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Aus den Verhandlungen des Schweiz. Bundesrathes.

(Vom 8. Juli 18790 Der Bundesrath hat wegen der Einfuhr von Rindvieh aus Italien über die tessinische Grenze eine Verordnung erlassen und beschlossen, dieselbe sämmtlichen Kantonsregierungen zu übermachen, mit folgendem Kreisschreiben : ,,Getreue, liebe Eidgenossen !

,,Mehrere Viehhändler der Mittelschweiz stellten mit Eingabe vom 26. vorigen Monats das Gesuch, auf unsern Beschluß vom 29. April abhin zurükzukommen, durch den bekanntlich die Einfuhr von Rindvieh aus Italien über die tessinische Grenze, im Hinblik auf die in der Lombardei sich ausbreitende Lungenseuche nur unter gewissen Bedingungen gestattet worden war.

,,Es ward zur Unterstüzung dieses Ansuchens namentlich hervorgehoben, daß jene Bestimmung, derzufolge das für die Schlachtbank bestimmte Vieh bis zu derselben geleitet und bis zur Abschlachtung, die binnen drei Tagen zu erfolgen habe, sequestrili bleiben müsse, für die innere Schweiz einem Einfuhrverbot gleich komme, da der Transport über den Splügen nach Luzern 10 Tage erfordere und derjenige über den St. Gotthard nur 5 Tage, somit der leztere bedeutend weniger Kosten erheische.

,,Wir wären-nicht abgeneigt gewesen, diesem Gesuche nach Möglichkeit zu willfahren, allein nach einem Berichte der Sanitätsdirektion des Kantons St. Gallen ist bei einem aus Italien herkommenden Mastochsen im Schlachtbause der Stadt St. Gallen die Lungenseuche ermittelt worden. Nach diesem Vorgange konnte natürlich von der Aufhebung unseres erwähnten Beschlusses nicht mehr die Rede sein ; dagegen war zu berüksichtigen, daß wenn die Einfuhr über den Gotthard unmöglich gemacht werde, zur jezigen Jahreszeit für die Verproviantirung von stark besuchten Ortschaften und Kuranstalten Verlegenheiten entstehen könnten.

,,Nach Vernehmlassung unseres Experten haben wir im Hinblike auf alle diese Thatsachen und Verhältnisse uns zu folgenden Schluß-

75 nahmen, gestüzt auf die Artikel 25 und 36 des Bundesgesezes über polizeiliche Maßregeln gegen Viehseuchen vom 8. Februar 1872 (Amtl. Sammlung, Band X, Seite 1029), veranlaßt gesehen: ,,1. Die Einfuhr von Vieh aus Italien, sowohl direkt als mit der Mont Cenis-Bahn durch Frankreich, wird bis auf Weiteres nur noch gestattet, wenn für dasselbe gehörige Gesundheitsscheine oder entsprechende amtliche Zeugnisse vorgewiesen werden, welche, höchstens sechs Tage früher ausgestellt, bezeugen, daß die einzuführenden Thiere aus seuchefreien Gegenden kommen und soweit diese zu Fuß transportirt worden, nur solche Gegenden durchlaufen haben. Vor dem Einlasse hat die gewöhnliche thierärztliche Untersuchung stattzufinden.

,,2. Die fraglichen Thiere dürfen auf keine Viehmärkte oder Viehausstellungen geführt werden.

,,3. Das Schlachtvieh darf nicht mit anderem Vieh in Berührung gebracht und namentlich in keine für die Unterbringung von einheimischem Vieh bestimmten Stallungen eingestellt werden.

,,4. Das nicht für die Schlachtbank bestimmte Vieh darf bis nach Verfluß von. sechs Wochen nach der Einfuhr nicht veräußert werden. Nach Ablauf dieser Frist ist dasselbe durch einen patentirten Thierarzt zu untersuchen und darf erst dann dem Verkehr übergeben werden, wenn es nach dieser Untersuchung durch den Thierarzt der Lungenseuche unverdächtig erklärt wird.

,,Der Grenzinspektor hat auf dem Passirschein anzumerken : das betreffende Thier dürfe während sechs Wochen nicht auf die Märkte geführt und nicht veräußert werden, und nach dieser Frist müsse erst eine thierärztliche Untersuchung stattfinden, bevor es dem freien Verkehre überlassen werden könne. Der Thierarzt hat dem Viehinspektor die Freigebung des Verkehrs schriftlich zu erklären.

,,5. Uebertretungen dieser Vorschriften werden mit einer Buße von 10 bis 500 Franken bestraft. Ueberdies kann der Fehlbare dem Strafrichter überwiesen und für verursachten Schaden belangt werden, wenn durch absichtliche Umgehung der Vorschriften die Einschleppung oder Ausbreitung einer Seuche veranlaßt wird.

,,6. Mit der Vollziehung dieses Beschlusses, der mit dem 15.

des laufenden Monats Juli in Kraft tritt, sind das Handels- und Landwirthschaftsdepartement und das Zolldepartement beauftragt."

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Auf einen Bericht des Schweiz. Zolldepartements hat der Bundesrath die nachstehend bezeichneten Grenzwege als für den Verkehr mit zollpflichtigen Gegenständen verboten erklärt : 1) den Weg, welcher von der italienischen Ortschaft Longhirolo her, zwischen Dumenza und Luino, mit Umgehung der Zollstätte Termini-Cassinone, nämlich landeinwärts dieser leztern, in die von Dumenza an der Zollstätte Termini vorüberführende Straße einmündet; 2) den Weg, welcher von der italienischen Ortschaft Orezzo her über die tessinische Ortschaft Seseglio nach Pedrinate führt; 3) die Fußwege, welche von dem Punkte La Torruzza an der See-Enge bei Ponte-Tresa aus nach den tessinischen Ortschaften Caslano und Ponte-Tresa fuhren.

In Verbindung mit dieser Maßnahme ist auch das Anlanden von Schiffen an dem Ufer zwischen Caslano und Ponte-Tresa verboten worden.

Der Bundesrath hat die Errichtung einer Civileinnehmerstelle bei der Nebenzollstätte in Mon Idée (Genf) beschlossen, und an diese Stelle p r o v i s o r i s c h gewählt : Hrn. John Poignahd, Schmied, von Puplinge (Genf).

Der Bundesrath wählte als Posthalter in Steffisburg (Bern) : Hrn. Christian Schiffmann, Bäkermeister, von und in dort.

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Aus den Verhandlungen des schweiz. Bundesrathes.

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