10.104 Botschaft zur Genehmigung eines Protokolls zur Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Kanada vom 3. Dezember 2010

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Wir unterbreiten Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf zu einem Bundesbeschluss über die Genehmigung des Protokolls vom 22. Oktober 2010 zur Änderung des Abkommens vom 5. Mai 1997 zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung von Kanada zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

3. Dezember 2010

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Doris Leuthard Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2010-2800

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Übersicht Das Protokoll zur Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Kanada sieht die Aufnahme einer Bestimmung über den Informationsaustausch gemäss dem OECD-Standard vor. Weiter wird für Dividenden an Vorsorgeeinrichtungen und an die Zentralbank sowie für Zinszahlungen unter nicht nahestehenden Personen der Nullsatz eingeführt. Ausserdem werden Zahlungen von Lizenzgebühren für Patente sowie für Mitteilungen gewerblicher, kaufmännischer oder wissenschaftlicher Erfahrungen in Zukunft auch dann von der Quellensteuer befreit sein, wenn sie von nahestehenden Personen gezahlt werden. Schliesslich wird das Abkommen mit einer Schiedsgerichtsklausel ergänzt, und sämtliche Zahlungen aufgrund der Sozialversicherungsgesetzgebung werden in Zukunft unter den Anwendungsbereich des Abkommens fallen.

Die Kantone und die interessierten Wirtschaftskreise haben den Abschluss dieses Protokolls begrüsst.

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

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1 Allgemeine Überlegungen über die Weiterentwicklung der Abkommenspolitik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

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2 Ausgangslage, Verlauf und Ergebnis der Verhandlungen

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3 Würdigung

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4 Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln des Änderungsprotokolls

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5 Finanzielle Auswirkungen

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6 Verfassungsmässigkeit

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Bundesbeschluss über die Genehmigung eines Protokolls zur Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Kanada (Entwurf)

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Protokoll zur Änderung des Abkommens zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung von Kanada zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, unterzeichnet am 5. Mai 1997 in Bern

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Botschaft 1

Allgemeine Überlegungen über die Weiterentwicklung der Abkommenspolitik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

Doppelbesteuerungsabkommen sind ein wichtiges Mittel der Steuerpolitik. Gute Abkommen erleichtern die Tätigkeit unserer Exportwirtschaft, fördern Investitionen in der Schweiz und tragen damit zum Wohlstand in der Schweiz und im Partnerland bei.

Die Politik der Schweiz im Bereich der Doppelbesteuerungsabkommen richtet sich seit jeher nach dem Standard der OECD, weil dieser am besten geeignet ist, das Wohlstandsziel zu erreichen. Sie zielt hauptsächlich darauf ab, die Zuständigkeiten bei der Besteuerung natürlicher und juristischer Personen klar zuzuweisen, die Quellensteuer auf Zinsen, Dividenden und Lizenzgebühren möglichst tief zu halten und allgemein Steuerkonflikte zu verhindern, die sich auf international tätige Steuerpflichtige nachteilig auswirken könnten. Dabei musste die Schweiz seit jeher den goldenen Mittelweg zwischen günstigen steuerlichen Rahmenbedingungen im eigenen Land einerseits und internationaler Anerkennung ihrer Steuerordnung andererseits finden. Gute Schweizer Lösungen können wertlos werden, wenn sie international keine Anerkennung finden.

Am 13. März 2009 hat der Bundesrat beschlossen, die Amtshilfe in Steuersachen an die neuen Gegebenheiten der internationalen Politik anzupassen.

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Ausgangslage, Verlauf und Ergebnis der Verhandlungen

Das Abkommen zwischen der Schweiz und Kanada zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (SR 0.672.923.21, nachfolgend DBA-CDN) ist vom 5. Mai 1997 datiert. Es wurde bislang keiner Revision unterzogen.

Das DBA-CDN verfügt mit Artikel 25 bereits über eine Bestimmung über den Informationsaustausch. Im Einklang mit der langjährigen Praxis der Schweiz beschränkt sich der Austausch auf Auskünfte, welche der Durchführung des Abkommens dienen.

Nach dem Entscheid des Bundesrats vom 13. März 2009, den Vorbehalt der Schweiz hinsichtlich des Informationsaustausches nach dem OECD-Musterabkommen zurückzuziehen, hat Kanada den Wunsch geäussert, Verhandlungen über die Anpassung der Bestimmung zum Informationsaustausch an die Vorgaben des OECD-Standards aufzunehmen. In Übereinstimmung mit den Vorgaben des Bundesrats hat die Schweiz diesem Wunsch entsprochen.

Die Schweiz hat die Abkommensrevision dazu genutzt, gewisse Punkte im Abkommen den heutigen Gegebenheiten anzupassen sowie einzelne Verbesserungen zu erzielen. Die Verhandlungen konnten am 11. Februar 2010 nach einer Verhandlungsrunde durch Paraphierung des Protokolls zur Änderung des Abkommens

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(nachfolgend Änderungsprotokoll) sowie eines Notenwechsels abgeschlossen werden. Das Änderungsprotokoll wurde am 22. Oktober 2010 in Bern unterzeichnet.

Die Kantone und die am Abschluss von Doppelbesteuerungsabkommen interessierten Kreise haben die Revision des DBA-CDN begrüsst.

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Würdigung

Die Schweiz strebt in ihren Doppelbesteuerungsabkommen möglichst tiefe Quellensteuersätze auf Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren an. Mit den vereinbarten Quellensteuerbefreiungen auf Dividenden an Vorsorgeeinrichtungen und an die Zentralbank, auf Zinszahlungen unter nicht nahestehenden Personen und auf Lizenzgebühren im Zusammenhang mit Patenten oder der Mitteilung gewerblicher, kaufmännischer oder wissenschaftlicher Erfahrung, auch wenn die Lizenzgebühren von nahestehenden Personen gezahlt werden, konnte ein Schritt in diese Richtung getan werden. Mit der Aufnahme einer Schiedsgerichtsklausel konnte ein weiteres Anliegen der schweizerischen Abkommenspolitik im Bereich der Doppelbesteuerung berücksichtigt werden. Ausserdem werden in Zukunft sämtliche Zahlungen aufgrund der Sozialversicherungsgesetzgebung unter den Anwendungsbereich des Abkommens fallen. Damit werden Doppelbesteuerungen auf solchen Einkünften der Vergangenheit angehören. Die neue Bestimmung über den Informationsaustausch entspricht dem OECD-Standard und beschränkt den Informationsaustausch auf Ersuchen im Einzelfall. Im vorliegenden Protokoll konnte ein ausgewogenes Ergebnis erzielt werden, das zur weiteren positiven Entwicklung der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen beitragen wird.

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Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln des Änderungsprotokolls

Das Änderungsprotokoll ändert und ergänzt gewisse Bestimmungen im Doppelbesteuerungsabkommen von 1997. Nachfolgend wird der wesentliche Inhalt dieser Änderungen dargelegt.

Art. I des Änderungsprotokolls betreffend Art. 3 des Abkommens (Allgemeine Begriffsbestimmungen) Das DBA-CDN enthält mit Absatz 2 eine Bestimmung, welche für die Auslegung von im Abkommen nicht definierten Begriffen auf die lex fori verweist. Mit dem Änderungsprotokoll wird diese Bestimmung mit der entsprechenden Bestimmung gemäss OECD-Musterabkommen in Einklang gebracht.

Art. II des Änderungsprotokolls betreffend Art. 4 des Abkommens (Ansässige Person) Gemäss OECD-Musterabkommen gilt eine Person dann als in einem Vertragsstaat ansässig, wenn sie nach internem Recht des Vertragsstaats unbeschränkt steuerpflichtig ist. Eine solche Bestimmung ist auch im DBA-CDN enthalten. Das Änderungsprotokoll sieht die Aufnahme einer Bestimmung vor, worin festgehalten wird, dass aufgrund wirtschaftlicher Zugehörigkeit nur beschränkt Steuerpflichtige nicht 143

als ansässige Personen für Zwecke des Abkommens gelten. Aus materieller Sicht bringt diese Zusatzbestimmung keine Änderung. Es erfolgt lediglich eine Angleichung an die entsprechende Bestimmung des OECD-Musterabkommens.

Art. III des Änderungsprotokolls betreffend Art. 9 des Abkommens (Verbundene Unternehmen) Artikel 9 DBA-CDN enthält Bestimmungen über das Verfahren und die Pflichten im Zusammenhang mit Gewinnaufrechnungen bei verbundenen Unternehmen. Absatz 3 sieht eine absolute Frist von 5 Jahren für die Vornahme von Gewinnaufrechnungen vor. Kanada hat den Vorschlag gemacht, diese Frist auf 8 Jahre zu erhöhen. Die Schweiz konnte der Erhöhung der Frist in diesem Ausmass nicht zustimmen. Denn eine Erhöhung der Frist geht auch zulasten der Planungssicherheit für den Fiskus.

Führt nämlich eine Gewinnaufrechnung zu einer Gegenberichtigung, müssen zuviel bezahlte Steuern rückerstattet werden. Als Kompromiss wurde schliesslich eine moderate Erhöhung der Frist von 5 Jahren auf 6 Jahre beschlossen. Eine solche Frist von 6 Jahren hat die Schweiz auch in anderen Doppelbesteuerungsabkommen vereinbart, beispielsweise in den Abkommen mit Finnland, Argentinien und Russland.

Art. IV des Änderungsprotokolls betreffend Art. 10 des Abkommens (Dividenden) Die geltende Bestimmung sieht in Absatz 2 ein Besteuerungsrecht des Quellenstaats der Dividenden von 15 Prozent vor. Hält eine Gesellschaft mindestens 10 Prozent der Stimmrechte und des Kapitals an der die Dividenden ausrichtenden Gesellschaft, so reduziert sich die Residualsteuer auf 5 Prozent. Für Dividendenzahlungen einer ausländisch beherrschten kanadischen Investmentgesellschaft an eine in der Schweiz ansässige Person mit einem Anteil am Kapital von mindestens 10 Prozent ist die kanadische Sockelsteuer auf 10 Prozent begrenzt.

Damit verfügt das Abkommen der Schweiz im Vergleich zu jenen mit anderen Staaten bereits über eine relativ vorteilhafte Regelung. Mit der Einführung des Nullsatzes auf Dividenden an Vorsorgeeinrichtungen und an die Zentralbanken der beiden Staaten (Abs. 3) konnte eine weitere Verbesserung erreicht werden. Die Verhandlungsdelegationen kamen überein, den genauen Kreis der begünstigen Vorsorgeeinrichtungen zu einem späteren Zeitpunkt in einer Verständigungsvereinbarung festzulegen. In Bezug auf die Schweiz werden sämtliche Einrichtungen
der ersten und der zweiten Säule sowie der Säule 3a begünstigte Vorsorgeeinrichtungen sein.

Das Änderungsprotokoll sieht ausserdem vor, die spezielle Bestimmung im geltenden Abkommen über die Höhe des Residualsteuersatzes von 10 Prozent in Bezug auf ausländisch beherrschte kanadische Investmentgesellschaften aufzuheben.

Art. V des Änderungsprotokolls betreffend Art. 11 des Abkommens (Zinsen) Der Vorschlag der Schweiz für eine ausschliessliche Besteuerungskompetenz von Zinsen im Staat des Empfängers oder der Empfängerin dieser Einkünfte fand auf Seiten von Kanada keine Zustimmung.

Dennoch war Kanada bereit, eine wichtige Ausnahme von der Anwendung des Residualsteuersatzes von 10 Prozent gemäss geltender Bestimmung des DBA-CDN zu akzeptieren: Gemäss Änderungsprotokoll sollen Zinszahlungen an der Quelle in 144

Zukunft nicht mehr besteuert werden dürfen, sofern der Schuldner und der Gläubiger nicht miteinander verbundene Personen sind. Die kanadische Delegation machte geltend, dass sich eine Quellensteuerbefreiung auch auf Zinszahlungen zwischen verbundenen Personen nicht mit der kanadischen Abkommenspolitik in Einklang bringen liesse. Insbesondere wurde hervorgehoben, dass es für eine nahestehende Person meistens keine Rolle spielt, ob sie ihre Gesellschaft mittels Eigenoder Fremdkapital finanziert. Wenn aber eine Quellensteuerbefreiung auch auf Zinszahlungen zwischen verbundenen Personen vereinbart würde, dann wäre diese Person versucht, ihrer Gesellschaft Fremdkapital anstelle von Eigenkapital zur Verfügung zu stellen. Kanada wäre in diesem Fall doppelt benachteiligt. Zum einen müsste Kanada die entsprechenden Zinszahlungen für Gewinnsteuerzwecke zum Abzug zulassen, und zum andern müsste Kanada auf Einnahmen aus Quellensteuern auf Zinszahlungen verzichten.

Art. VI des Änderungsprotokolls betreffend Art. 12 des Abkommens (Lizenzgebühren) Kanada ist nach wie vor nicht bereit, in einem Doppelbesteuerungsabkommen die Quellensteuer auf Lizenzgebühren unter 10 Prozent zu senken. Dafür konnte zumindest erreicht werden, dass der Anwendungsbereich dieser Quellensteuer gegenüber dem geltenden Abkommen weiter eingeschränkt wird: Lizenzzahlungen für Patente sowie für Mitteilungen gewerblicher, kaufmännischer oder wissenschaftlicher Erfahrungen werden in Zukunft auch dann von der Quellensteuer befreit sein, wenn sie von nahestehenden Personen gezahlt werden. Das ist eine klare Verbesserung gegenüber der gegenwärtigen Situation, weil unter dem geltenden Abkommen solche Zahlungen nur von nicht nahestehenden Personen keiner Quellensteuer unterliegen.

Art. VII des Änderungsprotokolls betreffend Art. 13 des Abkommens (Gewinne aus der Veräusserung von Vermögen) Das geltende Abkommen sieht vor, dass Gewinne aus der Veräusserung von Vermögen, deren Zuteilung zur Besteuerung nicht in einer speziellen Bestimmung geregelt ist, nur dort besteuert werden können, wo die veräussernde Person ansässig ist.

Absatz 7 enthält eine Ausnahme von diesem Prinzip, und zwar ist festgehalten, dass Kanada Gewinne einer in der Schweiz ansässigen natürlichen Person aus der Veräusserung von Vermögen besteuern darf, wenn die veräussernde Person
die kanadische Staatsangehörigkeit besitzt oder mindestens 15 Jahre in Kanada verbracht hat und in den 5 Jahren unmittelbar vor der Veräusserung zu irgendeinem Zeitpunkt in Kanada ansässig gewesen ist. Mit dieser Bestimmung wird sichergestellt, dass in Kanada aufgelaufene Gewinne in Kanada besteuert werden können, auch wenn zum Zeitpunkt der Realisierung dieser Gewinne die entsprechende Person nicht mehr in Kanada ansässig ist.

Vor Kurzem hat nun Kanada ein neues System betreffend Besteuerung von in Kanada aufgelaufenen, aber noch nicht realisierten Gewinnen eingeführt. Solche Gewinne sollen nicht mehr erst dann besteuert werden können, wenn sie tatsächlich realisiert werden. Vielmehr gilt neu Folgendes: Wenn eine Person Kanada verlässt, wird für kanadische Steuerzwecke eine Veräusserung der entsprechenden Vermögenswerte zu diesem Zeitpunkt angenommen.

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Der durch das Änderungsprotokoll einzufügende Absatz 8 von Artikel 13 trägt dieser Systemänderung Rechnung. Gleichzeitig wird mit diesem Absatz der Vertragsstaat, in dem die Person neu ansässig ist, verpflichtet, die noch im anderen Vertragsstaat aufgelaufenen und dort besteuerten Gewinne von der eigenen Besteuerung auszunehmen. Absatz 8 ist sowohl für Personen anwendbar, die Kanada verlassen und in der Schweiz ansässig werden, als auch für Personen, die die Schweiz verlassen und in Kanada ansässig werden. Der neuen abkommensrechtlichen Verpflichtung, dass die je im anderen Land bereits versteuerten Gewinne nicht nochmals besteuert werden dürfen, kommt jedoch in der Praxis in Bezug auf die Schweiz eine relativierte Bedeutung zu, weil in der Schweiz private Kapitalgewinne aufgrund des internen Rechts bereits grundsätzlich steuerbefreit sind. Die Bestimmung kann dann von Bedeutung sein, wenn Vermögensteile einer natürlichen Person ihrem Geschäftsvermögen zugewiesen werden, wie zum Beispiel bei gewerbsmässigen Wertschriftenhändlern.

Die Bestimmungen in Absatz 7 des geltenden Abkommens werden durch den neuen Absatz 8 eigentlich überflüssig. Kanada wollte Absatz 7 jedoch beibehalten, um das Abkommen mit der Schweiz nicht erneut revidieren zu müssen, falls Kanada zu einem späteren Zeitpunkt das System der Besteuerung aufgrund einer angenommenen Veräusserung, welches im neuen Absatz 8 reflektiert ist, wieder aufgibt und diesbezüglich zum alten System zurückkehrt.

Art. VIII des Änderungsprotokolls betreffend Art. 18 des Abkommens (Ruhegehälter und Renten) Gemäss geltendem Abkommen können Ruhegehälter und Renten im Quellenstaat besteuert werden. Die Steuer wird jedoch bei periodischen Zahlungen aufgrund des Abkommens auf 15 Prozent begrenzt.

Artikel 18 ist jedoch nicht auf Zahlungen aufgrund der Sozialversicherungsgesetzgebung anwendbar, und da das Abkommen mit Kanada keinen Artikel über die Besteuerung von übrigen Einkünften enthält, sind solche Zahlungen durch das geltende Abkommen nicht vor Doppelbesteuerung geschützt. Denn solche Zahlungen aus Kanada unterliegen dort einer Quellensteuer von 25 Prozent und in der Schweiz werden sie als Einkommen besteuert. Zwar unterliegt in der Schweiz nicht der Bruttobetrag, sondern nur der Nettobetrag der Besteuerung. Damit wird die Doppelbesteuerung jedoch nur
gemildert und nicht vermieden.

Im umgekehrten Fall kommt es zu keiner Doppelbesteuerung: Zahlungen aufgrund der Sozialversicherungsgesetzgebung aus der Schweiz werden in der Schweiz auch ohne Abkommensschutz nicht besteuert, denn Zahlungen der AHV und der IV unterliegen gemäss schweizerischem Recht keiner Quellensteuer.

Neu sollen solche Zahlungen unter den Anwendungsbereich von Artikel 18 fallen.

Da ein Grossteil der Ruhegehälter und Renten, welche aus Kanada stammen und an in der Schweiz ansässige Personen gezahlt werden, als Zahlungen aufgrund der kanadischen Sozialversicherungsgesetzgebung gelten, wird der Miteinbezug von solchen Zahlungen unter den Schutz des Abkommens in der Praxis zu einer wesentlichen Verbesserung führen. Denn die Doppelbesteuerung wird in Zukunft in solchen Situationen nicht nur gemildert, sondern gänzlich vermieden.

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Art. IX des Änderungsprotokolls betreffend Art. 22 des Abkommens (Vermeidung der Doppelbesteuerung) Kanada vermeidet die Doppelbesteuerung grundsätzlich mittels Anwendung der Anrechnungsmethode. Erhält jedoch eine kanadische Gesellschaft eine Dividende von einer ausländischen Tochtergesellschaft, so wird diese Dividende bei der Ermittlung des steuerbaren Gewinns der kanadischen Gesellschaft abgezogen. Dies sieht das interne Recht Kanadas vor und gilt auch für Dividenden aus Staaten, mit welchen Kanada kein Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen hat. Die wirtschaftliche Doppelbelastung wird diesbezüglich somit in Kanada mittels der Freistellungsmethode verhindert. Um eine interne Reform, die für solche Fälle anstelle der Freistellungsmethode die Anrechnungsmethode vorsieht, nicht durch anders lautende Bestimmungen in kanadischen Doppelbesteuerungsabkommen zu verunmöglichen, ist Kanada daran, die entsprechenden Bestimmungen in den kanadischen Doppelbesteuerungsabkommen, so auch im Doppelbesteuerungsabkommen mit der Schweiz, zu streichen. Aus diesem Grund sieht das Änderungsprotokoll die Aufhebung von Artikel 22 DBA-CDN Absatz 1 Buchstabe c vor.

Art. X des Änderungsprotokolls betreffend Art. 24 des Abkommens (Verständigungsverfahren) Die durch das Änderungsprotokoll vorgesehenen Anpassungen der Absätze 1 und 2 dienen der Angleichung der Bestimmungen des DBA-CDN an das OECD-Musterabkommen. So soll die Frist, während derer eine steuerpflichtige Person die Einleitung eines Verständigungsverfahrens verlangen kann, von 2 auf 3 Jahre erhöht werden, und Verständigungslösungen sollen unabhängig von im internen Recht vorgesehenen zeitlichen Restriktionen umgesetzt werden können. Die Umsetzung von Verständigungslösungen unabhängig von im internen Recht vorgesehenen zeitlichen Restriktionen soll gemäss den Bestimmungen über das Inkrafttreten des Änderungsprotokolls (vgl. Art. XIII Ziff. 2 Bst. a) auf Verfahren Anwendung finden, die am Datum des Inkrafttretens des Änderungsprotokolls bei den zuständigen Behörden hängig sind oder die nach diesem Datum hängig werden.

Des Weiteren sieht das Änderungsprotokoll in Bezug auf Absatz 3 vor, dass die Frist, während derer ein Staat eine Erhöhung der Steuerbemessungsgrundlage vornehmen kann, auf 6 Jahre anstelle von 5 Jahren begrenzt ist. Diese Frist von neu 6 Jahren
steht damit in Einklang mit der entsprechenden Frist von ebenfalls 6 Jahren, welche in Bezug auf Gewinnaufrechnungen im Zusammenhang mit verbundenen Unternehmen gemäss Artikel 9 DBA-CDN neu Anwendung finden wird.

Ausserdem soll gemäss Änderungsprotokoll eine Schiedsgerichtsklausel auf der Basis des OECD-Musterabkommens in das Abkommen aufgenommen werden. Dies entspricht der Abkommenspolitik der Schweiz im Bereich der Doppelbesteuerung.

Das Schiedsverfahren wurde erstmals im neuen Doppelbesteuerungsabkommen mit Südafrika vereinbart (BBl 2007 6589).

Das Schiedsverfahren, wie es gemäss Änderungsprotokoll zwischen der Schweiz und Kanada vereinbart worden ist, stimmt zwar in den Grundzügen mit jenem gemäss OECD-Musterabkommen überein, weist aber gewisse Unterschiede zum Schiedsverfahren gemäss OECD-Musterabkommen auf sowie zu den Schiedsverfahren, die vor Kurzem von der Schweiz mit anderen Staaten vereinbart worden sind.

So soll beispielsweise das Schiedsverfahren nicht durch die betroffenen Steuer147

pflichtigen eingeleitet werden können, sondern es kommt automatisch zu einem Schiedsverfahren, wenn sich die zuständigen Behörden nicht einigen können. Die Möglichkeit, einen Entscheid des Schiedsgerichts für unverbindlich zu erklären, wenn die zuständigen Behörden und die betroffenen Personen sich innert sechs Monaten nach dem Entscheid auf eine andere Lösung einigen, sieht das Änderungsprotokoll zum DBA-CDN nicht vor. Ausserdem wurde vereinbart, dass ein Entscheid des Schiedsgerichts als blosse Verständigungslösung gilt und diesem Entscheid in keinem Fall präjudizielle Wirkung beigemessen werden kann.

Die Sachverhalte, für die ein Schiedsgerichtsverfahren zur Anwendung gelangen kann, sind die Rechtsfragen, die unter die Artikel 5, 7 und 9 DBA-CDN sowie unter weitere, zu einem späteren Zeitpunkt zwischen den zuständigen Behörden vereinbarten Bestimmungen fallen. Dadurch ist der Anwendungsbereich des Schiedsgerichts zumindest vorerst auf Fragen bezüglich der Definition von Betriebstätten (Art. 5), der Zuteilung von Gewinnen zwischen Betriebstätten eines Unternehmens (Art. 7) und zwischen verbundenen Unternehmen (Art. 9) begrenzt.

Schliesslich bestimmt das Änderungsprotokoll zum DBA-CDN, dass das Schiedsverfahren gemäss den Regeln und Verfahrensbestimmungen durchzuführen ist, die unter den Vertragsstaaten in einem auf diplomatischem Weg ausgetauschten Notenwechsel vereinbart werden. Das bedeutet, dass Schiedsverfahren frühestens dann umgesetzt werden können, wenn ein solcher Notenwechsel zwischen der Schweiz und Kanada stattgefunden hat. Entsprechend steht in den Bestimmungen zum Inkrafttreten des Änderungsprotokolls (vgl. Art. XIII Ziff. 2 Bst. b), dass das Datum, ab welchem Schiedsverfahren zur Anwendung gelangen, im entsprechenden Notenwechsel festgelegt wird.

Es war der Wunsch von Kanada, den zeitlichen Beginn der Durchführung von Schiedsverfahren nicht an das Inkrafttreten des Änderungsprotokolls zu koppeln, sondern auf später zu verschieben. Kanada hat im revidierten Abkommen mit den USA ebenfalls die Aufnahme einer Schiedsgerichtsklausel vereinbart und ist nun basierend darauf daran, die dazu entsprechenden Prozesse zu definieren und die notwendige Infrastruktur aufzubauen. Es wird eine gewisse Zeit dauern, bis dies alles vollendet ist. Kanada möchte aber nicht, dass damit der Zeitpunkt
der Anwendbarkeit der übrigen Bestimmungen des Änderungsprotokolls verzögert wird.

Art. XI des Änderungsprotokolls betreffend Art. 25 des Abkommens (Informationsaustausch) Vor dem Hintergrund der Globalisierung der Finanzmärkte und besonders der Finanzkrise 2008 hat die internationale Zusammenarbeit an Bedeutung gewonnen.

Die Schweiz hat entsprechende Bemühungen stets unterstützt. Mit Entscheid vom 13. März 2009 hat der Bundesrat zudem beschlossen, den OECD-Standard bei der Amtshilfe in Steuersachen zu übernehmen und gleichzeitig die Wahrung des Verfahrensschutzes, die Begrenzung auf Amtshilfe im Einzelfall, faire Übergangslösungen, die Beschränkung auf Steuern, die unter das Abkommen fallen, das Subsidiaritätsprinzip sowie die Beseitigung allfälliger diskriminierender Behandlungen als anzustrebende Eckwerte der künftigen Amtshilfepolitik definiert. Kanada wünschte eine Bestimmung zum Informationsaustausch, die dem OECD-Musterabkommen möglichst nahe kommt, war aber mit sämtlichen von der Schweiz vorgebrachten Abweichungen einverstanden.

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Die paraphierte Bestimmung übernimmt weitgehend den Wortlaut von Artikel 26 des OECD-Musterabkommens. Abweichungen betreffen die Beschränkung des Informationsaustauschs auf Steuern, die unter das Abkommen fallen, den Ausschluss der Weitergabe erhaltener Informationen an Aufsichtsbehörden, die Möglichkeit, die Informationen mit dem Einverständnis beider Staaten für andere Zwecke zu verwenden sowie die Ermächtigung der zuständigen Behörden der Vertragsstaaten zu Zwangsmassnahmen bei der Durchsetzung von Informationsbegehren gegenüber Banken, anderen Finanzinstituten, Bevollmächtigten und Treuhändern und Treuhänderinnen sowie bei der Ermittlung von Beteiligungsverhältnissen an Personen. Die Änderungen der Bestimmungen zum Informationsaustausch sind im Kommentar zum OECD-Musterabkommen vorgesehen und mit dem OECD-Standard vereinbar.

Absatz 1 hält den Grundsatz des Informationsaustauschs fest. Auszutauschen sind jene Informationen, die für die Durchführung des Abkommens oder die Anwendung oder Durchsetzung des innerstaatlichen Rechts auf dem Gebiet der unter das Abkommen fallenden Steuern voraussichtlich erheblich sind. In Bezug auf Kanada umfassen die unter das Abkommen fallenden Steuern die auf Stufe des Bundes erhobenen Einkommenssteuern, nicht aber die Einkommenssteuern der Provinzen. Durch die Beschränkung auf voraussichtlich erhebliche Informationen sollen sogenannte «fishing expeditions» verhindert werden. Zudem wird festgehalten, dass der ersuchende Staat gehalten ist, seine eigenen Untersuchungsmöglichkeiten auszuschöpfen, bevor er den anderen Staat um Informationen ersucht. Nicht erforderlich für die Anwendung dieser Bestimmung ist, dass die steuerpflichtige Person in der Schweiz oder in Kanada ansässig ist, sofern eine wirtschaftliche Anknüpfung in einem der Vertragsstaaten besteht.

Absatz 2 umfasst Geheimhaltungsregeln. Diese Bestimmung erklärt die Geheimhaltungsregeln des Staates für anwendbar, der die Informationen erhalten hat. Er hält jedoch fest, dass die ausgetauschten Informationen nur Personen und Behörden zugänglich gemacht werden dürfen, die mit der Veranlagung, Erhebung, Durchsetzung, Strafverfolgung oder Entscheidung über Rechtsmittel hinsichtlich der Steuern vom Einkommen und Vermögen befasst sind. Die Informationen dürfen somit auch der steuerpflichtigen Person selbst oder
der von ihr bevollmächtigten Person offenbart werden. Die Formulierung gemäss Änderungsprotokoll zu Absatz 2 des DBA-CDN: «Alle Informationen, die ein Vertragsstaat nach Absatz 1 erhalten hat [...] dürfen nur den Personen oder Behörden zugänglich gemacht werden, die [...] hinsichtlich der Steuern vom Einkommen und Vermögen befasst sind» weicht von der entsprechenden Formulierung gemäss OECD-Musterabkommen ab, welche wie folgt lautet: «Alle Informationen, die ein Vertragsstaat nach Absatz 1 erhalten hat [...] dürfen nur den Personen oder Behörden zugänglich gemacht werden, die [...] hinsichtlich der in Absatz 1 genannten Steuern [...] befasst sind». Der Grund für diese Abweichung ist Kanadas Forderung, dass auch die Provinzen Zugang zu den von der Schweiz zu übermittelnden Informationen haben müssen, auch wenn es sich bei den Steuern der Provinzen nicht um unter das DBA-CDN fallende Steuern handelt. Aufsichtsbehörden sind in der Aufzählung der Personen und Behörden, denen die Informationen zugänglich gemacht werden dürfen, nicht aufgeführt. Das bedeutet, dass damit auch der sogenannte kanadische «Auditor General» keinen Zugang zu den von der Schweiz zu übermittelnden Informationen haben wird. Der letzte Satz in Absatz 2 sieht die Möglichkeit der Verwendung für andere, nicht steuerliche Zwecke vor, wenn dies nach dem Recht beider Vertragsstaaten zulässig ist und der übermittelnde Staat seine Zustimmung zur steuerfremden Verwendung gibt. Diese Bestimmung 149

ermöglicht beispielsweise die Verwendung der erhaltenen Auskünfte in einem anderen Strafverfahren, ohne jedoch der betroffenen Person die diesbezüglich separaten Verfahrensrechte in der Schweiz zu entziehen. Damit kann vermieden werden, dass gleiche Informationen für unterschiedliche Zwecke mehrmals beschafft und übermittelt werden müssen. Die Zustimmung des ersuchten Staates ist jedoch in allen Fällen notwendig. Diese Bestimmung wird zum Beispiel, unter denselben Bedingungen, auch die Verwendung der erhaltenen Informationen durch Sozialversicherungsbehörden im Rahmen ihres innerstaatlichen Zugangs zu steuerlichen Informationen ermöglichen (vgl. zum Beispiel Art. 9 Abs. 3 AHVG, SR 831.10, und Art. 27 AHVV, SR 831.101).

Absatz 3 sieht zugunsten des ersuchten Staates gewisse Einschränkungen des umfassenden Informationsaustauschs vor. Der ersuchte Staat ist weder gehalten, Verwaltungsmassnahmen durchzuführen, die über seine eigenen Gesetze oder seine eigene Verwaltungspraxis hinausgehen, noch muss er Verwaltungsmassnahmen durchführen, die von den Gesetzen oder der Verwaltungspraxis des ersuchenden Staates abweichen. Im Fall der Schweiz bedeutet dies insbesondere, dass das rechtliche Gehör der Betroffenen ebenso wie die Möglichkeit, einen vorgesehenen Informationsaustausch gerichtlich überprüfen zu lassen, gewahrt bleiben. Der ersuchte Staat braucht ferner keine Auskünfte zu erteilen, die nach seinen Gesetzen oder seiner Verwaltungspraxis oder nach dem Recht oder der Verwaltungspraxis des ersuchenden Staates nicht beschafft werden könnten. Schliesslich kann der ersuchte Staat die Auskunft verweigern, wenn sie wirtschaftliche Geheimnisse betrifft oder die öffentliche Ordnung (Ordre public) verletzt. Dies könnte insbesondere dann der Fall sein, wenn der ersuchende Staat nicht die erforderlichen Massnahmen trifft, um zu gewährleisten, dass die ersuchten Informationen tatsächlich geheim gehalten werden.

Absatz 4 hält fest, dass der ersuchte Staat auch Auskünfte ermitteln und austauschen muss, die er selbst nicht für eigene Steuerzwecke benötigt. Der Informationsaustausch beschränkt sich folglich nicht auf Informationen, die auch den Steuerbehörden des ersuchten Staates von Nutzen sind.

Absatz 5 enthält besondere Bestimmungen bezüglich Informationen, die von Banken oder anderen Intermediären gehalten
werden, sowie betreffend Eigentumsverhältnisse an Personen. Solche Informationen sind unabhängig von den Einschränkungen in Absatz 3 auszutauschen. So hat der ersuchte Staat die Auskünfte auch dann einzuholen und auszutauschen, wenn nach seinen Gesetzen oder seiner Verwaltungspraxis die begehrten Informationen nicht erhältlich wären. Entsprechend kann die Schweiz den Informationsaustausch nicht unter Hinweis auf das Bankgeheimnis verweigern.

In Fällen von Steuerbetrug besitzt die Schweiz aufgrund des strafrechtlichen Verfahrens im innerstaatlichen Recht die notwendigen Mittel zur Durchsetzung der Herausgabe der Informationen nach Absatz 5. Der Austausch dieser Informationen setzt jedoch gemäss der neuen Bestimmung des Protokollentwurfs keinen Steuerbetrug mehr voraus. Damit die Umsetzung der abkommensrechtlichen Verpflichtungen durch die Vertragsstaaten gewährleistet werden kann, wurde mit dem letzten Satz des Absatzes 5 die notwendige rechtliche Grundlage für die erforderlichen Verfahrensbefugnisse zur Erlangung der ersuchten Informationen geschaffen. Das anwendbare Verfahren ist vorerst durch die Verordnung vom 1. September 2010 über die Amtshilfe nach Doppelbesteuerungsabkommen (ADV; SR 672.204) geregelt. Diese ist am 1. Oktober 2010 in Kraft getreten. Diese soll jedoch durch ein Gesetz abgelöst werden, mit dessen Ausarbeitung begonnen wurde. Dieses Vorgehen wurde durch die 150

Bundesbeschlüsse vom 18. Juni 2010 zur Genehmigung zehn neuer oder revidierter Doppelbesteuerungsabkommen unterstützt und braucht, ausser bei Vorliegen eines speziellen Falls, nicht wiederholt zu werden.

Die Schweiz wird gemäss Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe c der ADV Kanada keine Amtshilfe leisten, wenn das Amtshilfegesuch auf illegal beschafften Daten beruht.

Das Auskunftsersuchen ist schriftlich zu stellen; einfache Telefonanfragen sind somit ausgeschlossen. Sie müssen den diesbezüglichen Vorschriften der OECD entsprechen, insbesondere dem Modul 1 des Manuals der OECD zur Umsetzung des Informationsaustauschs in Steuersachen, das den Informationsaustausch auf Anfrage betrifft.

Die Bestimmungen von Artikel 25 werden in einem Auslegungsprotokoll zum Abkommen weiter konkretisiert (Art. XII Ziff. 2 des Änderungsprotokolls). Das Auslegungsprotokoll hält den Grundsatz der Subsidiarität fest und schliesst «fishing expeditions» ausdrücklich aus (Ziff. 2 Bst. a und c). Die Vertragsstaaten sind demnach gehalten, ein Auskunftsersuchen erst dann zu stellen, wenn sie sämtliche in ihrem innerstaatlichen Steuerverfahrensrecht zumutbaren Mittel der Informationsermittlung ausgeschöpft haben. Sogenannte «fishing expeditions», das heisst Ermittlungen, die ohne präzises Ermittlungsobjekt in der Hoffnung vorgenommen werden, steuerlich relevante Informationen zu erhalten, sind ausdrücklich ausgeschlossen.

Weiter legt das Auslegungsprotokoll die Anforderungen an ein Informationsbegehren detailliert fest (Ziff. 2 Bst. b). Notwendig ist insbesondere eine eindeutige Identifikation der betroffenen steuerpflichtigen Person sowie der Person (z. B. einer Bank), in deren Besitz der ersuchende Staat die gewünschten Informationen vermutet. Der ersuchende Staat muss darlegen, welche Informationen er für welche Steuerperioden und zu welchen steuerlichen Zwecken benötigt. Daraus folgt, dass sich der Informationsaustausch auf konkrete Anfragen im Einzelfall beschränkt. Die Verpflichtung eines Vertragsstaats zum spontanen oder automatischen Informationsaustausch wird zudem ausdrücklich ausgeschlossen, ohne den Vertragsstaaten jedoch die Möglichkeit eines automatischen oder spontanen Informationsaustausches zu nehmen, wenn ihr innerstaatliches Recht dies vorsieht (Ziff. 2 Bst. d).

Ziffer 2 Buchstabe e hält schliesslich die Garantie
der Verfahrensrechte der Steuerpflichtigen fest. In der Schweiz kann die betroffene steuerpflichtige Person die Schlussverfügung der Eidgenössischen Steuerverwaltung zum Austausch von Informationen mittels Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht anfechten, das die Sache abschliessend beurteilt. Die Beschwerde hat Suspensivwirkung. Wurde Beschwerde erhoben, so kann der Auskunftsaustausch daher erst erfolgen, wenn diese rechtskräftig abgelehnt wurde. Dieses Verfahren darf den Informationsaustausch aber nicht in unzulässiger Weise behindern oder verzögern.

Art. XII des Änderungsprotokolls Ziffer 1 enthält eine Bestimmung, welche die Quellensteuerbefreiung auf Zinszahlungen zwischen nicht verbundenen Personen, wie durch die neue Bestimmung gemäss Artikel 11 Absatz 3 Buchstabe c vorgesehen, ausschliesst, wenn es sich bei dem zu zahlenden Zins entgegen seiner Bezeichnung nicht um einen Zins handelt, sondern beispielsweise um einen Miet- oder Pachtzins oder um eine Zahlung, die von einer Erfolgsgrösse des Schuldners, wie dem Gewinn, abhängt.

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Die Bestimmungen in Bezug auf den angepassten Artikel über den Informationsaustausch (Ziff. 2) wurden im Kommentar zu Artikel XI des Änderungsprotokolls vorgestellt.

Art. XIII des Änderungsprotokolls (Inkrafttreten und Anwendbarkeit) Das Änderungsprotokoll zwischen der Schweiz und Kanada tritt am Tag des Eingangs der letzten der beiden Notifikationen in Kraft, mit welchen die Beendigung des innerstaatlichen Genehmigungsverfahrens mitgeteilt wird.

Die Bestimmungen sind hinsichtlich der an der Quelle erhobenen Steuer auf Beträge anwendbar, die am oder nach dem 1. Januar des auf das Inkrafttreten des Änderungsprotokolls folgenden Jahrs gezahlt oder gutgeschrieben werden, und hinsichtlich der übrigen Steuern auf Steuerjahre, die am oder nach dem 1. Januar des auf das Inkrafttreten des Änderungsprotokolls folgenden Jahrs beginnen.

Die neuen Bestimmungen zum Informationsaustausch werden somit auf Steuerjahre anwendbar sein, die am oder nach dem 1. Januar des auf das Inkrafttreten des Änderungsprotokolls folgenden Jahrs beginnen. Die Bestimmungen über den Informationsaustausch sind ausschliesslich auf Informationen in Bezug auf die betreffende steuerpflichtige Person beziehungsweise auf deren Vermögensstand am oder nach diesem Datum anwendbar. Für die Vorjahre beschränkt sich der Informationsaustausch auf die Informationen, die der Durchführung des Abkommens dienen.

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Finanzielle Auswirkungen

Die Quellensteuerbefreiungen auf Dividenden an Vorsorgeeinrichtungen und an die Zentralbank sowie auf Zinsen unter nicht nahestehenden Personen haben grundsätzlich steuerliche Einbussen in Form von tieferen Einnahmen aus der schweizerischen Verrechnungssteuer zur Folge. Auf der anderen Seite dürften diese Quellensteuerbefreiungen eine Standortverbesserung darstellen und so zu zusätzlichen Steuereinnahmen führen. Ausserdem führen die Quellensteuerbefreiung auf Zinsen unter nicht nahestehenden Personen sowie die Quellensteuerbefreiung auf Lizenzgebühren im Zusammenhang mit Patenten oder der Mitteilung gewerblicher, kaufmännischer oder wissenschaftlicher Erfahrung, auch wenn die Lizenzgebühren von nahestehenden Personen gezahlt werden, dazu, dass die pauschalen Steueranrechnungen wegfallen, die die Schweiz auf solchen Einkünften aus kanadischen Quellen grundsätzlich gewähren und zahlen muss.

Die Einführung einer Schiedsgerichtsklausel wirkt sich nicht unmittelbar auf das schweizerische Steueraufkommen aus. Indessen dürfte der Umstand, dass ein Schiedsgerichtsverfahren verlangt werden kann, dazu beitragen, dass die Vertragsstaaten allfällige Aufrechnungen auf ein vernünftiges Mass begrenzen, was zum Schutz des schweizerischen Steueraufkommens beiträgt.

Die Verpflichtung zur Leistung von Amtshilfe auf Verlangen zur Durchführung des innerstaatlichen Rechts des ersuchenden Staates einerseits und der Zugang zu Bankinformationen auf Ersuchen zu Steuerzwecken andererseits könnten zwar in gewisser Weise als dem Standort Schweiz und indirekt den Steuereinnahmen der Schweiz abträglich betrachtet werden. Angesichts der internationalen Bestrebungen für einheitliche Rahmenbedingungen bei der Amtshilfe in allen Staaten («global level 152

playing field») und der Sicherstellung eines wirksamen Informationsaustauschs durch einen entsprechenden Kontrollmechanismus dürfte sich die neue Situation für die Schweiz aber insgesamt neutral auswirken.

Die Kantone und die interessierten Wirtschaftskreise haben das Änderungsprotokoll begrüsst. Insgesamt trägt es in positiver Weise zur Beibehaltung und zum Ausbau der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen bei und unterstützt damit die wesentlichen Ziele der schweizerischen Aussenhandelspolitik.

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Verfassungsmässigkeit

Verfassungsgrundlage für das Änderungsprotokoll ist Artikel 54 der Bundesverfassung (BV; SR 101), der die Zuständigkeit für auswärtige Angelegenheiten dem Bund zuweist. Die Bundesversammlung ist nach Artikel 166 Absatz 2 BV zuständig für die Genehmigung des Änderungsprotokolls. Das zur Genehmigung unterbreitete Änderungsprotokoll wird Bestandteil des Abkommens von 1997 sein. Dieses ist auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, kann aber jederzeit unter Einhaltung einer Frist von sechs Monaten auf das Ende eines Kalenderjahrs gekündigt werden. Es sieht keinen Beitritt zu einer internationalen Organisation vor. Dem fakultativen Staatsvertragsreferendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV unterstehen seit dem 1. August 2003 die Staatsverträge, die wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert. In Anlehnung an Artikel 22 Absatz 4 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 2002 (SR 171.10) gilt eine Bestimmung eines Staatsvertrags dann als rechtsetzend, wenn sie auf unmittelbar verbindliche und generell-abstrakte Weise Pflichten auferlegt, Rechte verleiht oder Zuständigkeiten festlegt. Um eine einheitliche Praxis bei der Anwendung von Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV zu gewährleisten und zu vermeiden, dass Abkommen von ähnlicher Tragweite wiederholt dem Referendum unterworfen werden, hat der Bundesrat in seiner Botschaft vom 19. September 2003 zum Doppelbesteuerungsabkommen mit Israel festgehalten, dass er dem Parlament Staatsverträge auch in Zukunft mit dem Vorschlag unterbreiten werde, diese dem fakultativen Staatsvertragsreferendum nicht zu unterstellen, sofern sie im Vergleich zu früher abgeschlossenen Abkommen keine wichtigen zusätzlichen Verpflichtungen für die Schweiz beinhalten.

Die neue Bestimmung zum Informationsaustausch gemäss dem Musterabkommen der OECD sieht eine erweiterte Amtshilfe vor. Zusammen mit der Aufnahme einer Schiedsgerichtsklausel sind zwei wichtige Neuerungen in der schweizerischen Abkommenspraxis im Bereich der Doppelbesteuerung verhandelt worden. Das revidierte Abkommen enthält damit wichtige Bestimmungen im Sinne von Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV. Der Bundesbeschluss über die Genehmigung eines Protokolls zur Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Kanada wird daher dem fakultativen Staatsvertragsreferendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV unterstellt.

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