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Bericht des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung über die wider das Bundesgesez betreffend Erhöhung des Eingangszolls von verschiedenen Waarengattungen angestrengte Volksabstimmung.

(Vom 22. November 1879.)

Tit.

Bekanntlich hat die Bundesversammlung am 20. Juni 1879 ein Gesez erlassen, wonach der Eingangszoll von einzelnen Waarengattungen theilweise erhöht werden sollte, und es ist dieses Gesez in vorschriftsmäßiger Weise im Bundesblatte (Jahrg. 1879, Bd. III, 1) zur allgemeinen Kenntniß gebracht worden, um dem Bürger die Möglichkeit zu verschaffen, die nach Art. 89 der Bundesverfassung zuläßige Volkseinsprache zur Geltung zu bringen. Es sind denn auch wirklich 19,273 bezw. 19,315 Unterschriften in der nüzlichen Frist eingegangen, mit dem Begehren, das fragliche Gesez der Volksabstimmung zu unterstellen. Diese Unterschriften vertheilen sich folgendermaßen auf die Kantone:

925» Unterschriften gültig : ungültig :

Zürich Bern Luzern Uri Schwyz Unterwaiden ob dem Wald Unterwaiden nid dem Wald Glarus Zug Freiburg Solothurn Basel-Stadt .

.

.

Basel-Landschaft .

.

Schaffhausen .

.

.

Appenzell Außer-Rhoden .

Appenzell Inner-Rhoden .

S t . Gallen .

.

.

Graubünden .

.

.

Aargau .

.

.

.

Thurgau Tessin Waadt Wallis . . . . .

Neuenburg .

.

.

Genf

1300 8 2806 81 2412 11 775 215 207 46 .

147 5 .

94 2 1293 6 8 257 3 1467 21 .

421 -- .198 -- .

45 2 . 419 5 . 273 123 . 3275 4 . 873 l .129 -- 187 l 53 -- 399 -- .

112 -- .1119 -- 426 44 18,695

578

Hiezu kommen aber noch 42 Unterschriften in Bern, welche nur mit Bleistift geschrieben waren und aus diesem Grunde von der Gemeindsbehörde nicht berüksichtigt wurden. Rechnet man nun diese Anzahl zu den gültig abgegebenen Stimmen, so ergibt sich eine Gesammtsumme von 18,737 gültigen gegen 578 ungültige Unterschriften, so daß sich die Gesammtzahl auf 19,315 belaufen würde. Was die Zahl der ungültigen Unterschriften betrifft, so beziehen sich dieselben auf die verschiedenen Mängel, welche bereits bei früheren ähnlichen Anläßen haben wahrgenommen und gerügt werden müssen, und welche folgende Punkte betreffen : 1. Wir begegnen, wie gewöhnlich, so auch diesmal, einer großen Anzahl von Unterschriften, und zwar aus 14 Kantonen, welche offenbar nicht von dea Impetranten selbst, sondern von einem Beauftragten beigesezt sind, während der Artikel 5 des Ge-

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sezes über Volksabstimmungen, vom 17. Juni 1874 (amtl. Samml.

neue Folge Bd. I, 116) ausdrüklich vorschreibt, daß die Bürger ihr Verlangen um Volksabstimmung eigenhändig unterzeichnen sollen. In dieser Beziehung ist gerade bei vorliegendem Arilaße fast unverhältnißmäßig gefehlt worden, indem von den 578 ungültigen Stimmen 463 abgezogen werden mußten, weil sie offenbar -an dem gerügten Mangel litten. Es sollten daher die koutrolirenden Gemeindsvorstände hierauf ihr besonderes Augenmerk richten, damit derartige Uebelstände sich nicht fortwährend wiederholen.

Wenn man auch annehmen will und wohl auch annehmen darf, daß bei der Beifügung von Unterschriften einer und derselben Hand mehr nur Bequemlichkeit als böse Absicht gewaltet habe, so ist das Verfahren immerhin unzuläßig, mit dem Wesen der Unterzeichnung unverträglich, und es können die von anderer Hand beigesezten Unterschriften nach dem ausdrüklichen Willen des Gesezes nicht berüksichtigt werden.

2. Vielfach sind die Beglaubigungen der Unterschriften durchaus ungenügend, und sie widersprechen sowohl dem schon angeführten Artikel des Gesezes als auch der besondern Verordnung vom 2. Mai 1879 (amtl. Samml. neue Folge Bd. IV, 81), welche im Artikel 2 ausführlich vorschreibt, wie die Beglaubigung stattgefunden habe.

Im vorliegenden Falle ist dessen ungeachtet wieder nicht durchgängig nach Vorschrift gehandelt worden, und wir heben namentlich folgende Unregelmäßigkeiten hervor : 1) hie und da fehlt die Unterschrift des kontrolirenden Gemeindsvorstandes oder die Beglaubigung selbst; 2) es fehlt in einzelnen Beglaubigungen die nöthige Sicherheit, indem es bloß heißt, ,,soweit die Personen bekannt sind" ; oder es wird nur die Echtheit der Unterschrift beglaubigt, nicht aber auch, was doch die Hauptsache ist, die Stimm berechtigung des Unterzeichners; 3) wird zweimal die Unterschrift, solcher Unterzeichner beglaubigt, welche nicht in der Gemeinde des kontrolirenden Beamten wohnen ; 4) fehlt für eine Reihe von Unterschriften die Beglaubigung gänzlich ; 5) wird von dem kontrolirendeu Beamten in einzelnen Fällen auch darin gefehlt, daß die Zahl der Beglaubigung mit den Unterschriften nicht zusammenstimmt.

927 Im Ganzen zeigt sich bei der diesmaligen Operation immerhin ein Fortschritt gegen früher, und es sind 8 Kantone ohne alle Rüge aus der Prüfung hervorgegangen. Wäre die Zahl der Unterschriften von gleicher Hand nicht so bedeutend gewesen, so hätten nur 115 Unterschriften statt 578 zurükgewiesen werden müssen.

Gerügt wird, daß hie und da bei der Beglaubigung der Unterschriften der Gemeindestempel nicht beigesezt werde. Wir halten diesen Vorwurf für begründet. Bei der Beglaubigung der Unterschriften handelt es sich um eine amtliche Thätigkeit des Gemeindevorstandes, welche daher auch wie andere Erlasse der Behörden mit dem amtlichen Stempel bekräftigt werden sollten.

Nachdem die Prüfung der sämmtlichen Eingaben herausgestellt hatte, daß die erforderliche Anzahl von Unterschriften zur Bewirkung einer Volksabstimmung nicht vorliegt, so haben wir gemäß Artikel 14 des Abstimmungsgesezes das im Eingange erwähnte Bundesgesez vom 20. Juni d. J. als in Kraft erwachsen erklärt und am 3. Oktober abbia dessen Vollziehung angeordnet. (Amtl.

Samml. neue Folge Bd. IV, 347.)

Beschwerden über Beeinträchtigung bei der Sammlung der Unterschriften sind in der nüzlichen Frist hier keine eingegangen.

Erst nachher wurden uns, und zwar den 25. September und 2. Oktober, vom Centralkomite des Grütlivereins folgende Fragen gestellt : 1) Dürfen Unterschriften, gegen deren Richtigkeit im Uebrigen nichts einzuwenden ist, aus dem Grunde als ungültig erklärt werden, weil die Unterschrift nicht mit Tinte, sondern nur mit Bleistift geschrieben wordeft ist?

2) Kann der betreffende Beamte einer Gemeinde, welcher die Stimmberechtigung zu bezeugen hat, wirklich verlangen, daß jeder Stimmfähige, welcher das Begehren unterzeichnet hat, sich in Gegenwart des Beamten zu unterzeichnen habe, und dürfen die Unterschriften, welche im Uebrigen echt und stimmberechtigt sind, aus obigem Grunde als ungültig erklärt werden ?

Hierauf haben wir unterm 29. Oktober Folgendes erwidern lassen : Zum e r s t e n P u n k t . Der Bundesrath, dem einzig die Prüfung der eingegangenen Referendumsunterschriften zusteht (Art. 3 der Verordnung vorn 2. Mai 1879), habe bis anbin noch keine Unterschrift aus dem Grunde ungültig erklärt, weil dieselbe nicht mit Tinte, sondern nur mit Bleistift geschrieben sei.

928 Zum z w e i t e n P u n k t . Da der Gemeindevorstand nur zu bezeugen habe, daß die auf einer Liste unterzeichneten Bürger in eidgenössischen Angelegenheiten stimmberechtigt seien und in der betreffenden Gemeinde ihre politischen Rechte ausüben (Art. 2 der Verordnung vom 2. Mai 1879, amtl. Samml. neue Folge Bd. IV, 81, in Verbindung mit Art. 5 des Bundesgesezes über Volksabstimmungen vom 17. Juni 1874, amtl. Samml. neue Folge Bd. I, 116), so sei es nicht nöthig, daß der Stimmfähige in Gegenwart des Gemeindebeamten unterzeichne, da das Erforderniß der eigenhändigen Unterzeichnung desjenigen, der ein Begehren stellen oder unterstüzen wolle, durch die Bestimmungen der Strafgeseze gewahrt werde (Art. 5, 2 des citirten Bundesgesezes).

Indem wir die Ehre haben, die Akten über die Prüfung der eingegangenen Unterschriften hier beizuschließen und die Originaleingaben zu Ihrer Verfügung zu halten, benuzen wir den Anlaß, Sie unserer vollkommensten Hochachtung zu versiehern.

B e r n , den 22. November 1879.

·

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Hammer.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schiess.

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Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend den Entwurf zu einem Geseze über den Geschäftsbetrieb von Auswanderungsagenturen.

(Vom 25. November 1879.)

Tit.

Wir haben die Ehre, Ihnen hiemit einen Gesezentwurf vorzulegen, welcher die Ausführung eines Theils von Art. 34, Alinea 2, der Bundesverfassung zum Gegenstande hat, soweit nämlich dieses Alinea bestimmt : ,, Der Geschäftsbetrieb von Auswanderungsagenturen unterliegt der Aufsicht und Gesezgebung des Bundes."· Die Grenzen, innerhalb welcher sich eia derartiger Gesezvorschlag zu bewegen hat, sind theilweise schon durch den Wortlaut des zitirten Verfassungsartikels vorgezeichnet, theils ergeben sie sich auch noch aus einer Reihe von Postulaten und Verhandlungen der Bundesversammlung über diesen Gegenstand, welche bereits in einer frühern Botschaft vom 12. Juni 1867 (Bundesbl. 1867, n, 276) angeführt worden sind. Es kommen hiebei einerseits besonders in Betrachtung die Postulate vom 23. Juli 1855, 25. Juli 1856 und der Beschluß des Nationalrathes vom 7. Dezember 1870, durch welche der Bundesrath eingeladen worden ist, namentlich zu erwägen, ob nicht in den europäischen Hafenstädten eine wirksamere Kontrole, besonders der Schiffskapitäne etc., zum Schuze der Auswanderer zu erzielen sei; ob nicht ferner die Auswanderung von Familien, welche der nöthigen

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Bericht des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung über die wider das Bundesgesez betreffend Erhöhung des Eingangszolls von verschiedenen Waarengattungen angestrengte Volksabstimmung. (Vom 22. November 1879.)

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Jahr

1879

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

54

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

06.12.1879

Date Data Seite

924-929

Page Pagina Ref. No

10 010 512

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