11.2.1

Botschaft zum Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und der Ukraine sowie zum Landwirtschaftsabkommen zwischen der Schweiz und der Ukraine vom 12. Januar 2011

11.2.1.1

Grundlagen und Überblick zum Abkommen

Das am 24. Juni 2010 in Reykjavik unterzeichnete Freihandelsabkommen (FHA) zwischen den EFTA-Staaten (Island, Liechtenstein, Norwegen und der Schweiz) und der Ukraine umfasst den Handel mit Industrieprodukten (einschliesslich Fisch und andere Meeresprodukte) sowie mit verarbeiteten Landwirtschaftserzeugnissen. Es enthält zudem Bestimmungen über Dienstleistungen, Investitionen, den Schutz des geistigen Eigentums, das öffentliche Beschaffungswesen, die Handelserleichterungen und den Wettbewerb. Wie in den bisherigen EFTA-FHA ist die Behandlung der landwirtschaftlichen Basisprodukte in bilateralen Landwirtschaftsabkommen geregelt, die individuell zwischen der Ukraine und den einzelnen EFTA-Staaten abgeschlossen worden sind, um den Besonderheiten der Landwirtschaftsmärkte und -politiken dieser Staaten Rechnung zu tragen (vgl. Ziff. 11.2.1.3).

Das FHA verbessert auf breiter Basis den Marktzugang und die Rechtssicherheit für die Schweizer Wirtschaftsakteure, vor allem für den Waren- und Dienstleistungshandel sowie die Investitionen. Für Waren bringt das Abkommen die gegenseitige Zollbefreiung, wobei der Ukraine für bestimmte sensible Produkte Übergangsfristen gewährt wurden. Für den Dienstleistungshandel enthält das Abkommen gewisse Verpflichtungen, die über das Niveau des Allgemeinen Abkommens über den Handel mit Dienstleistungen (GATS) der Welthandelsorganisation (WTO) hinausgehen.

Bei den Investitionen basiert das Abkommen auf dem Grundsatz der Nichtdiskriminierung für Investitionen bei ihrem Marktzugang. In Bezug auf den Schutz der Rechte an geistigem Eigentum bestätigt das Abkommen das Niveau der bestehenden WTO-Verpflichtungen oder verstärkt sie. Im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens basiert das Abkommen mit der Ukraine auf dem Text des revidierten, plurilateralen WTO-Abkommens über das öffentliche Beschaffungswesen (GPA).

So wird die Integration der Ukraine, die nicht Mitglied des GPA ist, in einen in diesem Bereich fortgeschrittenen Liberalisierungsprozess ermöglicht. Wie bei den anderen EFTA-FHA enthält jenes mit der Ukraine Wettbewerbsbestimmungen, welche die Zunichtemachung von Vorteilen aus dem Abkommen durch wettbewerbsschädigende Verhaltensweisen von Unternehmen verhindern sollen. Zur Überwachung der Anwendung des Abkommens und dessen Weiterentwicklung sowie zur Abhaltung von
Konsultationen wird ein aus Regierungsvertretern zusammengesetzter Gemischter Ausschuss eingesetzt. Für Streitigkeiten, die nicht mittels Konsultationen lösbar sind, sieht das Abkommen ein Schiedsverfahren zwischen den betroffenen Staaten vor.

2010-1725

1517

Das Abkommen mit der Ukraine erweitert das Netz von FHA, das die EFTA-Staaten seit 1990 aufbauen. Es ist Teil der von den EFTA-Staaten verfolgten geographischen und inhaltlichen Ausweitung der EFTA-Freihandelspolitik. Nachdem sich die EFTA-Staaten zunächst vor allem um den Abschluss von Freihandelsabkommen für den Warenverkehr mit den Staaten Mittel- und Osteuropas sowie des Mittelmeerraums bemüht hatten, haben sie seit Ende der 90er-Jahre ihr Netz von Freihandelsabkommen auch auf Partner in Übersee ausgedehnt und beziehen zusätzlich zum Warenverkehr und zum Schutz des geistigen Eigentums die Bereiche Dienstleistungen, Investitionen und öffentliches Beschaffungswesen in die Abkommen ein. Die Schweiz und die anderen EFTA-Staaten verfügen gegenwärtig über achtzehn in Kraft gesetzte Freihandelsabkommen1 mit Partnern ausserhalb der Europäischen Union (EU). Ausserdem wurden mit Kolumbien (Abkommen unterzeichnet am 25. November 2008), Peru (24. Juni 2010) und den Mitgliedstaaten des Kooperationsrates der Arabischen Golfstaaten2 (Abkommen vom 22. Juni 2009) Freihandelsabkommen unterzeichnet. Die Schweiz und die übrigen EFTA-Staaten stehen des Weiteren in Freihandelsverhandlungen mit Algerien, Hong Kong, Indien und Thailand. In Vorbereitung sind Verhandlungen mit Russland, Belarus und Kasachstan (Zollunion) sowie mit Indonesien, derweil insbesondere mit Malaysia und Vietnam exploratorische Prozesse im Gang sind. Auf bilateraler Ebene verfügt die Schweiz ausserdem über ein Abkommen über Freihandel und wirtschaftliche Partnerschaft mit Japan (in Kraft seit dem 1. September 2009). Es ist vorgesehen, dass die Schweiz und China zu Beginn des Jahres 2011 in Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen eintreten.

Für die Schweiz als stark exportabhängiges Land mit weltweit diversifizierten Absatzmärkten, welches überdies keiner grösseren Einheit wie der EU angehört, stellt der Abschluss von FHA einen der drei Hauptpfeiler ihrer Politik der Marktöffnung und der Verbesserung der Rahmenbedingungen für den internationalen Handel dar; die beiden anderen Pfeiler sind die Zugehörigkeit zur WTO und die Beziehungen mit der EU. Der spezifische Beitrag der FHA zu den Zielen der Aussenwirtschaftspolitik der Schweiz ist die Vermeidung oder die rasche Beseitigung von Diskriminierungen, die sich aus Präferenzabkommen ergeben,
welche unsere Handelspartner mit unseren Konkurrenten abgeschlossen haben. Dies lässt sich nur durch den Abschluss von Präferenzabkommen mit diesen Partnern erreichen. Mit dem Abschluss von FHA (in der Regel im Rahmen der EFTA) zielt die Schweiz darauf ab, ihren Unternehmen einen Zugang zu den ausländischen Märkten zu verschaffen, der mindestens gleichwertig ist wie derjenige, von dem ihre wichtigsten Konkurrenten (wie die EU, die USA und Japan) profitieren.

Im vorliegenden Fall ist das letztgenannte Ziel umso wichtiger, als im September 2008 die Europäische Kommission mit der Ukraine einen Verhandlungsprozess für ein Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen (SAA) angestossen hat, das namentlich die Errichtung einer Freihandelszone vorsieht. Das FHA EFTA-Ukraine 1

2

Ägypten (SR 0.632.313.211), Albanien (SR 0.632.311.231), Chile (SR 0.632.312.141), Israel (SR 0.632.314.491), Jordanien (SR 0.632.314.671), Kanada 0.632.312.32), Kroatien (SR 0.632.312.911), Libanon (SR 0.632.314.891), Marokko (SR 0.632.315.491), Mazedonien (SR 0.632.315.201.1), Mexiko (SR 0.632.315.631.1), PLO/Palästinensische Behörde (SR 0.632.316.251), Republik Korea (SR 0.632.312.811), Serbien (SR 0.632.316.821), Singapur (SR 0.632.316.891.1), Südafrikanische Zollunion (SACU: Südafrika, Botsuana, Lesotho, Namibia, Swasiland) (SR 0.632.311.181), Tunesien (SR 0.632.317.581), Türkei (SR 0.632.317.613).

GCC: Bahrain, Katar, Kuwait, Oman, Saudi Arabien und Vereinigte Arabische Emirate.

1518

wird die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen der EFTA-Staaten mit diesem Land stärken und insbesondere möglichen Diskriminierungen auf dem ukrainischen Markt aufgrund des in Aushandlung befindlichen SAA EU-Ukraine vorbeugen. In der Zwischenzeit wird das Abkommen der Schweiz einen Wettbewerbsvorteil gegenüber der EU und allen weiteren Konkurrenten bieten, die noch nicht über ein Präferenzabkommen mit der Ukraine verfügen.

Wirtschaftsentwicklung, Aussen- und Aussenwirtschaftspolitik der Ukraine Die Ukraine verfügt über eine bedeutende Wirtschaft, deren Potential sich jedoch aufgrund tiefer Produktivität, hohen Energieverbrauchs und nicht immer marktgerechter Strukturen bisher nicht voll entfalten konnte.

Der Systemwandel nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion im Jahr 1991 führte unter anderem in der Landwirtschaft zu grossen Veränderungen (von der kollektiven zur privatwirtschaftlichen Landnutzung). Der Agrarsektor beschäftigt heute rund ein Fünftel der Arbeitskräfte und trägt etwa 8 % zum BIP bei. Der BIP-Anteil der Industrie beträgt 33 %, jener des Dienstleistungssektors 58 %. Wichtigste wirtschaftliche Zentren sind neben der Hauptstadt Kiew weitere Städte am Dnjepr (z.B.

Dnipropetrowsk), Charkiw und Donezk im Osten des Landes sowie Odessa am Schwarzen Meer.

Unter Präsident Janukowitsch und seiner Regierung werden keine grundlegenden Änderungen der Wirtschaftspolitik erwartet. Es bestehen gewisse Chancen für marktorientierte Reformen und Fortschritte bei der Privatisierung.

Im Juli 2010 hat der IWF ein neues, auf zweieinhalb Jahre ausgelegtes Kreditprogramm in Höhe von 15,2 Milliarden US-Dollar unterzeichnet, von dem eine erste Tranche in Höhe von 1,89 Milliarden US-Dollar bereits ausbezahlt wurde. Das neue Abkommen mit dem IWF dürfte die Ausrichtung der Wirtschaftspolitik über den genannten Zeitraum leiten. Um die fiskalpolitischen Ziele zu erreichen, werden Einsparungen im Budget notwendig sein, was unter anderem zu Rentenkürzungen führen dürfte.

Bis zur «Orangen Revolution» 2004 hatten die Regierungen der Ukraine in Bezug auf die aussenpolitische Orientierung des Landes im wesentlichen eine sogenannte «Zwei-Vektoren-Politik» verfolgt: ein Vektor war der Westen (EU, USA), der andere Russland. Der frühere Präsident Juschtschenko legte die Priorität nach 2004 jedoch klar auf die Beziehungen
zum Westen. Diese einseitige Orientierung und Abwendung von Russland stellte die Ukraine vor zahlreiche Schwierigkeiten. Das Land ist immer noch stark von Russland abhängig.

Die Beziehungen zu Russland haben sich unter dem seit Februar 2010 amtierenden Präsidenten Viktor Janukowitsch erwartungsgemäss deutlich verbessert. Ein wichtiger Wendepunkt war die Verlängerung des Pachtvertrages zur Nutzung der Krim als Stützpunkt der russischen Schwarzmeerflotte für weitere 25 Jahre ab dem Jahr 2017. Im Gegenzug kann die Ukraine weiterhin von verbilligten Erdgaslieferungen aus Russland profitieren. Die Neuausrichtung auf Russland scheint von Janukowitsch eher aus pragmatischen Gründen getroffen worden zu sein.

Wichtigster Handelspartner, Rohstoff- und Energieträgerlieferant der Ukraine ist Russland. Dieser Staat ist gleichzeitig grösster Abnehmer ukrainischer Produkte, einschliesslich Rüstungsgüter.

1519

Nachdem das BIP 2009 um mehr als 15 % eingebrochen ist, wird für das Jahr 2010 mit einem BIP-Wachstum von 4,7 % gerechnet.

Die Inflationsprognose für 2010/11 ist nach wie vor hoch, dies unter anderem aufgrund einer Erhöhung des Gaspreises für Haushalte und der schlechten Ernte in der Ukraine und anderen Ländern.

Traditionell betragen Produkte der besonders konjunkturempfindlichen Metallindustrie rund 40 bis 50 % der ukrainischen Ausfuhren, wobei insbesondere die ukrainische Stahlindustrie mit zunehmend ungünstigen Kostenstrukturen arbeitet und gegenüber asiatischen Stahlproduzenten an Wettbewerbsfähigkeit verliert.

Obwohl die EU-Mitgliedschaft bestenfalls ein fernes Zukunftsziel ist, strebt Präsident Janukowitsch eine Vertiefung der wirtschaftlichen Beziehungen zur EU an.

Verhandlungen über ein Assoziationsabkommen mit der EU sind im Gange. Dieses soll das bestehende Partnerschafts- und Kooperationsabkommen ersetzen und die Handelsbeziehungen mit der EU weiter vertiefen.

Ausserdem hat die Ukraine 1997 ein Partnerschaftsabkommen mit der NATO abgeschlossen.

Die Ukraine sieht sich als starker regionaler Partner zur Gewährleistung von Stabilität und Frieden, insbesondere im Rahmen der BSEC (Black Sea Economic Cooperation). Die Ukraine ist ebenfalls Mitglied der GUAM, umbenannt in «Organisation für Demokratie und wirtschaftliche Entwicklung» bestehend aus Georgien, Ukraine, Aserbaidschan und Moldawien mit Sitz in Kiew, welche sich für eine «Gemeinschaft demokratischer Staaten» einsetzt.

Des Weitern ist die Ukraine Mitglied der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS), die im Dezember 1991 durch die Unterzeichnung einer Konvention durch die Staatschefs Russlands, der Ukraine und Belarus' und mit dem Beitritt acht weiterer Republiken, welche die Sowjetunion wenig später verlassen haben, gegründet wurde.

Die 1992 durchgeführten Verhandlungen über die Bildung einer weitgehenden Freihandelszone innerhalb der GUS mündeten 1994 in die Unterzeichnung eines plurilateralen FHA zwischen Aserbaidschan, Armenien, Belarus, Georgien, Moldawien, Kasachstan, Russland, der Ukraine, Usbekistan, Tadschikistan und der Republik Kirgisistan. Der Text wurde vom russischen Parlament nie ratifiziert und das Abkommen trat nie in Kraft. In der Zwischenzeit wurden mehrere bilaterale, den Warenverkehr abdeckende FHA zwischen
den verschiedenen GUS-Mitgliedern abgeschlossen. Die Ukraine verfügt über FHA mit der Mehrheit der GUS-Mitglieder. Diese Abkommen haben nur eine beschränkte Wirkung, insbesondere aufgrund der zahlreichen und weitgehenden Ausnahmen, welche den Parteien beim Einführen von restriktiven Handelsmassnahmen einen grossen Handlungsspielraum belassen.

Schliesslich legt die ukrainische Aussenpolitik grossen Wert auf ein intensives Mitwirken im Rahmen der UNO. Die Ukraine ist für die UNO ein wichtiges truppenstellendes Land für friedenserhaltende Operationen und hat bzw. hatte grössere Kontingente im Einsatz im Kosovo, in Mazedonien, im Libanon und in Sierra Leone.

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Menschenrechtslage in der Ukraine Die Ukraine ist Mitglied der UNO und hat unter anderem den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte sowie den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte ratifiziert. Die Ukraine ist ausserdem seit 1995 Mitglied des Europarates. Sie hat unter anderem die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK), die revidierte Europäische Sozialcharta sowie die acht Kernkonventionen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) im Bereich des Arbeitsrechts ratifiziert (vgl. unten).

Allgemein kann die Menschenrechtslage in der Ukraine als verhältnismässig zufriedenstellend gewertet werden. Es verbleiben allerdings gewisse Schwierigkeiten. Die meistgemeldeten Menschenrechtsverletzungen betreffen Übergriffe durch die Polizei, Fälle von Folter an Gefangenen, schwierige Haftbedingungen und schliesslich ein wenig effizientes und korruptionsanfälliges Justizsystem. Ausserdem sind Gewalt und Diskriminierungen gegen Personen nicht-slawischer Herkunft sowie die Rückführung von Asylsuchenden in Länder, in denen sie Gefahr laufen, Opfer schwerer Verstösse gegen die Grundrechte zu werden, verbreitet. Der Menschenhandel bleibt ein Problem, und es wurden Behauptungen betreffend die Belästigung der homosexuellen Gemeinschaft durch die Polizei gemeldet.

Anlässlich der allgemeinen regelmässigen Menschenrechtsüberprüfung3 im Mai 2008 hat die Ukraine 34 der 40 Empfehlungen angenommen, unter anderem jene der Schweiz, wonach die Ermittlungsanstrengungen bei rassistischen Übergriffen zu intensivieren, deren Urheber zu bestrafen und die zugrunde liegenden Ursachen dieses Problems im Rahmen der Justizreform nachhaltig anzugehen seien.

Ausgangslage der Beziehungen zwischen der Schweiz und der Ukraine Vertragliche Beziehungen zwischen der Schweiz und der Ukraine und Zusammenarbeit in internationalen Organisationen Die bilateralen Beziehungen zwischen der Schweiz und der Ukraine sind gut. Beinahe unmittelbar nach der Unabhängigkeit der Ukraine im Dezember 1991 wurden Botschaften in der Ukraine und in der Schweiz eröffnet. Der Posten des Botschafters in der ukrainischen Vertretung in Bern blieb zwischen 2004 und 2008 vakant. Erst seit dem Herbst 2008 werden wieder regelmässig politische Konsultationen geführt, letztmals im Oktober 2010. Auf Bundesratsebene
fanden Besuche im Sommer 2005 (Besuch von Bundesrätin Calmy-Rey in Kiew) und im Frühling 2008 (Besuch von Bundesrätin Leuthard in Kiew anlässlich der Jahresversammlung der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung) statt. Als Vorsitzende des Ministerkomitees des Europarats nahm Bundesrätin Calmy-Rey auch an den Inaugurationsfeierlichkeiten des neuen Präsidenten Janukowitsch im Februar 2010 teil. Staatspräsident Juschtschenko stattete der Schweiz im Mai 2009 einen offiziellen Arbeitsbesuch ab.

Bilaterale vertragliche Beziehungen Die Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Schweiz und der Ukraine werden durch drei grundlegende Übereinkommen geregelt: das Abkommen über Handel und wirtschaftliche Zusammenarbeit4 (1996), das Investitionsschutzabkommen5 (1997) 3 4 5

Die Überprüfung der Einhaltung der Menschenrechtsverpflichtungen der 192 UNO-Mitgliedstaaten findet alle vier Jahre statt.

SR 0.946.297.671 SR 0.975.276.7

1521

und das Doppelbesteuerungsabkommen6 (2001). Zudem bestehen zwischen der Schweiz und der Ukraine ein Strassenverkehrsabkommen7 (2002), ein Abkommen über die Aufhebung der Visumspflicht für Inhaber eines Diplomatenpasses8 (2004) sowie ein Rückübernahmeabkommen9 (2004). Ein Abkommen über zusätzliche Visaerleichterungen ist in Verhandlung.

Zusammenarbeit in internationalen Organisationen Die gemeinsame Zugehörigkeit der Schweiz und der Ukraine zu den wichtigsten internationalen Organisationen eröffnet ihnen die Möglichkeit zu Meinungsaustausch, Dialog bei Themen von gegenseitigem Interesse und somit zur Vertiefung ihrer Beziehungen. Wie die Schweiz ist auch die Ukraine Mitglied der UNO und hat insbesondere den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte sowie den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte ratifiziert. Die Ukraine trat dem Europarat am 9. November 1995 als 37. Mitgliedstaat bei. Im Rahmen ihrer Zugehörigkeit zu dieser Organisation hat die Ukraine 1997 die EMRK sowie 2006 die revidierte Europäische Sozialcharta ratifiziert. Die Ukraine hat derzeit einen Sitz im Wirtschafts- und Sozialrat (ECOSOC) sowie in der Kommission für Friedenskonsolidierung. Zusätzlich zur gemeinsamen Präsenz mit der Schweiz in mehreren UNO-Plattformen (insbesondere Global Compact sowie Klimawandel) hat die Ukraine auch ihr Interesse für gewisse Schweizer Initiativen ausgedrückt, so für die Einführung eines Verhaltenskodex für private Sicherheitsunternehmen und für die Terrorismusbekämpfung. Die Schweiz und die Ukraine haben sich bei der Kandidatur für den Menschenrechtsrat gegenseitig unterstützt.

Die Ukraine ist weiter Mitglied der WTO (vgl. Ziff. 11.2.1.7), der Weltbank und dem IWF sowie der IAO. Die Ukraine hat wie die Schweiz insbesondere die acht IAO-Kernkonventionen im Bereich des Arbeitsrechts ratifiziert10.

Im Bewusstsein der grossen Bedeutung, welche der Umweltschutz und die nachhaltige Entwicklung für die Zukunft des Landes haben, hat die Ukraine die wichtigsten internationalen Übereinkommen und Protokolle über den Umweltschutz ratifiziert.

Darunter unter anderem das Protokoll von Kyoto (Reduktion von Treibhausgasen), das Montrealer Protokoll (Ozonschicht), das Basler Übereinkommen (Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und
ihrer Entsorgung) sowie das Übereinkommen über die Biodiversität. Innenpolitisch hat sich die ukrainische Regierung 2002 mit der Schaffung eines Ministeriums für den Schutz der Umwelt und natürlicher Ressourcen beschäftigt und so ihre Verbundenheit mit der nachhaltigen Entwicklung und einer gesunden Umweltbewirtschaftung bewiesen.

6 7 8 9 10

SR 0.672.976.71 SR 0.741.619.767 SR 0.142.117.672 SR 0.142.117.679 Übereinkommen Nr. 100 über die Gleichheit des Entgelts männlicher und weiblicher Arbeitskräfte für gleichwertige Arbeit (SR 0.822.720.0), Nr. 111 über die Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf (SR 0.822.721.1), Nr. 138 über das Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung (SR 0.822.723.8), Nr. 182 über das Verbot und unverzügliche Massnahmen zur Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit (SR 0.822.728.2), Nr. 29 über Zwangs- oder Pflichtarbeit (SR 0.822.713.9), Nr. 87 über die Vereinigungsfreiheit und den Schutz des Vereinigungsrechtes (SR 0.822.719.7), Nr. 98 über die Anwendung der Grundsätze des Vereinigungsrechtes und des Rechtes zu Kollektivverhandlungen (SR 0.822.719.9), sowie Nr. 105 über die Abschaffung der Zwangsarbeit (SR 0.822.720.5).

1522

Bilateraler Handel und Investitionen Die Ukraine ist nach Russland der zweitgrösste Handels- und Exportpartner der Schweiz unter den GUS-Staaten. Bei den Einfuhren aus den GUS-Staaten belegt die Ukraine hinter Russland und Kasachstan die dritte Position. Trotzdem ist der bilaterale Handel zwischen der Schweiz und der Ukraine im Verhältnis zur Grösse des Landes bislang wenig entwickelt. Bei den Exporten dominierten 2009 pharmazeutische Erzeugnisse (28 %), Maschinen (20 %) und Uhrmacherwaren (13 %); bei den Importen Maschinen (20 %), landwirtschaftliche Produkte (15 %), Edelsteine, Edelmetalle und Bijouterie (13 %), pharmazeutische Erzeugnisse (9 %) und Uhrmacherwaren (8 %).

Wegen der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise, welche die Ukraine stark traf, brach das Handelsvolumen im Jahr 2009 im Vergleich zum Vorjahr regelrecht ein. Der Rückgang der Gesamtimporte um 57 % wurde durch einen massiven Importrückgang bei Edelmetallen (­82 %) sowie bei chemischen Grundprodukten (­92 %) verursacht. Zum Rückgang der Gesamtexporte trugen massgebend Exporteinbrüche bei pharmazeutischen Erzeugnissen (­20 %), Uhrmacherwaren (­58 %) sowie Maschinen (­61 %) bei. Seit Beginn des Jahres 2010 zeichnet sich zumindest bei den schweizerischen Exporten in die Ukraine wieder ein positiveres Bild ab.

Die Schweiz war, gemäss ukrainischer Statistik, mit 799,4 Millionen US-Dollar per 1. Januar 2010 der 13-grösste Investor in der Ukraine, allerdings ist ihr relativer Anteil in den letzten Jahren zurückgegangen. Gemäss der schweizerischen Nationalbank (SNB) verdoppelte sich der Kapitalbestand der schweizerischen Direktinvestitionen zwischen 2005 und 2007 nahezu: von 615 Millionen Schweizerfranken im 2005 auf 1,192 Milliarden Schweizerfranken im 2007. Im Jahr 2008 verringerte sich jedoch der Kapitalbestand im Vergleich zum Vorjahr um 38,5 % auf 733 Millionen Schweizerfranken. Die Schweizer Investitionen verteilen sich auf verschiedene Sektoren, von denen die wichtigsten die Nahrungsmittel-, die verarbeitende und die chemische Industrie sind. Von Bedeutung sind ausserdem der Dienstleistungssektor und die Luxusgüterindustrie.

Schweizer Entwicklungszusammenarbeit mit der Ukraine Die Schweiz unterstützt seit Mitte der 90er-Jahre den Übergangsprozess der Ukraine von einer Plan- zu einer Marktwirtschaft aktiv mit Programmen
der Finanz- sowie der technischen und der humanitären Hilfe. 1999 haben die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) und das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) ein gemeinsames Kooperationsbüro in Kiew eröffnet.

Bei der Zusammenarbeit unter der Federführung der DEZA sind die Schwerpunkte der Kooperation mit der Ukraine gegenwärtig in der mittelfristigen Strategie 2007­2010 festgelegt. Die Schweiz unterstützt die Ukraine bei ihrem Übergang zu einer demokratischen Gesellschaft, deren Ziele die Gewährleistung des freien Zugangs zu den Entscheidungsprozessen, zu sozialer Gerechtigkeit, zum Rechtsstaat sowie zu den Vorteilen der Marktwirtschaft sind. Insbesondere führen die Schweiz und die Ukraine gemeinsam ein Programm für Perinatalmedizin durch, das in 23 ukrainischen Bezirken die perinatale Gesundheit der Bevölkerung durch ein grösseres präventives und pflegerisches Angebot, besseren Zugang dazu und bessere Qualität der Dienstleistungen verbessern soll. Das Programm wird durch verschiedene regionale Präventions- und Gesundheitsförderungskampagnen ergänzt. Die Schweiz unterstützt im Rahmen ihres Engagements für die nachhaltige Entwicklung 1523

unter anderem die Reformprojekte des öffentlichen Sektors der Ukraine zur Entwicklung der dezentralen öffentlichen Dienstleistungen (insbes. Wasserversorgung) in ländlichen und periurbanen Gebieten der Ukraine. Die Schweiz trägt ferner im Rahmen eines Waldbewirtschaftungsprojekts in der Karpatenregion zur Entwicklung des ländlichen Raums bei und beteiligt sich an einem Projekt zur Förderung der biologischen Landwirtschaft. Ausserdem unterstützt die Schweiz die Reformen von Justiz- und Strafsystem mit dem Ziel, die Einhaltung rechtsstaatlicher Grundsätze in der Ukraine zu verbessern. Die DEZA legt den Schwerpunkt ihrer Aktivitäten in Zukunft allerdings auf die reproduktive Gesundheit und die lokale Gouvernanz (kommunale Dienstleistungen) und wird sich aus den Bereichen rurale Entwicklung Ende 2010 und Justizreform 2012 zurückziehen.

Für den Zeitraum von 2007­2011 und danach beträgt das DEZA-Jahresbudget ungefähr 5,2 Millionen Schweizerfranken.

In Ergänzung der Tätigkeiten unter DEZA-Federführung ist seit 1994 das SECO mit einem breiten Hilfsprogramm insbesondere in den Bereichen Finanzierung und Sanierung der Basisinfrastruktur in den prioritären Bereichen Gesundheit, Energie und Abwasserbehandlung in der Ukraine aktiv. Ausserdem unterstützt das SECO zwei internationale Fonds (Nuclear Safety Account und Chernobyl Shelter Fund), die von der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung verwaltet werden und deren Tätigkeiten sich insbesondere auf die endgültige Ausserbetriebnahme des Kernkraftwerks Tschernobyl konzentrieren. Seit 2002 nehmen die technische Hilfe im Finanzsektor und die Unterstützung der Privatsektorentwicklung in der schweizerischen Zusammenarbeit via SECO immer breiteren Raum ein, insbesondere in den Bereichen von Corporate Governance und Förderung von Investitionen namentlich zur KMU-Entwicklung und zur Schaffung von Arbeitsplätzen in der Ukraine. Ein weiteres Projekt beinhaltet die Unterstützung zur Errichtung von Zertifizierungsstellen für biologische Produkte.

Bei der Privatsektorentwicklung hat das SECO kürzlich ein Interventionsprogramm für Krisenzeiten geschaffen (Integrated Crisis Response Program). Das Programm sieht vor, Banken und KMU Beratungsdienstleistungen im Bereich von Risikobewirtschaftung und Kostenreduktion in Krisenzeiten zur Verfügung zu stellen. Zwei
weitere, 2010 eingeführte Projekte haben die Verbesserung der Energieeffizienz eines städtischen Fernheiz Netzwerks und von Gebäuden zum Ziel, um den Ausstoss von Treibhausgasen zu reduzieren. Im Bereich Handelsförderung bereitet die Schweiz Projekte für die Förderung von umweltverträglichen Herstellungsverfahren (Cleaner Production Center) sowie ein technisches Hilfsprojekt vor, dessen Ziel die bessere Einhaltung internationaler Normen durch ukrainische Produkte ist.

Darüber hinaus haben die Schweiz und die Ukraine im Zusammenhang mit der Aushandlung dieses FHA eine Verständigungsvereinbarung (Memorandum of Understandig, MoU) zu einem bilateralen Kooperationsprogramm im Landwirtschaftsbereich unterzeichnet. Das MoU sieht zwei Hauptkooperationsfelder vor, das erste im Bereich des sanitären und phytosanitären Risikomanagements und das zweite im Bereich der hochstehenden und nachhaltigen Oenologie. Eine analoge Vereinbarung zur Zusammenarbeit im Fischereibereich ist im Übrigen zwischen der Ukraine einerseits sowie Island und Norwegen andererseits abgeschlossen worden.

Bis 2012 beläuft sich das Jahresbudget des SECO für die Tätigkeit in der Ukraine voraussichtlich auf ungefähr 7 Millionen Schweizerfranken.

1524

Für den Zeitraum von 2011­2014 werden das SECO und die DEZA ihre Tätigkeiten in der Ukraine mittels gemeinsamer Strategie (derzeit in Ausarbeitung) koordinieren. Diese gemeinsame Strategie umfasst die vier grossen Kooperationsbereiche: die lokale Gouvernanz und öffentliche Dienstleistungen (DEZA); reproduktive Gesundheit (DEZA); nachhaltiges Energiemanagement (SECO) sowie Finanz- und Wirtschaftsstabilität (SECO).

Verhandlungsverlauf Die EFTA-Staaten und die Ukraine haben am 19. Juni 2000 eine Zusammenarbeitserklärung unterzeichnet. Seither fanden zwei Treffen des Gemischte Ausschusses statt. Am letzten Treffen am 16. November 2005 sind die Parteien übereingekommen, exploratorische Gespräche für ein FHA aufzunehmen. Am 21. April 2009 haben sie sich im Rahmen der ersten Verhandlungsrunde auf Ebene der Delegationsleiter getroffen, um die Verhandlungsmodalitäten zum Abschluss eines solchen Abkommens festzulegen. Inhaltlich und in Anwesenheit von Sachverständigen wurden die Verhandlungen am 24. August 2009 anlässlich der zweiten Verhandlungsrunde (25.­28. August 2009) in Kiew eröffnet. Die dritte Verhandlungsrunde fand im November 2009 (3.­6. November 2009) in Genf statt, während die vierte Runde im Februar 2010 (16.­19. Februar 2010) in Kiew durchgeführt wurde. Die fünfte Verhandlungsrunde fand im April 2010 (27.­30. April 2010) erneut in Kiew statt. Die nach der fünften Verhandlungsrunde noch offenen Bereiche (Landwirtschaftsteil Schweiz­Ukraine, Fisch, Antidumpingmassnahmen) wurden am 1. und 2. Juni 2010 an einem in Kiew durchgeführten Treffen der Chefunterhändler finalisiert.

Die Abkommen wurden anlässlich der EFTA-Ministerkonferenz vom 24. Juni 2010 in Reykjavik unterzeichnet.

11.2.1.2

Inhalt des Freihandelsabkommens

Die Freihandelsbeziehungen zwischen der Schweiz und der Ukraine werden durch das FHA zwischen den EFTA-Staaten und der Ukraine (Präambel und Art. 1.1­10.9, Anhänge I­XV) und das bilaterale Landwirtschaftsabkommen zwischen der Schweiz und der Ukraine (Art. 1­9, Anhänge I und II) begründet.

Das FHA besteht aus 10 Kapiteln (Allgemeine Bestimmungen, Warenverkehr, Dienstleistungshandel, Investitionen, Schutz des geistigen Eigentums, Öffentliches Beschaffungswesen, Wettbewerb, Institutionelle Bestimmungen, Streitbeilegung, Schlussbestimmungen) und 15 Anhängen, die Bestandteil des Abkommens bilden (Art. 10.2). Die Landwirtschaftsabkommen zwischen den einzelnen EFTA-Staaten und der Ukraine sind Bestandteil der Instrumente für die Errichtung einer Freihandelszone zwischen den Vertragsparteien (Art. 2.1 Abs. 2 FHA und Art. 9 des bilateralen Landwirtschaftsabkommens).

Warenverkehr Der Geltungsbereich von Kapitel 2 (Warenverkehr) des Abkommens umfasst die Industrieprodukte (einschliesslich Fisch und andere Meeresprodukte) sowie verarbeitete Landwirtschaftsprodukte (Art. 2.1). Die für die Landwirtschaftspolitik der EFTA-Staaten sensiblen Tarifpositionen sind wie üblich vom Anwendungsbereich des Abkommens ausgenommen (Anhang I).

1525

Das Abkommen ist teilweise asymmetrisch ausgestaltet und berücksichtigt somit das unterschiedliche wirtschaftliche Entwicklungsniveau der Vertragsparteien. Die EFTA-Staaten beseitigen mit Inkrafttreten des Abkommens die Zölle auf Industrieprodukten vollumfänglich (Art. 2.3). Die Mehrheit der Industrieprodukte mit Ursprung in den EFTA-Staaten (83 % aller Tarifpositionen) ist mit Inkrafttreten des Abkommens ebenfalls zollfrei in den ukrainischen Markt einführbar. Die Ukraine wird für eine bestimmte Anzahl Tarifpositionen Übergangsfristen anwenden, die je nach Sensibilität der Erzeugnisse zwischen zwei und höchstens zehn Jahre betragen (Anhang IV). Zu den für die Ukraine sensiblen Produkten gehören insbesondere Kerosin, gewisse Fahrzeuge und deren Bestandteile, Geschirr sowie Glasprodukte.

Für die wichtigsten Tarifpositionen im Uhrenbereich konnte eine Abbaufrist von zwei Jahren erreicht werden. Die Liste der vom Zollabbau ausgenommenen Tarifpositionen (gewisse Fahrzeuge und Gebrauchtkleider) betrifft lediglich 21 Tarifpositionen, welche für die Schweiz keine Ausfuhrinteressen darstellen. Zudem hat sich die Ukraine verpflichtet, den EFTA-Staaten eine Behandlung zu gewähren, die keinesfalls weniger günstig ist als die Behandlung, die sie der EU gewährt, falls künftig zwischen der Ukraine und der EU ein Abkommen abgeschlossen wird.

Für verarbeitete Landwirtschaftserzeugnisse gestehen die EFTA-Staaten der Ukraine analoge Konzessionen zur EU zu. Die EFTA-Staaten beseitigen das Industrieschutzelement der Zölle, behalten jedoch das Recht, auf der Einfuhr Abgaben zu erheben und auf Ausfuhren Rückerstattungen auszurichten, um den Unterschied zwischen den Rohstoffpreisen auf den EFTA-Märkten und auf dem Weltmarkt auszugleichen.

Ihrerseits gesteht die Ukraine den EFTA-Staaten auf die meisten Produkte, die für sie von Interesse sind, Konzessionen zu. Diese gelten mehrheitlich ab Inkrafttreten, spätestens aber nach einer Übergangsfrist von sieben Jahren nach Inkrafttreten des Abkommens. Hingegen war die Ukraine nicht in der Lage, den EFTA-Staaten Konzessionen für Zuckerwaren, Schokolade, Getreideerzeugnisse und Backwaren anzubieten. Nichtsdestoweniger hat sich die Ukraine verpflichtet, den EFTA-Staaten für die Gesamtheit der verarbeiteten Landwirtschaftsprodukte eine Behandlung zu gewähren, die keinesfalls
weniger günstig ist als die Behandlung, die sie der EU gewährt, falls künftig zwischen der Ukraine und der EU ein Abkommen besteht (Anhang IV, Art. 8).

Die Zollkonzessionen der Schweiz treten an die Stelle der Konzessionen, welche sie gegenwärtig nach dem APS (Allgemeines Präferenzsystem zugunsten der Entwicklungsländer) der Ukraine einseitig gewährt.

Die Ursprungsregeln (Art. 2.2 und Protokoll über Ursprungsregeln) entsprechen jenen des Pan-Euro-Med-Protokolls über die Ursprungsregeln. Das Verständigungsprotokoll zum Abkommen sieht den möglichen Beitritt der Ukraine zu diesem Kumulationssystem vor. Die Pan-Euro-Med-Kumulation wird aber erst möglich sein, wenn das regionale Übereinkommen über Pan-Euro-Med-Präferenzursprungsregeln in Kraft tritt und auf die Ukraine ausgeweitet wird. Vorerst kann die Ursprungseigenschaft von Produkten aus den EFTA-Staaten und der Ukraine nur auf bilateraler Grundlage kumuliert werden. Im bilateralen Verkehr zwischen den EFTA-Staaten und der Ukraine werden ausschliesslich die Ursprungsnachweise EUR.1 und Erklärung auf der Rechnung verwendet. Die Rückerstattung von Zöllen, die auf Einfuhren aus Drittländern erhoben wurden (drawback), kann eine Wettbewerbsverzerrung verursachen und ist verboten (Art. 16, Protokoll über Ursprungsregeln).

1526

Das Abkommen enthält ausserdem Bestimmungen zur Handelserleichterung (Art. 2.10 und Anhang V). Diese verpflichten die Parteien unter anderem zur Beachtung internationaler Standards bei der Ausgestaltung von Zollverfahren sowie zur Zusammenarbeit zwischen den Zollbehörden im Hinblick auf die Vermeidung unnötiger administrativer Handelshemmnisse, beispielsweise durch erhöhte Transparenz und die Nutzung von Informationstechnologien.

Unter dem Abkommen wird auch ein Unterausschuss für Ursprungsfragen, Zollverfahren und Handelserleichterung errichtet (Art. 2.2 und 2.10 sowie Anhang VI).

Dieser ist für den Informationsaustausch und die Beobachtung der Entwicklung in diesem Bereich zuständig sowie für die Vorbereitung der technischen Anpassungen, die sich daraus ergeben.

Weiter enthält das Abkommen wie andere EFTA-FHA Bestimmungen zu Ausfuhrzöllen (Art. 2.4, die Ukraine wird sie schrittweise in Übereinstimmung mit ihren WTO-Verpflichtungen senken und den EFTA-Staaten eine Behandlung gewähren, die nicht weniger günstig ist als diejenige, die sie der EU gewährt, falls sich die Ukraine künftig zur Senkung oder Abschaffung ihrer Zölle auf Ausfuhren in die EU verpflichten wird), zum Verbot mengenmässiger Beschränkungen bei der Ein- und Ausfuhr (Art. 2.6), über die Nichtdiskriminierung durch interne Steuern (Art. 2.7) und zu staatlichen Handelsunternehmen (Art. 2.12) und verweist in Bezug auf die gesundheitspolizeilichen und pflanzenschutztechnischen Massnahmen (Art. 2.8) und die technischen Vorschriften (Art. 2.9) auf die einschlägigen GATT/WTO-Bestimmungen. In Bezug auf Subventionen und Ausgleichsmassnahmen geht das Abkommen über die WTO-Regeln hinaus und sieht vor, dass jede Vertragspartei ein Konsultationsverfahren veranlassen kann, noch bevor eine Partei eine Untersuchung nach Art. 11 des im Abkommen zur Errichtung der WTO enthaltenen Übereinkommens über Subventionen und Ausgleichsmassnahmen11 einleitet, um das Vorliegen, die Höhe und die Auswirkungen einer angeblichen Subvention festzustellen. Dieses Konsultationsverfahren räumt den betroffenen Parteien eine Frist von 60 Tagen ein, um eine gütliche Lösung zu finden und damit das WTO-Verfahren zu vermeiden (Art. 2.13).

In Bezug auf die Ausnahmen zum Schutz der öffentlichen Ordnung, der Gesundheit und der inneren und äusseren Sicherheit des Landes
(Art. 2.17 und 2.18) übernimmt das Abkommen die einschlägigen WTO-Bestimmungen. Ausserdem verpflichten sich die Parteien, gegeneinander keine Antidumpingmassnahmen anzuwenden (Art. 2.14). Zudem definiert das Abkommen das Verhältnis gegenüber der allgemeinen Schutzklausel des GATT-Abkommens (Art. 2.15) und enthält eine bilaterale Schutzklausel (Art. 2.16), die entsprechende Massnahmen auf maximal drei Jahre beschränkt und deren Notwendigkeit fünf Jahre nach Inkrafttreten des Abkommens überprüft wird.

Dienstleistungen Das Kapitel über die Dienstleistungen (Kap. 3) übernimmt die Begriffsbestimmungen und Disziplinen (vier Erbringungsarten, Meistbegünstigung, Marktzugang, Inländerbehandlung usw.) aus dem Allgemeinen Abkommen der WTO über den Handel mit Dienstleistungen (GATS12). Gegenüber dem GATS sind allerdings gewisse Bestimmungen präzisiert oder dem bilateralen Kontext angeglichen worden.

11 12

SR 0.632.20, Anhang 1A.13 SR 0.632.20, Anhang 1.B

1527

Die den Handel mit Dienstleistungen betreffenden Bestimmungen des Abkommens werden durch sektor- und themenspezifische Regeln in Anhängen zu Finanzdienstleistungen (Anhang IX) und Telekommunikationsdienstleistungen (Anhang X) ergänzt. Die Ausnahmen von der Meistbegünstigungsklausel und die spezifischen Verpflichtungen der Parteien sind ebenfalls in Anhängen zum Abkommen enthalten (Anhänge VII und VIII).

Der Anwendungsbereich des Abkommens für den Handel mit Dienstleistungen ist mit demjenigen des GATS (Art. 3.1) identisch. Die Begriffsbestimmungen entsprechen ebenfalls jenen des GATS (Art. 3.3). Die juristischen Personen einer Vertragspartei umfassen nicht nur juristische Personen, die in einer Vertragspartei, sondern auch jene, die in einem anderen WTO-Mitgliedstaat ansässig und tätig sind, falls diese im Besitz oder unter Kontrolle einer im Gebiet einer Vertragspartei des FHA ansässigen und dort tätigen natürlichen oder juristischen Person sind. Damit wird sichergestellt, dass die im FHA gewährten Rechte in Bezug auf juristische Personen gegenüber jenen des GATS nicht eingeschränkt sind. Diese Klausel verhindert auch, dass Firmen aus Drittländern vom Abkommen profitieren. Die Bestimmungen über den Marktzugang (Art. 3.5), die Inländerbehandlung (Art. 3.6), die zusätzlichen Verpflichtungen (Art. 3.7), die Transparenz (Art. 3.11), die Monopole und Dienstleistungserbringer mit ausschliesslichen Rechten (Art. 3.12), die Geschäftspraktiken (Art. 3.13), die allgemeinen Ausnahmen sowie jene zur Wahrung der inneren Sicherheit (Art. 3.16) sind identisch mit denjenigen des GATS.

Die Meistbegünstigungsklausel (Art. 3.4) folgt weitgehend der entsprechenden GATS-Bestimmung. FHA mit Drittstaaten, die nach Artikel V GATS notifiziert werden, sind von der Verpflichtung dieser Klausel ausgenommen. Die Vertragsparteien verpflichten sich ferner zur gegenseitigen Notifizierung von Handelsvorteilen, die sie Drittstaaten im Rahmen von FHA gewähren, sowie dazu, auf Ersuchen der anderen Partei über die Aufnahme einer mindestens gleich günstigen Behandlung in diesem Abkommen zu verhandeln.

Die Artikel zu Zahlungen und Überweisungen für laufende Geschäfte (Art. 3.14) und zu Beschränkungen zum Schutz der Zahlungsbilanz (Art. 3.15) sehen vor, dass die Vertragsparteien darauf verzichten, solche Zahlungen und Überweisungen
zu beschränken, soweit sich solche Beschränkungen nicht aus Verpflichtungen unter dem IWF ergeben.

Die Bestimmungen über die innerstaatlichen Regelungen (Art. 3.8), über die Anerkennung von Qualifikationen (Art. 3.9) und über die Grenzüberschreitung natürlicher Personen zur Erbringung von Dienstleistungen (Art. 3.10) sind ebenfalls identisch mit denjenigen des GATS.

Finanzdienstleistungen Um den Besonderheiten des Finanzsektors Rechnung zu tragen, werden die horizontalen Regeln durch spezifische Bestimmungen über die Finanzdienstleistungen ergänzt. Diese sind in Anhang IX enthalten.

Die Bestimmungen übernehmen verschiedene Elemente des entsprechenden GATSAnhangs, so etwa die Definitionen der Finanzaktivitäten (Bank-, Versicherungs- und Wertpapierdienstleistungen), die Ausnahmen bezüglich der Geldpolitik und der Sozialversicherungssysteme sowie die Anerkennung aufsichtsrechtlicher Massnahmen. Die weit gefasste GATS-Ausnahme für aufsichtsrechtliche Massnahmen konnte im Rahmen des vorliegenden Abkommens ausgewogener gestaltet werden, 1528

indem solche Massnahmen einem Verhältnismässigkeitstest unterworfen werden.

Die Massnahmen dürfen nicht zu handelsbeschränkenden Zwecken oder auf diskriminierende Art ergriffen werden. Zudem verpflichten sich die Parteien, nach Möglichkeit die Prinzipien und Standards der wichtigsten einschlägigen internationalen Institutionen anzuwenden (Basler Ausschuss für Bankenaufsicht, Internationale Vereinigung der Versicherungsaufseher und Internationale Organisation der Effektenhändleraufseher).

Die spezifischen Bestimmungen übernehmen darüber hinaus bestimmte Regeln der WTO-Vereinbarung über Verpflichtungen betreffend Finanzdienstleistungen, welche die Ukraine im Gegensatz zur Schweiz und den anderen EFTA-Staaten nicht bei ihrem Beitritt übernommen hat. Die Ukraine hat damit ebenfalls die Verpflichtung übernommen, insbesondere die Teilnahme ausländischer Finanzdienstleistungsanbieter an öffentlichen Zahlungs- und Clearingsystemen sowie an offiziellen Kreditfazilitäten ebenso wie die Teilnahme an Selbstregulierungsorganen und anderen Organisationen und Verbänden, die für die Erbringung von Finanzdienstleistungen nötig sind, auf nichtdiskriminierende Art und Weise zu ermöglichen. Den Finanzdienstleistern sind vorbehältlich der von den Vertragsparteien getroffenen Massnahmen zum Schutz von Personendaten die Verarbeitung und Übertragung der für das Führen der laufenden Geschäfte nötigen Daten zu erlauben.

Die Vertragsparteien haben darüber hinaus weitergehende Regeln im Bereich der Transparenz und Abwicklung von Genehmigungsverfahren vereinbart. In Bezug auf die Transparenz sind die zuständigen Behörden der Vertragsparteien beispielsweise gehalten, interessierten Personen auf Anfrage Auskunft über die Anforderungen und das Verfahren zur Erlangung von Genehmigungen zu erteilen und den Zeitrahmen anzugeben, der für die Ausstellung einer Lizenz normalerweise benötigt wird. In Bezug auf Genehmigungsverfahren sind die zuständigen Behörden der Vertragsparteien beispielsweise gehalten, Gesuche zügig zu behandeln und eine Lizenz auszustellen, sofern alle Anforderungen erfüllt sind, wobei die Lizenz innert angemessener Frist nach Einreichung des Gesuchs ausgestellt werden muss.

Telekommunikationsdienstleistungen Spezifische Regeln für Telekommunikationsdienstleistungen sind in Anhang X enthalten und ergänzen die
horizontalen Bestimmungen. Diese Regeln stützen sich vorwiegend auf das einschlägige GATS-Referenzpapier.

Sie beinhalten gewisse Wettbewerbsgrundsätze und Mindeststandards für die Interkonnektion mit marktbeherrschenden Anbietern. Diese sind gehalten, den anderen Leistungserbringern die Interkonnektion in nichtdiskriminierender Weise und auf der Grundlage von kostenorientierten Preisen zu gewähren. Anzubieten haben sie auch die Kollokation, die in der Einräumung der Möglichkeit besteht, in ihren Räumlichkeiten die zur Interkonnektion notwendige Ausrüstung aufzustellen. Falls sich die Betreiber nicht auf eine Interkonnektionsvereinbarung einigen können, sind die Regulierungsbehörden gehalten, den Streit zu schlichten und nötigenfalls angemessene Interkonnektionsbedingungen und -preise festzulegen. Wie das GATS enthalten die spezifischen Bestimmungen für Telekommunikationsdienstleistungen Regeln über den Universaldienst, sehen transparente und nichtdiskriminierende Verfahren zur Erteilung von Genehmigungen und für die Zuteilung von beschränkten Ressourcen vor und verpflichten die Vertragsparteien, für die Unabhängigkeit der Aufsichtsbehörden gegenüber von Erbringern von Telekommunikationsdiensten zu sorgen.

1529

Spezifische Verpflichtungen Wie im GATS sind auf der Grundlage von Positivlisten diejenigen Sektoren in spezifischen Verpflichtungslisten aufgeführt, in denen die Vertragsparteien Marktzugangs- und Inländerbehandlungsverpflichtungen übernehmen (Art. 3.17). Gemäss der Methode der Positivlisten bedeutet das Nichtaufführen eines Sektors in der Liste einer Vertragspartei, dass diese dort keine Marktzugangs- und Inländerbehandlungsverpflichtungen eingeht.

Im vorliegenden Abkommen hat die Ukraine, deren geltende WTO-Verpflichtungen substantiell sind, ein darüber hinausgehendes Verpflichtungsniveau eingeräumt, das in zwei Bereichen für die Schweizer Exporteure von Interesse ist. Einerseits geht die Ukraine beim befristeten Zugang und Aufenthalt für Installations- und Wartungspersonal von Maschinen und Ausrüstungen Verpflichtungen ein. Anderseits öffnet sie den nichtdiskriminierenden Marktzugang in Bezug auf folgende Logistikdienstleistungen: Maklerdienstleistungen, Rechnungsprüfung, Ausstellung von Frachtdokumenten, Prüfung und Entnahme von Proben sowie Übernahme und Annahme von Waren.

Die von der Schweiz eingegangenen Marktzugangsverpflichtungen entsprechen weitgehend dem im Rahmen von früheren FHA, insbesondere Abkommen mit Japan, Südkorea oder Kolumbien, gewährten Marktzugangsniveau. Das Verpflichtungsniveau der Schweiz entspricht dabei weitgehend ihrer im Rahmen der DohaRunde eingegebenen zweiten Offerte. Auch die Schweiz hat somit ihre Verpflichtungen im Vergleich zu ihrer bestehenden GATS-Verpflichtungsliste ausgedehnt.

Alle neuen Verpflichtungen der Schweiz entsprechen dem geltenden Recht.

Das Abkommen enthält ausserdem eine Überprüfungsklausel (Art. 3.18), nach der die Listen der spezifischen Verpflichtungen von den Vertragsparteien im Hinblick auf die Erreichung eines höheren Liberalisierungsniveaus regelmässig zu überprüfen sind.

Investitionen Die Bestimmungen des Kapitels über Investitionen (Kapitel 4) des FHA zwischen der EFTA und der Ukraine gelten sowohl für den Marktzugang von Direktinvestitionen (pre-establishment) als auch teilweise für die Behandlung bestehender Investitionen (post-establishment). Die Bestimmungen des Kapitels erfassen alle Sektoren mit Ausnahme der Dienstleistungen, die im spezifischen FHA-Kapitel über den Handel mit Dienstleistungen geregelt sind. Das Kapitel über
Investitionen überschneidet sich in Bezug auf die Phase des Investitionsschutzes zum Teil mit den Bestimmungen des bilateralen Abkommens mit der Ukraine über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen13 (ISA), das seit dem 21. Januar 1997 in Kraft ist. Im Falle eines Konfliktes gehen die Bestimmungen des ISA den Bestimmungen des FHA vor. Gemeinsam decken das Kapitel über Investitionen des FHA und das ISA den ganzen Investitionszyklus ab.

Das FHA sieht vor, dass die Investoren der Vertragsparteien das Recht erhalten, im Gebiet einer anderen Vertragspartei unter den gleichen Bedingungen wie in- oder ausländische Investoren Direktinvestitionen zu tätigen, zu verwalten, zu nutzen und gegebenenfalls zu liquidieren (Art. 4.4). Als Direktinvestitionen gelten Beteiligungen im Umfang von mindestens 10 % direktem oder indirektem Eigentum an allen 13

SR 0.975.276.7

1530

stimmberechtigten Aktien des Unternehmens (Art. 4.2 Bst. a). Als Investoren im Sinn des FHA gelten natürliche und juristische Personen einer Vertragspartei mit Ausnahme von «Briefkastenfirmen». Das Diskriminierungsverbot auf der Basis der Prinzipien von Inländerbehandlung (Art. 4.4) und Meistbegünstigung (Art. 4.5) gilt grundsätzlich ausnahmslos. Die Meistbegünstigungsklauseln, die sich aus den Freihandels-, Investitionsschutz- und Doppelbesteuerungsabkommen ergeben, fallen allerdings, wie üblicherweise der Fall, nicht unter die Meistbegünstigungsverpflichtung. Abweichungen vom Grundsatz der Inländerbehandlung (Ungleichbehandlung von in- und ausländischen Investoren) sind nur für Massnahmen und Sektoren möglich, die in den Vorbehaltslisten (Negativlisten) der Vertragsparteien aufgeführt sind (Art. 4.11, Anhang XI).

Die schweizerischen Vorbehalte beziehen sich wie üblich auf den Erwerb von Immobilien sowie auf gewisse Bestimmungen des Gesellschaftsrechts und auf einige Erlasse im Energiesektor. Der gegenwärtig einzige Vorbehalt der Ukraine in Bezug auf die Inländerbehandlung bezieht sich auf den Erwerb von landwirtschaftlichem Boden. Das Hinzufügen nachträglicher Vorbehalte in der Negativliste bleibt möglich, sofern das Verpflichtungsniveau der betreffenden Vertragsparteien (Ukraine und die EFTA-Staaten) insgesamt nicht vermindert und die anderen Vertragsparteien benachrichtigt oder auf ihr Verlangen konsultiert werden (Art. 4.11 Abs. 4). Die Vertragsparteien werden die Vorbehalte periodisch im Hinblick auf deren Verminderung oder Beseitigung überprüfen (Art. 4.11 Abs. 2, Art. 4.15).

Ferner sieht das Abkommen den freien Kapital- und Zahlungsverkehr vor (Art. 4.12). Solche Transfers können indessen unter gewissen Bedingungen beschränkt werden, wenn sie Ursache für ernste Zahlungsbilanzschwierigkeiten sind (Art. 4.13). Die Verbote aus dem WTO-Übereinkommen über handelsbezogene Investitionsmassnahmen sind Bestandteil des Kapitels und unterstehen daher dem vom FHA vorgesehenen Streitbeilegungsmechanismus (Art. 4.10). Das Kapitel enthält ausserdem eine Bestimmung, nach der das Gastland einer Investition für die Behandlung der Investition eines Investors einer anderen Vertragspartei Völkerrechtsstandard garantiert (Art. 4.3). Ausserdem behält das Gastland einer Investition das Recht, Massnahmen im
öffentlichen Interesse, insbesondere aus Gründen des Schutzes der Gesundheit, Sicherheit und Umwelt sowie aus aufsichtsrechtlichen Gründen zu ergreifen (Art. 4.8 Abs. 1). Artikel 4.8 Abschnitt 2 sieht ausserdem vor, dass eine Vertragspartei nicht von solchen Massnahmen abweichen oder anbieten abzuweichen darf, mit dem Zweck, die Tätigung, den Erwerb, die Ausweitung oder den Weiterbestand einer Investition eines ausländischen Investors auf ihrem Staatsgebiet zu fördern.

Damit der Investor einer Abkommenspartei in der Lage ist, eine in einer anderen Vertragspartei getätigte Investition zu verwalten, sieht eine Bestimmung zu Personal in Schlüsselpositionen vor, dass der Investor und sein Schlüsselpersonal (z.B. Führungskräfte, Beraterinnen und Berater, Experten) ins Gastland einreisen dürfen (Art. 4.7). Die nationalen Gesetzgebungen der Vertragsparteien bleiben dabei jedoch ausdrücklich vorbehalten. Diese Bestimmung enthält somit für die Schweiz keine Verpflichtung, die über ihre Gesetzgebung hinausgeht.

In Bezug auf die üblichen Ausnahmen namentlich zum Schutz der öffentlichen Ordnung oder der Gesundheit gelten mutatis mutandis die Regeln von Artikel XIV GATS (Art. 4.14).

1531

Geistiges Eigentum Die FHA-Bestimmungen über den Schutz der Rechte an geistigem Eigentum (Art. 5 und Anhang XIII) verpflichten die Vertragsparteien zu einem wirksamen Immaterialgüterrechtsschutz und dessen Durchsetzung. Die Grundsätze der Inländerbehandlung und der Meistbegünstigung gelten gemäss den relevanten Bestimmungen des WTO-Abkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte an geistigem Eigentum14 (TRIPS-Abkommen).

Ähnlich wie in anderen von der EFTA abgeschlossenen FHA bestätigen die Parteien ihre Pflichten unter verschiedenen internationalen Immaterialgüterrechtsabkommen, deren Partei sie sind (unter anderem TRIPS-Abkommen, Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums15, revidiert in Stockholm am 14. Juli 1967, die Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst16, revidiert am 24. Juli 1971, das Internationale Abkommen über den Schutz der ausübenden Künstler, der Hersteller von Tonträgern und der Sendeunternehmen17 (Rom-Abkommen), der Vertrag über die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Patentwesens18 (PCT), Abkommen von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken, revidiert in Genf am 13. Mai 196719, Protokoll vom 27. Juni 1989 zum Madrider Abkommen über die internationale Registrierung von Marken20). Weiter verpflichten sich die Parteien, soweit dies nicht bereits der Fall ist, bis spätestens am 31. Dezember 2011 wichtigen internationalen Schutz- und Harmonisierungsabkommen im Bereich des geistigen Eigentums beizutreten (der Genfer Akte von 1999 des Haager Abkommens über die internationale Eintragung gewerblicher Muster und Modelle21, dem WIPO-Urheberrechtsvertrag vom 20. Dezember 199622 und dem WIPO-Vertrag vom 20. Dezember 1996 über Darbietungen und Tonträger23) sowie dem Internationalen Übereinkommen vom 2. Dezember 1961 zum Schutz von Pflanzenzüchtungen24 (in der revidierten Fassung von 1978 oder 1991).

Im Anhang XIII zum Hauptabkommen sind materielle Schutzstandards bezüglich bestimmter Immaterialgüterrechtsbereiche festgelegt, welche grundsätzlich europäischen Standards entsprechen und in verschiedenen Bereichen über das im TRIPSAbkommen festgesetzte Schutzniveau hinausgehen.

Dies betrifft namentlich die Bestimmungen zum Patentschutz (Beschränkungen der beim
Patentschutz zugelassenen Ausnahmen analog dem Europäischen Patentübereinkommen) (Anhang XIII, Art. 4). Das Abkommen sieht auch eine Bestimmung vor, nach der die Staaten unter anderem verpflichtet sind, für biotechnologische Erfindungen Patentschutz zu gewähren und bei Verlust der effektiven Schutzdauer aufgrund eines Marktzulassungsverfahrens ein ergänzendes Schutzzertifikat von bis zu fünf Jahren für Patente im Pharma- und Agrochemiebereich vorzusehen. Zudem sieht das Abkommen Bestimmungen über den Markenschutz (Anhang XIII, Art. 3), 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24

SR 0.632.20, Anhang 1C SR 0.232.04 SR 0.231.15 SR 0.231.171 SR 0.232.141.1 SR 0.232.112.9 SR 0.232.112.4 SR 0.232.121.4 SR 0.231.151 SR 0.231.171.1 SR 0.232.162

1532

gewerbliche Muster und Modelle (Anhang XIII, Art. 6) sowie über Massnahmen an der Grenze (Anhang XIII, Art. 10 und 11) vor. Darüber hinaus sieht es für geographische Angaben (Anhang XIII, Art. 7) und Herkunftsangaben von Waren und Dienstleistungen (Anhang XIII, Art. 7bis) einen grösseren Schutz vor als in den in diesem Bereich bestehenden internationalen Übereinkommen. Namentlich verhindert es die Eintragung und die missbräuchliche Verwendung der Ländernamen der Vertragsparteien als Marken, einschliesslich abgeleiteter Bezeichnungen wie «Switzerland», «Suisse», «Swiss», und sieht einen Schutz von Wappen, Fahnen und Embleme gegen deren missbräuchliche Verwendung in Marken oder Firmennamen vor.

Für den Schutz von Testdaten (Anhang XIII, Art. 5) haben die Parteien für agrochemische Produkte eine Schutzdauer von zehn Jahren vereinbart. In Bezug auf pharmazeutische Produkte ist die Schutzdauer nach folgendem Modell abgestuft: dreijähriger Unterlagenschutz, zweijähriger Vermarktungsschutz, mit einer in bestimmten Fällen möglichen Verlängerung von einem Jahr. Die Bestimmungen zum Testdatenschutz im Bereich von pharmazeutischen Produkten erhöhen das Schutzniveau gegenüber dem gegenwärtig in der Ukraine geltenden Niveau und gewährleisten so eine grössere Rechtssicherheit sowie eine grössere Transparenz.

Zudem sehen die Testdatenschutzbestimmungen für den Fall, dass die Ukraine mit einem anderen Freihandelspartner wie beispielsweise der EU ein höheres Schutzniveau eingeht, eine automatische Angleichung des Schutzniveaus nach oben vor (Anhang XIII, Art. 5 Abs. 7). Auch wollen die Parteien ihre Zusammenarbeit im Bereich des geistigen Eigentums verstärken (Anhang XIII, Art. 13).

Öffentliches Beschaffungswesen Kapitel 6 (Öffentliches Beschaffungswesen) regelt die Bedingungen und Verfahren für den Zugang zu den öffentlichen Beschaffungswesen zwischen den Parteien, die sich auf der Grundlage der Gegenseitigkeit zur Öffnung ihres Marktes verpflichten.

Es übernimmt die Grundbestimmungen des in Revision befindlichen plurilateralen WTO-Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen (revidiertes GPA25).

Dies gilt insbesondere für den Anwendungs- und Geltungsbereich (Art. 6.2), die Grundsätze der Inländerbehandlung und Nichtdiskriminierung (laut denen jede Partei den Waren und Dienstleistungen sowie den
Anbietern der anderen Parteien eine Behandlung gewährt, die nicht weniger günstig ist als jene, die sie ihren inländischen Waren, Dienstleistungen und Anbietern gewährt, Art. 6.4), das Verbot von Kompensationsgeschäften (offsets, Art. 6.7), die Informationen über die Angebotsund Vergabesysteme (Art. 6.5), die Teilnahmebedingungen (Anhang XIV, Art. 4), die Vergabeunterlagen (Anhang XIV, Art. 7), die Fristen (Anhang XIV, Art. 10), die Angebote und die Zuschlagserteilung (Anhang XIV, Art. 11­14), die Transparenz und die Weitergabe von Informationen (Anhang XIV, Art. 18), die Beschwerdeverfahren (Anhang XIV, Art. 20) sowie die Ausnahmeklauseln (Art. 6.11). Wie das revidierte GPA trägt das Abkommen der Entwicklung der derzeitigen Praktiken im öffentlichen Beschaffungswesen Rechnung, namentlich der Rolle der elektronischen Instrumente im Vergabeverfahren.

25

Die Vertragsparteien des plurilateralen WTO-Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen sind sich seit Dezember 2006 über den Entwurfstext des revidierten GPA einig. Die Verhandlungen über die spezifischen Verpflichtungen der einzelnen Länder sind jedoch noch im Gang.

1533

Marktzugang wird denselben Beschaffungsstellen, Waren, Dienstleistungen und Bauaufträgen wie in den Verpflichtungen der Schweiz nach dem GPA vom 15. April 199426 gewährt (Anhang XV).

Wie schon im GPA gegenüber den anderen EFTA-Staaten und der EU sowie im Fall der FHA zwischen den EFTA-Staaten und Chile, Kolumbien, Peru und den Ländern des Golf-Kooperationsrates (GCC) hat die Schweiz auf der Grundlage der Gegenseitigkeit zudem die Gemeindeebene den relevanten Bestimmungen des Abkommens unterstellt. In Bezug auf die Schwellenwerte wenden die Schweiz und die Ukraine dieselben Werte an, nämlich jene des GPA.

Weitere Bestimmungen betreffen die Verwendung von elektronischen Kommunikationsmitteln (Art. 6.9), die Änderung der Listen der Beschaffungsstellen (Anhang XIV, Art. 9) und die künftige Zusammenarbeit (Art. 6.10), vor allem im Hinblick auf ein besseres Verständnis der jeweiligen öffentlichen Beschaffungssysteme sowie auf die Teilnahme von KMU. Das Kapitel enthält ausserdem eine Verhandlungsklausel. Diese sieht die Möglichkeit vor, dass die Parteien untereinander die Ausdehnung von Konzessionen aushandeln, welche eine Partei nach Inkrafttreten des Abkommens einem Drittland gewähren könnte (Art. 6.13).

Mit den FHA-Bestimmungen zum öffentlichen Beschaffungswesen erreichen die EFTA-Staaten und die Ukraine ein Niveau des gegenseitigen Marktzugangs, das demjenigen des GPA weitgehend und beim Zugang auf Ebene von Bezirken und Gemeinden demjenigen des bilateralen Abkommens über das öffentliche Beschaffungswesen zwischen der Schweiz und der EU27 entspricht. Dieses Ergebnis ist umso bedeutender, als die Ukraine im Gegensatz zu den EFTA-Staaten bisher nicht GPA-Mitglied ist.

Wettbewerb Die Liberalisierung des Waren- und Dienstleistungsverkehrs und der Auslandinvestitionen kann durch wettbewerbsbehindernde Praktiken von Unternehmen beeinträchtigt werden. Daher sehen die EFTA-FHA üblicherweise Bestimmungen zum Schutz des Wettbewerbs vor wettbewerbsbeschränkenden Verhalten und zum Verbot von wettbewerbsbehindernden Praktiken vor; jedoch bezwecken sie keine Harmonisierung der Wettbewerbspolitiken der Parteien.

In Kapitel 7 (Wettbewerb) anerkennen die Parteien, dass bestimmte wettbewerbswidrige Geschäftspraktiken mit dem guten Funktionieren des FHA unvereinbar sind (Art. 7). Ausdrücklich erwähnt sind Abreden
zwischen Unternehmen, abgesprochene Praktiken ­ soweit sie wettbewerbswidrig sind ­ sowie der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung. Öffentliche Unternehmen und Unternehmen mit besonderen oder ausschliesslichen Rechten dürfen ebenfalls keine wettbewerbswidrigen Praktiken beibehalten oder ergreifen.

Ausserdem enthält das Abkommen Regeln zur Stärkung der Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden der Parteien zur Durchsetzung ihres Wettbewerbsrechts. Zu erwähnen ist etwa die Ermutigung zum Informationsaustausch (Art. 7 Abs. 5). Der Informationsaustausch bleibt jedoch den nationalen Vertraulichkeitsbestimmungen unterworfen. Ferner sieht das Abkommen die Möglichkeit vor, zu 26 27

SR 0.632.231.422 Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über bestimmte Aspekte des öffentlichen Beschaffungswesen; SR 0.172.052.68

1534

allen unter Kapitel 7 fallenden Fragen in dem durch das Abkommen geschaffenen Gemischten Ausschuss Konsultationen abzuhalten (Art. 7 Abs. 6).

Streitigkeiten über die Anwendung der Regeln von Kapitel 7 werden dem Streitbeilegungsmechanismus von Kapitel 9 nicht unterstellt (Art. 7 Abs. 7).

Institutionelle Bestimmungen, Streitbeilegung Um das einwandfreie Funktionieren des Abkommens sowie die ordnungsgemässe Anwendung der Abkommensregeln sicherzustellen, wird nach Kapitel 8 (Institutionelle Bestimmungen) ein Gemischter Ausschuss eingesetzt (Art. 8 Abs. 1). Er setzt sich aus Vertretern aller Vertragsparteien zusammen und entscheidet als paritätisches Organ durch Konsens. Er hat unter anderem die Aufgabe, die Einhaltung der Verpflichtungen durch die Vertragsparteien zu überwachen (Art. 8 Abs. 2 Bst. a), die Arbeit der nach dem Abkommen eingesetzten Unterausschüsse und Arbeitsgruppen zu beaufsichtigen (Art. 8 Abs. 2 Bst. d), bei allfälligen Problemen bei der Anwendung oder der Auslegung des Abkommens Konsultationen abzuhalten (Art. 8 Abs. 2 Bst. e) und die weitere Entwicklung des Abkommens zu beaufsichtigen (Art. 8 Abs. 2 Bst. c). Der Gemischte Ausschuss gibt zuhanden der Vertragsparteien Empfehlungen ab und erarbeitet Vorschläge zur Abkommensänderung, die er den Parteien zur Genehmigung und Ratifikation gemäss ihren jeweiligen Verfahren vorlegt. Das Abkommen überträgt dem Gemischten Ausschuss ausserdem Entscheidungsbefugnisse (Art. 8 Abs. 4). So kann er Änderungen der Anhänge und Protokolle des Abkommens beschliessen (Art. 8 Abs. 7). Solche Beschlüsse des Gemischten Ausschusses fallen in der Schweiz im Allgemeinen in die Genehmigungskompetenz des Bundesrates für Verträge von beschränkter Tragweite im Sinn von Artikel 7a Absatz 2 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes28 (RVOG). Der Bundesrat informiert die Bundesversammlung über diese Änderungen im Rahmen seiner jährlichen Berichterstattung über die von ihm in eigener Kompetenz abgeschlossenen völkerrechtlichen Verträge. Ziel dieser Kompetenzdelegation an den Gemischten Ausschuss ist es, das Verfahren für technische Anpassungen zu vereinfachen und so die Verwaltung des Abkommens zu erleichtern. Die Anhänge der FHA der EFTA-Staaten werden regelmässig aktualisiert, um insbesondere der Entwicklung im internationalen Handelssystem (z.B. WTO,
Weltzollrat, andere Freihandelsbeziehungen der EFTA-Staaten und ihrer Partner) Rechnung zu tragen.

Kapitel 9 (Streitbeilegung) sieht ein detailliertes Konsultations- und Schiedsverfahren vor (Art. 9.1­9.10), das ausgelöst werden kann, wenn eine Vertragspartei eine Massnahme einer anderen Vertragspartei als Verletzung des Abkommens betrachtet.

Falls der Streitfall sowohl FHA- als auch WTO-Bestimmungen betrifft, kann er nach Wahl der beschwerdeführenden Vertragspartei entweder dem Streitbeilegungsverfahren des FHA oder demjenigen der WTO unterstellt werden (Art. 9.1 Abs. 2). Ein späterer Wechsel des Verfahrens ist ausgeschlossen.

Artikel 9.2 regelt die formellen Konsultationen, welche die Parteien abhalten müssen, bevor sie die Einsetzung eines Schiedsgerichts verlangen können. Die Partei, welche die Konsultationen veranlasst, informiert auch die am Streit nicht beteiligten Vertragsparteien über ihr Begehren. Die Konsultationen finden im Gemischten Ausschuss statt, sofern die betroffenen Parteien nichts anderes vereinbaren. In letzterem Fall bleiben die Konsultationen bilateral (zwischen der Ukraine auf der einen Seite und dem oder den EFTA-Staaten auf der anderen Seite). Im Fall einer 28

SR 172.010

1535

einvernehmlichen Lösung der Streitigkeit werden die anderen Vertragsparteien darüber informiert (Art. 9.3 Abs. 6).

Falls der Streitpunkt nicht innerhalb von 60 Tagen (in dringlichen Angelegenheiten innerhalb von 30 Tagen) mittels des erwähnten Konsultationsverfahrens bereinigt werden kann oder falls die Konsultationen nicht innerhalb der im Abkommen festgelegten Fristen abgehalten werden (in dringlichen Angelegenheiten innerhalb von 15 Tagen, innerhalb von 30 Tagen für alle anderen Angelegenheiten, sofern die Parteien keine andere Frist vereinbart haben) oder aber falls die um Konsultationen ersuchte Partei nicht innerhalb von 10 Tagen nach Erhalt des Gesuchs geantwortet oder innerhalb von 30 Tagen Konsultationen aufgenommen hat, so kann die beschwerdeführende Vertragspartei die Einsetzung eines Schiedsgerichts beantragen (Art. 9.4). Wie in anderen EFTA-FHA können die Vertragsparteien, die nicht am Streit beteiligt sind, unter gewissen Bedingungen als interessierte Parteien am Schiedsverfahren teilnehmen (Art. 9.4 Abs. 6).

Das Schiedsgericht setzt sich in Übereinstimmung mit den Freiwilligen Regeln der Streitbeilegung des Ständigen Schiedshofes, auf die das Abkommen verweist, aus drei Mitgliedern zusammen, wobei die beschwerdeführende Partei und die Partei, gegen die sich die Beschwerde richtet, je ein Mitglied ernennen (Art. 9.4 Abs. 3) und diese zwei Mitglieder ein drittes Mitglied wählen, welches das Schiedsgericht präsidiert. Spätestens 90 Tage nach seiner Einsetzung legt das Schiedsgericht seinen ersten Bericht vor, zu dem die Streitparteien innert 14 Tagen Stellung beziehen können (Art. 9.1 Abs. 1 und 2). Das Schiedsgericht erlässt seinen Schlussspruch innert 30 Tagen, nachdem die Streitparteien den ersten Bericht erhalten haben (Art. 9.6 Abs. 1). Der Schlussspruch ist für die Streitparteien bindend und endgültig (Art. 9.6 Abs. 3). Er wird veröffentlicht, sofern die Streitparteien nicht anders bestimmen (Art. 9.6 Abs. 2). Die Streitparteien treffen die zur Umsetzung des Urteils geeigneten Massnahmen. Können sich die Parteien nicht auf die zu treffenden Massnahmen verständigen oder hält eine der Parteien die vereinbarte Umsetzung nicht ein, so halten die Parteien erneut Konsultationen ab (Art. 9.9 Abs. 1).

Wird keine Einigung erreicht, so kann die beschwerdeführende Partei der Partei,
gegen die Beschwerde geführt wird, vorübergehend Vorteile aus dem Abkommen aussetzen (Art. 9.9 Abs. 1). In diesem Fall muss die vorübergehende Aussetzung von Vorteilen aus dem Abkommen dem Ausmass der Vorteile entsprechen, die von den Massnahmen betroffen sind, die das Schiedsgericht für abkommenswidrig befunden hat.

Präambel, Einleitungs- und Schlussbestimmungen Die Präambel und die Bestimmungen über die Ziele des Abkommens (Art. 1.1) in Kapitel 1 (Allgemeine Bestimmungen) halten die allgemeine Zielsetzung der Zusammenarbeit zwischen den Parteien im Rahmen des FHA fest.

Artikel 1.1 führt die Ziele auf, die mit dem Abkommen erreicht werden sollen und die WTO-konforme Liberalisierung des Handels mit Waren und Dienstleistungen, die Förderung der Investitionen und des Wettbewerbs, die auf Gegenseitigkeit beruhende Öffnung des öffentlichen Beschaffungswesens, den Schutz des geistigen Eigentums sowie die harmonische Ausweitung und Entwicklung des Welthandels umfassen.

Weitere Artikel betreffen den territorialen Anwendungsbereich (Art. 1.4) und die Anwendung des Abkommens durch die regionalen und lokalen Behörden (Art. 1.5).

1536

Das Abkommen hat keine Wirkung auf die Handelsbeziehungen zwischen den EFTA-Staaten (Art. 1.2). Die Transparenzbestimmung in Artikel 1.6 regelt die Informationspflichten der Parteien. Diese müssen ihre Gesetze, Vorschriften sowie Verwaltungs- und Gerichtsentscheide öffentlich zugänglich machen. Dies gilt auch für internationale Übereinkommen, die einen Einfluss auf die Umsetzung des FHA haben können. Ausserdem verpflichten sich die Parteien, rasch auf Fragen zu antworten, die ihnen gestellt werden, und die relevanten Informationen zu liefern, ohne vertrauliche Informationen weitergeben zu müssen.

In Kapitel 10 (Schlussbestimmungen) sieht eine allgemeine Entwicklungsklausel vor, dass die Parteien das Abkommen im Lichte der Entwicklungen in den internationalen Wirtschaftsbeziehungen und insbesondere in der WTO überprüfen und dabei Möglichkeiten zur Vertiefung und Ausweitung der Zusammenarbeit nach diesem Abkommen prüfen. Es obliegt insbesondere dem Gemischten Ausschuss, regelmässig eine solche Überprüfung vorzunehmen (Art. 10.3).

Ferner enthält das Abkommen Bestimmungen über die Einhaltung von Verpflichtungen (Art. 10.1), zu den Anhängen, Protokollen und Appendizes (Art. 10.2), über Änderungen des Abkommens (Art. 10.5), über die Beziehung zu anderen internationalen Abkommen (Art. 1.3), über die Aufnahme neuer Parteien (Art. 10.6), über den Rücktritt vom und die Beendigung des Abkommens (Art. 10.7) sowie über dessen Inkrafttreten (Art. 10.8). Ausserdem wird die Regierung Norwegens als Depositar eingesetzt (Art. 10.9).

Bestimmungen über die Nachhaltige Entwicklung In der Präambel bestätigen die Vertragsparteien die Bedeutung, die sie den Prinzipien der Charta der Vereinten Nationen29, der Allgemeinen Menschenrechtserklärung, den relevanten Grundsätzen der IAO-Übereinkommen betreffend wirtschaftliche und soziale Entwicklung sowie der diesbezüglichen Arbeitsnormen beimessen.

Des Weitern bekräftigen die Vertragsparteien ihren Willen, die Umwelt gemäss den Prinzipien der nachhaltigen Entwicklung zu schützen. Ferner unterstreichen die Vertragsparteien die Unterstützung der Grundsätze der guten Unternehmensführung, ihr Bestreben zur Förderung der Transparenz und ihren Willen zur Bekämpfung der Korruption.

Darüber hinaus sieht das Abkommen im Hauptteil des Textes eine Reihe von Ausnahmeklauseln vor,
welche den Vertragsparteien erlauben, zum Schutz der Umwelt und der Gesundheit Massnahmen zu ergreifen (Übernahme der relevanten WTOBestimmungen in den FHA). Diese Ausnahmeklauseln betreffen die folgenden Kapitel: Warenverkehr (Art. 2.17); Dienstleistungen (Art. 3.16); Investitionen (Art. 4.14) und öffentliches Beschaffungswesen (Art. 6.11). Ebenso erlauben die WTO-Bestimmungen betreffend gesundheitspolizeiliche und pflanzenschutzrechtliche Massnahmen (Art. 2.8) wie auch jene betreffend technische Handelshemmnisse, (Art. 2.9) Massnahmen zum Schutz der Umwelt und der Gesundheit zu ergreifen. Zudem behält das Gastland einer Investition das Recht, Massnahmen im öffentlichen Interesse, insbesondere aus Gründen des Schutzes der Gesundheit, Sicherheit und Umwelt sowie aus aufsichtsrechtlichen Gründen zu ergreifen (Art. 4.8 Abs. 1). Artikel 4.8 Abschnitt 2 sieht ausserdem vor, dass eine Vertragspartei nicht von solchen Massnahmen abweichen oder ein entsprechendes Angebot machen darf, mit dem Zweck, die Tätigung, den Erwerb, die Ausweitung oder den 29

SR 0.120

1537

Weiterbestand einer Investition eines ausländischen Investors auf ihrem Staatsgebiet zu fördern. Artikel 1.3 (Verhältnis zu anderen internationalen Abkommen) sieht zudem vor, dass die Bestimmungen des vorliegenden Abkommens nicht in einer Art und Weise angewendet werden sollen, die den aus anderen internationalen Abkommen sich ergebenden Verpflichtungen zuwiderläuft. Dies gilt auch für Abkommen in den Bereichen Umwelt, Arbeitsnormen oder Menschenrechte (z.B. multilaterale Umweltabkommen, IAO-Übereinkommen oder auch die Charta der Vereinten Nationen).

Auf institutioneller Ebene hat der Gemischte Ausschuss als Aufsichtsorgan über das gute Funktionieren des Abkommens und über die korrekte Anwendung seiner Regeln die Kompetenz, alle durch das vorliegende Abkommen angewendeten Bereiche, inklusive Umwelt, Menschenrechte und Arbeitsnormen (vgl. oben, Institutionelle Bestimmungen, Streitbeilegung) zu behandeln. Die Vertragsparteien haben weiter vereinbart, das Abkommen im Rahmen des Gemischten Ausschusses innerhalb von drei Jahren nach seinem Inkrafttreten und angesichts internationaler Entwicklungen im Bereich Handel und nachhaltige Entwicklung erneut zu überprüfen (Art. 10.4).

11.2.1.3

Landwirtschaftsabkommen zwischen der Schweiz und der Ukraine

Gleichzeitig mit dem FHA haben die EFTA-Staaten mit der Ukraine je ein bilaterales Abkommen über den Handel mit landwirtschaftlichen Basisprodukten abgeschlossen. Die bilateralen Landwirtschaftsabkommen sind mit dem FHA verbunden und können keine eigenständige Rechtswirkung erlangen (Art. 2.1 Abs. 2 FHA und Art. 9 des Landwirtschaftsabkommens Schweiz-Ukraine). Das Landwirtschaftsabkommen zwischen der Schweiz und der Ukraine findet auch auf das Fürstentum Liechtenstein Anwendung (Art. 1 Abs. 2).

Im nichttarifären Bereich wird auf die relevanten Regeln des FHA verwiesen (Art. 7). Dies gilt auch für die Schutzmassnahmen bei Marktstörungen (Art. 8). Bei Streitfällen ist das im FHA vorgesehene Streitbeilegungsverfahren sinngemäss anwendbar. Die Ursprungsregeln und die relevanten Zollverfahrensbestimmungen des FHA finden auf den Handel mit den vom bilateralen Landwirtschaftsabkommen erfassten landwirtschaftlichen Produkten Anwendung (Art. 4).

Im tarifären Bereich gewähren sich die Parteien Zollkonzessionen für ausgewählte Produkte. Die der Ukraine von der Schweiz eingeräumten Konzessionen (Anhang 2 zum Landwirtschaftsabkommen) bestehen in der Reduktion oder Beseitigung von Einfuhrzöllen für ausgewählte Landwirtschaftsprodukte, für welche die Ukraine ein besonderes Interesse geltend gemacht hat, darunter im Rahmen der WTO-Zollkontingente einen zollfreien Zugang für ausgewähltes Fleisch, ausgewählte Früchte und für Gemüse. In Bezug auf Öle hat die Schweiz der Ukraine eine Konzession für ein jährliches Kontingent von 200 Tonnen Sonnenblumenöl für die menschliche Nahrungsaufnahme in Flaschen mit höchstens zwei Litern Fassungsvermögen gewährt. Das Sonnenblumenöl kann auch zollfrei importiert werden, wenn es zur Herstellung von Mayonnaise (oder für andere Produkte der Tariflinie 2103.9000) oder zur Verwendung für technische Zwecke eingeführt wird.

Die Konzessionen der Schweiz bewegen sich mit Ausnahme der Konzessionen für das Sonnenblumenöl im Rahmen der Konzessionen, welche sie anderen Freihan1538

delspartnern oder autonom im Rahmen des Allgemeinen Präferenzsystem (APS) gewährt hat. Der Zollschutz für Produkte, die für die Schweizer Landwirtschaft sensibel sind, bleibt aufrechterhalten. Die gewährten Konzessionen ersetzen die bisher im Rahmen des APS unilateral gewährten Konzessionen.

Im Gegenzug gewährt die Ukraine der Schweiz (Anhang 1 zum Landwirtschaftsabkommen) mehrheitlich mit Übergangsfristen zwischen drei und sieben Jahren einen zollfreien Zugang unter anderem für Käsespezialitäten wie Emmentaler, Gruyère, Sbrinz und Schabziger, für bestimmte Früchte, Gemüse, Früchte- und Gemüsezubereitungen, Fruchtsäfte, Mehle, Getreide und Futtermittelzubereitungen sowie Zigarren, Zigaretten und Wein. Die Ukraine gewährt ferner die Reduktion von Einfuhrzöllen für bestimmte weitere Käse und Trockenfleisch.

Im Zusammenhang mit der Aushandlung des FHA haben die Schweiz und die Ukraine ein Memorandum of Understanding (MoU) zu einem bilateralen Kooperationsprogramm im Landwirtschaftsbereich unterzeichnet. Das MoU sieht zwei Hauptkoordinationsfelder vor, das erste im Bereich des sanitären und phytosanitären Risikomanagements und das zweite im Bereich der hochstehenden und nachhaltigen Oenologie. Eine analoge Vereinbarung zur Zusammenarbeit im Fischereibereich wurde auch zwischen der Ukraine einerseits sowie Island und Norwegen andererseits abgeschlossen.

11.2.1.4

Inkrafttreten

Artikel 10.8 Absatz 1 des FHA legt fest, dass dieses am ersten Tag des dritten Monats nach dem Zeitpunkt in Kraft tritt, in dem die Ukraine und wenigstens ein EFTA-Staat ihre jeweilige Ratifikationsurkunde hinterlegt haben (Art. 10.8 Abs. 2).

Für EFTA-Staaten, die ihre Ratifikationsurkunde nach Inkrafttreten des Abkommens hinterlegen, tritt es am ersten Tag des dritten Monats nach Hinterlegung ihrer Ratifikationsurkunde in Kraft (Art. 10.8 Abs. 3). Gestützt auf Art. 10.8 Abs. 4 des FHA und Art. 9 des bilateralen Landwirtschaftsabkommens tritt letzteres zur selben Zeit wie das FHA in Kraft.

11.2.1.5

Auswirkungen

Finanzielle und personelle Auswirkungen auf den Bund, die Kantone und die Gemeinden Die Schweiz gewährt der Ukraine schon bisher im Rahmen des APS auf autonomer Basis einseitige Zollzugeständnisse in weitgehend gleichem Umfang wie gemäss dem neuen Abkommen. Da ein Grossteil der Einfuhren aus der Ukraine bereits im Rahmen des APS zollbefreit ist, werden die Zolleinnahmen nur in dem (beschränkten) Masse zurückgehen, in dem die Zugeständnisse des Abkommens über diejenige des APS hinausgehen (z.B. für Sonnenblumenöl). 2009 betrugen die auf den Einfuhren aus der Ukraine erhobenen Zölle insgesamt etwa 4,2 Millionen Schweizerfranken (davon 3,9 Mio. Schweizerfranken für Landwirtschaftsprodukte). Der aus dem FHA resultierende Rückgang der Zolleinnahmen ist in Beziehung zur Verbesserung der Absatzperspektiven für die Schweizer Exporte auf dem ukrainischen Markt zu setzen.

1539

Personelle Auswirkungen beim Bund können sich aus der steigenden Gesamtzahl umzusetzender und weiter zu entwickelnder FHA ergeben. Für den Zeitraum 2010­2014 wurden entsprechende Ressourcen bewilligt. Für diesen Zeitraum haben die vorliegenden Abkommen keine weitere personelle Aufstockung zur Folge. Der Ressourcenbedarf für die Aushandlung neuer und die Umsetzung und Weiterentwicklung aller bestehenden FHA nach 2014 wird vom EVD im Jahre 2013 neu beurteilt. Für die Kantone und Gemeinden haben die Abkommen mit der Ukraine keine finanziellen oder personellen Auswirkungen.

Volkswirtschaftliche Auswirkungen Dank dem FHA werden die EFTA-Staaten auf der Grundlage der Gegenseitigkeit den diskriminierungsfreien Marktzugang für Industrieprodukte auf dem ukrainischen Markt erhalten. Weiter erreichen die EFTA-Staaten einen Zugang zu den Dienstleistungsmärkten, dessen Verpflichtungsniveau für bestimmte Aspekte über dem geltenden WTO-Niveau liegt. Ferner erhalten sie einen Zugang zu öffentlichen Beschaffungsmärkten, dessen Verpflichtungsniveau weitgehend mit demjenigen des in Revision befindlichen GPA vergleichbar ist. Bezüglich des geistigen Eigentums wird der Schutz in mehreren Bereichen über den TRIPS-Standard hinaus gefestigt und verbessert. Die Freihandelspartner erhalten schliesslich Öffnungen und Rechtsgarantien für Investitionen.

Diese Ergebnisse sind umso bedeutender, als im September 2009 die Europäische Kommission mit der Ukraine einen Verhandlungsprozess für ein Stabilisierungsund Assoziierungsabkommen (SAA) angestossen hat, das namentlich die Errichtung einer Freihandelszone vorsieht. Das FHA EFTA-Ukraine wird es den EFTA-Staaten ermöglichen, die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen mit diesem Land zu stärken und insbesondere den möglichen Diskriminierungen auf dem ukrainischen Markt aufgrund des in Aushandlung befindlichen SAA EU-Ukraine zuvorzukommen. In der Zwischenzeit wird das Abkommen der Schweiz einen Wettbewerbsvorteil gegenüber der EU und allen weiteren Konkurrenten bieten, die noch nicht über ein Präferenzabkommen mit der Ukraine verfügen.

Dank des Zollabbaus sowie der Garantie des diskriminierungsfreien Marktzugangs für Dienstleistungen und Investitionen sowie zum öffentlichen Beschaffungswesen wirken sich die Abkommen mit der Ukraine auf Unternehmen sowie Konsumentinnen und Konsumenten
in der Schweiz und in der Ukraine vorteilhaft aus. Ferner stärken die Abkommen die Rechtssicherheit unserer Wirtschaftsbeziehungen mit der Ukraine insgesamt, indem sie den Wirtschaftsakteuren verbesserte und vorhersehbarere Rahmenbedingungen bieten.

Da die Zugeständnisse der Schweiz an die Ukraine im Bereich der Landwirtschaft entweder schon anderen Freihandelspartnern oder Entwicklungsländern im Rahmen des APS zugestanden worden sind und (mit Ausnahme der Zugeständnisse für Sonnenblumenöl) durchwegs im Rahmen der WTO-Zollkontingente gewährt werden, sind keine nennenswerten Auswirkungen auf die schweizerische Landwirtschaft zu erwarten (vgl. Ziff. 11.2.1.3).

1540

11.2.1.6

Legislaturplanung

Das FHA und das bilaterale Landwirtschaftsabkommen mit der Ukraine fallen unter die Massnahme «Ausbau des Netzes von FHA mit Partnern ausserhalb der EU», die in der Botschaft vom 23. Januar 200830 über die Legislaturplanung 2007­2011 und im Bundesbeschluss vom 18. September 200831 über die Legislaturplanung 2007­2011 angekündigt sind.

11.2.1.7

Rechtliche Aspekte

Bezug zur WTO und zum europäischen Recht Die Schweiz und die übrigen EFTA-Staaten sowie die Ukraine sind WTO-Mitglieder. Sie sind der Auffassung, dass das FHA im Einklang mit den aus der WTOMitgliedschaft resultierenden Verpflichtungen steht. FHA unterliegen der Überprüfung durch das zuständige WTO-Organ und können Gegenstand eines Streitbeilegungsverfahrens in der WTO sein.

Der Abschluss von FHA mit Drittstaaten steht weder mit den staatsvertraglichen Verpflichtungen noch mit den Zielen der europäischen Integrationspolitik der Schweiz in Widerspruch.

Geltung für das Fürstentum Liechtenstein Das Fürstentum Liechtenstein ist als EFTA-Mitglied Unterzeichnerstaat des FHA mit der Ukraine. Aufgrund des Vertrags vom 29. März 1923 zwischen der Schweiz und dem Fürstentum Liechtenstein32 wendet die Schweiz die im FHA enthaltenen Bestimmungen über den Warenverkehr auch auf Liechtenstein an. Aufgrund des Zollvertrags gilt das bilaterale Landwirtschaftsabkommen zwischen der Schweiz und der Ukraine auch für das Fürstentum Liechtenstein (Art. 1 Abs. 2 des Landwirtschaftsabkommens).

Veröffentlichung der Anhänge zum Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und der Ukraine Es gibt keine Originalfassung der vorliegenden Abkommen in einer der Schweizer Amtssprachen. Der Abschluss der vorliegenden Abkommen in Englisch entspricht jedoch der gleichbleibenden Praxis, welche die Schweiz im Bereich der Verhandlungen und des Abschlusses von FHA in der Vergangenheit verfolgt hat. Diese Praxis steht im Einklang mit Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung vom 4. Juni 201033 über die Landessprachen und die Verständigung zwischen den Sprachgemeinschaften (SpV) sowie der zugehörigen Erläuterungen, die der Bundesrat beide mit Beschluss vom 4. Juni 201034 verabschiedet hat. Ausserdem würde die Erstellung von Originalfassungen in den Amtssprachen aller Vertragsparteien angesichts des Umfangs solcher Abkommen den Einsatz unverhältnismässiger Mittel erfordern.

30 31 32 33 34

BBl 2008 784 und 817 BBl 2008 8544 SR 0.631.112.514 SR 441.11 http://www.bak.admin.ch/themen/sprachen_und_kulturelle_minderheiten/00506/00616/ index.html?lang=de

1541

Das Fehlen einer Originalfassung des Abkommenstextes in einer der Schweizer Amtssprachen macht es nichtdestoweniger erforderlich, den Text des Abkommens mit Ausnahme seiner Anhänge und Protokolle in die drei Amtssprachen zu übersetzen. Die Anhänge zum FHA umfassen insgesamt mehrere hundert Seiten. Es handelt sich zur Hauptsache um Bestimmungen technischer Natur. Nach den Artikeln 5 Absatz 1 Buchstabe b, 13 Absatz 3 und 14 Absatz 2 des Publikationsgesetzes (PublG) vom 18. Juni 200435 sowie Artikel 9 Absatz 2 der Publikationsverordnung vom 17. November 200436 kann die Veröffentlichung solcher Texte auf Titel sowie Fundstelle oder Bezugsquelle beschränkt werden. Die Anhänge können beim Bundesamt für Bauten und Logistik, Bundespublikationen, 3003 Bern37, bezogen werden und sind auf der Internetseite des EFTA-Sekretariats verfügbar38. Übersetzungen des Protokolls über Ursprungsregeln werden ausserdem von der Eidgenössischen Zollverwaltung elektronisch publiziert39.

Verfassungsmässigkeit Nach Artikel 54 Absatz 1 der Bundesverfassung (BV)40 sind die auswärtigen Angelegenheiten Sache des Bundes. Die Zuständigkeit der Bundesversammlung zur Genehmigung von völkerrechtlichen Verträgen ergibt sich aus Artikel 166 Absatz 2 BV. Nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV unterliegen dem fakultativen Staatsvertragsreferendum völkerrechtliche Verträge, die unbefristet und unkündbar sind, die den Beitritt zu einer internationalen Organisation vorsehen oder die wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert.

Das FHA kann unter Einhaltung einer Vorankündigungsfrist von sechs Monaten jederzeit gekündigt werden (Art. 10.7 FHA). Diese Kündigung bewirkt die automatische Beendigung des Landwirtschaftsabkommens (Art. 9 des Landwirtschaftsabkommen). Es liegt kein Beitritt zu einer internationalen Organisation vor. Für die Umsetzung der Abkommen sind keine Anpassungen auf Gesetzesstufe erforderlich.

Die vorliegenden Abkommen enthalten verschiedene rechtsetzende Bestimmungen (Zollkonzessionen, Gleichbehandlungsgebote usw.). Zur Frage, ob es sich dabei um wichtige rechtsetzende Bestimmungen in Sinne von Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV handelt (vgl. auch Art. 22 Abs. 4 des Parlamentsgesetzes, ParlG41), welche ein fakutaltives Referendum nach sich ziehen würden,
ist einerseits festzuhalten, dass die Abkommensbestimmungen im Rahmen der Verordnungskompetenzen, die das Zolltarifgesetz vom 9. Oktober 198642 dem Bundesrat für Zollkonzessionen einräumt, umgesetzt werden können. Anderseits sind die Bestimmungen nicht als grundlegend einzustufen: Sie ersetzen kein innerstaatliches Recht und treffen keine Grundsatzentscheide für die nationale Gesetzgebung. Die Verpflichtungen dieser Abkommen bewegen sich im Rahmen anderer von der Schweiz abgeschlossener internationaler Abkommen. Inhaltlich sind sie vergleichbar ausgestaltet wie andere im EFTA-Rahmen abgeschlossene Drittlandabkommen, und sie sind von ähnlichem rechtlichen, wirtschaftlichen und politischen Gewicht.

35 36 37 38 39 40 41 42

SR 170.512 SR 170.512.1 http://www.bundespublikationen.admin.ch/ http://www.efta.int/free-trade/free-trade-agreements/ukraine.aspx http://www.ezv.admin.ch/ SR 101 SR 171.10 SR 632.10

1542

Die in einzelnen Bereichen festzustellenden Unterschiede (z.B. im Bereich Handelserleichterungen) haben im Vergleich zum Inhalt von früher abgeschlossenen Abkommen keine wichtigen zusätzlichen Verpflichtungen für die Schweiz zur Folge.

Anlässlich der Beratung der Motion 04.3203 der Staatspolitischen Kommission des Nationalrats vom 22. April 2004 sowie bei den Botschaften zu den später abgeschlossenen FHA haben beide Räte die Haltung des Bundesrates jeweils unterstützt, wonach internationale Abkommen, die diesen Kriterien entsprechen, nicht dem fakultativen Staatsvertragsreferendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV unterliegen.

Vernehmlassung Aus Artikel 3 Absätze 1 und 2 des Vernehmlassungsgesetzes (VlG)43 ergibt sich, dass bei einem internationalen Abkommen, das nicht dem fakultativen Referendum unterstellt ist und keine wesentlichen Interessen der Kantone betrifft, grundsätzlich kein Vernehmlassungsverfahren durchgeführt wird, ausser wenn es sich um ein Vorhaben von grosser politischer, finanzieller, wirtschaftlicher, ökologischer, sozialer oder kultureller Tragweite handelt oder wenn dieses in erheblichem Mass ausserhalb der Bundesverwaltung vollzogen wird. Die vorliegenden Abkommen entsprechen bezüglich Inhalt sowie finanzieller, politischer oder wirtschaftlicher Bedeutung im Wesentlichen den früher abgeschlossenen Freihandels- und Landwirtschaftsabkommen der Schweiz. Es handelt sich somit nicht um ein Vorhaben von besonderer Tragweite im Sinne des VlG, und die Kantone wurden gemäss Artikel 3 und 4 des Bundesgesetzes über die Mitwirkung der Kantone an der Aussenpolitik des Bundes (BGMK)44 sowohl bei der Vorbereitung der Verhandlungsmandate als auch, soweit erforderlich, während den Verhandlungen beigezogen. Da die Abkommen auch nicht in erheblichem Mass ausserhalb der Bundesverwaltung vollzogen werden, konnte auf die Durchführung einer Vernehmlassung verzichtet werden.

43 44

SR 172.061 SR 138.1

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