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Botschaft zu einem Bundesbeschluss über einen BürgschaftsRahmenkredit für die Sicherung eines ausreichenden Bestandes an Hochseeschiffen unter Schweizer Flagge

vom 6. November 1991

Sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen den Entwurf zu einem Bundesbeschluss über einen Bürgschafts-Rahmenkredit für die Sicherung eines ausreichenden Bestandes an Hochseeschiffen unter Schweizer Flagge mit dem Antrag auf Zustimmung.

Wh- versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

6. November 1991

1991-753

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Cotti Der Bundeskanzler: Couchepin

l Bundcsblau 144.Jahrgang. Bd.I

Übersicht Die Schweizer Hochseeflotte wurde während des Zweiten Weltkriegs zur Sicherstellung lebenswichtiger Einfuhren aus Übersee geschaffen. Nach dem Krieg zog sich der Bund aus der kommerziellen Schiffahrt zurück und förderte aus sicherheitspolitischen Gründen den Schiffsbestand anfänglich durch Gewährung eigener Darlehen und später durch Verbürgung von Schiffsdarlehen. Die sicherheitspolitische Bedeutung der Schweizer Hochseeflotte ergibt sich einerseits aufgrund der Binnenlage der Schweiz und anderseits aufgrund ihrer Rohstoffarmut sowie ihrer ungenügenden Ernährungsbasis. Die schweizerische Wirtschaft führt in erheblichem Umfang Güter aus Übersee ein und exportiert beträchtliche Mengen an Waren nach Übersee. Im Falle machtpolitischer Krisen besteht erfahrungsgemäss stets die Gefahr einer Verknappung von Handelsschiffsraum und damit einer Abschnürung unseres Landes von den lebenswichtigen überseeischen Versorgungsströmen.

Für die Schweiz ist es deshalb wichtig, selber über eine ausreichende Schiffstonnage zu verfügen. Die sicherheitspolitische Bedeutung der Schweizer Flotte hat trotz weltweiter Verringerung des Militärpotentials keineswegs ab-, sondern noch zugenommen. Heute soll militärische Sicherheit mit wesentlich kleineren aber mobileren Truppenbeständen gewährleistet werden. Diese Mobilität lässt sich aber nur durch den Beizug ziviler Schiffstonnage erreichen, die, wie jüngst der Golf-Krieg gezeigt hat, gegebenenfalls mittels Requisition dem Markt entzogen würde. In einem Bündnisfall der NATO, welche ihre Planung in dieser Richtung verstärkt, stünde deshalb der erforderliche Schiffsraum für die Versorgungsbedürfnisse der Schweiz nicht oder nicht mehr in ausreichendem Masse zur Verfügung.

Die Europäische Gemeinschaft nimmt in aussen- und sicherheitspolitischer Hinsicht lediglich eine koordinierende Funktion wahr. Die verteidigungs- und versorgungspolitischen Aufgaben überlässt sie ihren Mitgliedstaaten. Im Falle machtpolitisch bedingter Versorgungskrisen können deshalb Drittstaaten wie die Schweiz nicht auf ihre Hilfe zählen, zumal die Schiffstonnage der EG-Länder in den letzten zehn Jahren um die Hälfte gesunken ist.

In den vergangenen Jahren hat sich der schweizerische Schiffsbestand infolge eines weltweiten Verdrängungswettbewerbs und wegen vergleichsweise ungunstiger Rahmenbedingungen
durch Verkauf, Ausflaggung oder Betriebsschliessung von 34 Einheiten im Jahre 1985 auf heute 23 verringert. Zudem verhindert vor allem die derzeitige Hochzinsphase die zum Teil längst fälligen Reinvestitionen. Gelingt es nicht, die Rahmenbedingungen für Schweizer Reedereien wieder attraktiv genug zu gestalten, so droht nicht nur ein weiterer Verlust an Schiffen, sondern auch eine zunehmende Überalterung; in Konfliktsituationen wäre die Flotte nicht mehr genügend leistungsfähig.

Der Bürgschaftsaktion des Bundes von 1982, welche Mitte des nächsten Jahres ausläuft, war nicht der erwünschte Erfolg beschieden. Neben der allgemeinen ungünstigen Wirtschaftsentwicklung waren dafür auch die wenig flexiblen Finanzierungsbedingungen massgebend. Der Bundesrat beantragt deshalb den Eidgenössi-

sehen Räten einen weiteren Bürgschafts-Rahmenkredit im Umfang von 350 Millionen Franken für eine Laufzeit von zehn Jahren. Allerdings sollen durch Flexibilisierung der Bürgschaftsbedingungen - nämlich durch einen Übergang von der einfachen zur Solidarbürgschaft, durch eine Erweiterung des Kreises möglicher Darlehensgeber (Nichtbänken), durch Verbürgung von Fremdwährungsdarlehen u. a. m: - die Zinsen gesenkt und damit notwendige Anreize für Neu- und Reinvestitionen geschaffen werden. Mit diesen Massnahmen sollte die schweizerische Hochseeflotte in ihrem Bestand und in ihrer Zusammensetzung einen Standard erreichen, der es ihr erlaubt, die sicherheitspolitischen Erfordernisse wieder zu erfüllen.

Botschaft

I II

Allgemeiner Teil Ausgangstage

Mit einer Interpellation (86.320) ersuchte Nationalrat Peter Spalti am 4. März 1986 den Bundesrat um eine Beurteilung der Bedeutung der schweizerischen Hochseeschiffahrt als Instrument der wirtschaftlichen Landesversorgung in einem allfälligen Krisen- und Kriegsfall. In seiner Antwort bestätigte der Bundesrat, dass die Schweizer Hochseeflotte in einem solchen Fall ein wichtiges Instrument der wirtschaftlichen Landesversorgung darstelle, für deren Erhaltung er günstige Rahmenbedingungen zu schaffen bereit sei. Aufgrund der Diskussion im Rat versprach er zudem, entsprechende Massnahmen zur Erhaltung und Förderung zu prüfen.

Eine vom Delegierten für wirtschaftliche Landesversorgung eingesetzte Arbeitsgruppe erstellte in der Folge einen Bericht betreffend Erhaltung der schweizerischen Hochseeflotte. Darin wird aufgrund einer eingehenden Lageanalyse festgestellt, dass die schweizerische Hochseeflotte aus sicherheits-, aussen- und neutralitätspolitischen Gründen erhalten werden müsse. Vorgeschlagen werden Massnahmen einerseits zur Erhaltung einer ausreichenden Schiffstonnage und anderseits zur Wiederanhebung eines den sicherheitspolitischen Bedürfnissen genügenden Bestandes an schweizerischen Seeleuten.

Gestützt auf diesen Bericht und in Abwägung der Prioritäten entschloss sich der Bundesrat, zunächst Massnahmen zur Wiederanhebung des schweizerischen Mannschaftsbestandes zu ergreifen. In seiner Botschaft vom 22. Februar 1989 zu einem Bundesbeschluss über Finanzhilfen an schweizerische Seeleute zur Sicherung eines ausreichenden Mannschaftsbestandes auf Schweizer Hochseeschiffen (BEI 1989 l 1190) teilte er ausdrücklich die Einschätzung jenes Berichts hinsichtlich der hervorragenden sicherheits-, ausseh- und neutralitätspolitischen Bedeutung der Schweizer Hochseeflotte. Den Eidgenössischen Räten beantragte er für die Jahre 1990-1994 einen Finanzrahmen von 20 Millionen Franken, um durch Ausrichtung von Finanzhilfen an schweizerische Seeleute die Einsatzfähigkeit der Flotte im Hinblick auf mögliche Krisen- und Kriegsfälle sicherzustellen. Mit dem Bundesbeschluss vom 20. September 1989 über Finanzhilfen an schweizerische Seeleute zur Sicherung eines ausreichenden Mannschaftsbestandes auf Schweizer Hochseeschiffen (BEI 1989 III 970) hat das Parlament den entsprechenden Kredit zur Verfügung gestellt. Rund 20
Monate nach deren Anlaufen darf diese Aktion als sehr erfolgreich bezeichnet werden, haben doch bis Mitte September 1991 bereits 189 Schweizer Bürger eine Verpflichtungserklärung unterzeichnet, dies, nachdem Ende 1989 gerade noch 56 Schweizer auf Hochseeschiffen unter Schweizer Flagge Dienst geleistet hatten.

Mitte 1992 läuft der im Jahre 1982 v,on den Eidgenössischen Räten für die Dauer von 10 Jahren bewilligte Bürgsjchafts-Rahmenkredit von 300 Millionen Franken aus (Bundesbeschluss vom 27l Juli 1982 über einen Rahmenkredit für Massnahmen zur Sicherung der schweizerischen Hochseeschiffahrt; BB1 1982 II

477). Soll die Schweizer Hochseeflotte weiterhin eine Unterstützung durch den Bund erfahren, so müssen die Massnahmen zur Finanzierungserleichterung unbedingt fortgesetzt werden. Eine Unterbrechung in der Förderung der Hochseeschiffahrt könnte sich möglicherweise sehr nachteilig auswirken. Bereits in der Botschaft über die Finanzhilfen für Seeleute wurde deshalb einlässlich dargelegt, dass angesichts des alarmierenden Verlusts an Schiffstonnage die Finanzierungsbedingungen verbessert werden müssten, um die notwendigen Reinvestitionen wieder zu fördern (BEI J989 I 1195, insbes, 1198).

12

Vorverfahren

Im Rahmen der Vorbereitungen dieser Vorlage wurde den interessierten Seeschiffahrtskreisen ausreichend Gelegenheit zur Meinungsäusserung gegeben.

Mit den vorgeschlagenen Massnahmen haben sich die Betroffenen ausdrücklich einverstanden erklärt.

2

Besonderer Teil

21

Notwendigkeit der Aufrechterhaltung einer eigenen Schweizer Handelsflotte

211

Historischer Überblick

Vor 50 Jahren, am 9. April 1941, wurde die Schweizer Flagge zur See durch einen vollmachtenrechtlichen Beschluss des Bundesrates eingeführt (Bundesratsbeschluss vom 9. April 1941 über die Seeschiffahrt unter der Schweizerflagge; AS 1941 355). Die Anfänge der schweizerischen Hochseeschiffahrt reichen indessen weiter zurück. Bereits zu Beginn des Zweiten Weltkriegs charterte der Bund fünfzehn griechische Schiffe, um durch eine minimale Tonnage die für die Schweiz lebenswichtigen Einfuhren aus Übersee sicherstellen zu können. Nach dem Angriff Italiens auf Griechenland requirierte die griechische Regierung diese 15 Schiffe für ihre eigenen Zwecke. In der Folge kaufte der Bund selber vier Einheiten, welche zusammen mit sieben Schiffen privater Reeder unter die neu gegründete Schweizer Flagge gestellt wurden. Diese kleine Handelsflotte trug wesentlich zum wirtschaftlichen Überleben der Schweiz während des Krieges bei.

Nach dem Krieg verkaufte der Bund seine Schiffe und zog sich völlig aus der kommerziellen Schiffahrt zurück. Allerdings förderte er anfänglich mit Darlehen und später mittels Bürgschaften weiterhin die Hochseeflotte im Interesse der wirtschaftlichen Landesversorgung. Mit der Einführung des Bundesgesetzes vom 23. September 1953 über die Seeschiffahrt unter Schweizer Flagge («Seeschiffahrtsgesetz» [SSG]; SR 747.30) wurde die schweizerische Seerechtsgesetzgebung auf eine ordentliche Rechtsgrundlage gestellt.

212 i

Sicherheitspolitische Bedeutung der schweizerischen Hochseeflotte

Die , sicherheitspolitische Bedeutung d ;r Schweizer Hochseeflotte hängt zunächst mit drei Grundgegebenheiten zusammen, welche die wirtschaftliche Ausgangslage unseres Landes kennzeichnen^, nämlich die Rohstoffarmut, die ungenügende Ernährungsbasis und vor allem die Binnenlage. Dies führt dazu, dass die Schweiz einen grossen Teil ihres Einfuhrbedarfs aus Übersee bezieht und bedeutende Exporte in überseeische Absatzgebiete tätigt. Die Erfahrungen aus dem! Ersten und Zweiten Weltkrieg haben mit letzter Konsequenz gezeigt, dass die Schweiz in einer Krise oder in einem bewaffneten Konflikt von den lebenswichtigen überseeischen Warenströmen weitgehend abgeschnitten bleibt, wenn sie nicht in der Lage ist, die notwendige Schiffstonnage selber zur Verfügung zu stellen. Entstehen irgendwo auf der Welt grössere Konflikte, so hat dies regelmässig eine Verknappung von Handelsschiffsraum zur Folge. Konfliktparteieh wie aber auch mittelbar betroffene Staaten stellen in solchen Situationen ihre Handelsflotten erfahrungsgemäss jeweils rasch auf dem Wege der Requisition oder ähnlicher Massnahmen ganz oder teilweise in den Dienst ihrer eigenen Wirtschaft und ihrer Streitkräfte. Die USA sehen in einem solchen Fall sogar vor, Notfalls die Flotten befreundeter Staaten wie Panama und Liberia für ihre Zwecke zu beanspruchen. Das jüngste Beispiel militärisch bedingter Requisitionen von Handelstonnage brachte der Golf-Krieg. Dank zeitlicher und örtlicher Begrenzung der Kriegshandlungen sowie wegen der Verwendung der requirierten Seetransportmittel für praktisch ausschliesslich militärische Transporte und nicht gleichzeitig auch noch für die Versorgung der eigenen Bevölkerung wurde der freie Handelsschiffsraum letztlich doch nicht so knapp, dass die Schweiz deswegen ihre Flotte für die wirtschaftliche Landesversorgung hätte dienstbar machen müssen. Allerdings waren die Auswirkungen dieses Abzugs von ziviler Tonnage vom Markt in bestimmten Schiffahrtssparten (RoRo- und Container-Frachter sowie Général-Cargo) durchaus spürbar, was sich u. a. in einem) erheblichen Anstieg der Fracht- und Charterraten sowie der Schiffspreise ausdrückte.

Weder der Umstand, dass die Schweiz heute nur noch von friedlichen Nachbarstaaten umgeben ist, noch die Tatsache, dass die Sowjetunion und die NATOStaaten derzeit ihr militärisches Potential
erheblich verringern, haben die sicherheitspolitische Bedeutung der Schweizer Handelsflotte gemindert. Diese hat im Gegenteil gerade wegen der Reduktion der konventionellen Streitkräfte in Europa sogar erheblich an Bedeutung gewonnen. Die NATO konnte nämlich einer substantiellen Truppenreduktion in Europa nur zustimmen, weil auf der einen Seite die Angriffsfähigkeit der Sowjetstreitkräfte deutlich herabgesetzt ist und sich dadurch die Vorwarnzeiten bei einem allfälligen Wiederaufflammen machtpolitischer Spannungen soweit erhöht haben, dass gegebenenfalls die notwendige Verstärkung jederzeit wieder aus den USA nach Europa herangeführt werden könnte. Auf der andern Seite setzt dies aber zwingend voraus, dass sich die NATO die Fähigkeit zur rechtzeitigen Heranführung der erforderlichen Truppenverstärkung und Versorgungsgüter mittels ausreichender Seetransportmittel aus dem zivilen Sektor erhält. Ihre Planung ist deshalb heute auf ein verstärktes Heranziehen der Handelstonnage ausgerichtet, um die Bewältigung die-

ser Aufgabe jederzeit sicherstellen zu können. Damit steigt die strategische Bedeutung der westlichen Handelsflotten umgekehrt proportional zur Reduktion der konventionellen Streitkräfte in Europa. Bei einem Bündnisfall würde nämlich soviel zivile Tonnage vom Markt abgezogen, dass die Versorgung der Schweiz mit lebenswichtigen Gütern aus Übersee - und nicht bloss aus Nordamerika - gefährdet wäre. In einem solchen Fall körinte sich die Schweii nur : noch auf ihre eigene Handelsflotte unter neutraler Flagge verlassen.

Durch die voranschreitende europäische Integration hat die Schweizer Handelsflotte aber ebensowenig an sicherheitspolitischer Bedeutung eingebüsst. Die Europäische Gemeinschaft überlässt die Sicherheitspolitk nämlich weitgehend den einzelnen Mitgliedstaaten. Die gegenwärtigen Bestrebungen für eine gemeinsame Aussen- und Sicherheitspolitik laufen darauf hinaus, dass der EG als supranationaler Instanz in diesem Bereich lediglich eine koordinierende Funktion zukommen soll, während die verteidigungs- Und. versorgungspolitischen Lasten auch künftig den einzelnen Mitgliedern überlassen würden.

Hinsichtlich der wirtschaftlichen Verteidigung ist zwar nicht zu übersehen,, dass der gemeinsame Markt nicht nur die Versorgungssicherheit der Gemeinschaft selber, sondern ebenso diejenige der Schweiz erhöht hat. Indessen bleiben die EG-Staaten aber nach wie vor in erheblichem Ausmass von Rohstoffen und andern Gütern aus Übersee abhängig, so dass ein bedeutender Anteil der von der Schweiz aus der EG importierten Waren letztlich ebenfalls aus Übersee stammt.

Damit wird klar, dass die Abhängigkeit der Schweiz von überseeischen Märkten noch wesentlich grösser ist, als die direkten Ein- und Ausfuhren es vermuten lassen. Hinzu kommt, dass die Handelsflotten der EG-Staaten zwischen 1980 und 1990 aufgrund eines ruinösen internationalen Wettbewerbs durchschnittlich mehr als die Hälfte ihrer Tonnage verloren haben, wodurch sich in dieser Hinsicht die Versorgungsabhängigkeit der EG aus Übersee sogar verschärft hat.

Diese Tatsache unterstreicht die Notwendigkeit zur Aufrechterhaltung einer eigenen schweizerischen Handelsflotte noch zusätzlich.

, Im Halle machtpolitischer Krisen mit erheblichen Störungen des Seeverkehrs wären die ohnehin stark geschrumpften nationalen Handelsflotten der EG entweder durch
militärische oder durch zivile Versorgungsaufgaben in- und ausserhalb des NATO-Bündnisses weitgehend gebunden. Es kann somit nicht erwartet werden, dass das Ausland auf die Versorgungsbedürfnisse der Schweijz besondere Rücksicht nehmen würde. Gerade seitens der EG wird es deshalb sehr begrüsst, wenn nicht nur ihre Mitglieder, sondern auch Drittstaaten wie die Schweiz selber imstande sind, ihren Beitrag zur Versorgungssicherheit zu leisten. Die Seeverkehrspolitik der EG ist denn auch nicht zuletzt unter sicherheitspolitischen Gesichtspunkten darauf ausgerichtet, die Handelsflotten so zu fördern, dass die staatlichen Beihilfen ihrer Mitgliedstaaten nicht mehr zu einer gegenseitigen Konkurrenzierung führen, sondern nur noch die Wettbewerbsnachteile im internationalen Verkehr mit Drittstaaten ausgleichen. Allerdings beabsichtigt die EG nicht, eine eigene Euro-Flagge zu gründen, \ Als rohstoffarmes Binnenland ist die Schweiz somit gut beraten, ihre Fähigkeit zur Gewährleistung der eigenen Versorgung auch in Krisen- und Kriegsfällen weiterhin aufrechtzuerhalten. Es entspricht deshalb einer zwingenden Notwendigkeit, die dafür erforderlichen Seetransportmittel in ausreichendem Ausmass sicherzustellen.

Gerade mit Blick auf die bevorstehende europapolitische Entwicklung erhöht unser Land mit einer eigenen Handelsflotte nicht unwesentlich seine Integrationsfähigkeit.

" . . .

213

Vorkehrungen zum Schutze der Schweizer Schiffe

Die Schweiz hat seit Bestehen ihrer Flotte alles vorgekehrt, um die Nachteile, mit welchen ihre Hochseeflotte gegenüber denjenigen anderer seefahrender Nation ausgesetzt ist, soweit als möglich zu mildern. Durch ihre Gesetzgebung hat sie in Anwendung des internationalen Seekriegsvölkerrechts und der entsprechenden Seekriegsrechtspraxis vor allem hinsichtlich des Prisenrechts stets darauf geachtet, nie den geringsten Zweifel an der strikten Neutralität der Schweizer Flagge aufkommen zu lassen. Weder einer Kriegspartei noch einem Drittstaat, dessen Hoheitsgewässer und Hafeneinrichtungen schweizerische Schiffe allenfalls benutzen könnten, sollte ein Vorwand für prisenrechtliche Massnahmen gegeben werden. Dies ist schon deswegen von besonderer Bedeutung, weil die Schweiz als Binnenstaat im Ausland ihren Schiffen keinen unmittelbaren Schutz gewähren kann. Gerade aus diesem Grunde fördert der Bund Schweizer Seeleute und trifft verschiedene technische Sicherheitsvorkehrungen.

Das Seeschiffahrtsgesetz (SR 747.30) legt deshalb noch heute in den Artikeln 17 ff für den Eintrag eines Hochseeschiffs ins Register der Schweizerischen Seeschiffe bezüglich Herkunft der finanziellen Mittel der Eignergesellschaft äusserst strenge Bedingungen fest. So müssen alle Aktionäre einer Eignerfirma Schweizer Bürger sein, und drei Viertel aller Aktien müssen in der Schweiz wohnhaften schweizerischen Aktionären gehören (Art. 20 Abs. l SSG). Ausserdem hat sich der Schiffseigentümer darüber auszuweisen, dass mindestens ein Viertel des Buchwertes (Erwerbspreis) eines jeden auf seinen Namen eingetragenen Schiffes durch eigene Mittel finanziert worden ist (Art. 24 Abs. l SSG).

Schliesslich muss mindestens die Hälfte des Buchwerts eines Schiffes mit schweizerischen Mitteln finanziert worden sein (Art. 24 Abs. 2 SSG). In der Zwischenzeit haben aber praktisch alle nationalen Seerechtsgesetzgebungen bezüglich Kapitalherkunft eine gewisse Liberalisierung erfahren. Die rigorose schweizerische Regelung erweist sich deshalb heute bis zu einem gewissen Grad sogar als Hemmnis für die Aufrechterhaltung beziehungsweise für die Erneuerung unserer Hochseeflotte. Die neuere Seekriegsrechtspraxis stellt für die Beurteilung der Freund/Freind- beziehungsweise der Neutralitätsfrage angesichts der stark liberalisierten und nur noch schwer überblickbaren
internationalen Finanz- und Kapitalmärkte weniger auf die Herkunft der Mittel für die Schiffsfinanzierung als vielmehr auf den tatsächlichen Einfluss auf ein Schiff ab. Für die Schweizer Flotte bedeutet dies, dass künftig nur noch die Eignergesellschaften führungs- und kapitalmässig schweizerisch beherrscht sein müssen. Angesichts des alarmierenden Rückgangs an Schweizern auf unseren Hochseeschiffen hat deshalb der Bundesrat durch die Finanzhilfeaktion zur Sicherung eines ausreichenden schweizerischen Mannschaftsbestandes die notwendigen Vorkehrungen getroffen, um in dieser Hinsicht auch für die Zukunft den neutralen Charakter und damit die Sicherheit der Schweizer Schiffe in tatsächlicher Hinsicht zu gewährleisten (BB1 1989 I 1197 f).

Hinsichtlich der Kapitalbedingungen wird den eidgenössischen Räten demnächst in anderem Zusammenhang eine Änderung des Seeschiffahrtsgesetzes vorgeschlagen, damit bei den Finanzierungsvorschriften eine grössere Flexibilität erreicht werden kann. Diese sollen den Schiffseigentümerri bestimmte Erleichterungen beim Erwerb von Schiffsmaterial verschaffen und letztlich auch helfen, einen gewissen Innovationseffekt auszulösen. Das Erfordernis der kapital- und führungsmässigen Beherrschung der Gesellschaft wird aber dennoch gewährleistet sein müssen, so dass bezüglich der Wahrung der Neutralität zur See kein Risiko eingegangen wird. Auch soll weiterhin verhindert werden, dass sich die Schweizer Flagge zu einer Gefälligkeitsflagge entwickelt.

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Anforderungen an die Schweizer Hochseeflotte

Die Zusammensetzung der Schweizer Flotte wird grundsätzlich durch die kommerziellen Bedürfnisse der einzelnen Reeder bestimmt. Diese haben sich an den Erfordernissen des Marktes zu orientieren, wollen sie ihr Geschäft erfolgreich führen. Der überwiegende Teil der unter Schweizer Flagge fahrenden Schiffe verkehrt in der Trampschiffahrt. Lediglich drei Schiffe sind in einem Liniendiehst im Mittelmeer und in Westafrika eingesetzt; die betreffende Reederei sieht sich seit Jahren mit den internationale Normen verletzenden Ladungspraktiken französischer und westafrikanischer Behörden und Gesellschaften konfrontiert.

Die kommerziell bedingte Zusammensetzung hat zur Folge, dass heute die Schweizer Flotte hinsichtlich der Bedürfnisse der Landesversorgung nicht nur aus idealen Einheiten besteht. Dennoch stellt jedes Hochseeschiff mit einer Tonnage von wenigstens 1000 DWT'^eine Bereicherung für unsere Flotte dar.

Früher wurden jeweils die Ziele der Flottenpolitik vor allem durch eine bestimmte Gesamttonnage bestimmt. Dieses Kriterium erlaubt heute jedoch bezüglich der Frage nach der Zweckmässigkeit einer Flotte keine zuverlässige Aussage mehr, denn international ist eine starke Spezialisierung bei den Schiffstypen sowie ein deutlicher Trend zu immer grösseren Einheiten festzustellen: Vor Jahren teilte sich beispielsweise bei der Schweizer Flotte ein Volumen von 150 000 D.WT noch auf rund 20 Schiffe auf, während diese Tonnage heute allein durch die zwei grössten Schiffe m/s Diavolezza und m/s St-Cergue erreicht wird. In Zukunft ist deshalb eine Vielzahl von Schiffen anzustreben. Entsprechend der allgemeinen Spezialisierung ist dabei auch der Vielfalt der heutigen Schiffstypen Rechnung zu tragen.

Gegenwärtig setzt sich die Schweizer Flotte folgendermassen zusammen (Stand Anfang September 1991):

'> DWT = dead weight tons: Gesamttragfähigkeit des Schiffes, einschliesslich Ladung, Treibstoffe, Vorräte, Trinkwasser, usw., ausgedrückt in englischen Tonnen (long tons) zu 1016kg

Schifrstyp

Anzahl Schiffe

Durchschnittsalter

DWT

Bulk- Carrier . : General Cargo .

Multi Purpose RoRo Cargo . . .

ChemieVAlkoholtanker . .

10 2 4 2 5

9,5 Jahre 21 0 Jahre 7,0 Jahre 13,0 Jahre 16,5 Jahre

508375 7 124 88395 11 582 22069

Total

23

13,5 Jahre

637545

Die Tabelle zeigt vor allem einen starken Überhang bei den Bulk-Carriers mit zehn Einheiten. Tonnagemässig umfassen diese sogar fast 80 Prozent der Gesamtflotte. Diese Bulk-Carriers gemessen zwar wegen ihres überproportionalen Anteils und ihrer besonderen Grosse nicht allererste Priorität, doch bleiben sie schon allein aufgrund der relativ geringen Flottengrösse und ihrer Fähigkeit, bedeutende Mengen an Schüttgütern wie Getreide, Erze, Kohle, ü. a. m. transportieren zu können, durchaus von Interesse. Ausserdem können sie aufgrund ihrer Breite und ihres Tiefgangs den Panama-Kanal durchfahren. In der Beurteilung der Landesversorgung haben vor allem Multi Purpose Frachter mittlerer Grosse von ungefähr 5000-20 000 DWT mit eigenem Ladegeschirr eine erhöhte Bedeutung. Schiffe dieser Grosse können auch in kleineren Häfen anlegen und sind deshalb im Einsatz sehr flexibel. Dies trifft in besonderem Masse auf RoKo-Schiffe zu, welche direkt mit Lastwagen über eine Heck- oder Seitenrampe beladen werden können. Da in jüngerer Zeit ein vermehrter Trend zu Container-Frachtern festzustellen ist, wäre es auch wünschenswert, wenn unsere Flotte durch ein paar solche Schiffe mit eigener Ladevorrichtung ergänzt werden könnte. Was die Öltankschiffahrt betrifft, so haben bis anhin die Schweizer Reeder dieses sehr spezifische Geschäft gemieden. Falls künftig Gesuche um Bürgschaft eingereicht würden, müssten jedenfalls die damit verbundenen Risiken ibesonders geprüft werden. Die fünf vorhandenen Chemie-/Alkohol-Tanker einer Genfer Reederei fügen sich gut in den schweizerischen Schiffspark ein.

Diese Spezial-Tanker sind vor allem in der Lage, neben Chemikalien auch flüssige Lebensmittel wie Speiseöle u. a. m. zu transportieren.

Im Urteil der zuständigen Fachleute des Transportamtes der wirtschaftlichen Landesversorgung gilt die heutige typenmässige Zusammensetzung der Flotte als einigermassen zweckmässig, auch wenn im Sinne einer verstärkten Spezialisierung und einer besseren Ausgewogenheit noch gewisse Wünsche offen bleiben: Mit günstigen Rahmenbedingungen kann der Bund aber die notwendigen Anreize schaffen, um die heute vergleichsweise geringe Anzahl Schiffe wieder angemessen zu erhöhen.

23

Situation .der schweizerischen Hochseeschiffahrt

Ende 1985 verzeichnete die Schweizer Hochseeflotte mit 34 Einheiten ihren bisher ;höchsten Schiffsbestand. Seither hat sich die Zahl der Schiffe stetig auf

10

heute 23 Einheiten verringert, und Ende Oktober 1991 wird eines der beiden Ro-Ro-Schiffe ausgeflaggt. Trotz der Verringerung der Anzahl Einheiten stieg die Tonnage im selben Zeitraum aus den erwähnten Gründen von 580 965 auf 637 545 DWT. In den vergangenen dreissig Jahren nahm die Entwicklung der Schweizer Flotte folgenden Verlauf: ; Jahr

Anzahl Schiffe

DWT

1962 . . .

33

257 224

31

267297

31

305 525

27"

365 530

33

471 016

34

580 965

22

501 935

1991 (Stand Ende Sept.) . , - 23

637545

1965 . .

.

1970 1975

.

1980 1985 ...

1990

.

' ;

'

Es fällt auf, dass sich trotz steigender Tonnage die Zahl der Schiffe verringert hat, und diese ein vergleichsweise hohes Durchschnittsalter von gut 13 Vi Jahren aufweisen. 1971 lag das Durchschnittsalter der Schweizer Schiffe noci} bei 7 Jahren, und auch die Flotten anderer Industriestaaten sind heute erheblich jünger.

Diese insgesamt negative Entwicklung der Schweizer Flotte ist im wesentlichen auf die ungünstige internationale Wirtschaftsentwicklung vor allem in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre zurückzuführen, welche nicht nur ein Absinken des Frachtaufkommens, sondern ebenso der Fracht- und Charterraten bewirkt hat. Angesichts eines weltweit erheblichen, wenn auch sektoriell unterschiedlichen Tonnageüberhangs, unausgeglichener Verkehrsströme und eines damit verbundenen ruinösen Verdrängungswettbewerbs, welcher vornehmlich dfurch die Flotten der Staatshandels- und Schwellenländer hervorgerufen worden ist, sahen sich auch die Schweizer Reeder mit ihren hohen Betriebskosten zum:Verkauf von nicht mehr ausgelasteten Einheiten gezwungen. Verschiedentlich wurde dabei auch der Ausweg in eine Billigflagge gesucht. Aufgrund dieser Entwicklung musste 1987 sogar eine traditionsreiche Basler Reederei ihren Betrieb einstellen.

Zwar hat sich 1990 die Ertragslage gegenüber den vorangehenden Jahren zufriedenstellend entwickelt, doch machen sich inzwischen bereits wieder gewisse ungünstige Vorzeichen in der Seeschiffahrt bemerkbar. Für die sich teilweise längst aufdrängenden Reinvestitionen erweist sich nun aber vor allem die anhaltende Hochzinsphase als ausgesprochen hinderlich, zumal Schiffe sehr kapital- und kostenintensiv sind und die Gewinnmargen sich in relativ engen Grenzen halten. Der Wirtschaftsaufschwung der jüngsten Vergangenheit und die in 11

den Krisenjahren erfolgte erhebliche Verringerung der Werftkapazitäten haben die Kosten für Schiffsneubauten sowie die Preise für Occasionsschiffe markant ansteigen lassen, was den Erneuerungsprozess noch zusätzlich behindert. Die Reeder üben deshalb gezwungenermassen bei Neu- beziehungsweise Reinvestitionen weiterhin äusserste Zurückhaltung.

Die erwähnten Fakten lassen klar erkennen, dass zur Zeit ein überdurchschnittlicher Reinvestitionsbedarf besteht, und zwar vornehmlich bei den weniger diversifizierten Reedereien. Während der zurückliegenden ertragsschwachen Jahre vermochten nicht alle Unternehmungen ausreichende Rückstellungen vorzunehmen, die ihnen heute ohne weiteres erlauben würden, ihre Flotten in einem wirtschaftlich zweckmässigen Rhythmus zu erneuern. Nur Finnengruppen mit einem breit abgestützten Geschäftsbereich sind in der Lage, ihr Schiffsbeschaffungsprogramm antizyklisch zu gestalten und so erhebliche Kosteneinsparungen zu erzielen. Die Kumulation ungünstiger Voraussetzungen hat aber nicht nur zu einem erheblichen Aderlass beim Schiffsbestand geführt, sondern auch zu einem eigentlichen Reinvestitionsstau. Damit besteht mirtei- und längerfristig sogar die Gefahr eines weiteren Absinkens des schweizerischen Flottenbestandes und des Verlusts der Einsatzfähigkeit, Wie sich die Schweizer Flotte künftig weiterentwickeln wird, dürfte einerseits von der allgemeinen Wirtschaftsentwicklung abhängen, aber ebenso von einem günstigen Investitionsklima in der Schweiz selber, welches in verschiedener Hinsicht verbesserungswürdig ist. Vor allem gilt es aber auch zu vermeiden, dass wegen unzureichender wirtschaftlicher Rahmenbedingungen eine Abwanderung in fremde Flaggen stattfindet.

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Bisherige Förderung der Hochseetonnage

Nach dem Krieg gewährte der Bund bis zum Jahr 1959 niedrigverzinsliche Schiffsdarlehen, ging danach aber zur Verbürgung von. Bankdarlehen über. So bewilligten die Eidgenössischen Räte auch 1972 für die Dauer von zehn Jahren einen Sammelkredit von 250 Millionen Franken für die Gewährung von Schiffsbürgschaften (BB1 1972 II 477).

Von dieser Möglichkeit haben die Reedereien damals regen Gebrauch gemacht und für insgesamt 18 Schiffe mit einer Tonnage von 289 165 DWT eine Bürgschaftssumme von 236 170 000 Franken in Anspruch genommen. Dadurch gelang es damals, eine erhebliche Verjüngung und Aufstockung des Schiffsbestandes herbeizuführen. Diese Aktion war insgesamt sehr erfolgreich.

Bei Ablauf der «Aktion 72» setzte der Bund 1982 die Förderung der Hochseetonnage durch eine neue Bürgschaftsaktion fort. Diesmal wurde ein Rahmenkredit von 300 Millionen Franken für wiederum zehn Jahre bewilligt (Bundesbeschluss vom 21. Juni 1982 über einen Rahmenkredit für Massnahmen zur Sicherung der schweizerischen Hochseeschiffahrt; BB1 1982 II 477). Aufgrund der oben geschilderten wirtschaftlichen Entwicklung bestand zwar anfänglich eine gewisse Nachfrage nach Bürgschaftskrediten. Danach trat aber ein längerer Stillstand ein; erst in der zweiten Hälfte des Jahres 1990 wurden wieder einzelne Gesuche eingereicht. Kurz vor Ende der Laufzeit muss nun aber festgestellt werden, dass die «Aktion 82» die beabsichtigten Impulse zur Erneuerung der 12

Flotte nicht im angestrebten Umfang auszulösen Vermocht hat. Lediglich zehn Schiffe mit einem Darlehensbetrag von 108607500 Franken sind bisher verbürgt worden.

Der relativ bescheidene Erfolg der Aktion ist auf die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung, nicht zuletzt aber auch auf die wenig flexiblen Finanzierungsbedingungen zurückzuführen. Der zusehends schwindende Zinsvorteil des schweizerischen Finanzmarkts gegenüber ausländischen Märkten führt schliesslich dazu, dass auch die Reedereien vermehrt ihren Finanzbedarf ausserhalb der Schweiz zu decken versuchen. Ende 1990 hat die Schweizerische Bankiervereinigung die zu Beginn der letzten Bürgschaftsaktion zwischen ihr und dem EVD getroffene Abmachung über die Zinsgestaltung für Schiffshypothekardarlehen aus wettbewerbsrechtlichen Gründen widerrufen und die Zinsfrage dem freien Ermessen ihrer Mitgliedbanken anheimgestellt. Die Empfehlung der Bankiervereinigung sah eine Zinsfestsetzung von einem halben Prozent über den lang: fristigen Kassenobligationensätzen vor. Aufgrund der angespannten Liquiditätssituation haben die Banken aber bereits zuvor diese Empfehlung nicht mehr eingehalten. Bewirkte früher die Bundesbürgschaft für den Schiffseigentümer je nach dessen Bonität eine Zinsreduktion zwischen einem und 2 Prozent, so hat sich dieser entscheidende Vorteil inzwischen aufgrund der derzeit angespannten Liquidität der Schweizer Banken und der daraus resultierenden höheren Refinanzierungskosten deutlich verringert. Immer häufiger kommt es deshalb vor, dass Schweizer Reeder aufgrund vorteilhafterer Kapitalzinsen und besserer allgemeiner Rahmenbedingungen im Ausland ihre Schiffe unter einer fremden Flagge registrieren lassen. Sämtliche Industriestaaten mit eigener Hochseeflotte gewähren zudem, verglichen mit der Schweiz, massive Finanzhilfen. Ausserdem gewähren sie weitere Vergünstigungen wie Steuererleichterungen, direkte und indirekte Betriebs- und Schiffsbauzuschüsse sowie zinslose oder niedrigverzinsliche Darlehen.

Trotz verschärfter wirtschaftlicher Bedingungen in der jüngsten Vergangenheit musste der Bund bisher noch nie sein Bürgschaftsversprechen einlösen. Die verbürgten Schiffshypothekardarlehen wurden von den Schuldnern stets korrekt amortisiert, und die noch offenen Kredite gelten derzeit als nicht gefährdet.

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Massnahmen zur Sicherung eines ausreichenden Bestandes an Hochseeschiffen unter Schweizer Flagge

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Erweiterung des bisherigen Bürgschaftsrahmens

Angesichts der beträchtlichen Vorteile, welche andere Staaten ihren Reedern einräumen, hat die bisherige Bürgschaftsform erheblich an Attraktivität verloren. Im Rahmen der Vorarbeiten zu dieser Vorlage wurde deshalb erwogen, künftig den Reedern Darlehen des Bundes zum Selbstkostenpreis zur Verfügung zu stellen. Aufgrund der derzeit angespannten Finanzlage und der ungünstigen Finanzperspektiven der Eidgenossenschaft wurde indessen von dieser Lösung Abstand genommen. In der Folge wurden verschiedene andere Wege für eine Erleichterung der Schiffsfinanzierung geprüft. Aufgrund eingehender Abklärungen hat sich dabei das Bürgschaftsmodell nach wie vor als vorteilhafte-

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ste Lösung erwiesen, sofern allerdings bestimmte Verbesserungen vorgenommen werden. Es ist nun vorgesehen, wie schon bisher nur Schiffsdarlehen zu verbürgen. Um jedoch möglichen Entwicklungen in der Seeschiffahrtsgesetzgebung genügend Rechnung zu tragen, wurde im Entwurf des Bundesbeschlusses eine etwas offenere Formulierung gewählt, welche beispielsweise eine Bürgschaft auf Schiffsinhabertiteln jedenfalls nicht ausschliessen würde.

Im internationalen Reedereigeschäft werden Schiffsfinanzierungen üblicherweise auf US-Dollar-Basis getätigt, welche auch die normale Währung für Einnahmen und Ausgaben ist. Ein Darlehen in Dollars erlaubt deshalb dem Reeder, sein Währungskursrisiko zu reduzieren. Im Jahre 1991 trat nun auf dem Kapitalmarkt insofern eine interessante Entwicklung ein, als erstmals die Zinsen für langfristige Dollar-Kredite unter das Zinsniveau für entsprechende Franken-Darlehen sanken. Jüngst verbürgte der Bund deshalb in einzelnen Fällen Dollar-Darlehen, deren Höhe durch eine entsprechende Maximai-Hypothek in Schweizerfranken fixiert worden war. Vorläufig kann dieses verbesserte Angebot des Bundes jedoch nur in beschränktem Rahmen zum Tragen kommen, weil zur Zeit nur Hypothekardarlehen schweizerischer Finanzierungsinstitute verbürgt werden können. Künftig ist aber die Möglichkeit von Fremdwährungsbürgschaften ausdrücklich in den Vollzugsvorschriften vorzusehen. Damit das Risiko für den Bund von Anfang an genau festgelegt werden kann, ist die Bürgschaftsverpflichtung durch einen maximalen Frankenbetrag in der Schiffsverschreibung zu fixieren.

Aufgrund des gegenwärtig engen Handlungsspielraums der Schweizer Banken bei der Zinsgestaltung ist aber auch der Kreis der Darlehensgeber zu erweitern, gegenüber denen der Bund Bürgschaften eingehen kann. Die Verbürgung von Schiffsdarlehen muss deshalb auch gegenüber Nicht-Banken und - sofern die Kapitalvorschriften des Seeschiffahrtsgesetzes erfüllt sind - auch gegenüber ausländischen Darlehensgebern ermöglicht werden. In Frage kommen beispielsweise Versicherungsgesellschaften oder Private, die sich partnerschaftlich an einem Schiff beteiligen möchten. Durch eine solche Öffnung verbessert sich letztlich die Marktsituation zum Vorteil des Reeders.

Bei den bisherigen Aktionen schloss der Bund nur einfache Bürgschaftsverträge mit den Darlehensgebern
ab. Mithin hätte er von diesen nur belangt werden können, wenn über den Hauptschuldner ein Konkurs eröffnet oder wenn diesem eine Nachlassstundung bewilligt worden wäre (Art. 495 OR). Eine wesentliche Verbesserung im Sinne einer Zinsvergünstigung für den Reeder Hesse sich nun aber erreichen, wenn der Bund neben der einfachen auch eine Solidarbürgschaft anbieten würde. Der Darlehensgläubiger könnte in diesem Falle vom Bund als Solidarbürgen die Rückzahlung des Darlehens ohne vorgängige Pfandverwertung bereits dann verlangen, wenn der Hauptschuldner mit seiner Leistung im Rückstand und erfolglos gemahnt worden ist oder wenn dessen Zahlungsunfähigkeit offenkundig ist (Art. 496 Abs. l OR). Ein solches Angebot dürfte vornehmlich für Darlehensgeber aus Nicht-Bankenkreisen von Interesse sein, da diese im allgemeinen den Aufwand für langwierige Betreibungs- und Verwertungsverfahren scheuen.

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Bis anhin begrenzte der Bund sein Bürgschaftsengagement auf höchstens 70 Prozent der Bau- oder Erwerbskosten zuzüglich einem allfälligen Jahreszins.

Diese Höchstgrenze ist sicherlich bei Zweithand-Schiffen oder in Fällen mit besonderen Risiken gerechtfertigt. Bei Neukonstruktionen kann es aber durchaus angezeigt sein, höhere Kapitalbeträge bis zu maximal 85 % zu verbürgen. Selbstverständlich dürfen dabei aber weder die bestehenden wie auch die künftigen Kapitalvorschriften des Seeschiffahrtsgesetzes tangiert noch die wirtschaftlichen Möglichkeiten des Schuldners überfordert werden.

Die Amortisationsdauer beträgt zur Zeit längstens zehn Jahre. Bei Occasionsschiffen wird diese Zeitspanne entsprechend ihrem Alter verkürzt. Gerade bei teuren Neubauten ist es aber unter Umständen betriebswirtschaftlich sinnvoll, ausnahmsweise auch eine etwas längere Amortisationsdauer vorzusehen. Um auch in dieser Hinsicht das Angebot des Bundes zu verbessern, ist eine grössere Flexibilität bei der Amortisationsdauer anzustreben, welche sich jedoch nach klaren Kriterien zu richten hat.

Die seinerzeitigen Empfehlungen der Schweizerischen Bankiervereinigung an ihre Mitgliedbanken sahen ausschliesslich feste Schiffshypotheken vor. Solange die Zinsen auf einem tiefen Niveau stabil blieben war dies durchaus zweckmässig. Mit dem starken Zinsanstieg im Jahre 1989 wurde das System der Festhypotheken aber für die Schiffseigner zu riskant, weshalb der Bund sich ausnahmsweise bereit fand, auch Darlehen mit variablen Zinsen zu verbürgen.

Dem Reeder soll künftig ausdrücklich anheimgestellt werden, bei zu verbürgenden Darlehen zwischen festen und variablen Zinsen frei wählen zu können.

252

Neuauflage einer Bürgschaftsaktion

Aufgrund der aktuellen sicherheits- und versorgungspolitischen Beurteilung sowie unter Berücksichtigung der derzeitigen internationalen Wettbewerbssituation drängt sich unbedingt eine Fortsetzung der bisherigen Schiffahrtsförderungspolitik durch den Bund auf. Dabei hat sich das Instrument der Bundesbürgschaft als zweckmässigste Lösung herausgestellt. Im Rahmen der sachlichen Ausgestaltung wird der Bundesrat aber seine Möglichkeiten zur Verbesserung der Finanzierungsbedingungen im Sinne der Darlegungen unter Ziffer 251 voll ausschöpfen. Durch eine solche Flexibilisierung der Bundesbürgschaft werden dem Schweizer Reeder wieder attraktive Rahmenbedingungen gesetzt, die ihm den Erwerb von Schiffsraum wesentlich erleichtern helfen. Ordnungspolitisch ist diese Massnahme völlig unbedenklich, und sie darf insgesamt als äusserst massvoll bezeichnet werden.

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Laufzeit und Umfang der neuen Bürgschaftsaktion

Die letzten Bürgschaftsaktionen wurden jeweils für eine Laufzeit von zehn Jahren bewilligt. Dieser Rhythmus, welcher sich über einen einigermassen überblickbaren Zeitraum erstreckt, hat sich bewährt.

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Hinsichtlich des Umfangs des zu beantragenden Bürgschaftsrahmenkredites ist zunächst von der Tatsache auszugehen, dass sich die Schiffspreise in jüngster Zeit insbesondere bei Neubauten und bei Spezialschiffen unverhältnismässig erhöht haben. Erweist sich das neue Bürgschaftsangebot des Bundes als attraktiv genug und entwickelt sich die internationale Wirtschaftslage während der Laufzeit günstig, so könnte dies eine erhebliche Nachfrage nach Bürgschaftskrediten auslösen. Nachdem auf die Vergabe von Bundesmitteln verzichtet wird, ist es angezeigt, wenigstens den Kreditrahmen für diese Bürgschaften mit 350 Millionen Franken so anzusetzen, dass gegen Ende der Laufzeit allfällige Engpässe vermieden werden können.

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Finanzielle und personelle Auswirkungen

Mit dem Abschluss eines Bürgschaftsvertrags übernimmt der Bund die Haftung für die Rückzahlung des Schiffsdarlehens sowie höchstens eines Jahreszinses.

Eine Zahlungsverpflichtung entsteht ihm deshalb nur im Falle einer Insolvenz des Darlehensschuldners. In einem solchen Fall müsste der entsprechende Zahlungsbedarf aufgrund der eingegangenen Eventualverpflichtung mittels eines Nachtragskreditbegehrens bewilligt werden.

Die Verwaltung dieses Bürgschaftskredites kann wie schon bisher ohne weiteres mit dem vorhandenen Personalbestand des Bundesamtes für wirtschaftliche Landesvesorgung bewältigt werden.

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Legislaturplanung

Die Vorlage ist in der Legislaturplanung 1987-1991 angekündigt (BB1 1988 l 395, Anhang 2).

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Verhältnis zum europäischen Recht

Die vorgeschlagene Bundesbürgschaft steht im Einklang mit den Rechtsnormen der Europäischen Gemeinschaft (Art. 92-94 des EWG-Vertrags). Die im einschlägigen Richtlinienentwurf der EG vorgesehenen staatlichen Finanzhilfen im Bereiche der Seeschiffahrt gehen bei weitem über die hier vorgeschlagene Massnahme hinaus und enthalten besondere steuerliche Vorteile, Zuschüsse an Reedereien, Werftbeihilfen und vieles andere mehr.

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Rechtsgrundlagen

Die Zuständigkeit der Bundesversammlung für die Bewilligung des beantragten Rahmen-Kredites ergibt sich aus Artikel 85 Ziffer 10 der Bundesverfassung.

Beim anbegehrten Kredit handelt es sich nach Artikel 29 Absatz 7 der Finanzhaushaltsverordnung vom 15. Januar 1986 (SR 611,01) um einen Rahmenkredit, der aufgrund von Artikels des Geschäftsverkehrsgesetzes (SR 171.11) in der Form eines einfachen Bundesbeschlusses zu erlassen ist, da er keine rechtsset16

zenden Normen enthält. Er unterliegt deshalb auch nicht dem fakultativen Referendum, Die materiell-rechtliche Basis für die Beanspruchung des Kredites ergibt sich aus Artikel22 Absatz l des Landesversorgungsgesetzes vom S.Oktober 1982 (SR 531). Danach trifft der Bundesrat unter anderem «... die erforderlichen Massnahmen, um ausreichende Transport- und Kommunikationsmöglichkeiten zu sichern». Die Einzelheiten über die Bürgschaftsgewährung werden in einer Verordnung des Bundesrates geregelt.

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Bundesbeschluss Entwurf über einen Bürgschafts-Rahmenkredit für die Sicherung eines ausreichenden Bestandes an Hochseeschiffen unter Schweizer Flagge

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 85 Ziffer 10 der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 6. November 199l1', beschließt:

Art. l Zur Deckung allfälliger Zahlungsverpflichtungen, die aus einem Bürgschaftsengagement des Bundes im Zusammenhang mit dem Erwerb schweizerischer, für den Transport lebenswichtiger Güter geeigneter Hochseeschiffe entstehen, wird für eine Laufzeit von zehn Jahren ein Rahmenkredit von 350 Millionen Franken bewilligt.

Art. 2 Dieser Bundesbeschluss ist nicht allgemeinverbindlich; er untersteht nicht dem Referendum.

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» BEI 1992 I l

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft zu einem Bundesbeschluss über einen Bürgschafts-Rahmenkredit für die Sicherung eines ausreichenden Bestandes an Hochseeschiffen unter Schweizer Flagge vom 6. November 1991

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Bundesblatt

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In

Foglio federale

Jahr

1992

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

01

Cahier Numero Geschäftsnummer

91.072

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

14.01.1992

Date Data Seite

1-18

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10 052 080

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