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Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung betreffend die Konsularkonvention zwischen der Schweiz und Brasilien vom 21. Oktober 1878.

(Vom 8. März 1879).

Tit.!

Hiermit haben wir die Ehre, Ihnen eine am 21. Oktober 1878 zu Rio Janeiro zwischen der Schweiz und Brasilien durch die Bevollmächtigten der beiden Staaten unterzeichnete Konsularkonvention, nebst einem Zusazartikel, zu unterbreiten.

Diese Uebereinkunft ist von der brasilianischen Regierung bereits ratifizirt und vom Generalkonsul Brasiliens in Genf uns angezeigt worden, daß ihm Vollmacht ertheilt sei, zum Austausche der Ratifikationsurkunden zu schreiten. Wir fügen bei, daß nach Art. 31 der Uebereinkunft die diesfällig Frist am 21. April nächsthin abläuft.

Indem wir Ihnen den Text dieser Uebereinkunft vorlegen, beehren wir uns, einige Bemerkungen beizufügen über den Inhalt und die Tragweite derselben, sowie über den Gang der sachbezüglichen Verhandlungen.

Unsere Konsularverhältniss mit Brasilien wurden normirt durch die am 26. Januar 1861 in Rio Janeiro durch unsern außerordentlichen Gesandten in Brasilien, Hrn. J. J. v. Tschudi, heute schweizerischer

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Minister in Wien, unterzeichnete Uebereinkunft zwischen der Schweiz und Brasilien betreffend das Konsulatswesen.

Dieser für zehn Jahre abgeschlossene Vertrag trat am 26. Mai 1862 in Kraft und hat seither zu unserer Zufriedenheit funktionirt.

Nur der Artikel 9, der die Kompetenz der Konsuln in Bezug auf Verwaltung und Liquidation von Erbschaften ihrer Landsleute festsezt, veranlaßte häufige Anstände. Um diese zu beseitigen, wurde unterm 7. September 1867 zwischen dem Vizepräsidenten des Bundesraths, Hrn. Dubs, und dem Bevollmächtigten von Brasilien in der Schweiz, Hrn. de Villeneuve, eine Erklärung ausgetauscht, welche die Auslegung des Art. 9 der Konsularkonvention vom 26. Januar 1861 näher präzisirt.

Diese Erklärung in 17 Paragraphen, von denen einige mehrere Alinea umfassen, stellt über einen Spezialpunkt, den sie behandelt, ein ganzes Civilrechtsgesez auf. Die Normen für die Konsularagenten bei Todesfällen von Landsleuten in Bezug auf Eröffnung, Inventarisirung, Verwaltung, Liquidation und Theilung von Erbschaften sind darin mit reichlichem Detail vorgeschrieben, wie solches in Europa überflüssig wäre, dessen Notwendigkeit für Brasilien dagegen zu Tage getreten ist. In der That ist der Art. 9 der Uebereinkunft von 1861 oft unvollzogen geblieben, weil seine Bestimmungen nicht hinlänglich genaue Normen enthielten.

Eine gleiche Erklärung war ein Jahr vorher zwischen Frankeich und Brasilien, unterm 21. Juli 1866, ausgetauscht worden.

Als einige Ja.hre später in den Kammern zu Rio Janeiro eine starke Opposition gegen die den ausländischen Konsuln durch Verträge eingeräumten Rechte und Prärogativen sich geltend machte, achritt die brasilianische Regierung zur Aufkündung aller Konsularkonventionen Brasiliens mit andern Mächten.

Die Uebereinkunft vom 26. Januar 1861 wurde mit Note der brasilianischen Legation in Bern vom 22. August 1872 gekündet; in der Folge aber wurde deren Dauer unterm 19. August 1873 und 24. März 1874 schließlich bis zum 20. August 1874 verlängert.

Die brasilianische Gesandtschaft legte uns unterm 28. März 1874 den Entwurf eines neuen Vertrags in 23 Artikeln vor, wovon zehn speziell die Liquidation von Erbschaften betrafen. Mit Note vom 8. Mai gleichen Jahres ersuchten wir die brasilianische Gesandtschaft, die kaiserliche Regierung darum anzugehen, daß die Uebereinkunft bis zum 20. Februar 1875 verlängert werde, damit für die Unterhandlungen mehr Zeit gewonnen werde und die alte

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Uebereinkunft nicht außer Kraft trete vor Abschluß und Inkrafttreten der neuen. Die brasilianische Regierung glaubte nicht entsprechen zu können, und es erlosch daher die Uebereinkunft am 20. August 1874. Wir können beifügen, daß seither troz den Uebelständen der neuen Situation die Beziehungen zwischen unsern Konsularagenten und den brasilianischen Behörden durch diesen anormalen Zustand nicht gelitten haben. Ohne in das Detail des brasilianischen Entwurfs einzutreten, genügt die Bemerkung, daß durch denselben die früher unsern Konsuln zuerkannten Rechte wesentlich modifizirt und beschränkt wurden.

Die Uebereinkunft von 1861 verlieh den Konsuln ein Recht der Initiative für den Schuz des Vermögens ihrer Staatsangehörigen, während derselbe durch den Entwurf ihnen gänzlich versagt und statt dessen in die Hände des Territorialrichters gelegt wurde. Eine Unterhandlung auf solchen Grundlagen war nicht zuläßig. Lieber hätte man auf jede Uebereinkunft verzichtet, als durch Annahme solcher Vorsehläge unsern Konsularbeamten die Hände zu binden.

Es hat denn auch der Bundesrath, indem er unterm 25. September 1874 dem Hrn. E. Raffard, schweizerischem Generalkonsul in Rio Janeiro, die erforderliche Vollmacht zur Unterhandlung einer neuen Uebereinkunft ertheilte, demselben detaillirte Instruktionen gegeben, welche den Entwurf der brasilianischen Regierung Artikel für Artikel durchnahmen.

Die Unterhandlungen begannen sofort und dauerten vier Jahre In der Zwischenzeit wurde, am 25. September 1876,' ein neuer Konsularvertrag zwischen Brasilien und Portugal unterzeichnet.

Brasilien machte in demselben bedeutende Zugeständnisse im Vergleiche zu dem ursprünglich von der brasilianischen Regierung der portugiesischen vorgelegten Entwurfe.

Bei Uebermittlung dieses Aktenstüks legte- uns Hr. Generalkonsul Raffard ein dieser leztern Uebereinkunft nachgebildetes Vertragsgegenprojekt vor. Unterm 23. September 1876 nahmen wir diese neue Vertragbasis mit einigen Modifikationen an, und es wurde das politische Departement beauftragt, dem Hrn. Raffard die diesfalls erforderlichen Instruktionen zu ertheilen.

Wir können hier nicht in die Details dieser mühevollen Verhandlungen uns einlassen, welche noch durch die Entfernung komplizirter gemacht wurden und selbst von da an noch volle zwei Jahre andauerten. Es genüge die Bemerkung,
daß, nachdem wir von Seite Brasiliens mehrere wichtige Zugeständnisse erlangt hatten, wir am 20. November 1877 Hrn. Raffard bevollmächtigen zu dürfen glaubten, unter Ratifikationsvorbehalt die Unterzeichnung vorzu-

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nehmen. Fatalerweise kam aber wieder etwas dazwischen, indem die Opposition, welche sich erst kürzlich in lebhaften Angriffen gegen die Regierung in Bezug auf die Rechte erging, welche den ausländischen Konsuln in Brasilien durch die Verträge zugestanden wurden, immer mehr Boden gewann und endlich, Ende 1877, das Ministerium des Herzogs de Caxias stürzte. Dieser Sturz des Ministeriums stellte neuerdings in Frage, was bereits definitiv festgestellt schien. Der neue Minister der auswärtigen Angelegenheiten, Hr. Baron de Villa Bella, legte einen Entwurf vor, der in drei Punkten von dem frühem definitiven Entwurfe abwich.

Nachdem wir unser Möglichstes gethan, um Modifikationen zu erlangen, die uns jedoch versagt wurden, und nachdem wir uns überzeugt hatten, daß eine neue Verzögerung nur zur Folge hätte, den Abschluß des Vertrags zu verhindern und uns also der ernstlichen Vortheile zu berauben, die er uns einräumt, beschlossen wir unterm 3. September 1878, den Hm. Raffard zu ermächtigen, zu unterzeichnen, was dann am 21. Oktober abhin geschah.

Wir gehen nun über zu einer gedrängten Prüfung der neuen Uebereinkunft, welche übrigens alle wesentlichen, unsern Konsuln früher verliehenen Befugnisse, mit Ausnahme eines unbedeutenderen Punktes, aufrechthält und selbst eine weitere ihnen zuerkennt, die sie unter dem frühern Regime nicht hatten, sodann auch noch einige vorteilhafte neue Bestimmungen enthält.

Wir werden uns darauf beschränken, diejenigen Bestimmungen zu berühren, welche von der Uebereinkunft von 1861 und von der Erklärung von 1867 abweichen.

Die neue Uebereinkunft, umfassend 31 Artikel und einen Zusazartikel, fußt auf dem Grundsaze der Gegenseitigkeit; da aber die Anzahl der Schweizer in Brasilien weit größer ist als diejenige der Brasilianer in der Schweiz, so wird sie thatsächlich nur in Brasilien, d. h. zu Gunsten unserer dortigen Staatsangehörigen, zur Anwendung gelangen.

Die Art. l bis 5 handeln von dem Rechte jedes der beiden Staaten, auf dem Gebiete des andern Generalkonsuln, Konsuln, Vizekonsuln und Konsularagenten zu halten (Art. 1), vom gouvemementalen Exequatur und von den zur Erlangung desselben zu erfüllenden Formalitäten (Art. 2), von den Vorrechten und Immunitäten, die der Person der Konsularbeamten zukommen (Art. 3), von dem Verfahren beim Ableben eines solchen (Art. 4) und von der Unverlezlichkeit des Konsulatsarchivs (Art. 5).

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Durch diese fünf ersten Artikel werden nur Bestimmungen der 1861er Uebereinkunft reproduzirt, mit einigen Redaktionsänderungen und in etwas anderer Reihenfolge. Sie geben daher zu keiner Bemerkung Veranlaßung, mit Ausnahme vielleicht der Bestimmung des Art. 3, daß, wenn die Konsularbeamten Handelsleute sind, auf sie die Schuldhaft Anwendung finden kann wegen ihrer Handelsgeschäfte. Nach Artikel 59 der Bundesverfassung ist zwar die Schuldhaft in der Schweiz abgeschafft. Es ist aber zu bemerken, daß in allen Verträgen über Konsulatswesen (außer in denen mit Japan und Persien, wo unsere Staatsangehörigen eine vollständige Exterritorialität genießen) unserseits immer zugestanden worden ist, daß die kaufmännischen Konsuln in Allem, was ihren Handel betrifft, der Gesezgebung des Gebiets, wo sie sich aufhalten, unterliegen. Durch den fraglichen Artikel, welcher übrigens unter einer etwas verschiedenen Form den Art. 3 der 1861er Uebereinkunft reproduzirt, wird daher nur ein Grundsaz ausdrüklich anerkannt, den die Schweiz nicht bestreitet, so daß der Artikel keine Schwierigkeiten bieten kann. Die andern Bestimmungen dieser fünf ersten Artikel finden sich auch in unsern andern Uebereinkünften betreffend diese Materie und geben zu keiner Bemerkung Anlaß.

Das Nämliche ist der Fall mit den Art. 6 bis 9, welche den Konsularbeamten das Recht einräumen, über dem Eingang des Konsulats einen Schild mit dem Wappen ihres Landes anzubringen (Art. 6), bei der Regierung ihres Wohnsizes gegen jede Verlezung der Uebereinkunft zu reklamiren (Art. 7), auf ihrer Kanzlei oder im Domizil der Parteien, in der Eigenschaft als Notare, Erklärungen, Kompromisse, Testamente etc. ihrer Staatsangehörigen aufzunehmen (Art. 8), im Weitern alle Verträge zu fertigen zwischen eigenen Staatsangehörigen oder zwischen solchen und andern Personen des Aufenthaltslandes, sowie auch Verträge, welche Angehörige des Aufenthaltslandes allein betreffen, falls solche Bezug haben auf Vermögensangelegenheiten oder Geschäfte, die auf dem Gebiete desjenigen Staates zu behandeln sind, welchem der fragliche Konsularagent angehört.

Die hierauf folgenden 18 Artikel (10--27) bilden eine Art Gesezbuch über die Prozedur bei Erbschaften und machen den Haupttheil der Uebereinkunft aus.

Der Art. 10 sezt fest, daß die Ortsbehörde gehalten ist, dem Konsularbeamten vom Ableben der Angehörigen seines Staates Kenntniß zu geben, und umgekehrt (Uebereinkunft von 1861, Art. 9, § 1).

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«

Der Artikel 11 lautet : ,,In folgenden Fällen ist es Sache der Konsularbeamten der Nationalität des Verstorbenen, alles Erforderliche vorzukehren für die Eintreibung, Verwahrung, Erhaltung, Verwaltung und Liquidation der Erbschaft, sowie für die Aushändigung des Vermögens an die Erben oder gehörig autorisirten Bevollmächtigten : 1) wenn die Erben unbekannt sind ; 2) wenn sie, der Nationalität des Verstorbenen angehörend, minderjährig, abwesend oder handlungsunfähig sind; 3) wenn der Testamentsvollstreker abwesend ist oder den ihm zugedachten Auftrag nicht annimmt."

Dieser Gegenstand war früher durch Art. 9, §§ 2 und folgende, der Uebereinkunft von 1861 und § 2 der Erklärung von 1867 normirt. Unter diesem Regime bestand die erste Amtshandlung in der Anlegung der Siegel auf alle Mobiliareffekten des Verstorbenen durch Fürsorge der Konsularbehörde. In Wirklichkeit aber ist nach einer Mittheilung des Hrn. Generalkonsuls Raffard diese Bestimmung nie angewendet worden, weil sie sich wegen der großen Ausdehnung der Konsularbezirke als kaum anwendbar erwies, so daß sie in der neuen Uebereinkunft nicht mehr beibehalten wurde.

Die Erklärung von 1867 hatte ein gemischtes System aufgestellt, nach welchem der schweizerische Konsul in Brasilien die ausschließliche Verwaltung der Erbschaften seiner Landsleute hatte, wenn weder eine Wittwe brasilianischer Abkunft, noch ein brasilianischer Erbe als Familienhaupt, noch ein Testamentsvollstreker, noch minderjährige, abwesende oder handlungsunfähige brasilianische Erben vorhanden waren. Im entgegengesezten Falle mußte der schweizerische Konsul die Erbschaft vereint mit der gedachten brasilianischen Wittwe oder dem genannten Familienhaupte oder Testamentsvollstreker oder dem gesezlichen Vertreter der genannten, brasilianischen Erben verwalten.

Der Entwurf der brasilianischen Regierung von 1874 sprach den Konsuln in Bezug auf diese im Art. 11 behandelte Materie jede Art von Initiative ab, indem er sich auf die Stipulation beschränkte, daß das Vermögen ihnen in dem Falle übergeben werden solle, wo die Erben unbekannt, wo alle von der Nationalität des Verstorbenen, oder wo keineTestamentsvollstreker vorhanden wären.

Durch den neuen Art. 11 dagegen wird den Konsuln ein wichtiges Initiativrecht eingeräumt, welches eine der wesentlichsten Bestimmungen der Uebereinkunft bildet.

469 Der Art. 12 sieht die Fälle vor, wo die Inventarisirung, die Verwaltung und die Liquidation der Erbschaften der Territorialbehörde zufallen, und endigt mit einer Bestimmung, welche, als ,,einziger" 1 Paragraph bezeichnet, wie folgt lautet: ,,Es kann jedoch -- gleichviel welcher der vorbezeichneten Fälle vorliege, wenn einer der Miterben minderjährig, abwesend oder handlungsunfähig ist und unbestritten der Nationalität des Verstorbenen angehört -- der Generalkonsul, Konsul, Vizekonsul oder Konsularagent von der kompetenten Ortsbehörde verlangen, zürn Vormunde oder Kurator ernannt zu werden, und diese wird entsprechen können, wenn sie nicht gesezliche oder andere triftige Gründe zur Ablehnung dieses Verlangens hat. Nach bewerkstelligter Theilung des Vermögens wird der Konsularbeamte von dem Erbantheile, der den von ihm vertretenen Erben zukommt, Besiz nehmen und fortfahren, das Vermögen zu verwalten und über die Person der Minderjährigen und Handlungsunfähigen zu wachen . . . .

Der Vater oder der testamentarisch ernannte Vormund wird gegenüber den betreffenden minderjährigen Erben die Funktionen eines Vormunds ausüben, und es kann in diesem Falle der Generalkonsul, Konsul, Vizekonsul oder Konsularagent mit dem Amte eines Curators der genannten Minderjährigen betraut werden. " · . . . .

Diese Bestimmungen sind neu, und es enthalten dieselben, wiewohl .sie nicht sehr präcis lauten und redaktionell zu wünschen übrig lassen, doch immerhin eine weitere den Konsularagenten eingeräumte Befugniß. Die Neuerung scheint eine zwekmäßige zu sein und der Hr. Generalkonsul Raffard legt ihr eine bedeutende Wichtigkeit bei. Es sei hier bemerkt, denn sonst ist das lezte Alinea unverständlich, daß im brasilianischen Rechte die curatelle nahezu dem entspricht, was wir .irn französischen Rechte Gegenvormundschaft nennen.

Die drei folgenden Artikel sezen fest, daß für die in Brasilien von Schweizerbürgern gebornen minderjährigen Erben bis zu ihrer Volljährigkeit der Civilstand ihres Vaters gilt (Art. 13); daß Universallegatare den Erben gleichgestellt sind (Art. 14"), und daß diese, wenn sie volljährig sind, das Recht haben, in beiderseitigem Einverständniß die Konsularbehörde oder die Territorialbehörde, welche die Inventarisirung, die Verwaltung und Liquidation der Erbschaften vorzunehmen hat, zu wählen (Art. 15). Durch diese drei Artikel werden nur die Bestimmungen der Erklärung von 1867, mit unwesentlichen Modifikationen, reproduzirt.

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Der Art. 16 sezt die Normen fest, welche der Konsul bei Inventarisirung der Erbschaften in den Fällen, die in seine Kompetenz gehören, einzuhalten hat. Die Anlegung der Siegel, welche, wie wir es anläßlich des Art. 11 bemerkten, unter dem Regime von 1861 der ganzen Prozedur zu Grunde lag, wurde nur für den Fall beibehalten, wo das Inventar nicht, in einem Tage beendigt werden kann.

Der Art. 17 reproduzirt den § IX, 2. Alinea, der Erklärung von 1867, welcher die Fragen betreffend die Gültigkeit der Testamente den Territorialrichtern zuwies.

Die Art. 18 bis 22 bestimmen die Normen für die Verwaltung und die Liquidation der Erbschaften durch die Konsuln (Art. 18),.

berüksichtigen den Fall des Hinzukommens neuer Erben von einer andern Nationalität als derjenigen des Verstorbenen (Art. 19), verleihen der Ortsbehörde das Recht, die Versiegelung vornehmen zu lassen und die ersten konservirenden Vorkehrungen zu treffen, unter sofortiger Anzeige an die Regierung, in dem Falle, wo kein Konsul am Orte ist (Art. 20), und verpflichten den Konsul, bei erfolgter Einsprache oder Beschlagnahme die Aufhebung derselben abzuwarten (Art. 21), und endlich nach beendigter Liquidation einen Bericht an die kompetente Ortsbehörte einzureichen (Art. 22).

Diese Art. 18 bis 22 enthalten eine äußerst minutiöse Réglementation , welche übrigens zu keiner Einwendung Stoff gibt und die Hr. Raffard für die Vollziehung der Uebereinkunft in Brasilien als unerläßlich hält; der Beweis hiefür liegt übrigens in der detaillirten Erklärung von 1867, welche zum Zweke hatte, den Sinn von Art. 9 der Uebereinkunft von 1861, der nicht eingehend genug war, näher zu präzisiren.

Der Art. 23 sezt fest, daß die Erbschaft nach dem Geseze des Heimatlandes des Verstorbenen zu regeln ist, mit Vorbehalt der speziellen Bestimmungen des Ortsgesezes in Bezug auf die Immobilien.

Diese neue Bestimmung ist sehr sachgemäß und stellt einen Grundsaz auf, dessen Anwendung die Kantone oft verlangt haben.

Zu bedauern ist nur, daß dieselbe durch das zweite Alinea des nämlichen Artikels beschränkt wird, welches beifügt: ,,Wenn jedoch ein Bürger einer der hohen Vertragsparteien Erbe in seinem Lande ist, in Konkurrenz mit ausländischen Erben, so darf er verlangen, daß sein Antheil vorzugsweise nach dem Wortlaute des Gesezes seines Heimatstaates geregelt werde.tt

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Dieses Alinea ist eine juristische Bizarrerie. Vergeblich bemühten wir uns dahin, daß gesagt werde: die Erbschaft, statt: sein Antheil ; was, allerdings unter Schmälerung der Tragweite des im ersten Alinea des Artikels aufgestellten G-rundsazes, wenigstens verhindert hätte, daß die gleiche Erbschaft durch zwei verschiedene Gesezgebungen regiert werde. Man wird übrigens sehen müssen, ob und auf welche Weise diese Bestimmung thatsächlich wird angewendet werden können.

Die Art. 24 und 25 reproduziren die Bestimmungen der §§ VIII und IX der Erklärung von 1867, in Bezug auf die Verpflichtung, vorErwirkung der Aushingabe der betreffenden Erbschaft, alle Schulden zu bezahlen, welche der Verstorbene im Lande gemacht haben könnte, oder abzuwarten, bis eine einjährige Frist, vom Tage des Ablebens an gerechnet, abgelaufen ist, ohne daß irgend eine Reklamation eingereicht worden wäre (Art. 24), -- und regeln die Gebühren des Fiskus, die denjenigen gleich sein müssen, welche die Staatsangehörigen in ähnlichen Fällen zu bezahlen haben (Art. 25).

Der Art. 26, welcher festsezt, daß die von den Konsuln im Interesse einer Erbschaft bestrittenen Kosten durch die kompetente Ortsbehürde anzuerkennen und von ihr aus der Erbschaft als Vormundschaftskosten zu bezahlen sind, ist neu und gibt zu keiner Bemerkung Veranlagung.

Durch den Art. 27 wird nur der § 17 der Erklärung von 1867, betreffend die Verlassenschaften ohne vorhandene Erben, reproduzirt.

Wir sind in viele Prozedurdetails nicht eingetreten, weil sie geringes Interesse bieten und, wie oben bemerkt, anderswo ganz überflüssig wären. Hr. Raffard dagegen legt denselben eine große Wichtigkeit bei, von der Ueberzeugung ausgehend, daß solche détail lirte Vorschriften für die Vollziehung der Uebereinkunft unerläßlich sind.

Für uns ist nun die Ansicht des Hrn. Raffard, welcher seit 20 Jahren die Funktionen eines schweizerischen Generalkonsuls in Rio Janeiro versieht, von großem Gewicht. Es ist nicht außer Acht zu lassen, daß die in Rede stehende Uebereinkuuft, wiewohl sie Gegenseitigkeit vorschreibt, doch fast ausschließlich zu Gunsten unserer Staatsangehörigen in Brasilien zur Anwendung kommen wird, da die Anzahl brasilianischer Angehöriger in der Schweiz sehr klein und dagegen diejenige unserer AngeLörigeu in Brasilien sehr bedeutend ist.

Die Art. 28 und 29 sind
neu; sie räumen den Konsularbeamten das Recht ein, ihre Befugnisse ganz oder theilweise zu delegiren (Art. 28), und bestimmen, daß die Ortsbehörden innerhalb der Schranken der Uebereinkunft den Konsuln, wenn sie es verlangen, Beistand leisten werden.

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Der Art. 30 enthält die Clausel betreffend Gleichbehandlung mit der meistbegünstigten Nation, welche für uns von wesentlichem Vortheile sein kann, indem Brasilien im Jahre 1874 alle seine Konsularkonventionen aufgekündet und noch nicht erneuert hat.

Endlieh sezt der Art. 31 die Dauer der Uebereinkunft auf fünf Jahre fest, vom Austausche der Ratiokationen an gerechnet, welcher binnen sechs Monaten, von der Unterschrift der Uebereinkunft an, also vor dem 21. April nächsthin, zu erfolgen hat.

Ein am gleichen Tage wie die Uebereinkunft unterzeichneter Zusazartikel räumt den Konsularbeamten das Recht ein, vor den Gerichten als Dolmetscher za funktioniren, alle Aktenstüke von Behörden ihres Staates zu übersezen und zu beglaubigen, welchen Uebersezungen an ihrem Wohnorte die gleiche Gültigkeit beigemessen werden muß, wie wenn sie durch beeidigte Dolmetscher oder öffentliche Uebersezer gefertigt worden wären.

Kurz zusammengefaßt, kann also gesagt werden, daß mit Ausnahme des Redites der Siegelanlegung durch den Konsul im Augenblike der Eröffnung der in die Konsularkompetenz fallenden Erbschaften, von welchem Rechte in der Praxis kein Gebrauch gemacht wurde und dessen Abschaffung Hr. Raffard selbst verlangte, die neue Uebereinkunft den Konsularbeamten alle wesentlichen Rechte zuerkennt, die ihnen durch die Uebereinkunft von 1861 und die Erklärung von 1867 eingeräumt wurden. Sodann ist der Grundsaz der Bereinigung der Erbschaften gemäß dem Geseze des Heimatstaates des Verstorbenen klar aufgestellt und den Konsuln die Befugniß verliehen, in gewissen Fällen von der kompetenten Ortsbehörde zu verlangen, daß sie zu Vormündern oder Kuratoren ihrer minderjährigen Landsleute ernannt werden.

Wir glaubten demnach unsero Bevollmächtigten ermächtigen zu dürfen, diese neue Uebereinkunft zu unterzeichnen, zumal wir uns nach vierjährigen mühevollen Unterhandlungen überzeugen konnten, daß es uns nicht möglich sei, von Brasilien weitere Zugeständnisse zu erlangen, und daß eine Ablehnung der durch diesen Vertrag uns gewährten Vortheile ohne Kompensation oder Hoffnu ng auf Erlangung anderweitiger, nur die Folge hätte, daß uns die positiven Vortheile, die er uns verschafft, verloren gehen würden.

Wir fügen noch bei, daß unsere in Brasilien niedergelassenen Angehörigen dem Abschlüsse dieses Vertrages einen großen Werth
beimessen. Die neue Uebereinkunft ist übrigens nur für einen Zeitraum von fünf Jahren abgeschlossen, und die im Art. 30 aufgestellte Clausel der Gleichstellung mit der meistbegünstigten Nation wird uns der allfälligen weitern Zugeständnisse theilhaftig machen, welche Brasilien bei Erneuerung seiner Konsularverträge mit andern Mächten eingehen sollte.

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Wir haben demnach die Ehre, Ihnen zu beantragen, diese Uebereinkunft zu genehmigen durch Annahme des nachfolgenden Bundesbeschlußentwurfes.

Empfangen Sie, Tit., die Versicherung unserer ausgezeichnetsten.

Hochachtung.

B e r n , den 8. März 1879.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes : Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Hammer.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft:

Schiess.

Bandesblatt. 31. Jahrg. Bd. I.

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474 (Entwurf)

Bundesbeschluss über

Genehmigung der zwischen der Schweiz und Brasilien unterm 21. Oktober 1878 abgeschlossenen Konsularkonvention.

D i e B u n d e s v er S a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 8. März 1879, b eschließt: Art. 1. Der zwischen der Schweiz und Brasilien abgeschlossenen und am 21. Oktober 1878 in Rio Janeiro unterzeichneten Konsularkonvention wird hiemit die vorbehaltene Ratifikation ertheilt.

Art. 2. Der Bundesrath ist mit der Vollziehung des gegenwärtigen Beschlusses beauftragt.

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Uefoereinkimft zwischen

der schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Kaiserreich Brasilien, betreffend das Konsulatswesen.

(Vom 21. Oktober 1878.)

Der Bundesrath der schweizerischen Eidgenossenschaft und Seine .Majestät der Kaiser von Brasilien, für nothwendig findend, die Befugnisse, Vorrechte und Immunitäten, deren die Konsul aragenlen in jedem der beiden Staaten theilhaftig sein sollen, klar und genau festzusezen, haben beschlossen, eine diesfällige Uebereinkunft mit einander abzuschließen, und liiezu folgende Bevollmächtigte ernannt : Der hohe schweizerische Bundesrath :

Herrn Eugen Emil R a f f a r d , seinen Generalkonsul, und Seine Majestät der Kaiser von Brasilien :

Herrn Domingos de Souza Leâo, Baron d e V i l l a B e l l a , Mitglied seines Rathes, Commandeur des Ordens der Rose, Minister und Staatssekretär der auswärtigen Angelegenheiten etc. etc. ; welche nach Auswechslung ihrer in gehöriger Form befundenen Vollmachten die nachfolgenden Artikel vereinbart haben :

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Artikel \.

Jede der hohen Vertragsparteien ist berechtigt, Generalkonsuln, Konsuln, Vize-Konsuln und Konsularagenten in den Häfen, Städten oder Ortschaften des Gebietes der andern, wo sie für die Förderung des Handels und zum Schuze der Rechte und Interessen der beiderseitigen Bürger nöthig befunden werden, aufzustellen und zu halten. Sie reserviren sich jedoch gegenseitig das Recht, jede Ortschaft hievon auszuschließen, wo die Aufstellung solcher Beamten nicht zwekdienlich erscheinen sollte.

Artikel 2.

Die von der schweizerischen Eidgenossenschaft oder von Brasilien ernannten Generalkonsuln, Konsuln, Vize-Konsuln und Konsularagenten können ihr Amt erst antreten, nachdem sie ihre Ernennungsurkunden der nothwendigen Genehmigung unterbreitet und das Exequatur erlangt haben, in der Form, wie sie in dem Lande, wo sie residiren sollen, festgestellt ist.

Die Verwaltungs- und Gerichtsbehörden des Konsularbezirkes, für welchen solche Agenten ernannt sind, haben auf Vorweis des Exequatur, das ihnen kostenfrei zuzufertigen ist, dieselben ohne weiters bei Ausübung ihres Amtes als kompetent anzuerkennen und ihnen die Vorrechte und Immunitäten einzuräumen, welche der Artikel 3 gegenwärtiger Uebereinkunft ihnen gewährt.

Für Agenten, welche bei Verhinderung, Abwesenheit oder Ableben von Generalkonsuln, Konsuln, Vize-Konsuln oder Konsularagenten mit Erlaubniß der zuständigen Behörden interimistisch funktioniren, gelten die gleichen Vorrechte.

Jede der hohen Vertragsparteien behält sich das Recht vor, den genannten Beamten das Exequatur zurükzuziehen, wenn sie es angemessen findet; jedoch sind die Gründe hiefür mitzutheilen.

Artikel 3.

Den Generalkonsuln, Konsuln, Vize-Konsuln und Konsularagenten kommen die Vorrechte und Immunitäten zu, welche das Völkerrecht im Allgemeinen anerkennt, wie die Befreiung von militärischen Einquartierungen und von allen direkten Staats-, Provinzialoder Munizipal-Steuern, seien es persönliche oder Mobiliar- oder Luxus-Steuern, insofern die betreffenden Beamten nicht Liegenschaften besizen oder Handel treiben oder irgend eine andere In-

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dustrie ausüben, in welchen Fällen sie in Bezug auf 'ihre Liegenschaften, ihre Industrie oder ihren Handel den nämlichen Lasten und Taxen unterliegen, wie die Staatsangehörigen.

Ebenso genießen sie Personalimmunität, außer für Handlungen, welche die Strafgesezgebung in der Schweiz als Verbrechen und diejenige in Brasilien als schwere Verbrechen und ,,inafiancaveisa bezeichnet; auch kann, wenn sie Handelsleute sind, wegen ihrer Handelsgeschäfte die Schuldhaft auf sie angewendet werden.

Sie dürfen nicht aufgefordert werden, als Zeugen vor G-ericht zu erscheinen. Wenn die Ortsjustiz von diesen Beamten eine Erklärung oder Erkundigung einzuholen hat, so ist diese schriftlich oder in ihrem Domizile eine mündliche nachzusuchen.

Sollte eine der hohen Vertragsparteien zum Konsularagenten im Gebiete der andern einen Unterthan der leztern wählen, so wird dieser Agent auch ferner als Bürger der Nation angesehen, der er angehört, und es unterliegt derselbe daher den Gesezen und Verordnungen, welche für die Staatsangehörigen am Orte seines Amtssizes gelten, ohne daß jedoch diese Verpflichtung ihn in der Ausübung seiner Funktionen irgendwie hemmen dürfte.

Diese leztere Bestimmung hat keine Beziehung zu den in § 3 erwähnten persönlichen Vorrechten.

Artikel 4.

Beim Ableben eines Konsularbearnten, der keinen Stellvertreter bezeichnet hat, wird die Ortsbehörde sofort zur Versiegelung des Archivs schreiten, wo möglich im Beisein eines im Konsularbezirk residirenden Konsularagenten einer notorisch befreundeten Macht und zweier Personen, welche dem Lande angehören, dessen Interessen dem Verstorbenen anvertraut waren, oder in Ermangelung solcher, zweier der angesehensten Personen des Orts.

Ueber diese Verhandlung ist ein Verbalprozeß in zwei Doppeln zu fertigen, wovon ein Exemplar dem Konsul übermittelt wird, unter welchem die vakante Konsularagentschaft steht.

Bei der Besiznahme des Archivs durch den neuen Beamten wird die Entsiegelung im Beisein der Ortsbehörde und der am Plaze anwesenden Personen stattfinden, welche früher der Versiegelung beiwohnten.

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Artikel 5.

Das Konsulararchiv ist unverlezlich ; die Ortsbehörden dürfen dasselbe in keinem Falle durchsuchen oder in Beschlag nehmen.

Es muß deßhalb von den Büchern und Papieren betreffend die von den Generalkonsuln, Konsuln, Vizekonsuln oder Konsularagenten allfällig betriebenen Handels- oder Industriegeschäfte ganz ausgeschieden sein.

Artikel 6.

Die Generalkonsuln, Konsuln, Vizekonsuln und Konsularagenten dürfen über dem Eingange des Konsulargebäudes einen Schild mit dem Wappen ihrer Nation und der Inschrift: ,, Generalkonsulat, Konsulat, Vizekonsulat, oder Konsularagentschaft von ...'.." anbringen und an Festtagen, gemäß den Landesgebräuchen, daselbst auch eine Fahne mit den Farben ihrer Nation aufpflanzen. Diese äußern Zeichen sollen jedoch nur zur Kenntlichmachung der Wohnung oder der Anwesenheit des Konsularbeamten dienen, niemals aber ein Asylrecht verleihen.

Art.

7.

Die Generalkonsuln, Konsuln, Vizekonsuln und Konsularagenten oder ihre Stellvertreter köonen sich an die Behörden ihres Bezirkes, und nöthigenfalls, wo ein diplomatischer Agent ihrer Nation fehlt, an die Regierung des Landes wenden, in welchem sie funktioniren, um gegen jede Verlezung der Verträge oder Uebereinkünfte, welche zwischen den beiden Staaten bestehen, oder gegen die Mißbräuche, über die ihre Landsleute sich zu beschweren hätten, Ein* spräche zu erheben.

., . _ liäSijSli ||Artikel 8.

Diese nämlichen Agenten sind berechtigt, auf ihren Kanzleien und in der Wohnung der betheiligten Parteien Erklärungen und andere Urkunden aufzunehmen, welche Kaufleute oder Bürger ihrer Nation daselbst verschreiben wollen, Inbegriffen Testamente oder leztwillige Verfügungen, Abmachungen über gütliche Theilung, wenn alle Erben mehrjährig und anwesend sind, Kompromisse, Verhandlungen, Schiedsprüche und andere Verschreibungen jeder Art, die unter freiwillige Jurisdiktion fallen.

Es soll aber, wenn diese Fertigungen auf Grundstüke im Lande selbst sich beziehen, ein Notar oder dazu befugter öffentlicher

479 Schreiber des Ortes denselben beiwohnen und sie mit den genannten Agenten unterzeichnen, bei Strafe der Nichtigkeit.

Artikel 9.

Die vorerwähnten Beamten haben ferner das Recht, auf ihrer Kanzlei Kontrakte jeder Art zwischen eigenen Landsleuten oder zwischen solchen und andern Personen des Landes, wo sie residiren, sowie auch Kontrakte betreffend Angehörige dieses leztern Landes allein, aufzunehmen, insofern sie Bezug haben auf Vermögensobjekte oder auf Geschäfte, welche im Gebiete des Staates, dem der intervenirende Konsularagent angehört, sich befinden, beziehungsweise zu behandeln sind.

Die von den Generalkonsuln, Konsuln, Vizekonsuln oder Kon-sularagenten gehörig beglaubigten und mit ihrem Amtssiegel versehenen Ausfertigungen solcher Urkunden haben vor allen Gerichten, Richtern und Behörden der Schweiz oder Brasiliens gleiche Beweiskraft wie die Originalverschreibungen selbst, und es kommt ihnen beiderseits die nämliche Gültigkeit zu, wie wenn sie vor den Notaren oder andern dazu befugten öffentlichen Beamten des Landes gefertigt worden wären, sofern diese Urkunden in derjenigen Form, welche die Greseze des Staates vorschreiben, dem der Konsul angehört, ausgestellt und dabei dem Stempel, der Einschreibung, Insinuation und allen andern Formalitäten unterworfen worden sind, welche in dem Lande, wo das Aktenstük seine Vollziehung erhalten soll, in solchen Materien gelten.

Artikel 10.

Beim Ableben eines Bürgers einer der hohen Vertragsparteien im Gebiete der andern hat die zuständige Ortsbehörde hicvon uuverweilt den Generalkonsul, Konsul, Vizekonsul oder Konsularagenten des Bezirks zu benachrichtigen, und leztere Beamte werden ihrerseits die nämliche Anzeige der Ortsbehörde zukommen lassen, wenn sie davon zuerst Kenntniß haben.

Artikel 11.

In folgenden Fällen ist es Sache der Konsularbeamten der Nationalität des Verstorbenen, alles Erforderliche vorzukehren für die Eintreibung, Verwahrung, Konservirung, Verwaltung und Liquidation der Erbschaft, sowie für die Aushändigung des Vermögens an die Erben oder gehörig autorisirten Bevollmächtigten:

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1) Wenn die Erben unbekannt sind; 2) wenn sie, der Nationalität des Verstorbenen angehörend, minderjährig, abwesend oder handlungsunfähig sind; 83 wenn der Testamentsvollstreker abwesend ist oder den ihm zugedachten Auftrag nicht annimmt.

Artikel 12.

Die Inventarisirung, Verwaltung und Liquidation der Erbsehaft sind Sache der Territorialjustiz: 1) Wenn ein testamentarisch ernannter Vollstreker da ist, der den Auftrag annimmt; 2) wenn ein überlebender Ehegatte vorhanden ist, dem es zukommt, als Familienhaupt im Besize der Erbschaft zu bleiben; 3) wenn ein volljähriger Erbe anwesend ist, der nach dem Landesgeseze der Vermögensinventarisirung vorzustehen hat; 4) wenn mit den Erben von der Nationalität des Verstorbenen minderjährige, abwesende oder handlungsunfähige Erben, die einer andern Nationalität angehören, konkurriren.

Einziger Paragraph. Es kann jedoch -- gleichviel welcher der vorbezeichneten Fälle vorliege, wenn einer der Miterben minderjährig, abwesend oder handlungsunfähig ist und unbestritten der Nationalität des Verstorbenen angehört -- der Generalkonsul, Konsul, Vizekonsul oder Konsularagent von der kompetenten Ortsbehörde verlangen, zum Vormunde oder Kurator ernannt zu werden, und diese wird entsprechen können, wenn sie nicht gesezliche oder andere triftige Gründe zur Ablehnung dieses Verlangens hat. Nach bewerkstelligter Theilung des Vermögens wird der Konsularbeamte von dem Erbantheile, der den von ihm vertretenen Erben zukommt, Besiz nehmen und fortfahren, das Vermögen zu verwalten und über die Person der Minderjährigen und Handlungsunfähigen zu wachen.

Nach der Theilung und Aushändigung des Vermögens an den Konsularbeamten oder seinen Bevollmächtigten wird die Dazwischenkunft der Ortsbehörde aufhören, außer es handle sich um die in der Nummer des Art. 18 erwähnten Wirkungen.

Der Vater oder der testamentarisch ernannte Vormund wird gegenüber den betreffenden minderjährigen Erben die Funktionen eines Vormunds ausüben, und es kann in diesem Falle der Generalkonsul, Konsul, Vizekonsul oder Konsularagent mit dem Amte eines

481 Curators der genannten Minderjährigen betraut werden. Stirbt der Vater oder der Vormund oder wird er seines Amtes entsezt, so hat man sich an die Bestimmung des ersten Theils dieses Paragraphen zu halten.

Artikel 13.

Für minderjährige Erben, die in Brasilien, von Schweizerbürgern herstammend, geboren worden sind, gilt bis zu ihrer Volljährigkeit der Civilstand ihres Vaters, gemäß dem Geseze vom 10. September 1860, soweit es sich um die Wirkungen der Bestimmungen gegenwärtiger Uebereinkunft handelt. Und umgekehrt sind die brasilianischen Konsuln in der Schweiz berechtigt, unter gleichen Umständen von den Erbschaften ihrer Landsleute Besiz zu nehmen, sie zu liquidiren und zu verwalten. · Die Funktionen eines Vormundes oder Kurators sind in den Wirkungen, um die es sich im gegenwärtigen Artikel handelt, nicht Inbegriffen; dieselben können weder übertragen noch geregelt werden anders als durch die Ortsbehörde und nach den Landesgesezen.

Artikel 14.

Die Universallegatare sind den Erben gleichgestellt.

Artikel 15.

Sind alle Erben volljährig, so können dieselben infolge gegenseitigen Einverständnisses zurlnventarisirung, Verwaltung und Liquidation ihrer Erbschaft schreiten, sei es vor dem Territorialrichter, sei es vor dem Konsularbeamten.

Artikel 16.

In den Fällen , wo laut Artikel 11 der Konsularbeamte von sich allein aus die Eintreibung, In venta risirung, Verwahrung, Verwaltung und Liquidation einer Erbschaft zu besorgen hat, wird derselbe folgende Bestimmungen beobachten: 1) Er wird , wenn es möglich ist, in einem einzigen Tage alle Vermögensobjekte zu inventarisiren, sofort nach dem Todesfalle hiezu schreiten und dus Vermögen in Verwahrung und unter seine Verwaltung nehmen.

2) Ist das Inventar nicht in einem Tage fertig zu bringen, so wird er sofort die Mobiliareffekten und die Papiere des Ver-

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3)

4)

5)

6)

7)

storbenen versiegeln und sodann die Inventarisirung des ganzen Vermögens vornehmen, welchem er die oben bezeichnete Bestimmung zu geben hat.

Die in den zwei vorhergehenden Nummern erwähnten Amtshandlungen werden im Beisein der Ortsbehörde, wenn dieselbe, durch den Konsularbeamten diesfalls begrüßt, beiwohnen zu sollen glaubt, sowie im Beisein zweier gültiger Zeugen stattfinden.

Wenn nach dem Todesfall und nachdem übrigens die Bestimmung des Art. 10 beobachtet worden, die im Wohnsize des Verstorbenen erscheinende Ortsbehörde den Konsularbeamten daselbst nicht vorfindet, so wird sie sich auf die Versiegelung beschränken.

Sind der Konsularbeamte und die Ortsbehörde anwesend, so sind die Siegel abzunehmen, und es wird der genannte Beamte zur Inventarisirung des Vermögens im Beisein der Ortsbehörde, wenn sie beiwohnen will, schreiten.

Ist diese Behörde nicht anwesend, so wird der Konsularbeamte eine schriftliche Einladung an sie richten, binnen einer Frist von mindestens drei und höchstens acht Tagen zu erscheinen, damit zur Wegnahme, der Siegel und zu den andern obbezeichneten Amtshandlungen geschritten werden könne.

Erscheint die Ortsbehörde nicht, so wird der Konsularbeamte von sich allein aus vorgehen.

Wenn während der vorerwähnten Schritte unter den Papieren des Verstorbenen ein Testament entdekt wird , oder wenn ein solches irgendwo existirt, so ist dessen Eröffnung mit den gesezlichen Formalitäten durch den Territorialrichter vorzunehmen , welcher binnen vier Tagen dem Konsularbeamten eine authentische Abschrift davon zu übermitteln hat.

Binnen vier Tagen wird der Kousularbeamte an die Ortsbehörde eine Abschrift der Verbalprozesse sowohl über die Anlegung und Wegnahme der Siegel, als über'die Vermögensinventarisirung einsenden.

Der Konsularbeamte wird das Ableben der betreffenden erblassenden Person binnen 14 Tagen veröffentlichen, von da an gerechnet, wo er Notifikation darüber erhalten hat.

Artikel 17.

Die Fragen betreffend Gültigkeit des Testaments gehören vor die Territorialrichter.

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Artikel 18.

Der Konsularbeamte wird, nachdem er die irn Art. 16 erwähnten Schritte gethan hat, in Bezug auf die Verwaltung und die Liquidation der Erbschaft folgende Normen beobachten: 1) Zunächst wird er die Beerdigungskosten bezahlen, welche entsprechend der Stellung und dem Vermögen des Verstorbenen aufgewendet worden sind.

2) Er wird unverweilt Vermögensobjekte, die leicht in Verderbniß gerathen oder deren Aufbewahrung schwierig oder onerös ist, durch öffentliche Versteigerung, wie sie den durch die Geseze und Gebräuche festgesezten Formen entspricht, verkaufen.

Für den Verkauf von Liegenschaften wird der Konsularbeamte die Bewilligung des Territorialrichters einholen.

3) Er wird, sei es gütlich, sei es gerichtlich, die Guthaben, Renten , Aktiendividenden, Zinsen von Einschreibungen bei der öffentlichen Schuld und alle andern Einkünfte und Summen, die man der Erbschaft schuldig ist, eintreiben und den Schuldnern Quittung geben.

4) Er wird aus den Summen , die zur Erbschaft gehören, oder aus dem Ergebniß des Verkaufs von Mobiliar- oder Immobiliar-Vermögensobjekten alle Lasten und Schulden der Erbschaft tilgen, und die Vermächtnisse, die auf ihr lasten sollten, vollstreken, gemäß den Testamentsbestimmungen.

5) Wenn der Konsularbeamte, mit Berufung auf das Ungenügende der Mittel der Erbschaft, die Bezahlung aller oder einzelner gehörig ausgewiesener Guthaben verweigert, so sind die Gläubiger berechtigt, wenn sie es ihren Interessen dienlich finden , die kompetente Behörde darum anzugchen, den Konkurs unter den Gläubigern eröffnen zu dürfen.

Ist diese Erklärung in dem durch die Gesezgebung des betreffenden Landes bezeichneten Wortlaute und auf dem durch dieselbe vorgesehenen Wege erlaugt, so hat der Konsularbeamte sofort an die Gerichtsbehörde oder au die Fallimentssyndiks , d. h. an wen Rechtens, alle Dokumente, Effekten oder Valoren, die der -- testamentarischen odei- ab intestat -- Erbschaft gehören, abzugeben, und es bleibt der genannte Beamte mit der Vertretung der abwesenden, minderjährigen und handlungsunfähigen Erben betraut.

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Artikel 19.

Die Dazukunft von Erben einer andern Nationalität als derjenigen des Verstorbenen hat nicht die Folge, daß die Vorkehrungen zur Eintreibung und Verwaltung der Erbschaft, welche in den Fällen, um die es sich im Art. 11 handelt, stattgefunden hätten, aufhören müßten ; es wäre denn, daß die Erben selbst sich stellen und sich über ihre Eigenschaft durch Gerichtsspruch ausweisen, nachdem im Laufe der betreffenden Prozedur der Konsularbeamte einvernommen worden.

Artikel 20.

Erfolgte das Ableben,an einem Orte, wo kein Konsularbeamter war, so wird die Ortsbehörde sofort der Regierung durch Vermittlung des Präsidenten der brasilianischen Provinz oder der kompetenten Schweizerbehörde hievon Kenntniß geben, unter Mittheilung der Aufschlüsse, die sie über die nähern Verumständungen des Todesfalles erhalten haben sollte, und sodann zur Versiegelung und Inventarisirung des Vermögens, sowie zu den spätem Maßregeln der Verwaltung der Erbschaft schreiten. Diese Mittheilung ist im gleichen Wortlaute und unverweilt vom Präsidenten der Provinz oder von der kompetenten Behörde dem Konsularbeamten zu übermitteln , welcher an Ort und Stelle erscheinen oder unter seiner Verantwortlichkeit einen Vertreter bezeichnen kann, worauf dieser Beamte oder sein Stellvertreter die Erbschaft in Empfang nehmen und deren Liquidation fortsezen wird, wenn sie noch nicht beendigt ist.

Artikel 21.

Gehörte der Verstorbene einer Handelsgesellschaft an, so wird man in den durch die Handelsgeseze des Landes vorgeschriebenen Formen vorgehen.

§ 1. Wenn zur Zeit des Ablebens das Vermögen oder ein Theil des Vermögens einer Erbschaft, deren Liquidation und Verwaltung durch gegenwärtige Uebereinkunft normirt sind, durch Einsprache oder Beschlagnahme betroffen ist, so kann der Konsularbeamte von dem gedachten Vermögen nicht Besiz nehmen vor Aufhebung der Einsprache oder der Beschlagnahme.

§ 2. Wenn während der Liquidation eine Einsprache oder eine Beschlagnahme des Vermögens der Erbschaft eintritt, so ist der Konsularbeamte Depositar des genannten, durch Einsprache oder Beschlagnahme betroffenen Vermögens.

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Der Konsularbeamte behält stets das Recht, angehört zu werden und über die Erfüllung der gesezlichen Formalitäten zu wachen, und kann in allen Fällen das, was er den Interessen der Erbschaft dienlich erachtet, verlangen; tritt das Exekutivverfahren ein, sei es vor dem Handelsrichter, sei es vor dem Sequesterrichter, so wird er die liquiden Betreffnisse oder die Ueberbleibsel, die der Erbschaft zukommen, in Empfang nehmen.

Artikel 22.

Ist die Erbschaft liquidirt, so wird der Konsularbeamte auf Grund der betreffenden Dokumente ein Tableau des zu vertheilenden Betrags aufstellen und der kompetenten Ortsbehörde übersenden, mit einem-Berichte über die Verwaltung und Liquidation des ihm anvertrauten Vermögens.

§ 1. Auf Verlangen der Lokalbehörde können diese Dokumente mit den Originalien kollationirt werden, welche zu diesem Zweke auf der Konsulatskanzlei zu ihrer Verfügung gehalten werden.

§ 2. Die Ortsbehörde wird den authentischen Abschriften der Verbalprozesse über Versiegelung und Entsiegel u ng, sowie über Inventarisirung des Vermögens, das Tableau und den Bericht des Konsularagenten beifügen und den Verbalprozeß über die Vertheilung aufnehmen lassen, welche mittelst .Bildung von Losen und Festsezung der allfälligen Ausgleichsbeträge zu geschehen hat.

§ 3. In keinem Falle können die Konsuln Richter sein über Streitigkeiten betreffend die Rechte der Erben, das zur Erbschaft ' Zugebrachte, die Reserve, das verfügbare Betreffniß. Diese Streitigkeiten gehören vor die kompetenten Gerichte.

§ 4. Ist .das Urtheil über die Theilung gefällt, so wird die Ortsbehörde eine Ausfertigung davon, mit den bezüglichen Rechnungen, dem Konsularbeamten einsenden.

Artikel 23.

Beim Ableben eines Bürgers einer der hohen Vertragsparteien auf dem Gebiete der andern ist seine Verlassenschaft in Bezug auf die Erbfolge und die Vertheilung unter den Erben nach dem Geseze des Landes zu bereinigen, dem er angehört, gleichviel welcher Art das Vermögen sei, mit Vorbehalt der Spezialbestimmungen des Ortsgesezes über Liegenschaften.

Wenn jedoch ein Bürger einer der hohen Vertragsparteien Erbe in seinem Lande ist, in Konkurrenz mit ausländischen Erben,

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so darf er verlangen, daß sein Antheil vorzugsweise nach dem Wortlaute des Gesezes seines Heimatstaates geregelt werde.

Artikel 24.

Ein Konsularbeamter kann eine Erbschaft den rechtmäßigen Erben oder ihren Bevollmächtigten erst nach Bezahlung aller Schulden, die der Verstorbene im Lande eingegangen haben mag, oder nachdem, vom Todestage an gerechnet, eine einjährige Frist abgelaufen ist, ohne daß irgend eine Reklamation gegen die Erbschaft erfolgt wäre, aushändigen.

Artikel 25.

Jeder Vertheilung des Erbschaftsertrages an die Erben vorausgehend müssen die Gebühren des Fiskus des Landes, wo die Erbschaft zur Eröffnung gelangte, entrichtet werden.

Diese Gebühren sind die nämlichen wie diejenigen, welche die Landeskinder in ähnlichen Fällen bezahlen oder künftig zu bezahlen haben werden.

Der Konsularbeamte wird zuerst dem Fiskus die Namen der Erben und ihren Verwandtschaftsgrad deklariren, und es wird diese Verwaltung nach Entrichtung der Gebühren die Uebergabe des Eigenthums und des Besizes des Vermögens an die Erben, nach dem Wortlaute dieser Deklaration, vollziehen.

Artikel 26.

Die Kosten, welche der Konsularbeamte im Interesse der Erbschaft oder desjenigen Theiles derselben, der nicht unter seiner Ueberwachung und Verwaltung steht, zufolge den Bestimmungen dieser Uebereinkunft zu bestreiten genöthigt ist, sind von der kompetenten Ortsbehörde anzuerkennen und als Vormundschafts- oder Curatelkosten aus den Mitteln der gleichen Erbschaft zu bezahlen.

Artikel 27.

Wenn die Verlassenschaft eines Bürgers einer der hohen Vertragsparteien, der im Gebiete der andern verstorben ist, herrenlos wird, d. h. wenn weder ein überlebender Ehegatte noch eine in erbfähigem Grade stehende Person vorhanden ist, so verfällt diese Verlassenschaft dem Staate, auf dessen Gebiet der Todesfall stattgefunden hat.

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Es sind durch Fürsorge des Territorialrichters drei Bekanntmachungen, die von drei zu drei Monaten auf einander folgen, in den Zeitungen des Ortes, wo die Erbschaft zur Eröffnung gelangte, sowie in denjenigen der Landeshauptstadt zu erlassen, enthaltend Geschlechts- und Vornamen des Verstorbenen, Ort und Datum seiner Geburt, wenn sie bekannt sind, den Beruf, den er ausübte, sowie Datum und Ort seines Todes. Gleiche Bekanntmachungen sind auf Veranstaltung des Territorialrichters auch in den Zeitungen des Geburtsortes der Person, deren Verlassenschaft man liquidili, und in denjenigen der nächstgelegenen Stadt einzurüken.

Wenn zwei Jahre nach dem Todesfalle weder ein überlebender Ehegatte noch ein Erbe, sei es persönlich oder durch Bevollmächtigte, sich 'präsentirt hat, so wird dev Territorii)Iriehter durch ein dem Konsularbeamten zu notifizirendes Urtheil die Einweisung des Staates in den Besiz des Vermögens der Verlassenschaft aussprechen.

Die Verwaltung des Staatsgutes wird hierauf in den Besiz des gedachten Vermögens treten, wobei vorbehalten bleibt, daß den Erben Rechenschaft zu geben ist, welche in den Fristen zum Vorschein kommen sollten, während welcher in gleichen Fällen die Landeskinder berechtigt sind, auf eine Erbschaft Anspruch zu erheben.

Artikel 28.

Die Generalkonsuln, Konsuln, Vizekonsuln und Konsularagenten können ganz oder theilweise ihre durch gegenwärtige Uebereinkunft festgesezten Befugnisse delegïren, und es werden die von ihnen unter eigener Verantwortlichkeit als Vertreter ernannten Agenten oder Delegirten innert den Schranken der Vollmachten handeln, die ihnen verliehen sind, ohne jedoch irgend eines der im Art. 3 eingeräumten Vorrechte theilhaftig zu sein.

Artikel 29.

Die Ortsbehörden werden sich darauf beschränken, den Konsularbeamten allen erforderlichen Beistand zu leisten, den sie von ihnen zum Behufe vollständiger Vollziehung der Bestimmungen gegenwärtiger Uebereinkunft ansprechen werden; alles, was in Zuwiderhandlung gegen die leztern geschieht, ist null und nichtig.

Artikel 30.

Den Generalkonsuln, Konsuln und ihren Kanzlern, den Vizekonsuln und Konsularagenten kommen in den beiden Staaten , auf

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Grund der Reziprozität, alle Befugnisse, Vorrechte und Immunitäten zu, welche den Agenten gleichen Ranges der meistbegünstigten Nation bereits gewährt sind oder in der Folge gewährt werden sollten.

Artikel 31.

Diese Uebereinkunft ist der Genehmigung und Ratifikation der kompetenten Behörden jeder der hohen Vertragsparteien zu unterbreiten, und es sollen die Ratifikationen derselben, in der Frist von sechs Monaten oder wenn möglich früher, in Bern ausgetauscht werden.

Gegenwärtige Uebereinkunft verbleibt fünf Jahre in Kraft, vom Tage des Austausches der Ratifikationen an gerechnet. Sie wird für ein weiteres Jahr Gültigkeit haben , wenn nicht zwölf Monate vor Ablauf des lezten Termins die eine oder andere der hohen Vertragsparteien der andern amtlich ihren Rüktritt von der Uebereinkunft notifizirt, und so weiter von Jahr zu Jahr, bis zum Ablauf der zwölf Monate, welche auf eine solche zu beliebigem Zeitpunkte zu notifizirende Erklärung folgen.

Dessen zur Urkunde haben die beiderseitigen Bevollmächtigten die gegenwärtige Uebereinkunft unterzeichnet und derselben ihre Wappensiegel beigedrükt.

So gegeben in doppelter Ausfertigung in Rio Janeiro, den einundzwanzigsten Oktober des Jahres eintausend achthundert achtundsiebenzig.

(L. S.) (Gez.) Eng. Emile Raffard.

.

,, B. de Yilla Bella.

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Zusazartikel.

Die hohen Vertragsparteien vereinbaren, daß den Generalkonsuln, Konsuln, Vizekonsuln und Konsularagenten gestattet ist, als Dolmetscher vor den Gerichten zu dienen und Dokumente aller Art, welche von Behörden oder Beamten ihres Staates herrühren, zu übersezen und zu beglaubigen, und daß diese Uebersezungen an ihrem Residenzorte die gleiche Gültigkeit haben sollen, wie wenn sie durch beeidigte Dolmetscher oder öffentliche Uebersezer gefertigt worden wären.

Diesem Artikel kommt die gleiche Kraft zu, wie wenn er wörtlich in die vorstehende, heute zwischen Brasilien und der schweizerischen Eidgenossenschaft unterzeichnete Uebereinkunft aufgenommen wäre.

Rio J a n e i r o , den einundzwanzigsten Oktober des Jahres eintausend achthundert und achtundsiebenzig.

(L. S.) (Gez.) Eng. Emile Baffard.

,, B. de Tilla Bella.

Bundesblatt. 31. Jahrg. Bd. 1.

35

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# S T #

Bericht der

ständeräthlichen Kommission über Prüfung der Münzkonventionen.

(Vom 12. März 1879.)

Tit. !

Sie haben in Ihrer letzten Session die Deklaration betreffend die Prägung von Silbermünzen (Fünffrankenstücken) während des Jahres 1879 genehmigt. In gegenwärtiger Behandlung liegt noch a. der Münzvertrag der lateinischen Union, b. das Uebereinkommen betreffend Vollziehung des Art. 8 des Münzvertrages.

Wir stehen mit unserm heutigen Beschluß vor der wichtigen Frage, ob die Schweiz bei der lateinischen Münzunion verbleiben soll oder nicht, und ob wir von der Doppelwährung von Silber und Gold zur einheitlichen Goldwährung übergehen sollen.

Die lateinische Münzunion wurde im Jahre 1865 gegründet.

Wenn sie auch nicht jene Ausdehnung erlangt hat, wie anfänglich gehofft wurde, nämlich die Einigung sämmtlicher Staaten Europas, so sind ihre höchst wohlthätigen Folgen doch nicht zu mißkennen.

Wenn auch Deutschland sich zurückgezogen, ein eigenes Münzsystem aufgestellt hat und sich der Vereinigung nicht anschließt, umfaßt die Union doch ein Gebiet, das 70 Millionen Einwohner repräsentirt. -- Für einen kleinen Staat, welcher nicht ein eigenes

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung betreffend die Konsularkonvention zwischen der Schweiz und Brasilien vom 21. Oktober 1878. (Vom 8.

März 1879).

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1879

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

13

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

22.03.1879

Date Data Seite

463-490

Page Pagina Ref. No

10 010 253

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