Anhang 2

Empfehlung 188 betreffend private Arbeitsvermittler

Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation, die vom Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes nach Genf einberufen wurde und am 3. Juni 1997 zu ihrer fünfundachtzigsten Tagung zusammengetreten ist, hat beschlossen, verschiedene Anträge anzunehmen betreffend die Neufassung des Übereinkommens über Büros für entgeltliche Arbeitsvermittlung (Neufassung), 1949, eine Frage, die den vierten Gegenstand ihrer Tagesordnung bildet, und dabei bestimmt, dass diese Anträge die Form einer Empfehlung zur Ergänzung des Übereinkommens über private Arbeitsvermittler, 1997, erhalten sollen.

Die Konferenz nimmt heute, am 19. Juni 1997, die folgende Empfehlung an, die als Empfehlung betreffend private Arbeitsvermittler, 1997, bezeichnet wird.

I. Allgemeine Bestimmungen 1. Die Bestimmungen dieser Empfehlung ergänzen diejenigen des Übereinkommens über private Arbeitsvermittler, 1997 (im Folgenden «das Übereinkommen» genannt), und sollten in Verbindung mit ihnen angewendet werden.

2. (1) Bei der Festlegung und der Durchführung der Bestimmungen zur Umsetzung des Übereinkommens sollten soweit wie möglich dreigliedrige Gremien oder Verbände der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer hinzugezogen werden.

(2) Gegebenenfalls sollte die für die privaten Arbeitsvermittler geltende innerstaatliche Gesetzgebung durch technische Normen, Richtlinien, Standesordnungen, Mechanismen der Selbstregelung oder andere der innerstaatlichen Praxis entsprechende Mittel ergänzt werden.

3. Die Mitglieder sollten, soweit angebracht und durchführbar, Informationen und Erfahrungen über die Beiträge der privaten Arbeitsvermittler zur Funktionsweise des Arbeitsmarkts austauschen und diese an das Internationale Arbeitsamt weitergeben.

II. Schutz der Arbeitnehmer 4. Die Mitglieder sollten alle erforderlichen und geeigneten Massnahmen treffen, um mit dem Berufsethos unvereinbare Praktiken durch private Arbeitsvermittler zu verhindern und zu beseitigen. Diese Massnahmen können Rechtsvorschriften umfassen, die Zwangsmassnahmen vorsehen, einschliesslich des Verbots der privaten Arbeitsvermittler, die mit dem Berufsethos unvereinbare Praktiken anwenden.

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Empfehlung 188

5. Von privaten Arbeitsvermittlern im Sinne von Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe b) des Übereinkommens beschäftigte Arbeitnehmer sollten gegebenenfalls einen schriftlichen Arbeitsvertrag erhalten, in dem ihre Beschäftigungsbedingungen festgelegt sind. Als Mindesterfordernis sollten diese Arbeitnehmer vor dem tatsächlichen Beginn ihres Einsatzes über ihre Beschäftigungsbedingungen informiert werden.

6. Private Arbeitsvermittler sollten einem Einsatzbetrieb keine Arbeitnehmer als Ersatz für streikende Arbeitnehmer dieses Betriebs zur Verfügung stellen.

7. Die zuständige Stelle sollte gegen unlautere Anzeigenpraktiken und irreführende Anzeigen, einschliesslich Anzeigen für nicht vorhandene Stellen, vorgehen.

8. Private Arbeitsvermittler sollten: a)

nicht wissentlich Arbeitnehmer für Tätigkeiten anwerben, vermitteln oder beschäftigen, die mit unannehmbaren Gefahren oder Risiken verbunden sind oder bei denen die Arbeitnehmer Missbräuchen oder irgendeiner diskriminierenden Behandlung ausgesetzt sein können;

b)

Wanderarbeitnehmer soweit wie möglich in ihrer eigenen Sprache oder in einer ihnen vertrauten Sprache über die Art der angebotenen Stelle und die geltenden Beschäftigungsbedingungen informieren.

9. Es sollte privaten Arbeitsvermittlern untersagt sein, oder sie sollten mit anderen Mitteln daran gehindert werden, Stellenanzeigen oder Stellenangebote so abzufassen und zu veröffentlichen, dass sich daraus unmittelbar oder mittelbar eine Diskriminierung auf Grund der Rasse, der Hautfarbe, des Geschlechts, des Alters, des Glaubensbekenntnisses, der politischen Meinung, der nationalen Abstammung, der sozialen Herkunft, der ethnischen Herkunft, einer Behinderung, des Familienstands, der sexuellen Orientierung oder der Mitgliedschaft in einem Arbeitnehmerverband ergibt.

10. Die privaten Arbeitsvermittler sollten dazu ermutigt werden, die Gleichheit in der Beschäftigung durch positive Aktionsprogramme zu fördern.

11. Es sollte privaten Arbeitsvermittlern untersagt sein, personenbezogene Daten, die zur Beurteilung der Eignung von Kandidaten für Stellen, für die sie in Betracht gezogen werden oder in Betracht gezogen werden könnten, nicht erforderlich sind, in Dateien oder Verzeichnissen zu erfassen.

12. (1) Die privaten Arbeitsvermittler sollten die personenbezogenen Daten eines Arbeitnehmers nur so lange aufbewahren, wie dies durch die speziellen Zwecke, für die sie erhoben worden sind, gerechtfertigt ist, oder so lange, wie der Arbeitnehmer in einer Bewerberliste geführt werden möchte.

(2) Es sollten Massnahmen getroffen werden, um sicherzustellen, dass die Arbeitnehmer Zugang zu allen ihre Person betreffenden Daten haben, die durch automatische oder elektronische Systeme verarbeitet oder in einer Kartei aufbewahrt werden.

Diese Massnahmen sollten das Recht der Arbeitnehmer einschliessen, eine Kopie aller solcher Daten zu erhalten und zu prüfen, sowie das Recht zu verlangen, dass falsche oder unvollständige Daten gelöscht oder berichtigt werden.

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Empfehlung 188

(3) Sofern sie für die Anforderungen eines bestimmten Berufs nicht von unmittelbarer Bedeutung sind und der betreffende Arbeitnehmer nicht ausdrücklich seine Einwilligung gegeben hat, sollten die privaten Arbeitsvermittler keine Informationen über den Gesundheitszustand eines Arbeitnehmers verlangen, aufbewahren oder verwenden und solche Informationen nicht zur Feststellung der Eignung eines Arbeitnehmers für eine Beschäftigung verwenden.

13. Die privaten Arbeitsvermittler und die zuständige Stelle sollten Massnahmen treffen, um die Verwendung einwandfreier, gerechter und wirksamer Auswahlmethoden zu fördern.

14. Die privaten Arbeitsvermittler sollten über angemessen qualifiziertes und ausgebildetes Personal verfügen.

15. Unter gebührender Berücksichtigung der in der innerstaatlichen Gesetzgebung über die Beendigung der Arbeitsverträge festgelegten Rechte und Pflichten sollten die privaten Arbeitsvermittler, die die in Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe b) des Übereinkommens erwähnten Dienstleistungen erbringen, a)

den Einsatzbetrieb nicht daran hindern, einen Beschäftigten des Arbeitsvermittlers einzustellen, der ihm zur Verfügung gestellt worden ist;

b)

die berufliche Mobilität eines Beschäftigten nicht einschränken;

c)

gegen einen Beschäftigten, der eine Beschäftigung in einem anderen Betrieb annimmt, keine Sanktionen verhängen.

III. Beziehung zwischen dem öffentlichen Arbeitsvermittlungsdienst und privaten Arbeitsvermittlern 16. Die Zusammenarbeit zwischen dem öffentlichen Arbeitsvermittlungsdienst und den privaten Arbeitsvermittlern bei der Durchführung einer innerstaatlichen Politik zur Organisation des Arbeitsmarkts sollte gefördert werden; zu diesem Zweck können Gremien gebildet werden, denen Vertreter des öffentlichen Arbeitsvermittlungsdienstes und der privaten Arbeitsvermittler sowie der massgebenden Verbände der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer angehören.

17. Die Massnahmen zur Förderung der Zusammenarbeit zwischen dem öffentlichen Arbeitsvermittlungsdienst und den privaten Arbeitsvermittlern könnten umfassen: a)

die Zusammenführung von Informationen und die Verwendung einer gemeinsamen Terminologie, um die Transparenz der Funktionsweise des Arbeitsmarkts zu verbessern;

b)

den Austausch von Stellenanzeigen;

c)

die Inangriffnahme gemeinsamer Projekte, z. B. auf dem Gebiet der Ausbildung;

d)

den Abschluss von Vereinbarungen zwischen dem öffentlichen Arbeitsvermittlungsdienst und den privaten Arbeitsvermittlern über die Durchführung

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bestimmter Tätigkeiten, beispielsweise von Projekten für die Eingliederung von Langzeitarbeitslosen; e)

die Personalausbildung;

f

regelmässige Konsultationen im Hinblick auf die Verbesserung der beruflichen Praxis.

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