11.052 Botschaft zur Genehmigung eines Protokolls zur Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Schweden vom 31. August 2011

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Wir unterbreiten Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf zu einem Bundesbeschluss über die Genehmigung eines Protokolls zur Änderung des Abkommens vom 7. Mai 1965 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Königreich Schweden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

31. August 2011

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Micheline Calmy-Rey Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2011-1176

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Übersicht Das Protokoll zur Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Schweden sieht die Aufnahme einer Bestimmung über den Informationsaustausch gemäss internationalem Standard vor. Weitere Revisionspunkte sind die Einführung des Nullsatzes für Dividendenzahlungen an Vorsorgeeinrichtungen sowie für Zinsen, die Reduktion der Beteiligungshöhe für den Nullsatz auf Dividenden zwischen verbundenen Unternehmen, die Ausnahme von Installationsleistungen im Zusammenhang mit selbst hergestellten Maschinen und Ausrüstung von der Betriebsstättendefinition sowie der Ersatz des generellen Nachbesteuerungsrechts von Schweden für weggezogene Personen durch eine Regelung, die auf Kapitalgewinne aus Beteiligungsrechten eingeschränkt ist. Das Protokoll sieht ausserdem ein Besteuerungsrecht des Quellenstaates für Ruhegehälter und Renten mit Wahrung des Besitzstandes in gewissen Fällen vor und verpflichtet die Vertragsstaaten zur steuerlichen Berücksichtigung von Vorsorgebeiträgen an Einrichtungen im anderen Vertragsstaat. Schliesslich konnte mit der Aufnahme einer Schiedsklausel, die automatisch in Kraft tritt, sobald Schweden eine solche mit einem anderen Staat vereinbart, ein weiteres Anliegen der jüngeren schweizerischen Abkommenspolitik im Bereich der Doppelbesteuerung berücksichtigt werden.

Die Kantone und die interessierten Wirtschaftskreise haben den Abschluss dieses Protokolls mehrheitlich begrüsst.

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

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1 Allgemeine Überlegungen über die Weiterentwicklung der Abkommenspolitik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

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2 Ausgangslage, Verlauf und Ergebnis der Verhandlungen

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3 Würdigung

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4 Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln des Änderungsprotokolls

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5 Finanzielle Auswirkungen

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6 Verfassungsmässigkeit

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Bundesbeschluss über die Genehmigung eines Protokolls zur Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Schweden (Entwurf)

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Protokoll zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Königreich Schweden zur Änderung des Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, unterzeichnet in Stockholm am 7. Mai 1965, geändert durch das am 10. März 1992 in Stockholm unterzeichnete Protokoll

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Botschaft 1

Allgemeine Überlegungen über die Weiterentwicklung der Abkommenspolitik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

Doppelbesteuerungsabkommen sind ein wichtiges Mittel der Steuerpolitik. Gute Abkommen erleichtern die Tätigkeit unserer Exportwirtschaft, fördern Investitionen in der Schweiz und tragen damit zum Wohlstand in der Schweiz und im Partnerland bei.

Die Politik der Schweiz im Bereich der Doppelbesteuerungsabkommen richtet sich seit jeher nach dem Standard der OECD, weil dieser am besten geeignet ist, das Wohlstandsziel zu erreichen. Sie zielt hauptsächlich darauf ab, die Zuständigkeiten bei der Besteuerung natürlicher und juristischer Personen klar zuzuweisen, die Quellensteuer auf Zinsen, Dividenden und Lizenzgebühren möglichst tief zu halten und allgemein Steuerkonflikte zu verhindern, die sich auf international tätige Steuerpflichtige nachteilig auswirken könnten. Dabei musste die Schweiz seit jeher den goldenen Mittelweg zwischen günstigen steuerlichen Rahmenbedingungen im eigenen Land einerseits und internationaler Anerkennung ihrer Steuerordnung anderseits finden. Gute Schweizer Lösungen können wertlos werden, wenn sie international keine Anerkennung finden.

Am 13. März 2009 hat der Bundesrat beschlossen, dass die Schweiz im Bereich des steuerlichen Informationsaustauschs den von der OECD entwickelten internationalen Standard übernimmt.

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Ausgangslage, Verlauf und Ergebnis der Verhandlungen

Das Abkommen zwischen der Schweiz und Schweden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (SR 0.672.971.41, nachfolgend: DBA-S) datiert vom 7. Mai 1965. Es wurde seither einmal mit Protokoll vom 10. März 1992 revidiert.

Nach dem Entscheid des Bundesrates vom 13. März 2009, den Vorbehalt der Schweiz hinsichtlich des Informationsaustauschs nach dem OECD-Musterabkommen zurückzuziehen, nahmen die Schweiz und Schweden Kontakt auf, um die Möglichkeit der Ergänzung des gemeinsamen Doppelbesteuerungsabkommens mit einer entsprechenden Bestimmung abzuklären. Die Verhandlungen fanden schliesslich vom 7.­10. September 2010 in Bern statt. Dass die Gespräche nicht früher durchgeführt werden konnten, war durch die schwedischen EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2009 und sodann durch die Eruption des isländischen Vulkans Eyjafjallajökull bedingt, welche die Reise der schwedischen Delegation zu den vorgesehenen Verhandlungen in der Schweiz im April 2010 verunmöglichte.

Vor den Verhandlungen tauschten die Delegationen ihre Vorschläge für ein Revisionsprotokoll aus. Die Schweiz schlug darin ihrer Praxis entsprechend, nebst der Bestimmung über den Informationsaustausch nach schweizerischem Muster, verschiedene Verbesserungen des DBA-S vor, so eine Ergänzung der Ausnahmeliste im 7158

Betriebsstättenartikel, die Reduktion der Beteiligungshöhe für den Nullsatz auf Dividenden, die Einführung des Nullsatzes für Dividenden an Vorsorgeeinrichtungen, den anderen Vertragsstaat und die Nationalbank sowie für Zinsen, eine Bestimmung über die steuerliche Berücksichtigung von Beiträgen an die Vorsorge im anderen Vertragsstaat, die Schiedsklausel sowie die Streichung des Nachbesteuerungsrechts von Schweden für Wegzügerinnen und Wegzüger (Art. 25 Abs. 2 DBA-S). Demgegenüber war Schweden nebst dem Informationsaustausch an einem Nachbesteuerungsrecht für Kapitalgewinne von weggezogenen Personen, dem Übergang von der Ansässigkeits- zur Quellenstaatbesteuerung für Ruhegehälter und Renten sowie einer Bestimmung zur Beschränkung der Abkommensvorteile (sogenannte Limitation-on-Benefits-Bestimmung) interessiert.

Zunächst stellte sich die Frage, ob eine Gesamtrevision des DBA-S angestrebt werden sollte. Für ein solches Vorhaben sprachen das Alter des Abkommens und die Tatsache, dass heute bei der schwedischen zuständigen Behörde niemand mehr der deutschen Originalsprache des Abkommens mächtig ist. Im Lauf der Verhandlungen hat sich dann jedoch gezeigt, dass die Abkommenspolitik der Schweiz und von Schweden in einigen Bereichen gegenläufig ist und die Einigung auf eine Gesamtrevision daher mehr Zeit in Anspruch nehmen würde. Da Schweden einen raschen Abschluss der Verhandlungen wünschte, wurde eine Teilrevision des geltenden DBA-S vereinbart.

Die Verhandlungen waren wesentlich durch die Diskussion von Vorschlägen Schwedens für Bestimmungen zu Bekämpfung von Missbrauch und Steuerflucht geprägt. An dieser Stelle ist die von Schweden vorgeschlagene Bestimmung über die Einschränkung von Abkommensvorteilen zu erwähnen. Das Abkommen sollte demnach für Banken, Versicherungen, Finanzgesellschaften, Schifffahrtunternehmen sowie Headquarter- und Verwaltungsgesellschaften nicht gelten, die im Ansässigkeitsstaat für die Geschäftstätigkeiten im Ausland einer günstigeren Besteuerung unterliegen als für vergleichbare Tätigkeiten im Ansässigkeitsstaat. Die schwedische Delegation erläuterte, dass mit dieser Bestimmung das sogenannte Ringfencing, d.h.

die unterschiedliche Besteuerung der Erträge aus der inländischen und ausländischen Geschäftstätigkeit, eingedämmt werden soll. Solche Besteuerungsregeln würden zu
Marktverzerrungen führen. Schweden habe eine solche Bestimmung in sämtlichen neueren Abkommen vereinbart. Nach Einschätzung der schweizerischen Delegation würde eine solche Bestimmung insbesondere Gesellschaften betreffen, die nach jeweiligem kantonalem Recht vom Steuerstatus der Domizilgesellschaft oder der gemischten Gesellschaft profitieren. Zu diesen Gesellschaften lief zur Zeit der Verhandlungen mit Schweden zwischen der Schweiz und der EU-Kommission ein Dialog. Die schweizerische Delegation war nicht bereit, diesen Gesprächen vorzugreifen und lehnte daher die vorgeschlagene Bestimmung ab. Da lediglich eine Teilrevision des DBA-S vereinbart wurde, war Schweden im Rahmen der Gesamtlösung schliesslich damit einverstanden, auf eine Bestimmung zur Einschränkung von Abkommensvorteilen zu verzichten.

Die Verhandlungen konnten nach vier Tagen am 10. September 2010 durch Paraphierung eines Protokolls zur Änderung des DBA-S (nachfolgend: Änderungsprotokoll) abgeschlossen werden.

Am 13. Februar 2011 hat der Bundesrat entschieden, dass die Schweiz ihre Amtshilfepolitik in Steuersachen einer Anpassung unterzieht. Dies weil im Rahmen der durch das Global Forum Forum on Transparency and Exchange of Information for Tax Purposes (Global Forum) durchgeführten Peer Reviews der Schweiz mitgeteilt 7159

wurde, dass die Grosszahl der bisher von der Schweiz unterzeichneten Doppelbesteuerungsabkommen und Änderungsprotokolle mit einer im Sinne des Beschlusses des Bundesrates vom 13. März 2009 erweiterten Amtshilfebestimmung dem internationalen Standard nicht genügen. Die von der Schweiz vereinbarten verfahrenstechnischen Anforderungen an Amtshilfegesuche seien zu restriktiv und stellten ein mögliches Hindernis für einen effektiven Informationsaustausch dar. Dem internationalen Standard würden nur jene Abkommen entsprechen, die über eine Klausel verfügen, wonach die verfahrenstechnischen Anforderungen nicht so ausgelegt werden dürfen, dass sie einen wirksamen Informationsaustausch behindern. Sollte die Schweiz bis Ende Februar 2011 nicht über mindestens zwölf unterzeichnete Abkommen verfügen, die dem internationalen Standard entsprechen, werde die Schweiz die Phase 1 des Peer Review höchstwahrscheinlich nicht bestehen.

Das Änderungsprotokoll mit Schweden enthielt bereits die erforderliche Klausel.

Nach der Veröffentlichung der angepassten Praxis nahm die Schweiz mit Schweden Kontakt auf, um die schweizerische Auslegung der Klausel hinsichtlich der im Protokoll zum Abkommen festgehaltenen verfahrenstechnischen Anforderungen darzulegen. Schweden begrüsste diese Auslegung, hielt es jedoch zur Bindung der schwedischen Gerichte für notwendig, die Auslegung in einer Vereinbarung festzuhalten, die vom schwedischen Parlament zu genehmigen wäre. Aufgrund der zeitlichen Dringlichkeit der Unterzeichnung für die Schweiz wurde beschlossen, die Unterzeichnung unverzüglich vorzunehmen und die Vereinbarung über die Auslegung später abzuschliessen. Das Änderungsprotokoll wurde am 28. Februar 2011 in Stockholm unterzeichnet. Die Vereinbarung über die Auslegung der verfahrensrechtlichen Anforderungen ist in Vorbereitung.

Die Kantone und die interessierten Wirtschaftsverbände haben das Änderungsprotokoll mehrheitlich begrüsst.

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Würdigung

Das Änderungsprotokoll sieht zahlreiche Verbesserungen für die schweizerische Wirtschaft vor: So schützt die Ausnahme der Installation von selbst produzierten Maschinen und Ausrüstungen von der Betriebsstättendefinition die Industrie vor unnötigen steuerlichen Hürden. Die reduzierte Beteiligungshöhe für die Anwendung des Nullsatzes auf Dividenden vermeidet eine Residualsteuerbelastung in Konzernverhältnissen mit schweizerischer Muttergesellschaft. Weiter erleichtert der Nullsatz bei Dividenden an Vorsorgeeinrichtungen grenzüberschreitende Investitionen dieser institutionellen Anleger. Zudem werden durch den Nullsatz auf Zinsen grenzüberschreitende Investitionen gefördert.

Auch für natürliche Personen konnten günstige Bestimmungen vereinbart werden: So erleichtert der Ersatz des umfassenden Nachbesteuerungsrechts von Schweden für weggezogene Personen durch eine Bestimmung, die sich auf Kapitalgewinne aus Beteiligungsrechten schwedischer Staatsangehöriger beschränkt, die Mobilität natürlicher Personen im Verhältnis zwischen der Schweiz und Schweden. Gleiches gilt für die Bestimmung über die steuerliche Berücksichtigung von Beitragszahlungen an das Vorsorgesystem des anderen Vertragsstaates. Der Wechsel vom Besteuerungsrecht des Ansässigkeitsstaates für Ruhegehälter zur Quellenbesteuerung entspricht einem langjährigen Anliegen von Schweden. Dabei konnte jedoch sicher-

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gestellt werden, dass Personen, die bereits in der Schweiz ansässig sind und Ruhegehälter beziehen, von der Änderung ausgenommen sind.

Die neue Bestimmung über den Informationsaustausch entspricht dem internationalen Standard und schränkt den Informationsaustausch auf konkrete Anfragen ein. In Übereinstimmung mit der vom Bundesrat am 13. Februar 2011 beschlossenen Anpassung dürfen die im Änderungsprotokoll aufgeführten Anforderungen an Amtshilfegesuche nicht so ausgelegt werden, dass sie einen wirksamen Informationsaustausch behindern. Mit der Aufnahme einer Schiedsklausel, die automatisch in Kraft tritt, sobald Schweden eine solche mit einem anderen Staat vereinbart, konnte ein weiteres Anliegen der jüngeren schweizerischen Abkommenspolitik im Bereich der Doppelbesteuerung berücksichtigt werden.

Im Änderungsprotokoll konnte ein ausgewogenes Ergebnis erzielt werden, das zur weiteren positiven Entwicklung der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen beitragen wird.

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Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln des Änderungsprotokolls

Das Änderungsprotokoll ändert und ergänzt die erwähnten Bestimmungen im Doppelbesteuerungsabkommen von 1965. Nachfolgend wird der wesentliche Inhalt dieser Änderungen dargelegt.

Art. I des Änderungsprotokolls betreffend Art. 5 Abs. 3 des Abkommens (Betriebstätte) Das DBA-S basiert auf dem OECD-Musterabkommen in der Fassung von 1963.

Seither hat die OECD den Katalog der Ausnahmen von der Betriebstättendefinition erweitert und neu formuliert. Die Neufassung dieses Absatzes dient der Übernahme des aktuellen Wortlautes des OECD-Musterabkommens. Zudem sieht die vereinbarte Bestimmung eine Ausnahme für die Installation selbst hergestellter Maschinen und Ausrüstungen vor. Diese Ausnahme ist vorteilhaft für die schweizerische Industrie und entspricht der heutigen schweizerischen Abkommenspraxis.

Art. II des Änderungsprotokolls betreffend Art. 9 Abs. 2 des Abkommens (Verbundene Unternehmen) Auf Begehren von Schweden wurde Artikel 9 durch einen Absatz 2 nach Massgabe des OECD-Musterabkommens ergänzt. Dies entspricht der heutigen schweizerischen Abkommenspolitik. Beide Delegationen waren sich einig, dass eine Gegenberichtigung in der Regel in einem Verständigungsverfahren vereinbart wird.

Art. III des Änderungsprotokolls betreffend Art. 10 des Abkommens (Dividenden) Die geltende Bestimmung sieht in Absatz 2 ein Besteuerungsrecht des Quellenstaates der Dividenden von 15 Prozent und den Nullsatz für Beteiligung von mindestens 25 Prozent vor. Der revidierte Absatz 2 belässt die generelle Residualsteuer auf Dividenden wie bis anhin bei 15 Prozent und sieht neu in Absatz 3 den Nullsatz für Dividenden aus massgeblichen Beteiligungen von mindestens 10 Prozent der Stimmrechte oder des Kapitals sowie für Dividenden an Vorsorgeeinrichtungen vor.

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Schweden schlug zunächst eine Reduktion der massgeblichen Beteiligungshöhe für den Nullsatz auf Dividenden auf 10 Prozent der Stimmrechte vor. Die Schweiz wollte dagegen, ihrer Abkommenspraxis entsprechend, auf 10 Prozent des Kapitals abstellen. Schliesslich einigten sich die Delegationen darauf, dass künftig eine Beteiligung dann zum Nullsatz berechtigen soll, wenn sie mindestens 10 Prozent der Stimmrechte oder des Kapitals entspricht (Abs. 3 Bst. a). Bei der Berechnung der Beteiligungshöhe sind dabei nicht nur die direkt, sondern auch die indirekt gehaltenen Beteiligungsrechte zu berücksichtigen.

Weiter wurde auf Begehren der Schweiz der Nullsatz für Dividendenzahlungen an Vorsorgeeinrichtungen vereinbart (Abs. 3 Bst. b). Die zuständigen Behörden werden sich über den Kreis der Vorsorgeeinrichtungen verständigen (Abs. 8). Eine Vorsorgeeinrichtung muss dabei folgenden Kriterien genügen: Sie muss nach dem Recht eines der Vertragsstaaten organisiert sein, der Verwaltung oder Auszahlung von Ruhegehältern und Renten einschliesslich Sozialversicherungsleistungen dienen und für die erwähnten Tätigkeiten steuerbefreit sein. Relevant ist die Befreiung auf Ebene der ordentlichen Einkommenssteuern (Abs. 1 des mit Art. XIV des Änderungsprotokolls eingeführten Protokolls zum Abkommen).

Auf Begehren Schwedens wurde der Nullsatz für Dividenden an Vorsorgeeinrichtungen an die Voraussetzungen geknüpft, dass die Dividenden nicht aus einer Geschäftstätigkeit der Einrichtung oder eines verbundenen Unternehmens stammen und die Beteiligung an der Gesellschaft, die die Dividende ausschüttet, nicht innerhalb von zwei Monaten gekauft und wiederverkauft wird. Diese Einschränkungen stehen im Zusammenhang mit missbräuchlichen Gestaltungen unter Beteiligung von Vorsorgeeinrichtungen, die hin und wieder beobachtet wurden.

Art. IV des Änderungsprotokolls betreffend Art. 11 des Abkommens (Zinsen) Die maximale Residualsteuer auf Zinsen beträgt nach der geltenden Bestimmung 5 Prozent. Schweden erhebt selbst seit jeher keine Quellensteuer auf Zinsen. Die Schweiz schlug im Interesse des Investitionsstandortes die Einführung des Nullsatzes vor. Die schwedische Delegation machte ihr Einverständnis zunächst von der Lösung abhängig, die im Bereich des Informationsaustauschs erreicht werden konnte, stimmte aber schliesslich unabhängig
davon dem schweizerischen Vorschlag zu.

Art. VI des Änderungsprotokolls betreffend Art. 13 Abs. 4 des Abkommens (Kapitalgewinne) Die Bestimmung sieht die Einführung eines Nachbesteuerungsrechts von Schweden für Kapitalgewinne schwedischer Bürgerinnen und Bürgern vor, die in Schweden ansässig waren und in der Schweiz ansässig wurden und in den fünf Jahren nach ihrem Wegzug aus Schweden Beteiligungsrechte oder Gesellschaftsanteile veräussern.

Die schwedische Delegation schlug zunächst die Einführung eines zehnjährigen Nachbesteuerungsrechts des ehemaligen Ansässigkeitsstaates vor für sämtliche Kapitalgewinne von Personen, die im einen Vertragsstaat ansässig sind und früher im anderen Vertragsstaat ansässig waren. Sie begründete dies mit Fällen, in denen Personen aus Schweden weggezogen sind und kurz danach Beteiligungsrechte veräussert haben, ohne dass der schwedische Staat dies hätte besteuern können. Die 7162

Schweiz machte demgegenüber geltend, dass sie solche Klauseln selbst nicht benötigt und grundsätzlich auch nicht vereinbaren will. Weiter bemängelte sie, dass die vorgeschlagene Bestimmung sowohl zeitlich wie auch hinsichtlich des materiellen Geltungsbereichs weit über das Ziel hinaus schiesst. Unter Berücksichtigung der Streichung des umfassenden Nachbesteuerungsrechts von Schweden (Art. 25 Abs. 2) konnten sich die Delegationen im Verlauf der Verhandlungen schliesslich auf die oben dargelegte, eingeschränkte Bestimmung einigen.

Art. VIII­X des Änderungsprotokolls betreffend die Art. 19­21 des Abkommens (Ruhegehälter, öffentlich-rechtliche Vergütungen, Renten) Die geltenden Artikel 19 und 21 sehen ein ausschliessliches Besteuerungsrecht des Ansässigkeitsstaates für privatrechtliche Ruhegehälter und Renten, insbesondere Leib- und Zeitrenten, vor. Öffentlich-rechtliche Ruhegehälter können dagegen im Quellenstaat besteuert werden (Art. 20). Hinsichtlich der Leistungen der Sozialversicherung ist zwischen der schweizerischen und der schwedischen Sozialversicherung zu unterscheiden. Leistungen der schweizerischen ersten Säule unterliegen als nicht ausdrücklich erwähnte Einkünfte dem Besteuerungsrecht des Ansässigkeitsstaates (Art. 23). Demgegenüber können Leistungen der schwedischen Sozialversicherung an Personen, die in der Schweiz ansässig sind, sowohl von Schweden als auch von der Schweiz besteuert werden (Art. 23 i.V.m. Art. 19 Abs. 2). Schweden rechnet auf Antrag die schweizerische Steuer an die eigene Steuer an (Art. 25 Abs. 4).

Schweden schlug vor, dass das Besteuerungsrecht für Ruhegehälter, Leibrenten und Leistungen der Sozialversicherung künftig generell dem Quellenstaat zukommen soll. Es machte geltend, dass dies seiner langjährigen Abkommenspolitik entspricht.

Die Schweiz wies jedoch darauf hin, dass sie für Leistungen der ersten Säule nach innerstaatlichem Recht keine Möglichkeit zur Quellenbesteuerung hat. Sie könnte folglich das ihr nach dem Abkommen zugewiesene Besteuerungsrecht nicht wahrnehmen. Zudem rief sie in Erinnerung, dass ein Revisionsprotokoll zum DBA-S in den 1980er-Jahren in den eidgenössischen Räten am Besteuerungsrecht des Quellenstaates für Ruhegehälter gescheitert ist. Die Schweiz beantragte daher, Artikel 19 mit einer Bestimmung über die steuerliche Berücksichtigung
von Beiträgen an die Vorsorge im anderen Vertragsstaat zu ergänzen und im Übrigen die Bestimmungen unverändert zu belassen.

Im Zug der Verhandlungen einigte man sich schliesslich auf ein nicht ausschliessliches Besteuerungsrecht des Quellenstaates für Ruhegehälter und Renten (Art. 19 Abs. 1). Dieses gilt auch für Ruhegehälter, die in Form von Kapitalleistungen ausbezahlt werden (Abs. 2 des mit Art. XIV des Änderungsprotokolls eingefügten Protokolls zum Abkommen). Ergänzt wird der Wechsel zum Besteuerungsrecht des Quellenstaates mit einer sogenannten Grandfathering-Regel (Art. XV Abs. 2 Bst. b des Änderungsprotokolls). Diese bestimmt, dass für Ruhegehälter und Leibrenten, die bei Unterzeichnung des Änderungsprotokolls bereits liefen und deren Empfängerin oder Empfänger vor diesem Zeitpunkt vom einen in den anderen Vertragsstaat umgezogen ist, das Besteuerungsrecht weiterhin beim Ansässigkeitsstaat bleibt.

Das Besteuerungsrecht für Leistungen der Sozialversicherung, d.h. in der Schweiz jene der ersten Säule, bleibt unverändert. Zwar erachteten beide Delegationen die 7163

geltende Regelung für Leistungen der schwedischen Sozialversicherung als kompliziert. Eine gangbare Alternative konnte jedoch nicht gefunden werden.

Artikel 19 wird zudem mit einem Absatz 4 ergänzt, der die steuerliche Berücksichtigung von Beiträgen an die Vorsorge im anderen Vertragsstaat regelt. Diese steht im Zusammenhang mit dem Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (sog. Freizügigkeitsabkommen, SR 0.142.112.681). Dieses koordiniert die Vorsorgesysteme der beteiligten Länder.

Das Freizügigkeitsabkommen ist auf alle Zweige der sozialen Sicherheit anwendbar: Leistungen bei Alter, Invalidität, Tod, Krankheit, Mutterschaft, Unfall und Arbeitslosigkeit sowie Familienleistungen. Es gilt für Staatsangehörige der Schweiz und der Mitgliedstaaten der EU, welche in der Schweiz oder einem EU-Staat arbeiten oder dort gearbeitet haben und danach in ein anderes Land ziehen. Es sieht grundsätzlich die Unterstellung unter das Vorsorgesystem eines Staates vor.

Da die Regeln des Freizügigkeitsabkommens zur sozialen und beruflichen Sicherheit nicht mit jenen der Doppelbesteuerungsabkommen über die Besteuerung des Erwerbseinkommens übereinstimmen, kommt es regelmässig vor, dass eine Person im einen Staat die Vorsorgebeiträge leisten muss und im anderen arbeitet, wo sie ihr Einkommen versteuert.

Schweden machte geltend, dass die Einkünfte von beschränkt steuerpflichtigen Personen in Schweden bereits einem tieferen Steuersatz unterliegen würden. Der Abzug der Vorsorgebeiträge würde sich daher nur für unbeschränkt steuerpflichtige Personen rechtfertigen. Die Bestimmung sieht daher vor, dass der Arbeitsstaat die Beiträge an die Vorsorge nur dann berücksichtigen muss, wenn die Person dort nach innerstaatlichem Recht ansässig ist.

In der Schweiz wird der Abzug der Beiträge an die schweizerische Sozialversicherung und berufliche Vorsorge bereits heute in den Quellensteuertarifen pauschal berücksichtigt. Die geltende schweizerische Praxis erfüllt somit in der Regel den Inhalt der Bestimmung schon heute.

Im Zug der Neuregelung der Besteuerung von Ruhegehältern und Renten wurde Artikel 20 neu gefasst. Der Wortlaut entspricht jenem von Artikel 19 OECDMusterabkommen. Da sämtliche
Ruhegehälter im neuen Artikel 19 DBA-S geregelt sind, ist der zweite Absatz von Artikel 19 des OECD-Musters jedoch überflüssig. Er wurde daher nicht im neuen Artikel 20 DBA-S übernommen.

Schliesslich wurde Artikel 21 des Abkommens gestrichen, da die Besteuerung der Renten neu in Artikel 19 geregelt ist.

Art. XII des Änderungsprotokolls betreffend Art. 25 Abs. 2 des Abkommens (Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung) Die geltende Bestimmung sieht ein umfassendes Nachbesteuerungsrecht von Schweden für Personen vor, die nach dem Abkommen in der Schweiz ansässig sind aber nach innerstaatlichem Recht von Schweden dort der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegen. Die Nachbesteuerung gilt für drei Jahre nach dem Wegzug aus Schweden. Ausgenommen davon sind schweizerische Staatsangehörige.

Die Schweiz machte geltend, dass diese Bestimmung mit Einführung des Informationsaustauschs nach OECD-Standard nicht weiter gerechtfertigt ist. Dies wurde von Seiten der schwedischen Delegation bestritten. Sie anerkannte aber eine Beziehung 7164

zum Nachbesteuerungsrecht für Kapitalgewinne (Art. 13 Abs. 4) und stimmte folglich der Streichung zu.

Art. XIII des Änderungsprotokolls betreffend Art. 27 des Abkommens (Informationsaustausch) Im Zuge der Globalisierung der Finanzmärkte und insbesondere vor dem Hintergrund der Finanzkrise hat die internationale Zusammenarbeit an Bedeutung gewonnen. Die Schweiz unterstützt seit jeher die diesbezüglichen Bemühungen. Mit Entscheid vom 13. März 2009 hat der Bundesrat zudem beschlossen, den internationalen Standard bei der Amtshilfe in Steuersachen zu übernehmen. Gleichzeitig hat er die Wahrung des Verfahrensschutzes, die Begrenzung der Amtshilfe auf konkrete Anfragen, faire Übergangslösungen, die Beschränkung auf Steuern, die unter das Abkommen fallen, das Subsidiaritätsprinzip sowie die Beseitigung allfälliger Diskriminierungen zu den anzustrebenden Eckwerten des Übergangs auf den internationalen Standard erklärt. Diese Elemente werden nachfolgend kommentiert.

Die paraphierte Bestimmung entspricht grösstenteils dem Wortlaut von Artikel 26 des OECD-Musterabkommens. Abweichungen bestehen in der Möglichkeit zum Gebrauch der Informationen für andere Zwecke mit Einverständnis beider Staaten sowie in der ausdrücklichen Ermächtigung der Vertragsstaaten zu Zwangsmassnahmen zur Durchsetzung von Informationsbegehren gegenüber Banken, anderen Finanzinstituten, Bevollmächtigten und Treuhändern sowie zur Ermittlung von Beteiligungsverhältnissen. Diese Abweichungen sind mit dem internationalen Standard vereinbar.

Absatz 1 hält den Grundsatz des Informationsaustauschs fest. Auszutauschen sind jene Informationen, die für die Durchführung des Abkommens oder die innerstaatliche Anwendung oder Durchsetzung sämtlicher Steuern voraussichtlich erheblich sind. Durch die Beschränkung auf voraussichtlich erhebliche Informationen sollen sogenannte fishing expeditions verhindert werden. Zudem wird damit festgehalten, dass der ersuchende Staat gehalten ist, seine eigenen Untersuchungsmöglichkeiten auszuschöpfen, bevor er ein Auskunftsersuchen an den anderen Staat stellt. Nicht erforderlich ist für den Informationsaustausch, dass die betroffenen Steuerpflichtigen in der Schweiz oder Schweden ansässig sind, sofern eine wirtschaftliche Anknüpfung in einem der Vertragsstaaten besteht.

Ihrer üblichen Politik entsprechend
beabsichtigte die Schweiz, den Informationsaustausch auf die vom Abkommen erfassten Steuern zu beschränken. Damit sollen Überschneidungen mit anderen internationalen Übereinkommen vermieden werden (z.B. mit dem Abkommen vom 26. Oktober 2004 über die Zusammenarbeit zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits zur Bekämpfung von Betrug und sonstigen rechtswidrigen Handlungen, die ihre finanziellen Interessen beeinträchtigen, auf dem Gebiet der indirekten Steuern, SR 0.351.926.81). Schweden weigerte sich jedoch, vom Wortlaut von Artikel 26 Absatz 1 des OECD-Musterabkommens abzuweichen, und machte den Abschluss der Verhandlungen von dessen Übernahme abhängig. Im Rahmen der Gesamtlösung einigten sich die Delegationen schliesslich auf den Geltungsbereich für sämtliche Steuern. Der Informationsaustausch gilt somit in Bezug auf sämtliche Steuern. Auf jeden Fall wird jedes Abkommen, das parallel anwendbar sein könnte, in jedem Einzelfall gemäss seinen Besonderheiten und nach dem Grundsatz der Lex specialis zu prüfen sein. An 7165

dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass Schweden die Erbschafts- und Schenkungssteuern im Jahr 2005 abgeschafft hat und diesbezüglich keine Anfragen zu erwarten sind.

Absatz 2 umfasst Geheimhaltungsregeln. Diese Bestimmung erklärt die Geheimhaltungsregeln des Staates für anwendbar, der die Informationen erhalten hat. Sie hält jedoch fest, dass die ausgetauschten Informationen nur Personen und Behörden zugänglich gemacht werden dürfen, die mit der Veranlagung, Erhebung, Durchsetzung, Strafverfolgung oder Entscheidung über Rechtsmittel im Bereich der Steuern oder mit der Aufsicht über die vorgenannten Personen oder Behörden befasst sind.

Die Informationen dürfen somit auch der steuerpflichtigen Person selbst oder einer von ihr bevollmächtigten Person offenbart werden.

Um den Kreis der Personen, die Einblick in die übermittelten Informationen haben, klein zu halten und damit das Risiko des Missbrauchs zu verringern, strebt die Schweiz im Rahmen der Verhandlungen stets den Ausschluss der Weitergabe der Informationen an Aufsichtsbehörden an. Der Kommentar zum OECD-Musterabkommen sieht die Möglichkeit einer solchen Einschränkung ausdrücklich vor.

Schweden legte dar, dass die Aufsicht in Schweden vom Ombudsmann wahrgenommen wird. Dabei handelt es sich um eine vom Parlament gewählte Behörde mit derzeit fünf Mitgliedern. Diese überwachen die Tätigkeit der Verwaltung. Prüfungen erfolgen auf Ersuchen von Einzelpersonen oder auch aus eigenem Antrieb.

Der Ombudsmann hat ein hohes Ansehen in Schweden und wird als Interessenvertretung der Bürgerinnen und Bürger wahrgenommen. Schweden befürchtete, dass die Arbeit des Ombudsmanns bei Ausschluss der Einsicht in die ausgetauschten Informationen erheblich behindert werden könnte. Die Schweiz willigte daher zum Einschluss der Aufsichtsbehörden entsprechend dem Wortlaut im OECD-Musterabkommen ein. Die Aufsichtsbehörden unterliegen ebenso den Geheimhaltungsvorschriften.

Weiter sieht dieser Absatz die Möglichkeit der Verwendung der Informationen für andere, nicht steuerliche Zwecke vor, wenn dies nach dem Recht beider Vertragsstaaten zulässig ist und der übermittelnde Staat seine Zustimmung zur steuerfremden Verwendung gibt. Diese Bestimmung ermöglicht beispielsweise die Verwendung der erhaltenen Auskünfte in einem anderen Strafverfahren, ohne jedoch der betroffenen
Person die diesbezüglich separaten Verfahrensrechte in der Schweiz zu entziehen. Damit kann vermieden werden, dass gleiche Informationen für unterschiedliche Zwecke mehrmals beschafft und übermittelt werden müssen. Die Zustimmung des Staates, der die Informationen übermittelt hat, ist jedoch in allen Fällen notwendig.

Absatz 3 sieht zugunsten des ersuchten Staates gewisse Einschränkungen des umfassenden Informationsaustauschs vor. Der ersuchte Staat ist weder gehalten, Verwaltungsmassnahmen durchzuführen, die über seine eigenen Gesetze oder seine eigene Verwaltungspraxis hinausgehen, noch muss er Verwaltungsmassnahmen durchführen, die von den Gesetzen oder der Verwaltungspraxis des ersuchenden Staates abweichen. Der ersuchte Staat braucht ferner keine Auskünfte zu erteilen, die nach seinen Gesetzen oder seiner Verwaltungspraxis oder nach dem Recht oder der Verwaltungspraxis des ersuchenden Staates nicht beschafft werden könnten. Schliesslich kann der ersuchte Staat die Auskunft verweigern, wenn sie wirtschaftliche Geheimnisse betrifft oder die öffentliche Ordnung (Ordre public) verletzt. Dies könnte insbesondere dann der Fall sein, wenn der ersuchende Staat nicht die erfor-

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derlichen Massnahmen trifft, um zu gewährleisten, dass die ersuchten Informationen tatsächlich geheim gehalten werden.

Absatz 4 hält fest, dass der ersuchte Staat auch Auskünfte ermitteln und austauschen muss, die er selbst nicht für eigene Steuerzwecke benötigt. Der Informationsaustausch beschränkt sich folglich nicht auf Informationen, die auch den Steuerbehörden des ersuchten Staates von Nutzen sind.

Absatz 5 enthält besondere Bestimmungen über Informationen, die von Banken oder anderen Intermediären gehalten werden, sowie über Beteiligungsverhältnisse an Personen. Solche Informationen sind unabhängig von den Einschränkungen des Absatzes 3 auszutauschen. So hat der ersuchte Staat die Auskünfte auch dann einzuholen und auszutauschen, wenn nach seinen Gesetzen oder seiner Verwaltungspraxis die begehrten Informationen nicht erhältlich wären. Entsprechend kann die Schweiz den Informationsaustausch nicht unter Hinweis auf das schweizerische Bankgeheimnis verweigern. Die Bestimmung setzt jedoch voraus, dass die ersuchten Informationen tatsächlich bestehen.

In Fällen von Steuerbetrug besitzt die Schweiz aufgrund des strafrechtlichen Verfahrens im innerstaatlichen Recht die notwendigen Mittel zur Durchsetzung der Herausgabe der durch den Absatz 5 erfassten Informationen. Der Austausch dieser Informationen setzt jedoch gemäss der neuen Bestimmung keinen Steuerbetrug mehr voraus. Damit die Umsetzung der abkommensrechtlichen Verpflichtungen durch die Vertragsstaaten gewährleistet werden kann, gewährt der zweite Satz den Vertragsstaaten die notwendigen rechtlichen Grundlagen zur Durchsetzung des Informationsaustauschs.

Das anwendbare Verfahren wird vorerst durch die Verordnung vom 1. September 2010 über die Amtshilfe nach Doppelbesteuerungsabkommen (ADV; SR 672.204) geregelt. Diese trat am 1. Oktober 2010 in Kraft. Die Verordnung soll durch das Bundesgesetz über die internationale Amtshilfe in Steuersachen (StAG) ersetzt werden. Die Botschaft zum StAG wurde vom Bundesrat am 6. Juli 2011 verabschiedet (BBl 2011 6193). Dieses Vorgehen wurde mit den Bundesbeschlüssen vom 18. Juni 2010 über die Genehmigung von zehn neuen oder revidierten Doppelbesteuerungsabkommen bestätigt.

Die Schweiz wird gemäss Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe c ADV Schweden keine Amtshilfe leisten, wenn das Amtshilfegesuch auf illegal
beschafften Daten beruht.

Dies wurde der schwedischen Delegationsleiterin anlässlich eines Telefongesprächs mitgeteilt und von dieser zur Kenntnis genommen.

Das Auskunftsersuchen ist schriftlich zu stellen (einfache Telefonanfragen sind somit ausgeschlossen), entsprechend den diesbezüglichen Vorschriften zum internationalen Standard, insbesondere dem Modul 1 zum Informationsaustausch auf Anfrage des Manuals der OECD zur Umsetzung des Informationsaustauschs in Steuersachen.

Die Bestimmungen von Artikel 27 werden in Absatz 4 des Protokolls zum Abkommen weiter konkretisiert (Art. XIV des Änderungsprotokolls): In Buchstabe a wird der Grundsatz der Subsidiarität festgehalten. Die Vertragsstaaten sind gehalten, zuerst ihre eigenen, innerstaatlichen Ermittlungsmöglichkeiten auszuschöpfen, bevor sie ein Amtshilfegesuch an den anderen Vertragsstaat stellen.

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Sogenannte fishing expeditions, d.h. Ermittlungen, welche ohne präzises Ermittlungsobjekt in der Hoffnung vorgenommen werden, steuerlich relevante Informationen zu erhalten, sind ausdrücklich ausgeschlossen (Bst. b).

Weiter legt das Protokoll zum Abkommen die Anforderungen an ein Auskunftsersuchen detailliert fest (Bst. c), wobei diese so auszulegen sind, dass sie einen wirksamen Informationsaustausch nicht behindern (Bst. b). Auskunftsersuchen sind demnach in guten Treuen zu behandeln. Nach dem übereinstimmenden Verständnis der Vertragsstaaten, das noch mittels einer Vereinbarung formalisiert werden soll, bedeutet dies, dass Auskunftsersuchen die nach dem internationalen Standard erforderlichen Angaben enthalten müssen. Demnach hat der ersuchende Staat die betroffene steuerpflichtige Person eindeutig zu identifizieren, wobei diese Identifikation auch auf andere Weise als durch Angabe des Namens und der Adresse erfolgen kann. Ferner ist in Amtshilfegesuchen, sofern vorhanden, der Name und die Adresse des mutmasslichen Informationsinhabers (z.B. einer Bank) anzugeben. Der internationale Standard verpflichtet den ersuchten Staat aber auch Gesuche zu beantworten, die den mutmasslichen Informationsinhaber nicht zu identifizieren vermögen. Weil sich ohne diese Angaben die Informationssuche schwierig gestalten kann, lässt der Standard es zu, solche Gesuche aus Gründen der Proportionalität (Verhältnismässigkeit) und Praktikabilität (Durchführbarkeit) abzuweisen. Die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) als zuständige Verwaltungsbehörde ist deshalb nicht verpflichtet, zur Beantwortung eines Amtshilfegesuchs sämtliche der mehr als 300 in der Schweiz tätigen Banken anzufragen. Kommen hingegen beispielsweise nur ein paar wenige Banken als Informationsinhaber in Frage, so ist die ESTV auch ohne Angabe des Namens und der Adresse verpflichtet, diese anzufragen, sofern die Umstände im Gesuch schlüssig dargetan sind und damit eine fishing expedition ausgeschlossen werden kann. Damit sichergestellt werden kann, dass sich die schweizerischen Verwaltungs- und Verwaltungsjustizbehörden an die beschriebene Auslegung der Klausel halten, wird diese zudem im Bundesbeschluss zur Genehmigung des Änderungsprotokolls aufgeführt. Ferner wird der ESTV im Bundesbeschluss die Kompetenz eingeräumt, mit der zuständigen schwedischen
Behörde die erwähnte Vereinbarung abzuschliessen.

Aufgrund der Anforderungen an das Auskunftsersuchen ist der Auskunftsaustausch auf konkrete Anfragen beschränkt. Die Verpflichtung eines Vertragsstaates zum spontanen oder automatischen Informationsaustausch wird zudem ausdrücklich ausgeschlossen, ohne den Vertragsstaaten jedoch die Möglichkeit eines automatischen oder spontanen Informationsaustauschs zu nehmen, wenn ihr innerstaatliches Recht dies vorsieht (Bst. d).

Buchstabe e hält schliesslich die Garantie der Verfahrensrechte der steuerpflichtigen Personen fest. In der Schweiz kann die betroffene steuerpflichtige Person die Schlussverfügung der ESTV zum Austausch von Informationen mittels Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht anfechten, das die Sache abschliessend beurteilt.

Die Beschwerde hat aufschiebende Wirkung. Wurde Beschwerde erhoben, so kann der Auskunftsaustausch daher erst erfolgen, wenn diese rechtskräftig abgelehnt wurde. Dieses Verfahren darf den Informationsaustausch aber nicht in unzulässiger Weise behindern oder verzögern.

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Art. XIV Abs. 3 des Änderungsprotokolls betreffend das Protokoll zum Abkommen (Verständigungsverfahren - Schiedsklausel) Die Klausel zur Beilegung von Streitigkeiten beziehungsweise zur Beseitigung von eingetretenen oder drohenden Doppelbesteuerungen gemäss Artikel 26 enthält keine Erfolgspflicht. Es ist also nicht ausgeschlossen, dass es in einzelnen Fällen nicht gelingt, eine Doppelbesteuerung im Verständigungsverfahren zwischen den zuständigen Behörden zu vermeiden. Diese Situation ist hinsichtlich der Rechtssicherheit unbefriedigend. Die Schweiz schlug vor, diesen Mangel mit einer umfassenden Schiedsklausel zu beheben. Schweden zeigte sich zu diesem Schritt jedoch noch nicht bereit und wünschte zunächst Erfahrungen mit dem Verhaltenskodex der Europäischen Union vom 27. Juli 2006 zur wirksamen Durchführung des Übereinkommens über die Beseitigung der Doppelbesteuerung im Falle von Gewinnberichtigungen zwischen verbundenen Unternehmen zu sammeln. Zudem erachtete Schweden es als notwendig, den zuständigen Behörden genügend Zeit zu belassen, um eine Lösung im Verständigungsverfahren zu finden.

Die Delegationen einigten sich schliesslich auf eine Schiedsklausel unter der folgenden Bedingung: Sollte Schweden künftig mit einem Drittstaat eine Schiedsklausel in einem Doppelbesteuerungsabkommen vereinbaren, so gilt die im Protokoll zum Abkommen festgehaltene Schiedsklausel automatisch im schweizerisch-schwedischen Verhältnis.

Die für diesen Fall festgehaltene Schiedsklausel entspricht weitgehend der Bestimmung von Artikel 25 Absatz 5 des OECD-Musterabkommens (siehe Abs. 3 des Protokolls zum Abkommen). Das Schiedsverfahren wird demnach auf Verlangen der betroffenen steuerpflichtigen Person eingeleitet, sofern sich die zuständigen Behörden der beiden Vertragsstaaten innert vier Jahren nach Vorlage des Falls zur Verständigung nicht einigen können. Der Entscheid des Schiedsgerichts ist im Einzelfall für die Vertragsstaaten verbindlich, sofern keine der direkt betroffenen steuerpflichtigen Personen die Verständigungsvereinbarung, die den Entscheid umsetzt, ablehnt oder die zuständigen Behörden und die betroffenen Personen sich nicht innert sechs Monaten nach dem Entscheid auf eine andere Lösung einigen.

Art. XV des Änderungsprotokolls betreffend das Inkrafttreten Die Bestimmungen des Protokolls finden,
mit Ausnahme der Bestimmung über den Informationsaustausch, ab dem 1. Januar des auf das Inkrafttreten folgenden Jahres Anwendung. Hinsichtlich der Pensionen gilt die oben erwähnte «Grandfathering»Regel.

Die revidierte Bestimmung zum Informationsaustausch findet für Kalenderjahre Anwendung, die am oder nach dem 1. Januar des auf die Unterzeichnung folgenden Jahres beginnen. Sie gilt daher ausschliesslich für Einkünfte, die der betroffenen steuerpflichtigen Person an oder nach diesem Datum zugeflossen sind, bzw. für den Vermögensstand an und nach diesem Datum. Für die Vorjahre gilt die bisherige Regelung: Demnach ist die Amtshilfe für diese Zeit auf Informationen zur richtigen Durchführung des Abkommens beschränkt.

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Finanzielle Auswirkungen

Die Reduktion der Beteiligungshöhe für den Nullsatz auf Dividenden aus massgeblichen Beteiligungen hat grundsätzlich steuerliche Einbussen zur Folge. Diese dürften aber moderat ausfallen, da die Dividenden bei Beteiligungen von mindestens 25 Prozent bereits heute steuerbefreit sind. Ebenfalls zu Einbussen führt der Nullsatz für Dividendenzahlungen an Vorsorgeeinrichtungen und für Zinszahlungen. Diese Einbussen werden jedoch durch die zu erwartenden zusätzlichen Steuereinnahmen aufgewogen, welche aus der damit einhergehenden Standortverbesserung resultieren.

Die finanziellen Auswirkungen des Wechsels der Zuteilungsnorm hinsichtlich der Ruhegehälter können mangels Informationen über die von der neuen Regelung in beiden Ländern betroffenen Personen nicht abgeschätzt werden. Vorausgesetzt, dass der künftige Wanderungssaldo von Rentnerinnen und Rentnern zwischen der Schweiz und Schweden ausgeglichen ist, sollten für die Schweiz keine Ausfälle resultieren.

Die Verpflichtung zur Leistung von Amtshilfe auf Verlangen zur Durchführung des innerstaatlichen Rechts des ersuchenden Staates einerseits und der Zugang zu Bankinformationen auf Ersuchen zu Steuerzwecken andererseits könnten zwar in gewisser Weise als dem Standort Schweiz und indirekt den Steuereinnahmen der Schweiz abträglich betrachtet werden. Angesichts der internationalen Bestrebungen für einheitliche Rahmenbedingungen bei der Amtshilfe in allen Staaten (global level playing field) und der Sicherstellung eines wirksamen Informationsaustauschs durch einen entsprechenden Kontrollmechanismus dürfte sich die neue Situation für die Schweiz aber insgesamt neutral auswirken.

Die Kantone und die interessierten Wirtschaftskreise haben das Änderungsprotokoll mehrheitlich begrüsst. Insgesamt trägt es in positiver Weise zur Beibehaltung und zum Ausbau der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen bei und unterstützt damit die wesentlichen Ziele der schweizerischen Aussenhandelspolitik.

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Verfassungsmässigkeit

Verfassungsgrundlage für das Änderungsprotokoll ist Artikel 54 der Bundesverfassung (BV, SR 101), der die Zuständigkeit für auswärtige Angelegenheiten dem Bund zuweist. Die Bundesversammlung ist nach Artikel 166 Absatz 2 BV zuständig für die Genehmigung des Änderungsprotokolls. Das zur Genehmigung unterbreitete Änderungsprotokoll wird Bestandteil des Abkommens von 1965 sein. Dieses ist auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, kann aber jederzeit unter Einhaltung einer Frist von sechs Monaten auf das Ende eines Kalenderjahres gekündigt werden. Es sieht keinen Beitritt zu einer internationalen Organisation vor. Dem fakultativen Staatsvertragsreferendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV unterstehen seit dem 1. August 2003 die Staatsverträge, die wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert. In Anlehnung an Artikel 22 Absatz 4 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 2002 (SR 171.10) gilt eine Bestimmung eines Staatsvertrages dann als rechtsetzend, wenn sie auf unmittelbar verbindliche und generell-abstrakte Weise Pflichten auferlegt, Rechte verleiht oder Zuständigkeiten festlegt. Um eine einheitliche Praxis bei der Anwendung von Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV zu gewährleisten 7170

und zu vermeiden, dass Abkommen von ähnlicher Tragweite wiederholt dem Referendum unterworfen werden, hat der Bundesrat in seiner Botschaft vom 19. September 2003 zum Doppelbesteuerungsabkommen mit Israel festgehalten, dass er dem Parlament Staatsverträge auch in Zukunft mit dem Vorschlag unterbreiten werde, diese dem fakultativen Staatsvertragsreferendum nicht zu unterstellen, sofern sie im Vergleich zu früher abgeschlossenen Abkommen keine wichtigen zusätzlichen Verpflichtungen für die Schweiz beinhalten.

Die Übernahme des internationalen Standards beim Informationsaustausch stellt eine gewichtige Neuerung der schweizerischen Abkommenspolitik im Bereich der Doppelbesteuerung dar. Für die Schweiz sind damit zusätzliche Verpflichtungen verbunden. Dies bedeutet, dass das Änderungsprotokoll wichtige neue Verpflichtungen für die Schweiz nach sich zieht. Der Bundesbeschluss über die Genehmigung eines Protokolls zur Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Schweden wird deshalb dem fakultativen Staatsvertragsreferendum für völkerrechtliche Verträge nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV unterstellt.

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