Leistungsvereinbarung zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Aktiengesellschaft Schweizerische Bundesbahnen SBB für die Jahre 2003­2006

Der Schweizerische Bundesrat und die Aktiengesellschaft Schweizerische Bundesbahnen SBB gestützt auf Artikel 8 Absatz 1 des Bundesgesetzes vom 20. März 19981 über die Schweizerischen Bundesbahnen (SBBG) und auf Artikel 97 des Eisenbahngesetzes vom 20. Dezember 19572 (EBG), vereinbaren:

Präambel 1

Diese Leistungsvereinbarung legt die gemeinsam von der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Aktiengesellschaft Schweizerische Bundesbahnen SBB (SBB AG) für vier Jahre erarbeiteten Ziele fest. Durch die klare Trennung der Kompetenzen zwischen Bund und SBB AG sollen Unternehmungsentscheide rasch und effizient durchgeführt werden.

2

Gestützt auf diese Leistungsvereinbarung erlässt der Bundesrat eine Eignerstrategie für die SBB AG. Diese ergänzt und konkretisiert die Leistungsvereinbarung.

3

Die Leistungsvereinbarung umreisst die Grundsätze der Leistungserbringung in den Bereichen Verkehr und Infrastruktur. Darüber hinaus bestellt der Bund Leistungen zur Erhaltung und Entwicklung der bestehenden Infrastruktur. Die notwendigen finanziellen Mittel zur Abgeltung der bestellten Infrastrukturleistungen werden in einem auf vier Jahre befristeten Zahlungsrahmen bereitgestellt.

4 Bestellungen von Leistungen des Service public in den Bereichen Personenverkehr und Güterverkehr erfolgen mit separaten Angebotsvereinbarungen.

5

Die Bestellung zur Erhaltung und Entwicklung der Infrastruktur als Basis für den Service public ist abgestimmt auf die separat vereinbarten, aus dem FinöV-Fonds finanzierten Projekte.

1 2

SR 742.31 SR 742.101

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2002-0324

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1. Abschnitt: Grundlagen und Grundsätze Art. 1

Rechtsgrundlagen

Diese Vereinbarung stützt sich auf Artikel 8 SBBG und die Artikel 49 ff EBG.

Art. 2

Planungsgrundlagen

Die Planungsgrundlagen dieser Vereinbarung beruhen auf den im Herbst 2001 bekannten Fakten, Annahmen und Prognosen.

Art. 3

Sicherheit

Mit einem bereichsübergreifenden Sicherheitsmanagement sorgt die SBB AG dafür, dass das Sicherheitsniveau, unter Berücksichtigung des wirtschaftlich Tragbaren, laufend der technischen Entwicklung und dem Gefährdungspotential angepasst und auf einem hohen Stand gehalten wird.

Art. 4

Grossprojekte

Die Eisenbahngrossprojekte umfassen die Neue Eisenbahn-Alpentransversale (NEAT), die BAHN 2000, den Anschluss der Ost- und der Westschweiz an das europäische Eisenbahn-Hochleistungsnetz sowie die Verbesserung des Lärmschutzes entlang der Eisenbahnstrecken durch aktive und passive Massnahmen. Diese Projekte werden gemäss den entsprechenden Bundesbeschlüssen finanziert und realisiert und sind nicht Gegenstand dieser Vereinbarung.

Art. 5

Beteiligungen und Kooperationen

Die SBB AG kann unter Berücksichtigung dieser Leistungsvereinbarung und im Rahmen ihrer finanziellen und personellen Möglichkeiten Beteiligungen und Kooperationen (Allianzen, Gründung von Gesellschaften sowie andere Formen der Zusammenarbeit) im In- und Ausland eingehen, wenn diese zur Erreichung der strategischen Ziele und zu einer Steigerung des Unternehmenswertes beitragen. Die Beteiligungen und Kooperationen müssen führungsmässig eng betreut werden und dürfen den verkehrspolitischen Zielen des Bundes nicht zuwiderlaufen.

Art. 6

Verkehrspolitische Ziele

Die SBB AG richtet ihre Leistungen an den vom Bund definierten verkehrspolitischen Zielsetzungen aus. Sie erbringt im Rahmen ihrer unternehmerischen Kompetenzen insbesondere folgende Beiträge: a.

Im Personenverkehrsbereich leistet sie einen massgeblichen Beitrag zur Erhöhung des Marktanteils des öffentlichen Verkehrs.

b.

Im alpenquerenden Güterverkehr trägt sie massgeblich zur Erreichung des Verlagerungszieles bei. Im Wagenladungsverkehr (WLV) strebt sie die Eigenwirtschaftlichkeit an.

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c.

Art. 7

Die Division Infrastruktur unterhält das Eisenbahnnetz nachhaltig entsprechend der technologischen Entwicklung und setzt Ausbauprojekte zeit-, kosten- und umweltgerecht um. Sie unterstützt durch optimale Trassenplanung die Trassenbenützer in deren Zielerreichung und stellt die Diskriminierungsfreiheit bei der Trassenvergabe sicher.

Grundsätze der Leistungserbringung

Die SBB AG richtet ihre Leistungen im Infrastruktur- und im Verkehrsbereich auf die Marktbedürfnisse im Gesamtsystem öffentlicher Verkehr aus. Der Bund ermöglicht ihr mit fairen Wettbewerbsbedingungen und unternehmerischem Freiraum eine effiziente Leistungserbringung. Er erwartet zudem eine weitere Steigerung der Produktivität unter Beibehaltung eines hohen Qualitätsstandards. Soweit die Marktverhältnisse keinen kostendeckenden Betrieb zulassen, erbringt die SBB AG Leistungen nur aufgrund expliziter Bestellungen der öffentlichen Hand gegen eine im Voraus bestimmte Abgeltung.

2. Abschnitt: Leistungsangebot im Verkehrsbereich Art. 8

Strategische Ausrichtung beim Personenverkehr

1

Die strategische Ausrichtung im Personenverkehr der SBB AG orientiert sich an den für die Entwicklung des öffentlichen Verkehrs zentralen Grossprojekten Bahn 2000, Neue Eisenbahn-Alpentransversale (NEAT) sowie Anschluss der Ost- und der Westschweiz an das europäische Eisenbahn-Hochleistungsnetz.

2 Die von der SBB AG zu betreibenden Fernverkehrslinien sind in der vom Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) erteilten Fernverkehrskonzession vom 25. Februar 2000 definiert.

3

Das Gesamtsystem öffentlicher Verkehr bedarf einer landesweiten Abstimmung bei der Planung und Leistungserbringung. Zusammen mit den anderen Transportunternehmungen und unter Mitwirkung des Bundes erstellt die SBB AG ein integriertes nationales Angebot; sie übernimmt dabei die federführende Koordination.

Der Regional- und Ortsverkehr (dies beinhaltet auch den Agglomerationsverkehr) ist dabei so gut wie möglich in das Gesamtsystem einzubinden.

4 Im internationalen Verkehr stärkt die SBB AG ihre Marktstellung, soweit dies der Zielerreichung nach Artikel 10 Absatz 1 dient.

5 Der Leistungsumfang im regionalen Personenverkehr richtet sich nach der Bestellung nach Artikel 49 Absatz 1 EBG. Die SBB AG kooperiert in der Konzeption der Angebote eng mit den Kantonen.

Art. 9 1

Strategische Ausrichtung beim Güterverkehr

Die SBB AG verfolgt im Güterverkehr mittels Ausbau des Kerngeschäfts eine Wachstumsstrategie. Diese beinhaltet ein effizientes Branchenmarketing sowie Produktivitäts- und Qualitätssteigerungen. Die Möglichkeiten des Netzzuganges im

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Schienenverkehr werden aktiv genutzt. Im Wagenladungsverkehr tritt die SBB AG in der ganzen Schweiz flächendeckend als Systemanbieterin auf, soweit sie die Leistung wirtschaftlich erbringen kann.

2

Kann die SBB AG den flächendeckenden Wagenladungsverkehr auf Grund einer veränderten Konkurrenzsituation nicht mehr wirtschaftlich betreiben, so erstattet sie dem Bundesrat Bericht und schlägt geeignete Massnahmen vor, die zuvor im Rahmen der Regionalkonferenzen diskutiert worden sind.

Art. 10

Finanzielles Bereichsziel Verkehr

1

Der Verkehrsbereich muss insgesamt, das heisst nach Verbuchung aller Aufwendungen einschliesslich der Entgelte für die Benützung der Infrastruktur und aller Erträge einschliesslich der Abgeltungen, mit einem positiven Ergebnis abschliessen.

2

Die SBB AG kann beim Bund zu Kapitalmarktbedingungen Mittel in der Höhe von maximal 300 Millionen Franken pro Jahr aufnehmen. Der Bundesrat kann in besonderen Fällen höhere Summen bewilligen.

3. Abschnitt: Bestelltes Leistungsangebot im Infrastrukturbereich Art. 11

Grundsatz

Nach Artikel 49 EBG bestellt der Bund Angebote von nationaler Bedeutung und gilt die geplanten ungedeckten Kosten ab. Bis eine Harmonisierung der Infrastrukturfinanzierung verwirklicht wird, gilt die gesamte SBB-Infrastruktur als Angebot von nationaler Bedeutung.

Art. 12

Umfang und Zustand der Infrastruktur

1

Die SBB AG betreibt und unterhält einen bedeutenden Teil des schweizerischen Schienenverkehrsnetzes.

2

Bei der Planung der Investitionen in ihr Schienenverkehrsnetz stützt sie sich auf die im Anhang zu dieser Leistungsvereinbarung in Kartenform festgelegten Parameter zur Weiterentwicklung der Strecken.

3

Die einzelnen Strecken und Knoten des SBB-Netzes werden in einem Zustand erhalten, der den aktuellen und absehbaren Marktbedürfnissen entspricht. Dabei werden die Investitionen ausgerichtet auf: a.

die Erhaltung der bestehenden Substanz;

b.

die Anpassung an den Stand der Technik;

c.

nachfrageorientierte und wertvermehrende Anpassungen und Ausbauten, insbesondere zur Beseitigung von Kapazitätsengpässen;

d.

fahrplanbedingte Anpassungen zur Sicherstellung von Transportketten.

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4

Die SBB AG fördert Rationalisierungsinvestitionen, soweit diese unter Berücksichtigung der Desinvestitions- und Restrukturierungskosten zu einer Reduktion der Betriebs- und Substanzerhaltungskosten führen.

5 Sie fördert im Rahmen ihrer Erneuerungs- und Ausbauprogramme die Interoperabilität mit den Infrastrukturen der Nachbarstaaten.

6 Für Strecken, die keine genügende Nachfrage nach Trassen aufweisen, oder deren Nachfrage mit alternativen Leitwegen befriedigt werden kann, schlägt die SBB AG dem Bundesrat die Stilllegung oder die Übertragung auf eine andere Unternehmung vor. Sie sieht von einem Vorschlag ab, wenn Dritte an solchen Strecken in besonderem Masse interessiert sind und sich daran finanziell angemessen beteiligen.

Art. 13

Finanzielles Bereichsziel Infrastruktur

Der Bereich Infrastruktur muss unter Berücksichtigung der vereinbarten Abgeltungen und Ausgleichszahlungen aus dem Bereich Liegenschaften, der Benützungsgebühren, Investitionsfinanzierungen und Leistungsstandards mit einem ausgeglichenen Ergebnis abschliessen.

Art. 14

Trassenmanagement

1

Unter Wahrnehmung der Ergebnisverantwortung strebt der Bereich Infrastruktur eine optimale Nutzung der bestehenden Kapazitäten an. Dazu gehört deren aktive Vermarktung im In- und Ausland.

2

Die SBB AG gewährleistet die diskriminierungsfreie Trassenzuteilung.

3

Sie erstellt einen Trassenplan, in dem die Trassenwünsche der Eisenbahnunternehmen koordiniert und die Anschlüsse unter allen Anbietern gewährleistet werden können.

4

Sie bietet sich als Koordinatorin für das Trassenmanagement der normalspurigen Eisenbahninfrastruktur der Schweiz an.

Art. 15

Bewirtschaftung der Infrastruktur

1

Die SBB AG steigert die Produktivität im Infrastrukturbetrieb durch die optimale Nutzung der Kapazitäten und durch einen bedarfsgerechten Personaleinsatz. Ebenso nutzt sie alle Rationalisierungspotentiale im Bereich der Investitionen und schafft damit die Voraussetzung für eine Senkung der Trassenpreise.

2 Sie achtet bei der Bewirtschaftung der Infrastruktur darauf, dass die Nutzung der gesamten Schweizer Schieneninfrastruktur optimiert und die ungedeckten Kosten gesenkt werden können. Insbesondere bietet sie anderen Infrastrukturbetreiberinnen die Möglichkeit, sich an Materialbeschaffungen, Unterhaltsverträgen und Energiekäufen zu beteiligen.

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Art. 16

Abgeltung und Finanzierung der Infrastruktur

1

Der Bund deckt die geplanten ungedeckten Betriebskosten der Infrastruktur (Art.

49 Abs. 3 EBG).

2

Das Jahresergebnis der Infrastrukturrechnung ist gemäss Artikel 64 EBG zu bilanzieren.

3

Der Bund stellt den Grundbedarf an Investitionsmitteln in Form von Abgeltungen für den Abschreibungsaufwand und darüber hinaus in Form von variabel verzinslichen, bedingt rückzahlbaren Darlehen zur Verfügung (Art. 20 Abs. 1 und 2 SBBG).

4 Bei Investitionen in Anlagen, die nach dem bis 1998 gültigen Recht Kantonsbeiträge nach Artikel 56 EBG erforderten, handelt die SBB AG mit den Kantonen einen Beitrag aus. Art und Höhe des Beitrages werden auf Grund einer Vergleichsrechnung mit dem bis 1998 gültigen Recht bestimmt. Grundsätzlich soll für die Kantone keine Mehrbelastung entstehen.

5

Beiträge Dritter nach Artikel 3 Absatz 4 SBBG erfolgen in der Form von zinslosen Darlehen oder A-Fonds-perdu-Beiträgen.

Art. 17

Zahlungsrahmen

Diese Leistungsvereinbarung beruht auf einem Zahlungsrahmen für die Jahre 2003­ 2006 von 6'025 Millionen Franken (Art. 8 Abs. 4 SBBG).

4. Abschnitt: Controlling und Änderung der Leistungsvereinbarung Art. 18

Berichterstattung

1

Überprüft wird, ob die Ziele der Leistungsvereinbarung erreicht und die im Zahlungsrahmen gewährten Mittel für die Infrastruktur wirksam verwendet wurden. Das Controlling erfolgt gemäss dem von Bund und SBB AG vereinbarten Kennziffernsystem (Anhang, Beilage 15).

2

Den zuständigen Bundesstellen ist gemäss den gesetzlichen Bestimmungen im Einzelfall Einsicht in alle für das Controlling der Leistungsvereinbarung relevanten Unterlagen (Verwendung der Mittel aus dem Zahlungsrahmen) des Bereiches Infrastruktur zu gewähren.

Art. 19

Änderung der Leistungsvereinbarung

1

Werden der SBB AG im Rahmen des Budgetprozesses des Bundes Mittel entzogen, so müssen die Leistungsvereinbarung und der Zahlungsrahmen auf ihre Erfüllbarkeit überprüft werden. Sollte eine Anpassung erforderlich sein, so muss diese vom Parlament gleichzeitig mit dem Budget beschlossen werden.

2

Ergeben sich in Bezug auf wichtige Rahmenbedingungen oder auf die konjunkturelle Lage erhebliche Änderungen ausserhalb des Verantwortungsbereichs der Ver-

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einbarungspartner, können beide eine Anpassung der Leistungsvereinbarung verlangen.

3 Stellt sich heraus, dass die Ziele dieser Leistungsvereinbarung nicht erreicht werden können, so vereinbart der Bundesrat mit der SBB AG einen Massnahmenplan und stellt bei Bedarf Antrag auf Anpassung der Zahlungskredite oder der Leistungsvereinbarung und des Zahlungsrahmens.

4 Soweit im Rahmen weiterer Etappen der Bahnreform Teile des SBB-Netzes nicht mehr allein durch den Bund finanziert werden, reduziert sich der Geltungsbereich dieser Leistungsvereinbarung um diese Teile. Es wird vereinbart, um welchen Betrag sich der Zahlungsrahmen verringert.

5. Abschnitt: Inkrafttreten und Geltungsdauer Art. 20 Diese Vereinbarung tritt am 1. Januar 2003 in Kraft und gilt bis zum 31. Dezember 2006.

Im Namen der Schweizerischen Bundesbahnen

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Im Namen des Schweizerischen Bundesrates