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Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend die Conversion der eidgenössischen Anleihen.

(Vom 12. November 1879.)

Tit.

Anläßlich der Berathung des Bundesgesezes vom 20. Juni 1879, betreffend Erhöhung des Eingangszolles auf einzelnen Waarengattungen, erließ die hohe Bundesversammlung gleichzeitig zwei Postulate, wovon das eine folgenden Inhalts : ,,Der Bundesrath ist eingeladen, bis zur nächsten ,,Dezembersession Bericht und Antrag vorzulegen, in welchem ,,Betrage und in welcher Weise das Produkt der Zoller,,höhungen auf Tabak und Branntwein zur Tilgung der ,,Bundesschuld zu verwenden sei."

I.

Die Schulden der Eidgenossenschaft bestehen bekanntlich aus drei Anleihen. Das erste wurde erhoben im Jahre 1867 im Betrage von Fr. 12,000,000 zu 4 Va °/o, behufs Bestreitung von Bewaffnungsausgaben und zur Wiederherstellung des Baarbestandes der eidgenössischen Staatskasse. Gemäß dem bezüglichen Bundesbeschlusse vom 22. Christmonat 1866 (Amtl. Samml. IX, 15) soll dieses Anleihen in steigenden Quoten innerhalb 25 Jahren, also bis 1892, getilgt sein.

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Das zweite Anleihen im Betrage von Fr. 15,600,000, aufgenommen durch Bundesrathsbeschluß vom 3. Körnung 1871 (Amtl.

Samml. X, 400) infolge der in den Jahren 1870 und 1871 aus Anlaß des deutsch-französischen Krieges stattgefundenen Grenzbesezung. Der Endtermin zur Rükzahlung dieses ebenfalls 4 Va %igeu Anleihens ist auf den 31. August 1886 angesezt.

Das dritte, durch Bundesbeschluß vorn 23. Juni 1877 (Amtl.

Samml. n F. Bd. III, S. 120) bewilligte Anleihen von Fr. 6,000,000 diente zur Dekung von Rechnungsdefiziten. Dasselbe besteht beiläufig zu einem Drittel aus einjährigen 4 °/o-Kassascheinen und zwei Dritteln aus 4 J /2 °/oigen dreijährigen Obligationen, welche am 1. Oktober künftigen Jahres fällig werden.

Die drei Anleihen betrugen ursprünglich Fr. 33,600,000.

Abbezahlt wurden auf das Anleihen von 1867 in den Jahren 1876, 1877, 1878 und 1879 Fr. 1,910,000. und bis Ende laufenden Jahres erfolgt auch die Rükzahlung der Kassascheine im Betrage von ,, 2,100,000. -- Total Fr. 4,010,000. -- Mithin beziffert sich die Anleihensschuld der Eidgenossenschaft dermalen noch mit Fr. 29,590,000 und nach Abzug der noch für das Jahr 1880 im Budget vorgesehenen Amortisation von Fr. 550,000, rund Fr. 29,000,000, welche, wie schon erwähnt, theils in kürzeren, theils in längeren Termiuen zahlfähig werden und zu 4Va °/o verzinslich sind.

Sämmtliche Obligationen können ein halbes Jahr zum voraus gekündigt werden, und zwar diejenigen des Anleihens von 1867 nach Bundesrathsbeschluß vom 2. Hornung 1867, Art. 5; diejenigen des Anleihens von 1871 nach Bundesrathsbeschluß vom 3. Hornung 1871, Art. 4. Das Anleihen von 1877 muß auf 1. Oktober 1880 zurükbezahlt werden.

Der Bundesrath hat nun bereits in seiner Botschaft vom 5. Juni lezthin, betreffend Erhöhung des Eingangszolles auf einigen Waarengattungen, auf die Unthunlichkeit hingewiesen, die Anleihensamortisation in dem vollen programmgemäßen Umfange eintreten zu lassen. Die Tilgung des Anleihens von 1867 erheischt von 1881 an jährlich über Fr. 500,000. (Die successive steigenden Jahresquoten werden durch die infolge der Kapitalrükzahlung eintretende Zinsverminderung kompensirt.) Ferner erheischt das Anleihen von 1871, falls dessen Heimzahlung bis 1886 erfolgen soll, vom Jahre 1881 an jährlich Fr. 2,230,000, und für das Anleihen

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von 1877 sind bis zum Monat Oktober künftigen Jahres Fr. 3,900,000 aufzubringen, sofern nicht eine Zurükschiebung stattfindet.

Außer den soeben angeführten Zahlungsverpflichtungen stehen die Bundessubventionen an die Gotthard- und Monte Cenere-Bahnen im Betrage von 6^2 Millionen Franken bevor. Ob noch weitere Summen für andere Alpenpässe im Sinne des Bundesgesezes vom 22. August 1878 (Amtl. Samml. n. F. IV, 1) hinzukommen, muß vorläufig dahingestellt bleiben. Ein fernerer bedeutender Kostenaufwand steht für ein zweites Verwaltungsgebäude und für Bauten am Polytechnikum bevor. Daß schließlich noch andere, zurzeit noch unbekannte Ausgaben zu bestreiten sein werden, wird nach den bisherigen Erfahrungen kaum in Zweifel zu ziehen sein.

Im Hinblik auf diese Finanzlage hat es der Bundesrath für zwekdienlich erachtet, die Verbindlichkeiten der Eidgenossenschaft in der Weise zu regeln, daß die drei Anleihen in ein einheitliches neues umgewandelt und die Amortisationstermine in einem unseren Finanzverhältnissen entsprechenden Maße erstrekt werden. Zur Begründung dieser Maßnahme haben wir Folgendes anzuführen : Laut dem nächstjährigen Budget sind zur Verzinsung der Anleihen vorgesehen Fr. 1,324,000. Die Kapitalrükzahlung im Betrage von Fr. 550,000 fällt hier außer Betracht, weil das Betreffniß dem Amortisationsfond enthoben worden ist.

Die gegenwärtigen Zeitverhältnisse bieten günstige Auspizien zur ReduL,irung des Zinsfußes. Handel und Industrie stoken überall mehr oder weniger. Große Massen von Kapitalien liegen unbeschäftigt in Banken. Sichere Anlagen werden allgemein gesucht.

Mit einem Worte, das Kapital sucht Verwendung, findet sie aber bei Weitem nicht in hinlänglichem Maße, weßhalb fortwährend gedrükter Zinsfuß und hoher Kursstand in allen volle Sicherheit bietenden Wertpapieren wahr/Ainehmen ist. Namentlich genießen die eidgenössischen Obligationen , deren Kurs stets über pari gehalten wird, unbedingtes Vertrauen, und es unterliegt wohl kaum einem Zweifel, daß eidgenössische Obligationen auch zu 4 °/o Verzinsung leicht ihr Placement finden werden.

Der Einwand, der hie und da gegen die Conversion geltend gemacht wird, es würden dadurch viele Obligationsinhaber geschädigt, weil diese im Glauben an die längere Dauer der Anleihen hohe Kurse dafür bezahlt haben, scheint uns nicht stichhaltig ; denn
da die Eidgenossenschaft alljährlich eine Anzahl Obligationen herausloost und schon bei der Emission der Anleihen den Vorbehalt gemacht hat, dieselben per Anticipation zurükbezahlen zu

882 können, so kann kein Inhaber durch eine Kündung überrascht werden. Ueberdies soll den Obligationsbesizern die Priorität für die Zeichnung der 4 %-Obligationen eingeräumt, respektive ihnen das Vorrecht zugestanden werden, ihre 4*/2 %-Titel in solche von 4 % zu convertiren.

Im Allgemeinen kann es übrigens selbstverständlich nur erwünscht sein, wenn die Eidgenossenschaft durch das Mittel der Anleihensconversion jährlich eine erhebliche Summe an ihrem Budget ersparen und dadurch zur Herstellung des finanziellen Gleichgewichtes beitragen kann.

Zur nähern Orientirung folgt nachstehend das Tableau eines in 35 Jahren zu amortisirenden Anleihens , welches wir mit Rüksicht auf die inner 3 Jahren auszurichtende Gotthardsubvention von 6V2 Millionen Franken auf Fr. 35,000,000 ansezen. Wir stellen den Betrag des Anleihens auf diese Summe, weil damit den gegenwärtig bestehenden Verpflichtungen entsprochen- werden kann.

Eine höhere Summe in Obligationen auszugeben, scheint uns nicht angezeigt, da wir dadurch in die Lage versezt würden, eine ziemliche Einbuße durch Zinsverlust an unverwendbarem Gelde. zu erleiden.

Sollten schon in den nächsten Jahren für oben erwähnte Zweke einige Millionen erforderlich werden, so sind dieselben leicht durch Bezug aus unsern stets 4--6 Millionen betragenden Bankdepositen oder durch Ausgabe von Kassascheinen zu beschaffen.

Wir wollten aber auch kein Anleihen von geringerem Betrage empfehlen, damit der Bundesverwaltung die hier erwähnten verfügbaren Mittel erhalten bleiben.

Kapital Zinsen Amortisation Fr.

Fr.

Fr.

1. Jahr 35,000,000 1,400,000 475,500 2. ,, 34,524,500 1,380,980 494,000 3. ,, 34,030,500 1,361,220 514,000 4. ,, 33,516.500 1,340,660 534,500 5. ,, 32,982^000 1,319,280 556,000 6. ,, 32,426,000 1,297,040 578,000 7. ,, 31,848,000 1,273,920 601,000 8. ,, 31,247,000 1,249,880 625,500 9. ,, 30,621,500 1,224,860 650,000 10.

29,971,500 1,198,860 676,500 11. ,, 29,295,000 1,171,800 703,500 12. ,, 28,591,500 1,143,660 731,500 13. ,, 27,860,000 1,114,400 761,000

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14. Jahr 15. Ï1 16. 7) 17. ·n 18. 11 19. it 20. ·n 21. ·n 22. ·n 23. n 24. ·n 25. n 26 ·n 27. ·n 28. ·n 29. 11 30.

31.

32.

33.

34.

35.

·n ·n 11 n ·n ·n

Kapital Fr.

27,099,000 26,307,500 25,484,500 24,629,000 23,739,000 22,813,500 21,851,000 20,850,000 19,808,500 18,725,500 17,599,500 16,428,000 15,210,000 13,943,000 12,625,500 11,255,500 9,829,500 8,347,500 6,806,000 5,203,000 3,536,000 1,801,000

Zinsen Fr.

1,083,960 1,052,300 1,019,380 985,160 949,560 912,540 874,040 834,000 792,340 749,020 703,980 657,120 608,400 557,720 505,020 450,220 393,180 333.900 272J240 208,120 141,440 72,040

Amortisation Fr.

791,500 823,000 855,500 890,000 925,500 962,500 1,001,000 1,041,500 1,083,000 1,126,000 1,171,500 1,218,000 1,267,000 1,317,500 1,370,000 1,426,000 1,482,000 1,541,500 1,603,000 1,667,000 1.735,000 1,801,000

35,000,000 30,632,240 Mit Rüksicht auf die Finanzlage des Bundes hält es der Bundesrath für angezeigt, daß eine verhältnißmäßig lange Tilgungsperiode gewählt werde. Eine nachtheilige Influenz auf den Emissionskurs ist nach hierseitigem Dafürhalten deßhalb nicht zu befürchten, weil ein auf die Eidgenossenschaft lautendes Papier stetsfort gut akkreditirt und vorzugsweise zu bleibenden Anlagen nicht nur in der Schweiz, sondern auch im Ausland gesucht ist; es ist dies auch ein Grund, warum die Eidgenossenschaft unbedenklich zur Conversion ihrer Anleihen schreiten und bei diesem Anlaße außer einer Terminsverlängerung beim gegenwärtigen Geldstand auch eine Zinsreduktion beanspruchen darf.

II.

Die vorstehenden Erörterungen lassen wohl keinen Zweifel darüber bestehen, daß eine Anleihensconversion gerechtfertigt erscheint. Es liegt dem Bundesrath nun noch ob, über das Ergebniß derselben in Kürze zu berichten.

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Bekanntlich wird der Anleihensamortisationsfond bis Ende 1880 aufgebraucht sein, und es muß von genannter Zeit an zur Tilgung des Anleihens von 1867 ein Posten von . . Fr. 550,000. -- ins Budget gestellt werden. Vom künftigen Jahre an erheischt das Anleihen von 1871 jährlich einen Ansaz von ,, 2,230,000. -- Das Anleihen von 1877 wird vorläufig an dieser Stelle nicht in Rechnung gezogen, weil dessen Rükzahlung unter allen Umständen verschoben werden muß.

Für Schuldentilgung steht somit eine dauernde Mehrbelastung des Budget bevor von .

. Fr. 2,780,000. -- Gegenwärtig sind zur Verzinsung der Anleihen erforderlich im Ganzen Fr. 1,324,000, die Conversion im Sinne unserer Vorlage nimmt in Anspruch in runder Summe Fr. 1,875,000.

Es ist uns von Bankinstituten ein Anleihen in Obligationen von 3 % zum Kurs von 78--80 % vorgeschlagen worden. Wenn dasselbe auch gegenüber einem solchen zu 4 °/o al pari finanziell etwas günstiger erscheint, so glaubt der Bundesrath dennoch, einem Anleihen zu 4 % den Vorzug geben zu sollen.

Der Zinsfuß von 4 % wird in unserm Lande wohl ziemlich allgemein demjenigen von 3 °/o -- wenn auch zu einem niedrigen Kurs -- vorgezogen, da man die Kursdifferenz nicht genügend berüksichtigt und dieselbe auch steten Schwaükungen unterworfen bleibt. Ein 3 %-Anleihen würde im Fernern bei Fr. 35,000,000 eine Emissionssumme von Fr. 45,000,000 bedingen, und der Nominalbetrag der eidgenössischen Schuld würde hiedurch um 10 Millionen erhöht, was mancherorts mißverstanden werden könnte.

Ueberdies würden voraussichtlich die 4 %-Obligationen viel weniger außerhalb dem Lande genommen, als dies bei den 3prozentigen der Fall wäre, die beim gegenwärtigen Kurs von 82--83 % der französischen 3 °/o - Rente mit Vortheil nach Frankreich abgesezt werden dürften. Es scheint uns aber in politischer Beziehung wünschbar zu sein, daß die eidgenössische Obligation ihr Placement vorzugsweise im eigenen Lande finde.

Den Zeitraum, inner welchem die Amortisation zu Ende geführt werden soll, stellen wir auf 35 Jahre, was einen jährlichen Betrag von Fr. 1,875,000 für Zins und Amortisation ergibt.

Es würden demnach zu diesem Zweke künftig statt 4,104,000 Franken nur Fr. 1,875,000 in das Budget aufzunehmen sein und

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hiedurch eine jährliche Minderbelastung von Fr. 2,229,000 herbeigeführt.

Die künftige Mehrbelastung für Zins und Amortisation gegenüber dem nächstjährigen Budget beziffert sich mit Fr. 551,000.

Zur Aufbringung dieses Mehrbetrages werden die vermehrten Zolleinnahmen uns die Mittel liefern.

Gestüzt auf das Angebrachte beehrt sich der Bundesrath, der hohen Bundesversammlung den nachstehenden Beschlußentwurf zu unterbreiten.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommensten Hochachtung.

B e r n , den 12. November 1879.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Hammer.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schiess.

886 (Entwurf)

Bundesbeschluss betreffend

die Conversion der eidgenössischen Anleihen.

Die Bundesversammlung der sch w e i z e r i s c h e n E i d g e n o s s e n s c h a f t , nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 12. November 1879, beschließt: Art. 1. Behufs der Rükzahlung der in den Jahren 1867, 1871 und 1877 aufgenommenen eidgenössischen Anleihen und zur Erfüllung übernommener Verpflichtungen wird der Bundesrath ermächtigt, ein neues Anleihen zu 4 % bis auf höchstens 35 Millionen Franken aufzunehmen.

Art. 2. Die Verzinsung und Rükzahlung des Kapitals finden auf. dem Wege des jährlichen Voranschlages in der Weise statt, daß das ganze Anleihen von 1881 an spätestens inner fünfunddreißig Jahren getilgt wird.

Art. 3. Der Bundesrath bestimmt den Emissionskurs und trifft die zur Sicherung der Durchführung des Anleihens geeigneten Maßregeln.

Art. 4. Der Bundesrath ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

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Botschaft des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend die Conversion der eidgenössischen Anleihen. (Vom 12. November 1879.)

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29.11.1879

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