11.035 Botschaft betreffend die Genehmigung und Umsetzung des UNO-Feuerwaffenprotokolls (Entwurf I) und die Änderung des Waffengesetzes (Entwurf II) vom 25. Mai 2011

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Wir unterbreiten Ihnen mit dieser Botschaft den Entwurf zur Genehmigung und Umsetzung des UNO-Feuerwaffenprotokolls (Entwurf I) und den Entwurf einer Änderung des Waffengesetzes (Entwurf II) und erbitten Ihre Zustimmung.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

25. Mai 2011

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Micheline Calmy-Rey Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2011-0071

4555

Übersicht Diese Revision betrifft die Genehmigung des UNO-Feuerwaffenprotokolls, die Ermächtigung des Bundesrates, den Beitritt der Schweiz zum Protokoll zu erklären und dessen Umsetzung in nationales Recht (Entwurf I). Die Revision betrifft des Weiteren die Umsetzung des UNO-Rückverfolgungsinstruments (Entwurf II).

Die Umsetzung erfordert eine einzige Änderung im Bundesgesetz über die militärischen Informationssysteme: die Verlängerung der Aufbewahrungsdauer für Daten zur Abgabe und Rücknahme der persönlichen Waffe. Zudem wird eine Änderung des Waffengesetzes unterbreitet, deren Notwendigkeit sich im Zuge der auf Verordnungsstufe erfolgten Umsetzung der Vorgaben von zwei SchengenWeiterentwicklungen ergeben hat, der FRONTEX- und der RABIT-Verordnung.

Die UNO-Generalversammlung hat am 15. November 2000 das Übereinkommen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität (Übereinkommen) sowie zwei bereichsspezifische Zusatzprotokolle gegen den Menschenhandel und gegen die Menschenschleusung verabschiedet. Für die Schweiz traten diese dreissig Tage nach der Ratifikation am 26. November 2006 in Kraft.

Ein drittes Zusatzprotokoll, das «Zusatzprotokoll gegen die unerlaubte Herstellung von Feuerwaffen, deren Teilen, Komponenten und Munition sowie gegen den unerlaubten Handel damit» (UNO-Feuerwaffenprotokoll), wurde am 31. Mai 2001 von der UNO-Generalversammlung beschlossen. Das UNO-Feuerwaffenprotokoll fügt sich in die Struktur des Übereinkommens sowie der bisherigen Protokolle ein. Es nimmt die Ziele des Übereinkommens auf und setzt sie für den Bereich der unrechtmässigen Waffenherstellung und des unrechtmässigen Waffenhandels um. Zusammen mit dem Übereinkommen will es in den Vertragsstaaten über die Festlegung von Mindeststandards eine gewisse Harmonisierung der einzelstaatlichen Rechtsordnungen schaffen und so ein effizientes Vorgehen im Kampf gegen illegale Waffenherstellung und -handel ermöglichen. Vertragsstaaten des UNO-Feuerwaffenprotokolls sind aktuell 79 Staaten. Von den Mitgliedstaaten der EU haben Belgien, Bulgarien, Estland, Italien, Litauen, Polen, die Slowakei, Slowenien und Zypern das Protokoll ratifiziert, Lettland, die Niederlande, Rumänien und Spanien sind ihm beigetreten.

Das UNO-Feuerwaffenprotokoll bezweckt die umfassende Bekämpfung der unerlaubten Herstellung und des
unerlaubten Handels von Feuerwaffen, dazugehörigen Teilen und Komponenten sowie Munition. Der besseren Prävention dient die individuelle Markierung von Feuerwaffen und deren Registrierung und soweit sinnvoll die Registrierung von dazugehörigen Teilen und Komponenten sowie Munition. Auch zuverlässige Ausfuhr-, Einfuhr- und Durchfuhrkontrollmassnahmen, verstärkte Zusammenarbeit sowie der Informationsaustausch unter den teilnehmenden Staaten auf bilateraler, regionaler und internationaler Ebene dienen präventiven Zwecken.

Verschärfte Strafbestimmungen sowie die Einziehung und in der Regel Vernichtung illegal zirkulierender Feuerwaffen, dazugehöriger Teile und Komponenten sowie von illegal zirkulierender Munition sollen repressiv Verbesserungen bringen.

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Die zweite internationale Vorgabe, das UNO-Rückverfolgungsinstrument (auch «Marking-und-Tracing-Instrument» oder «Internationales Tracing-Instrument» genannt), ergänzt das UNO-Feuerwaffenprotokoll in den Teilbereichen Markierung, Registrierung und grenzüberschreitende Zusammenarbeit und führt es weiter aus.

Es handelt sich dabei um ein von der UNO-Generalversammlung verabschiedetes Instrument, das rechtlich nicht bindend ist, sondern die UNO-Mitgliedstaaten lediglich politisch verpflichtet.

Die mit dem Übereinkommen und dem UNO-Feuerwaffenprotokoll verfolgten Ziele decken sich mit den Interessen und der deklarierten Haltung der Schweiz. Die Schweiz beteiligte sich aktiv an der Ausarbeitung des Protokolltextes.

Die geltende schweizerische Rechtsordnung erfüllt die Anforderungen des UNOFeuerwaffenprotokolls bereits weitgehend. Im Waffengesetz (Entwurf I) ist zu präzisieren, dass die Zentralstelle Waffen des Bundesamts für Polizei (fedpol) zuständig ist für die Bearbeitung von ausländischen Ersuchen um Rückverfolgung, von entsprechenden Ersuchen an das Ausland; auch ist die rechtliche Grundlage für eine Datenbank, in der Markierungen gespeichert werden, zu schaffen. Zudem ist eine Bestimmung aufzunehmen, die das unberechtigte Entfernen, Unkenntlichmachen, Abändern oder Ergänzen von nach Artikel 18a vorgeschriebenen Markierungen von Feuerwaffen, deren wesentlichen Waffenbestandteilen oder von Waffenzubehör unter Strafe stellt. Zu den Bestimmungen zum Bewilligungswesen für die Verbringung in schweizerisches Staatsgebiet, die Durchfuhr und die Ausfuhr ist vorgesehen, anlässlich des Beitritts Vorbehalte anzubringen, da die Vorgaben mit dem geltenden schweizerischen Bewilligungsregime nicht vereinbar sind. Übrige Anpassungen, insbesondere die Markierungspflicht, welche die Identifizierung des Staates erlaubt, in welchen die Feuerwaffen verbracht werden, können auf Verordnungsstufe vorgenommen werden.

Die einzige erforderliche Gesetzesänderung zur Umsetzung des UNO-Rückverfolgungsinstruments ist Gegenstand der Entwurf II. Das Bundesgesetz vom 3. Oktober 2008 über die militärischen Informationssysteme (MIG; SR 510.91) wird um eine Bestimmung ergänzt, wonach Daten über die Abgabe und Rücknahme der persönlichen Waffe nach der Entlassung Militärdienstpflichtiger künftig während zwanzig Jahren aufbewahrt
werden. Die Aufbewahrung dieser Daten ist bereits in diesem Bundesgesetz geregelt; die Daten unterliegen indessen einer subsidiären Aufbewahrungsfrist von lediglich fünf Jahren. Weitere notwendige Anpassungen zur Umsetzung des UNO-Rückverfolgungsinstruments können im Ausführungsrecht vorgenommen werden.

Der Entwurf II beinhaltet weitere notwendige Gesetzesanpassungen, die sich unabhängig vom UNO-Feuerwaffenprotokoll und UNO-Rückverfolgungsinstrument aufdrängen.

Mit dem Entwurf II wird eine Änderung des Waffengesetzes unterbreitet, deren Notwendigkeit sich im Zuge der auf Verordnungsstufe erfolgten Umsetzung von zwei Schengen-Weiterentwicklungen ergeben hat, der FRONTEX- und der RABITVerordnung. So sollen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausländischer Grenzschutzbehörden, die zusammen mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern schweizeri-

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scher Grenzschutzbehörden bei operativen Einsätzen an den Aussengrenzen des Schengen-Raums in der Schweiz mitwirken, nun auch im Waffengesetz ausdrücklich von der Bewilligungspflicht für das Verbringen von Feuerwaffen und Munition in schweizerisches Staatsgebiet und von der Bewilligungspflicht für das Tragen von Feuerwaffen befreit werden.

Die Gelegenheit wird genutzt, um weitere Anpassungen vorzunehmen, die sich im Zuge der täglichen Arbeit mit gewissen Datenbanken als notwendig erwiesen haben.

Im Entwurf II wird ein Redaktionsfehler korrigiert, der sich im französischsprachigen Text bei der Umsetzung des Schengen-Besitzstandes eingeschlichen hat.

4558

Inhaltsverzeichnis Übersicht

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1 Grundzüge der Vorlagen 1.1 Parlamentarische Vorstösse und Arbeiten der interdepartementalen Arbeitsgruppe «IDAG SALW Umsetzung» 1.2 Überblick über den Inhalt der Vorlagen 1.3 Vernehmlassungsverfahren

4561

2 UNO-Feuerwaffenprotokoll 2.1 Grundzüge des Protokolls 2.1.1 Ausgangslage 2.1.2 Verlauf und Ergebnis der Verhandlungen 2.1.3 Umsetzung des UNO-Feuerwaffenprotokolls in der EGWaffenrichtlinie 2.1.4 Überblick über den Inhalt des Protokolls 2.2 Würdigung 2.3 Kommentare zu den Artikeln des UNO-Feuerwaffenprotokolls 2.4 Vorbehalte und Erklärungen

4564 4564 4564 4565

3 UNO-Rückverfolgungsinstrument 3.1 Grundzüge des Instruments 3.1.1 Ausgangslage 3.1.2 Überblick über den Inhalt des Instruments 3.2 Würdigung 3.3 Kommentar zur den Artikeln des UNO-Rückverfolgungsinstruments 3.4 Keine Vorbehalte oder Erklärungen

4577 4577 4577 4577 4579 4580 4583

4 Weitere notwendige Gesetzesanpassungen, die sich unabhängig vom UNO-Feuerwaffenprotokoll und UNO-Rückverfolgungsinstrument aufdrängen

4583

5 Verhältnis zum geltenden Recht und für die Umsetzung erforderliche Gesetzesanpassungen 5.1 Verhältnis insbesondere zu den Bestimmungen des Waffen-, Kriegsmaterial- und Güterkontrollgesetzes 5.1.1 Begriffsbestimmungen 5.1.2 Geltungsbereich 5.1.3 Markierung 5.1.4 Registrierung 5.1.5 Genehmigung für Aus-, Ein- und Durchfuhr 5.1.6 Einziehung, Beschlagnahme und Beseitigung 5.1.7 Strafbestimmungen 5.1.8 Informationsaustausch und Zusammenarbeit bei der Rückverfolgung 5.2 Die beantragte Neuregelung 5.2.1 Entwurf I 5.2.2 Entwurf II

4561 4562 4563

4566 4566 4567 4568 4574

4584 4584 4585 4589 4590 4593 4597 4600 4601 4603 4605 4605 4606 4559

5.3 Ausführungsrecht und Umsetzung 5.4 Kommentar zu den einzelnen Artikeln 5.4.1 Entwurf I 5.4.2 Entwurf II

4607 4607 4607 4609

6 Auswirkungen 6.1 Auswirkungen auf den Bund 6.1.1 Finanzielle Auswirkungen 6.1.2 Personelle Auswirkungen 6.1.3 Auswirkungen auf die Informatik 6.1.4 Auswirkungen auf die Sicherheits- und Polizeiorgane der öffentlichen Hand 6.2 Auswirkungen auf die Kantone 6.3 Volkswirtschaftliche Auswirkungen 6.4 Auswirkungen auf das Gewerbe und Privatpersonen

4611 4611 4611 4612 4613

7 Legislaturplanung

4615

8 Rechtliche Aspekte 8.1 Verhältnis zum europäischen Recht 8.2 Verfassungsmässigkeit 8.3 Erlassform

4615 4615 4616 4617

Bundesbeschluss über die Genehmigung und Umsetzung des UNO-Feuerwaffenprotokolls (Entwurf I)

4619

Zusatzprotokoll gegen die unerlaubte Herstellung von Schusswaffen, dazugehörigen Teilen und Komponenten und Munition und gegen den unerlaubten Handel damit zum Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität

4623

Bundesgesetz über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffengesetz, WG) (Entwurf II)

4639

4560

4613 4613 4613 4614

Botschaft 1

Grundzüge der Vorlagen

1.1

Parlamentarische Vorstösse und Arbeiten der interdepartementalen Arbeitsgruppe «IDAG SALW Umsetzung»

In seiner Motion vom 16. Dezember 2004 (04.3735)1 forderte Herr Nationalrat Boris Banga die Einleitung der Ratifikation des «Europäischen Übereinkommens über die Kontrolle des Erwerbes und des Besitzes von Feuerwaffen durch Privatpersonen» des Europarates (Schusswaffenübereinkommen des Europarates) und des «Zusatzprotokolls gegen die unerlaubte Herstellung von Feuerwaffen, deren Teilen, Komponenten und Munition sowie gegen den unerlaubten Handel damit zum Übereinkommen der Vereinten Nationen2 gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität» (UNO-Feuerwaffenprotokoll)3. Der Bundesrat antwortete am 11. März 2005, ungeachtet des grossen Engagements der Schweiz in diesen Sachbereichen seien vor einem solchen Schritt weitere Abklärungen nötig. Der Vorstoss wurde am 6. Dezember 2007 wegen Ausscheidens des Urhebers aus dem Rat abgeschrieben.

In Beantwortung der Interpellation Banga vom 14. Dezember 2005 (05.3803)4, die auf die vorerwähnte Motion Bezug nahm, kündigte der Bundesrat am 1. März 2006 an, er werde eine interdepartementale Arbeitsgruppe beauftragen, Fragen der Umsetzung des «Internationalen Instruments zur raschen und verlässlichen Identifizierung und Rückverfolgung illegaler Kleinwaffen und leichter Waffen» der UNO (UNO-Rückverfolgungsinstrument)5 sowie hinsichtlich der Ratifikation des UNOFeuerwaffenprotokolls sowie des Schusswaffenübereinkommens des Europarates durch die Schweiz zu prüfen und Vorschläge zum weiteren Vorgehen auszuarbeiten.

Die Arbeitsgruppe «IDAG SALW Umsetzung»6 legte im Dezember 2007 ihren Bericht vor und empfahl darin die Umsetzung des UNO-Feuerwaffenprotokolls. Der Bundesrat nahm an seiner Sitzung vom 27. Februar 2008 vom Bericht Kenntnis. Er beschloss, die Verpflichtungen aus dem UNO-Rückverfolgungsinstrument ins schweizerische Recht umzusetzen. Über die Umsetzung des UNO-Feuerwaffenprotokolls werde er erst zu einem späteren Zeitpunkt entscheiden.7

1

2 3 4 5 6

7

04.3735; Internationale Mindestregeln gegen den Waffenmissbrauch durch Private.

Ratifikation des Feuerwaffenübereinkommens des Europarates und des Protokolls der UNO.

SR 0.311.54 Resolution A/RES/55/255 vom 31. Mai 2001, verabschiedet an der 55. Tagung der UNO Generalversammlung.

05.3803; Kleinwaffen und leichte Waffen. Umsetzungsschritte.

Auch als «Thalmann-Instrument» bekannt. Siehe Bericht A/60/88 der Arbeitsgruppe Thalmann. Mit dem UNO-Rückverfolgungsinstrument als Anhang.

Ein Ausschuss der bereits bestehenden «interdepartementalen Arbeitsgruppe Kleinwaffen» bzw. «IDAG SALW» («small arms and light weapons», SALW). Sie stand unter Leitung des SECO. Vertreten darin waren fedpol, das EDA, das EFD und VBS.

Medienmitteilung des SECO vom 27. Februar 2008.

4561

Die Motion Allemann (07.3888)8, nahm auf die Antwort zur Interpellation Banga (05.3803) Bezug und beauftragte den Bundesrat, den Räten die erforderlichen rechtlichen Anpassungen zu unterbreiten. In seiner Antwort vom 14. März 2008 hat der Bundesrat festgehalten, auf die Unterzeichnung und Ratifizierung des Schusswaffenübereinkommens des Europarates solle aufgrund der mangelnden Aktualität und der wenigen Teilnehmerstaaten verzichtet werden. Der Bundesrat begrüsste zwar die Stossrichtung der Motion, beantragte jedoch deren Ablehnung. Der Nationalrat lehnte die Motion am 7. September 2009 antragsgemäss ab.

Am 30. Mai 2008 wurden die Mitglieder des Arbeitsausschusses Waffen und Munition9 im Rahmen einer Anhörung gebeten, sich zur Umsetzung des UNO-Feuerwaffenprotokolls zu äussern, insbesondere zu den erwartenden Auswirkungen und Kosten. Ihre Rückmeldungen waren überwiegend positiv. Die Stossrichtung der Vorlage wurde begrüsst, auch da die Inhalte bereits im Rahmen der Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands weitgehend übernommen würden10. Die Erweiterung der Strafbestimmungen bezüglich der Markierungspflichten wurde befürwortet.

Die Vollzugsbehörden befürchteten indes zusätzliche finanzielle und personelle Lasten aufgrund der Bearbeitung von Rückverfolgungsersuchen. Weil das UNOFeuerwaffenprotokoll nicht flächendeckend unterzeichnet und ratifiziert sei, wurde teilweise am Erfolg der Rückverfolgungen gezweifelt. Nachdem die Vollzugsbehörden den Beitritt befürworteten, war der Bundesrat gewillt, auch das UNO-Feuerwaffenprotokoll umzusetzen11.

1.2

Überblick über den Inhalt der Vorlagen

Die Botschaft betrifft zwei Vorlagen: Entwurf I Beim Entwurf I geht es um die Genehmigung des UNO-Feuerwaffenprotokolls, die Ermächtigung des Bundesrates, den Beitritt der Schweiz zum Protokoll zu erklären und dessen Umsetzung in nationales Recht. Der Entwurf I unterliegt dem fakultativen Staatsvertragsreferendum.

Das UNO-Rückverfolgungsinstrument baut inhaltlich auf dem UNO-Feuerwaffenprotokoll auf und ergänzt es in den Bereichen Markierung, Registrierung und Zusammenarbeit. Die im Entwurf I vorgesehenen Änderungen des Bundesgesetzes vom 20. Juni 1997 über Waffen, Waffenzubehör und Munition (WG)12 genügen bereits teilweise den Anforderungen des UNO-Rückverfolgungsinstruments.

Entwurf II Im Entwurf II wird das Bundesgesetz vom 3. Oktober 200813 über die militärischen Informationssysteme (MIG) um eine Bestimmung ergänzt, die sich im Zuge der 8 9 10 11 12 13

07.3888; Ratifikation des UNO-Feuerwaffenprotokolls und Umsetzung des ThalmannInstruments, eingereicht am 21. Dezember 2007.

Im Arbeitsausschuss Waffen und Munition sind die Kantone und der Bund vertreten.

S. dazu unten, Ziffer 2.1.3.

Antwort auf die Frage Allemann zum Beitritt zum UNO-Feuerwaffenprotokoll in der Fragestunde vom 29. September 2008; Geschäftsnummer 08.5353.

SR 514.54 SR 510.91

4562

Umsetzung des UNO-Rückverfolgungsinstruments aufdrängt: Daten über die Abgabe und Rücknahme der persönlichen Waffe nach der Entlassung Militärdienstpflichtiger werden künftig während zwanzig Jahren aufbewahrt. Die Aufbewahrung dieser Daten ist nach geltendem Recht bereits in diesem Bundesgesetz geregelt, wo die Daten einer subsidiären Aufbewahrungsdauer von lediglich fünf Jahren unterliegen.

Die Umsetzung des UNO-Rückverfolgungsinstruments kann auf Verordnungsebene erfolgen. Die Vorlage II unterliegt dem fakultativen Referendum.

Der Entwurf II enthält weitere gesetzliche Anpassungen; diese sind unabhängig vom UNO-Feuerwaffenprotokoll und vom UNO-Rückverfolgungsinstrument (siehe Ziff. 5.1.9). Deren Notwendigkeit zeigte sich im Zuge von zwei auf Verordnungsstufe umgesetzten Schengen-Weiterentwicklungen, der FRONTEX- und der RABIT-Verordnung.

Im Entwurf II wird ausserdem ein Redaktionsfehler korrigiert, der sich im französischsprachigen Text bei der Umsetzung des Schengen-Besitzstandes eingeschlichen hat.

Verhältnis von Entwurf I zu Entwurf II Beim UNO-Rückverfolgungsinstrument handelt es sich um eine politische, völkerrechtlich aber nicht verbindliche Aufforderung zur Regulierung. Die Schweiz ist mit der Annahme des UNO-Rückverfolgungsinstruments durch die UNO-Generalversammlung als UNO-Mitgliedsstaat politisch (nicht aber rechtlich) gebunden, die Bestimmungen in nationales Recht autonom zu übernehmen. Sofern nicht bereits vorhanden, muss die Schweiz die notwendigen Gesetze und Verordnungen erlassen und Verwaltungsverfahren schaffen, um die erfolgreiche Umsetzung des UNORückverfolgungsinstruments sicherzustellen (Ziff. 24 des UNO-Rückverfolgungssystems).

Das UNO-Rückverfolgungsinstrument kann unabhängig vom UNO-Feuerwaffenprotokoll umgesetzt werden, die Umsetzung wäre aber angesichts des engen Sachzusammenhangs dieser internationalen Instrumente schwieriger, wenn der Beitritt zum UNO-Feuerwaffenprotokoll nicht gutgeheissen würde. Das UNO-Rückverfolgungsinstrument würde die Anpassung des MIG erforderlich machen und liesse sich ansonsten auf Verordnungsstufe umsetzen.

Die Gelegenheit wird genutzt, um weitere Anpassungen vorzunehmen, die sich im Zuge der täglichen Arbeit mit gewissen Datenbanken als notwendig erwiesen haben.

1.3

Vernehmlassungsverfahren

Am 12. Mai 2010 eröffnete der Bundesrat das Vernehmlassungsverfahren über die Genehmigung und Umsetzung des UNO-Feuerwaffenprotokolls (Entwurf I) und über die Anpassung des Waffengesetzes (Entwurf II). Bis zum Ablauf der Vernehmlassungsfrist am 2. September 2010 erhielt das EJPD 42 Stellungnahmen.

Alle Kantone, politischen Parteien ­ mit Ausnahme der SVP, die sich grundsätzlich gegen eine weitere Revision des Waffengesetzes ausspricht ­ und die überwiegende Mehrheit der interessierten Kreise sind einverstanden mit den Hauptpunkten der beiden Entwürfe, und die meisten begrüssen sie.

4563

In den Stellungnahmen werden jeweils unterschiedliche Punkte angesprochen.

Einzig die zu erwartende Zunahme an Rückverfolgungsersuchen, die die Kantone zu bearbeiten haben, wurde in mehreren Stellungnahmen zur Sprache gebracht: Die Stellungnehmenden erachten den Mehraufwand als gering; er lasse sich bewältigen, ohne dass zusätzliche Stellen geschaffen werden müssen. Die Auswirkung auf die Kantone wird unter Ziffer 6.2 erläutert. Spezifische Fragen, die in den Stellungnahmen aufgeworfen worden sind, werden gesondert behandelt.

2

UNO-Feuerwaffenprotokoll

2.1

Grundzüge des Protokolls

2.1.1

Ausgangslage

Die UNO-Generalversammlung hat am 15. November 2000 das Übereinkommen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität14 (im Folgenden: Übereinkommen) sowie zwei Zusatzprotokolle verabschiedet: eines zur Verhütung, Bekämpfung und Bestrafung des Menschenhandels, insbesondere des Frauen- und Kinderhandels (im Folgenden: Protokoll Menschenhandel)15, das andere gegen die Schleusung von Migranten auf dem Land-, See- und Luftweg (im Folgenden: Protokoll Menschenschleusung)16. Ein drittes Protokoll, das UNO-Feuerwaffenprotokoll, wurde am 31. Mai 2001 verabschiedet. Genehmigung und Beitritt zu Letzterem sowie dessen Umsetzung sind Gegenstand der Vorlage I.

Das Übereinkommen ist am 29. September 2003, die drei Zusatzprotokolle sind für die beteiligten Staaten am 25. Dezember 2003 (Menschenhandel), am 28. Januar 2004 (Menschenschleusung) und am 3. Juli 2005 (Feuerwaffen) in Kraft getreten.

Bis zum 20. Oktober 2009 wurde das Übereinkommen von 147 Staaten unterzeichnet und von 150 Staaten ratifiziert.

Für die Schweiz traten das Übereinkommen und die beiden Protokolle Menschenhandel und Menschenschleusung am 26. November 2006 in Kraft, dreissig Tage nach Hinterlegung der schweizerischen Ratifikationsurkunden.

Das Übereinkommen samt seinen Protokollen will mit der Schaffung eines nationalen Mindeststandards von Vorschriften und Massnahmen den Mitgliedstaaten ein effizientes Vorgehen im Kampf gegen das organisierte Verbrechen ermöglichen. Es strebt mithin eine gewisse Harmonisierung der einzelstaatlichen Rechtsordnungen an. Als wichtige Weiterentwicklung des internationalen Strafrechts bildet es eine Basis für gemeinsame internationale Massnahmen gegen das organisierte Verbrechen. Es gab bis zu dessen Schaffung kein Instrument mit weltweiter Geltung, das alle Massnahmen der Prävention und Bekämpfung der grenzüberschreitenden organisierten Kriminalität in einem Erlass abdeckte.

Die verfolgten Ziele deckten sich mit den Interessen der Schweiz. Die Schweizer Delegation nahm aktiv an der Ausarbeitung des Übereinkommens und der drei Zusatzprotokolle teil. Sie unterbreitete verschiedene Vorschläge und setzte sich für eine weit reichende Strafbarkeit krimineller Organisationen und der Geldwäscherei 14 15 16

SR 0.311.54 SR 0.311.542 SR 0.311.541

4564

sowie im Rahmen aller drei Zusatzprotokolle für eine intensive Zusammenarbeit unter den Vertragsstaaten ein.

Artikel 37 des Übereinkommens regelt das Verhältnis des Übereinkommens zu den Protokollen. Demnach muss ein Staat oder eine Organisation der regionalen Wirtschaftsintegration bereits Vertragspartei des Übereinkommens sein, um Vertragspartei eines (ergänzenden) Protokolls werden zu können. Die Protokolle sind zusammen mit dem Übereinkommen und unter Berücksichtigung des Zwecks eines Protokolls auszulegen.

2.1.2

Verlauf und Ergebnis der Verhandlungen

Die Schweiz hat sich an den Vorbereitungsarbeiten zum Übereinkommen und den Protokollen aktiv beteiligt, hat Stellung genommen zum Begriff des unerlaubten Handels sowie zu den Begriffen «Teile und Komponenten» von Feuerwaffen und hat sich zum Informationsaustausch und zu Fragen der Vertraulichkeit geäussert. Sie brachte einen Vorschlag ein zur Frage der Registrierung oder Genehmigung von Waffenhändlern (was nicht beschlossen wurde). Sie arbeitete darauf hin, die Registrierungs- bzw. Buchführungspflichten sowie die Markierungspflichten nicht zu überladen. Bei Letzteren setzte sie sich für die internationale Kompatibilität der Regelung ein.17 Das dritte Zusatzprotokoll, das UNO-Feuerwaffenprotokoll, fügt sich in die Struktur des Übereinkommens sowie der bisherigen Protokolle ein. Es nimmt die hinter dem Übereinkommen stehende Idee auf und setzt sie zur Verhinderung des illegalen Waffenhandels um. Das Protokoll wurde am 31. Mai 2001 von der UNO-Generalversammlung verabschiedet und 30 Tage später zur Unterzeichnung aufgelegt.

Das UNO-Feuerwaffenprotokoll wurde von 51 Staaten und der Europäischen Gemeinschaft unterzeichnet. Per Ende Oktober 2009 haben 30 Staaten das Protokoll ratifiziert, 48 Staaten sind ihm beigetreten und ein Land wurde durch Nachfolgeerklärung Vertragsstaat. Der Geltungsbereich des UNO-Feuerwaffenprotokolls umfasst folglich aktuell 79 Staaten. Von den Mitgliedstaaten der EU haben Belgien, Bulgarien, Estland, Italien, Litauen, Polen, die Slowakei, Slowenien und Zypern das Protokoll ratifiziert, Lettland, die Niederlande, Rumänien und Spanien sind ihm beigetreten. Von den ständigen Mitgliedern des UNO-Sicherheitsrates haben nur das Vereinigte Königreich und China das Protokoll unterzeichnet, ratifiziert wurde es bisher noch von keinem dieser beiden Länder.

Die Unterzeichnung des Dokuments war bis zum 12. Dezember 2002 möglich. Seit diesem Zeitpunkt steht das Dokument zum Beitritt offen. Die Schweiz hat das Protokoll nicht unterzeichnet. Sie kann deshalb nicht durch Ratifikation, sondern nur durch Beitritt Vertragsstaat werden.

17

Bericht der UNO zu den Vorbereitungsarbeiten zum Übereinkommen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität und den Protokollen dazu; abrufbar unter folgender Internetadresse der UNO: http://www.unodc.org/unodc/en/treaties/CTOC/travaux-preparatoires.html.

4565

2.1.3

Umsetzung des UNO-Feuerwaffenprotokolls in der EG-Waffenrichtlinie

Am 16. Januar 2002 hat die Europäische Kommission im Namen der EG das UNOFeuerwaffenprotokoll unterzeichnet.

Der Beitritt der EG zum UNO-Feuerwaffenprotokoll machte Änderungen der EG-Waffenrichtlinie erforderlich18. Nach Beratungen in den Jahren 2006­2008 verabschiedeten am 21. Mai 2008 das Europäische Parlament und der Rat die (Änderungs-)Richtlinie 2008/51/EG19. Diese übernimmt viele, aber nicht alle Vorgaben des UNO-Feuerwaffenprotokolls. Sie wurde der Schweiz am 30. Mai 2008 als 56. Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands seit der Unterzeichnung des Schengen-Assoziierungsabkommen (SAA)20 notifiziert. Im Rahmen des SAA hat sich die Schweiz verpflichtet, den weiter entwickelten Besitzstand grundsätzlich zu übernehmen (Art. 2 Abs. 3 und 7 SAA). Sie hat ab Notifikation des Rechtsaktes durch die EU in der Regel zwei Jahre Zeit, diese Weiterentwicklung im nationalen Recht umzusetzen21.

Am 13. Mai 2009 hat der Bundesrat die Botschaft zum Bundesbeschluss über die Genehmigung und die Umsetzung des Notenaustauschs zwischen der Schweiz und der EG betreffend die Übernahme der Richtlinie 2008/51/EG zur Änderung der Waffenrichtlinie gutgeheissen (Geschäft 09.044). Die Änderungen sind am 28. Juli 2010 in Kraft getreten22.

2.1.4

Überblick über den Inhalt des Protokolls

Ziel des UNO-Feuerwaffenprotokolls ist die umfassende Verhütung, Bekämpfung und Beseitigung der unerlaubten Herstellung und des unerlaubten Handels von Feuerwaffen, dazugehörigen Teilen und Komponenten sowie Munition. Als präventive Mittel dienen die individuelle Markierung von Feuerwaffen, die Registrierung von Feuerwaffen, und, soweit sinnvoll, die Registrierung von dazugehörigen Teilen und Komponenten sowie Munition. Weitere Ziele sind zuverlässige Ausfuhr-, Einfuhr- und Durchfuhrkontrollmassnahmen und die verstärkte Zusammenarbeit sowie der Informationsaustausch unter den teilnehmenden Staaten auf bilateraler, regionaler und internationaler Ebene. Repressiv sollen verschärfte Strafbestimmungen, die Einziehung und in der Regel Vernichtung illegal zirkulierender Feuerwaffen, dazugehöriger Teile und Komponenten sowie Munition Verbesserungen bringen.

18 19

20

21 22

Richtlinie 91/477/EWG des Rates vom 18. Juni 1991 über die Kontrolle des Erwerbs und des Besitzes von Waffen, ABl. L 256 vom 13.9.1991, S. 51.

Richtlinie 2008/51/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 zur Änderung der Richtlinie 91/477/EWG des Rates über die Kontrolle des Erwerbs und des Besitzes von Waffen (ABl. L 179 vom 8.7.2008, S. 5).

Abkommen vom 26. Oktober 2004 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, der Europäischen Union und der Europäischen Gemeinschaft über die Assoziierung dieses Staates bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands (SR 0.362.31).

Laut Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie 2008/51/EG musste die Schweiz die Weiterentwicklung spätestens am 28. Juli 2010 in nationales Recht umgesetzt haben.

BBl 2009 8817, AS 2010 2823 und 2899

4566

Das UNO-Feuerwaffenprotokoll ist, mit Ausnahme der Kennzeichnung, nicht nur auf Feuerwaffen, sondern auch auf deren Teile und Komponenten, Munition und Munitionsbestandteile anwendbar. Vorschriften zur Registrierung sind auf Teile und Komponenten von Feuerwaffen, Munition und Munitionsbestandteile nur anzuwenden, sofern dies «zweckmässig und durchführbar» ist.

Keine Anwendung findet das Protokoll auf Transaktionen zwischen Staaten oder auf staatliche Transfers in Fällen, in denen das Recht eines Vertragsstaates berührt würde, im Interesse der nationalen Sicherheit und im Einklang mit der Charta der UNO Massnahmen zu ergreifen (Art. 4).

2.2

Würdigung

Die Schweiz hat das Übereinkommen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität23 sowie die zwei Zusatzprotokolle gegen Menschenhandel und Menschenschleusung ratifiziert. Die Schweizer Delegation nahm aktiv an der Ausarbeitung des Übereinkommens und der drei Zusatzprotokolle teil. Der Beitritt auch zum dritten Protokoll würde sich aussenpolitisch mit der bisherigen Haltung der Schweiz im Bereich der Bekämpfung der grenzüberschreitenden organisierten Kriminalität decken.

In der Schweiz sind einige Waffenhersteller und -exporteure ansässig. Die Verhinderung der illegalen Verbreitung von Feuerwaffen liegt nicht zuletzt deswegen im Interesse der Schweiz. Vorteile der Übernahme auch des dritten Zusatzprotokolls wären die weitere Stärkung des grenzüberschreitenden Informationsaustauschs und der internationalen Zusammenarbeit, mithin die noch stärkere Einbindung der Schweiz in das Netz der Staaten, die den illegalen Waffenhandel bekämpfen wollen.

Die schweizerische Gesetzgebung wäre beim Beitritt zum UNO-Feuerwaffenprotokoll in den Bereichen Importmarkierung, Aufbewahrungsdauer von Unterlagen, Zusammenarbeit mit Transitstaaten sowie bei den Strafbestimmungen und allgemein der internationalen Zusammenarbeit betroffen. Das mit der Übernahme der EG-Waffenrichtlinie eingeführte Begleitscheinverfahren mit den Staaten, die durch eines der Schengen-(Assoziierungs-)abkommen gebunden sind (SchengenStaaten)24 weist bereits in die Richtung der vermehrten grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, betrifft allerdings nur vergleichsweise wenige Staaten. Im Zusammenhang mit vorschriftswidrigen Markierungen müssten Bestimmungen zur Strafbarkeit ergänzt werden. Von den Umsetzungsmassnahmen wären Gewerbe (Markierung, Informationsbeschaffung als Grundlage beispielsweise für den zwischenstaatlichen Informationsaustausch) und staatliche Stellen (Informationsbeschaffung und -austausch) betroffen.

Die neu zu übernehmenden Bestimmungen erscheinen nicht übermässig einschränkend. Im Hinblick auf das Mitwirken der Schweiz an der wirkungsvollen internationalen Bekämpfung der unerlaubten Herstellung und des unerlaubten Handels mit Feuerwaffen sowie zur Erhaltung der Glaubwürdigkeit und Kohärenz der schweizerischen Aussenpolitik in diesem Bereich ist ein Beitritt zum UNO-Feuerwaffenprotokoll wünschenswert. Auch die Vollzugsbehörden haben sich anlässlich der 23 24

SR 0.311.54 Die 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie Island, Norwegen, Schweiz, Fürstentum Liechtenstein (Beitrittsdatum offen).

4567

Anhörung vor dem Arbeitsausschuss Waffen und Munition zum weiteren Vorgehen entsprechend positiv geäussert.

2.3

Kommentare zu den Artikeln des UNOFeuerwaffenprotokolls

Nachfolgend werden die Artikel des UNO-Feuerwaffenprotokolls kommentiert, welche die Anpassungen nach der Vorlage I vorgeben. Ihr Verhältnis zum geltenden Recht wird in Ziffer 5 dargelegt.

Art. 1

Verhältnis zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität

Das UNO-Feuerwaffenprotokoll ergänzt das Übereinkommen und ist zusammen mit diesem auszulegen (Art. 37 Abs. 1 und 4 des Übereinkommens, Art. 1 UNO-Feuerwaffenprotokoll). Die Bestimmungen des Übereinkommens werden auf das UNOFeuerwaffenprotokoll sinngemäss angewendet, vorbehältlich besonderer Bestimmungen im Letzteren. Dies bedeutet beispielsweise, dass im Zusammenhang mit den Strafbestimmungen des UNO-Feuerwaffenprotokolls die Bestimmungen des Übereinkommens zur Rechtshilfe und Auslieferung anwendbar sind.

Art. 2

Zweck

Das Übereinkommen hat die Verhinderung und Bekämpfung der grenzüberschreitenden und organisierten Kriminalität zum Ziel und wird vom UNO-Feuerwaffenprotokoll ergänzt. Zweck des UNO-Feuerwaffenprotokolls ist die Förderung, Erleichterung und Verstärkung der Zusammenarbeit zwischen den Vertragsstaaten, um die unerlaubte Herstellung von Feuerwaffen, dazugehörigen Teilen und Komponenten sowie Munition und den unerlaubten Handel damit zu verhüten, zu bekämpfen und zu beseitigen.

Art. 3

Begriffsbestimmungen

Eine «Schusswaffe» ist jede tragbare Feuerwaffe, die Schrot, eine Kugel oder ein anderes Geschoss mittels Treibladung durch einen Lauf verschiesst, die für diesen Zweck gebaut ist oder die ohne weiteres für diesen Zweck umgebaut werden kann.

Ausgenommen sind antike Feuerwaffen oder deren Nachbildungen. Diese werden nach innerstaatlichem Recht definiert, mit der Einschränkung, dass nach 1899 hergestellte Feuerwaffen nicht antike Feuerwaffen darstellen dürfen.

«Teile und Komponenten» sind eigens für eine Feuerwaffe konstruierte und für ihr Funktionieren wesentliche Teile oder Ersatzteile. Darunter fallen insbesondere der Lauf, der Rahmen oder das Gehäuse, der Schlitten oder die Trommel, der Verschluss oder das Verschlussstück sowie der Schalldämpfer (oder was zu diesem Zweck umgebaut wurde).

Der Ausdruck «Munition» bezeichnet die vollständige Munition oder ihre Komponenten, die in einer Feuerwaffe verwendet werden. Bei den Munitionskomponenten wird vorausgesetzt, dass diese selbst genehmigungspflichtig sind. Dazu gehören Patronenhülsen, Treibladungsanzünder, Treibladungspulver, Kugeln oder Geschosse.

4568

Die «unerlaubte Herstellung» umfasst drei Tatbestände.

Die Herstellung oder den Zusammenbau der Feuerwaffe: 1. aus wesentlichen Bestandteilen, die aus unerlaubtem Handel stammen, 2. ohne Waffenhandelsbewilligung, oder 3. ohne Anbringen der vorschriftsgemässen Markierungen.

Der «unerlaubte Handel» umfasst zwei Tatbestände.

Die grenzüberschreitende Ein-, Aus- und Durchfuhr oder Lieferung und den grenzüberschreitenden Erwerb, Verkauf, oder Transport von Feuerwaffen, dazugehörigen Teilen und Komponenten sowie Munition: 1. sofern einer der betroffenen Vertragsstaaten dies nicht genehmigt, oder 2. sofern die Feuerwaffen nicht vorschriftsgemäss markiert sind.

«Rückverfolgung» (die Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands25 spricht von «Rückverfolgbarkeit») ist gemäss Protokoll die systematische Verfolgung des Weges von Feuerwaffen und nach Möglichkeit der dazugehörigen Teile, Komponenten und Munition vom Hersteller bis zum Käufer zum Zweck, den zuständigen Behörden der Vertragsstaaten bei der Aufdeckung, Untersuchung und Analyse der unerlaubten Herstellung und des unerlaubten Handels behilflich zu sein.

Art. 4

Geltungsbereich

Das UNO-Feuerwaffenprotokoll findet, soweit darin nichts anderes bestimmt ist, Anwendung auf die Verhütung, Bekämpfung und Beseitigung der unerlaubten Herstellung von Feuerwaffen, dazugehörigen Teilen und Komponenten sowie Munition und auf die Verhütung, Bekämpfung und Beseitigung des unerlaubten Handels damit. Es ist anwendbar auf die Untersuchung und Verfolgung der Straftaten gemäss Artikel 5 UNO-Feuerwaffenprotokoll.

Nach der Zielsetzung des Übereinkommens und der Bestimmung von Artikel 4 Ziffer 1 des UNO-Feuerwaffenprotokolls scheinen der «grenzüberschreitende Charakter» von Sachverhalten oder die «Verbindung zur organisierten Kriminalität» notwendige Voraussetzungen zu sein, um die Delikte gemäss Artikel 5 UNOFeuerwaffenprotokoll verfolgen zu können. Entgegen diesem Anschein werden die beiden Sachverhaltselemente vom Übereinkommen und vom UNO-Feuerwaffenprotokoll aber nur dann gefordert, wenn sie ausdrücklich in einzelnen Bestimmungen (ausserhalb von Art. 4) genannt sind26. Dies ist im UNO-Feuerwaffenprotokoll nicht der Fall. Das UNO-Feuerwaffenprotokoll verzichtet insbesondere bei den Strafbestimmungen von Artikel 5 auf die Sachverhaltselemente «grenzüberschreitend» und «organisierte Kriminalität».

Das UNO-Feuerwaffenprotokoll ist nicht anwendbar auf Transaktionen zwischen Staaten (gemeint ist in hoheitlicher Funktion, nicht als Privatrechtssubjekt) oder auf staatliche Transfers in Fällen, in denen die Anwendung des Protokolls das Recht 25 26

BBl 2009 8817 Guide législatif pour l'application du protocole contre la fabrication et le trafic illicites d'armes à feu, de leurs pièces, éléments et munitions, additionnel à la convention des nations unies contre la criminalité transnationale organisée, N 21 und 174; abrufbar unter folgender Internetadresse der UNO: http://www.unodc.org/unodc/en/treaties/CTOC/ legislative-guide.html#_Legislative_guide_for_3.

4569

eines Vertragsstaats berühren würde, im Interesse der nationalen Sicherheit Massnahmen zu ergreifen, die mit der Charta der UNO im Einklang stehen.

Art. 5

Kriminalisierung

Das innerstaatliche Recht soll die vorsätzliche unerlaubte Herstellung von und den unerlaubten Handel mit Feuerwaffen, dazugehörigen Teilen und Komponenten sowie Munition unter Strafe stellen. Der Begriff der unerlaubten Herstellung ergibt sich aus Artikel 3 Buchstabe d, jener des unerlaubten Handels aus Buchstabe e des UNO-Feuerwaffenprotokolls (vgl. oben, Kommentar zu Art. 3).

Ferner sind die Fälschung oder das unerlaubte Unkenntlichmachen, das Entfernen oder Ändern der erforderlichen Markierungen auf Feuerwaffen unter Strafe zu stellen. Jene Delikte, welche die Verletzung von Markierungspflichten normieren, beziehen sich nur auf das Tatsubjekt «Feuerwaffe», da gemäss UNO-Feuerwaffenprotokoll nur für diese eine Markierungspflicht besteht.

Ausserdem sind, vorbehältlich der Grundzüge der nationalen Rechtsordnung, auch der Versuch sowie die «Leitung, die Beihilfe, die Anstiftung, die Erleichterung und die Beratung» in Bezug auf die vorgenannten Delikte strafbar zu erklären.

Allgemeine Bestimmungen zur Strafbarkeit und Verfolgung von Delikten ergeben sich aus dem Übereinkommen, das für die Schweiz am 26. November 200627 in Kraft getreten ist. Diese Bestimmungen, beispielsweise zur Verantwortlichkeit juristischer Personen, Strafverfolgung, Aburteilung und Sanktionen, Einziehung und Beschlagnahme, Verfügung über eingezogene Erträge aus Straftaten oder Vermögensgegenstände, Gerichtsbarkeit, Auslieferung und Rechtshilfe, Zeugenschutz und Opferhilfe (Art. 6, 10­16, 18, 20, 23­27, 29, 30, 34) sind im Zusammenhang mit der Kriminalisierung gemäss dem UNO-Feuerwaffenprotokoll ebenfalls zu beachten.

Art. 6

Einziehung, Beschlagnahme und Beseitigung

Die Artikel 12­14 des Übereinkommens regeln in allgemeiner Form die Einziehung und Beschlagnahme, sowie die Verfügung über eingezogene Vermögensgegenstände. Während aber jene Artikel die Verwertung bevorzugen, sieht das UNOFeuerwaffenprotokoll als «lex specialis» als Regelfall die Vernichtung eingezogener Gegenstände vor.

Feuerwaffen, dazugehörige Teile und Komponenten sowie Munition, die unerlaubt hergestellt oder gehandelt wurden, sind einzuziehen. Um das illegale Inverkehrbringen zu verhindern, sind solche Gegenstände zu beschlagnahmen und zu vernichten oder auf andere Weise zu beseitigen. Vorausgesetzt wird für eine andere Form der Beseitigung, dass die Feuerwaffen gekennzeichnet und die Form der Beseitigung der Feuerwaffen und der Munition registriert wurden.

Art. 7

Registrierung

Informationen über Feuerwaffen sind mindestens zehn Jahre lang aufzubewahren.

Betroffen sind Informationen, die notwendig sind, um unerlaubt hergestellte oder gehandelte Gegenstände zurückzuverfolgen und (eindeutig) zu identifizieren und um solche Tätigkeiten zu verhüten und aufzudecken. Für dazugehörige Teile und Kom27

SR 0.311.54

4570

ponenten sowie Munition wird die Aufbewahrungspflicht empfohlen, soweit sie zweckmässig und durchführbar ist.

Bei den Informationen, die aufzubewahren sind, handelt es sich mindestens um die erforderlichen Markierungen gemäss Artikel 8 UNO-Feuerwaffenprotokoll, die auf der Feuerwaffe anzubringen sind. Dies umfasst «Hersteller, Herstellungsland oder -ort, Seriennummer» oder «die nutzerfreundliche Markierung mit einfachen geometrischen Symbolen und einem numerischen oder alphanumerischen Code» sowie die Importmarkierung («Einfuhrland»). Das Ziel ist die eindeutige Registrierung der Feuerwaffen. Die Registrierung weiterer Informationen, wie Art der Feuerwaffe, Modell, Kaliber, Länge des Laufs und Magazingrösse, ist entsprechend möglich.

Bei grenzüberschreitenden Transaktionen umfassen die aufzubewahrenden Informationen zusätzlich das Ausstellungs- und Ablaufdatum der entsprechenden Bewilligung, Lizenz oder Genehmigung, das Ein- und Ausfuhrland, gegebenenfalls die Durchfuhrländer und den Endempfänger sowie die Beschreibung und die Menge der Artikel. Der Endempfänger der Feuerwaffe kann dabei auch eine Person sein, die nicht unmittelbar an der Transaktion beteiligt ist.

Wie am Ende des Kommentars zu Artikel 6 (Einziehung, Beschlagnahme und Beseitigung) erwähnt, sind auch alternative Formen der Beseitigung von Feuerwaffen zu registrieren.

Art. 8

Kennzeichnung von Feuerwaffen

Einzelne Waffenteile und Komponenten sowie Munition sind von der Kennzeichnungspflicht ausgenommen. Gekennzeichnet werden muss dagegen die zusammengebaute Feuerwaffe. Zwecks Identifizierung und Rückverfolgung von Feuerwaffen gilt Folgendes: ­

Die Wahl der Kennzeichnungsmethode (Stanzen, Gravieren, Laser, etc.) ist freigestellt.

­

Jede Feuerwaffe muss bei der Herstellung eine eindeutige Kennzeichnung mit Angabe des Herstellers, des Herstellungslandes oder -orts und der Seriennummer erhalten. Alternativ ist eine andere eindeutige nutzerfreundliche Kennzeichnung mit einfachen geometrischen Symbolen und einem numerischen oder alphanumerischen Code möglich, die es erlaubt, das Herstellungsland zu identifizieren.

­

Jede Feuerwaffe hat beim Import eine geeignete einfache Kennzeichnung zu tragen, die die Identifizierung des Einfuhrlandes und nach Möglichkeit des Einfuhrjahres ermöglicht, sowie eine eindeutige Kennzeichnung, falls die Feuerwaffe keine derartige Kennzeichnung aufweist. Vorübergehende Einfuhren von Feuerwaffen für nachweislich rechtmässige Zwecke können von dieser Bestimmung zur Importkennzeichnung ausgenommen werden.

­

Solche Importkennzeichnungen ermöglichen ein erfolgreiches Rückverfolgen auch von Waffen, bei denen die «Registerkette» gemäss Artikel 7 des Protokolls lückenhaft ist, was insbesondere bei älteren Waffen häufig ein Problem darstellt.

­

Wenn schliesslich eine Feuerwaffe aus staatlichen Beständen in dauerhafte zivile Verwendung überführt wird, muss sie eine entsprechende eindeutige Kennzeichnung tragen, die es ermöglicht, das überführende Land zu identi4571

fizieren. Diese Regelung wurde eingeführt, weil in der Vergangenheit Durchlässigkeiten bei der Verwaltung staatlicher Waffenbestände dazu geführt haben, dass Waffen in Konfliktregionen oder auf den Schwarzmarkt gelangen konnten.

Art. 9

Deaktivierung von Schusswaffen

Vertragsstaaten, die desaktivierte Schusswaffen nach ihrem innerstaatlichen Recht nicht als Schusswaffen ansehen, sollen die notwendigen Massnahmen treffen, um die unerlaubte Reaktivierung desaktivierter Schusswaffen zu verhindern.

Alle wesentlichen Bestandteile sind dauerhaft so unbrauchbar zu machen, dass eine Reaktivierung verunmöglicht wird. Deaktivierungsmassnahmen sollen von Behörden überprüft werden können. Die Behörde hat die Desaktivierung zu bescheinigen oder in einem Nachweis festzuhalten. Alternativ kann sie zur Bestätigung der dauerhaften Unbrauchbarkeit die Schusswaffe entsprechend klar sichtbar kennzeichnen.

Art. 10 und 11

Allgemeine Anforderungen im Hinblick auf Lizenzen oder Genehmigungen für die Ausfuhr, Einfuhr und Durchfuhr; Sicherheits- und Präventionsmassnahmen

Verlangt wird von den unterzeichnenden Staaten, dass sie ein wirksames System von Lizenzen oder Genehmigungen für die Ausfuhr, Einfuhr und Durchfuhr von Feuerwaffen, dazugehörigen Teilen und Komponenten sowie Munition schaffen und unterhalten. Dazu gehören einerseits umfassende Abklärungen im Vorfeld der Erteilung einer Lizenz oder Genehmigung, etwa das Festhalten wichtiger Informationen, das Einholen von Einverständniserklärungen, Pflichtangaben in Bewilligungen und Begleitdokumenten sowie das Überprüfen der Echtheit relevanter Dokumente. Andererseits sollen mit Hilfe von Sicherheits- und Präventionsmassnahmen Diebstähle, Verluste oder die Umlenkung von Waffen, Waffenteilen und Munition nach Möglichkeit verhindert werden.

Die Teilnehmerstaaten sind gemäss Artikel 10 verpflichtet, ­

vor der Erteilung einer Ausfuhrgenehmigung zu überprüfen, ob der Einfuhrstaat eine Einfuhrgenehmigung oder ­lizenz erteilt hat (Abs. 2 Bst. a);

­

vor der Erteilung einer Ausfuhrgenehmigung zu überprüfen, ob alle Durchfuhrstaaten vor der Lieferung schriftlich mitgeteilt haben, dass sie keine Einwände gegen die Durchfuhr haben. Übereinkommen oder Abmachungen zugunsten von Binnenstaaten sind vorbehalten (Abs. 2 Bst. b);

­

in die Ausfuhr- und Einfuhrlizenz oder -genehmigung und die Begleitdokumente mindestens Ort und Datum der Ausstellung, Ablaufdatum, Ausfuhrland, Einfuhrland, Endempfänger, Beschreibung und Menge der Feuerwaffen, dazugehörigen Teile und Komponenten und Munition aufzunehmen und bei der Durchfuhr von Feuerwaffen, dazugehörigen Teilen und Komponenten und Munition alle Durchfuhrstaaten in den ausgestellten Ausfuhrund Einfuhrgenehmigungen sowie in den Begleitdokumenten aufzuführen (Abs. 3, erster Satz);

­

die in einer erteilten Einfuhrlizenz enthaltenen Informationen im Voraus jedem Transitstaat zu übermitteln (Abs. 3, zweiter Satz);

4572

­

den ausführenden Staat auf dessen Verlangen über den Erhalt der Lieferung von Feuerwaffen, dazugehörigen Teilen und Komponenten oder Munition zu informieren;

­

die Sicherheit der Lizenz- und Genehmigungsverfahren und die Echtheit der Lizenz- und Genehmigungsdokumente überprüfen und bestätigen zu können.

Für die vorübergehende Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr von Feuerwaffen, dazugehörigen Teilen und Komponenten sowie Munition zu nachweislich rechtmässigen Zwecken, beispielsweise Jagd, Schiesssport, Begutachtungen, Ausstellungen oder Reparaturen, können Ausnahmen vorgesehen werden.

Der angestrebte Einbezug der Transitstaaten in die internationale Zusammenarbeit dient der Rückverfolgung von Waffen, dazugehörigen Teilen, Komponenten und Munition, die während des Transports abhanden kommen.

Art. 12 und 13

Informationen; Zusammenarbeit

Eines der Hauptziele des UNO-Feuerwaffenprotokolls ist es, den Informationsaustausch zwischen den Staaten zu fördern. Dies ist ein notwendiges Mittel zur Rückverfolgung. Zu diesem Zweck bestimmt das UNO-Feuerwaffenprotokoll die auszutauschenden Informationen und die Modalitäten in seinen Grundzügen und fordert die Teilnehmerstaaten auf, zusammen zu arbeiten sowie die entsprechenden Anlaufstellen zu schaffen und international bekannt zu geben. Es sollen Informationen ausgetauscht werden zu am Transfer beteiligten Personen (Hersteller, Händler, Importeure, Exporteure, Spediteure) und organisierten kriminellen Gruppen, deren Mitteln und Methoden (z.B. Verschleierungsmethoden), Transportrouten sowie zu den Erfahrungen bei der Gesetzgebung und staatlichen Methoden und Massnahmen zur Prävention und Repression.

Art. 14 und 15

Ausbildung und technische Hilfe; Zwischenhändler und Zwischenhandel

Gefordert wird von den Staaten die Zusammenarbeit untereinander oder mit zuständigen internationalen Organisationen, um auf Ersuchen die Ausbildung, technische, wirtschaftliche und materielle Hilfe zu erhalten, die die Fähigkeiten der Teilnehmerstaaten zur Erreichung der Ziele des UNO-Feuerwaffenprotokolls stärkt.

Den Vertragsstaaten wird nahegelegt, zu prüfen, ob ein System der Offenlegung, Registrierung, Bewilligung und des Informationsaustausches über Zwischenhändler errichtet werden soll. Die Umsetzung ist für die Vertragsstaaten fakultativ.

Art. 16

Beilegung von Streitigkeiten

Zu den formellen Verpflichtungen, namentlich zum Verfahren für die Beilegung von Streitigkeiten, äussert sich das Protokoll in den Schlussbestimmungen. Gemäss Artikel 16 bemühen sich die Vertragsstaaten, Streitigkeiten über die Auslegung oder Anwendung des Protokolls durch Verhandlungen beizulegen. Gelingt dies nicht, soll ein Schiedsverfahren eingeleitet werden und, falls in dessen Verlauf keine Einigung erzielt werden kann, die Frage dem Internationalen Gerichtshof zum Entscheid vorgelegt werden.

4573

Art. 17­21

Organisatorische Bestimmungen zum Protokoll

Diese Artikel regeln die Themen Unterzeichnung, Ratifikation, Annahme, Genehmigung und Beitritt, Inkrafttreten, Änderungen, Kündigung sowie Verwahrungsort und verbindliche Sprachen des Protokolls.

2.4

Vorbehalte und Erklärungen

Gemäss Artikel 19 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge28 kann ein Staat bei der Unterzeichnung, Ratifikation, Annahme oder Genehmigung eines Vertrags oder beim Beitritt einen Vorbehalt anbringen, sofern der Vertrag den Vorbehalt nicht verbietet (Bst. a) oder der Vertrag vorsieht, dass nur bestimmte Vorbehalte gemacht werden dürfen, zu denen der betreffende Vorbehalt nicht gehört (Bst. b). Der Vorbehalt muss dabei mit Ziel und Zweck des Vertrags vereinbar sein (Bst. c).

Das Übereinkommen und das UNO-Feuerwaffenprotokoll räumen nur beim Streitbeilegungsmechanismus die Möglichkeit ein, Vorbehalte anzubringen (Art. 35 des Übereinkommens und Art. 16 des Protokolls), ,Die Möglichkeit, sonstige Vorbehalte anzubringen, wird nicht ausgeschlossen.

Von den 79 bisherigen Parteien des Protokolls haben 16 Staaten einen Vorbehalt angebracht. Davon betreffen 11 den Streitschlichtungsmechanismus. Andere beziehen sich auf den territorialen Geltungsbereich und/oder bewaffnete Konflikte.

Die Vorschrift von Artikel 16 UNO-Feuerwaffenprotokoll, als letzte Möglichkeit des Streitschlichtungsverfahrens eine strittige Frage dem Internationalen Gerichtshof zum Entscheid vorzulegen, ist für die Schweiz unproblematisch, da diese die Zuständigkeit des Internationalen Gerichtshof seit je her anerkennt29. Bringt die Schweiz einen Vorbehalt an, wird dadurch der Artikel 19 Buchstabe a und b des Wiener Übereinkommens nicht verletzt.

Was die «allgemeinen Anforderungen im Hinblick auf Lizenzen oder Genehmigungen für die Ausfuhr, Einfuhr und Durchfuhr» angeht, so verfügt die Schweiz, wie es Artikel 10 des UNO-Feuerwaffenprotokolls fordert, über ein wirksames System von Bewilligungen für die Ausfuhr und Einfuhr von Feuerwaffen, dazugehörigen Teilen und Komponenten sowie Munition, das den von Artikel 10 UNO-Feuerwaffenprotokoll verlangten Punkten weitgehend entspricht.

So werden Ausfuhrgenehmigungen grundsätzlich nur beim Vorliegen einer Einfuhrgenehmigung des Einfuhrlandes erteilt. Die Angaben in den Genehmigungen bzw.

Begleitdokumenten über die zeitliche Geltung der Genehmigung, Beschreibung der Ware, Ein-, Ausfuhrland und Endempfänger entsprechen Artikel 10, mit Ausnahme der Forderung zur Angabe der Durchfuhrländer. Die zuständigen Stellen sind in der Lage, über den Erhalt von in die Schweiz verbrachten Lieferungen Auskunft zu geben und die Sicherheit der Verfahren und Echtheit der Genehmigungen kann ebenfalls bestätigt werden.

28 29

Wiener Übereinkommen vom 23. Mai 1969 über das Recht der Verträge (SR 0.111).

Statut des Internationalen Gerichtshofs vom 26. Juni 1945 (SR 0.193.501), in Kraft getreten für die Schweiz am 28. Juli 1948 (vgl. Erklärung der Schweiz gemäss Artikel 36 des Statuts).

4574

Die Forderung von Artikel 10 Absatz 2 Buchstabe b, das Vorliegen schriftlicher Einverständniserklärungen der Durchfuhrstaaten bereits für die Erteilung einer Einoder Ausfuhrbewilligung vorauszusetzen, ist jedoch nicht praktikabel. Die Transportunternehmen und Spediteure sind im heutigen schnelllebigen Warenhandel in der Lage, die Wege des Transportguts computer- und satellitengestützt ad hoc festzulegen oder abzuändern, beispielsweise bei Ausfällen in der geplanten Transportkette. Das Einholen einer Einverständniserklärung des Durchfuhrstaates (sei es der Schweiz oder eines anderen Staates) vor dem Erteilen einer Bewilligung, insbesondere einer Generalbewilligung, ist daher mit vertretbarem Aufwand nicht umsetzbar.

Auch die Forderung von Absatz 3, die Durchfuhrländer in der Genehmigung zu nennen und diese Angaben den Durchfuhrstaaten vor der Bewilligungserteilung zu übermitteln, ist mit der Erteilung von Generalbewilligungen nicht umsetzbar (vgl.

Ziff. 5.1.5). Zweck der Generalbewilligung ist es, nicht jede einzelne Einfuhr oder Ausfuhr der Einzelbewilligung und damit administrativem Aufwand zu unterstellen.

Nachdem die Generalbewilligung erteilt ist, erfolgen die einzelnen Verbringungen in schweizerisches Staatsgebiet bzw. Ausfuhren in Eigenregie des Importeurs oder Exporteurs, ohne dass die zuständige Behörde um eine erneute Bewilligung ersucht oder gar das Ausland vorab über die Einzelheiten der Verbringung informiert wird.

Hinsichtlich Artikel 10 Absatz 2 Buchstabe b des UNO-Feuerwaffenprotokolls ist daher beim Beitritt ein Vorbehalt anzubringen.

Die Schweiz verfügt mit der Generalbewilligung über ein angesehenes und langjährig bewährtes Instrument der Verbringungskontrolle. Wie dargestellt sind die Vorgaben des UNO-Feuerwaffenprotokolls im Detail mit dem Instrument der Generalbewilligung nicht in Einklang zu bringen. Für die Schweiz ist nicht ersichtlich, wie andere Staaten die Verbringungsvorschriften von Artikel des 10 Absatz 3 UNOFeuerwaffenprotokolls im Detail vorbehaltlos umsetzen können.

Der Bericht «Contrôles post-exportation lors des transferts d'armement ­ Preuves d'arrivée et monitoring de l'utilisation finale» der «Groupe de recherche et d'information sur la paix et la sécurité» vom April 200930 belegt denn auch verschiedene Vollzugsmängel. So erfolgen beispielsweise
Waffentransfers zwischen den BeneluxStaaten ohne Dokumente für die Verbringung. In Österreich ist das Vorliegen eines «End User Certificate» (EUC; vergleichbar mit einer Einfuhrgenehmigung) keine Voraussetzung für den Erhalt einer Ausfuhrbewilligung (vgl. Art. 10 Abs. 2 Bst. b UNO-Feuerwaffenprotokoll). Die EUC unterscheiden sich zudem von Land zu Land in Form und Inhalt. Innerhalb der EU oder beispielsweise zwischen NATO-Staaten ist es das «International Import Certificate» (IIC), das vergleichbar mit einer Einfuhrbewilligung als Voraussetzung für den Erhalt einer Ausfuhrbewilligung gilt. Das IIC beispielsweise verlangt nicht die Angabe des Endempfängers oder des Endbestimmungsorts der Güter (vgl. Art. 10 Abs. 3 UNO-Feuerwaffenprotokoll). Der Rücklauf von Lieferbestätigungen des Warenempfängers betragen im europäischen Durchschnitt nur geschätzte 10­15 %, teilweise wird auf das Einholen von Lieferbestätigungen gänzlich verzichtet (vgl. Art. 10 Abs. 4 UNO-Feuerwaffenprotokoll).

Schweden sieht das Einholen der Lieferbestätigung nicht vor, andere Staaten verlangen sie nur in Einzelfällen (Niederlande, Österreich). Eine UNO Gruppe von Regierungsexperten habe ausserdem festgestellt, dass nur rund 60 Staaten überhaupt die Ausfuhr, Durchfuhr und Verbringung von Waffen geregelt hätten.

30

Bericht «Contrôles post-exportation lors des transferts d'armement ­ Preuves d'arrivée et monitoring de l'utilisation finale», Ilhan Berkol et Virginie Moreau, Groupe de recherche et d'information sur la paix et la sécurité, 2009/4.

4575

Was das System der Generalbewilligungen angeht, hat die EU im Mai 2009 die Richtlinie 2009/43/EG zur Vereinfachung der Bedingungen für die innergemeinschaftliche Verbringung von Verteidigungsgütern31 erlassen. Sie hat zum Ziel, das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes zu gewährleisten und schafft zu diesem Zweck für die innergemeinschaftliche Verbringung von Verteidigungsgütern ein System von Allgemein-, Global- oder Einzelgenehmigungen. Der Allgemeinoder Globalgenehmigung wird dabei gegenüber der Einzelgenehmigung der Vorzug gegeben. Die Mitgliedstaaten können gar in bestimmten Fällen Verbringungen von Verteidigungsgütern von der Verpflichtung zur vorherigen Genehmigung ausnehmen. Die Einzelgenehmigung bleibt zumindest in bestimmten Fällen möglich. Diese Richtlinie hat auf die Schweiz keinen unmittelbaren Einfluss, zeigt aber eine Entwicklung zum System der Generalbewilligungen auf.

Die EU beabsichtigt, den Artikel 10 des UNO-Feuerwaffenprotokolls durch ein solches System der Generalbewilligungen umzusetzen: Der Entwurf einer entsprechenden Verordnung des Parlaments und des Rates ist dem Europäischen Parlament bereits unterbreitet worden32. Dieser Entwurf sieht eine Mehrfachausfuhrgenehmigung vor, die achtzehn Monate gültig ist. Anträge auf diese Genehmigung müssen innerhalb von sechzig Tagen behandelt werden. Erhebt ein Durchfuhrland innerhalb von zwanzig Arbeitstagen, nachdem der Antrag gestellt worden ist, keine Einwände gegen die Durchfuhr, wird von der stillschweigenden Zustimmung des Durchfuhrlandes ausgegangen (Art. 5 Abs. 2 des Entwurfs).

Aufgrund dieser Darstellungen erscheint es nicht zweckmässig, wegen einzelner, praktisch kaum umsetzbarer Detailforderungen von Artikel 10 Absatz 2 Buchstabe b und Absatz 3 des UNO-Feuerwaffenprotokolls das gut funktionierende, wirksame schweizerische System der Generalbewilligungen zugunsten einer anderen Lösung aufzugeben. Dem Anbringen eines Vorbehalts zu Artikel 10 Absatz 2 Buchstabe b und Absatz 3 des UNO-Feuerwaffenprotokolls wird daher gegenüber dem Verzicht auf die Generalbewilligung der Vorzug gegeben.

Ein solcher Vorbehalt ist nicht unvereinbar mit dem Zweck und Ziel des UNOFeuerwaffenprotokolls. Das System der Generalbewilligung erlaubt es der Schweiz, ganz im Sinne des UNO-Feuerwaffenprotokolls, die Zusammenarbeit mit den anderen
Mitgliedstaaten zur fördern, zu vereinfachen und zu verstärken. So respektiert die Schweiz den Artikel 19 Buchstabe c des Wiener Übereinkommens.

Sollte sich der Vorbehalt eines Tages als gegenstandslos erweisen, kann ihn der Bundesrat, gestützt auf die ihm die Befugnis erteilende Bestimmung unter Artikel 1 Absatz 4 des Entwurfs I, ohne Weiteres aufheben.

Bisher haben 21 Staaten in Erklärungen die nationale Behörde oder zentrale Kontaktstelle angegeben, welche die Aufgabe hat, in Fragen zum Protokoll mit den anderen Teilnehmerstaaten in Kontakt zu stehen. Bei einem Beitritt wäre auch die Schweiz aufgefordert, diese Stelle mittels einer Erklärung bekannt zu geben.

31

32

Richtlinie 2009/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Mai 2009 zur Vereinfachung der Bedingungen für die innergemeinschaftliche Verbringung von Verteidigungsgütern, ABl. L 146 vom 10.6.2009, S. 1 Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Umsetzung von Artikel 10 des Feuerwaffenprotokolls der Vereinten Nationen und zur Einführung von Ausfuhrgenehmigungen für Feuerwaffen, deren Teile Komponenten und Munition sowie von Massnahmen betreffend deren Einfuhr und Durchfuhr (KOM/2010/0147)

4576

3

UNO-Rückverfolgungsinstrument

3.1

Grundzüge des Instruments

3.1.1

Ausgangslage

Am 12. Dezember 1995 gab die UNO Generalversammlung den Auftrag, mit der Unterstützung einer Gruppe von Regierungssachverständigen einen Bericht zu erstellen über die Möglichkeit der Ausarbeitung einer internationalen Übereinkunft, welche die Staaten befähigt, unerlaubte Kleinwaffen und leichte Waffen rasch und zuverlässig zu identifizieren und zu ihrem Herstellungs- oder Importort zurückzuverfolgen33. Dieser Bericht wurde der Generalversammlung am 27. August 1997 unterbreitet34.

Mit Beschluss vom 20. Juli 2001 verabschiedeten die an einer entsprechenden Konferenz der UNO teilnehmenden Staaten das «Aktionsprogramm zur Verhütung, Bekämpfung und Beseitigung des unerlaubten Handels mit Kleinwaffen und leichten Waffen unter allen Aspekten»35. Im Rahmen des UNO Aktionsprogramms wurde im Jahr 2004 eine Arbeitsgruppe eingesetzt mit dem Auftrag, eine internationale Übereinkunft auszuhandeln, die die Staaten befähigt, unerlaubte Kleinwaffen und leichte Waffen rasch und zuverlässig zu identifizieren und rückzuverfolgen36. Diese Arbeitsgruppe stand unter der Führung des Schweizer Botschafters Anton Thalmann. Die Schweiz konnte bei den Verhandlungen auf direkte Unterstützung der EU zählen, wobei Frankreich eine besonders aktive Rolle spielte.

Das Ergebnis der von der Schweiz geführten Arbeiten, das «Internationale Rechtsinstrument zur Ermöglichung der rechtzeitigen und zuverlässigen Identifikation und Rückverfolgung illegaler Kleinwaffen und leichter Waffen durch die Staaten», wurde am 8. Dezember 2005 von der UNO Generalversammlung beschlossen37. Im Gegensatz zum UNO-Feuerwaffenprotokoll ist es nur politisch, nicht aber rechtlich bindend. In der Schweiz wurden bisher noch keine Umsetzungsschritte vorgenommen.

3.1.2

Überblick über den Inhalt des Instruments

Die Umsetzung des UNO-Rückverfolgungsinstruments soll die möglichst lückenlose Nachvollziehbarkeit der verschiedenen Etappen ermöglichen, welche eine Kleinwaffe oder leichte Waffe typischerweise durchläuft oder durchlaufen kann.

Zweck des Rechtsinstruments ist es, den Staaten zu ermöglichen, illegale Kleinwaffen und leichte Waffen rechtzeitig und zuverlässig zu identifizieren und zurückzuverfolgen, das heisst, sie systematisch vom Ort der Herstellung oder der Einfuhr über die gesamte Lieferkette hinweg bis zu dem Punkt, an dem sie illegal wurden, zurückzuverfolgen. Als illegal gelten Waffen nach innerstaatlichem Recht, wenn damit verbundene Genehmigungspflichten verletzt worden sind, ein UN-Embargo 33 34 35 36 37

Resolution A/RES/50/70, Kapitel B.

Dokument A/52/298.

UNO Dokument A/CONF.192/15: «Programme of Action to Prevent, Combat and Eradicate the Illicit Trade in Small Arms and Light Weapons in All Its Aspects» (PoA).

Punkt 8 der Resolution 58/241 der UNO Generalversammlung.

Bericht A/60/88 der Arbeitsgruppe Thalmann mit Rückverfolgungsinstrument im Anhang und Beschluss A/60/519 (Ziff. 2) der UNO Generalversammlung vom 8. Dezember 2005.

4577

besteht oder sie mangelhaft markiert sind. Eine Liste von Anweisungen und Empfehlungen, gegliedert in die drei zentralen Abschnitte «Markierung», «Buchführung» und «Zusammenarbeit» dient dazu, die diesbezüglichen Bemühungen der UNO-Mitgliedstaaten zu fördern und zu koordinieren.

Kleinwaffen und leichte Waffen sind definitionsgemäss alle tragbaren Waffen, mit Ausnahme antiker Feuerwaffen oder deren Nachbildungen, die Schrot, Kugeln oder andere Geschosse mittels Treibladung verschiessen, die für diesen Zweck gebaut sind oder die ohne weiteres für diesen Zweck umgebaut werden können (Art. 4).

Während Kleinwaffen für die Verwendung durch Einzelpersonen konzipiert sind (gemäss UNO-Rückverfolgungsinstrument unter anderem Revolver und Selbstladepistolen, Gewehre und Karabiner, Maschinenpistolen, Sturmgewehre und leichte Maschinengewehre) werden leichte Waffen von einer Mannschaft aus zwei bis drei Personen bedient oder transportiert. Darunter fallen gemäss UNO-Rückverfolgungsinstrument unter anderem schwere Maschinengewehre, leichte, unter dem Lauf angebrachte sowie schwere Granatenabschussgeräte, tragbare Flugabwehrkanonen, tragbare Panzerabwehrkanonen, Leichtgeschütze, tragbare Abschussgeräte für Panzerabwehrraketen und entsprechenden Raketensysteme, tragbare Abschussgeräte für Flugabwehrraketensysteme und Mörser mit einem Kaliber von unter 100 mm.

Das UNO-Rückverfolgungsinstrument verlangt für Kleinwaffen und leichte Waffen inhaltliche und technische Mindeststandards für die Markierung bei der Herstellung und den Transfer aus staatlichen Waffenbeständen in dauerhaften zivilen Gebrauch (Art. 7, 8 und 10). Illegale Waffen, die auf dem Staatsgebiet aufgefunden werden, sollen eingezogen werden, um jedes weitere illegale Zirkulieren zu verhindern (Art. 9). Die Staaten müssen über die auf ihrem Gebiet befindlichen Waffen so Buch führen, dass Ersuchen um Rückverfolgung rasch und zuverlässig beantwortet werden können (Art. 11 und 13). Angaben über die Herstellung von Waffen sind während 30, solche über Transfers während zwanzig Jahren aufzubewahren (Art. 12). In den Artikeln 14­23 werden schliesslich detailliert die zu berücksichtigenden Abläufe und Modalitäten im Falle eines Rückverfolgungsbegehrens beschrieben.

Das Rechtsinstrument schränkt nicht das Recht der Staaten ein, Kleinwaffen und leichte Waffen
in einer mit der Charta der UNO im Einklang stehenden Weise für Zwecke der Selbstverteidigung und Sicherheit sowie zum Zweck ihrer Teilnahme an Friedenssicherungseinsätzen zu erwerben, herzustellen, weiterzugeben und zu behalten.

Zur vorgängigen Einverständniserklärung aller Transitstaaten bei Ausfuhrbewilligungen gemäss Artikel 10 Absatz 2 Buchstabe b UNO-Feuerwaffenprotokoll äussert sich das UNO-Rückverfolgungsinstrument nicht. Bezüglich Importmarkierung wiederholt das UNO-Rückverfolgungsinstrument die Regelung von Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b UNO-Feuerwaffenprotokoll. Lediglich Empfehlungscharakter haben auch die Bestimmungen zur technischen, finanziellen und sonstigen Hilfe sowie zur internationalen Zusammenarbeit (Art. 27 und 28) und zur Nutzung der Mechanismen und Einrichtungen von Interpol (Art. 35).

4578

3.2

Würdigung

Am 27. Februar 2008 nahm der Bundesrat vom Bericht38 der «IDAG SALW Umsetzung» zu den multilateralen Instrumenten Kenntnis und beschloss, die Verpflichtungen aus dem UNO-Rückverfolgungsinstrument in schweizerisches Recht umzusetzen39.

Das UNO-Rückverfolgungsinstrument ist das erste Übereinkommen, welches im Rahmen des UNO Aktionsprogramms zur Verhütung, Bekämpfung und Beseitigung des unerlaubten Handels mit Kleinwaffen und leichten Waffen unter allen Aspekten beschlossen wurde. Es hält für alle 192 UNO-Mitgliedstaaten Mindeststandards fest und ist ein wichtiges Instrument zur Bekämpfung des illegalen Handels mit Kleinwaffen, obwohl es aufgrund einer Kompromisslösung der am Erlass beteiligten Staaten nur von politischer Natur ist. Damit ist es allein vom politischen Willen eines jeden Staates abhängig, wie und insbesondere in welchem Zeitrahmen die Bestimmungen umgesetzt werden. Das Anbringen von Vorbehalten zum UNORückverfolgungsinstrument ist aufgrund seines politischen Charakters weder möglich, noch ist es erforderlich.

Wie in Ziffer 1.2 erwähnt, baut das UNO-Rückverfolgungsinstrument inhaltlich auf dem UNO-Feuerwaffenprotokoll auf. Das UNO-Rückverfolgungsinstrument geht jedoch im Geltungsbereich weiter als das UNO-Feuerwaffenprotokoll, indem es neben den «Kleinwaffen» (Feuerwaffen) auch die «leichten Waffen» einbezieht (s. Ziff. 3.3 [Art. 4­6 Begriffsbestimmungen] und 5.1.1 ([Begriffsbestimmungen]).

Der Einschluss der leichten Waffen in die kennzeichnungs- und registrierungspflichtigen Gegenstände stellt einen Bruch mit dem schweizerischen und europäischen Regulierungskonzept dar, wonach individuell und auch zivil verwendbare, hochmobile Kleinwaffen (Hand- und Faustfeuerwaffen) einer anderen Regelung bedürfen als leichte Waffen, deren Transport immerhin einer Mannschaft von zwei bis drei Personen bedarf und die wohl nur für militärische Zwecke in Betracht kommen.

Im übereinstimmenden Geltungsbereich der Feuerwaffen nimmt es im Bereich der Markierungspflichten ausdrücklich Bezug auf das UNO-Feuerwaffenprotokoll und wiederholt, ergänzt und präzisiert dessen Forderungen. Bei der Registrierung verlangt das UNO-Rückverfolgungsinstrument eine längere Aufbewahrungsdauer für die Unterlagen als das UNO-Feuerwaffenprotokoll, ist aber weniger bestimmt, was die aufzubewahrenden Daten angeht. Zur
internationalen Zusammenarbeit enthält das UNO-Rückverfolgungsinstrument detailliertere Bestimmungen als das UNOFeuerwaffenprotokoll.

Das UNO-Rückverfolgungsinstrument stützt sich somit teilweise auf das UNOFeuerwaffenprotokoll ab, gleichzeitig hat es einen weiteren Geltungsbereich. Es kann folglich unabhängig vom UNO-Feuerwaffenprotokoll umgesetzt werden, die Umsetzung wäre aber angesichts des dargestellten engen Sachzusammenhangs beider Instrumente schwieriger, wenn der Beitritt zum UNO-Feuerwaffenprotokoll nicht gutgeheissen würde. Die Umsetzung müsste entsprechend dem schweizerischen Regulierungskonzept getrennt, einerseits in der Waffengesetzgebung, anderseits in der Exportkontrollgesetzgebung, erfolgen.

38

39

Bericht an den Bundesrat vom Dezember 2007 der interdepartementalen Arbeitsgruppe zu Fragen im Zusammenhang mit der Ratifikation und Umsetzung internationaler Instrumente im Bereich von Kleinwaffen und leichten Waffen (IDAG SALW Umsetzung).

Pressemitteilung des SECO vom 27. Februar 2008.

4579

Im Hinblick auf die Vorreiterrolle, welche die Schweiz bei der Entwicklung des Instruments eingenommen hat, scheint eine Umsetzung indessen geboten. Entsprechend hat der Bundesrat im Februar 2008 beschlossen, das Instrument in das schweizerische Recht umzusetzen. Zwischen dem UNO-Feuerwaffenprotokoll und dem UNO-Rückverfolgungsinstrument besteht ein enger Sachzusammenhang. Die einzige erforderliche Gesetzesänderung zur Umsetzung des UNO-Rückverfolgungsinstruments wird in Vorlage II aufgenommen: Im MIG wird die Aufbewahrungsdauer für Daten zur Abgabe und Rücknahme der persönlichen Waffe verlängert. Im Übrigen wird das UNO-Rückverfolgungsinstrument in einem späteren Schritt ins Ausführungsrecht zum WG, ins Kriegsmaterialgesetz vom 13. Dezember 1996 (KMG)40 und ins Güterkontrollgesetz vom 13. Dezember 1996 (GKG)41 übernommen werden.

3.3

Kommentar zur den Artikeln des UNORückverfolgungsinstruments

Nachfolgend werden die Artikel des UNO-Rückverfolgungsinstruments kommentiert. Ihr Verhältnis zum geltenden Recht wird in Ziffer 5 dargelegt.

Art. 1­3

Allgemeine Bestimmungen

Zweck des UNO-Rückverfolgungsinstruments ist die rechtzeitige und zuverlässige Identifikation und Rückverfolgung von Kleinwaffen und leichten Waffen sowie die Förderung und Erleichterung der internationalen Zusammenarbeit und Hilfe bei der Markierung und Rückverfolgung. Ferner soll die Wirksamkeit bestehender grenzüberschreitender Übereinkünfte zur Verhütung, Bekämpfung und Beseitigung des unerlaubten Handels mit Kleinwaffen und leichten Waffen unter allen Aspekten erhöht und ergänzt werden.

Das UNO-Rückverfolgungsinstrument nimmt Waffentransfers zwischen Staaten nicht von seinem Geltungsbereich aus.

Das UNO-Rückverfolgungsinstrument schränkt nicht das Recht der Staaten ein, Kleinwaffen und leichte Waffen in einer mit der Charta der UNO im Einklang stehenden Weise für Zwecke der Selbstverteidigung und Sicherheit sowie zwecks Teilnahme an Friedenssicherungseinsätzen zu erwerben, herzustellen, weiterzugeben und zu behalten.

Art. 4­6

Begriffsbestimmungen

Das UNO-Rückverfolgungsinstrument hat die Identifikation und Rückverfolgung illegaler «Kleinwaffen und leichter Waffen» (SALW)42 zum Ziel.

«Kleinwaffen» sind gemäss dem UNO-Rückverfolgungsinstrument Waffen, die für die Verwendung durch eine einzelne Person bestimmt sind. Dazu gehören laut UNO-Rückverfolgungsinstrument unter anderem Revolver, Selbstladepistolen,

40 41 42

SR 514.51 SR 946.202 Englisch: Small Arms and Light Weapons; deshalb: SALW, vgl. FN 6.

4580

Gewehre und Karabiner, Maschinenpistolen, Sturmgewehre und leichte Maschinengewehre.

«Leichte Waffen» sind Waffen, die für die Verwendung durch zwei oder drei Personen bestimmt sind, die als Mannschaft zusammenarbeiten, obwohl einige auch von einer einzigen Person getragen und verwendet werden können. Zu den leichten Waffen gehören gemäss UNO-Rückverfolgungsinstrument unter anderem schwere Maschinengewehre, leichte, unter dem Lauf angebrachte sowie schwere Granatenabschussgeräte, tragbare Flugabwehrkanonen, tragbare Panzerabwehrkanonen, Leichtgeschütze, tragbare Abschussgeräte für Panzerabwehrraketen und -raketensysteme, tragbare Abschussgeräte für Flugabwehrraketensysteme und Mörser mit einem Kaliber von unter 100 mm.

Ausgenommen vom Begriff der Kleinwaffen und leichten Waffen sind jeweils die antiken Waffen oder deren Nachbildungen. Sie werden nach innerstaatlichem Recht bestimmt. Nach 1899 hergestellte Kleinwaffen und leichte Waffen zählen nicht zu antiken Kleinwaffen und leichten Waffen.

Der Ausdruck «Rückverfolgung» bezeichnet die systematische Verfolgung des Weges illegaler Kleinwaffen und leichter Waffen, die im Hoheitsgebiet eines Staates aufgefunden oder beschlagnahmt werden, vom Ort der Herstellung oder der Einfuhr über die gesamte Lieferkette hinweg bis zu dem Punkt, an dem sie illegal wurden.

«Illegal» sind Kleinwaffen und leichte Waffen, wenn sie: ­

nach dem Recht des Staates, in dessen Hoheitsgebiet sie aufgefunden werden, als illegal gelten;

­

unter Verstoss gegen vom Sicherheitsrat im Einklang mit der Charta der UNO beschlossene Waffenembargos weitergegeben werden;

­

nicht im Einklang mit den Bestimmungen des UNO-Rückverfolgungsinstruments gekennzeichnet sind;

­

ohne Lizenz oder Genehmigung der zuständigen Behörde des Staates, in dem die Herstellung oder der Zusammenbau stattfindet, hergestellt oder zusammengebaut werden; oder

­

ohne Lizenz oder Genehmigung einer zuständigen nationalen Behörde weitergegeben werden.

Art. 7­10

Kennzeichnung

Die Bestimmungen zur Herstellungskennzeichnung in den Artikeln 7, 8 und 10 des UNO-Rückverfolgungsinstruments und der entsprechende Abschnitt im UNOFeuerwaffenprotokoll sind praktisch wortgleich. So müssen aus der Kennzeichnung der Hersteller, das Herstellungsland und die individuelle Seriennummer hervorgehen. Das Verwenden von geometrischen Symbolen und/oder (alpha-)numerischen Codes ist zulässig, sofern Eindeutigkeit, Benutzerfreundlichkeit und Klarheit bezüglich des Herstellungslandes nicht darunter leiden.

Bei der Kennzeichnung im Zeitpunkt der Einfuhr beschränkt sich das Instrument ­ im Gegensatz zum Feuerwaffenprotokoll ­ auf die blosse Empfehlung, einzuführende Waffen wenn möglich mit Importland und Importjahr zu kennzeichnen (Art. 8 Bst. b).

4581

Die erforderliche Kennzeichnung von Waffen der öffentlichen Streit- und Sicherheitskräfte richtet sich nach Artikel 8 Buchstaben c und d des UNO-Rückverfolgungsinstruments. Für die Kennzeichnung von Waffen, die sich in staatlichem Besitz befinden, gelten weniger hohe Anforderungen als für solche, die sich in privatem Besitz befinden. Im Falle eines Transfers von Waffen der Armee oder der öffentlichen Sicherheitskräfte in dauerhafte zivile Verwendung, stellt das UNORückverfolgungsinstrument die gleichen Ansprüche wie das UNO-Feuerwaffenprotokoll.

Die Wahl der Kennzeichnungsmethode ist Sache des einzelnen Staates. Bei der Vorgabe der Kennzeichnungsqualität (Art. 7) und der kennzeichungspflichtigen Waffenbestandteile (Art. 10) geht das UNO-Rückverfolgungsinstrument weiter als das Feuerwaffenprotokoll. So sind die vorgeschriebenen Kennzeichnungen methodenunabhängig auf einer freiliegenden Oberfläche anzubringen und sie müssen ohne technische Hilfen oder Werkzeuge deutlich sichtbar, leicht erkennbar, lesbar, dauerhaft und nach Massgabe der technischen Möglichkeiten wieder herstellbar sein.

Angebracht werden müssen die Kennzeichnungen an einem wesentlichen Teil oder Bauteil der Waffe, wie dem Rahmen oder Verschlussgehäuse, dessen Vernichtung die Waffe auf Dauer unbrauchbar macht und ihre Reaktivierung ausschliessen würde. Die Kennzeichnung anderer Teile der Waffe, wie des Laufs, des Schlittens oder der Trommel, wird empfohlen.

Der Artikel 9 des UNO-Rückverfolgungsinstruments bezieht sich auf die Kennzeichnung von illegalen Waffen, die auf dem Hoheitsgebiet eines Teilnehmerstaates aufgefunden werden. Sicherzustellen ist in solchen Fällen, dass solche Feuerwaffen vorschriftsgemäss gekennzeichnet und registriert sind, oder dass sie vernichtet werden (vgl. dazu die Ausführungen zum UNO-Feuerwaffenprotokoll, Art. 6 Einziehung, Beschlagnahme und Beseitigung]).

Art. 11­13

Führen von Aufzeichnungen

Auch im Bereich des Führens von Aufzeichnungen sind die Bestimmungen der beiden UNO-Erlasse inhaltlich weitgehend deckungsgleich. Das UNO-Feuerwaffenprotokoll verwendet in Artikel 7 den Begriff «Registrierung». Beide Begriffe werden im Folgenden gleichwertig verwendet.

Die Methode für das Führen der Aufzeichnungen ist, wie beim UNO-Feuerwaffenprotokoll, freigestellt. Zunächst müssen die UNO-Mitgliedstaaten sicherstellen, dass über alle auf ihrem Hoheitsgebiet befindlichen markierten Waffen umfassend Buch geführt wird (Art. 11). Aufzeichnungen über die Herstellung sind während mindestens dreissig Jahren, alle anderen Aufzeichnungen während mindestens zwanzig Jahren aufzubewahren (Art. 12). Nach Aufgabe der Geschäftstätigkeit sind die Bücher von den Gewerbetreibenden an die zuständige Behörde zu übergeben, damit diese die Verfügbarkeit der Daten im erforderlichen Zeitraum sicherstellt (Art. 13).

Art. 14­23

Zusammenarbeit bei der Rückverfolgung

Das UNO-Rückverfolgungsinstrument sieht in den Artikeln 14­23 die Modalitäten vor, nach denen Ersuchen ausländischer Stellen um Rückverfolgung illegaler Waffen gestellt werden müssen. Die Bestimmungen beschreiben im Detail, welche Angaben ein Begehren um Rückverfolgung enthalten muss (Art. 17), wie ein ange4582

fragter Staat zu reagieren hat, wie die Vertraulichkeit bei sensiblen Daten gewährleistet werden kann sowie unter welchen Umständen eine Auskunft verweigert, verzögert oder eingeschränkt werden darf (Art. 22). Vorausgesetzt wird, dass ein Teilnehmerstaat des UNO-Rückverfolgungsinstruments in der Lage ist, Rückverfolgungen durchzuführen und entsprechenden Gesuchen nachzukommen.

Art. 24­35

Durchführung

Es ist (mindestens) eine nationale Kontaktstelle zu benennen, die Informationen austauschen und in allen Fragen der Durchführung des UNO-Rückverfolgungsinstruments Verbindung wahren soll. Die zwischenstaatliche wie auch bedarfsweise Zusammenarbeit mit der UNO sowie Interpol werden festgehalten. Lediglich Empfehlungscharakter haben die Bestimmungen zur technischen, finanziellen und sonstigen Hilfe sowie zur internationalen Zusammenarbeit (Art. 27 und 28) und zur Nutzung der Mechanismen und Einrichtungen von Interpol (Art. 35).

Art. 36­38

Folgemassnahmen

Dem UNO Generalsekretär ist im Zweijahresrhythmus über die Durchführung des Rechtsinstruments, Erfahrungen bei der Rückverfolgung sowie Hilfe und Massnahmen der internationalen Zusammenarbeit zu berichten. Im gleichen Rhythmus sollen die Staaten zusammentreten, um diese Berichte zu prüfen.

3.4

Keine Vorbehalte oder Erklärungen

Das UNO-Rückverfolgungsinstrument ist aufgrund einer Kompromisslösung der beteiligten Staaten nur von politischer Natur. Es ist allein vom politischen Willen eines jeden Staates abhängig, wie und insbesondere in welchem Zeitrahmen die Bestimmungen umgesetzt werden (Ziff. 24 des UNO-Rückverfolgungs-instruments).

Das Anbringen von Vorbehalten und Erklärungen zum UNO-Rückverfolgungsinstrument ist daher weder vorgesehen noch nötig.

Im Zuge der Umsetzung des UNO-Rückverfolgungsinstrumentes wird das MIG um eine Bestimmung ergänzt, wonach Daten über die Abgabe und Rücknahme der persönlichen Waffe nach der Entlassung Militärdienstpflichtiger künftig während zwanzig Jahren aufbewahrt werden (siehe Vorlage II). Dieses Gesetz regelt bereits die Frist zur Aufbewahrung dieser Daten, doch unterliegen diese einer subsidiären Aufbewahrungsdauer von lediglich fünf Jahren. Das UNO-Rückverfolgungsinstrument kann ansonsten auf Verordnungsebene umgesetzt werden.

4

Weitere notwendige Gesetzesanpassungen, die sich unabhängig vom UNO-Feuerwaffenprotokoll und UNO-Rückverfolgungsinstrument aufdrängen

Die Verordnung vom 26. August 200943 über die operative Zusammenarbeit mit den anderen Schengen-Staaten zum Schutz der Aussengrenzen des Schengen-Raums (VZAG) ist am 1. Oktober 2009 in Kraft getreten. Sie regelt die operative Zusam43

SR 631.062

4583

menarbeit mit anderen Schengen-Staaten an den Aussengrenzen des SchengenRaums im Sinne der Verordnungen (EG) Nr. 2007/200444 (FRONTEX-Verordnung) und Nr. 863/200745 (RABIT-Verordnung). Artikel 26 Absatz 1 VZAG befreit ausländisches Personal der Grenzschutzbehörden im Rahmen von Einsätzen oder zu Ausbildungszwecken von der Pflicht zur Erlangung einer Bewilligung für die Verbringung von Feuerwaffen und Material in schweizerisches Staatsgebiet sowie deren Aus- oder Durchfuhr. Zur Frage der Waffentragbewilligung äussert sich die Verordnung nicht. Die Befreiung von der Bewilligungspflicht für das vorübergehende Verbringen von Waffen ins schweizerische Staatsgebiet ist in Artikel 25a WG nicht ausdrücklich vorgesehen. Zur Klärung der Rechtslage sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausländischer Grenzschutzbehörden im Waffengesetz von der Bewilligungspflicht für das vorübergehende Verbringen von Feuerwaffen zu befreien.

Ausserdem sieht Artikel 27 WG vor, dass eine Waffentragbewilligung benötigt, wer eine Waffe an öffentlich zugänglichen Orten tragen oder sie transportieren will. Die genannte Personengruppe ist von der Pflicht zur Erlangung einer Waffentragbewilligung zu befreien. Artikel 27 Absatz 4 WG ist um die entsprechende Ausnahme zu ergänzen.

Um die Arbeit mit einigen bestimmten Datenbanken zu erleichtern, sind der Artikel 2 Absatz 1 und der Artikel 32j Absatz 2 Buchstabe a geändert und der Artikel 32c Absatz 2bis geschaffen worden.

5

Verhältnis zum geltenden Recht und für die Umsetzung erforderliche Gesetzesanpassungen

5.1

Verhältnis insbesondere zu den Bestimmungen des Waffen-, Kriegsmaterial- und Güterkontrollgesetzes

Das WG hat zum Zweck, die missbräuchliche Verwendung von Waffen, Waffenbestandteilen, Waffenzubehör, Munition und Munitionsbestandteilen zu bekämpfen.

Es regelt neben dem Zweck, das missbräuchliche Tragen von gefährlichen Gegenständen zu verhindern, den Erwerb, das Verbringen in das schweizerische Staatsgebiet, die Ausfuhr, das Aufbewahren, den Besitz, das Tragen, den Transport, das Vermitteln, die Herstellung von und den Handel mit Waffen, wesentlichen oder besonders konstruierten Waffenbestandteilen und Waffenzubehör sowie mit Munition und Munitionsbestandteilen. Das Waffengesetz regelt jedoch nur die Ausfuhr in Schengen-Staaten (Begleitscheinverfahren oder Europäischer Feuerwaffenpass).

Faktisch betrifft dies Jagd- und Sportwaffen mit der dazugehörigen Munition zum persönlichen Gebrauch. Im Übrigen richtet sich die Ausfuhr nach der Kriegsmaterial- oder Güterkontrollgesetzgebung. Für die Waffengesetzgebung sind daher jene Bestimmungen der des UNO-Feuerwaffenprotokolls und des UNO-Rückverfol44

45

Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 des Rates vom 26. Oktober 2004 zur Errichtung einer Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Aussengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, ABl. L 349 vom 25.11.2004, S. 1.

Verordnung (EG) Nr. 863/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über einen Mechanismus zur Bildung von Soforteinsatzteams für Grenzsicherungszwecke und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 des Rates hinsichtlich dieses Mechanismus und der Regelung der Aufgaben und Befugnisse von abgestellten Beamten, ABl. L 199 vom 31.7.2007, S. 30.

4584

gungsinstruments relevant, welche die Herstellung und die Verbringung in schweizerisches Staatsgebiet regeln. Bestimmungen zur Ausfuhr betreffen das Waffengesetz nur im genannten Teilbereich.

Das KMG bezweckt, durch die Kontrolle der Herstellung und des Transfers von Kriegsmaterial und der entsprechenden Technologie die internationalen Verpflichtungen der Schweiz zu erfüllen sowie ihre aussenpolitischen Grundsätze zu wahren.

Dabei soll in der Schweiz eine an die Bedürfnisse ihrer Landesverteidigung angepasste industrielle Kapazität aufrechterhalten werden können. Die Kriegsmaterialgesetzgebung ist von den Aus- und Durchfuhrbestimmungen der beiden internationalen Vorgaben betroffen. Im Geltungsbereich des UNO-Rückverfolgungsinstruments sind zudem die Herstellung und die Verbringung in schweizerisches Staatsgebiet von Kleinwaffen, die nicht Feuerwaffen sind, und von leichten Waffen dem KMG unterstellt.

Subsidiär zum Kriegsmaterialgesetz regelt das GKG die Kontrolle doppelt verwendbarer Güter sowie besonderer militärischer Güter. Gemeint sind Güter, die sowohl für zivile als auch für militärische Zwecke verwendet werden können und Güter, die für militärische Zwecke konzipiert oder abgeändert worden sind, die aber weder Waffen, Munition, Sprengmittel noch sonstige Kampf- oder Gefechtsführungsmittel sind, sowie militärische Trainingsflugzeuge mit Aufhängepunkten. Im Bereich der Kleinwaffen und leichten Waffen fallen insbesondere Jagd- und Sportwaffen, die ohne entsprechende Änderungen nicht auch Kampfwaffen sind, unter die Güterkontrollgesetzgebung und werden bei der Ausfuhr kontrolliert.

Die Klärung des Anpassungsbedarfs in den drei Gesetzgebungen erfolgt getrennt nach Sachgebieten. Bedarfsweise wird auf weitere Gesetze Bezug genommen.

5.1.1

Begriffsbestimmungen

Forderungen der internationalen Instrumente Die Begriffsbestimmungen gemäss UNO-Feuerwaffenprotokoll werden unter der Ziffer 2.3 (Art. 3 Begriffsbestimmungen) kommentiert.

Die Begriffsbestimmungen gemäss UNO-Rückverfolgungsinstrument werden unter der Ziffer 3.3 (Art. 4­6 Begriffsbestimmungen) kommentiert.

Waffengesetz Die Definitionen des UNO-Feuerwaffenprotokolls stimmen mit denjenigen des Waffenrechts weitgehend überein. Nach der Terminologie des schweizerischen Waffenrechts wurde indessen für den Begriff der «Schusswaffe» mit der SchengenUmsetzung im Waffenrecht der Begriff «Feuerwaffe» eingeführt.

Die Begriffsbestimmungen «Abgabe von Geschossen durch eine Treibladung» und «tragbar durch eine Person» decken sich im Waffengesetz (Art. 4 Abs. 1 Bst. a) und im UNO-Feuerwaffenprotokoll. Das Wort «tragbar» im UNO-Feuerwaffenprotokoll wurde eingefügt, um klarzustellen, dass nur eine Person, ohne mechanische oder sonstige Hilfe, die Feuerwaffe bewegen oder tragen kann46.

46

Dokument A/55/383 add. 3; Ergänzung zu Artikel 3 Buchstabe a.

4585

Antike Feuerwaffen sowie ihre Nachbildungen sind gemäss Artikel 3 des UNOFeuerwaffenprotokolls nach innerstaatlichem Recht zu definieren. Sie fallen nicht unter den Begriff der Feuerwaffe. Die Bestimmungen des UNO-Feuerwaffenprotokolls sind nicht auf Feuerwaffen oder deren Nachbildungen anwendbar, die vor 1900 hergestellt wurden (Demnach gelten die nach 1899 hergestellten Feuerwaffen nicht als antik.) Es handelt sich hierbei um einen Mindeststandard. Den Vertragsstaaten steht es frei, Waffen, die vor 1900 hergestellt worden sind, als Feuerwaffen zu behandeln. Gemäss Artikel 2 Absatz 2 WG gelten hingegen Feuerwaffen, die vor 1870 hergestellt worden sind, als antik. Die engere Schweizer Definition der Antiquiertheit kann dazu führen, dass einige Vertragsstaaten bei Anfragen der Schweiz zu Feuerwaffen mit Herstellungsdatum zwischen 1870 und 1899 die Zusammenarbeit verweigern. Der Schengen-Besitzstand gibt im Artikel 82 des SDÜ47 die Definition von antiken Feuerwaffen vor und legt als Referenzdatum das Jahr 1870 fest. Massgebenden ist das Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der Benelux-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen. Im mittlerweile aufgehobenen Artikel 2 WV48 war ursprünglich das Jahr 1890 festgelegt gewesen.

Somit ist der Begriff der Feuerwaffe nach dem Waffengesetz vereinbar mit jenem der Schusswaffe gemäss dem UNO-Feuerwaffenprotokoll.

Unter die «Teile und Komponenten» gemäss UNO-Feuerwaffenprotokoll fallen Teile oder Ersatzteile, die eigens für die Feuerwaffe konstruiert und für ihr Funktionieren wesentlich sind. Insbesondere der Lauf, der Rahmen, das Gehäuse, der Schlitten, die Trommel, der Verschluss oder das Verschlussstück und der Schalldämpfer werden aufgeführt. Die meisten dieser Teile fallen nach schweizerischem Recht unter die «wesentlichen Waffenbestandteile» gemäss Artikel 3 der Waffenverordnung vom 2. Juli 2008 (WV)49. Der Schlitten gilt nach schweizerischem Recht als Verschluss.

Die Revolvertrommel fällt nach schweizerischem Recht nicht unter die wesentlichen Bestandteile gemäss Artikel 3 WV, ist aber Bestandteil einer Feuerwaffe. Die unterschiedliche Begriffsbestimmung des
UNO-Feuerwaffenprotokolls allein wirkt sich nicht auf die Umsetzung aus, weil gemäss UNO-Feuerwaffenprotokoll die Registrierung für Komponenten (darunter die Trommel) fakultativ ist und die Markierungspflicht sich nur auf die Feuerwaffe, nicht auf Komponenten bezieht. Es besteht daher gestützt darauf kein Anpassungsbedarf im schweizerischen Recht.

Das UNO-Feuerwaffenprotokoll erwähnt auch den Schalldämpfer unter den «Teilen und Komponenten», obwohl er für das Funktionieren der Feuerwaffe nicht wesentlich ist. Grund dafür ist die erhöhte Gefährlichkeit schallgedämpfter Feuerwaffen für die öffentliche Sicherheit. Spricht also das UNO-Feuerwaffenprotokoll von Teilen und Komponenten, so sind Schalldämpfer eingeschlossen. Schalldämpfer stellen nach Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe a WG in Verbindung mit Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe b WV «besonders konstruierte Bestandteile von Waffenzubehör» dar, deren Verbringung in Schweizerisches Staatsgebiet gemäss Artikel 5 Absatz 1 47 48 49

ABl. L 239 vom 22.9.2000, S.19.

AS 1998 2549 aufgehoben durch Verordnung vom 2. Juli 2008 über Waffen, Waffenzubehör und Munition (AS 2008 5525).

SR 514.541

4586

Buchstabe g WG verboten bzw. gemäss Artikel 35 WV nur mit einer Ausnahmebewilligung möglich ist. Damit geht die schweizerische Gesetzgebung bei den Schalldämpfern bereits weiter, als es das UNO-Feuerwaffenprotokoll fordert (Art. 10 UNO-Feuerwaffenprotokoll fordert die Schaffung eines «Systems von Genehmigungen» für die Verbringung).

Der schweizerische Begriff der Munition ist mit den Vorgaben des UNO-Feuerwaffenprotokolls vereinbar. Zwar versteht das UNO-Feuerwaffenprotokoll unter dem Begriff Munition auch deren Komponenten, das Waffengesetz dagegen nur die vollständige Munition. Die Bestimmungen des Waffenrechts zur Munition regeln jedoch neben der Munition immer auch explizit die Munitionsbestandteile (vgl.

Art. 1, 6, 7, 17­19, 26, 31 WG sowie die Kap. 3, 5 und 8 WG). In den Bestimmungen des UNO-Feuerwaffenprotokolls, deren Umsetzung für die Schweiz mit einem konkreten Mehraufwand verbunden sein wird (Markierung), sind Teile, Komponenten und Munition nicht zwingend miterfasst. Die Markierungspflicht für kleinste Verpackungseinheiten von Munition wird bereits mit der Schengen-Weiterentwicklung im schweizerischen Waffenrecht eingeführt (neuer Art. 18b WG)50.

Die Definition der unerlaubten Herstellung und des unerlaubten Handels von Feuerwaffen, ihren wesentlichen Bestandteilen, Schalldämpfern sowie Munition und Munitionsbestandteilen gemäss Artikel 3 UNO-Feuerwaffenprotokoll kann vereinfacht zusammengefasst werden. Danach sind die genannten Gegenstände unrechtmässig hergestellt oder gehandelt, wenn dies ohne Genehmigung geschieht oder die vorgeschriebenen Markierungen nicht angebracht oder manipuliert werden.

Gemäss UNO-Rückverfolgungsinstrument stellt der Begriff der «Kleinwaffe» auf die Bestimmung der Feuerwaffe zur Verwendung durch eine Person ab. Dies deckt sich mit dem Feuerwaffenbegriff gemäss Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a WG. Die «leichten Waffen», gemäss UNO-Rückverfolgungsinstrument zur Verwendung durch mehr als eine Person bestimmt, fallen nicht unter das Waffengesetz, wohl aber unter die Exportkontrollgesetzgebung des KMG und GKG. Nicht unter die beiden Begriffe «Kleinwaffen» und «leichte Waffen» fallen antike Feuerwaffen. Deren Definition entspricht jener des UNO-Feuerwaffenprotokolls (vgl. Ausführungen dort). Regelungsbedarf im Waffenrecht ergibt sich daraus nicht.

Ziel des
UNO-Rückverfolgungsinstruments ist die Identifikation und Rückverfolgung illegaler Kleinwaffen und leichter Waffen. Illegal sind nach dem UNORückverfolgungsinstrument Waffen, wenn sie am Ort der Auffindung als illegal gelten, entgegen einem Embargo des UNO-Sicherheitsrats weitergegeben wurden, nicht vorschriftsgemäss gekennzeichnet sind oder wenn sie ohne Genehmigung hergestellt, zusammengebaut oder weitergegeben wurden. Diese Kriterien bestimmen vor allem die Fälle, in denen Ersuchen um Rückverfolgung gestellt werden können. Sie sind mit der Waffengesetzgebung und dem Begriff der unerlaubten Herstellung und des unerlaubten Handels des UNO-Feuerwaffenprotokolls vereinbar.

50

BBl 2009 8817

4587

Kriegsmaterialgesetz Die der Kriegsmaterialgesetzgebung unterstellten Güter werden in Anhang 1 der Kriegsmaterialverordnung vom 25. Februar 1998 (KMV)51 aufgelistet. Die Kategorisierung basiert auf der sogenannten «Munitions List» der Vereinbarung von Wassenaar52, einem internationalen Exportkontrollregime, dem auch die Schweiz angehört. Die vom UNO-Feuerwaffenprotokoll erfassten Feuerwaffen sind in erster Linie Waffen der Kategorie KM 1 (Hand- und Faustfeuerwaffen jeglichen Kalibers) sowie zu einem kleinen Teil auch Waffen der Kategorie KM 2 (Waffen jeglichen Kalibers jedoch ohne Hand- und Faustfeuerwaffen). Ausgenommen sind dabei unter anderem Waffen, die vor 1890 hergestellt wurden, und ihre Nachbildungen. Diese Bestimmung ist mit dem UNO-Feuerwaffenprotokoll vereinbar, das antike Feuerwaffen nicht erfasst, soweit diese 1899 oder früher hergestellt wurden. Die Schweizer Kriegsmaterialliste sieht weitere Ausnahmen vor, beispielsweise scheiden bestimmte Jagd- und Sportwaffen aus. Dies stellt im Hinblick auf das UNOFeuerwaffenprotokoll kein Problem dar, da mit der Güterkontrollgesetzgebung die lückenlose Erfassung der verlangten Güter sichergestellt wird. Die bezeichneten «Teile und Komponenten» werden als Bestandteile und Zubehör unter den entsprechenden Waffen-Kategorien, also KM 1 oder KM 2, kontrolliert. Dabei werden nicht nur für das Funktionieren wesentliche Teile erfasst, sondern grundsätzlich alle Bestandteile, soweit diese für Kriegsmaterial besonders konstruiert sind. Die dazugehörige Munition wird unter KM 3 erfasst. Dies gilt grundsätzlich auch für Munitionsbestandteile, wobei auch andere Kategorien betroffen sein können. So fällt beispielsweise das im UNO-Feuerwaffenprotokoll erwähnte Treibladungspulver unter KM 8.

Die im UNO-Rückverfolgungsinstrument erfassten Kleinwaffen und leichten Waffen werden ebenfalls von den Kategorien KM 1 und KM 2 abgedeckt. Letztere enthält vor allem ­ jedoch nicht ausschliesslich ­ die leichten Waffen.

Güterkontrollgesetz Anhang 3 der Güterkontrollverordnung vom 25. Juni 1997 (GKV)53 enthält die oben erwähnte «Munitions List» der Vereinbarung von Wassenaar. Was von dieser Liste nicht als Kriegsmaterial qualifiziert ist, gilt als besonderes militärisches Gut und bleibt dem GKG unterstellt. Für den sachlichen Geltungsbereich der beiden internationalen
Instrumente stehen dabei analog zur Kriegsmaterialliste die Positionen ML 1 und ML 2 für die Waffen, deren Bestandteile und Zubehör sowie ML 3 für die Munition und Munitionsbestandteile im Vordergrund.

Einzelne Waffen, vor allem bestimmte Jagd- und Sportwaffen, gelten weder als Kriegsmaterial noch als besondere militärische Güter. Ziffer 1 des Anhangs 5 der GKV stellt sicher, dass diese Waffen auch der Kontrolle des GKG unterstellt sind.

51 52

53

SR 514.511 Die Vereinbarung von Wassenaar (Wassenaar Arrangement, WA) ist ein internationales Exportkontrollregime. Ziel des WA ist es, eine destabilisierende Anhäufung von konventionellen Waffen und Industriegütern (sog. Dual-Use Güter), die zu deren Herstellung dienen, zu verhindern und dadurch zur Förderung der regionalen und internationalen Sicherheit und Stabilität beizutragen; Das Dokument ist abrufbar unter: http://www.un.org/fr/disarmament/conventions.shtml SR 946.202.1

4588

Folglich sind alle von den beiden Instrumenten definierten Waffen, Teile, Komponenten und Munition einer Schweizer Exportkontrolle unterworfen: entweder dem KMG oder dem GKG. Auch wenn die Begriffe des UNO-Feuerwaffenprotokolls und des Rückverfolgungsinstruments mit der Terminologie dieser beiden Gesetzgebungen nicht übereinstimmen, lassen sich die sachlichen Geltungsbereiche im geltenden Recht einordnen. Störend könnte dabei sein, dass bei einem allfälligen Revisionsbedarf im Zuge dieser Umsetzung etwas systemfremd für einen kleinen Bereich der Güterlisten Spezialregelungen erlassen werden müssten.

5.1.2

Geltungsbereich

Forderungen der internationalen Instrumente Das UNO-Feuerwaffenprotokoll nimmt Waffentransfers im Interesse der nationalen Sicherheit zwischen Staaten und entsprechende Waffentransfers in hoheitlicher Funktion von seinem Geltungsbereich aus. Das UNO-Rückverfolgungsinstrument findet dagegen auch auf Waffentransfers zwischen Staaten Anwendung.

Der grenzüberschreitende Charakter von Sachverhalten oder die Verbindung zur organisierten Kriminalität wird vom UNO-Feuerwaffenprotokoll nicht verlangt, namentlich nicht für dessen Strafbestimmungen (vgl. Ziff. 2.3, [Art. 4 Geltungsbereich]). Das UNO-Rückverfolgungsinstrument verzichtet ganz auf diese beiden Sachverhaltselemente.

Waffengesetz Wie das UNO-Feuerwaffenprotokoll klammert auch das WG staatliche Stellen (Armee, den Militärverwaltungen, Zoll- und Polizeibehörden von seinem Geltungsbereich aus. Eine Ausnahme bilden Fälle, die im Artikel 32c Absatz 2bis und im Artikel 32j Absatz 2 aufgeführt werden. (Um der Korrektheit willen wurde der Artikel 2 Absatz 1 im Rahmen dieser Vorlage angepasst.) Weil die Vorgaben der beiden internationalen Instrumente (Markierung, Registrierung, Informationsaustausch) beim Übergang vom staatlichen in den zivilen Gebrauch erfüllt sind, ergibt sich kein Regelungsbedarf (vgl. Ziff. 5.1.3 und 5.1.4).

Weil ein «grenzüberschreitender Charakter» oder eine «Verbindung zur organisierten Kriminalität» weder vom UNO-Rückverfolgungsinstrument noch vom UNOFeuerwaffenprotokoll verlangt wird, sind die beiden Sachverhaltselemente bei der Umsetzung in schweizerisches Recht unbeachtlich.

Die im UNO-Rückverfolgungsinstrument erwähnten Selbstladepistolen fallen im schweizerischen Recht unter die Kategorie der Faustfeuerwaffen.

Kriegsmaterialgesetz Die Beschaffungsorganisation des Bundes für Kriegsmaterial (armasuisse) ist teilweise vom Geltungsbereich des Kriegsmaterialgesetzes ausgenommen. So finden beispielsweise die Bestimmungen über die Grundbewilligung keine Anwendung.

Die Bestimmungen über die Vermittlung von Immaterialgütern oder die Einräumung von Rechten daran gelten für die armasuisse ebenfalls nicht, soweit ihre Geschäfte im Zusammenhang mit der Beschaffung von Kriegsmaterial für die schweizerische Armee stehen.

4589

Güterkontrollgesetz Das Güterkontrollgesetz gilt für doppelt verwendbare Güter und für besondere militärische Güter, die Gegenstand internationaler Abkommen sind. Der Bundesrat bestimmt, welche doppelt verwendbaren Güter und welche besonderen militärischen Güter, die Gegenstand völkerrechtlich nicht verbindlicher internationaler Kontrollmassnahmen sind, diesem Gesetz unterstellt werden. Das Güterkontrollgesetz gilt nur so weit, als nicht das Kriegsmaterialgesetz oder das Kernenergiegesetz vom 21. März 2003 (KEG)54 anwendbar ist.

5.1.3

Markierung

Forderungen der internationalen Instrumente Das UNO-Feuerwaffenprotokoll fordert für Feuerwaffen (nicht für Teile, Komponenten, Munition und antike Feuerwaffen oder deren Nachbildungen) eine Kennzeichnung (einschliesslich Herstellungsland oder -ort) im Zeitpunkt ihrer Herstellung. Jede dauerhaft importierte Feuerwaffe hat zudem eine geeignete einfache Kennzeichnung des Einfuhrlandes (d.h. der Schweiz) aufzuweisen.

Gemäss UNO-Rückverfolgungsinstrument ist für Kleinwaffen und leichte Waffen die Herstellerkennzeichnung auf einer freiliegenden Oberfläche eines wesentlichen Waffenbestandteils anzubringen. Die Importkennzeichnung ist im UNO-Rückverfolgungsinstrument nicht vorgeschrieben.

Im Falle einer Überführung von Kleinwaffen oder leichten Waffen der Armee oder der öffentlichen Sicherheitskräfte in dauerhafte zivile Verwendung stellt das UNORückverfolgungsinstrument die gleichen Ansprüche wie das UNO-Feuerwaffenprotokoll: Anbringen einer «eindeutigen, geeigneten» Kennzeichnung, so dass das überführende Land (d.h. die Schweiz) identifizierbar ist.

Nicht vorschriftsgemäss gekennzeichnete und registrierte Kleinwaffen und leichte Waffen sind, werden die Kennzeichnung und Registrierung nicht nachgeholt, schnellstmöglich zu vernichten. Bis dahin sind sie gemäss Artikel 9 UNO-Rückverfolgungsinstrument sicher zu lagern (vgl. Ziff. 5.1.6).

Kleinwaffen oder leichte Waffen der Armee und der Polizei, die zu deren eigenen Verwendung bestimmt sind, müssen gemäss UNO-Rückverfolgungsinstrument ordnungsgemäss gekennzeichnet sein. Diese Kennzeichnung muss nicht zwingend die Anforderungen an die Herstellerkennzeichnung erfüllen.

Waffengesetz Der Begriff «Kennzeichnung» im UNO-Feuerwaffenprotokoll und im UNO-Rückverfolgungsinstrument entspricht dem Begriff «Markierung» im Waffenrecht.

Artikel 18a WG verlangt die Anbringung einer einzelnen und unterschiedlichen Markierung bei der Herstellung sowie das Vorhandensein derselben als Voraussetzung für die Verbringung von Feuerwaffen, wesentlichen Bestandteilen oder Zubehör in schweizerisches Staatsgebiet. Mit der Weiterentwicklung des SchengenBesitzstands wird in einem Artikel 18b WG auch die Pflicht eingeführt, die kleinsten Verpackungseinheiten von Munition bei der Herstellung oder beim Verbringen in 54

SR 732.1

4590

das schweizerische Staatsgebiet einzeln zu markieren55. Eine zusätzliche Pflicht zur Markierung des importierenden Staates besteht nach schweizerischem Recht noch nicht.

Die Forderung des UNO-Feuerwaffenprotokolls, mit der Markierung auch Herstellungsland oder -ort anzubringen, wird bereits Rahmen der Umsetzung der SchengenWeiterentwicklung im Ausführungsrecht umgesetzt (Art. 31 Abs. 1: neuer Bst. c WV). Auch die Markierung des Herstellungsjahres ist vorgesehen, was über das UNO-Feuerwaffenprotokoll hinausgeht (Bst. d).

Die geeignete einfache Markierung des Einfuhrlandes (und allenfalls des Einfuhrjahres) von Feuerwaffen, die im Fall dauerhafter Verbringung in schweizerisches Staatsgebiet beim Grenzübertritt der Waffe jeweils noch zusätzlich zur eindeutigen Grundmarkierung (Hersteller, Herstellungsland oder -ort, Seriennummer) angebracht sein muss, kann im Ausführungsrecht geregelt werden. Die Detailangaben wurden bereits für die Herstellungsmarkierung im Verordnungsrecht geregelt.

Ein Verzeichnis muss geschaffen werden, in dem die Markierungen der Hersteller und Importeure erfasst werden.

In der Schweiz sind, was die Weitergabe von Feuerwaffen aus staatlichen Beständen in die dauerhafte zivile Verwendung angeht, auf Stufe Bund neben dem Militär die Zollverwaltung (insbesondere das Grenzwachtkorps), Teile des Bundesamtes für Polizei und Angehörige der Betriebswache von Kernanlagen mit Feuerwaffen ausgerüstet. Auf Stufe der Kantone und der Gemeinden sind dies die Polizeikorps und die Jagdinspektorate beziehungsweise Wildhüter. Entsprechend besteht für die vorerwähnten Behörden die Möglichkeit, Waffen in zivilen Gebrauch zu übergeben (z.B.

beim Austritt aus dem Dienst).

Die Schweizer Armee markiert alle Ordonnanzwaffen mit dem Schweizer Hoheitszeichen (Schweizerkreuz), einer individuellen Nummer und einem «A» für Armee56.

Wird die Waffe zu privatem Eigentum überlassen, so wird sie gemäss Artikel 14 Absatz 3 der Verordnung vom 5. Dezember 2003 über die persönliche Ausrüstung der Armeeangehörigen (VPAA)57 mit einem «P» als Privateigentum gekennzeichnet.

Die Feuerwaffen der Polizeibehörden auf den Stufen Bund, Kantone und Gemeinden, der Zollbehörden, der Jagdinspektorate beziehungsweise Wildhüter und der Betriebswache von Kernanlagen sind gleich markiert wie die Feuerwaffen, die für den zivilen
Gebrauch gedacht sind. Allenfalls weisen sie eine zusätzliche Markierung (z.B. Wappen) auf. Diese Praxis ist nicht in einem formellen Gesetz, sondern in Verordnungen und Weisungen angemessen geregelt. Aus Überlegungen der Sicherheit und Verantwortlichkeit weichen die Behörden von dieser Praxis nicht ab. Im Übrigen werden Feuerwaffen der Betriebswache von Kernanlagen und der Zollbehörden nicht in den zivilen Gebrauch übergeben.

55 56

57

BBl 2009 8817 Eine rechtliche Grundlage für diese Praxis fehlt weitgehend. Die Weisung des Stabs der Gruppe für Generalstabsdienste vom 4. Juli 1977 über die Nummerierung von persönlichen Hand- und Faustfeuerwaffen sowie von Kollektivhand- und Faustfeuerwaffen gibt immerhin Aufschluss darüber, welcher Waffentyp welche Nummer erhält. Sie ist in Papierform bei der zuständigen Stelle des VBS einsehbar.

SR 514.10

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Da somit bei allen Waffen, die vom staatlichen in den zivilen Gebrauch übergehen, das überführende Land ermittelt werden kann, ergibt sich kein Regelungsbedarf.

Artikel 7 des UNO-Rückverfolgungsinstruments hält die Anforderungen an die Qualität von Markierungen von Feuerwaffen fest. In der Waffenverordnung ergibt sich dazu kein Anpassungsbedarf. Artikel 31 Absatz 1 WV hält fest, Markierungen seien einzeln, unterschiedlich und deutlich sichtbar anzubringen. Die geforderte deutliche Sichtbarkeit ohne technische Hilfen oder Werkzeuge, die leichte Erkennbarkeit, Lesbarkeit, Dauerhaftigkeit und Wiederherstellbarkeit nach Massgabe der technischen Möglichkeiten müssen nicht ergänzt werden, da sich diese Anforderungen aus den bereits bestehenden drei ergeben. So sind beispielsweise die Lesbarkeit und Dauerhaftigkeit selbstverständliche Voraussetzungen einer Markierung.

Für die Markierung von Waffen, die sich in staatlichem Besitz befinden, können gemäss Artikel 8 Buchstabe d UNO-Rückverfolgungsinstrument weniger hohe Anforderungen gelten als für solche, die sich in privatem Besitz befinden. Ein Anpassungsbedarf ergibt sich demzufolge nicht.

Kriegsmaterialgesetz Die Herstellung und die Verbringung von Feuerwaffen in das schweizerische Staatsgebiet sind vom Waffengesetz erfasst, weshalb die Kriegsmaterialgesetzgebung von den Kennzeichnungspflichten gemäss Artikel 8 des Feuerwaffenprotokolls nicht betroffen ist.

Jedoch regelt das KMG die Herstellung und die Einfuhr von Kleinwaffen und leichten Waffen, die nicht Feuerwaffen sind und damit nicht dem Waffengesetz unterstehen. Folglich würden in diesem Bereich die Markierungspflichten des UNO-Rückverfolgungsinstruments greifen, da dessen sachlicher Anwendungsbereich nicht nur Feuerwaffen, sondern alle Kleinwaffen und leichten Waffen umfasst. Um den Forderungen des UNO-Rückverfolgungsinstruments vollständig nachzukommen, müsste eine Spezialregelung bezüglich Herstellungsmarkierung für bestimmte Kleinwaffen und leichte Waffen geschaffen werden. Dabei stellen sich verschiedene Probleme.

Dem KMG sind Markierungsverpflichtungen fremd. Sie sollen einheitlich von einem Gesetz, nämlich dem WG, geregelt werden. Es scheint deshalb fraglich, ob sich solch systemfremde Bestimmungen im KMG rechtfertigen, zumal die Gefahr der unkontrollierten Verbreitung bei schwerem
militärischem Geschütz ungleich kleiner ist als bei Feuerwaffen. Weiter müssten die betroffenen Waffen praktisch einzeln aufgezählt werden, da diese nicht einfach in der bestehenden Kriegsmaterialkategorisierung abgegrenzt werden könnten und das KMG den Begriff der Kleinwaffen und leichten Waffen nicht kennt. In der Schweiz werden keine Kleinwaffen und leichten Waffen hergestellt, die nicht als Feuerwaffen gemäss WG gelten. Einer Spezialregelung würde es deshalb auch an der praktischen Relevanz fehlen. Aus den aufgeführten Gründen wird auf eine Anpassung des KMG verzichtet.

Bezüglich Importmarkierung kann festgehalten werden, dass zwar Waffen im vorliegend diskutierten Anwendungsbereich in die Schweiz importiert werden, dies jedoch für den Einbau, beispielsweise in einen Schützenpanzer. Sie werden folglich nicht unverändert wieder ausgeführt. Aus diesen Überlegungen heraus wird auf die Importmarkierung, welche im UNO-Rückverfolgungsinstrument ohnehin lediglich als Empfehlung formuliert ist, ebenfalls verzichtet.

4592

Güterkontrollgesetz Das GKG kontrolliert weder die Herstellung noch die Einfuhr von Kleinwaffen und leichten Waffen. Diese Tätigkeiten sind entweder durch das WG oder das KMG geregelt.

5.1.4

Registrierung

Forderungen der internationalen Instrumente Das UNO-Feuerwaffenprotokoll sieht eine obligatorische Aufbewahrungsfrist von zehn Jahren für Informationen zu den Markierungen und den internationalen Transaktionen vor.

Informationen über die Herstellung sind gemäss dem UNO-Rückverfolgungsinstrument während dreissig Jahren aufzubewahren. Alle anderen Informationen sind während zwanzig Jahren aufzubewahren. Darunter fallen auch Informationen zur Verbringung in schweizerisches Staatsgebiet und zur Ausfuhr. Wenn Unternehmen ihre Geschäftstätigkeit einstellen, sind deren Informationen nach den innerstaatlichen Rechtsvorschriften dem Staat zu übergeben.

Waffengesetz Das geltende Waffengesetz kennt in Artikel 21 bereits die zehnjährige Aufbewahrungspflicht für Informationen, über die die Inhaber von Handelsbewilligungen (Herstellung, Reparatur und Handel) Buch führen müssen. Artikel 21 erfasst Waffen, wesentliche oder besonders konstruierte Waffenbestandteile, Waffenzubehör, Munition und Schiesspulver. Aufzubewahren sind Informationen über Herstellung und Handel (Beschaffung, Verkauf, sonstiger Vertrieb). Artikel 30 WV führt die Details aus.

Zwei im Vernehmlassungsverfahren um Stellungnahme gebetene Organisationen haben die Frage der Schaffung eines Zentralregisters aufgeworfen, wobei sich die eine dafür, die andere dagegen ausgesprochen hat. Dazu Folgendes: Nach der heutigen Praxis tauschen die Kantone im Bedarfsfall Daten aus. Derzeit wird ein Projekt zur Harmonisierung der kantonalen Datenbanken ausgearbeitet. Im Rahmen der hier unterbreiteten Vorlagen ist die Schaffung eines Zentralregisters kein Thema. Die Idee, ein Zentralregister zu schaffen, ist wiederholt diskutiert und immer wieder verworfen worden. An dieser Stelle wird die Diskussion nicht neu aufgenommen.

Die Bücher sind unter anderem bei Ablauf der Aufbewahrungsdauer (also nach zehn Jahren) an die zuständige kantonale Stelle zu übergeben. Mit der Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands wird Artikel 21 WG im Absatz 4 bereits um die Pflicht für die Behörden ergänzt, ihr übergebene Unterlagen während (weiteren) zwanzig Jahren aufzubewahren58. Damit ist im Normalfall die vom UNO-Rückverfolgungsinstrument maximal geforderte Aufbewahrungsdauer gesamthaft gewahrt. In Fällen der Geschäftsaufgabe, wo Unterlagen zur Herstellung vor dem Ablauf von
zehn Jahren an die zuständige kantonale Stelle übergeben werden, wird die geforderte Aufbewahrungsdauer von dreissig Jahren nicht erreicht. Dies ist aber unbeachtlich, da sich diese Übergabe gemäss Artikel 13 UNO-Rückverfolgungsinstrument nach innerstaatlichem Recht richtet.

58

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4593

An Angehörige des Bundesamts für Polizei (fedpol) kann je nach deren Funktion eine Feuerwaffe abgegeben werden (Bundeskriminalpolizei, Bundessicherheitsdienst). Beim Austritt aus dem Amt muss die Waffe zurückgegeben werden. Über die Abgabe und Rücknahme der Dienstwaffe wird bis zum Untergang der Waffe Buch geführt. Nach Ablauf der Aufbewahrungsdauer werden die Daten dem Bundesarchiv zur Übernahme angeboten. Beim Ausscheiden aus dem Amt kann, nach frühestens zehn Dienstjahren, die Dienstwaffe an die ausscheidende Person abgegeben werden. Die Abgabe der Dienstwaffe wird nach der eidgenössischen Waffengesetzgebung abgewickelt, womit die Forderung des UNO-Rückverfolgungsinstruments nach einer Aufbewahrung während mindestens zwanzig Jahren erfüllt ist.

Die Polizeihoheit liegt im Übrigen bei den Kantonen. Diese legen die Aufgaben ihrer bewaffneten Einheiten fest. Demzufolge regelt auch das kantonale Recht (meist in Polizeigesetzen) die Voraussetzungen zum Erhalt, zum Tragen und zum Gebrauch sowie zur Rückgabe von Feuerwaffen. Die Aufbewahrung der Unterlagen zur Bewaffnung der kantonalen und kommunalen Polizeikorps fällt entsprechend unter die kantonale Polizeihoheit. Sie entzieht sich einer Regelung durch den Bund.

Beim Ausscheiden aus der Armee erhalten Angehörige der Armee gemäss Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe d VPAA das Sturmgewehr bzw. gemäss Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe c VPAA die Pistole zu Eigentum, wenn sie u.a. einen gültigen Waffenerwerbsschein vorlegen. Mit der Überlassung der persönlichen Waffe zu Eigentum werden die Bestimmungen der Waffengesetzgebung anwendbar (Art. 15 VPAA). Damit unterliegen die zum Erhalt des Waffenerwerbsscheins gemachten Angaben den Buchführungspflichten gemäss Waffengesetzgebung. Zudem besteht gemäss Artikel 32j Absatz 2 Buchstabe a eine Meldepflicht an die Zentralstelle Waffen des Bundes. Die Forderung des UNO-Rückverfolgungsinstruments nach einer Aufbewahrung während mindestens zwanzig Jahren ist damit erfüllt.

Zum Thema der Aufbewahrungsdauer von Daten zur Abgabe und Rücknahme der persönlichen Waffe im Allgemeinen wird auf den unten stehenden Kommentar zum MIG verwiesen.

Die armasuisse beziehungsweise deren Finanzdienst bewahrt gemäss Artikel 31 der Finanzhaushaltsverordnung vom 5. April 200659 Unterlagen während zehn Jahren auf. Bei Spezialverträgen mit längeren
Laufzeiten ergibt sich die Dauer der Aufbewahrung aus der jeweiligen Laufzeit des Vertrages. Dies ist tragbar, da es an den Abnehmern ist, die Daten zu den beschafften Gütern während der nötigen Frist aufzubewahren.

Das Grenzwachtkorps ist gemäss Artikel 91 Absatz 2 des Zollgesetzes vom 18. März 2005 (ZG)60 ein bewaffneter und uniformierter Verband. Das Personal des Grenzwachtkorps darf gemäss Artikel 106 ZG Feuerwaffen einsetzen. Die Abgabe und Rücknahme der Dienstwaffe ist in einem internen Dienstdokument geregelt. Die Daten zu Schusswaffen aller Art sind demnach zwingend zu inventarisieren.

Gegenwärtig sind Arbeiten im Gang, eine Aufbewahrungsfrist für Daten über die Abgabe und Rücknahme der persönlichen Waffe nach der Entlassung aus der Dienstpflicht während zwanzig Jahren zu verankern. In der Praxis wird die Waffe jeweils nach Austritt eines Angehörigen der Grenzwache an einen nächsten Ange59 60

SR 611.01 SR 631.0

4594

hörigen der Grenzwache übergeben, sofern die Waffe nicht wegen Gebrauchsuntauglichkeit zerstört wird. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses wird die Dienstwaffe nicht an Austretende abgegeben. Würde eine Abgabe stattfinden, so wäre sie nach der eidgenössischen Waffengesetzgebung abzuwickeln. Zudem besteht gemäss Artikel 32j Absatz 2 Buchstabe a in solchen Fällen eine Meldepflicht an die Zentralstelle Waffen des Bundes. Die Forderung des UNO-Rückverfolgungsinstruments nach einer Aufbewahrung während mindestens zwanzig Jahren ist damit erfüllt.

Der berufliche Erwerb und die Rückgabe von Feuerwaffen der Betriebswachen von Kernanlagen und Jagdinspektoraten beziehungsweise Wildhüter richtet sich nach der Waffengesetzgebung (Waffenerwerbsschein). Entsprechendes gilt für die Buchführung, womit die Forderung des UNO-Rückverfolgungsinstruments nach einer Aufbewahrung während mindestens zwanzig Jahren erfüllt ist.

Die für Zollbehörden geltende Aufbewahrungsdauer für Zolldokumente im Rahmen des Zollveranlagungsprozesses bleibt von der vorliegenden Vorlage unberührt (vgl.

Artikel 96 der Zollverordnung vom 1. November 2006 [ZV]61), denn die erforderlichen Angaben lassen sich von den zuständigen staatlichen Stellen beibringen, beispielsweise aus Angaben, die für den Erhalt einer Bewilligung gemacht wurden.

Das Ausführungsrecht wird um die weiteren Informationen zu ergänzen sein, die gemäss dem UNO-Feuerwaffenprotokoll aufzubewahren sind. Das UNO-Rückverfolgungsinstrument verlangt genaue und umfassende Aufzeichnungen und äussert sich im Übrigen nur zur Dauer der Aufbewahrung. Es handelt sich um die in der Markierung der Feuerwaffe enthaltenen Angaben (bei Verbringung in die Schweiz: Bestimmungsland Schweiz und Jahr der Verbringung; bei der Überführung staatlicher Bestände in dauerhaften zivilen Gebrauch: überführendes Land Schweiz). Bei internationalen Transaktionen sind das Datum der Ausstellung und des Ablaufs der Genehmigung, der Ausfuhrstaat, der Staat, wohin die Feuerwaffe verbracht wird und die Durchfuhrländer sowie der Endempfänger der Waffen zu registrieren und aufzubewahren.

Kriegsmaterialgesetz Im Unterschied zum Waffenrecht regelt die Exportkontrollgesetzgebung die Aufbewahrungsdauer auf Verordnungsstufe. Die Kriegsmaterialverordnung schreibt in Artikel 17 eine Buchführungspflicht vor, welche
die Fabrikation, die Beschaffung, den Verkauf, die Vermittlung, den sonstigen Vertrieb von Kriegsmaterial sowie Vertragsabschlüsse im Zusammenhang mit Immaterialgütern umfasst. Die entsprechenden Unterlagen müssen während zehn Jahren aufbewahrt werden. Damit werden die Vorgaben des UNO-Feuerwaffenprotokolls bezüglich der Dauer der Aufbewahrung grundsätzlich erfüllt. Der verlangte Umfang der Registrierung kann ebenfalls sichergestellt werden. Das Protokoll sieht vor, dass gegebenenfalls auch Angaben zu Durchfuhrstaaten verfügbar sein müssen. Die Belegliste in Artikel 17 Absatz 2 der KMV könnte folglich noch um Transportdokumente ergänzt werden.

Von Inhabern von Generalbewilligungen kann das SECO gemäss Artikel 9e Absatz 3 KMV jederzeit Auskunft verlangen über Art, Menge, Zollveranlagungsdaten und Endverbleib derjenigen Güter, die im Rahmen einer Generaleinfuhrbewilligung (GEB) oder einer Generaldurchfuhrbewilligung (GDB) ein- oder durchgeführt werden. Die Auskunftspflicht erlischt zehn Jahre nach der Zollveranlagung.

61

SR 631.01

4595

Die Aufbewahrungsfrist von zwanzig beziehungsweise dreissig Jahren gemäss UNO-Rückverfolgungsinstrument kann unter dem KMG im Ergebnis sichergestellt werden. Herstellungsunterlagen sind unter dem KMG nur in Bezug auf Kleinwaffen und leichte Waffen relevant, die nicht Feuerwaffen gemäss WG sind. Solche Waffen werden in der Schweiz nicht hergestellt (vgl. Ziff. 5.1.3). Es fehlen folglich keine Unterlagen. Von der Aufbewahrungspflicht für Dokumente im Zusammenhang mit internationalen Transaktionen sind hingegen auch alle Feuerwaffenausfuhren unter dem KMG betroffen. Die Aufbewahrungsfrist beträgt nach geltendem Recht nur zehn und nicht die geforderten zwanzig Jahre. Trotzdem kann auch hier ein langfristiges Record-Keeping sichergestellt werden. Das UNO-Rückverfolgungsinstrument präzisiert nicht, welche Unterlagen aufzubewahren sind. Geht man von den Anforderungen des UNO-Feuerwaffenprotokolls aus, so können die dort verlangten Angaben (z.B. Datum und Ablauf der Bewilligung, Endempfänger, Beschreibung der Ware) allein durch die Bewilligungsstelle, vorliegend das SECO, gewährleistet werden. Die Bewilligungsunterlagen unterliegen gemäss Artikel 9 Absatz 1 des Archivierungsgesetzes vom 26. Juni 1998 (BGA)62 einer Schutzfrist von dreissig Jahren. Die Bewilligungen bleiben folglich alle noch weitaus länger innerhalb der Verwaltung erhalten. Aus diesem Grund wird auf eine Verlängerung der Aufbewahrungsfrist verzichtet. Zudem ist davon auszugehen, dass die Buchführungspflicht des WG, welcher die Inhaber von Waffenhandelsbewilligungen unterstellt sind, auch für das KMG relevante Unterlagen abdeckt. Gemäss WG ist unter anderem über den Verkauf und sonstigen Vertrieb Buch zu führen.

Die für Zollbehörden geltende Aufbewahrungsdauer für Zolldokumente im Rahmen des Zollveranlagungsprozesses bleibt von der vorliegenden Vorlage unberührt (vgl.

Art. 96 ZV), denn die erforderlichen Angaben lassen sich von den zuständigen staatlichen Stellen beibringen, zum Beispiel aus Angaben, die für den Erhalt einer Bewilligung gemacht wurden.

Güterkontrollgesetz Im Artikel 21 GKV ist eine Aufbewahrungsfrist von fünf Jahren vorgeschrieben.

Um den Anforderungen des UNO-Feuerwaffenprotokolls zu entsprechen, müsste die Frist für die Aufbewahrung von Unterlagen über die Ausfuhr von Feuerwaffen, deren Bestandteilen und Zubehör von
fünf auf zehn Jahre verlängert werden. Eine Änderung der Frist bedingt eine entsprechende Anpassung des Ausführungsrechts.

Zudem sollen Transportdokumente aufbewahrt werden müssen. Exporteure von anderen durch das GKG erfassten Gütern, insbesondere von Dual-Use-Gütern, sollen durch die Umsetzung des UNO-Feuerwaffenprotokolls nicht tangiert werden.

Eine Verlängerung der Aufbewahrungsfrist auf zwanzig Jahre entsprechend der Vorgabe des UNO-Rückverfolgungsinstruments für Aufzeichnungen zu Transaktionen ist nicht vorgesehen. Die geforderten Angaben können durch die Bewilligungsbehörde sichergestellt werden. Dazu kann auf die bereits gemachten Ausführungen zum KMG verwiesen werden. Über den Endverbleib derjenigen Güter, welche mit einer Generalausfuhrbewilligung ausgeführt werden, kann das SECO gemäss Artikel 10 Absatz 3 GKV vom Bewilligungsnehmer Auskunft verlangen. Die Herstellung wird nicht vom GKG geregelt, entsprechende Unterlagen werden über das WG und das KMG erfasst.

62

SR 152.1

4596

Die für Zollbehörden geltende Aufbewahrungsdauer für Zolldokumente im Rahmen des Zollveranlagungsprozesses bleibt von der vorliegenden Vorlage unberührt (vgl.

Artikel 96 ZV), denn die erforderlichen Angaben lassen sich von den zuständigen staatlichen Stellen beibringen, zum Beispiel aus Angaben, die für den Erhalt einer Bewilligung gemacht wurden.

Bundesgesetz über die militärischen Informationssysteme Der Führungsstab der Armee betreibt gemäss Artikel 12 MIG das Personalinformationssystem der Armee (PISA). Es dient der Verhinderung des Missbrauchs der persönlichen Waffe und enthält gemäss Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe h MIG Daten über die Abgabe und Rücknahme der persönlichen Waffe. Diese Daten des PISA unterliegen nach geltendem Recht gemäss Artikel 17 Absatz 5 MIG nach der Entlassung aus der Militärdienstpflicht einer subsidiären Aufbewahrungsdauer von fünf Jahren. In der Praxis wird die Waffe jeweils nach Austritt eines Angehörigen der Armee an einen nächsten Angehörigen der Armee übergeben. Damit die Rückverfolgung dieser Waffenweitergaben über fünf Jahre hinaus gewährleistet ist, wird in der Vorlage II das Bundesgesetz über die militärischen Informationssysteme um den Artikel 17 Absatz 4bis ergänzt, wonach Daten über die Abgabe und Rücknahme der persönlichen Waffe nach der Entlassung aus der Militärdienstpflicht künftig während zwanzig Jahren aufbewahrt werden. Unter dem Begriff der Rücknahme werden auch Verlust- und Diebstahlmeldungen verstanden. Diese wurden in der Praxis bereits bisher in einer speziellen Datenbank der Logistikbasis der Armee (LBA) erfasst und bei einem allfälligen Fund aktualisiert.

Hinsichtlich der Aufbewahrungsdauer von Daten bei der Überlassung der persönlichen Waffe in das Eigentum von Angehörigen der Armee bei deren Ausscheiden wird auf den oben stehenden Kommentar zum WG verwiesen.

5.1.5

Genehmigung für Aus-, Ein- und Durchfuhr

Forderungen der internationalen Instrumente Vor der Erteilung einer Ausfuhrgenehmigung für Feuerwaffen, dazugehörige Teile und Komponenten (also nach schweizerischem Recht auch Schalldämpfer) und Munition ist gemäss UNO-Feuerwaffenprotokoll zu überprüfen, ob der Einfuhrstaat eine Einfuhrgenehmigung oder -lizenz erteilt hat. Ausserdem, ob alle Durchfuhrstaaten vor der Lieferung schriftlich mitgeteilt haben, dass sie keine Einwände gegen die Durchfuhr haben. Ferner bestehen Vorgaben zum Inhalt von Lizenzen und Begleitdokumenten.

Das UNO-Rückverfolgungsinstrument enthält keine Vorschriften zur Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr von Feuerwaffen, leichten Waffen, dazugehörigen Teilen und Komponenten und Munition.

Waffengesetz Nach den Vorschriften des Waffengesetzes richten sich die Verbringung von Waffen, wesentlichen Waffenbestandteilen, Munition oder Munitionsbestandteilen in schweizerisches Staatsgebiet nach Artikel 24 ff. WG. Die Ausfuhr von Feuerwaffen oder deren wesentlichen Bestandteilen in Schengen-Staaten, richtet sich nach Artikel 22b WG. Die Ausfuhr von anderen Waffen und von Feuerwaffen in Nicht4597

Schengen-Staaten richtet sich nach der Kriegsmaterial- und Güterkontrollgesetzgebung.

Die Schweiz verfügt, wie es Artikel 10 Absatz 1 UNO-Feuerwaffenprotokoll fordert, über ein gut entwickeltes Kontrollsystem hinsichtlich Ausfuhren und der Verbringung entsprechender Güter in schweizerisches Staatsgebiet. Das System entspricht den internationalen Sicherheitsstandards und trägt aktuellen Entwicklungen Rechnung. Dennoch vermag es einige Forderungen des UNO-Feuerwaffenprotokolls in diesem Bereich nicht zu erfüllen, nämlich diejenigen über die Zusammenarbeit mit Transitstaaten (Ziff. 2.4).

Das Waffengesetz unterscheidet zwischen Einzelbewilligungen und Generalbewilligungen. Voraussetzungen für den Erhalt dieser Bewilligungen sind das Einreichen eines Formulars mit den Personalien des Antragstellers und, bei Einzelbewilligungen, die Bezeichnung der Ware, die Vorlage der Waffenhandelsbewilligung und allenfalls von Ausnahmebewilligungen im Sinne von Artikel 5 Absatz 4 WG. Die Zentralstelle Waffen prüft daraufhin ob die Voraussetzungen für die Erteilung der Bewilligung gegeben sind. Beim nicht gewerbsmässigen Verbringen in schweizerisches Staatsgebiet sind dem Antrag um Bewilligung eine Kopie des Waffenerwerbsscheins, ein Strafregisterauszug, die Kopie des Passes oder der Identitätskarte sowie die amtliche Bestätigung der Legitimation zum Waffenerwerb gemäss Artikel 9a WG beizulegen. Die definitive Ausfuhr von Feuerwaffen oder deren wesentlichen Bestandteilen oder Munition in einen Schengen-Staat erfordert einen Begleitschein (Art. 22b WG, Art. 44 WV)63. Dieser wird mit einem Formular beantragt und nur ausgestellt, wenn der sichere Transport gewährleistet und der Endempfänger zum Besitz berechtigt ist. Zudem muss die das Gesuch stellende Person allgemeine Voraussetzungen, zum Beispiel einen guten Leumund, nachweisen (Art. 52 Abs. 1 WV). Es liegt mithin ein wirksames System der Voraussetzungsprüfung für die Ausstellung dieser Bewilligungen vor.

Im Bereich der Generalbewilligungen zur regelmässigen und gewerbsmässigen Verbringung von Feuerwaffen, ihrer wesentlichen Bestandteile, von Munition oder Munitionsbestandteilen kann die Schweiz die Forderungen des UNO-Feuerwaffenprotokolls nicht umsetzen.

Während der Gültigkeitsdauer der Generalbewilligung zur Verbringung in schweizerisches Staatsgebiet (ein Jahr)
können entsprechende Güter zu verschiedenen Terminen und jeweils über verschiedene Transportrouten zu verschiedenen Endempfängern gelangen. Die Angaben zu den in schweizerisches Staatsgebiet verbrachten Gütern ­ Endempfänger, Menge, Beschreibung ­ stehen im frühen Stadium der Erteilung einer Generalbewilligung oft noch nicht fest. Eine Bewilligung wird oft bereits für Vertragsverhandlungen eingeholt, das heisst bevor sicher ist, dass ein entsprechendes Geschäft zustande kommt. Oft werden selbst bei Einzelbewilligungen die Transportwege von Gütern während des Transports vom Frachtführer kurzfristig, zum Beispiel nach der Verfügbarkeit von Transportkapazität oder als Reaktion auf Verzögerungen bei der Abfertigung, angepasst. Die Nennung der Durchfuhrstaaten in der Bewilligung sowie deren vorzeitige Übermittlung an die Durchfuhrstaaten gemäss Artikel 10 Ziffer 3 UNO-Feuerwaffenprotokoll ist aufgrund dieser Tatsachen bei Generalbewilligungen nicht praktikabel.

63

Vgl. auch BBl 2009 8801.

4598

Das UNO-Feuerwaffenprotokoll verlangt auch die schriftlichen Einverständniserklärungen der Durchfuhrstaaten (also der Durchfuhrbewilligungen) als Voraussetzung für das Erteilen von Ausfuhrbewilligungen. Diese Anforderung ist nicht umsetzbar.

Das Waffenrecht regelt die Ausfuhr nur bezüglich Schengen-Staaten (Begleitscheinverfahren und Europäischer Feuerwaffenpass). Wie bei der Einfuhr, sind auch bei der Ausfuhr die Transitstaaten oft nicht im Voraus bekannt. Zudem besteht die Schwierigkeit darin, dass einige Staaten (z.B. Deutschland) ihrerseits eine Durchfuhrbewilligung davon abhängig machen, dass eine Exportbewilligung des Ausfuhrstaates vorliegt. Vor der Ausstellung des Begleitscheins kann daher nicht überprüft werden, ob die Durchfuhrstaaten keine Einwände haben, wie dies Artikel 10 Absatz 2 Buchstabe b des UNO-Feuerwaffenprotokolls verlangt.

Es liegt ferner im Wesen einer Generalbewilligung, dass die tatsächliche Menge der in jedem Einzelfall in schweizerisches Staatsgebiet verbrachten Güter (Forderung von Art. 10 Abs. 3 des Protokolls) nicht in der Generalbewilligung festgehalten ist.

Eine Rückverfolgung aufgrund von Globalangaben, wie sie in einer Generalbewilligung stehen könnten, erscheint nicht Erfolg versprechend.

Bemerkenswert ist, dass der Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe h des Entwurfs der EU (Ziff. 2.4) vorsieht, dass die Exportmengen in der Mehrfachausfuhrgenehmigung genannt werden müssen.

Eine Umsetzung der Forderungen des UNO-Feuerwaffenprotokolls wäre aufgrund der aufgezeigten Probleme nur zu bewerkstelligen, wenn das geltende Bewilligungssystem völlig verändert würde. Ein solch drastischer Eingriff vermag nicht zu überzeugen, zumal damit nicht alle Schwierigkeiten beseitigt werden könnten. Insbesondere die von einer Ausfuhrbewilligung abhängig gemachte Durchfuhrgenehmigung würde das Bewilligungsverfahren weiterhin blockieren.

Aus den dargestellten Gründen wird auf eine Anpassung des Waffengesetzes verzichtet. Zu Artikel 10 des UNO-Feuerwaffenprotokolls wird anlässlich des Beitritts ein entsprechender Vorbehalt angebracht.

Kriegsmaterialgesetz Die Umsetzung der genannten Forderungen ist nur schwer mit dem derzeitigen Bewilligungssystem zu vereinbaren. Unter dem KMG wird eine Ausfuhrbewilligung ausgestellt, die ein Jahr gültig ist und danach noch um sechs Monate verlängert werden
kann. Dabei können die für einen spezifischen Endempfänger bewilligten Exporte in mehrere Lieferungen aufgeteilt werden (so genannte Teillöschungen).

Das heisst, während der Gültigkeitsdauer können Güter zu verschiedenen Terminen und jeweils über verschiedene Transportrouten zum Endempfänger gelangen. Diese Angaben ­ und damit auch die Transitstaaten ­ stehen im frühen Stadium der Bewilligungserteilung meist noch nicht fest. Ausserdem machen einige Staaten die Erteilung einer Durchfuhrbewilligung ihrerseits vom Vorliegen einer Exportlizenz des Ausfuhrstaates und/oder einer Importlizenz des Einfuhrlandes abhängig. Und oft wird eine Ausfuhrbewilligung bereits für Vertragsverhandlungen eingeholt, das heisst bevor sicher ist, dass ein entsprechendes Geschäft zustande kommt. Demnach wäre eine Umsetzung der Forderung unter dem KMG nur zu bewerkstelligen, wenn das bestehende Bewilligungssystem völlig verändert würde. Ein solch drastischer Eingriff vermag nicht zu überzeugen, zumal damit nicht alle Schwierigkeiten beseitigt werden könnten. Insbesondere die von einer Ausfuhrbewilligung abhängig

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gemachte Durchfuhrgenehmigung würde das Bewilligungsverfahren weiterhin blockieren.

Ferner gilt es zu bedenken, dass das KMG eine breite Güterpalette abdeckt, wobei Feuerwaffen nur einen kleinen Teil der gesamten Kriegsmaterialliste ausmachen.

Sollen Exporteure anderer Güter nicht ebenfalls tangiert werden, wozu kein Anlass besteht, müsste speziell für Feuerwaffenausfuhren ein separates Bewilligungsverfahren mit anderen Formularen und Vorgaben eingeführt werden.

Aus den dargestellten Gründen wird auf eine Anpassung des KMG verzichtet. Durch die geplante Ergänzung der KMV bezüglich der aufzubewahrenden Belege um Transportdokumente (vgl. Ziff. 5.1.4) sollten bei Bedarf die entsprechenden Unterlagen zu Durchfuhrstaaten verfügbar sein. Es fällt in die Verantwortung des Exporteurs, alle erforderlichen Bewilligungen zu einer geplanten Ausfuhr einzuholen.

Güterkontrollgesetz Gegenüber dem KMG stellt sich beim GKG ein weiteres Problem. Für die Ausfuhr nach Staaten, die sich an allen von der Schweiz unterstützten, völkerrechtlich nicht verbindlichen internationalen Kontrollmassnahmen beteiligen (Staatenliste64 des Anhangs 4 der GKV), kann das SECO eine ordentliche Generalausfuhrbewilligung (OGB) erteilen, welche zwei Jahre gültig ist. Damit müssen nach diesen Staaten Ausfuhren von Feuerwaffen nach GKG nicht einzeln bewilligt werden. Soweit es sich jedoch um Schengen-Staaten handelt, richtet sich die Ausfuhr nach den Bestimmungen des WG (Begleitscheinverfahren). Wie beim KMG ist die Umsetzung der Forderungen des UNO-Feuerwaffenprotokolls demnach auch nur bedingt mit dem derzeitigen Bewilligungssystem zu vereinbaren. Aus denselben Gründen wird auf eine Anpassung verzichtet.

5.1.6

Einziehung, Beschlagnahme und Beseitigung

Forderungen der internationalen Instrumente Das UNO-Feuerwaffenprotokoll sieht vor, dass Feuerwaffen, dazugehörige Teile und Komponenten und Munition, die unerlaubt hergestellt oder gehandelt worden sind, einzuziehen und zu beseitigen (im Regelfall zu vernichten) sind.

Das UNO-Rückverfolgungsinstrument enthält keine Vorschriften zur Einziehung, Beschlagnahme oder Beseitigung von Feuerwaffen, leichten Waffen, dazugehörigen Teilen und Komponenten oder Munition.

Waffengesetz Beschlagnahme und Einziehung sind in Artikel 31 WG geregelt. Im Zuge der Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands ist der Artikel 31 WG ergänzt worden.

Nach den neuen Buchstaben d und e von Artikel 31 Absatz 1 WG beschlagnahmt die zuständige Behörde Feuerwaffen, deren wesentliche Bestandteile oder deren Zubehör sowie kleinste Verpackungseinheiten von Munition, die nicht vorschrifts64

Argentinien, Australien, Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich,Griechenland, Grossbritannien, Irland, Italien, Japan, Kanada, Luxemburg, Neuseeland, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Schweden, Spanien, Südkorea, Tschechische Republik, Türkei, Ukraine, Ungarn, USA.

4600

gemäss markiert sind65. Gemäss dem neuen Buchstaben b von Artikel 31 Absatz 3 WG kann sie solche Gegenstände definitiv einziehen. Nach der polizeilichen Beschlagnahme einer Feuerwaffe (Sicherstellung; körperliche Verwahrung bei der Strafbehörde bzw. Polizei) entscheidet die Behörde nach Massgabe des neuen Artikels 54 WV über die Einziehung und das weitere Verfahren.

Der Artikel 31 Absatz 1 Buchstabe b des WG enthält die Rechtsgrundlage, um entsprechend dem UNO-Feuerwaffenprotokoll unrechtmässig hergestellte oder gehandelte Feuerwaffen, deren wesentlichen Bestandteile oder Zubehör und dazugehörige Munition einzuziehen und zu beseitigen (in der Regel bedeutet dies vernichten), zumal der Erwerb oder der Besitz solcher Gegenstände gesetzeswidrig ist.

Kriegsmaterialgesetz Das KMG sieht in Artikel 38 die richterliche Einziehung von Kriegsmaterial vor, für dessen rechtmässige weitere Verwendung keine Gewähr geboten wird. Somit besteht kein Anpassungsbedarf im KMG.

Güterkontrollgesetz Auch das GKG ermöglicht die richterliche Einziehung von Gütern, für deren rechtmässige weitere Verwendung keine Gewähr geboten wird (Art. 17 GKG). Folglich besteht auch im GKG kein Anpassungsbedarf.

Zollgesetz Gemäss Artikel 32 Absatz 4 des Zollgesetzes vom 18. März 2005 (ZG) kann die Zollstelle Waren, die weder ins Zollgebiet verbracht noch ein-, aus- oder durchgeführt werden dürfen, die aber ordnungsgemäss zur Zollveranlagung angemeldet werden, zurückweisen, sofern die Waren nicht zu vernichten sind. Nach Artikel 104 Absatz 2 und 3 ZG beschlagnahmt die Zollstelle Gegenstände, die voraussichtlich der Einziehung unterliegen und übermittelt sie unverzüglich der zuständigen Behörde. Als zuständige Behörde gelten in diesem Fall die kantonalen Waffenbüros oder richterliche Behörden.

5.1.7

Strafbestimmungen

Forderungen der internationalen Instrumente Gemäss UNO-Feuerwaffenprotokoll soll die Fälschung oder die unerlaubte Unkenntlichmachung, Entfernung oder Änderung der erforderlichen Markierungen auf Feuerwaffen strafbar sein.

Vorbehaltlich der Grundzüge der nationalen Rechtsordnung sind auch der Versuch sowie die «Leitung, die Beihilfe, die Anstiftung, die Erleichterung und die Beratung» in Bezug auf die vorgenannten Tathandlungen strafbar zu erklären.

Das UNO-Rückverfolgungsinstrument enthält keine Vorschriften zur Strafbarkeit.

65

BBl 2009 8817

4601

Waffengesetz Der im Zuge der Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands angepasste Artikel 33 Absatz 1 Buchstabe f WG regelt unter anderem die Strafbarkeit der unerlaubten Herstellung oder Verbringung in schweizerisches Staatsgebiet und den Handel der genannten Güter mit vorschriftswidriger Markierung66. Sowohl der nicht gewerbsmässige als auch der gewerbsmässige Handel mit solchen Gegenständen ist unter Strafe gestellt (Art. 33 Abs. 1 Bst. f Ziff. 1 und 2; WG). Das UNO-Feuerwaffenprotokoll schreibt nicht vor, dass unerlaubtes Verbringen in schweizerisches Staatsgebiet strafrechtlich zu ahnden sei. Diese Auslegung ist ähnlich derjenigen des Europäischen Parlaments und Rats (vgl. Richtlinie (geändert) 2008/51EG67). Die vorsätzliche Fälschung oder das unerlaubte Unkenntlichmachen, die Entfernung oder Änderung der erforderlichen Markierungen auf Feuerwaffen sind Tathandlungen, die nach schweizerischem Recht noch nicht erfasst sind.

Artikel 33 Absatz 1 WG ist daher in einem neuen Buchstaben um das unberechtigte Entfernen, Unkenntlichmachen, Abändern und Ergänzen von auf Feuerwaffen vorgeschriebenen Markierungen zu ergänzen, da diese Tatbestände bisher im Waffengesetz fehlen. Vorbehalten ist das berechtigte Handeln, zum Beispiel bei Bestehen einer Ausnahmebewilligung im Sinne von Artikel 20 Absatz 2 WG beziehungsweise 33 Absatz 1 WV. Weil der zu regelnde Sachverhalt nicht nur für Inhaber einer Waffenhandelsbewilligung strafbar sein soll (vgl. Bst. b­f), ist es gerechtfertigt, die Gesetzessystematik geringfügig anzupassen und, die neue Bestimmung in einem neuen Buchstaben abis aufzunehmen. Da es sich bei den Tatbeständen von Artikel 33 Absatz 1 WG um Vergehen und bei Absatz 3 um Verbrechen handelt, sind der Versuch (Art. 22 StGB), die Anstiftung (Art. 24 StGB) und die Gehilfenschaft (Art. 25 StGB) dazu nicht gesondert zu regeln. Sie gelten aufgrund des Verweises von Artikel 333 Absatz 1 StGB auch für das Nebenstrafrecht, weshalb diese Teilnahmeformen ebenfalls strafbar sind. Der Strafrahmen fügt sich in die Systematik des Strafgesetzbuches ein und entspricht dem im Artikel 33 WG festgelegten Strafrahmen. Das gewerbsmässige unberechtigte Entfernen, Unkenntlichmachen, Abändern und Ergänzen von auf Feuerwaffen vorgeschriebenen Markierungen wird nicht gesondert geregelt, da kaum Fälle denkbar sind, in
denen diese Tätigkeit gewerbsmässig ausgeführt wird.

Kriegsmaterialgesetz In den Strafbestimmungen des KMG fehlt eine Bestimmung, wonach nur einwandfrei markierte Feuerwaffen, dazugehörige Teile, Komponenten und Munition einoder ausgeführt, erworben, verkauft, geliefert transportiert oder verbracht werden dürfen. Eine solche Strafbestimmung wäre nur im Zusammenhang mit Ausfuhren relevant, da alle anderen Tätigkeiten im Zusammenhang mit Feuerwaffen ausschliesslich vom WG erfasst sind, die Ausfuhr jedoch nur teilweise (Begleitschein für die Ausfuhr von Feuerwaffen oder deren wesentlichen Bestandteilen in Schengen-Staaten). Aber auch wer unter dem KMG Waffen ausführen will, hat die Bestimmungen des WG einzuhalten. Wer mit nicht ordnungsgemäss markierten Feuerwaffen handelt, verstösst folglich zugleich gegen die Markierungspflichten des WG (Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstandes). Die Strafbestimmungen im 66 67

BBl 2009 8817 Richtlinie 2008/51/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 zur Änderung der Richtlinie 91/477/EWG des Rates über die Kontrolle des Erwerbs und des Besitzes von Waffen

4602

WG sehen eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe vor, bei gewerbsmässigem Widerhandeln Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe. Damit besteht kein Anpassungsbedarf im KMG.

Güterkontrollgesetz Auch im GKG fehlt eine Strafbestimmung im Zusammenhang mit dem Handel von nicht einwandfrei markierten Feuerwaffen oder dazugehörigen Teilen, Komponenten und Munition. Wie unter dem KMG genügen die Strafbestimmungen des WG, es besteht folglich kein Anpassungsbedarf im GKG.

5.1.8

Informationsaustausch und Zusammenarbeit bei der Rückverfolgung

Forderungen der internationalen Instrumente Die Vertragsstaaten arbeiten zur Erreichung der Ziele des UNO-Feuerwaffenprotokolls zusammen. Jeder Staat benennt eine nationale Behörde oder zentrale Stelle als Verbindungsstelle zu anderen Vertragsstaaten für Fragen im Zusammenhang mit dem Protokoll. Die Vertragsstaaten tauschen im Einklang mit ihrer innerstaatlichen Rechts- und Verwaltungsordnung sachdienliche, fallbezogene Informationen zu unrechtmässig hergestellten oder gehandelten Feuerwaffen, ihren wesentlichen Bestandteilen, Schalldämpfern, Munition und Munitionsbestandteilen aus.

Das UNO-Rückverfolgungsinstrument enthält detaillierte Bestimmungen zum Ablauf und dem Inhalt des zwischenstaatlichen Informationsaustauschs zwecks Rückverfolgung von «illegalen», also unerlaubt hergestellt oder gehandelten Kleinwaffen und leichten Waffen (vgl. Ziff. 5.1.1 [Begriffsbestimmungen]).

Waffengesetz Die Politische Abteilung IV (PA IV) des Eidgenössischen Departements für Auswärtige Angelegenheiten (EDA) wird als national zuständige Kontaktstelle für administrative und strategische Belange im Sinn von Artikel 13 Absatz 2 UNOFeuerwaffenprotokoll sowie von Artikel 25 in Verbindung mit 31 Absatz 1 Buchstabe a UNO-Rückverfolgungsinstrument bekannt gegeben (vgl. Ziff. 2.4 am Ende), was jedoch nicht gesetzlich geregelt werden muss. Die PA IV nimmt im Rahmen des UNO-Aktionsprogramms (PoA) diese Rolle bereits heute wahr (vgl. zum PoA Ziff. 3.1.1).

Die Zentralstelle Waffen wird im Gegensatz zur PA IV die zentrale Kontaktstelle (Single Point of Contact, SPOC) für «operative und technische» Fragen im Bereich Waffenrecht und Rückverfolgungsersuchen sein. Artikel 31c Absatz 2 WG wird parallel dazu um einen neuen Buchstaben bbis ergänzt, wonach es eine weitere Aufgabe der Zentralstelle ist, aus dem Ausland eingehende Ersuchen um Rückverfolgung von Feuerwaffen, wesentlichen Bestandteilen solcher Waffen sowie Munition und Munitionsbestandteilen zu bearbeiten, solche Ersuchen selbst zu versenden und die Funktion der Kontaktsstelle für technische und operative Fragen in diesem Bereich wahrzunehmen. Weil der zu regelnde Sachverhalt nicht den Austausch mit Schengen-Staaten oder einen anderen Sonderfall betrifft (vgl. Bst. c­f), rechtfertigt es sich systematisch, die neue Bestimmung in einem neuen Buchstaben bbis aufzu4603

nehmen. Ausserdem soll eine Datenbank, DARUE, geschaffen werden, um das Bearbeiten von Ersuchen zu erleichtern und die zahlreichen Markierungen registrieren zu können (Art. 32a Abs. 1 Bst g; Art. 32b Abs. 4bis und Art. 32c Abs. 1 und 2 WG).

Die Mitteilung der beiden Kontaktstellen wird anlässlich der Hinterlegung der Beitrittsurkunde mittels diplomatischer Note von der ständigen Mission der Schweiz bei den Vereinten Nationen in New York an die UNO weitergeleitet.

Allfällige Rechtshilfeersuchen sind an das Bundesamt für Justiz zu richten (Art. 18 Ziffer 13 des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität68). Dies hat die Schweiz der UNO bereits im Rahmen der Ratifizierung des Übereinkommens notifiziert.

Bei den Vorgaben des UNO-Rückverfolgungsübereinkommens zur Zusammenarbeit bei der Rückverfolgung von Kleinwaffen und leichten Waffen (Art. 14­23) handelt es sich um Bestimmungen der grenzüberschreitenden Amtshilfe, um die Modalitäten der Gesuchsbearbeitung sowie um den Inhalt des Informationsaustauschs. Inhalt des Informationsaustauschs bei Rückverfolgungsersuchen sind im Wesentlichen Angaben zur gesuchten Ware, zu deren Verbleib und Transferwegen.

Der Inhalt des Informationsaustauschs wird auch von Artikel 12 des UNO-Feuerwaffenprotokolls bestimmt (Art. 12­13 Informationen; Zusammenarbeit). Gemäss UNO-Feuerwaffenprotokoll sollen Informationen ausgetauscht werden zu am Transfer von unrechtmässig hergestellten oder gehandelten Feuerwaffen, wesentlichen Bestandteilen, Schalldämpfern, Munition und Munitionsbestandteilen beteiligten Personen (Hersteller, Händler, Importeure, Exporteure, Spediteure) und organisierten kriminellen Gruppen, zu deren Mitteln und Methoden (z.B. Verschleierungsmethoden), Transportrouten sowie zu den Erfahrungen bei der Gesetzgebung und staatlichen Methoden und Massnahmen zur Prävention und Repression.

Personendaten werden in der von der Zentralstelle Waffen verfolgten Praxis nur ausnahmsweise bekanntgegeben, beispielsweise wenn die Waffe bei einer bestimmten Person die Legalität verlassen hat. Solange die Feuerwaffe legal weitergegeben wurde, werden von der Zentralstelle Waffen keine Personendaten mitgeteilt. Da bei der Bearbeitung von Rückverfolgungsersuchen keine besonders schützenswerten Personendaten Gegenstand des
Informationsaustausches sind, ist es nicht notwendig, die Modalitäten von Rückverfolgungsersuchen in einem Gesetz im formellen Sinn zu regeln (vgl. Art. 19 in Verbindung mit 17 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 19. Juni 199269 über den Datenschutz (DSG)). Name, Vorname, Adresse und Geburtsdatum einer Person dürfen gemäss Artikel 19 Absatz 2 DSG auf Anfrage ohnehin ohne gesetzliche Grundlage oder besondere Legitimationsgründe im Sinne von Artikel 19 Absatz 1 Buchstaben a­d DSG bekannt gegeben werden. Nach Massgabe von Artikel 19 Absatz 2 DSG ist die Zentralstelle Waffen befugt, auf Ersuchen hin Personendaten bekannt zu geben.

Die Bestimmungen zu den Modalitäten von Rückverfolgungsersuchen werden in einem neuen Kapitel des Ausführungsrechts zu ergänzen sein.

68 69

SR 0.311.54 SR 235.1

4604

Kriegsmaterialgesetz Mit seinem Amtshilfeartikel (Art. 42 KMG) verfügt das KMG bereits über eine gesetzliche Grundlage, welche die flexible Zusammenarbeit mit ausländischen Behörden und internationalen Organisationen erlaubt. Demnach sind in diesem Bereich keine Anpassungen erforderlich.

Güterkontrollgesetz Die Amtshilfebestimmung des GKG (Art. 20 GKG) entspricht derjenigen des KMG.

Damit besteht auch hier kein Anpassungsbedarf.

5.2

Die beantragte Neuregelung

Mit dem Beitritt zum UNO-Feuerwaffenprotokoll und dessen Umsetzung sowie der Umsetzung des UNO-Rückverfolgungsinstruments passt die Schweiz ihre Waffengesetzgebung an Vorgaben an, die von der UNO mit dem Ziel beschlossen wurden, in den Bereichen Markierung von Feuerwaffen, Registrierung und Aufbewahrung von Informationen zu Feuerwaffen, die Strafbarkeit von Delikten im Zusammenhang mit der Markierung sowie die Verstärkung der internationalen Zusammenarbeit weltweit geltende Mindeststandards festzulegen. Hierzu sind das Waffenrecht, sowie die Exportkontrollgesetzgebung, die bereits heute ein gutes, internationalen Standards angepasstes Kontrollniveau gewährleisten, punktuell zu ergänzen. Auf Gesetzesebene betrifft die Umsetzung nur das WG und das MIG; die übrigen Anpassungen können im Ausführungsrecht vorgenommen werden. Wie in Ziffer 5.1 erläutert, werden im WG und im MIG die folgende Anpassungen vorgenommen:

5.2.1

Entwurf I

Artikel 31c Absatz 2 WG ist gemäss Artikel 12 und 13 des UNO-Feuerwaffenprotokolls und Artikel 14­23, 25, 30 und 33 des UNO-Rückverfolgungsinstruments um eine neue Aufgabe der Zentralstelle Waffen zu ergänzen. Sie wird als zentrale Stelle aus dem Ausland eingehende Ersuchen um die Rückverfolgung von Feuerwaffen bearbeiten, solche Ersuchen selbst versenden und die Kontaktstelle für technische und operative Fragen in diesem Bereich sein. Ausserdem wird eine Datenbank, DARUE, geschaffen, um das Bearbeiten von Ersuchen zu erleichtern und die zahlreichen Markierungen zu registrieren (Art. 32a Abs. 1 Bst g; Art. 32b Abs. 4bis und Art. 32c Abs. 1 und 2 WG).

Artikel 33 WG Absatz 1 ist gemäss Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe c des UNOFeuerwaffenprotokolls in einem neuen Buchstaben abis um das unberechtigte Entfernen, Unkenntlichmachen, Abändern und Ergänzen von auf Feuerwaffen vorgeschriebenen Markierungen zu ergänzen.

4605

5.2.2

Entwurf II

UNO-Rückverfolgungsinstrument Mit den Anpassungen, die hinsichtlich des UNO-Feuerwaffenprotokolls vorgenommen worden sind, werden die Anforderungen des UNO-Rückverfolgungsinstruments bereits erfüllt. Auf Gesetzesebene muss einzig der Artikel 17 MIG hinsichtlich der für Daten geltende Aufbewahrungsfrist geändert werden (Ziff. 5.2.3 und 5.4). Die weiteren Anpassungen, die sich aus dem UNO-Rückverfolgungsinstrument ergeben, können auf Verordnungsebene vorgenommen werden.

Weitere notwendige Gesetzesanpassungen, die sich unabhängig von UNO-Feuerwaffenprotokoll und UNO-Rückverfolgungsinstrument aufdrängen Dem Artikel 2 Absatz 1 WG ist ein Ausnahmeregelung beigefügt worden. Es soll sichergestellt werden, dass die Artikel 32c und 32j mit dem WG konform sind. Die Militärverwaltung war bisher vom Geltungsbereich gänzlich ausgenommen, obwohl ihr durch das WG Aufgaben auferlegt werden, insbesondere dem Austausch und der Bearbeitung von Daten.

Im Artikel 25a Absatz 3 und 27 Absatz 4 WG werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Grenzschutzbehörden ausländischer Behörden im Sinne von Artikel 2 Buchstabe b VZAG70, die zusammen mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern schweizerischer Grenzschutzbehörden bei operativen Einsätzen an den Aussengrenzen des Schengen-Raums in der Schweiz mitwirken, von der Pflicht befreit, eine Bewilligung für das vorübergehende Verbringen von Feuerwaffen in schweizerisches Staatsgebiet und für das Tragen von Feuerwaffen zu erlangen.

Der französischsprachige Text des Artikels 32a Absatz 1 Buchstabe b enthielt einen Redaktionsfehler, der sich im Zuge einer vorhergehenden Gesetzesrevision eingeschlichen hatte. Der Fehler ist korrigiert worden.

Der Artikel 32abis ist geschaffen und die Artikel 32b Absatz 3 Buchstabe a und b und der Artikel 32j Absatz 2 Buchstabe a und b ergänzt worden, damit die AHVVersichertennummer zur systematischen Datenübermittlung zwischen der Militärverwaltung und der Zentralstelle Waffen verwendet werden kann.

Der Artikel 32c Absatz 2bis ist hinzugefügt und der Artikel 32j Absatz 1 aufgehoben worden, damit die zuständigen Dienste der Militärverwaltung dazu befugt sind, von der DEBBWA Daten abzurufen, welche Daten über nicht bewilligter Waffenanträge, den Entzug von Bewilligungen und die Beschlagnahme von Waffen enthält.

Der Artikel 32j Absatz 2 Buchstabe a ist
geändert worden, um die Militärverwaltung von der Pflicht zu entbinden, Angehörige des Grenzwachtkorps zu melden, die ihre Dienstwaffe zu Eigentum erhalten haben, nachdem sie aus dem Dienst ausgeschieden sind.

70

SR 631.062

4606

5.3

Ausführungsrecht und Umsetzung

Die Waffen- und Exportkontrollgesetzgebung gewährleisten bereits ein hohes Kontrollniveau. Daher sind auf Gesetzesstufe nur die oben beschriebenen, wenigen Anpassungen notwendig. Die detaillierten Vorgaben, um welche es sich überwiegend handelt, werden mehrheitlich mit Inkrafttreten der Vorlagen auf Verordnungsebene präzisiert. Die Markierungspflichten richten sich an die Hersteller und Importeure von Feuerwaffen, denen die Umsetzung obliegen wird. Die Vorschriften zur Aufbewahrung von Unterlagen werden von den zuständigen (kantonalen) Behörden, jene zum grenzüberschreitenden technisch-operativen Informationsaustausch von der Zentralstelle Waffen als zuständige Stelle des Bundes umgesetzt.

5.4

Kommentar zu den einzelnen Artikeln

Die Folgen der Übernahme der internationalen Vorgaben in geltendes Recht, das heisst, das Verhältnis zu den Bestimmungen des WG, KMG und GKG sowie, im Fall der persönlichen Armeewaffe, auf das MIG wurden unter der Ziffer 5.1 abgehandelt.

5.4.1

Entwurf I

Art. 31c Abs. 2 Bst. bbis WG

Neue Aufgabe für die Zentralstelle Waffen: erweiterter operativer Informationsaustausch

Die Zentralstelle Waffen bearbeitet als zentrale Stelle aus dem Ausland eingehende Ersuchen um Rückverfolgung von Feuerwaffen, wesentlichen Bestandteilen solcher Waffen sowie Munition oder Munitionsbestandteilen, versendet entsprechende Ersuchen der Kantone und ist die Kontaktsstelle (SPOC) für technische und operative Fragen zu diesem Bereich. Dieser Informationsaustausch betrifft operative fallspezifische Informationen, zum Beispiel über autorisierte Hersteller, Händler, Importeure, Exporteure und ­ nach Möglichkeit ­ Beförderer der genannten Güter.

Ausserdem werden von den Strafverfolgungsbehörden stammende Informationen ausgetauscht: Informationen über organisierte kriminelle Gruppen, die an der unerlaubten Herstellung oder dem unerlaubten Handel beteiligt sind, Informationen über, Verschleierungsmethoden, über benutzte Methoden und Mittel und über Versandund Zielorte und Transportrouten. Ausgetauscht werden auch Erfahrungen hinsichtlich der Gesetzgebung, Verfahrensweisen und Massnahmen zur Verhütung, Bekämpfung und Beseitigung der unerlaubten Herstellung und des unerlaubten Handels der entsprechenden Güter sowie wissenschaftliche und technische Informationen, die für die Strafverfolgungsbehörden nützlich sind. Die Rückverfolgung «wesentlicher Bestandteile» beinhaltet aus Sicht des UNO-Feuerwaffenprotokolls nur die Schalldämpfer (vgl. Ziff. 5.1.1.)

Die Politische Abteilung IV (PA IV) des EDA wird dagegen, wie bis anhin schon im Rahmen des UNO-Aktionsprogramms (PoA), die Rolle der administrativen und strategischen Kontaktstelle zur UNO wahrnehmen. Eine positivrechtliche Verankerung dieser Rolle ist nicht notwendig.

4607

Art. 32a Bst. g, Art. 32b Abs. 4bis und Art. 32c Abs. 1, Einleitungssatz und Abs. 2, WG

Schaffung der Datenbank DARUE, Inhalt der Datenbank und Bekanntgabe von Daten

Die Schweiz muss eine zentrale Kontaktstelle (Single Point of Contact, SPOC) benennen, die alle aus dem Ausland eingehenden Ersuchen bearbeitet (vgl. Art. 31c Abs 2 Bst. bbis). Diese Kontaktstelle, die Zentralstelle Waffen, wird damit beauftragt werden, die notwendigen Informationen über Personen, Organisationen (Hersteller, Händler, Importeure usw.) und über die Herkunft und Rückverfolgbarkeit von Kleinwaffen und leichten Waffen und der dazugehörigen Munition zu sammeln und der anfragenden ausländischen Stelle zu übermitteln. In ihrer Eigenschaft als zentrale Kontaktstelle wird die Zentralstelle Waffen auch zuständig sein für die Bearbeitung und Zusendung entsprechender, von der Schweiz an ausländische Stellen gestellter Ersuchen. Falls erforderlich, liefert die Zentralstelle notwendige Zusatzinformationen oder stellt weitere Fragen, die zur Klärung eines Sachverhaltes beitragen können.

Damit die Markierung von Waffen mit gutem Erfolg in die Praxis umgesetzt werden kann, muss die Zentralstelle Waffen ein Verzeichnis der Markierungen und der entsprechenden Hersteller, Lieferanten oder Importeure führen. Zu diesem Zweck führt der Artikel 32a Absatz 1 Buchstabe g eine neue Datenbank ein, DARUE. Der neue Artikel 32b Absatz 4bis regelt, welche Daten darin erfasst werden: Angaben über Markierungen nach Massgabe der Artikel 18a und 18b und Angaben über die Hersteller, Lieferanten und Importeure (Nummern, Symbole, Zeichen und dergleichen, die sich auf den hergestellten oder eingeführten Waffen finden). Welche Daten unter welchen Umständen bekanntgegeben werden dürfen, regelt der Artikel 32c Absatz 1 und 2.

Art. 33 Abs. 1 Bst. abis WG

Strafbarkeit der Änderung oder Ergänzung vorgeschriebener Markierungen

Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird gemäss Artikel 33 Absatz 1 Buchstabe abis WG bestraft, wer vorsätzlich die nach Artikel 18a vorgeschriebene Markierung von Feuerwaffen, deren wesentlichen Waffenbestandteilen oder von Waffenzubehör unberechtigt entfernt, unkenntlich macht, abändert oder ergänzt. Diese Bestimmung regelt die genannten Tatbestände als Vergehen im Sinne von Artikel 10 Absatz 3 StGB (Ziff. 5.1.7). Vorbehalten ist das berechtigte Handeln, zum Beispiel bei Bestehen einer Ausnahmebewilligung im Sinne von Artikel 20 Absatz 2 WG bzw. 33 Absatz 1 WV.

Versuch sowie die Teilnahme (Gehilfenschaft, Anstiftung, Mittäterschaft) zu den genannten Delikten sind gemäss dem allgemeinen Teil des StGB in Verbindung mit Artikel 333 StGB auch im Nebenstrafrecht (vorliegend: Waffenrecht) strafbar, ohne dort besonders normiert sein zu müssen.

4608

5.4.2

Entwurf II

Art. 2 Abs. 1 WG

Geltungsbereich

Der Artikel 32j WG handelt von Meldungen im Bereich der Militärverwaltung.

Dieser Artikel, eingeführt im Rahmen der Umsetzung des Schengen-Besitzstandes, steht in Widerspruch zum Artikel 2; dieser nimmt die Militärverwaltung vom Geltungsbereich des WG gänzlich aus.

Gleiches gilt für den Artikel 32c; er regelt die Bekanntgabe von Daten an Justiz- und Polizeibehörden des Bundes, zu denen auch die Militärpolizei gehört, und an die mit dem Vollzug des Waffengesetzes betrauten Behörden, zu denen auch gewisse Dienste der Militärverwaltung zählen.

Diese Unstimmigkeit lässt sich beheben, indem der Artikel 2 durch einen entsprechenden Vorbehalt in Bezug auf die Artikel 32c und 32j WG ergänzt wird.

Art. 25a Abs. 3 Bst. e und 27 Abs. 4 Bst. e WG

Ausnahme von der Bewilligungspflicht für die Verbringung in schweizerisches Staatsgebiet und das Tragen der Feuerwaffe

Der Entwurf II umfasst eine Anpassung des Waffengesetzes, deren Notwendigkeit sich im Zuge der auf Verordnungsstufe erfolgten Umsetzung der Vorgaben von zwei Schengen-Weiterentwicklungen, der FRONTEX- und der RABIT-Verordnung ergeben hat. Im Hinblick auf die Aufnahme der Zusammenarbeit namentlich mit der Aussengrenzagentur (FRONTEX) wurden in der VZAG71 die erforderlichen Rechtsgrundlagen geschaffen. Artikel 26 Absatz 1 VZAG befreit ausländisches Personal der Grenzschutzbehörden im Rahmen von Einsätzen oder zu Ausbildungszwecken von der Pflicht zur Erlangung einer Bewilligung für die Verbringung von Feuerwaffen und Material in schweizerisches Staatsgebiet sowie deren Aus- oder Durchfuhr. Zur Frage der Waffentragbewilligung äussert sich die Verordnung nicht.

Die Befreiung von der Bewilligungspflicht für das vorübergehende Verbringen von Waffen ins schweizerische Staatsgebiet widerspricht Artikel 25a WG. Zudem sieht Artikel 27 WG vor, dass eine Waffentragbewilligung benötigt, wer eine Waffe an öffentlich zugänglichen Orten tragen oder sie transportieren will. Zur Schliessung dieser Gesetzeslücke sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Grenzschutzbehörden ausländischer Behörden im Waffengesetz von der Bewilligungspflicht für das vorübergehende Verbringen von Feuerwaffen und für das Tragen von Feuerwaffen zu befreien.

Art. 32a Bst. b WG

Betrifft lediglich den französischen Text; Korrektur eines Übersetzungsfehlers

In Entwurf II wird ein Redaktionsfehler korrigiert, der sich bei der Umsetzung des Schengen-Besitzstandes im französischsprachigen Text eingeschlichen hat72. Die Korrektur betrifft nur den französischen Text:

71 72

SR 631.062 FF 2006 2643

4609

«L'office central gère le fichier relatif à l'acquisition d'armes par des personnes domiciliées dans un autre Etat Schengen, et non dans un Etat Schengen.» In der französischen Fassung fehlte das Wort «autre».

Art. 32abis, Art. 32b Abs. 3 Bst. a und b und Art. 32j Abs. 2 Bst. a und b WG

Verwendung der AHVAHV-Versichertennummer

Artikel 32abis die geänderten Artikel 32b und 32j bilden die erforderliche Rechtsgrundlage, damit die Zentralstelle Waffen Daten an die Militärverwaltung bekanntgeben und die AHV-Versichertennummer zur Verwaltung der Datenbank DAWA systematisch benutzen darf. Die Verwendung dieser Nummer erlaubt ausschliesslich den systematischen Datenaustausch zwischen der Zentralstelle Waffen und der Militärverwaltung. Im Zuge dieses Austausches bleiben der Datenschutz und die Datenkorrektheit gewährleistet. Die Verwendung der AHV-Versichertennummer gewährleistet am besten, dass es zu keinen versehentlichen Doppelerfassungen oder Verwechslungen von Personen mit demselben Namen kommt.

Seit 1. Dezember 2007 untersagt der Artikel 50e Absatz 1 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)73 grundsätzlich die systematische Verwendung der Versichertennummer für Zwecke ausserhalb der Sozialversicherung des Bundes. Eine Ausnahme gilt, wenn ein Bundesgesetz die systematische Verwendung vorsieht und der Verwendungszweck sowie die Nutzungsberechtigten bestimmt sind. Des Weiteren wird unter Artikel 50g Absatz 2 Buchstabe a AHVG gefordert, dass diese weiteren Nutzungsberechtigten «technische und organisatorische Massnahmen treffen für die Verwendung der richtigen Versichertennummer und den Schutz vor deren missbräuchlicher Verwendung». Artikel 50g Absatz 3 AHVG sieht vor, dass die Mindeststandards, die diese Massnahmen erfüllen müssen, in einer separaten Verordnung festgelegt werden74.

Art. 32c Abs. 2bis und Art. 32j Abs. 1 WG

Online-Zugriff auf DEBBWA-Daten durch die Militärverwaltung

Die Militärverwaltung kann heute nicht über ein automatisiertes Abrufverfahren auf Daten der Datenbank DEBBWA zugreifen. Die Zentralstelle Waffen gibt diese Daten einzelfallweise bekannt. Diese Datenbank enthält Information über nicht bewilligte Waffenanträge, den Entzug von Bewilligungen und die Beschlagnahme von Waffen. Diese der Prävention dienende Datenbank steht derzeit lediglich den kantonalen Polizeibehörden und den Zollbehörden zur Verfügung, um beispielsweise bei polizeilichen Massnahmen das Gefahrenpotenzial der betroffenen Person abschätzen zu können, welches bei einem bekannten Waffenmissbrauch als erhöht anzusehen ist. Befindet sich die in Frage stehende Person im Militärdienst, ist die Militärpolizei für diese polizeilichen Massnahmen vor Ort zuständig. Folglich sollte sich auch die Militärpolizei zur Vorbereitung eines Einsatzes derselben Mittel bedienen können wie die kantonalen Polizeibehörden und die Zollbehörden.

Die bisher im Artikel 32j Absatz 1 WG vorgesehene Meldepflicht der Zentralstelle an die zuständigen Stellen in der Militärverwaltung über Personen, die wegen des Missbrauchs von Feuerwaffen in der Datenbank DEBBWA verzeichnet und militär73 74

SR 831.10 SR 831.101.4

4610

dienstpflichtig sind oder sein könnten, hat sich als unpraktisch erwiesen. So kann die Zentralstelle aufgrund ihrer Informationen nur schwer beurteilen, ob eine Person tatsächlich militärpflichtig ist oder sein könnte. Das Abrufverfahren soll der Militärverwaltung jedoch auch dazu dienen, ihre gesetzliche Aufgabe zur Verhinderung des Missbrauchs der persönlichen Waffen verbessert wahrnehmen zu können (Art. 13j MIG). Informationen aus der DEBBWA sollen zudem bei Entscheidungen der zuständigen militärischen Verwaltungsbehörden über das Ausrüsten von Angehörigen der Armee mit der persönlichen Waffen direkt zur Verfügung stehen.

Damit künftig die zuständigen Dienste der Militärverwaltung über ein Abrufverfahren auf die Datenbank DEBBWA zugreifen können, wird dem WG der Artikel 32c Absatz 2bis hinzugefügt.

Art. 32j Abs. 2 Bst. a WG

Abschaffung der Pflicht, die Identität von Angehörigen des Grenzwachtkorps zu melden

Die Revision des WG wird als Gelegenheit ergriffen, die Pflicht abzuschaffen, wonach die Militärverwaltung bislang die Identität von Personen meldete, die beim Ausscheiden aus dem Grenzwachtkorps eine Waffe zu Eigentum erhielten. Da es für den Erwerb solcher Waffen eines Waffenerwerbscheins bedarf, sind diese ohnehin bereits in den kantonalen Registern verzeichnet. Es erübrigt sich deshalb, diese Waffen erneut zu verzeichnen.

Art. 17 Abs. 4bis MIG

Verlängerte Aufbewahrungsdauer für Daten der Armee über die Abgabe und Rücknahme der persönlichen Waffe

Bisher sah der Artikel 17 MIG für die Daten über die Abgabe und Rücknahme der persönlichen Waffe im Personalinformationssystem der Armee (PISA) keine besondere Aufbewahrungsfrist vor. Diese Daten unterlagen damit der subsidiären Aufbewahrungsdauer von fünf Jahren (Abs. 5). Neu werden Daten über die Abgabe und Rücknahme der persönlichen Waffe nach der Entlassung aus der Militärdienstpflicht während zwanzig Jahren aufbewahrt. Dieselbe Frist gilt auch für die Aufbewahrungen anderer Daten (Ziff. 5.1.4). Unter die Rücknahme werden auch Verluste und Diebstähle persönlicher Waffen subsumiert. Die Verlust- und Diebstahlmeldungen werden bei einem allfälligen Fund aktualisiert.

6

Auswirkungen

6.1

Auswirkungen auf den Bund

6.1.1

Finanzielle Auswirkungen

Die Genehmigung und Umsetzung des UNO-Feuerwaffenprotokolls sowie die Änderung des Waffengesetzes haben keine finanziellen Auswirkungen.

4611

6.1.2

Personelle Auswirkungen

Die Zusammenarbeit und der Datenaustausch, wie im UNO-Feuerwaffenprotokoll und im UNO-Rückverfolgungsinstrument vorgesehenn, bedingt, dass die fedpol angegliederte Zentralstelle ab 2010 zusätzliche Arbeitskräfte einstellt. Konkret handelt es sich um zwei unbefristete Vollzeitstellen (200 Stellenprozente). Die Kosten einschliesslich Arbeitgeberleistungen belaufen sich auf 375 000 Schweizer Franken.

Die Schweiz muss eine zentrale Kontaktstelle (Single Point of Contact, SPOC) benennen, die alle Ersuchen aus dem Ausland entgegennimmt und bearbeitet. Diese wird dafür verantwortlich sein, die notwendigen Informationen über Personen, Organisationen (Hersteller, Händler, Importeure usw.) und über die Herkunft und Rückverfolgbarkeit zu sammeln und der anfragenden ausländischen Stelle zu übermitteln.

In ihrer Eigenschaft als zentrale Kontaktstelle wird die Zentralstelle auch zuständig sein für die Bearbeitung und Zusendung entsprechender, von der Schweiz an ausländische Stellen gestellter Ersuchen. Falls erforderlich, liefert die Zentralstelle Zusatzinformationen oder stellt ergänzende Fragen, die zur Klärung eines Sachverhaltes beitragen können.

Damit die Markierung von Waffen erfolgreich in die Praxis umgesetzt werden kann, muss die Zentralstelle ein Verzeichnis der Markierungen und der entsprechenden Hersteller oder Importeure führen. Für diese Aufgaben sind zwei unbefristete Vollzeitstellen notwendig.

Vor dem Vernehmlassungsverfahren, war man davon ausgegangen, dass diese neuen Aufgaben der zentralen Kontaktstelle (SPOC) mit den vorhandenen Ressourcen bewältigt werden können. Mittlerweile ist die Zentralstelle indessen mit weiteren Aufgaben betraut worden, mit denen die bestehenden Ressourcen vollumfänglich ausgelastet sind.

Diese neuen Aufgaben bestehen hauptsächlich in der Installation und Verwaltung des Informationssystems ARMADA. Die damit verbundenen Arbeiten sind unterschätzt worden. In diesem System werden die unter Artikel 32a WG aufgeführten Datenbanken und neu die Datenbank für dieses Projekt verwaltet werden. Das Informationssystem ARMADA soll Ende Mai 2011 den Betrieb aufnehmen.

ARMADA wird den Vollzugsbehörden der Kantone und des Bundes zu Verfügung stehen und vor allem dem Grenzwachtkorps gute Dienste leisten. ARMADA enthält Personendaten, die rund um die Uhr abgerufen werden können. Um
diese Daten zu bearbeiten, ist es notwendig, ausgebildetes Personal in ausreichendem Umfange zur Verfügung zu stellen.

Der erhöhte Aufwand, den allein die Installation und die Verwaltung von ARMADA mit sich bringt, hätte mit den bestehenden Ressourcen bewältigt werden können. Um sicherzustellen, dass das UNO-Feuerwaffenprotokoll und das UNO-Rückverfolgungsinstrument korrekt umgesetzt werden und die Zentralstelle den Aufgaben, die ihr als zentrale Kontaktstelle zukommen, gerecht wird, sind zusätzliche Mittel nötig.

4612

6.1.3

Auswirkungen auf die Informatik

Im Zuge des Beitritts zum UNO-Feuerwaffenprotokoll und der Übernahme des UNO-Rückverfolgungsinstruments wird eine neue Datenbank, DARUE, geschaffen und ins Informationssystem ARMADA integriert werden (Ziff. 6.1.1). Der operative und technische Informationsaustausch durch die Zentralstelle Waffen, insbesondere der Austausch von Ersuchen um Rückverfolgung, wird vornehmlich über die bestehenden Informationskanäle von Interpol, allenfalls auf schriftlichem Weg, abgewickelt werden.

6.1.4

Auswirkungen auf die Sicherheits- und Polizeiorgane der öffentlichen Hand

Die Feuerwaffen der Polizeibehörden auf den Stufen Bund, Kantone und Gemeinden, der Zollbehörden, der Jagdinspektorate beziehungsweise Wildhüter sowie der Betriebswache von Kernanlagen sind gleich markiert wie die Feuerwaffen, die für den zivilen Gebrauch gedacht sind. Allenfalls weisen sie eine zusätzliche Markierung (z.B. Wappen) auf. Für Waffen derSicherheits- und Polizeiorgane der öffentlichen Hand bedarf es somit keiner zusätzlichen Regelung.

6.2

Auswirkungen auf die Kantone

Weder der Beitritt zum UNO-Feuerwaffenprotokoll noch die Übernahme des UNORückverfolgungsinstruments oder jegliche Änderungen des schweizerischen Rechts werden voraussichtlich Anpassungen in der Gesetzgebung der Kantone erfordern Die kantonalen Vollzugsbehörden, insbesondere die zuständigen kantonalen Waffenbüros, sind laufend mit der Beantwortung zahlreicher Rückverfolgungsersuchen ausländischer Stellen befasst. Diese Ersuchen werden über Interpol übermittelt oder der Zentralstelle Waffen zugestellt. Hat die Schweiz das UNO-Rückverfolgungsinstrument erst einmal übernommen, werden noch vermehrt Ersuchen eingehen. Den Kantonen wird daraus voraussichtlich aber kaum ein erheblicher Mehraufwand erwachsen, weshalb es wohl auch kaum notwendig sein wird, zusätzliches Personal einzustellen.

Das UNO-Rückverfolgungsinstrument erlaubt auch Anfragen zu Munitionstransfers; diese Anfragen können den Kantonen zur Bearbeitung übermittelt werden. Solche Anfragen werden bereits über Interpol zugesandt und in den Kantonen bearbeitet. Es ist unwahrscheinlich, dass die Zahl dieser Anfragen zunehmen wird.

6.3

Volkswirtschaftliche Auswirkungen

Der Beitritt zum UNO-Feuerwaffenprotokoll sowie seine Umsetzung und die Umsetzung des UNO-Rückverfolgungsinstruments lassen keine direkten volkswirtschaftlichen Auswirkungen erwarten.

4613

6.4

Auswirkungen auf das Gewerbe und Privatpersonen

UNO-Feuerwaffenprotokoll Für die Gewerbetreibenden und Privatpersonen sind die Anforderungen an die Importmarkierung im Feuerwaffenprotokoll relevant.

Die Schweizer Hersteller sind bereits heute dafür verantwortlich, dass sämtliche Feuerwaffen, die ihre Produktionsstätten verlassen, in Übereinstimmung mit dem Feuerwaffenprotokoll gekennzeichnet sind (Art. 18a Abs. 1 WG). Ebenso muss gewährleistet sein, dass die in die Schweiz verbrachten Waffen diese einzelne und unterschiedliche (Hersteller-)Markierung tragen (Art. 18a Abs. 2 WG).

Direkte Auswirkungen hat die Übernahme der Bestimmung, wonach bei der Einfuhr, zusätzlich zum individualisierenden Kennzeichen, auf jeder Feuerwaffe das Land, in welches die Feuerwaffe verbracht wird, und, falls möglich, das Importjahr angebracht sein muss.

Da das System der Buchführung im Ermessen des jeweiligen Teilnehmerstaates liegt und das Feuerwaffenprotokoll ­ im Gegensatz zum UNO-Rückverfolgungsinstrument ­ die Aufbewahrung der relevanten Bücher während lediglich zehn Jahren vorschreibt, ergibt sich hierzu kein Anpassungsbedarf.

Steigt im Rahmen der Umsetzung der UNO-Instrumente die Zahl eingehender Ersuchen um Rückverfolgung künftig an, kann dies auch Folgen für die Gewerbetreibenden haben, zumal die erforderlichen Informationen beschafft werden müssen.

Informationen, die nicht bereits bei den kantonalen Vollzugsbehörden vorhanden wären, müssten von den Gewerbetreibenden beigebracht werden, da sie über einen Grossteil der für eine Rückverfolgung erforderlichen Daten verfügen (z.B. Waffenbücher bis 1999). Der Grossteil solcher Anfragen wird indessen bereits heute ohne Rückfragen bei den Gewerbetreibenden durch die Zentralstelle beantwortet.

Auf Privatpersonen wie Schützen, Jäger und Waffensammler sind neben der Pflicht zur Importmarkierung bei der Verbringung in Schweizerisches Staatsgebiet keine Auswirkungen zu erwarten.

UNO-Rückverfolgungsinstrument Im Gegensatz zum UNO-Feuerwaffenprotokoll ist eine Importmarkierung im UNORückverfolgungsinstrument lediglich empfohlen. Die Forderung nach der Herstellungsmarkierung kennt das schweizerische Recht bereits (Art. 18a WG).

Die vom UNO-Rückverfolgungsinstrument maximal geforderte Aufbewahrungsdauer wird mit der Waffengesetzgebung gemäss Schengen-Weiterentwicklung und der vorliegenden Anpassung des Bundesgesetzes
über die militärischen Informationssysteme gewahrt.

Schwierigkeiten resultieren aus dem erweiterten Anwendungsbereich des UNORückverfolgungsinstruments, der neben den üblichen Hand- und Faustfeuerwaffen auch «leichte Waffen» einschliesst. Diese sind heute lediglich vom Kriegsmaterialgesetz kontrolliert, in welchem Herstellungs- oder Importmarkierungen weder vorgeschrieben noch unmittelbar geplant sind.

Wollte man die Rückverfolgbarkeit der «leichten Waffen» im gleichen Masse wie bei Hand- und Faustfeuerwaffen gewährleisten, wäre es ­ neben der Pflicht zur völkerrechtskonformen Markierung von leichten Waffen ­ künftig auch Aufgabe der Hersteller und Händler, dafür zu sorgen, dass Aufzeichnungen und Bücher über die 4614

entsprechenden Waffen während zwanzig, beziehungsweise dreissig Jahren eingesehen werden können.

Der Anteil der leichten Waffen an den total in der Schweiz produzierten und gehandelten Waffen und damit auch die Anzahl der vom Mehraufwand betroffenen Personen ist aber relativ gering75.

Für Privatpersonen wie Schützen, Jäger und Waffensammler gilt im Bereich der Waffengesetzgebung das unter dieser Ziffer zum UNO-Feuerwaffenprotokoll Gesagte. Im Bereich der leichten Waffen sind sie in der Regel ohnehin nicht betroffen.

7

Legislaturplanung

Die Vorlage ist weder in der Botschaft vom 23. Januar 200876 über die Legislaturplanung 2007­2011 noch im Bundesbeschluss vom 18. September 200877 über die Legislaturplanung 2007­2011 angekündigt. Der Beitritt der EG zum UNO-Feuerwaffenprotokoll im Jahr 2002 machte auf europäischer Ebene Änderungen der EGWaffenrichtlinie erforderlich, die der Schweiz 2008 als Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands notifiziert wurden. Die geänderte EG-Waffenrichlinie übernimmt viele, aber nicht alle Vorgaben des UNO-Feuerwaffenprotokolls. Die Vorlage zur Umsetzung der geänderten EG-Waffenrichlinie wurde im Dezember 2009 von den eidgenössischen Räten angenommen. Die Referendumsfrist ist am 1. April 2010 unbenutzt abgelaufen. Die Umsetzung der offen gebliebenen Vorgaben des UNOFeuerwaffenprotokolls war zur Zeit der Ausarbeitung der Legislaturplanung 2006 noch nicht absehbar, weshalb das Vorhaben nicht in die Legislaturplanung aufgenommen wurde.

T

8

Rechtliche Aspekte

8.1

Verhältnis zum europäischen Recht

Sowohl die Europäische Union wie auch alle ihre Mitgliedsstaaten haben das Übereinkommen der UNO gegen die transnationale organisierte Kriminalität unterzeichnet. Das UNO-Feuerwaffenprotokoll wurde von der Europäischen Union am 16. Januar 2002 unterzeichnet, von den EU-Mitgliedstaaten jedoch bisher nur zum Teil unterzeichnet bzw. in Kraft gesetzt. Mit der Richtlinie 2008/51/EG wurden die Vorgaben des UNO-Feuerwaffenprotokolls weitgehend umgesetzt. Davon ausgenommen ist der grenzüberschreitenden Verkehr mit Feuerwaffen und Munition, wo die geänderte Waffenrichtlinie das bisherige Kontrollsystem beibehält und nur 75

76 77

Vgl. Jahresbericht 2009 «Die Exportkontrolle im Bereich Small Arms and Light Weapons (SALW) unter der Kriegsmaterialgesetzgebung», abrufbar unter folgender Internetadresse des Bundes: http://www.news-service.admin.ch/NSBSubscriber/message/attachments/18215.pdf; zuletzt besucht am 5. März 2010. Im Jahr 2009 wurden Exportbewilligungen für insgesamt 1452 leichte Waffen ausgestellt (dagegen Ausfuhrbewilligungen für 24 843 Kleinwaffen im gleichen Zeitraum). Über 95 % der zu exportierenden leichten Waffen wurden im Rahmen von Ausfuhrgesuchen an EU-Staaten bewilligt.

BBl 2008 753 BBl 2008 8543

4615

punktuelle Neuerungen von untergeordneter Bedeutung enthält. Ferner wird die Markierungspflicht nur für die Herstellung und für die Überführung von Waffen geregelt, die aus staatlichen Beständen einer ständigen zivilen Nutzung zugeführt werden; Vorschriften zur Markierung bei der Verbringung fehlen. Schliesslich macht die Richtlinie 2008/51/EG nur programmatische Vorgaben zur Strafbarkeit.

An seiner Tagung vom 15.­16. Dezember 2005 hat der Europäische Rat die EUStrategie zur Bekämpfung der Anhäufung von Kleinwaffen und leichten Waffen und zugehöriger Munition sowie des unerlaubten Handels damit angenommen (SALWStrategie der EU)78. Darin wird dazu aufgerufen, die Annahme eines internationalen verbindlichen Rechtsinstruments zur Rückverfolgbarkeit und Markierung von Kleinwaffen und leichten Waffen und der dazugehörigen Munition zu unterstützen. Artikel 1 Absatz 1 der Gemeinsamen Aktion 2008/113/GASP des Rates der europäischen Gemeinschaften vom 12. Februar 200879 zur Unterstützung des Internationalen Rechtsinstruments zur Ermöglichung der rechtzeitigen und zuverlässigen Identifikation und Rückverfolgung illegaler Kleinwaffen und leichter Waffen durch die Staaten im Rahmen der EU-Strategie zur Bekämpfung der Anhäufung von Kleinwaffen und leichten Waffen und zugehöriger Munition sowie des unerlaubten Handels damit hält fest, dass die EU das UNO-Rückverfolgungsinstrument weiter fördert.

Beitritt und Umsetzung des UNO-Feuerwaffenprotokolls und eine autonome Umsetzung des UNO-Rückverfolgungsinstruments durch die Schweiz liegen mithin in der gleichen Stossrichtung, wie die EU sie verfolgt.

Am 27. Oktober 2006 hat die Schweiz das Übereinkommen der UNO gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität ratifiziert. Es wird vom UNO-Feuerwaffenprotokoll ergänzt und ist gemäss Artikel 1 Ziffer 1 UNO-Feuerwaffenprotokoll zusammen mit ihm auszulegen. Auch die Schiedsklausel gemäss Artikel 16 Ziffer 2 UNO-Feuerwaffenprotokoll entspricht schweizerischer Praxis. Der Beitritt zum UNO-Feuerwaffenprotokoll ist daher mit den internationalen Verpflichtungen der Schweiz vereinbar. Die Umsetzung der Vorgaben des UNO-Feuerwaffenprotokolls ist auch mit den staatsvertraglichen Verpflichtungen der Schweiz im Rahmen der Schengen-Assoziierung kompatibel, da die Vorgaben der internationalen Instrumente bereits weitgehend in die Richtlinie 2008/51/EG eingeflossen sind, deren Übernahme das Parlament beschlossen hat.

8.2

Verfassungsmässigkeit

Das UNO-Feuerwaffenprotokoll ist ein multilateraler völkerrechtlicher Vertrag. Die Vorlage zum Genehmigungsbeschluss stützt sich auf Artikel 54 Absatz 1 BV, wonach die auswärtigen Angelegenheiten Sache des Bundes sind. Die Kompetenz der Bundesversammlung, völkerrechtliche Verträge zu genehmigen, ist in Artikel 166 Absatz 2 BV enthalten.

78

79

Dokument 5319/06 vom 13. Januar 2006 (nicht im Amtsblatt veröffentlicht; abrufbar unter folgender Internetadresse der EU: http://register.consilium.europa.eu/pdf/de/06/st05/st05319.de06.pdf, zuletzt besucht am 5. März 2010.

ABl. L 40 vom 14.2.2008, S. 16.

4616

Nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV werden völkerrechtliche Verträge dem fakultativen Referendum unterstellt, wenn sie unbefristet und unkündbar sind, den Beitritt zu einer internationalen Organisation vorsehen oder wenn sie wichtige Recht setzende Bestimmungen enthalten oder deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert.

Das UNO-Feuerwaffenprotokoll ist kündbar (Art. 20 UNO-Feuerwaffenprotokoll).

Es sieht keinen Beitritt zu einer internationalen Organisation vor.

Es bleibt die Frage, ob der Vertrag wichtige Recht setzende Bestimmungen enthält oder ob seine Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert. Unter Recht setzenden Bestimmungen sind nach Artikel 22 Absatz 4 des Parlamentsgesetzes80 Bestimmungen zu verstehen, die in unmittelbar verbindlicher und generell-abstrakter Weise Pflichten auferlegen, Rechte verleihen oder Zuständigkeiten festlegen. Wichtige Bestimmungen sind solche, die im internen Recht im Lichte von Artikel 164 Absatz 1 BV in der Form eines formellen Gesetzes zu erlassen sind.

Das Zusatzprotokoll auferlegt den teilnehmenden Staaten individuelle Markierungsund Registrierungspflichten hinsichtlich Feuerwaffen, dazugehöriger Teile sowie Komponenten und Munition, Pflichten zu zuverlässigen Ausfuhr-, Einfuhr- und Durchfuhrkontrollen, zur Verschärfung von Strafbestimmungen, zur Einziehung illegal zirkulierender Feuerwaffen und die Pflicht zur verstärkten Zusammenarbeit.

Das Zusatzprotokoll enthält damit Recht setzende Bestimmungen. Diese Bestimmungen sind zudem insofern als wichtig zu erachten, als ­ würden sie auf nationaler Ebene erlassen ­ dies aufgrund von Artikel 164 Absatz 1 Buchstaben b und c BV in Form eines Gesetzes im formellen Sinn zu geschehen hätte.

Daraus folgt, dass der Bundesbeschluss zur Genehmigung des UNO-Feuerwaffenprotokolls aufgrund von Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV dem Staatsvertragsreferendum unterliegt.

Die Änderungen des Waffengesetzes stützen sich auf Artikel 107 Absatz 1 BV, wonach der Bund beauftragt ist, Vorschriften gegen den Missbrauch von Waffen, Waffenzubehör und Munition zu erlassen.

Die Änderungen des Waffengesetzes gemäss Vorlage II, einschliesslich des Umsetzungsbedarfs für das UNO-Rückverfolgungsinstrument, unterliegen dem fakultativen Referendum gemäss Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe a BV.

8.3

Erlassform

Untersteht der Genehmigungsbeschluss eines völkerrechtlichen Vertrags dem fakultativen Referendum, so kann die Bundesversammlung die Gesetzesänderungen, die der Umsetzung des Vertrages dienen, in den Genehmigungsbeschluss aufnehmen (Art. 141a Abs. 2 BV). Der Bundesrat beantragt daher, die Änderung des Waffengesetzes in den Genehmigungsbeschluss für den Beitritt zum UNO-Feuerwaffenprotokoll zu integrieren.

80

Bundesgesetz vom 13. Dezember 2002 über die Bundesversammlung (Parlamentsgesetz, ParlG; SR 171.10).

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