10.505 Parlamentarische Initiative Richterverordnung. Überprüfung des Lohnsystems für Richterinnen und Richter Bericht der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates vom 13. Oktober 2011

Sehr geehrter Herr Präsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit diesem Bericht unterbreiten wir Ihnen einen Entwurf für eine Änderung der Richterverordnung und einen Entwurf für ein Bundesgesetz über die Änderung des Höchstalters für Richter und Richterinnen des Bundesstrafgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundespatentgerichts. Gleichzeitig erhält der Bundesrat Gelegenheit zur Stellungnahme.

Die Kommission beantragt, den beiliegenden Entwürfen zuzustimmen.

13. Oktober 2011

Im Namen der Kommission Die Präsidentin: Anita Thanei

2011-2454

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Übersicht Die Richterinnen und Richter des Bundesstrafgericht und des Bundesverwaltungsgerichts sowie die hauptamtlichen Richterinnen und Richter des Bundespatentgerichts sind heute bezüglich ihrer Lohnentwicklung gegenüber dem Personal der Bundesverwaltung deutlich schlechter gestellt. Ihr Lohn erhöht sich jährlich um 1,2 Prozent des Maximums ihrer Lohnklasse, während der weitaus grösste Teil der Angestellten des Bundes von einem jährlichen Lohnwachstum zwischen 2,5 und 3,5 Prozent profitieren kann.

Mit der vorliegenden Änderung der Richterverordnung wird die Lohnentwicklung der Richterinnen und Richter an jene des Bundespersonals angepasst. Neu soll das jährliche Lohnwachstum 3 Prozent statt lediglich 1,2 Prozent des Maximums der Lohnklasse 33 betragen. Der zentrale Punkt der Änderung der Richterverordnung vom 6. Oktober 2006 wird somit rückgängig gemacht. Zugleich wird der minimale Anfangslohn der Richterinnen und Richter angehoben und die Einführung der Vertrauensarbeitszeit auf Verordnungsstufe verankert.

Auch bezüglich des Rücktrittsalters besteht für die Richterinnen und Richter der erstinstanzlichen Gerichte des Bundes heute eine restriktivere Regelung als für das Bundespersonal. Für Angestellte des Bundes ist seit dem 1. Januar 2011 eine Verlängerung des Arbeitsverhältnisses über das ordentliche Rentenalter hinaus bis zum 70. Altersjahr möglich, während für die Richterinnen und Richter der erstinstanzlichen Gerichte ein verbindliches Rücktrittsalter von 64 bzw. 65 Jahren gilt. Sie müssen ihr Amt somit auch früher niederlegen als die Richterinnen und Richter des Bundesgerichts, welche am Ende des Jahres aus dem Amt ausscheiden, in dem sie das 68. Altersjahr vollenden. Neu soll diese Altersgrenze auch für die Richterinnen und Richter des Bundestrafgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundespatentgerichts übernommen werden. Dadurch wird eine einheitliche Regelung für sämtliche zivilen Gerichte des Bundes getroffen. Richterinnen und Richter, die unter dem neuen Recht auf den Zeitpunkt des ordentlichen AHV-Alters zurücktreten, erleiden vorsorgerechtlich im Vergleich zum heutigen Recht keine Schlechterstellung.

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Bericht 1

Entstehungsgeschichte

Am 1. März 2010 wandte sich die Gerichtskommission der Vereinigten Bundesversammlung (GK) an die Kommissionen für Rechtsfragen beider Räte und bat sie, das in der Richterverordnung vom 13. Dezember 2002 (SR 173.711.2) verankerte Lohnsystem der Richterinnen und Richter im Hinblick auf eine Angleichung an die für das Bundespersonal geltenden Regelungen zu überprüfen. Hintergrund dieser Eingabe der GK war ein Vorschlag des Bundesgerichts vom 13. Oktober 2009 für eine Anpassung des Systems der Richterlöhne der erstinstanzlichen Gerichte des Bundes, welcher vom Bundesstrafgericht und vom Bundesverwaltungsgericht unterstützt wurde. Die GK hatte am 10. Februar 2010 Vertreter der drei Gerichte zur erwähnten Thematik angehört. Sie konnte zwar nicht abschliessend beurteilen, ob Handlungsbedarf für eine Anpassung der Richterverordnung bestehe, erachtete es jedoch als richtig, dass das Anliegen der Gerichte vertieft überprüft würde. Die GK leitete den Vorschlag des Bundesgerichts deshalb an die Kommissionen für Rechtsfragen als zuständige Legislativkommissionen weiter.

Die Präsidentin der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates (RK-N) und der Präsident der Kommission für Rechtsfragen des Ständerates (RK-S) kamen überein, dass sich die nationalrätliche Kommission als erste mit dem Prüfungsanliegen der GK befassen sollte. Am 14. Oktober 2010 hörte die RK-N ihrerseits eine Vertretung des Bundesgerichts, des Bundesstrafgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts zur Frage der Richterlöhne an. Sie kam daraufhin zum Schluss, dass Handlungsbedarf zu einer Verbesserung des Lohnsystems für die Richterinnen und Richter der erstinstanzlichen Gerichte gegeben sei, und beschloss, auf dem Weg einer parlamentarischen Initiative eine Änderung der Richterverordnung an die Hand zu nehmen.

Dabei solle insbesondere die Lohnentwicklung an die für das Bundespersonal geltenden Regeln angepasst und die Vertrauensarbeitszeit nach dem Modell der Bundesverwaltung eingeführt werden. Die RK-S stimmte diesem Beschluss am 31. Januar 2011 einstimmig zu.

Gemäss Artikel 112 Absatz 1 ParlG wurde die RK-N bei ihren weiteren Arbeiten vom Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement unterstützt. Nach einer erneuten Diskussion des Themas beschloss sie am 24. März 2011 oppositionslos, für die der Richterverordnung unterstellen Richterinnen
und Richter ein jährliches Lohnwachstum von 3 Prozent, einen Minimallohn von 70 Prozent der Lohnklasse 33 und ein Vertrauensarbeitszeitmodell nach den Regeln für das Bundespersonal vorzusehen. Ferner lag der RK-N ein Brief des neuen Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. Februar 2011 vor, mit dem er darum bat, im Rahmen der laufenden Revision der Richterverordnung auch die Regelung betreffend das Rücktrittsalter der Richterinnen und Richter an die flexibleren Richtlinien für das Personal der Bundesverwaltung anzupassen. Die RK-N entschied, zu diesem Vorschlag eine Stellungnahme des Bundesgerichts und des Bundesstrafgerichts einzuholen. Zudem beschloss sie am 7. April 2011, auch die GK in ihre Arbeiten einzubeziehen und von ihr eine Stellungnahme zur Frage der Gewichtung der Kriterien bei der Festlegung der individuellen Anfangslöhne der Richterinnen und Richter zu verlangen.

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An ihrer Sitzung vom 23. Juni 2011 setzte die RK-N die Diskussion in Kenntnis der Antworten des Bundesgerichts, des Bundesstrafgerichts und der GK fort. Sie beschloss, das Rücktrittsalter der Richterinnen und Richter der erstinstanzlichen Gerichte an die für das Bundesgericht geltende Regelung anzupassen und beauftragte das Sekretariat und die Verwaltung, basierend auf ihren Beschlüssen einen Bericht- und Erlassentwurf auszuarbeiten.

Am 13. Oktober 2011 verabschiedete die Kommission beiliegende Entwürfe einstimmig zuhanden ihres Rates.

2

Hintergrund der heutigen Regelung

2.1

Änderung vom 6. Oktober 2006 der Richterverordnung

Die Richterverordnung sah ursprünglich vor, dass die Löhne der ihr unterstellten Richterinnen und Richter jedes Jahr um 3 Prozent des Maximums der Lohnklasse 33 wachsen und dass die GK bei der Festlegung des Anfangslohns die Ausbildung, die Berufs- und Lebenserfahrung der Richterinnen und Richter sowie die Lage auf dem Arbeitsmarkt als Kriterien berücksichtigt. Damit galten für die Richterinnen und Richter die gleichen Kriterien für die Festlegung ihres Anfangslohns wie für das Personal der Bundesverwaltung, und ihre Lohnentwicklung war ebenfalls mit derjenigen des Bundespersonals vergleichbar. Dennoch beschloss die GK im Vorfeld der ersten Wahlen an das Bundesverwaltungsgericht, die Anfangsgehälter der 72 Mitglieder des neuen Gerichts grundsätzlich allein nach dem Kriterium des Alters festzulegen. Eine individuellere Festlegung der Anfangslöhne unter Berücksichtigung auch der Ausbildung und der Berufs- und Lebenserfahrung hätte die Kommission wegen der hohen Zahl von Kandidatinnen und Kandidaten vor kaum zu bewältigende Probleme gestellt. Ferner entschied sich die GK für eine Lohnskala, wonach der Einstiegslohn mit jedem Altersjahr um 1,1 Prozent des Höchstbetrages der Lohnklasse zunimmt. Die GK war sich bewusst, dass ihr Anfangslohnsystem im Widerspruch zum dreiprozentigen jährlichen Lohnwachstum gemäss Richterverordnung stand. Ohne eine Anpassung der Verordnung wäre es in wenigen Jahren zu erheblichen Lohnunterschieden zwischen den bereits am Gericht tätigen und neu eintretenden Richterinnen und Richtern kommen. Die GK ersuchte deshalb das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD), eine Änderung der Richterverordnung zu prüfen.

Der Bundesrat nahm das Anliegen der GK positiv auf. In seiner Botschaft vom 1. Februar 20061 schlug er vor, das jährliche Lohnwachstum der Richterinnen und Richter von 3 auf 1,2 Prozent des Maximums der Lohnklasse zu senken und auf diese Weise an die Abstufungen des von der GK einführten Systems der Anfangsbesoldung anzugleichen. Gleichzeitig schlug der Bundesrat vor, die Richterverordnung dahingehend zu revidieren, dass sich die GK bei der Festlegung des Anfangslohns in erster Linie auf das Alter der Richterinnen und Richter abzustützen habe. Auch dies erfolgte in Übereinstimmung mit der von der GK neu eingeführten Praxis.

1

BBl 2006 2165

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Der Ständerat stimmte einer entsprechenden Anpassung der Richterverordnung am 9. Juni 2006 einstimmig zu, der Nationalrat am 27. September 2006. Die Änderung trat am 1. Januar 2007 in Kraft.

2.2

Auswirkungen des geltenden Lohnsystems

Mit der Einführung eines jährlichen Lohnwachstums von 1,2 Prozent wurde ein System geschaffen, das weit von der Praxis der Lohnentwicklung in der Bundesverwaltung entfernt ist. Weil das Personal der Gerichte ebenfalls der Regelung für das Bundespersonal untersteht, führte die Änderung vom 6. Oktober 20062 der Richterverordnung in verschiedener Hinsicht zu einem Ungleichgewicht des Lohngefüges innerhalb der betroffenen Gerichte: Ein Lohnwachstum von 1,2 Prozent der Lohnklasse 33 entspricht 2775 Franken jährlich. Diese Summe wiederum entspricht 3 Prozent des Höchstbetrags der Lohnklasse 14. In diese Lohnklasse sind beim Bundesverwaltungsgericht und beim Bundesstrafgericht die administrativen Mitarbeitenden der Kanzlei und somit jene Personen, die klassische Sekretariatsarbeiten erledigen, eingeteilt. Sofern sie ihre Ziele erfüllen, nimmt ihr Lohn jedes Jahr um 2770 Franken zu. Die Löhne der Richterinnen und Richter entwickeln sich somit heute ­ in absoluten Zahlen ausgedrückt ­ gleich wie die Löhne der administrativen Mitarbeitenden der Gerichte. Die Gerichtsschreiberinnen und Gerichtsschreiber des Bundesstrafgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts, welche ihre Ziele erfüllen, können hingegen von einem Lohnwachstum von rund 4755 Franken jährlich profitieren. Sie können ferner damit rechnen, dass sie ­ wie das Personal der Bundesverwaltung ­ das Maximum ihrer Lohnklasse im Alter von spätestens 45 Jahren erreichen. Bei den Richterinnen und Richtern dauert dies bis zum Alter von 62 Jahren und somit bis knapp vor die Pensionierung.

Besonders stossende Auswirkungen hatte die Änderung der Richterverordnung vom 6. Oktober 2006 auf das Lohngefüge innerhalb der Richterschaft am Bundesstrafgericht. Anlässlich der Erstbesetzung des Gerichts im Jahr 2004 befolgte die GK noch eine viel grosszügigere Praxis bei der Festlegung der Anfangslöhne der Richterinnen und Richter. Die mit der Revision der Richterverordnung eingeführte Reduktion des Lohnwachstums fand zudem auf bereits gewählte Richterinnen und Richter des Bundesstrafgerichts erst ab Beginn ihrer zweiten Amtsdauer Anwendung.3 Sie waren in der Praxis somit nicht von der neuen Regelung betroffen, da alle Richterinnen und Richter dieser Gruppe spätestens am Ende der ersten Amtsdauer den Höchstbetrag von Lohnklasse 33 erzielten. Die nach dem Inkrafttreten
der Verordnung gewählten Richterinnen und Richter mussten nicht nur tiefere Anfangslöhne, sondern insbesondere auch ein wesentlich langsameres Lohnwachstum in Kauf nehmen als ihre früher gewählten Kolleginnen und Kollegen. Dies führte innerhalb der Richterschaft des Bundesstrafgerichts zu erheblichen Lohnunterschieden. Die Differenz zwischen der Jahresbesoldung gleichaltriger Richterinnen und Richter am Bundesstrafgericht beträgt heute teilweise mehr als 50 000 Franken. Am Bundes-

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AS 2006 4217 Vgl. Übergangsbestimmung zur Änderung vom 6. Oktober 2006 der Richterverordnung (AS 2006 4217).

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verwaltungsgericht sind die Lohnunterschiede unter den gleichaltrigen Richterinnen und Richtern weniger gross.

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Grundzüge der Vorlage

3.1

Anpassungen an die Regelung für das Bundespersonal

Mit der vorliegenden Änderung der Richterverordnung soll die Lohnentwicklung der Richterinnen und Richter des Bundesstrafgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundespatentgerichts an diejenige des Bundespersonals angeglichen werden. Die spezielle, nur für die Richterinnen und Richter geltende Regelung, welche mit der Änderung der Richterverordnung vom 6. Oktober 2006 eingeführt wurde, wird somit wieder rückgängig gemacht. In der Praxis profitiert der weitaus grösste Teil des Bundespersonals von einem jährlichen Lohnanstieg zwischen 2,5 und 3,5 %, nämlich all jene Angestellte, deren Leistung mit «erreicht die Ziele vollständig» bewertet wird.4 Im Jahr 2010 haben 79,3 Prozent aller Bundesangestellten ihre Ziele erfüllt und ihr Lohn ist somit entsprechend gewachsen, sofern sie das Maximum ihrer Lohnklasse nicht bereits erreicht hatten. Weitere 14 Prozent der Angestellten der Bundesverwaltung übertrafen im Jahr 2010 ihre Ziele deutlich und ihr Lohn stieg zwischen 4 und 5 Prozent des Maximums ihrer Lohnklasse.5 Wird für die Richterinnen und Richter in Zukunft ein fixes jährliches Lohnwachstum von 3 Prozent des Höchstbetrags der Lohnklasse 33 vorgesehen, werden sie somit dem Durchschnitt der Bundesverwaltung gleichgestellt. Auch der Bundesanwalt oder die Bundesanwältin sowie die Stellvertretenden Bundesanwältinnen und Bundesanwälte profitieren von einem fixen jährlichen Lohnwachstum von 3 Prozent.6 Dies gilt übrigens auch für die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte des Bundes und die weiteren der Amtsdauerverordnung vom 17. Oktober 20017 unterstellen Personen.

In der RK-N war die Anpassung des Lohnwachstums der Richterinnen und Richter denn auch völlig unbestritten. Ebenso unbestritten war in der Kommission die Anpassung der Untergrenze für die Anfangsbesoldung. Bereits heute ist für die Richterinnen und Richter ein Minimallohn auf Verordnungsstufe vorgegeben. Dieser beträgt 80 Prozent der Lohnklasse 29, was einer Bruttojahresbesoldung von 145 778 Franken entspricht. Im Vergleich mit der Besoldung kantonaler Ober- und Verwaltungsrichter ist dies sehr tief. Mit einer neuen Definition der Lohnuntergrenze bei 70 % des Maximums der Lohnklasse 33 ­ was einer Jahresbesoldung von aktuell 161 889 Franken entspricht ­ soll der Mindestlohn erhöht werden.

4 5 6

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Vgl. Art. 17 und 39 der Bundespersonalverordnung vom 3. Juli 2001 (BPV; SR 172.220.111.3).

Reporting Personalmanagement 2010. Bundesverwaltung. Bericht des Bundesrates an die Geschäftsprüfungs- und Finanzkommissionen der eidgenössischen Räte, März 2011.

Vgl. Artikel 6 Absatz 3 der Verordnung der Bundesversammlung vom 1. Oktober 2010 über das Arbeitsverhältnis und die Besoldung des Bundesanwalts oder der Bundesanwältin sowie der Stellvertretenden Bundesanwälte oder Bundesanwältinnen (SR 173.712.23).

SR 172.220.111.6

9000

Aus der Verknüpfung beider genannter Massnahmen ergibt sich, dass die Richterinnen und Richter das Maximum der Lohnklasse 33 spätestens nach 10 statt wie bis anhin nach 32 Jahren erreichen werden. Es ist davon auszugehen, dass die Vereinigte Bundesversammlung auch in Zukunft kaum je Richterinnen und Richter wählen wird, die jünger als 35 Jahre sind.8 Die jüngsten Richterinnen und Richter werden den Maximallohn somit im Alter von ca. 45 Jahren erreichen, was dem Alter entspricht, in dem auch die Angestellten der Bundesverwaltung sowie die Gerichtsschreiberinnen und Gerichtsschreiber der eidgenössischen Gerichte das Maximum ihrer Lohnklasse normalerweise erreichen.

Mit der Verankerung der Vertrauensarbeitszeit auf Verordnungsstufe wird die Richterverordnung in einem weiteren Punkt den Regelungen für das Bundespersonal angepasst. In der Praxis haben die Gerichte diese vom Bundesrat per 1. Januar 2009 eingeführte Regelung für das Bundespersonal ab Lohnklasse 30 bereits nachvollzogen.

Aus Sicht der Kommission handelt es sich bei den geplanten Anpassungen des Lohnsystems und der Verankerung der Vertrauensarbeitszeit um eine relativ kleine, sinnvolle und pragmatische Korrektur der Richterverordnung. Sie ist nicht nur im Sinne der Gleichbehandlung der Richterinnen und Richtern mit den übrigen im Dienste des Bundes stehenden Personen angezeigt, sondern auch dazu geeignet, die Konkurrenzfähigkeit der betroffenen Gerichte als Arbeitgeber gegenüber der Bundesverwaltung und den kantonalen Gerichten zu verbessern.

Auf eine individuelle Anpassung einzelner Richterlöhne, wie dies das Bundesstrafgericht ursprünglich vorschlug, wird verzichtet. Durch das Lohnwachstum von 3 Prozent wird sich die Lohnsituation aller Richterinnen und Richter relativ rasch verbessern, auch wenn für eine gewisse Zeit noch Unterschiede zwischen den individuellen Löhnen gleichalteriger Richterinnen und Richter bestehen bleiben werden.

3.2

Änderung des Höchstalters der Richterinnen und Richter

Eine Anpassung des Höchstalters der Richterinnen und Richter der erstinstanzlichen Gerichte des Bundes steht zwar nicht in direktem Zusammenhang mit dem Lohnsystem, zielt aber ebenfalls auf eine Vereinheitlichung ab: Mit der Erhöhung des Altersgrenze für die Richterinnen und Richter des Bundesstrafgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundespatentgerichts auf 68 Jahre gilt in Zukunft dasselbe Maximalalter für alle Richterinnen und Richter der zivilen eidgenössischen Gerichte.

Für das Bundespersonal besteht nach Artikel 35 der Bundespersonalverordnung vom 3. Juli 20019 (BPV) die Möglichkeit, im Einzelfall über das ordentliche Rentenalter hinaus bis zum Alter von 70 Jahren angestellt zu bleiben. Bis vor Kurzem war dies nur unter Erfüllung bestimmter Voraussetzungen möglich, z.B. für den Abschluss laufender Projekte oder aus sozialen Gründen. Der Bundesrat hat die Einschränkungen für die Weiterarbeit über das ordentliche Rentenalter hinaus jedoch aufgehoben.

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Von den derzeit insgesamt 90 Richterinnen und Richtern des Bundesstrafgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts waren nur gerade zwei zum Zeitpunkt ihrer Wahl jünger als 35 Jahre.

SR 172.220.111.3

9001

Seit dem 1. Januar 2011 ist eine Verlängerung des Arbeitsverhältnisses bis zum 70. Altersjahr möglich. Für die Richterinnen und Richter des Bundesstrafgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts sind demgegenüber keine Ausnahmen vom gesetzlich vorgegebenen Rücktrittsalter möglich. Sie scheiden am Ende des Jahres aus ihrem Amt aus, in dem sie das ordentliche Rücktrittsalter nach den Bestimmungen über das Arbeitsverhältnis des Bundespersonals erreichen10, für die Richter gilt somit ein verbindliches Rücktrittalter von 65 Jahren und für die Richterinnen eines von 64 Jahren. Für die Richterinnen und Richter des Bundespatentgerichts hat der Gesetzgeber eine leicht flexiblere Lösung vorgesehen: Sind sie zum Zeitpunkt des Erreichens des ordentlichen Rentenalters noch mit hängigen Verfahren befasst, so können sie im Einvernehmen mit der Gerichtsleitung mit deren Erledigung beauftragt werden.11 Würde die flexiblere Regelung für das Bundespersonal auch für die Richterinnen und Richter der erstinstanzlichen Gerichte übernommen, hätte dies zur Folge, dass sie länger im Amt bleiben könnten als die Richterinnen und Richter des Bundesgerichts, welche im Alter von 68 Jahren aus dem Amt ausscheiden. Von einer Lösung, welche zwar zwischen den Richterinnen und Richtern der erstinstanzlichen Gerichte und dem Bundespersonal Gleichheit schafft, jedoch eine neue Ungleichheit zwischen den verschiedenen Kategorien von Richterinnen und Richtern des Bundes einführt, ist aus Sicht der RK-N abzusehen.

Wichtig ist aus Sicht der Kommission, dass es den Richterinnen und Richtern mit der vorgeschlagenen Lösung frei steht, ihr Amt bereits früher niederzulegen, wenn sie dies wollen. Sofern sie das Gericht nicht vor dem Erreichen des ordentlichen Rentenalters verlassen, müssen die betroffenen Richterinnen und Richter keine Einbussen bei der beruflichen Vorsorge hinnehmen.

Die RK-N hat im Zusammenhang mit der Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung über das ordentliche Rentenalter hinaus die Frage diskutiert, ob diese von einer Bewilligung der Gerichtskommission abhängig zu machen sei. Sie sprach sich am 23. Juni 2011 mit 16 zu 8 Stimmen dafür aus, von einem derartige Bewilligungsverfahren abzusehen, weil es ein gewisses Willkürpotenzial bergen würde. Die Gerichtskommission wäre kaum in der Lage, unabhängig und unter Berücksichtigung
aller Umstände zu beurteilen, in welchen Fällen eine Weiterbeschäftigung gerechtfertigt wäre und in welchen nicht. Es bestünde die Gefahr, dass die Bewilligung aus politischen Gründen erteilt oder verweigert würde. Eine Bewilligung durch die Verwaltungskommission der betroffenen Gerichte stünde im Spannungsverhältnis zur Unabhängigkeit des Richteramtes und birgt das Risiko einer indirekten Kollegenbeurteilung. Auf eine Bewilligung ist deshalb aus Sicht der RK-N ganz zu verzichten.

Für die Änderung des Höchstalters ist eine Gesetzesänderung erforderlich, die sich aber einfach bewerkstelligen lässt.

10

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Vgl. Art. 9 Abs. 2 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (VGG; SR 173.32) und Art. 48 Abs. 2 des Strafbehördenorganisationsgesetzes vom 19. März 2010 (StBOG; SR 173.71).

Vgl. Art. 13 Abs. 2 des Patentgerichtsgesetzes vom 20. März 2009 (PatGG; SR 173.41).

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3.3

Weitere diskutierte Punkte

Die RK-N hat im Verlauf ihrer Beratung verschiedene weitere Punkte thematisiert, aber im Rahmen der vorliegenden Verordnungsänderung schliesslich nicht berücksichtigt.

Bereits zu Beginn der Diskussion warf die RK-N die Grundsatzfrage auf, ob für die Richterinnen und Richter der erstinstanzlichen Gerichte eine leistungsabhängige Besoldung eingeführt werden soll. Die Kommission lehnte es mit 16 zu 8 Stimmen ab, diese Frage weiterzuverfolgen.

Die Kommission erwog ferner, die in der Richterverordnung genannten Kriterien zur Festlegung der Anfangslöhne der Richterinnen und Richter neu zu gewichten, so dass das Alter nicht mehr das wichtigste Kriterium sein sollte. Weil von dieser Änderung insbesondere die GK betroffen gewesen wäre, holte die RK-N dazu deren Stellungnahme ein. Die GK wies darauf hin, dass die erwogene Änderung ihre Arbeit wesentlich komplizierter gestalten und zudem die Gleichbehandlung der Kandidatinnen und Kandidaten gefährden würde. Sie legte Wert auf die Feststellung, dass auch nach der geltenden Bestimmung eine differenzierte Gewichtung der verschiedenen Kriterien zur Festlegung der Anfangslöhne möglich sei und die Kommission eine derartige Gewichtung in der Praxis durchaus auch vornehme. In diesem Sinn sprach sie sich einstimmig gegen eine neue Gewichtung der Kriterien für die Festlegung der Anfangslöhne aus. Die RK-N liess sich von der Argumentation der GK überzeugen und entschied am 23. Juni 2011 mit 12 zu 10 Stimmen bei 2 Enthaltungen, auf eine diesbezügliche Anpassung der Verordnung zu verzichten.

Im Laufe der Beratungen des Höchstalters der Richterinnen und Richter wurde beantragt, auch eine Erhöhung des Rücktrittsalters der Bundesanwältin oder des Bundesanwalts und der Stellvertretenden Bundesanwältinnen oder Bundesanwälte zu prüfen. Zu diesem Thema hat Nationalrat Reto Wehrli am 17. Juni 2011 eine parlamentarische Initiative12 eingereicht. Die RK-N lehnte es am 23. Juni 2011 mit 10 zu 8 Stimmen bei 6 Enthaltungen ab, diese Thematik in die laufende Revision einzubeziehen, weil sie den Rahmen der Vorlage sprengen würde.

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Stellungnahme der Gerichte

Das Bundesstrafgericht, das Bundesverwaltungsgericht und das Bundesgericht in seiner Rolle als Aufsichtsbehörde haben verschiedentlich zu den vorgesehenen Änderungen der Richterverordnung Stellung genommen. Zum einen brachten sie ihre Position in verschiedenen Schreiben an die Gerichtskommission, welche auch der RK-N vorlagen, zum Ausdruck. Zum anderen hatten sie am 14. Oktober 2010 Gelegenheit, ihre Position der Kommission auch mündlich dazulegen. Zur Frage der Anpassung des Höchstalters der Richterinnen und Richter nahmen ebenfalls alle drei genannten Gerichte schriftlich Stellung. Eine Stellungnahme des Bundespatentgerichts hat die Kommission nicht eingeholt. Das Bundespatentgericht ist von der

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11.456 Pa.Iv. Wehrli. Bundesgericht und Bundesanwaltschaft. Rücktrittsalter.

9003

geplanten Änderung der Richterverordnung nur marginal betroffen, da lediglich seine beiden hauptamtlichen Richter der Verordnung unterstellt sind.13

4.1

Stellungnahme zur Änderung der Richterverordnung

Die vorgeschlagenen Anpassungen der Richterverordnung gehen zum grössten Teil auf Anregungen der betroffenen Gerichte selbst und des Bundesgerichts zurück und werden von diesen daher begrüsst. Ursprünglich regte das Bundesstrafgericht, unterstützt vom Bundesgericht, die GK an, eine individuelle Anpassung einzelner Richterlöhne am Bundesstrafgericht zu prüfen. Beide Gerichte haben jedoch von dieser Idee Abstand genommen. Sie teilten der GK am 13. Oktober 2009 mit, dass für sie Verbesserungen im Lohnsystem als solchem im Vordergrund stünden und schlugen als Massnahmen genau jene Punkte vor, welche mit dem vorliegenden Entwurf für eine Änderung der Richterverordnung aufgenommen werden: eine Erhöhung des Lohnwachstums von 1,2 % auf 3 % des Höchstbetrags der Lohnklasse 33 und ein Mindestlohn von 70 % der Lohnklasse 33. Mit einem weiteren Schreiben vom 19. November 2009 machte das Bundesgericht deutlich, dass dieselben Massnahmen auch für das Bundesverwaltungsgericht geeignet seien. Das Bundesverwaltungsgericht unterstützte diese Position gegenüber der RK-N am 14. Oktober 2010 auch mündlich.

Das Bundesstrafgericht vergleicht den Markt für die Rekrutierung von Bundesstrafrichterinnen und -richter mit demjenigen für Richterinnen und Richter kantonaler Obergerichte. Das Bundesverwaltungsgericht sieht sich einerseits in Konkurrenz mit der Bundesverwaltung, andererseits ebenfalls in Konkurrenz mit kantonalen Gerichten. Durch die Anpassung des Minimallohns und die Erhöhung des Lohnwachstums kann aus Sicht des Bundesgerichts die Konkurrenzfähigkeit des Bundesstrafgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts sowohl gegenüber den Kantonen wie gegenüber der Bundesverwaltung erhöht werden. Das Bundesverwaltungsgericht schliesst sich dieser Auffassung an und auch das Bundesstrafgericht steht den geplanten Massnahmen grundsätzlich positiv gegenüber. Es äusserte jedoch gegenüber der RK-N am 14. Oktober 2010 generelle Vorbehalte gegenüber einer schematischen Lösung zur Festlegung des Anfangslohns der Richterinnen und Richter und gab zu verstehen, das die Richterinnen und Richter aus seiner Sicht das Maximum der Lohnklasse nach Ablauf einer Amtsdauer, d.h. nach 6 Jahren, erreicht haben sollten. Die Präsidenten beider betroffenen Gerichte brachten gegenüber der RK-N ferner zum Ausdruck, dass die gegenwärtig zum Teil
erheblichen Lohnunterschiede innerhalb der Richterschaft insbesondere mit Blick auf die Besonderheit der richterlichen Tätigkeit und die gleiche Verantwortung, die alle Richterinnen und Richter tragen, stossend seien.

Die Verankerung der Vertrauensarbeitszeit in der Richterverordnung wird ebenfalls unterstützt. Sie entspricht auch aus Sicht der Gerichte der Richterfunktion am besten.

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Das Bundespatentgericht besteht aus zwei hauptamtlichen und einer ausreichenden Anzahl nebenamtlicher Richterinnen und Richter, welche nicht der Richterverordnung unterstellt sind. Es wird seine Tätigkeit am 1. Januar 2012 mit einem Bestand von 36 nebenamtlichen Richterinnen und Richter aufnehmen.

9004

4.2

Stellungnahme zur Anpassung des Höchstalters

Das Bundesgericht unterstützt die Verlängerungsmöglichkeit für das Arbeitsverhältnis der erstinstanzlichen Richterinnen und Richter in der vorgesehenen Form. Es spricht sich in seiner Stellungnahme vom 21. April 2011 ebenfalls dafür aus, dass im Interesse der Wahrung der Unabhängigkeit des Richteramts auf eine Bewilligung im Einzelfall verzichtet wird, weil dies mit heiklen Verfahrens- und Wertungsfragen verbunden wäre.

Wie das Bundesgericht der RK-N mitteilte, befürworten auch die Verwaltungskommissionen des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesstrafgerichts analoge Bestimmungen zu Artikel 9 Absatz 2 des Bundesgerichtsgesetzes in den sie betreffenden Gesetzen. Das Bundesstrafgerichts brachte dies zudem mit einem eigenen Schreiben an die RK-N vom 30. Mai 2011 zum Ausdruck.

5

Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen

5.1

Richterverordnung

Ingress erstes Lemma Am 1. Januar 2011 ist das Strafbehördenorganisationsgesetz vom 19. März 201014 (StBOG) in Kraft getreten und das Bundesstrafgerichtsgesetz vom 4. Oktober 2002 wurde aufgehoben.15 Der Ingress wird an die neue rechtliche Grundlage anpasst.

Art. 5 Abs. 2 dritter Satz und Abs. 3 In Absatz 2 wird der minimale Anfangslohn neu definiert. Es wird ein minimaler Funktionslohn im Umfang von 70 Prozent des Höchstbetrags der Lohnklasse 33 nach der Bundespersonalverordnung vom 3. Juli 200116 (BPV) festgelegt.

Absatz 3 wird dahingehend angepasst, dass das jährliche Lohnwachstum drei Prozent des Höchstbetrags der Lohnklasse 33 beträgt, bis der Lohn diesen Höchstbetrag erreicht. Dadurch wird die Änderung vom 6. Oktober 200617 der Richterverordnung rückgängig gemacht und das Lohnwachstum wiederum auf den ursprünglichen Stand der Verordnung vom 13. Dezember 200218 zurückgeführt.

Mit den Änderungen der Absätze 2 und 3 erreichen die Richterinnen und Richter das Maximum der Lohnklasse 33 spätestens nach 10 Jahren. Die Erwähnung der «Beurteilungsstufe A» der Lohnklasse 33 ist in beiden Absätzen obsolet geworden: Seit dem 1. Januar 2009 wird der Höchstbetrag einer Lohnklasse nicht mehr in Abhängigkeit von einer Beurteilungsstufe definiert. Jede Lohnklasse kennt nur noch ein Maximum.

14 15 16 17 18

SR 173.71 AS 2010 3267 SR 172.220.111.3 AS 2006 4217 AS 2003 2159

9005

Art. 9 Abs. 2 und 3 (neu) Mit einem neuen Absatz 2 wird eine erst nach dem Inkrafttreten der Verordnung entstandene Regelungslücke geschlossen. Die Richterinnen und Richter des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesstrafgerichts sowie die hauptamtlichen Richterinnen und Richter des Bundespatentgerichts sind heute bei der Pensionskasse des Bundes (PUBLICA) versichert. Die eidgenössischen Räte schufen mit dem Strafgerichtsgesetz vom 4. Oktober 200219 und dem Verwaltungsgerichtsgesetz vom 17. Juni 200520 (VGG) im damaligen PKB-Gesetz eine entsprechende Bestimmung.

Beim Erlass des neuen PUBLICA-Gesetzes vom 20. Dezember 200621 wurde diese Regelung weder weitergeführt noch in die Gesetzgebung über die Gerichte transferiert, was als Versehen zu betrachten ist. Die Verordnung der Bundesversammlung vom 1. Oktober 201022 über das Arbeitsverhältnis und die Besoldung des Bundesanwalts oder der Bundesanwältin sowie der Stellvertretenden Bundesanwälte oder Bundesanwältinnen enthält bereits eine analoge Bestimmung.

Absatz 3 regelt die Altersvorsorge für Richterinnen und Richter, die gestützt auf die revidierten Artikel 9 Absatz 2 VGG, 13 Absatz 2 des Patentgerichtsgesetzes vom 20. März 200923 (PatGG) und 48 Absatz 2 StBOG über das 65. Altersjahr hinaus im Amt bleiben. Die Bestimmung orientiert sich an Artikel 88dter BPV.

Art. 10 In Artikel 10 wird neu ausdrücklich festgehalten, dass für die Richterinnen und Richter die Vertrauensarbeitszeit im Sinne der Bestimmungen über das Arbeitsverhältnis des Personals der Bundesverwaltung gilt. Die entsprechenden Vorschriften für Angestellte der Bundesverwaltung befinden sich in Artikel 64a BPV.

Angestellte mit Vertrauensarbeitszeit können keine Mehrarbeit, Überzeit oder Gleitzeit kompensieren (Art. 64a Abs. 1 BPV). Anstelle dieser Kompensation erhalten sie eine jährliche Entschädigung in Form einer Barvergütung von fünf Prozent des Jahreslohnes (Art. 64a Abs. 5 BPV). Diese Vergütung soll auch den Richterinnen und Richtern zustehen.

Angestellte der Bundesverwaltung können im Einvernehmen mit den Vorgesetzten statt der erwähnten Barvergütung ausnahmsweise zehn Ausgleichstage oder eine Gutschrift von 100 Stunden auf ein Sabbaticalkonto beziehen (Art. 64a Abs. 5 zweiter Satz BPV). Bei den Richterinnen und Richtern soll die Verwaltungskommission des Bundesverwaltungs-
oder Bundesstrafgerichts bzw. die Gerichtsleitung des Bundespatentgerichts über die Gewährung dieser alternativen Entschädigungsformen entscheiden.

Minderheit (Schwander, Geissbühler, Freysinger, Reimann Lukas, Stamm) Für Richterinnen und Richter soll nur die Barvergütung als Entschädgigungsform zur Verfügung stehen. Dadurch kann eine einheitliche und rechtsgleiche Ausrichtung der Entschädigung gewährleistet und ein administrativer Zusatzaufwand für die Gewährung, Verwaltung und Kontrolle von Ausnahmen vermieden werden.

19 20 21 22 23

AS 2003 2133 AS 2006 2197 SR 172.222.1 SR 173.712.23 SR 173.41

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Art. 12 und 15 Abs. 2 Die Bestimmungen werden an die Terminologie der einschlägigen Gesetze angepasst. Im VGG und StBOG heisst das für die Gerichtsverwaltung verantwortliche Organ «Verwaltungskommission», im PatGG heisst es «Gerichtsleitung».

5.2

Bundesgesetz über die Änderung des Höchstalters für Richter und Richterinnen des Bundesstrafgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundespatentgerichts

In der Form eines Mantelerlasses werden die Bestimmungen über das Rücktrittsalter der Richterinnen und Richter im VGG, PatGG und StBOG geändert. Nach bisherigem Recht scheiden Richterinnen und Richter am Ende des Jahres aus ihrem Amt aus, in dem sie das ordentliche Rücktrittsalter nach den Bestimmungen über das Arbeitsverhältnis des Bundespersonals erreichen. Dieses ordentliche Rücktrittsalter für Bundesangestellte beträgt heute für Männer 65 und für Frauen 64 Jahre24. Neu sollen die Richterinnen und Richter des Bundesverwaltungsgerichts, des Bundesstrafgerichts und des Bundespatentgerichts gleich lange im Amt bleiben können wie die Richterinnen und Richter des Bundesgerichts, d.h. bis zum Ende des Jahres in dem sie 68 Jahre alt werden25. Die im gegenwärtigen PatGG enthaltene Sonderregelung, wonach Richterinnen und Richter im Einvernehmen mit der Gerichtsleitung über das gesetzliche Rücktrittsalter hinaus die ihnen übertragenen Verfahren abschliessen können, wird im Interesse der Vereinheitlichung aufgehoben.

Richterinnen und Richter, die auch unter dem neuen Recht auf den Zeitpunkt des ordentlichen AHV-Alters zurücktreten, erleiden vorsorgerechtlich im Vergleich zum heutigen Recht keine Schlechterstellung (vgl. die Änderung von Art. 9 der Richterverordnung).

6

Auswirkungen

6.1

Finanzielle Auswirkungen

Das Maximum der Lohnklasse 33 entspricht aktuell einer Bruttojahresbesoldung von 231 271 Franken. Das Wachstum der Löhne der Richterinnen und Richter beträgt somit gegenwärtig 2775 Franken jährlich. Neu wird das Lohnwachstum 3 Prozent des Maximums der Lohnklasse 33 betragen und sich auf 6938 Franken pro Jahr belaufen. Die Differenz beträgt somit 4163 Franken jährlich pro Vollzeitstelle.

Am Bundestrafgericht und Bundesverwaltungsgericht sind heute insgesamt 90 Richterinnen und Richter tätig. Sie teilen sich 79,6 Richterstellen. 12 Richterinnen und Richter der beiden Gerichte haben das Maximum der Lohnklasse bereits erreicht. Weitere 14 würden es mit dem heute geltenden Lohnanstieg von 1,2 Prozent 24

25

Art. 10 Abs. 2 Bst. a des Bundespersonalgesetzes vom 24. März 2000 (BPG; SR 172.220.1) in Verbindung mit Art. 21 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG; SR 831.10).

Vgl. Art. 9 Abs. 2 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110).

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in den nächsten drei Jahren erreichen und werden es mit der neuen Regelung bereits in einem Jahr erreichen.26 Diese beiden Richtergruppen können bei der Berechnung der finanziellen Auswirkungen vernachlässigt werden. Effektiv in der Phase des Lohnwachstums befinden sich an den beiden Gerichten insgesamt 64 Richterinnen und Richter mit einem Beschäftigungsgrad von total 5600 Stellenprozenten. Die gesamte Lohnsumme der Richterinnen und Richter des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesstrafgerichts wird somit jährlich um 233 128 Franken mehr anwachsen als heute. Gemessen an der im Budget 2011 eingestellten Lohnsumme von rund 4 Millionen Franken für das Bundesstrafgericht und knapp 18 Millionen Franken für das Bundesverwaltungsgericht, ist dies wenig.

6.2

Andere Auswirkungen

Mit den vorgeschlagenen Massnahmen wird die Attraktivität und die Konkurrenzfähigkeit des Bundesstrafgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts als Arbeitgeber gegenüber kantonalen Gerichten und gegenüber der Bundesverwaltung gesteigert.

Es ist zu hoffen, dass sich als Nebeneffekt davon auch die sich teilweise ­ insbesondere für Richterstellen französischer Sprache ­ abzeichnenden Rekrutierungsprobleme verringern lassen.

7

Verfassungs- und Gesetzmässigkeit

Die Verfassungsgrundlage für den Erlass von Bestimmungen über die Organisation des Bundesstrafgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundespatentgerichts findet sich in Artikel 191a BV.

Gemäss Artikel 13 Absatz 3 VGG, Artikel 46 Absatz 3 StBOG und Artikel 17 PatGG regelt die Bundesversammlung das Arbeitsverhältnis und die Besoldung der Richterinnen und Richter in einer Verordnung.

26

Die Angaben zur Zahl der Richterinnen und Richter, welche das Maximum der Lohnklasse 33 bereits erreicht haben oder in den nächsten drei Jahren erreichen würden, stammen vom Bundestrafgericht und vom Bundesverwaltungsgericht.

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