich ist. Reiseschriften werden nur ertheilt gegen Vorweis der Verträge.

Eine neuere Vorschrift, die der Regierungsrath in seinem Bericht, der bei den Akten liegt, nicht anführt, besteht noch, wonach Personen, die nach Amerika auswandern wollen, dies amtlich bekannt machen müssen.

14. Aargau besizt vier Konzessionen, die Fr. 5000 Real- oder Fr. 10,000 Personalkaution leisten, ohne ein Gesez. Ein solches befand sich in Vorbereitung, wurde aber in Folge des Art. 34 der Bundesverfassung sistirt. Die Konzessionen beruhen hier auf einem Vertrag mit den Agenturen, dessen Formular dem Bericht der Regierung beiliegt. Ein Großrathsbeschluß vom 16. September 1851 lautet dahin, daß ärmeren Auswanderern zur Reise ins Innere von Amerika ein Staatsbeitrag von Fr. 20--30 per Kopf verabreicht werden kann, den der schweizerische Konsul in New-York auszahlt.

952 15. Tessin besizt ein Gesez vom 13. Juni 1855 über die Auswanderung nach Amerika und Australien. Dasselbe verbietet streng jede Gemeindeunterstüzung zur Auswanderung, und jeden Vertrag, durch den der Auswanderer sich zu persönlicher Dienstleistung für den Preis des Transportes verpflichtet. Es sezt ferner ein Alter von '18 Jahren für einen selbstständigen Auswanderer fest.

Alle Auswanderungsverträge müssen dem Staatsrath vorgewiesen ö O O werden. Die Kaution für die Agenturen ist hier die höchste, 20,000 Franken, ebenso verhältnißmäßig hoch sind die Bußen für Gesezesumgehungen (_Fr. 500--1000). Alle Verträge mit nicht kouzessionirteu Agenten sind überdies null und nichtig erklärt.

16. Wallis hat ein Dekret des Staatsrathes vom 20. Dezember 1856, wonach von jeder Agentur Fr. 10,000 Kaution verlangt werden. Personen, die nicht die nöthige Intelligenz und die nöthigeu Mittel besizen, die sie vor drohendem Elend schüzen, ist die Auswanderung absolut verboten.

Wer ohne Vertrag mit einer Agentur direkt auswandert, muß Fr. 800 Mittel nachweisen, eine Familie Fr. 1200. Ein neues Auswanderungsgesez hat bereils am 20. November 1874 die erste Lesung passirt, ist dann aber im Hinblick auf das eidgenössische sistirt worden. Alle Verträge würden demnach auf der Direktion des Innern vorzuweisen gewesen sein. Es scheinen bisher übrigens diese schroffen Bestimmungen der VValliser Gesezgebung umgangen worden zu sein,/ indem der Bericht der Regierung sagt, daß keine ö O O 7 konzessionirten Agenturen im Kanton bestehen, wohl aber Unteragenten, die nur schwer zu kontroliren seien, was zwar nicht recht einzusehen ist, da dieselben bekannt und in die ,,rôles des taxes industrielles" eingeschrieben sind.

17. In Genf endlich bestehen keine besondern Geseze über das Auswanderungswesen. Agenturen finden sich zwar daselbst, sind aber wie alle andern industriellen Geschäfte angesehen und unterliegen keinen besonderen Bestimmungen. Die Auswanderung aus Genf ist auch sehr unbedeutend.

Alle vorstehend nicht genannten Kantone, nämlich also : Z ü r i c h , U r i , B a s e l l a n d , beide A p p e n z e 11, T h u r g a u , W a a d t und N e u e n b u r g besizen durchaus keinerlei Gesezgebung über das Auswanderungswesen.

953 Im Allgemeinen darf gesagt werden, daß die vorhandene Gesezgebung den Bedürfnissen und zum Theil auch den jezigen veränderten Verhältnissen nicht mehr entspricht. Kein einziges der vorhandenen Geseze würde als Muster für eine eidgenössische Gesezgebung füglich dienen können.

Manche legen das Hauptgewicht noch auf die Eintheilung von Reiseschriften, die nach den heutigen Verhältnissen nothwendig durch eine andere Kontrole ersezt werden müssen. Die meisten der Kantone, die ein Auswanderungsgesez besizen, würden ohne das Dazwischentreten des Art. 34 der Bundesverfassung genöthigt gewesen sein, durch eine Veränderung ihrer kantonalen Gesezgebung, sowie durch Konkordatsabschluß mit andern Kantonen den Forderungen der Zeit gerecht zu werden und den Mißbräuchen abzuhelfen, die durch Agenten anderer Kantone sich beständig einschleichen.

Im Großen und Ganzen geht übrigens aus einer Prüfung aller Berichte hervor, daß das Auswanderungswesen an Dimension gegenüber einer früheren Periode an Bedeutung verloren hat, und daß auch die gröbsten Mißbräuche bereits durch die Konkurrenz einiger solider und leistungsfähiger Häuser sich wesentlich vermindert haben.

Der Eindruk wiegt vor, daß es möglich sein sollte, durch ein passendes Gesez, das namentlich das E r r e i c h b a r e ins Auge faßt, die Auswanderung jedenfalls noch sicherer und besser zu organisiren, als dies bisher der Fall gewesen ist.

Als b e s o n d e r e M i ß s t ä n d e in dem gegenwärtigen schweizerischen Auswauderuugsagenturvvesen ergeben sich aus diesen Berichten folgende: 1. Die Existenz vieler g e h e i m e r A g e n t e n , besonders in den Kantonen, wo, wie in Bern und Tessin, die öffentliche Agentur starker Koni rôle unterliegt oder bedeutende Realkautionen hinterlegen muß. So müssen im Kanton Tessin Fr. 20,000 deponirt werden, deren Zins der Staat sequestirt, und überdies besteht noch eine Patenttaxe von Fr. 50-500, so daß bei bedeutender Auswanderung nach einem Bericht vom Juni 1874 dort dennoch blos zwei öffentlich konzessionirte Agenten bestehen, dagegen viele geheime, die ihre Klienten dann mittelst ,,Aiiweisuugskarten" an die Agenturen nach Basel etc. dirigiren. In ähnlicher Weise bestehen in Bern sogenannte ,, Auskunftgeber ^ , um den Patentgebühren auszuweichen.

2. In den Kantonen Aargau, Bern und Solothurn soll sogar in Fällen, wo Gemeinden die Auswanderungskosten bezahlen, eine

954 förmliche Ab S t e i g e r u n g Usus geworden sein, ohne Bestimmung einer bestimmten Route, wonach dann der Mindestbietende, dem der Auswanderer zugeschlagen wird, die billigsten Wege wählt, nicht zum Vortheil der auf diese Weise Versteigerten. Das muß natürlich ganz verboten werden.

3. Vor der Einschiffung, namentlich aber unmittelbar vor der Abfahrt, findet keine gehörige schüzende I n s p e k t i o n der Schiffe und der Verpflegung statt. Schon die Schiffe sind mitunter schlecht, die Pläze werden verringert oder sogar erst neue hinzugezimmert (solche Beispiele werden angeführt) und die Verpflegung ist überall sehr mittelmäßig, so daß die Mitnahme vou Lebensmitteln noch immer empfohlen werden muß. Viele dieser Uebelstände machen sich erst kurz vor der Abfahrt geltend, so daß eine Inspektion unmittelbar bei derselben zur Entgegennahme von Klagen nothwendig ist, ansonst dieselben ungehört verhallen, da keine Zeit mehr für die Auswanderer bleibt, sich auf irgend ein Bureau zu begeben.

4. V e r b r e c h e r werden öfters von Auswanderungsagenten in der Flucht begünstigt, die sogar mitunter die nöthigen Papiere herbeizuschaffen wissen.

5. An manchen Orten wird der arme Auswanderer unnöthig mit E r l a u b n i ß s c h e i n e n und R e i s e p ä s s e n beschwert und in Kosten versezt. Dieselben haben keinen Zwek und müssen durch eine Kontrole unentgeldlicher Art ersezt werden. Doch halten einzelne Regierungen in ihren Berichten noch ganz besonders auf solche Reisepässe.

6. Die Verschiedenartigkeit der K a u t i o n s b e s t i m m u n g e n , in Folge welcher die Kantone ausgewichen wurden, die solche haben, oder Agenten sich sogar blos in der Nähe der schweizerischen Grenzstädte niederließen und dann durch Winkelagenten in der Schweiz arbeiteten.

7. Grobe Mißbräuche, wie W e r b u n g von Auswanderern unter verlokenden Anpreisungen, kommen selten mehr vor; der erste Fall betraf das Haus Otto Stoer in Basel, das in Verbindung mit einem Rheder in Antwerpen Auswanderer in die ungesunde Kolonie Moniz anlokte. Die Basler Regierung schritt jedoch auf Aufforderung des Bundesrathes dagegen ein.

8. Als ein weiterer Mißbrauch dürfte zu bezeichnen sein, daß nach Berichten der Regierung von Baselstadt der französische Konsul in Basel bloße A u s w a n d e r u n g s v e r t r ä g e zum Behufe des

955 Durchpasses durch Frankreich unbedingt visirt und damit einen Theil der nothwendigen Kontrole illusorisch machen kann.

9. Einer besonderen Klage begegnen wir aus Wallis, daß dort einerseits nur unkontrolirte Unteragenten von auswärtigen Agenturen bestehen, und daß nach häufigen Berichten von zurükkehrenden Walliser Auswanderern ,,il y aurait lieu de croire que les officiers consulaires s'entendent avec les agences dans un but de spéculation et qu'ainsi, au lieu de voir sauvegarder les intérêts des émigrants, ils sont souvent compromis par suite des abus qui se pratiquent.11 Wenn dies richtig ist, so würde darin wenig Beruhigung auch für ein künftiges Gesez liegen.

Die Zahl der A u s w a n d e r u n g s a g e n t u r e n in der Schweiz belief sich 1874 auf: In Z ü r i c h 12 ohne Konzession; fl B e r n 8 konzessionirt ; ,, L u z e r n 3 konzessionirt; ,, Uri keine, nach Angabe des Regierungsrathes; ,, Schwyz 4 Unteragenten von zwei Basler Häusern ; ·^ O b w a l d e n l Unteragent für ein Basler Haus; ,, N i d w a i d e n 2 konzessionirte Basler Häuser; T) Zug 2 konzessionirte Basler Häuser; ,, G l a r u s 5 konzessionirte auswärtige Häuser; ^ F r ei b ü r g seit 1872 keine mehr; T) Solo th u r n 2 konzessionirte Basler Häuser; ,, B a s e l s t a d t 7 konzessionirte; ,, B a s e l l a n d keine; ,, S c h a f f h a u s e n 7 konzessionirte auswärtige Häuser; ^ B e i d e A p p e n z e l l keine. Die Auswanderer wenden sich an Agenten in St. Gallen; ,, St. G a l l e n 11 Konzessionen; ,, G r a u b ü n d e n 5 Konzessionen; ,, Aar gau 4 Konzessionen ; ,, T h u r g a u keine; ,, Tessin 2 Hauptkonzessionen mit 7 Unleragenten; ,, W a a d t keine; ,, W a l l i s keine konzessionirten Agenten, aber einige unkontrolirte Unteragenten von schweizerischen Agenturen; ,, N e u e n b u r g keine; ,, Genf 5 Agenturen ohne besondere Konzessionen, als gewöhnliche industrielle Geschäfte betrachtet.

956 Es erübrigt uns nun noch, die G e s e z g e b u n g e i n i g e r a n d e r e r S t a a t e n über diesen Gegenstand ins Auge zu fassen, um so mehr, als dieselben von den Auswanderungsagenten mitunter zitir wird und sie Staaten betrifft, iu denen die Auswanderungshäfen grösstentheils liegen. Es sind dies namentlich, Frankreich, Belgien.

England, Italien und Amerika.

I. In Frankreich bestehen folgende Geseze über das Auswanderungswesen : 1. Loi sur l'émigration, vom 18. Juli 1860.

Danach ist die Auswanderungsagentur an eine Autorisation Seitens des Ministeriums des Akerbaus und Handels gebunden. Im Uebrigen enthält dieses Gesez die allgemeinen Bestimmungen über den Dienst der Schiffe, die zu Auswanderungszweken dienen, und über die Rechte der Auswanderer gegen die Rheder und Agenten. Kein Schiff darf den Hafen verlassen, bevor es durch einen Polizeikommissär und Arzt untersucht worden ist vergl. auch Art. 225 Code de commerce). Die Auswanderer haben das Recht, einen Tag vor der Abfahrt auf das Schiff zu kommen und 48 Stunden nach Ankunft am Bestimmungsort noch auf demselben zu verweilen (Art. 3 und 4).

Wichtig für die Auswanderer sind besonders die Bestimmungen der Art. 7--9, wonach die Unternehmer gehalten sind, die Auswanderer bei jeder Verspätung der Abfahrt oder Ankunft oder selbst bei Schiff bruch oder anderen Unglüksfällen an den Bestimmungsort zu befördern und inzwischen auf ihre Kosten zu beherbergen und zu erhalten, wogegen diese ihrerseits unter solchen Umständen in der Regel nicht Aufhebung des Kontrakts verlangen können. Dies ist vielmehr nur der Fall, wenn die Abfahrt sich über 10 Tage ohne andere Fürsorge der Unternehmung durch ein anderes Schiff verzögert.

Die Entschädigungsfragen werden auf a d m i n i s t r a t i v e m Wege durch das Handels und Finanzministerium direkt regulirt mit Rekurs an den Staatsrath, also ohne Notwendigkeit, an die gewöhnlichen Gerichte zu gelangen. Das Faktische der Streitfälle kann durch procès-verbal der Emigrafionskommissäre, Polizeigerichtsbeamten und Konsuln konstatirt werden. Ein solcher procèsverbal ist beweiskräftig, vorbehalten Gegenbeweis.

2. Dieses Gesez ergänzen : a. ein D e k r e t vom 9. Mai 1861 über die A u s w a n d e r u n g s a g e n t u r e n . Dieselben haben eine Realkaution vom

957 Fr. 15--40,000 bei dem Handelsministerium zu leisten und sind für alle ihre Agenten haftbar. Die Verträge müssen von den Emigrationskommissären an den Abfahrtshäfen visirt werden. Jedes Schiff, das mindesten 40 Auswanderer an Bord hat, wird als Auswanderuugsschiff betrachtet; auch bei geringerer Zahl kann der einzelne Auswanderer den gewöhnlichen polizeilichen Schuz bezüglich der Vertragsbedingungen anrufen. Als Auswanderer wird jeder Passagier betrachtet, der nicht an der Offizierstafel ißt und weniger als Fr, 40 wöchentlich auf einem Segelschiff und Fr. 80 bei einem Dampfschiff Passage bezahlt. Bei 100 Auswanderern muß eine Medizinalperson mitgenommen werden.

b. Ein D e k r e t vom 15. M ä r z 1861 bestimmt die Aufstellung von Emigrationskommissären, die die Auswanderung überwachen und unentgeltlich Rath und Schuz gewähren. Die Auswanderer, die Frankreich passiren, müssen alle eine bestimmte Summe Geldes und einen regelmäßigen Kontrakt an der Grenze vorweisen (für unsere Verhältnisse Fr. 200 für Erwachsene und Fr. 80 für Kinder von 6--15 Jahren); das Gepäk wird piombili und ist so zollfrei. Art. 5 und 6, 11 und 12 besonders bestimmen den Baum, den die Auswanderer auf dem Schiff für ihre Personen und Gepäkstüke beanspruchen dürfen und die Einrichtung der Schiffe (Höhe des Zwischendeks) überhaupt. In Art. 7 sind eine Anzahl von Waaren für den Transport durch Auswandererschiffe ausgeschlossen.

Art. 8 bestimmt genau die Anzahl von Tagen, für die je nach den verschiedenen Hauptlinien und Schiffen Lebensmittelvorräthe mitgenommen werden müssen und wie dieselben zu berechnen sind (die Berechnung ist stark, nach New-York z. B. Segelschiff 55, Dampfschiff 33 Tage).

Vor Abgang des Schiffes wird die genaue Einhaltung dieser Vorschriften von dem Emigrationskommissär untersucht, ebenso die Tauglichkeit des Schiffes selber nach einem älteren Gesez vom 13. August 1791.

Einzelne Ausführungsdekrete, die wir hier füglich übergehen können,' reguliren dann noch die einzelnen Funktionen und AttriO butionen der Polizei- und Emigrationskommissäre und die Art der Ausübung ihrer Funktionen. Es liegen bei den Akten auch eine Anzahl ausführender Cirkulare an die Präfekten und die Formulare zu den in den Gesezen vorgeschriebenen Bescheinigungen über Seetauglichkeit, gehörige Ausrüstung der Schiffe etc. Im Ganzen
machen diese französischen Geseze und Dekrete den Eindruk einer sorgfältigen Behandlung der Angelegenheit durch die dortigen Behörden. Die für die Kenntniß der Auswanderer wesentlichsten Ar-

358 tikel des Gesezes und die beiden genannten Dekrete vom 9. und 15. März 1861 sind noch auf großen Anschlagzeddeln in französischer, deutscher und italienscher Sprache reproduzirt. Beigefügt ist denselben ein Dekret des Bürgermeisteramts von Havre über die Verpflegung und Beköstigung der Auswanderer in dortigen Gasthäusern, vom 24. Mai 1862.

II. In Deutschland bestehen Bestimmungen über das Auswanderungswesen (Konzessionirung und Kontrole) für das Reich, dazu ferner besondere Verordnungen in Preußen, Sachsen, Meklenburg-Schwerin, Altenburg und den Hansestädten.

1. Die R e i c h s v e r f a s s u n g unterstellt das Auswanderungswesen im Art. 4 ebenso der Aufsicht des Reiches, wie dies bei uns der Fall ist.

Ausführungsgeseze vermöge dieser Kompetenz sind wesentlich das Reichsmilitärgesez vom 2. Mai 1874, das Gesez über Verlust der Bundesangehörigkeit vom 1. Juni 1870 und das deutsche Strafgesez vom 31. Mai 1870. Danach können vom 17. Jahre an Wehrpflichtige oder im Dienst Stehende nicht ohne Entlassung aus dem Staatsverbande auswandern. Indessen ist immerhin nach einem Staatsvertrag mit Nordamerika vom 22. Februar 1868, der bis 1878 dauert, Bestrafung von dorthin ohne Erlaubniß Auswandernden ausgeschlossen, falls sie sich dort naturalisiren und 5 Jahre aufgehalten haben.

Andere Hindernisse der Auswanderung, die noch etwa in Partikulargesezen vorkommen, sind durch die Reichsgeseze aufgehoben. Auch die Pässe sind durch das Gesez über Paßwesen vom 12. Oktober 1867 sämmtlich aufgehoben.

Dagegen ist die Gesezgebung über die Auswanderuogsagenturen nach der deutsehen Gewerbeordnung vom 21. Juni 1869 (Art. 6) den Einzelstaaten vorbehalten und von denselben ausgeübt. Bios die betrügerische Verleitung zur Auswanderung ist durch Art. 144 des Reichsstrafgesezes mit einer allgemein gültigen Strafe belegt.

(Verleitung durch Vorspiegelung von falschen Thatsachen und wissentlich unbegründeten Angaben l Monat bis 2 Jahre Gefängniß.)

Das Reich hat seit 1869 dagegen die Aufsicht über das Auswanderungswesen einem e i g e n e n K o m m i s s ä r übertragen, der unter dem Reichskanzleramte steht und namentlich auch berufen ist, die Auswanderungsschiffe in den deutschen Häfen häufig

959 in Bezug auf Raum, Nahrung, Gesundheitspflege zu inspiziren und darüber an obige Stelle zu berichten. Ein solcher Bericht vom 14. Dezember 1874 liegt bei den Akten und zeigt die sehr große Nüzlichkeit dieser Stelle. Der Reichskommissär untersuchte seit 1869 514 Segelschiffe und 348 Dampfer und nahm sich dabei auch der außerdeutschen Auswanderer auf denselben an. Er fand besonderen Anlaß, namentlich für Ventilation, Trennung der kranken Passagiere von den gesunden, Absonderung der Frauen, Verbot von Dienstverträgen nach Brasilien und energische Maßregeln gegen den Verkauf von unsittlichen Schriften als Reiselektüre zu sorgen, welches leztere Geschäft namentlich in Hamburg florirte.

Die Bestimmungen, wonach in Hamburg blos Schiffe mit 25 und in Bremen mit 12 Auswanderern als Auswanderungsschiffe betrachtet werden, wurden aufgehoben und die Stunden Nachmittags genau bestimmt, in denen die Einschiffung vollendet sein muß. Vor der Benuzung englischer Zwischenhäfen wird besonders gewarnt. Der ganze Bericht macht den Eindruk einer thätigen, wohlwollenden und umsichtigen Kontrole und es dürfte eine besondere A n k n ü p f u n g mit diesem Kommissär zumSchuz der s c h w e i z e r i s c h e n A n g e h ö r i g e n sehr wesentlich zu deren guter Beförderung beitragen und das Beste sein, was in dieser Richtung für dieselben geschehen kann.

2. Von den deutschen Einzelstaaten besizt besonders Preussen ein Reglement vom 6. September 1853 über Auswanderungsagenturen, nebst einigen Ausführungscircularen vom gleichen Datum, sowie vom 7. September 1858 und 8. Juni 1861, die alle bei den Akten sind, und die zum Theil zu benuzen sein werden.

Einzelne Ministerialerlasse verbieten dann noch besonders den Verkauf von Inlandfahrbillets, verlangen die Haftbarkeit des Agenten für den Schiffer, die administrative Behandlung der Klagen der Auswanderer gegen die Unternehmer und die unbedingte Haftbarkeit der Kautionen für jeden Schaden. Endlich existirt in Preußen ein Dekret des Ministeriums des Innern vom 15. August 1873, wodurch alle Auswanderungsagenten, die nicht deutsche Reichsbürger sind, aus dem Lande zu weisen sind.

In Sachsen besteht eine Verordnung über die gewerbsmäßige Beförderung von Auswanderern, vom 3. Juli 1853, wonach eine Kautionsstellung und genaue Beobachtung von Bedingungen bei Ausstellung der
Verträge vorgeschrieben sind. Die Konzessionen ertheilen jezt dort die Ortsbehörden, nicht mehr die Regierung.

Mecklenburg-Schwerin hat eine ausführliche Verordnung vom 4. Februar 1864, nebst einigen Ausführungsreskripten zu einer

960 früheren Verordnung, die durch obige ersezt ist. Die Auswanderungsagentur ist konzessionirt unter den gewöhnlichen Bedingungen.

Oldenburg hat ein Gesez vom 3. August 1853 und 12. September 1854. Diese Geseze sind sehr ausführlich, beziehen sich aber meist weniger auf Auswanderungsagenturen in unserem Sinne, als auf Schiffsexpedienten, also gerade diejenigen, mit denen die Agenturen in Verkehr sind und denen sie die Auswanderer zubringen.

Von 'den Hansestädten besizt L ü b e c k kein Gescz über Auswanderungswesen.

In H a m b u r g besteht eine Verordnung vom 25. April 1855; die eine eigene Deputation, Ausschuß des Senats der Kaufmannschaft, und ein Nachvveisungsbüreau für das Auswanderungswesen kreirt, zwei Verordnungen über die Verschiffung von Auswanderern, vom 30. April 1855, nebst Nachtrag vom 20. April 1868, auch die Verschiffung über Zwischenhäfen betreffend, ein Mandat, das den Verkauf von Inlandfahrbillets verbietet, vom 4. Februar 1856.

Die Deputation hat im März 1869 einen besonderen Erlaß über Schiffsbesichtigung etc. mit Formularen herausgegeben und der Senat einige Verordnungen vom 27. Mai 1870, 30. September 1872, 21. März 1873 und 28. Januar 1874 über Fürsorge, Beköstigung etc.

für die Auswanderer während der Reise.

Diese Verordnungen Mandat der Polizei, vom von Auswanderern nebst leisten eine Kaution von

liegen alle bei den Akten, dazu auch ein 1. Oktober 1870, über die Beherbergung Preisen etc. Die Hamburger Expedienten 18,000 Mark.

In B r e m e n gilt eine ausführliche Verordnung über die Beförderung von Auswanderern, vom 9. Juli 1866, nebst einigen Ergänzungsdekreten. Es existirt auch dort eine eigene Senatskommission, die das Auswanderuugswesen überwacht, und ein Nachvveisungsbüreau für Auswanderer.

Die Aktensammlung über die Geseze dieser beiden Städte ist sehr vollständig. Dieselben beziehen sich aber der Natur der Sache nach, wie die oldenburgischen, mehr auf die direkte Verschiffung der Auswanderer als auf Auswanderungsverträge in unserem öinuo.

In England existiren über Auswanderungsverhältnisse wesentlich zwei Geseze, welche nunmehr Einen Akt ausmachen, thè ,,Passengers Act 14 Aug. 1855"- (18 and 19 Victoria, Cap. 119) und thè ,,Passengers Act amendment Act 13 Juli 1863a (26 and 27 Victoria, Cap. 51) in der Registratur der Parlamentsakten, nebst

961 einigen anderen Anhangsverordnungen, namentlich über die Ausrüstung der Schiffe ins Einzelne hinein, sowie einem weiteren, wenig bedeutenden Zusazartikel, ,,Amendment Act von 1870, 9. Aug." (Victoria 33 and 34, Cap. 95).

Die wesentlichsten Bestimmungen für uns sind eben diese SpezialVerordnungen über die Einrichtung der Schiffe. Dieselben dürfen nicht mehr als zwei Deke haben, mit Ausnahme allfällig eines noch besonderen Dekhauses für Kajütenpassagiere oder Spitalzweke. Die Höhe des Zwiscbendeks muß 6 Fuß betragen, die Länge der Schlafstätten ebenfalls 6 Fuß und die Weite 18 Zoll.

Trennung der Geschlechter, abgesehen von Verheiratheten und Kindern, ist vorgesehen. Für jede erwachsene Person muß im Allgemeinen und in der Regel ein Oberflächenraum von 15 QFuß Dekfläche nachgewiesen werden. Es muß ein eigener Hospitalraum vorhanden sein, ebenso besondere waterclosets für Frauen und Kinder, und bei längeren Seereisen oder einer größeren Anzahl Passagiere muß ein Arzt mitgenommen werden. Nach Ankunft des Schiffes am Bestimmungsort dürfen die Lagerstätten nicht vor 48 Stunden beseitigt werden, sofern nicht die Passagiere früher freiwillig das Schiff verlassen.

Für Licht, Luft und Ventilation muß gesorgt sein, bei mehr als 100 Passagieren durch einen eigenen Ventilationsapparat.

Die Zahl der Boote, hinreichende Bemannung und die Anzahl besonderer Gerätschaften, die mitgenommen werden müssen, wie Kompasse, Chronometer, Signalapparate etc. sind vorgeschrieben.

Die Vorräthe für die Seereise sind ganz genau vorgeschrieben, so z. B. 3 englische Quart Wasser täglich für jeden Erwachsenen, abgesehen von dem nöthigen Kochwasser, Brod täglich 3 Pfund 8 Unzen, Fleisch 1 Pfund 4 Unzen. Die Passagiere werden in Tischgesellschaften (messes) von höchstens 10 getheilt und die Stunde ist bestimmt, in der sie spätestens täglich die Lebensmittel erhalten sollen.

Bestimmte gefährliche Substanzen, wie Pulver, Vitriol, Zündhölzer, Guano, ebenso Vieh und Pferde, sind auf Passagierschiffen verboten.

Jedes Passagierschiff muß vor der Abfahrt mit Bezug auf seine Seetüchtigkeit und Einrichtung untersucht werden. In einzelnen Haupthäfen, besonders London und Liverpool, bestehen /.u diesem Zweke eigene ,,Emigrant-comrnissioners11 ; andernorts gehört diese Funktion zugleich in das Ressort der Zollbeamten. Neben dieser allgemeinen Untersuchung findet noch eine besondere ärztliche statt.

962

Jeder Kranke, durch dessen Krankheit Gefahr für andere Passagiere droht, wird ausgeschifft und erhält, bis er wieder weiter befördert werden kann, vom Rheder ein Subsisten/.geld von l Va Schilling täglich.

Wenn der Passagierkontrakt mit dem bestimmten Schiffe nicht eingehalten werden kann, so hat der Passagier Anspruch entweder auf Verschiffung mit einem anderen Schiffe innert zehn Tagen und inzwischen auf Subsistenzgeld oder auf Auflösung des Kontrakts nebst einer Entschädigung nach friedensrichterlichem Spruch bis auf höchstens 10 Pfuud Sterling. Für jeden Tag Verspätung der Abfahrt erhält jeder erwachsene Passagier l lk Schilling Entschädigung für die ersten 10 Tage und 3 Schilling für jeden weiteren Tag, wenn die Verzögerung nicht ganz unverschuldet ist.

Bios die ersten 2 Tage erhält er kein Subsistenzgeld, sofern er in reisemäßiger Weise auf dem Schiff verpflegt wird.

Der Passagier hat noch 48 Stunden nach Ankunft am Bestimmungsort Anspruch auf Wohnung und volle Verpflegung im Schiffe.

Geistige Getränke dürfen während der Reise nicht an Passagiere verkauft werden.

Die wesentlichsten Theile dieser Gesezesvorschriften müssen auf den Schiffen an zwei passenden Stellen angeschlagen sein.

Jeder Inhaber eines Passagierschiffes muß eine Sicherheit von 2000 Pfund Sterling nach einer vorgeschriebenen Form leisten, bevor das Schiff den Hafen verlassen kann; solche, die außerhalb des vereinigten Königreiches wohnen, bis auf 5000 Pfund. Diese Sicherheit dient zur Dekung aller seiner Verpflichtungen gegen die Passagiere, sowie für die zahlreichen starken Bußen, mit denen das Gesez gespikt ist.

Der Schluß des Gesezes enthält noch Vorschriften über Auswanderungsagenturen (,,Passage brokers11).

Als solche werden hier nur Personen betrachtet, welche Passagiere nach außerhalb Europas und außerhalb der Küsten des Mittelmeeres gelegenen Ländern befördern. Dieselben müssen durch eine Verschreibung nach einem bestimmten Formular l'OOO Pfund Sterling Kaution leisten, wofür sie zwei von dem nächsten Emigrationsbeamten annehmbar befundene Bürgen stellen. Die Lizenz dauert nur bestimmte kurze Zeit und geht von richterlichen Behörden aus. Anwerbung von Passagieren ohne Lizenz wird mit Geldstrafen bedroht.

Die passage brokers müssen eine genaue Liste über diejenigen Personen halten, die sie als spezielle Anwerber (agents, emigrant

963 runners) gebrauchen wollen. Diese müssen ebenfalls von der» emigrant officer genehmigt sein.

Streitigkeiten wegen Kontraktbruches werden summarisch von den Friedensrichterämtern entschieden bis auf 20 Pfund Sterling Entschädigung.

Das mündliche Zeugniß des Emigrationsbeamten oder seiner Angestellten ist dabei voller Beweis. Das Verfahren gegen diese Kommissäre selbst dagegen ist ein weit umständlicheres und nach unseren Begriffen nicht genügendes und nicht zwekmäßiges.

Dieses englische Passagiergesez ist im Ganzen das ausführlichste betreffend die speziellen Pflichten der Schiffseigner gegenüber Passagieren und macht den Eindruk einer sorgfältigen Konlrole, obwohl auch hier natürlich Alles auf die Persönlichkeiten und die Thätigkeit der Emigrationskommissäre ankommt.

Das ganze Gesez nebst allen Zusäzen liegt in einer besonderen Ausgabe für Passagiere bei den Akten.

Von den andern europäischen Staaten kommen für uns noch Belgien, H o l l a n d und I t a l i e n in Betracht, einestheils, insofern als sich vielleicht ein Theil der schweizerischen Auswanderung über belgische, holländische Häfen wendet, und als namentlich unsere italienische Bevölkerung für die Auswanderung nach Australien wenigstens indirekt und theilweise der italienischen Häfen sich bedient, anderenteils, weil diese Staaten noch zu uns in einigermaßen näheren Beziehungen überhaupt stehen und ähnliche Verhältnisse und staatliche Anschauungen haben.

In Italien bestehen besondere Auswanderungsgeseze nicht.

Lediglich ist ein allgemeiner Artikel (64) des Gesezes über die öffentliche Sicherheit, soweit es öffentliche Agenturen beschlägt, auch auf Personen anwendbar, die ohne Bewilligung Bürger zur Auswanderung veranlaßen. Das Auswanderungsagenturgeschäft ist also im Allgemeinen zwar dort an eine Bewilligung gebunden und unter öffentlicher Kontrole, jedoch ohne nähere gesezliche Bestimmungen, die uns im Einzelnen interessiren könnten.

In Belgien ist unterm 14. Dezember 1876 ein Auswanderungsgesez angenommen worden (s. pag. 20 hienach). Dasselbe ist sehr kurz gefaßt und bezieht sich für das Einzelne der Ausführung auf ein règlement sur le transport des émigrants du 15 décembre 1876, das sich bei den Akten findet. Das Gesez selbst schließt sich

964 zunächst an die englischen und französischen Geseze an, enthält aber für unsere Anschauungen und Bedürfnisse jedenfalls zu wenig.

Wir können namentlich dem System nicht folgen, nur die allgemeinsten Grundsäze anzugeben und für alles Andere auf ein Reglement zu verweisen, das sehr variabel sein kann.

Im Uebrigen haben alle diese maritimen Staaten bei ihren Gesezen immer sehr w e s e n t l i c h auch die H e b u n g i h r e r H ä f e n und ihrer Schiff fahrt mit im Auge, also einen Gesichtspunkt, der uns gänzlich fremd ist. Was uns an dem belgischen Geseze interessirt ist mehr die Diskussion in den Kammern, die ebenfalls bei den Akten liegt und die Uebereinstimmung in dem allgemeinen Grundsaz des Patentes und der Kautionen für die Hauptagenturen, sowie die Aufstellung von ständigen Emigrationskommissären in den Häfen, welche die genaue Beobachtung aller gesezlichen Vorschriften zu überwachen haben.

Mit diesen Kommissären können die Hinterländer, die nicht eigene Häfen haben, sich am ehesten, viel besser als mit den Schiften selbst oder den Regierungen, in Verbindung sezen und von ihnen den gehörigen Schuz ihrer Auswanderer, sobald dieselben aus dem Bereiche des eigenen Landes hinaus sind, erlangen. Sobald dieses System einer gehörigen, beständigen Aufsicht über die Schiffsgelegenheiten ein allgemeines in allen civilisirten Ländern, über die sich die Auswanderung richtet, geworden ist, fällt für uns die Hauptschwierigkeit eines Gesezes weg, nämlich die künstliche Ausdehnung desselben über die eigeneLandesgrenzee hinaus auf die fremden Schiffe in fremden Häfen, wo eben Aufsicht und Schuz praktisch am allernöthigsten sind.

Holland besizt bereits ein ausführliches Gesez über das Emigrantenpassagierwesen, vom 1. Juni 1861 und 15. Juli 1869, das sich in erster Linie wieder, wie alle Geseze der Staaten, die jetzt Seehäfen besizen, wesentlich auf die Einrichtung undKontrole der Schiffe unddgl. bezieht. Bezüglich derAuswanderungsagenturenn selbst befolgt Holland ein etwas anderes System, als wir es vorschlagen. Es läßt nämlich das Gewerbe als solches Jedem ganz frei. Ohne Patent, blos gegen eine Kaution und unter einigen reglementarischen Bestimmungen. Dieser Vorschlag wurde auch in den belgischen Kammern durch den Abgeordneten Jottrand aus prinzipiellen Gründen möglichster Gewerbefreiheit aufgenommen,
aber nach einläßlicher Diskussion, die auch für uns Interesse hat, verworfen. (Vide Diskussion vom 24. Juni 1875 bei den Akten von Belgien.)

Das holländische Gesez vom 1. Juni 1861, 15. Juli 1869 (Bulletin des lois, nos 53 et 124) ist übrigens eines der ausführlichsten O

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g

965 sind macht den Eindruk einer sorgfältigen Behandlung der Sache.

Schon die Polizeikommissäre, jwelche die Auswanderer an der holländischen Grenze in Empfang nehmen, sind gehalten, denselben zugleich Rath und Anweisung aller Art zu ertheilen (Art. 2). An einzelnen Orten sind abernoch besondere Ueberwachungskommissionen, ·anstatt einzelner Kommissäre, zusammengesezt aus obrigkeitlichen und sonstigen praktischen Männern aus dem Handels- und Gewerbestand eingerichtet, die die Auswanderer zu schüzen, zu berathen und selbst Streitigkeiten gütlich zu schlichten haben (Art. 4--6).

Diese gleichen Kommissionen ertheilen die Auswanderungsagenturkonzessionen gegen Kaution von 10,000 fl. höchstens und inspiziren die Schiffe vor ihrer Abfahrt. Für die Auswanderung nach innerhalb Europas gelegenen Ländern existirt in Holland eine besondere Kaution von 5000 fl. (Art. 17). Die spezielle Ausführung über die Einrichtung der Schiffe enthalten die k ö n i g l i c h e n A u s f ü h r u n g s d e k r e t e vom 27. November 1865 und 30. September 1869 (Bulletin des lois, n0» 130 et 150). Dieselben sind sehr detaillirt. Die Schlafstätten müssen z. B. hier l m 85cm lang und 50om v>rej|; se;n [Art. 10). Sogar die Beschaffenheit der Matraze ist vorgeschrieben und die tägliche Lüftung der Bettutensilien (Art. 12).

Jeder Verkauf von Spirituosen an die Auswanderer oder der eigene Besiz von solchen auf den Schiffen ist streng verboten (Art. 16).

Ein Hospital muß vorhanden sein und ein Arzt, sobald die Reise nach östlich vom Kap der guten Hoffnung oder westlich von Kap Hörn geht (Art. 18).

Auch hier wird es also leicht sein, sich auf Grund der vorhandenen Geseze mit diesen Aufsichtskommissionen in geeignete Verbindung zu sezen.

Wir erwähnen endlich in unserer Besprechung der ausländischen Verhältnisse billig noch mit einem Wort Amerika als bisheriges Hauptauswanderungsziel.

Hier interessiren uns umgekehrt diejenigen gesezlichen Bestimmungen, die die Einwanderung reglementiren. Die Vereinigten Staaten haben sich bereits vor Jahren veranlaßt gesehen, abgesehen von einzelnen Erleichterungen, die sie der Einwanderung aus Europa gewährten (besonders durch die Aufstellung des Auskunftsbüreau in Castle garden in New-York), der Einwanderung von manchen Klassen von Menschen gesezlich zu steuern, die das Land mit verderblichen
Einflüssen bedrohten. Schon im Jahr 1868 wurde eine derartige Bestimmung erlassen und damals auch durch die Vermittlung des amerikanischen Generalkonsuls in Basel und des Bundesraths selbst den Kantonen zur Kenntnißnahme und Nachachtung empfohlen.

Bundesblatt. 31. Jahrg. Bd. 111.

69

966 Diese Bestimmungen sind seither noch ausgedehnt worden und befinden sich gegenwärtig vereinigt in einem vollständigen Gesez, welches von der 43. Kongreßsizung (Kap. 141) erlassen und am 3. März 1875 vom Präsidenten sanktionirt worden ist. Die Eingangsartikel dieses Gesezes beziehen sich speziell auf die orientalische Einwanderung aus China und Japan, die späteren auch auf die europäische. Namentlich betrifft uns mit der Art. 5, der deßhalb auch seinerzeit im Bundesblatt (1875, Bd. II, pag. 698) in deutscher Uebersezung veröffentlicht worden ist.

Der Originaltext lautet wie folgt : ,,See. 5. That shall be unlawful for aliens of thè following classes to immigrate into thè United States namely, persons who are undergoing a sentence for conviction in their own country of felonious crimes other than politicai or growing out of or thé resuit of such politicai offenses, or whose sentence has been remitted on condition of their émigration and women ,,imported for thè purpose of prostitution". Every vessel arriving in thè United States may be inspected under thè direction of thè collecter of thè port at which it arrives, if he shall have reason to believe that any such obnoxious persons are on board, and thè officer making such inspection shall certify thè result thereof to thè master or other person in charge of such versel designating in such certificate thè person or persons, if any there be, ascertained by him to be of either of thè classes whose importation is hereby forbidden. When such inspection is required by thè collecter as aforesaid it shall be unlawful without bis permission for any alien to leave any such vessel arriving in thè United States from a foreign country until thè inspection shall have been had and thè result certifìed to thè inspecting officer as being of either of thè classes, whose immigration is forbidden by this section, be allowed to land in thè United States, except in obédience to a judicial process issued pursuant to law. If any person shall feci aggrieved by thè certificate of such inspecting officer stating him or her to be withia either of thè classes whose immigration is forbidden by this section and shall apply for release or other remedy to any propre court of judge, then it shall be thè duty of thè collecter at said port of entry to detain said vessel until a
hearing and détermination of thè matter are had to thè end that if thè said inspecter shall be found to be in accordance with this section and sustained thè obnoxious person or persons shall be returned on board of said vessel and shall not thereafter be permitted to land, unless thè master owner or consignée of thè vessel shall give bond and secu-

967 rity to be approved by thè court of judge hearing the cause in thè su of fiv hundred dollars for each such person permitted to land, conditioned for the return of such person, within six months from the date thereof to the country whence his or her émigration shall hâve taken place or unless the vessel bringing such obnoxious person or persons shall be forfeited, in which event the proceeds of such forfeiture shall be paid over to the collecter of the port of arrival and applied by hi as far as necessary to the retura of such person or persons to his or her own country within the said period of six months. And for all violations of thi act, the vessel by the acts, omissions or connivance of the owners, master or other custodians or thè consignées of which thè sanie are committed shall be liable to forfeiture and may be proceeded against as in cases of frauds against the revenue laws, for which forfeiture is prescribed by existing law.

Approved March 3, 1875.«

LOI BELGE réglant le transport des émigrants.

(Du 14 décembre 1876.)

Art. 1er. Nul ne peut entreprendre les opérations d'engagement ou de transport des émigrants sans l'autorisation du Ministre des affaires étrangères.

Art. 2. L'autorisation n'est accordée qu'à la condition de fournir un cautionnement préalable qui servira de gage pour l'exécution des obligations résultant du contrat de transport, et pour le payement avec délégation de la prime d'assurance.

Art. 3. Les agences d'émigration sont tenues de faire assurer à leurs frais, dans l'intérêt des émigrants, le prix du transport et les vivres, toutes pertes et tous dommages éventuels à résulter de

968 l'inexécution totale ou partielle du contrat de transport, ou bien de verser à la caisse des dépôts et consignations une somme équivalente au montant de l'assurance.

Art. 4. Un règlement d'administration publique détermine : Les conditions de l'autorisation préalable; Les cas de retrait de l'autorisation accordée; Le taux et le mode du cautionnement à fournir; Le mode d'inspection et d'expertise de tout ce qui concerne l'émigration ; Les conditions d'aménagement et d'approvisionnement des navires ; L'emplacement réservé aux passagers, leur réception à bord et leur départ; Les obligations des agences dûment autorisées, ainsi que celles du capitaine au cours du voyage; Le modèle du coupon-contrat à remettre, les blancs dûment remplis, par l'entrepreneur à l'émigrant ; Les conditions de la garantie de l'assurance ou le taux du versement qui la remplace; Le mode de la visite des navires avant le départ, laquelle tiendra lieu, pour les navires belges, de celle qui est prescrite par le Code de commerce; Le mode de délivrance du certificat constatant l'accomplissement des prescriptions prévues par les lois et les règlements; Et généralement tout ce qui concerne la police de l'émigration.

Art. 5. Tout émigrant empêché de partir, pour cause de maladie grave ou contagieuse, régulièrement constatée, a droit à la restitution du prix payé pour son passage.

Le prix du passage est également restitué aux membres de sa famille en ligne directe indéfiniment et en ligne collatérale jusqu'au troisième degré inclusivement qui restent à terre avec lui.

Art. 6. Si le navire ne quitte pas le port au jour fixé par le contrat, l'agence responsable est tenue de payer à chaque émigrant, par chaque jour de retard, pour les dépenses à terre, une indemnité dont le taux est fixé par le règlement d'administration publique.

Si le délai dépasse dix jours et si, dans l'intervalle, l'agence n'a pas pourvu au départ de l'émigrant sur un autre navire et aux conditions fixées par le contrat, l'émigrant a le droit de

969 renoncer au contrat par une simple déclaration faite devant le commissaire maritime et d'obtenir la restitution du prix payé pour le passage, sans préjudice des dommages et intérêts qui pourraient lui être alloués.

Toutefois, si les retards sont produits par des causes de force majeure constatées par le commissaire maritime, Fémigrant ne peut réclamer l'indemnité de séjour à terre, la restitution du prix de passage ou des dommages et intérêts, pourvu qu'il soit logé et nourri aux frais de l'agence.

Toute stipulation contraire aux dispositions de l'article précédent et du présent article est nulle de plein droit.

Art. 7. L'expéditeur est responsable du transport de Fémigrant au lieu de destination fixé par le contrat.

Le transport doit être direct, à moins de stipulations contraires.

En cas de relâche volontaire ou forcée du navire, les émigrants, nonobstant toute convention contraire, sont logés et nourris à bord, au compte du navire, pendant toute la durée de la relâche, ou indemnisés de leurs dépenses à terre.

En cas de naufrage ou de tout autre accident
Art. 8. L'agence est tenue de délivrer à tout émigrant du transport duquel elle se charge, un coupon-contrat du modèle déterminé par le règlement d'administration publique.

Art. 9. Dans les cas où les agences d'émigration n'auraient pas rempli leurs engagements vis-à-vis des émigrants, le Ministre des affaires étrangères, ou l'autorité par lui déléguée, procédera au règlement et à la liquidation des indemnités, sauf recours, en cas de contestation, aux tribunaux.

Art. 10. Toute infraction aux dispositions des articles 1er et 3 de la présente loi est punie d'une amende de 500 francs à 5000 francs.

Toute infraction aux dispositions du règlement d'administration publique porté en exécution de la présente loi, est punie d'une amende de 26 francs à 500 francs.

970

En cas de récidive, l'amende peut être portée jusqu'au double du maximum.

S'il existe des circonstances atténuantes, l'amende peut être réduite au-dessous de 26 francs, sans qu'elle puisse être inférieure à l'amende de police.

Art. 11. Les infractions sont constatées: En Belgique, par les commissaires maritimes et à leur défaut, par tous officiers de la police judiciaire; Dans les ports étrangers, à bord des navires belges, par les consuls assistés d'hommes de l'art, s'il y a lieu.

Les procès-verbaux font foi jusqu'à preuve contraire.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend den Entwurf zu einem Geseze über den Geschäftsbetrieb von Auswanderungsagenturen. (Vom 25.

November 1879.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1879

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

54

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

06.12.1879

Date Data Seite

929-970

Page Pagina Ref. No

10 010 513

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