01.065 Botschaft zur Armeereform XXI und zur Revision der Militärgesetzgebung vom 24. Oktober 2001

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen die Entwürfe zur Revision des Bundesgesetzes über die Armee und die Militärverwaltung (Militärgesetz; MG. Entwurf A), des Bundesbeschlusses über die Verwaltung der Armee (BVA. Entwurf B), der Verordnung der Bundesversammlung über die Organisation der Armee (Armeeorganisation; AO.

Entwurf C) sowie des Bundesgesetzes über den Wehrpflichtersatz (WPEG. Entwurf D) mit dem Antrag auf Zustimmung Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, die folgenden parlamentarischen Vorstösse abzuschreiben: 1998 P 98.3553

Gesetzliche Grundlagen für einen Assistenzdienst auf Zeit (Zeitdienst). (N 7.12.1998, Weigelt)

1999 M 99.3152

Schaffung einer Schweizer «National Guard» im Zuge der Armeereform XXI (S 19.3.1999, Frick)

1999 P 99.3143

Bereitschaftskorps zur Grenzsicherung (N 19.3.1999, Freund)

1999 P 99.3319

Erosion im Instruktionskorps der Armee (N 18.6.1999, Gusset)

2000 P 00.3087

Anrechenbarkeit ausgewählter Auslandtätigkeiten an die Militärdienstpflicht (N 22.3.2000, Leu)

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

24. Oktober 2001

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Moritz Leuenberger Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

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2001-0469

Übersicht Auslöser für die vorliegende Armeereform ist die geänderte sicherheitspolitische Lage. Gleichzeitig wird die Reform benützt, um gesellschaftliche und finanzielle Rahmenbedingungen zu berücksichtigen. Dazu kommen einige Punkte, die auf Grund der Erfahrungen mit der Armee 95 korrigiert werden sollen. Dies alles führt zur Konzeption einer wesentlich kleineren Armee. Die Bestandesreduktion soll mit einer Herabsetzung des Dienstpflichtalters erreicht werden. Damit bleibt das in der Bundesverfassung verankerte Milizprinzip gewahrt.

Um die Ausbildung zu verbessern, soll die Rekrutenschule verlängert werden. Zudem sollen die Wiederholungskurse wieder im Einjahres-Rhythmus stattfinden. Eingeführt wird die Möglichkeit, die Ausbildungsdienstpflicht ohne Unterbrechung zu erfüllen (Durchdiener). Diese Form der Dienstleistung soll nur dort Anwendung finden, wo ein entsprechender Bedarf der Armee besteht; sie kann von den Pflichtigen freiwillig gewählt werden. Gradstrukturen und militärische Laufbahnen sollen attraktiver ausgestaltet werden.

Eine hohe Flexibilität soll bei den Strukturen der Armee erreicht werden. Ihre Teile sollen bedürfnisgerecht in Modulen eingesetzt werden können. Die Verkleinerung der Armee führt dazu, dass die kantonalen Truppen abgeschafft werden müssen. Die Kantone erhalten im Gegenzug neue Befugnisse bei der Kontrollführung.

Die skizzierte Armeereform hat zwar tiefgreifenden Charakter, die bestehende Flexibilität der Militärgesetzgebung führt aber dazu, dass umfangmässig keine grösseren Revisionen nötig sind. Viele Reformpunkte ­ wie etwa die Obergrenze der Dienstleistungspflicht, die Dauer der Rekrutenschule oder die Armeeführung ­ können im Rahmen des geltenden Gesetzes auf Verordnungsstufe umgesetzt werden.

Daher bildet die Darstellung des Reformkonzeptes im Armeeleitbild, das dem Parlament gleichzeitig unterbreitet wird, eine notwendige Ergänzung zur vorliegenden Botschaft, die sich auf die Änderungen von Erlassen des Parlaments beschränkt.

Zusätzlich soll das Bundesgesetz über die Wehrpflichtersatzabgabe geändert werden. Dabei geht es um eine Anpassung des Abgabemasses an die verkürzte Militärdienstpflicht, aber auch um die Angleichung des Veranlagungs- und Bezugsverfahrens an die in Bund und Kantonen eingeführte Postnumerando-Besteuerung.

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Botschaft 1

Allgemeiner Teil: Ausgangslage und Grundzüge der Vorlage

1.1

Revisionsbedürftigkeit der heutigen Grundlagen

Die Notwendigkeit der Armeereform XXI beruht vor allem auf den Anpassungsbedürfnissen von Sicherheitspolitik und Armee an die neue sicherheitspolitische Lage, auf immer restriktiveren finanziellen Auflagen und auf gesellschaftlichen Entwicklungen der letzten Jahre. Zusätzlich haben die Erfahrungen mit der Armee 95 zu einem nicht zu vernachlässigenden Anpassungsdruck geführt.

Die grundlegendsten Mängel der Armee 95 sind die folgenden: Das Ausbildungsniveau ist mit den 15-wöchigen Rekrutenschulen und den Zweijahresrhythmen der Wiederholungskurse immer mehr gesunken und hat insbesondere für die Verteidigungsaufgabe einen ungenügenden Stand erreicht. Unbefriedigende Beförderungsmodi (Kaderlaufbahnen) haben einen ständigen Kadermangel zur Folge, was sich ebenfalls negativ auf das Ausbildungsniveau niederschlägt. Trotz der verlängerten Unteroffiziersschule ­ teils überlappend mit der Rekrutenschule ­ konnten keine Fortschritte erzielt werden. Nach wie vor bilden Lehrlinge Lehrlinge aus. Schliesslich muss auf Grund der demographischen Entwicklung jährlich von nur noch rund 22 000 ausexerzierten Angehörigen der Armee ausgegangen werden.

Zu diesen Mängeln kommen die Veränderungen der sicherheitspolitischen Lage hinzu. Diese wurden im Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Sicherheitspolitik der Schweiz vom 7. Juni 1999 («Sicherheit durch Kooperation»; SIPOL B 2000; BBl 1999 7657) ausführlich dargelegt. Der SIPOL B 2000 legt die Aufgaben, welche die Armee in den nächsten Jahren zu erfüllen hat fest: Internationale Friedensunterstützung und Krisenbewältigung, Raumsicherung und Verteidigung sowie subsidiäre Einsätze zur Prävention und Bewältigung existenzieller Gefahren. Diese Reihenfolge entspricht nicht der Gewichtung der Armeeaufträge, sondern in Bezug auf die ersten beiden Aufträge der Eintretenswahrscheinlichkeit. Die Einsätze zur Prävention und Bewältigung existenzieller Gefahren werden an dritter Stelle genannt, weil die Armee diesen Auftrag nur subsidiär wahrnimmt. In der Bundesverfassung und im Militärgesetz sind die Aufträge wie folgt aufgelistet: Kriegsverhinderung und Friedenserhaltung, Verteidigung und Schutz, Unterstützung der zivilen Behörden, weitere Aufgaben. Unter die Letzteren fallen beispielsweise die Beiträge zur Friedensunterstützung und Krisenbewältigung im
internationalen Rahmen. Die Vielfältigkeit der heutigen Aufgaben macht eine grosse Flexibilität der Armee notwendig. Deshalb müssen die etwas schwerfälligen Strukturen und das Dienstleistungssystem der Armee 95 für eine rasche und wirkungsvolle Erfüllung aller dieser Aufgaben angepasst beziehungsweise modernisiert werden.

Dabei spielt auch die Kooperationsfähigkeit eine Rolle, die insbesondere auf der nationalen Ebene, aber auch in der Friedensunterstützung notwendig ist.

Die veränderte sicherheitspolitische Lage hat im Weiteren zur Folge, dass der Armee neue finanzielle Auflagen gemacht werden. Dies ist insofern gerechtfertigt, als aus heutiger Sicht keine hohe Verteidigungsbereitschaft aufrecht erhalten werden muss.

Hingegen muss in allen Bereichen die hohe Qualität (Ausbildung, Material, Wissen,

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usw.) sichergestellt werden, was zusätzliche Kosten verursachen wird. Einsparungen müssen deshalb bei den Betriebskosten vorgenommen werden, indem die Prozesse und Strukturen gestrafft werden. Mit diesen Massnahmen werden Mittel für Investionen frei, insbesondere im Rüstungsbereich.

Zudem haben die veränderte sicherheitspolitische Lage und die rasanten Veränderungsprozesse in der Wirtschaft zur Folge, dass Wirtschaft und Gesellschaft die Armee heute in einem anderen Licht sehen und ihr zum Teil eine andere Bedeutung beimessen als dies früher der Fall war. Die Auswirkungen auf das Milizsystem sind nicht zu unterschätzen: ­

Die Armee steht bezüglich personeller Ressourcen in immer stärkerer Konkurrenz zur Privatwirtschaft. Die zunehmende Internationalisierung der schweizerischen Wirtschaft, der wachsende Kostendruck sowie die Arbeitsmarktlage beeinträchtigen die Bereitschaft zu einer militärischen Karriere auf eine gravierende Art und Weise.

­

Bei der Abwägung der Vor- und Nachteile einer militärischen Karriere haben darum persönliche und berufliche Kosten-Nutzen-Überlegungen stark an Bedeutung gewonnen. Umso wichtiger wird es, bei der Ausgestaltung von Ausbildung und Organisation der Armee XXI einen rationalen Mehrwert für die Weiterausbildung zu schaffen.

Es gilt jedoch zu unterstreichen, dass die Armeereform XXI, so wie sie im Armeeleitbild aufgezeigt wird, im Gegensatz zur Armee 95 keiner tiefgreifenden Revision der Militärgesetzgebung bedarf. Es geht bei der aktuellen Armeereform vielmehr um eine Änderung der allgemeinen Ausrichtung der Armee, die mehr ihre Konzeption als ihre gesetzlichen Grundlagen tangiert. Dies dank der flexiblen Gestaltung des MG, bei dessen Ausarbeitung man sich seinerzeit nach Möglichkeit auf die Formulierung von Rahmenbestimmungen beschränkt hat. Diese Gelegenheit wird aber auch dazu benützt, um die Militärgesetzgebung in weiteren Punkten zu ändern, die sich als revisionsbedürftig erwiesen haben.

1.2

Die Armeereform XXI

1.2.1

Vorgeschichte

Kurz nach der Überführung in die Armee 95 kamen bereits erste Mängel dieser Reform ans Licht. Einige davon hat man im Laufe der Jahre beheben können. Es stand jedoch früh fest, dass die Armeereform 95 nicht lange Bestand haben wird. Dies aber nicht nur auf Grund der Mängel, sondern auch weil die sicherheitspolitische Lage seit Ende des Kalten Krieges in einem dauernden Wandel war.

Auf Grund dieser Tatsache wurde 1996 die Studienkommission für strategische Fragen (Kommission Brunner) eingesetzt, die unter anderem den Auftrag hatte, die sicherheitspolitischen Bedürfnisse und Prioritäten der Schweiz für die nächsten 20 bis 25 Jahre zu eruieren. Ihren Bericht legte die Kommission am 26. Februar 1998 dem Bundesrat vor. Die Empfehlungen der Kommission Brunner wurden anschliessend in der Erarbeitung des SIPOL B 2000 wieder aufgenommen und zu einem Konzept verarbeitet. Dieser Bericht formuliert die sicherheitspolitischen Ziele auf Grund der schweizerischen Interessen und zeigt die Instrumente auf, um diese Ziele zu erreichen. Die Armee ist eines dieser sicherheitspolitischen Instrumente.

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1.2.2

Das Armeeleitbild

Das Armeeleitbild ist eine Folgearbeit einerseits des SIPOL B 2000, sowie andererseits der politischen Leitlinien und der Bandbreitenentscheide, welche der Bundesrat zur Armeereform XXI getroffen hat. Das Armeeleitbild hat zum Ziel, diese Vorgaben auf die Armee bezogen umzusetzen und zu konkretisieren. Aus diesem Grund stützt sich das Armeeleitbild in erster Linie auf die strategisch-politischen Erkenntnisse des SIPOL B 2000.

1.2.3

Inhalt der Reform

Als sicherheitspolitisches Instrument der Schweiz soll sich die Armee nicht nur auf die Verteidigungsaufgabe beschränken. Die Armee soll lage- und bedarfsgerecht im gesamten sicherheitspolitischen Spektrum eingesetzt werden können. Das heisst, neben der Verteidigung und der Raumsicherung soll sie auch für subsidiäre Einsätze zur Prävention und Bewältigung existenzieller Gefahren in Zusammenarbeit mit nationalen und internationalen zivilen Instanzen und für Beiträge zur internationalen Friedensunterstützung und Krisenbewältigung in Zusammenarbeit mit anderen Staaten oder mit internationalen Organisationen befähigt sein.

Die Reihenfolge der Armeeaufträge, wie sie im Armeeleitbild XXI gewählt wurde, stellt keine Gewichtung oder gar Priorisierung der Armeeaufgaben dar. Grundsätzlich soll die Armee so flexibel gestaltet sein, dass sie für alle Eventualitäten gewappnet ist. Das betrifft die Ausbildung, die Ausrüstung und auch die Strukturen, die alle von der Armeereform berührt werden und den sicherheitspolitischen Bedürfnissen angepasst werden müssen.

Vor diesem Hintergrund und im Zusammenhang mit den anderen erkannten Reformbedürfnissen können folgende Schlüsselaspekte der Reform genannt werden: ­

Der Bestand der Armee soll von heute 360 000 auf höchstens 140 000 Armeeangehörige herabgesetzt werden, mit einer Reserve von höchstens 80 000 Armeeangehörigen.

­

Das Dienstpflichtalter soll herabgesetzt werden. Während es heute für Mannschaft und Unteroffiziere noch bis zum 42. Altersjahr dauert, soll es in Zukunft nur noch bis zum 30. Altersjahr (bzw. bis zum 34. Alterjahr bei Dienstverschiebungen) dauern. Höhere Unteroffiziere und Subalternoffiziere werden mit 36 Jahren aus der Dienstpflicht entlassen, Hauptleute und höhere Unteroffiziere in Stäben am Ende des 42. Altersjahrs; Stabsoffiziere und höhere Stabsoffiziere am Ende des 50. Altersjahrs.

­

Die Dauer der Rekrutenschule soll von heute 15 Wochen auf 21 Wochen heraufgesetzt werden und der Einjahres-Rhythmus für Wiederholungskurse soll wieder eingeführt werden.

­

Die Möglichkeit für Milizsoldaten, ihre gesamte Ausbildungsdienstpflicht ohne Unterbrechung zu absolvieren, soll eingeführt werden (Durchdiener).

­

Die Gradstrukturen und die militärischen Laufbahnen sollen attraktiver gestaltet werden. Die Ausbildung soll professioneller erfolgen und in der Kon-

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zeption der Ausbildung soll auch den Bedürfnissen der Wirtschaft Rechnung getragen werden.

­

Die Strukturen der Armee sollen eine hohe Flexibilität erhalten und einzelne Teile der Armee sollen je nach Bedürfnis modular eingesetzt werden können.

­

Die kantonalen Truppen sollen abgeschafft werden.

1.2.4

Umsetzung der Reform

Die Überführung in die Armee XXI soll rasch, in einem Zeitrahmen von ungefähr zwei Jahren erfolgen. Dies setzt voraus, dass bereits zum heutigen Zeitpunkt möglichst viele Vorausmassnahmen getroffen werden; gleichzeitig bleibt aber die Einsatzbereitschaft der Armee für mögliche Einsätze (Raumsicherungseinsätze, subsidiäre Einsätze zur Prävention und Bewältigung existenzieller Gefahren und Einsätze zur Friedenssicherung und Krisenbewältigung) voll sichergestellt, und für weniger aktuelle Einsätze (Verteidigung) werden die minimal erforderlichen Fähigkeiten aufrecht erhalten, mit der Möglichkeit, die personellen und materiellen Ressourcen bedarfsgerecht zu erhöhen («Aufwuchsfähigkeit»).

Anschliessend soll die Armee XXI im Rahmen der ordentlichen Abläufe konsolidiert, optimiert und permanent weiterentwickelt werden.

1.3

Revision des Bundesgesetzes über die Wehrpflichtersatzabgabe

1.3.1

Hauptanliegen der Revision

Die Änderungen des WPEG tragen drei Anliegen Rechnung: Zum einen soll im Sinne der Wehrgerechtigkeit das Abgabemass angepasst werden, da der Armeeangehörige in der Armee XXI in einer viel kürzeren Wehrpflichtdauer ungefähr die gleiche Dienstleistungspflicht wie in der Armee 95 zu erbringen hat. Gleichzeitig sind Bestimmungen in den Artikeln 4 und 7 den Änderungen des Militärgesetzes anzupassen. Zum andern ist mit dem Übergang zur Postnumerando-Besteuerung bei der direkten Bundessteuer und den Kantonssteuern eine Angleichung des Veranlagungs- und Bezugsverfahrens an das Recht der direkten Bundessteuer geboten.

Das bisherige System kennt eine provisorische Veranlagung und eine definitive Veranlagung. Es wird nun vorgeschlagen, den provisorischen Bezug mit anschliessender definitiver Veranlagung einzuführen. Damit werden die kantonalen Ersatzbehörden von «doppelten» Einsprache- und Beschwerdeverfahren sowie Betreibungsverfahren auf provisorische und definitive Veranlagungen hin entlastet. Mit der vorgesehenen Änderung sind in Analogie zum Recht der direkten Bundessteuer (Bundesgesetz vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer, DBG; SR 642.11) die Rechtsmittel lediglich bei der definitiven Veranlagung gegeben; dies gilt ebenfalls für das Betreibungsverfahren. In den Artikeln 28 und 32 bis 34a werden deshalb Regelungen nach den Artikeln 116 und 161 bis 168 DBG übernommen.

Schliesslich sollen vorab der deutsche und der italienische Gesetzestext sprachlich angepasst werden.

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1.3.2

Einzelfragen: Zentralisierung der Rückerstattung und Abstufung der Abgabe auf Grund geleisteter Diensttage

Verschiedentlich wurde die Frage einer Zentralisierung der Rückerstattungen an die Aufsichtsbehörde herangetragen. Im Rahmen des Vernehmlassungsverfahrens hat nur eine Minderheit der Kantone eine solche Lösung befürwortet.

Ebenfalls eine Minderheit der Kantone sprach sich für eine Neuregelung der Abstufung der Ersatzabgabe auf Grund geleisteter Diensttage aus. Die vorgeschlagene Lösung hatte zum Ziel, dass derjenige Soldat, der bereits 90 Prozent seiner Dienstleistungspflicht erfüllt hat, nur noch einen Zehntel der Ersatzabgabe bei Dienstverschiebung oder bei Untauglichkeit zu entrichten hätte. Dabei wäre die Abstufung je nach Grad auszugestalten.

Beide Anliegen sollen nicht weiterverfolgt werden, weil einerseits die Rückerstattung nach wie vor als Teil des Bezugsverfahrens anzusehen ist, das den Kantonen obliegt. Anderseits soll auch die bisherige Abstufung der Ersatzabgabe nach Diensttagen beibehalten werden, zumal eine nach Graden abgestufte Reduktion dem Umstand nicht Rechnung trägt, dass die Ersatzpflicht für alle Grade gleich lange dauert.

1.4

Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens

1.4.1

Stellungnahmen zum Armeeleitbild

Eine klare Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmer spricht sich für den Bedarf einer Armeereform aus und erachtet das Konzept der Armee XXI grundsätzlich als zweckmässig.

Die ablehnenden Meinungen sind kontrovers: Während einerseits eine professionalisierte Armee im Verbund mit der europäischen Sicherheitsarchitektur ohne Wehrpflicht und Milizsystem gefordert wird (SPS), wird das Konzept Armee XXI andererseits vor dem Hintergrund einer angestrebten Widerstandsarmee ebenso grundsätzlich verworfen (SVP, SD). Eine Partei fordert eine geringere Gewichtung der Zusammenarbeit mit dem Ausland (EDU), eine andere eine höhere Priorisierung der Raumsicherung (FDP). Einverstanden mit der Grundausrichtung der Armee XXI sind die CVP, CSP und LPS.

Die Mehrheit der Kantone erachtet die Auftragsgewichtung als richtig. Sechs Kantone erachten aufgrund der Bedrohungslage die subsidiären Existenzsicherungseinsätze, ein Kanton die Raumsicherung als zu gering gewichtet.

Vom Gros der Vernehmlassungsteilnehmer wird von der im Armeeleitbild dargestellten Organisation der Armee zustimmend Kenntnis genommen. Mehrheitlich verlangt wird eine formelle Überarbeitung.

Unterschiedliche Auffassungen bestehen bezüglich der Unterstellung der Bataillonsund Abteilungs-Module. Aus staatspolitischen und wehrpsychologischen Gründen befürworten acht Kantone die dargestellte Unterstellung. Zwölf Kantone sind der Meinung, dass den Territorialregionen ebenfalls Truppen (insbesondere der Führungsunterstützung) zuzuweisen seien. Von einer Partei und mehreren militärischen 864

Organsiationen wird das Modell einer Grundorganisation skizziert. Sechs Organisationen aus Wirtschaft und Militär befürworten eine Unterstellung unter die Lehrverbände.

Von verschiedener Seite werden eine 3. Gebirgsbrigade, ein Lehrverband der Gebirgstruppen und die anteilsmässige Beibehaltung des Trains gefordert.

Armeeführung: Die Funktion «Chef der Armee» wird grossmehrheitlich begrüsst, nicht aber die Bezeichnung als «Chef des Politkbereiches Verteidigung». Unter dem Aspekt effizienter Führungsabläufe, aber auch im Zusammenhang mit einer zu grossen Anzahl höherer Stabsoffiziere wird die Hierarchiestufe Chef Einsatz (sowohl für das Heer wie für die Luftwaffe) und Ausbildungschef des Heeres beziehungsweise der Luftwaffe mehrmals, teilweise vehement, in Frage gestellt.

Ausbildungskonzeption: Zahlreiche Vernehmlassungsteilnehmer beantragen, die Länge der Grundausbildung zu kürzen oder aber militärisch einleuchtend und mit Bezug zur Bedrohung so zu begründen, dass sie von der Wirtschaft, der Gesellschaft und den Betroffenen akzeptiert werden könne. Länge und allfällige Teilung der Grundausbildung seien auf die zivile Ausbildung abzustimmen, so dass keine Nachteile gegenüber Frauen und Ausländern entstehen. Eine allfällige Verkürzung der Grundausbildung sollte nach Ansicht der Mehrheit nicht mit zusätzlichen Wiederholungskursen kompensiert werden.

Der Einsatzkonzeption wird weitgehend zugestimmt; jedoch nicht von jenen Teilnehmern, welche eine «Widerstandsarmee» oder eine «Berufsarmee» postulieren.

Gefordert werden deutlichere Darstellungen (z. B. hinsichtlich Ausschluss von friedenserzwingenden Massnahmen, Sonderoperationskräfte, militärische Sicherheit, Priorisierung der Ausbildung der Schutzinfanterie, Verteidigungskompetenz versus Raumsicherungsbereitschaft, Logistik). Mehrmals wird im Bereich der Innern Sicherheit die Notwendigkeit einer Gesamtsicherheitskonzeption gefordert; die polizeilichen Mittel sollen vor allem ziviler Natur sein.

Mehrheitlich wird eine genauere Beschreibung der Kaderausbildung und der Laufbahnen von Miliz- und Berufskader angeregt; dies auch unter dem Aspekt einer zu präzisierenden Aufgabenteilung zwischen Miliz- und Berufskader.

Bestände: Das Gros der Vernehmlassungsteilnehmer nimmt von den vorgeschlagenen Beständen zustimmend Kenntnis. Mehrheitlich verlangt wird
aber eine transparente Bestandesberechnung, insbesondere in Bezug auf die Bestandeserhöhung um 20 000 Personen gegenüber den Politischen Leitlinien des Bundesrates vom 20. Dezember 2000.

Transformation: Mehrheitlich wird festgehalten, dass der Start der Armee XXI gelingen muss. Am vorgelegten, allerdings knappen, Zeitplan soll festgehalten werden.

Das Durchführen von Wiederholungskursen im Jahre 2003 ist umstritten (Kontinuität versus Zweckmässigkeit).

1.4.2

Stellungnahmen zum Entwurf des Militärgesetzes

Grundsätzliche Opposition erwächst dem Entwurf zum MG nur im Zusammenhang mit der Opposition gegen die Armeereform XXI allgemein (SPS, SVP, SD, EDU, sowie einige Organisationen). Zahlreiche Vernehmlassungsteilnehmer unterstrei-

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chen dagegen, dass der Entwurf eine logische Folge des im Armeeleitbild dargestellten Reformkonzeptes darstelle.

Eine grössere Anzahl unter den Vernehmlassungsteilnehmern stellte Anträge zu grundsätzlichen Reformpunkten: ­

Dienst ohne Unterbrechung (Durchdiener, Art. 54a) soll nur auf freiwilliger Basis geleistet werden können. Im Grundsatz wird das Durchdienen jedoch gutgeheissen.

­

Zivilschutzdienst soll nach dem vorzeitigen Ausscheiden aus der Armee möglich bleiben (Art. 114).

­

Die Bezeichnung der für die Kontrollführung zuständigen Behörden soll im Einvernehmen mit den Kantonen erfolgen (Art. 144).

1.4.3

Stellungnahmen zum Entwurf des Bundesbeschlusses über die Verwaltung der Armee

Die Vernehmlassungsteilnehmer, die sich zu diesem Entwurf geäussert haben, stimmten ihm zu. Es wurden keine speziellen Anträge dazu eingereicht.

1.4.4

Stellungnahmen zum Entwurf der Armeeorganisation

Grundsätzliche Opposition erwächst dem Entwurf zur AO ebenfalls nur im Zusammenhang mit der generellen Opposition gegen die Armeereform XXI (SPS, SVP, SD, EDU). Auch der Verordnungsentwurf wird als eine logische Folge des im Armeeleitbild dargestellten Reformkonzeptes angesehen. Im Besonderen werden die vorgeschlagenen Bestände mehrheitlich gutgeheissen.

Die hauptsächlichen Anliegen können wie folgt zusammengefasst werden: ­

Ausbildungsdienst für Offiziere der Reserve sollte nicht zwingend vorgesehen werden.

­

Sanität und Train sollen beide weiterhin aufgeführt werden beziehungsweise bestehen bleiben.

1.4.5

Stellungnahmen zum Entwurf des Bundesgesetzes über die Wehrpflichtersatzabgabe

Die beiden Hauptstossrichtungen der Revisionsvorlage (Anhebung des Abgabemasses sowie Anpassung des Veranlagungs- und Bezugsverfahrens an das Recht der direkten Bundessteuer) finden mit grosser Mehrheit Zustimmung. Die SPS und eine Organisation wenden sich grundsätzlich gegen die Wehrpflichtersatzabgabe.

Im Rahmen der Vernehmlassung war noch die Frage bezüglich einer allfälligen Zentralisierung der Rückerstattung zu beantworten. Die Mehrzahl der Kantone steht einer solchen Lösung ablehnend gegenüber, die übrigen Vernehmlassungsteilnehmer würden mehrheitlich eine Zentralisierung begrüssen.

866

1.5

Änderungen gegenüber den Vernehmlassungsentwürfen

Im Entwurf zum Militärgesetz wurde namentlich darauf verzichtet, Armeeangehörige bei Bedarf verpflichten zu können, den obligatorischen Dienst ohne Unterbrechung zu erfüllen (Art. 54a MG). Ausserdem wurde Artikel 144 Absatz 2 MG dahingehend ergänzt, dass die Bezeichnung der Verwaltungseinheiten, welche die Dienstverschiebungsgesuche behandeln, nach Anhörung der Kantone erfolgt.

Im Entwurf zur Armeeorganisation ist insbesondere neu die Bildung von Brigaden in der Grundgliederung vorgesehen (Art. 6 Abs. 1 Bst. d). Die Sanitätstruppen werden wieder als Truppengattung aufgeführt (Art. 7 Abs. 2 Bst. a Ziff. 11). Die Einrichtung von Ausbildungs- oder Kompetenzzentren für bestimmte Bereiche, wie dies in der Vernehmlassung etwa für Armeetiere oder Militärmusik gefordert worden war, bedarf keiner Grundlage in der Armeeorganisation. Dazu ist der Bundesrat auf Grund seiner Befugnis, die Organisation der Bundesverwaltung festzulegen, zuständig (Art. 8 Abs. 1 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes, RVOG; SR 172.010).

1.6

Parlamentarische Vorstösse

Die Behandlung der beiliegenden Erlasse erlaubt es, die folgenden parlamentarischen Vorstösse abzuschreiben: 1998 P 98.3553

Gesetzliche Grundlagen für einen Assistenzdienst auf Zeit (Zeitdienst). (N 7.12.1998, Weigelt)

1999 M 99.3152

Schaffung einer Schweizer ,,National Guard" im Zuge der Armeereform XXI (S 19.3.1999, Frick)

1999 P 99.3143

Bereitschaftskorps zur Grenzsicherung (N 19.3.1999, Freund)

1999 P 99.3319

Erosion im Instruktionskorps der Armee (N 18.6.1999, Gusset)

2000 P 00.3087

Anrechenbarkeit ausgewählter Auslandtätigkeiten an die Militärdienstpflicht (N 22.3.2000, Leu)

2

Besonderer Teil: Erläuterungen zu den Bestimmungen der einzelnen Erlasse

2.1

Militärgesetz

Ingress Der Ingress wird an die neue BV angepasst (aus gesetzestechnischen Gründen in einer Fussnote). Der Hinweis auf die allgemeine Bundeskompetenz in auswärtigen Angelegenheiten, der für den Friedensförderungsauftrag aufgenommen worden war, ist nicht mehr notwendig, weil dieser Auftrag nun in Artikel 58 BV enthalten ist.

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Artikel 1 Absätze 3 und 4 Artikel 58 Absatz 2 der neuen BV umschreibt den Auftrag der Armee wie folgt: «2 Die Armee dient der Kriegsverhinderung und trägt bei zur Erhaltung des Friedens; sie verteidigt das Land und seine Bevölkerung. Sie unterstützt die zivilen Behörden bei der Abwehr schwerwiegender Bedrohungen der inneren Sicherheit und bei der Bewältigung anderer ausserordentlicher Lagen. Das Gesetz kann weitere Aufgaben vorsehen.» Im Sicherheitspolitischen Bericht 2000 des Bundesrates vom 7. Juni 1999 (SIPOL B 2000) werden die drei Teilaufträge der Armee umschrieben: ­

Raumsicherung und Verteidigung,

­

Subsidiäre Einsätze zur Prävention und Bewältigung existenzieller Gefahren, sowie

­

Beiträge zur internationalen Friedensunterstützung und Krisenbewältigung.

Der Bundesrat hat im erwähnten Bericht die Auftragsumschreibung entsprechend der Entwicklung der sicherheitspolitischen Ausgangslage neu gewichtet und in den Gesamtzusammenhang der sicherheitspolitischen Strategie gestellt (Ziff. 5.1.1 und 6.2 des Berichts). Mit der Neufassung der Absätze 3 und 4 soll diese Entwicklung, die sich seit dem Erlass des MG im Jahre 1995 im sicherheitspolitischen Umfeld vollzogen hat, zum Ausdruck kommen. Gleichzeitig wird auch berücksichtigt, dass mit dem Inkrafttreten der neuen BV der Armeeauftrag erstmals Eingang in das schweizerische Grundgesetz gefunden hat. Für die Auftragsanalyse und die Konsequenzen daraus für die Armee vgl. die Ziffern 3 und 4 des Armeeleitbildes (ALB).

Artikel 7, 11 Absatz 2 und 146 Absatz 1 Artikel 7 soll mit der Verpflichtung zur Teilnahme an einer Orientierungsveranstaltung ergänzt werden. Vorgesehen ist ein Orientierungstag, der unter der Verantwortung der Kantone durchgeführt werden soll. Der Besuch dieser Veranstaltung ist für die stellungspflichtigen Männer obligatorisch; er bildet jedoch keinen Militärdienst und wird demnach nicht an die Ausbildungsdienstpflicht nach Artikel 42 angerechnet (Abs. 3). Die Frauen des betreffenden Jahrgangs sollen ebenfalls zu dieser Orientierungsveranstaltung eingeladen werden. Die Teilnahme ist für sie jedoch freiwillig (Abs. 3). Mit dieser Regelung sollen die Frauen die Gelegenheit zu einer vertieften Information über ihre Möglichkeiten erhalten, in der Armee oder im Zivilschutz mitzuwirken und dadurch auch zur Mitarbeit angeregt werden. Die Regelung bedingt eine Anpassung von Artikel 146 Absatz 1, damit die zuständigen kantonalen Behörden die Adressen der betreffenden Frauen für den Versand der Einladungen erhalten können.

Die Aufgaben der Kantone im Zusammenhang mit der Orientierungsveranstaltung werden in Artikel 11 Absatz 2 umschrieben.

Die Anpassung der Alters-Obergrenze für die Meldepflicht in Artikel 7 Absatz 2 ist eine Folge der Herabsetzung des Militärdienstpflichtalters (Art. 13).

Einige Kantone haben im Vernehmlassungsverfahren eine Änderung bei der Umschreibung der Meldepflicht in Absatz 1 vorgeschlagen. Danach sollte die Meldepflicht nur soweit bestehen, als die Pflichtigen nicht bis zu einem bestimmten Zeitpunkt ein Aufgebot zur Rekrutierung erhalten hätte. Eine solche Änderung ist je-

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doch nicht notwendig. Auf Gesetzesstufe muss die Meldepflicht generell statuiert werden. Wenn die zuständige Behörde die Aufnahme in die Militärkontrolle auf Grund eigener Informationen vornehmen kann und nicht auf die Vorsprache des Pflichtigen wartet, dann dient dies auch dem Pflichtigen. Die Detailabläufe können indes auf Verordnungsstufe festgelegt werden.

Artikel 9 Absätze 2 und 3 sowie 11 Absatz 4 Die Aushebung wird umbenannt in Rekrutierung. Diese wird gegenüber dem heutigen Ablauf erweitert und kann bis zu drei Tagen dauern. Deshalb ist vorgesehen, diese Tage an die Ausbildungsdienstpflicht anzurechnen (Abs. 2) und zu besolden (vgl. die vorgschlagene Aufhebung von Art. 12 Ziff. 1 des Bundesbeschlusses über die Verwaltung der Armee, BVA; SR 510.30). Anlässlich der Rekrutierung werden das körperliche, psychische, intellektuelle und berufliche Potenzial der Stellungspflichtigen für Armee beziehungsweise Bevölkerungsschutz erfasst und die persönliche Einteilung festgelegt. Es wird auch abgeklärt, ob die betreffende Person Interesse an einer Leistung seiner Ausbildungsdienstpflicht ohne Unterbrechung (Durchdienen; vgl. Art. 54a des Entwurfs) oder für einen Einsatz als Zeitmilitär (militärisches Personal mit zeitlich beschränktem Arbeitsvertrag; vgl. Art. 47 des Entwurfs) zeigt. Schliesslich wird auch die Eignung für eine Kaderlaufbahn geprüft.

Weil die Rekrutierung in permanenten Zentren des Bundes durchgeführt werden soll, werden die Kosten künftig vom Bund zu tragen sein (Art. 11 Abs. 4).

Artikel 13 und 14 Bei dieser Bestimmung handelt es sich um einen Kernpunkt der Armeereform XXI.

Einerseits wird mit der abgestuften Herabsetzung der Altersgrenzen für die Militärdienstpflicht der Bestand der Armee reduziert. Andererseits wird damit den Wünschen der Bevölkerung und der Wirtschaft nach einer Verminderung der mit der Wehrpflicht verbundenen, vorab zeitlichen Beanspruchung Rechnung getragen.

In Absatz 1 wird der Vorbehalt von Artikel 82 MG gestrichen. Diese Bestimmung ermöglichte die Herabsetzung des Alters für die Stellungspflicht bei einem Landesverteidigungsdienst. Der Artikel wurde jedoch im Zuge der Anpassung an internationale Normen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen gestrichen.

Absatz 2 Buchstabe a: In dieser Bestimmung wird der neue Begriff der Mannschaftsdienstgrade verwendet
(siehe Art. 102 des Entwurfs). Die Militärdienstpflicht dauert nicht mehr für jedermann bis zu einem bestimmten Alter, sondern es soll ein Höchstalter festgelegt werden. Dabei soll die Mannschaft in der Regel nach der Absolvierung der Rekrutenschule (21 Wochen) und von 6 Wiederholungskursen à 19 Tagen (zusammen rund 260 Tage, ohne Rekrutierungstage und truppengattungsspezifische Kurse) und nach vier Jahren in der Reserve aus der Pflicht entlassen werden. Dies entspricht dem 30. Altersjahr. Wenn der Pflichtige einen Ausbildungsdienst mehrmals verschiebt, so soll die Dauer der Militärdienstpflicht bis zu vier Jahren verlängert werden können. Damit kann der Bestand der aktiven Armee wie auch der Reserve ungefähr ausgeglichen gehalten werden. Die Ersatzpflicht der Dienstuntauglichen wird nach dem ordentlichen Ablauf bestimmt, d. h. sie bleiben während elf Jahren (bis zum 30. Altersjahr) ersatzpflichtig. Diese Ersatzpflichtdauer gilt auch für Militärdienstpflichtige, die ihre Dienstleistungen verschieben.

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Absatz 2 Buchstaben b-e und Absatz 3: Die Militärdienstpflicht für höhere Unteroffiziere und Offiziere wird stufenweise herabgesetzt. Gemäss Absatz 3 kann sie bei Bedarf für Offiziere mit Einschluss der Fachoffiziere nochmals verlängert werden.

Diese Möglichkeiten bilden einen Ersatz für den heutigen Artikel 14 (Weiterverwendung nach Erfüllung der Militärdienstpflicht), der aufgehoben werden soll. Zudem bildet diese Revision eine Konsequenz aus der Herabsetzung der Altersgrenze für die Militärdienstpflicht und der Reduktion der Bestände. Der Bevölkerungsschutz kann seine personellen Bedürfnisse schon ab Beginn des Wehrpflichtalters decken und ist daher nicht mehr auf Spezialisten aus der Armee angewiesen (Einteilung nach der Rekrutierung entweder in die Armee oder den Bevölkerungsschutz).

Absatz 7: Um zu vermeiden, dass militärisches Personal, das beruflich bei der Armee tätig ist, frühzeitig aus der Armee ausscheiden muss, ist eine spezielle Regelung notwendig. Diese soll vom Bundesrat erlassen werden.

Auf Grund der Erfahrungen in der Armee 95 zeigte sich, dass eine absolute Entlassung aus der Militärdienstpflicht in speziellen Fällen hinderlich sein kann. Daher soll wieder eine flexiblere Lösung eingeführt werden. Allerdings soll sie mit Zurückhaltung ausgeübt werden. Absatz 6 der heutigen Fassung soll daher aufgehoben werden.

Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe h Hier erfolgt eine begriffliche Anpassung, die durch die neue Bundespersonalgesetzgebung erforderlich geworden ist (Wegfall des Beamtenstatus).

Artikel 19 Die Herabsetzung der Altersgrenzen für die Militärdienstpflicht hat zur Folge, dass auch die Regelung der Wiedereinteilung nach einer Dienstbefreiung angepasst werden muss. Neu erfolgt diese, wenn die Armee die betroffene Person noch benötigt.

Das Kriterium der Dauer der Dienstbefreiung und das entsprechend vorgesehene Gesuch durch den Betroffenen fällt weg.

Artikel 28 Absatz 3 Die Anpassung dieser Bestimmung erfolgt wegen des Wegfalls der kantonalen Formationen.

Artikel 34 Es stellt sich die Frage, ob über die Leistungen der Militärversicherung hinaus noch eine MG-Haftung für den überschiessenden, von der Militärversicherung nicht gedeckten Schaden besteht. Das Bundesgericht hat dies bisher abgelehnt mit der Begründung, das Militärversicherungsgesetz (MVG) gehöre zu jenen
spezialgesetzlichen Haftungsbestimmungen, die nach Artikel 22 Absatz 2 MO (heute Art. 135 Abs. 3 MG), die Anwendbarkeit der MG-Haftungsregeln ausschlössen (BGE 103 Ib 276). Im weitern weist Artikel 34 MG die Abgeltung von dienstlichen Gesundheitsschädigungen einem besonderen Bundesgesetz (dem heutigen MVG) zu. Der Gesetzgeber wollte damit offensichtlich festlegen, dass Leistungen für dienstliche Gesundheitsschäden nur nach diesem Gesetz ausgerichtet werden sollten. Das bedeutet gleichzeitig auch, dass dem Armeeangehörigen in den vom MVG geregelten Fällen keine zusätzlichen Ansprüche gegenüber dem Bund zustehen.

870

Die Richtigkeit dieser Interpretation und der bundesgerichtlichen Rechtsprechung werden in der Praxis jedoch immer wieder bestritten. Es scheint uns deshalb angezeigt, die Formulierung von Artikel 34 MG in dem Sinne zu präzisieren, dass die Leistungen der Militärversicherung ausdrücklich als abschliessend bezeichnet werden (wie in Art. 81 SVG und Art. 78 LFG). Damit sollen künftige Streitigkeiten über die Abgeltung von allfälligem Schaden, der die Militärversicherungsleistungen übersteigt, vermieden werden. Diese Beschränkung soll sich indes nur auf die Leistungen für dienstlich eingetretene Gesundheitsschäden (Personenschäden) erstrecken, also auf die Behandlungskosten, die Taggelder, die Renten etc. Nur dort sollen die Leistungen der Militärversicherung abschliessend sein. Hat der Armeeangehörige bei seinem Unfall aber gleichzeitig einen Sachschaden erlitten, bleibt die Haftung nach Militärgesetz vorbehalten. Die Militärversicherung übernimmt zwar auch Sachschäden, jedoch nur in begrenztem Umfang, d.h. soweit es sich um Kleider, Brillen, Uhren und andere am Körper getragene oder mitgeführte Gegenstände handelt (Art. 57 MVG).

Artikel 40b (neu) Mit dieser neuen Bestimmung wird für den militärischen Bereich eine rechtliche Regelung geschaffen, die eine Abtretung der Immaterialgüterrechte an den Bund vorsieht. Die Einführung einer solchen gesetzlichen Bestimmung wird notwendig, weil das Einbringen von beruflichen Fähigkeiten in den militärischen Alltag in Zukunft noch vermehrt genutzt werden soll. Denkbar ist etwa, dass Zeitsoldaten in der Zeit zwischen zwei Schulen mit Aufgaben betraut werden, die ihrer spezifischen beruflichen Ausbildung entsprechen und dass sie dabei auch Werke wie beispielsweise militärische Computerprogramme schaffen.

Die Formulierung von Absatz 1 lehnt sich an Artikel 17 des Urheberrechtsgesetzes an. Der Geltungsbereich beschränkt sich nicht auf die Entwicklung von Software.

Gegenstand von Absatz 1 können auch andere Werke, z. B. Lehrschriften für die Ausbildung, Truppen-Embleme und Badges etc., sein, die in dienstlichem Auftrag geschaffen werden.

Schafft der Armeeangehörige ein Werk, das für die Armee oder für das VBS von grossem Nutzen ist, so soll ihm nach Absatz 2 eine angemessene Entschädigung ausgerichtet werden können. Dies kann umsomehr gerechtfertigt sein, als die
Benützungsbefugnis ja von Gesetzes wegen exklusiv an den Bund übergehen soll. Die Entschädigung wird dabei in der Regel keine volle sein, da das Werk in Erfüllung der Dienstpflicht geschaffen wurde. In Analogie zum Beamtenrecht (Art. 32 Bst. c BPG und Art. 74 BPV) wird die vorgesetzte Stelle das Mass der Entschädigung im Einzelfall festzulegen haben. Nötigenfalls kann der Bundesrat im Rahmen seiner Verordnungskompetenz ausführende Bestimmungen erlassen.

Analog der arbeitsrechtlichen Regelung der immaterialgüterrechtlichen Ansprüche, die sich im OR findet, schlagen wir vor, die entsprechende Bestimmung für die Armeeangehörigen im MG zu verankern.

Artikel 42 Absätze 1 und 2 Buchstabe c Die Obergrenze von 330 Diensttagen wird heute und auch mit der Armee XXI nicht ausgeschöpft, soll aber als gesetzlicher Höchstrahmen beibehalten werden. Damit kann die bereits heute bestehende Handlungsfreiheit des Bundesrates zur Erhöhung der Ausbildungsbereitschaft in Krisensituationen erhalten werden. Die Anpassung 871

von Absatz 1 erfolgt aus redaktionellen Gründen. Die Änderung von Absatz 2 Buchstabe c bildet eine Konsequenz der Neufassung von Artikel 13 beziehungsweise der Streichung von Artikel 14.

Artikel 43, 45 und 65a Mit der Neufassung der Bestimmungen wird die Regelung der Dienstanrechnung systematisch klarer dargestellt. Der Grundsatz ist in Artikel 43 festgelegt; danach wird konsequent unterschieden zwischen Ausbildungsdiensten im Rahmen von besoldetem Milizdienst (mit voller Anrechnung an die Ausbildungsdienstpflicht) beziehungsweise im Rahmen eines unbesoldeten Anstellungsverhältnisses (ohne Anrechnung an die Ausbildungsdienstpflicht). Das militärische Personal leistet keinen obligatorischen Militärdienst, sondern erfüllt ein Arbeitsverhältnis (siehe Erläuterungen zu Art. 47 MG). Zudem muss bei diesem Personal auch eine Gleichbehandlung zwischen Inlandeinsätzen (keine Anrechnung) und Auslandeinsätzen (Anrechnung heute postuliert) erfolgen. Eine Ungleichbehandlung von Einsätzen je nach dem Ort der Tätigkeit ist nicht zu rechtfertigen. Nur so kann beispielsweise sichergestellt werden, dass der Durchdienerstatus gegenüber dem beruflichen Personal (z.B. Zeitmilitär, der für seine Tätigkeit ein Salär bezieht) attraktiv bleibt. Wenn die Anrechnung der Diensttage bei beiden Verhältnissen möglich wäre, würde das Erfüllen der Militärdienstpflicht ohne Unterbrechung keinerlei Vorteile im Vergleich zu einem Anstellungsverhältnis aufweisen. Der Betroffene soll aber wählen können, in welcher Form er einen Auslandeinsatz absolviert, als militärisches Personal (z. B.

Zeitmilitär) oder als Durchdiener. Denkbar ist auch, dass ein Teil als Durchdiener (mit Anrechnung bis zur Anzahl noch nicht geleisteter Diensttage; als Teildurchdiener mit Soldberechtigung), der übrige Teil des Einsatzes im Arbeitsverhältnis (mit Lohnzahlung, ohne Anrechnung) geleistet wird.

Bei einem Berufsmilitär, der auch als Milizangehöriger seine WK zu leisten hat, ist zu unterscheiden, in welcher Eigenschaft er die Dienstleistung erfüllt.

Zusätzliche Ausbildungsdienste, die aus Gründen einer Neuorganisation oder wegen der Einführung neuen Materials angeordnet wird, sollen künftig immer angerechnet werden (Art. 45). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht nur bei freiwilligen Ausbildungsdiensten wie z. B Hochgebirgskursen oder CISM-Veranstaltungen,
deren Anrechnung im Einzelfall festgelegt wird (Art. 44). Eine dem Grundsatz entsprechende Regelung besteht für den Einsatz im Friedensförderungsdienst. Im Assistenzdienst kann vom dargelegten Grundsatz abgewichen werden: Wenn ein grösseres Truppenaufgebot erfolgt oder ein Einsatz lange dauert, kann der Bundesrat anordnen, dass diese Dienstleistungen nicht oder nicht voll angerechnet werden.

Dadurch soll vermieden werden, dass die zur Verfügung stehende Ausbildungsdienstpflicht (330 Tage; Art. 42 MG), die eben auch für die Ausbildung vorgesehen ist, durch Einsätze «konsumiert» wird (vgl. Art. 65a). Offen bleiben muss die Frage der Anrechnung dagegen für den Aktivdienst. Die Landesverteidigungsdienste 1914­18 und 1939­45 wurden nicht an die Ausbildungsdienstpflicht angerechnet.

Vor der Einführung des Assistenzdienstes (1.1.1996) wurden bereits Truppen zum Schutz und zur Bewachung von Flughäfen und internationalen Konferenzen eingesetzt. Diese Truppen wurden vereidigt und leisteten Aktivdienst. Da sie diese Einsätze in der Regel während der üblichen Wiederholungskurse leisteten, wurde dieser Aktivdienst an die Ausbildungsdienstpflicht angerechnet. In der Praxis erfolgte somit eine differenzierte Handhabung bezüglich der Anrechnung solcher Dienstleistungen.

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Auch können ausgewählte Auslandtätigkeiten ­ wie im Postulat Leu (00.3087) gefordert ­ nicht an die Ausbildungsdienstpflicht angerechnet werden. Ärzte und andere Personen, die für zivile Organisationen in Auslandeinsätzen humanitäre Hilfe leisten sowie die Angehörigen der Päpstlichen Schweizergarde leisten bei diesen Einsätzen keinen Militärdienst im Sinne des Militärgesetzes. Einzige Ausnahme dazu ist die Anrechnung von Auslandeinsätzen von Angehörigen der Armee als Mitglieder des schweizerischen Katastrophenhilfekorps, sofern sich die Betroffenen während des Einsatzes im Militärdienst befinden.

Artikel 47 Das Lehrpersonal wird neu bezeichnet, die Tätigkeiten neu umschrieben und das Berufsbild des militärischen Personals neu gestaltet. Das militärische Personal wird wie das übrige Personal der Bundesverwaltung nach der Bundespersonalgesetzgebung angestellt. Der Einsatz von militärischem Personal kann ­ je nach Ausgestaltung des Arbeitsvertrags - sowohl im In- wie im Ausland erfolgen.

Berufsmilitärs werden in der Regel mit einem unbefristeten Arbeitsvertrag angestellt, Zeitmilitärs mit einem befristeten Arbeitsvertrag. Die Berufsoffiziere und Berufsunteroffiziere entsprechen im Wesentlichen dem heutigen Lehrpersonal. Sie werden für die Sicherstellung der Einsatzbereitschaft der Armee, insbesondere in den Bereichen Einsatzdoktrin, Ausbildung, Rüstungsplanung, Einsatzplanung und Einsatzführung sowie für die Alimentierung der Berufsverbände verwendet. Die hohen Ansprüche an die Verfügbarkeit des Berufsmilitärs spiegeln sich in speziellen Ausführungsbestimmungen zum Bundespersonalgesetz.

Die Zeitmilitärs bilden eine neue Kategorie des militärischen Personals. Sie bilden primär in Schulen und Kursen die Rekruten und Soldaten aus.

Die Führung des militärischen Personals wird aus rechtssystematischen Gründen neu auf Verordnungsstufe geregelt.

Zusätzlich sind auch Verwaltungs- und Betriebspersonal, Fachlehrer und Referenten grundsätzlich Berufspersonal im Dienste der Landesverteidigung. Es handelt sich um Zivilpersonen, die im Arbeitsverhältnis Ausbildungsunterstützung leisten und den militärischen Betrieb sicherstellen. Diese Berufskategorien unterstehen wie das übrige zivile Personal des Bundes der Bundespersonalgesetzgebung. Eine spezielle Regelung im MG ist daher nicht notwendig.

Artikel 48 Der
Truppenkommandant ist weiterhin für die Ausbildung und für den Einsatz verantwortlich (Abs. 1). Hingegen soll im Gesetz und der Armeeorganisation offengelassen werden, wem die Formationen unterstellt werden (Vgl. ALB Ziff. 7.1; Art. 6 Abs. 2 AO). Daher ist eine generellere Regelung auf Gesetzesstufe erforderlich (Abs. 2). Im übrigen stellen die Lehrverbände Verwaltungseinheiten dar, die der Bundesrat im Rahmen seiner Organisationskompetenz frei organisieren kann (Art. 43 RVOG). Der Lehrverband soll grundsätzlich auf einer zugewiesenen Infrastruktur basieren und über eine hohe Autonomie in der truppengattungsspezifischen Doktrin, der entsprechenden Ausbildung, dem Personalmanagement, der Logistik und den Finanzen verfügen.

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Artikel 49 Absatz 2 Die Herabsetzung des Dienstpflichtalters macht eine Anpassung des generellen Höchstalters für das Bestehen der Rekrutenschule erforderlich. Für Durchdiener ist eine spezifische Regelung notwendig, damit sie die Rekrutenschule auch später absolvieren können. Diese Regelung kann allerdings im Rahmen der Ausnahmemöglichkeit nach Absatz 2 erlassen werden. Es ist vorgesehen, dass das Mindestalter für die vorzeitige freiwillige Absolvierung der Rekrutenschule auf das vollendete 18. Altersjahr festgesetzt wird Artikel 52 Die Aufhebung dieses Artikels ist bedingt durch den Wegfall der Taktisch-Technischen Kurse (TTK), weil wieder der Einjahresrhythmus für Wiederholungskurse eingeführt werden soll.

Artikel 54a (neu) Die Bestimmung enthält die Definition des Durchdieners. Dieser erfüllt seine Ausbildungsdienstpflicht als Milizangehöriger der Armee im Unterschied zum gängigen Dienstleistungsrhythmus in der Regel zeitlich ohne Unterbrechung oder, wenn dies nicht möglich ist (z.B. Unterbruch vor einer Weiterausbildung), in längeren Tranchen. Der Durchdiener erfüllt damit seinen obligatorischen Militärdienst.

Massgebend für diese Dienstleistungsform ist der Bedarf der Armee. Sie kann vom Militärdienstpflichtigen aber freiwillig gewählt werden. Obwohl die Armee für bestimmte Funktionen darauf angewiesen ist, ständiges Personal zur Verfügung zu haben, wird auf Grund der Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens auf die Möglichkeit verzichtet, Armeeangehörige bei Bedarf zum Durchdienen verpflichten zu können.

Artikel 60 Sachüberschrift und Absatz 1, 1. Satz Da die Reserve neu konzipiert wird (vgl. Art. 4 Entwurf AO und ALB Ziff. 9.1), entfällt die Personalreserve im Sinne des vorliegenden Artikels. Angehörige der Reserve sollen in der Regel keinen Militärdienst mehr leisten. Die nicht in Formationen eingeteilten Armeeangehörigen sollten aber weiterhin dem VBS für bestimmte Dienstleistungen zur Verfügung stehen; das Departement kann dieses Personal den Gruppen, Lehrverbänden und Bundesämtern zur Verfügung stellen.

Artikel 65a (neu) Mit der Einfügung dieser Bestimmung ist eine neue Überschrift des 1. Kapitels im fünften Titel erforderlich. Zum Inhalt kann auf die Erläuterungen zu Artikel 45 verwiesen werden.

Artikel 69 Es gilt neu zu unterscheiden zwischen der Unterstützung humanitärer
Hilfeleistungen und friedensunterstützenden Operationen im Ausland. Für die letzteren besteht eine eigene rechtliche Grundlage (Art. 66, 66a und 66b MG). Die Unterstützung humanitärer Hilfeleistungen ist eine erweiterte Form der bisherigen Katastrophenhilfe im Ausland. Diese beinhaltet nämlich nach gebräuchlicher Definition nur die Hilfeleistung bei natur- oder zivilisationsbedingten Katastrophen, wie zum Beispiel Erdbeben, Überschwemmungen oder technische Katastrophen. Die Mittel der 874

Armee sollen aber auch in anderen Notlagen, zum Beispiel zur Bewältigung von Flüchtlingsströmen oder als Unterstützung der Zivilbevölkerung im Zusammenhang mit einem Konflikt, eingesetzt werden können. Diese Unterscheidung schliesst nicht aus, dass die Armee auch im Rahmen von friedensunterstützenden Operationen gewisse humanitäre Beiträge leisten und die humanitäre Organisationen unterstützen kann beziehungsweise muss. Die Unterstützung humanitärer Hilfeleistungen durch die Armee kann nur auf Ersuchen eines Staates oder einer internationalen Organisation erfolgen. Sie erfolgt subsidiär zum Einsatz der zivilen Mittel, wenn diese nicht mehr ausreichen. Die Einsatzverantwortung liegt in diesem Fall beim EDA, während die Führungsverantwortung der eingesetzten militärischen Mittel beim VBS bleibt.

Die durch das Militär zu erbringenden Hilfeleistungen werden konzeptionell im Einvernehmen mit der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit im EDA (DEZA) erarbeitet. Der Einsatz der militärischen Mittel beschränkt sich grundsätzlich auf die Bereiche Schutz, Logistik (Transport, Kommunikation) sowie Rettung; in diesem Sinn ist auch die Katastrophenhilfe im Ausland unter die Unterstützung humanitärer Hilfeleistungen zu subsumieren. Das Schweizerische Katastrophenhilfekorps soll wie bisher insbesondere im Rahmen von Rettungsketteneinsätzen auf freiwillige Angehörige der Armee zurückgreifen können. Der Einsatz der Mittel im Rahmen einer humanitären Hilfeleistung richtet sich nach den in diesem Bereich allgemein gültigen Prinzipien der Verhältnismässigkeit, der Unparteilichkeit, der Bedingungslosigkeit sowie der Hilfe zur Selbsthilfe. In der Regel werden solche Einsätze unbewaffnet erfolgen. Im Einvernehmen mit dem ersuchenden Staat sind aber auch andere Lösungen denkbar (Mitnahme von Waffen zum Selbstschutz oder zu Bewachungszwecken).

In einem neuen Absatz 2 soll eine Rechtsgrundlage geschaffen werden, für Angehörige der Armee Assistenzdienst im Ausland für den Schutz von Personen oder besonders schutzwürdigen Sachen anzuordnen. Dabei handelt es sich um Schutzaufgaben, in denen schweizerische Interessen betroffen sein müssen, seien es der Schutz von schweizerischen Staatsangehörigen oder von Liegenschaften, in denen sich schweizerische Vertretungen befinden. Die Einsatzverantwortung liegt beim EDA, während
die Führungsverantwortung für die eingesetzten militärischen Mittel beim VBS bleiben. Ausländische Staaten wenden sich in der Regel an die Regierung (Bundesrat), an das EDA oder an eine schweizerische Vertretung im betreffenden Staat, um gegebenenfalls um schweizerische Unterstützung zu ersuchen Die Teilnahme an Einsätzen zu humanitären Hilfeleistungen ist freiwillig (Abs. 3).

Da Hilfeleistungen im grenznahen Ausland letztlich aber auch im Interesse unseres Landes liegen können, soll die Möglichkeit bestehen, Einsätze im grenznahen Raum obligatorisch zu erklären. Diese Möglichkeit entspricht dem geltenden Recht.

Artikel 73 Absatz 2 Da die Dienstanrechnung bei Auslandeinsätzen neu in den Artikeln 43 (Ausbildung und Vorbereitung) sowie 65a (Einsätze) geregelt wird, kann Absatz 2 aufgehoben werden.

Artikel 76 Absatz 1 Buchstabe c Bis anhin hat eine Rechtsgrundlage gefehlt, die es ermöglicht hätte, Verbände vollzählig und explizit für die Erhöhung der Ausbildungsstandes im Hinblick auf die Kriegsverhinderung oder die Verteidigung aufzubieten (Schulung des Kampfes der

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verbundenen Waffen). Die heutigen Artikel 68 und 76 erlauben entsprechende Aufgebote nicht. Zudem besteht im Falle von häufigen Einsätzen im Assistenz- und Friedensförderungsdienst die Gefahr, dass die Bestände der WK-leistenden Formationen zusammenschrumpfen, wenn viele ihrer Angehörigen ihre Ausbildungsdienstpflicht erfüllt haben. Daher soll die Möglichkeit geschaffen werden, dass in einer entsprechenden Notsituation (insbesondere Verteidigung, aber auch beispielsweise für operative Sicherungseinsätze) die Einsatzbereitschaft der Armee durch eine einsatzbezogene Ausbildung erhöht werden kann, ohne dass dieser Dienst ausnahmslos an die Ausbildungsdienstpflicht angerechnet werden muss.

Artikel 77 Absätze 1, 3, 4 und 6 sowie 83 Absätze 2­4 In Artikel 77 muss die Aufgebotsregelung an den neuen Artikel 185 Absatz 4 BV angepasst werden (Erhöhung der Grenze von 2000 auf 4000 aufgebotene Armeeangehörige). Zudem soll die Mobilmachung neu organisiert werden. Die Abläufe rund um die Mobilmachung sollen künftig die Gesamtheit des Erstellens der Einsatzbereitschaft umfassen. Daher ist der Begriff der Mobilmachung im Gesetz zu streichen.

Artikel 77 Absatz 6 und Artikel 83 erfahren eine Anpassung, weil mit dem Wegfall der kantonalen Truppen auch die Kompetenz der Kantone zum Aufgebot ihrer Truppen zum Ordnungsdienst auf ihrem eigenen Hoheitsgebiet entfällt. Wenn ein derartiger Einsatz notwendig werden sollte, müssen die Kantone beim Bund ein entsprechendes Aufgebot beantragen (Art. 83 Abs. 5).

Artikel 89 Absatz 2, 1. Satz In dieser Bestimmung wird die Terminologie an das neue Bundespersonalrecht angepasst (Aufhebung des Beamtenstatus).

Artikel 93­95 und 96­98 Die vorgeschlagene Neuordnung der rechtlichen Regelung der Organisation der Armee sieht eine neue Aufteilung der Regelung in den Erlassen MG (formelles Gesetz) und AO (künftig parlamentarische Verordnung) vor.

In Artikel 93 steht lediglich noch die grundsätzliche Zuständigkeitsordnung sowie die Möglichkeit einer Übertragung der Kompetenzen an den Bundesrat und das VBS als zuständigem Departement. Neu soll die Bundesversammlung auch die einzelnen Berufsformationen in der AO auflisten (vgl. Art. 101). Als Folge der Neustruktur der Armee können die Artikel 94, 95 und 98 aufgehoben werden. Die eigentliche Gliederung, die Bestimmung der Truppengattungen
und Dienstzweige und die Kompetenzdelegation im Einzelnen erfolgt in der AO. Damit kann eine übersichtlichere rechtliche Regelung in diesem Bereich geschaffen werden. Die materielle Ausgestaltung der Armeeorganisation ist nicht mehr, wie heute, auf die beiden Erlasse aufgeteilt, sondern allein in der AO enthalten. Auch die Stäbe (Art. 96 und 97) sollen neu in der AO erscheinen (vgl. Art. 8 AO). Diese Regelung entspricht der erweiterten Organisationskompetenz, die dem Bundesrat nach dem Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz im Verwaltungsbereich zukommt.

Artikel 99 Absätze 2bis (neu), 3 Buchstaben b und c sowie 4 (neu) Die Nachrichtendienste befassen sich entsprechend ihrem gesetzlichen Auftrag (Art. 99 Abs. 1) mit der Beschaffung von sicherheitspolitisch bedeutsamen Informa876

tionen über das Ausland. Dabei fallen jedoch mitunter auch Informationen über die innere Sicherheit oder kriminelle Tätigkeiten von natürlichen und juristischen Personen in der Schweiz an. Da es den Nachrichtendiensten nach dem Militärgesetz verwehrt ist, Inlandaufklärung zu betreiben, konnten im Speziellen «Nebenprodukte» aus der elektronischen Auslandsaufklärung nicht verwertet beziehungsweise weitergeleitet werden. Der vorgeschlagene neue Absatz 2bis soll deshalb die VBSBediensteten, die mit der Auswertung der Daten aus der Auslandsaufklärung befasst sind, ermächtigen, solche Informationen dem Bundesamt für Polizei zukommen zu lassen, das sie je nach ihrer Bedeutung den zuständigen Strafverfolgungsbehörden weiterleiten kann. Dabei sollen nur Informationen erfasst werden, die für die innere Sicherheit oder für die Strafverfolgung relevant sein können.

Bei den Einsätzen der Nachrichtendienste handelt es sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt hauptsächlich um Einsätze, welche in Form von Assistenzdiensten geleistet werden. Der Bundesrat regelt diese Einsätze in der Verordnung über den Nachrichtendienst im Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (Nachrichtendienstverordnung, VND; SR 510.291) sowie in der Verordnung über die militärische Sicherheit (VMS; SR 513.61). Diese Regelung deckte die Einsätze sämtlicher Nachrichtendienste bis anhin ab. In Bezug auf Einsätze von Schweizer Truppen im Ausland wird die Schaffung, einer gesetzlichen Grundlage für die präventive, einsatzbezogene, nachrichtendienstliche Tätigkeit nötig. Deswegen wird in Artikel 99 Absatz 3 Buchstabe b neu der Friedensförderungsdienst eingefügt. Damit wird auch hier im Vorfeld eines Einsatzes und zum Schutz von Schweizer Truppen bei Einsätzen im Ausland gewährleistet, dass das notwendige Mass an sicherheitsrelevanten Informationen vorhanden ist und die Truppe sich in einem möglichst sicheren Umfeld bewegen und arbeiten kann. Ebenso gilt es, die gesetzliche Grundlage für Artikel 7 (Informationspflicht) der revidierten VND vom 4. Dezember 2000 zu schaffen. Dies geschieht durch die Änderung beziehungsweise Ergänzung von Absatz 3 Buchstabe c.

Mit dem neuen Absatz 4 wird der Quellenschutz ausdrücklich gewährleistet, wie er in Artikel 17 Absatz 7 des Bundesgesetzes vom 21. März 1997 über Massnahmen zur Wahrung
der inneren Sicherheit (BWIS; SR 120) ebenfalls erwähnt ist. Die dortige Bestimmung gilt als Spezialbestimmung zur Gesetzgebung über die Archivierung. Der Quellenschutz muss primär gegenüber dem Ausland gewährleistet werden, damit eine Zusammenarbeit zustande kommen kann. Aber auch inländische Quellen sollen einen solchen Schutz erwarten dürfen, damit die nachrichtendienstliche Tätigkeit in einem gegebenen Fall überhaupt ermöglicht werden kann. Denn viele wichtige Informationen werden nur mitgeteilt, wenn die zuständigen Behörden verbindlich zusichern können, dass die Quelle einer Information Dritten nicht bekannt gegeben wird.

Artikel 100 Absätze 1 Buchstaben b und d sowie 3 Buchstabe e Der Dienst für militärische Sicherheit ist auch in den Bereichen des Schutzes von Informationen und Objekten sowie der Informatiksicherheit tätig. Entsprechend muss die Rechtsgrundlage dazu ergänzt werden (Bst. b). Zudem wird er auch zur Beurteilung der militärischen Sicherheitslage bei Auslandeinsätzen der Schweizer Armee eingesetzt. Um eine gesetzliche Grundlage für diese Einsätze zu schaffen, wird in Artikel 100 Absatz 1 Buchstabe d neu der Friedensförderungsdienst eingefügt. Damit wird auch hier bereits im Vorfeld eines Einsatzes und zum Schutz von Schweizer Truppen bei Einsätzen im Ausland gewährleistet, dass das notwendige 877

Mass an sicherheitsrelevanten Informationen zur Beurteilung der militärischen Sicherheitslage vorhanden ist und die Truppe sich in einem möglichst sicheren Umfeld bewegen und arbeiten kann.

Für die heutigen Aufgaben der Abteilung Informations- und Objektsicherheit im Generalstab (AIOS) besteht bereits eine genügende Abdeckung im BWIS sowie der Verordnung über die Militärische Sicherheit vom 14. Dezember 1998 (VMS; SR 513.61). Aufgrund der Neuregelung der Prüfungsverfahren in der Verordnung über die Personensicherheitsprüfungen (PSPV; SR 120.4), die nun ausschliesslich durch die AIOS ausgeführt werden, wird Absatz 3 Buchstabe e überflüssig und kann gestrichen werden.

Artikel 101 Der Artikel über die Berufsformationen wird neu konzipiert, indem das MG die Aufgaben auflistet, die von militärischem Personal erfüllt werden sollen. Die einzelnen Berufsformationen werden in der AO aufgeführt, weil es sich dabei um organisatorische Bestimmungen handelt (vgl. Art. 7 AO).

Die Aufgaben von Buchstabe a werden auch weiterhin vom Überwachungsgeschwader (neu: Teile der Formationen der Luftwaffe, Art. 7 Abs. 2 Bst. b Ziff. 1 AO) wahrgenommen. Buchstabe b betrifft den Bereich des heutigen Festungswachtkorps (FWK). Die Militärpolizeiverbände betreuen den Aufgabenbereich von Buchstabe c. Die besonderen Aufträge, die in Buchstabe d erwähnt werden, obliegen insbesondere dem Armee-Aufklärungsdetachement und den Militärpolizeiverbänden.

Bei diesen Aufträgen kann es sich beispielsweise um die Beschaffung von Schlüsselinformationen, die Rückführung von Personen aus dem Ausland oder den Schutz von eigenen Truppen oder Personen handeln. Die Rettungsaufgaben werden von Teilen der Katastrophenhilfe-Bereitschaftskompanien wahrgenommen. Eine Spezialausbildung wird auch für die Kampfmittelbeseitigung benötigt, wofür allerdings nicht eine spezielle Formation gebildet wird. Vielmehr wird diese Aufgabe durch spezialisierte Angehörige des heutigen FWK durchgeführt.

Militärisches Personal ist auch in der Ausbildung tätig (vgl. Art. 47). Allerdings bestehen in diesem Bereich keine ganzen Berufsformationen, so dass die Ausbildung im vorliegenden Zusammenhang von Artikel 101 nicht erscheint. Ergänzend kann darauf hingewiesen werden, dass stets auch ziviles Personal in den im vorliegenden Artikel aufgeführten Bereichen mitarbeitet. Das
Arbeitsverhältnis dieser Personen wird jedoch durch die Bestimmungen der Bundespersonalgesetzgebung beziehungsweise des Obligationenrechts und nicht durch das MG geregelt.

Artikel 102 Absätze 1 Buchstabe a sowie 2 und 3 Die Gradstrukturen der Offiziere sind ­ auch im Vergleich zu andern Armeen ­ nach wie vor angepasst und benötigen keine grundsätzliche Veränderung. Dagegen sind die Gradstrukturen der Unteroffiziere im Vergleich zu andern Armeen eher eng gefasst. Durch diese geringere Bandbreite ergibt sich eine Anhäufung von Aufgaben für die verschiedenen Grade. Dieser Nachteil soll durch eine gewisse Erweiterung der Gradstrukturen, die sich enger an die unterschiedlichen Funktionen anlehnt, verbessert werden. Durch eine differenzierte Auffächerung kann auch den unterschiedlichen Bedürfnissen der Truppengattungen und Waffensystemen besser Rechnung getragen werden. Zudem soll die Durchlässigkeit in die Kommandantenlaufbahn abgestuft ermöglicht werden.

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Damit die Gradstruktur künftig die erforderliche Flexibilität aufweist, soll der Bundesrat die heute bestehenden Grade bei den Mannschaftsdienstgraden und den Unteroffizieren ergänzen können. Im Einzelnen sind solche Ergänzungen vorgesehen bei gewissen Unteroffiziersgraden (z. B. Hauptfeldweibel).

Artikel 103 Absatz 2 Mit der Streichung dieses Absatzes soll der vermehrten Ausrichtung der Organisationsbestimmungen der Armee auf den Bund Rechnung getragen werden.

Artikel 106 Absatz 2 und 107 Absatz 2 Die Anpassungen erfolgen im Zusammenhang mit dem Wegfall der kantonalen Truppen.

Artikel 114 Absatz 2 Wer nach mindestens 50 Ausbildungsdiensttagen aus der Armee ausscheidet, soll nicht mehr in den Zivilschutz eingeteilt werden. Somit ist die Bestimmung über die Weiterverwendung der persönlichen Ausrüstung überflüssig. Für die Ausnahmefälle genügt eine Regelung auf Verordnungsstufe.

Artikel 116 Absatz 3 Die Aufhebung von Absatz 3, in dem die Mitsprache der obersten Truppenkommandanten bei grundlegenden Fragen der Landesverteidigung festgelegt ist, ist in erster Linie die Folge des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes, womit der Bundesrat beziehungsweise die Departementsvorsteher und -vorsteherinnen eine verstärkte Kompetenz zur Organisation der Verwaltungseinheiten und zur Ausgestaltung der Führungsleitlinien erhalten haben (Art. 8 bzw. 37 RVOG).

Aus diesem Grund hat die vorliegende, letztlich organisatorische Bestimmung aus dem MG zu weichen. Die Mitsprache der Armeeleitung ist denn auch bereits heute vor allem in der Geschäftsordnung des VBS geregelt. Dazu kommt, dass die Führung der Armee mit dem Wegfall der Grossen Verbände auch hinsichtlich der obersten Truppenkommandanten eine gänzlich neue Struktur erhalten soll (ALB Ziff. 7).

Es versteht sich jedoch, dass die Führung der Armee unabhängig von ihrer Struktur auch weiterhin bei den grundlegenden Fragen der Landesverteidigung miteinbezogen wird.

Dafür wird an dieser Stelle neu generell festgehalten, dass der Bundesrat die Führung der Armee festlegt, solange nicht ein General gewählt ist. Im geltenden Recht ist nur für den spezifischen Fall des Aktivdienstes ausdrücklich im Gesetz vorgesehen, dass der Bundesrat den Oberbefehl regelt (Art. 85 Abs. 2 MG). Heute ist der Generalstab in der Organisationsverordnung für das VBS vom
13. Dezember 1999 (SR 172.214.1) vom Bundesrat beauftragt, die Einsätze der Armee bis zur Wahl eines Generals zu planen und zu führen (Art. 6 Abs. 2 Bst. b). Diese Bestimmung würde mit der Einführung der neuen Armeeführung angepasst und soll mit dem neuen Artikel 116 Absatz 3 MG eine ausdrückliche Gesetzesgrundlage erhalten.

Artikel 117 Die Anpassung erfolgt, weil der Rüstungschef von der speziellen Statusregelung ausgenommen worden ist und die Rechtsgrundlagen für die höheren Stabsoffiziere in der neuen Bundespersonalgesetzgebung vorgesehen sind.

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Artikel 118 Die Kompetenzaufteilung zwischen Bund und Kantonen im Militärwesen wird in dieser Bestimmung nicht grundsätzlich neu geregelt. Sie erhält aber eine neue Fassung, die der Neuordnung dieses Bereichs besser entspricht.

Artikel 119 Mit dem Wegfall der kantonalen Truppen (vgl. Ziff. 10 ALB) kann der heutige Artikel 119 gestrichen werden. Systematisch soll hier im Rahmen der Revision des MG neu die nationale Sicherheitskooperation eingefügt werden. Gemäss Ziffer 5.2.1. des SIPOL B 2000 wird die Organisation der Gesamtverteidigung durch eine umfassende und flexible Sicherheitskooperation im Inland abgelöst. In diesem Rahmen haben die Verantwortlichen aller Stufen (Bund, Kantone, Gemeinden, private Organisationen) in ihrem Bereich die nötigen Massnahmen für die Prävention und Bekämpfung von Gewalt inklusive der Bewältigung von Katastrophen und Notlagen zu treffen. Alle Beteiligten sind zur bereichs- und elementsübergreifenden Zusammenarbeit verpflichtet. Artikel 119 soll die Zuständigkeitsebene des Bundes definieren und dem Bundesrat die entsprechenden Aufträge zur Koordination, zur Ausbildung und Information und zur laufenden Überprüfung der Massnahmen erteilen. Der Bundesrat soll dann die Ausbildungs-, Informations- und Überprüfungsaufträge in Zusammenarbeit mit den Kooperationspartnern erfüllen; damit wird der föderalistische Aufbau der Schweiz respektiert. Der Bundesrat soll die nationale Sicherheitskooperation durch die Lenkungsgruppe Sicherheit und durch weitere dafür bestimmte Verwaltungseinheiten sicherstellen. Die fachspezifische Koordination wird durch nationale Ausschüsse wie ABC-Schutz, Katastrophenhilfe, Lawinendienst, Requisition, Sanitätsdienst, Telematik, Verkehr und Transporte und Wetterdienst gewährleistet werden. Der Bundesrat soll zudem die partnerschaftliche Zusammenarbeit von Frauen und Männern im Rahmen der nationalen Sicherheitskooperation fördern. Ausserdem sollen die Wirksamkeit, Wirtschaftlichkeit und Angemessenheit der ergriffenen Massnahmen laufend überprüft werden.

Artikel 120 und 132 Buchstabe a Es ist vorgesehen, mit der Armee XXI ein gänzlich neues Aushebungs- beziehungsweise (neu) Rekrutierungsmodell umzusetzen. Insbesondere soll zu diesem Zweck eine Organisation mit wenigen Standorten geschaffen werden, welche das heutige Modell mit Aushebungszonen und
-kreisen ersetzen soll. Daher wird in Artikel 120 eine offenere Formulierung vorgeschlagen, welche die nötige Flexibilität für die Einführung der neuen Strukturen aufweist (vgl. Ziff. 9.1 des ALB). Eine Anpassung erfolgt aus diesem Grunde auch in Artikel 132, indem die Gemeinden von der Pflicht entbunden werden, Lokale für die Aushebung und die medizinischen Untersuchungskommissionen zur Verfügung zu stellen. Da die Inspektionen der persönlichen Ausrüstung, soweit sie noch durchgeführt werden müssen, in den Zeughäusern gemacht werden, haben die Gemeinden nur noch die Lokale für die Entlassungsinspektionen zur Verfügung zu stellen.

Artikel 134 Absatz 2, zweiter Satz, und 142 Die Regierungs- und Verwaltungsreform, die in den letzten Jahren umgesetzt worden ist, bezweckt, die Verwaltungsstrukturen anpassungsfähiger zu gestalten, die Koordination auf allen Stufen zu verbessern sowie die Verfahren zu harmonisieren und zu straffen. Sie hat die Zuständigkeiten des Bundesrates in organisatorischen 880

Belangen verstärkt. Daher soll der Bundesrat direkt vom Militärgesetz die Kompetenz zur Bezeichnung der für die Schadenerledigung zuständigen Behörden erhalten (heute geregelt in Art. 126 BVA). Es bestehen teilweise spezifische Verfahrens- und Zuständigkeitsbestimmungen für die Prüfung und Entschädigung von Land- und Sachschaden (siehe die Erläuterungen zur Revision des Bundesbeschlusses über die Verwaltung der Armee). Das Verfahren soll künftig nach Möglichkeit an das ordentliche Verwaltungsverfahren angeglichen werden. Daher erfolgt in Artikel 142 ein entsprechender Verweis auf das Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVG; SR 172.021). Die Ausnahmen dazu müssen aufgezählt werden (Abs. 1 und 2). Des weiteren wird der Bundesrat mit der Bezeichnung der zuständigen Entscheidinstanzen beauftragt (Abs. 3).

Der Rechtsweg bleibt bestehen: Die zuständige Verwaltungsstelle erlässt den erstinstanzlichen Entscheid in Form einer Verfügung. Diese Verfügung kann mit Beschwerde an die Rekurskommission des VBS weitergezogen werden (Abs. 4).

Deren Entscheid unterliegt der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht.

Im Gefolge der Regelung im MG müssen auch das Verwaltungsverfahrensgesetz und, wie erwähnt, der Bundesbeschluss über die Verwaltung der Armee (BVA; SR 510.30) angepasst werden (siehe Entwurf B). Die Angleichung an das ordentliche Verwaltungsverfahren hat zur Folge, dass zahlreiche Bestimmungen des BVA auf bundesrätlicher Stufe geregelt oder gänzlich aufgehoben werden können.

Artikel 144 Absätze 2 und 3 sowie 146 Absätze 1 und 2 Im Zuge der Neuverteilung der Vollzugsaufgaben im militärischen Bereich zwischen Bund und Kantonen sollen auch die Kompetenzen zur Beurteilung der Verschiebungsgesuche von Ausbildungsdiensten und für die Kontrollführung neu verteilt werden. Auf Gesetzesstufe soll eine flexible Regelung erscheinen, die angepasste Lösungen auf Verordnungsstufe zulässt, welche der Bundesrat gestützt auf diese Bestimmung und nach Rücksprache mit den Kantonen erlassen soll. So sollen beispielsweise nicht mehr die Kantone zuständig sein, über Gesuche um Dienstverschiebung der Rekrutenschule zu entscheiden. Indem eine zentrale Stelle im Generalstab (Untergruppe Personelles der Armee) diese Aufgabe übernimmt, kann sichergestellt werden, dass die Rekrutenschulen möglichst ausgeglichene Bestände aufweisen.
Bei den in Absatz 1 erwähnten Daten der Frauen handelt es sich um die Adressen zum Zwecke der Einladung an die Orientierungsveranstaltung. Damit die zuständigen Stellen die Adressen der Frauen des betreffenden Jahrgangs erhalten können, ist eine entsprechende Ermächtigung erforderlich. Gleichzeitig wird damit der Zweck dieser Datenbearbeitung präzisiert und eingegrenzt; eine andere als die hier genannte Verwendung der Adressen wäre aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht erlaubt.

Artikel 149 Nach Artikel 163 BV und 7 des Geschäftsverkehrsgesetzes (GVG) werden nicht referendumspflichtige Erlasse des Parlaments neu in der Form der (parlamentarischen) Verordnung erlassen. Diese Erlassform löste den Bundesbeschluss ab.

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Artikel 150 Absatz 4 (neu) Neu eingeführt wird eine ausdrückliche Delegation der Befugnis des Bundesrates, sog. Geheimschutzabkommen mit ausländischen Staaten zu vereinbaren. Bereits bisher wurden solche Vereinbarungen vom Bundesrat abgeschlossen, und zwar gestützt auf seine generelle Kompetenz zum Abschluss von Verträgen mit beschränkter Tragweite (Art. 47bisb Abs. 3 GVG). Die klarere Delegationsregelung hat keine Auswirkungen auf die rechtliche Qualifizierung der entsprechenden Abkommen.

Artikel 151 Diese Übergangsbestimmungen sollen dem Bundesrat Nachbesserungen, Anpassungen oder Änderungen im Laufe der Realisierung beziehungsweise Umsetzung der Armee 95 in die Armee XXI in vereinfachter Weise ermöglichen. So soll mittels Verordnungen in kürzester Zeit der entsprechende Handlungsspielraum geschaffen werden können, um nicht über den zeitraubenden, gesetzgebenden Weg gehen zu müssen. Damit können für die Umsetzung der Armee 95 in die Armee XXI in den Überführungsjahren optimale Bedingungen geschaffen werden. Diese Übergangskompetenzen orientieren sich an jenen, die das Parlament seinerzeit für die Einführung der Armee 95 erlassen hat.

Erläuterungen zum Anhang: Änderung bisherigen Rechts Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG) In den beiden angeführten Bestimmungen ist der Hinweis auf das Militärverwaltungsverfahren, das wegfällt, zu streichen. In diesen Bereichen gilt neu das ordentliche Verwaltungsverfahren, allerdings mit den beiden Ausnahmen, die in Artikel 142 MG festgehalten werden (Kostenregelung sowie vereinfachtes Verfahren bei der Haftung der Formationen).

Militärstrafprozess (MStP) Der Ersatz des Ausdrucks Divisionsgericht(e) ist durch die Abschaffung der Divisionen bedingt. Da es in der Armee XXI keine Divisionen mehr geben wird, ist der Begriff des Divisionsgerichtes obsolet geworden und bedarf der Änderung. Der Begriff «Divisionsgericht» wird somit durch den Begriff «Militärgericht erster Instanz» ersetzt. Materiell bedeutet dies keine Änderung, da von der Kompetenzordnung her nichts verändert wird. Die Bezeichnungen der Rechtsmittelinstanzen (Militärappellationsgerichte und Kassationsgericht) bleiben gleich, da diese Begriffe rechtsmittelbezogen und daher funktional sind und von der Armeereform XXI nicht betroffen werden.

Des weitern wird Artikel
3 MStP revidiert. Da die Armeereform XXI auch eine Änderung der Dienstleistungen des einzelnen Armeeangehörigen beinhaltet und der Rhythmus der Wiederholungskurse ändert, müssen die Voraussetzungen für die Einteilung von Unteroffizieren, Gefreiten und Soldaten in die Militärjustiz angepasst werden. Neu wird der Armeeangehörige nicht mehr mindestens vier Wiederholungskurse absolvieren müssen, um in die Militärjustiz eingeteilt werden zu können.

882

2.2

Verordnung über die Verwaltung der Armee

Nach dem heutigen Artikel 142 ist die Bundesversammlung zuständig für den Erlass der Bestimmungen über das Militärverwaltungsverfahren. Dieses Verfahren ist anwendbar auf Ansprüche verwaltungs- und vermögensrechtlicher Art des Bundes oder gegen den Bund, die sich auf das MG abstützen. Die entsprechende Regelung findet sich im vorliegenden Bundesbeschluss (BVA; SR 510.30) und seinen Ausführungsbestimmungen.

In Artikel 168 der Verordnung über die Verwaltung der Armee (VVA; SR 510.301) sind die erstinstanzlichen Entscheidorgane aufgeführt. Das Generalsekretariat des VBS entscheidet über die Ansprüche, wenn keine andere Behörde zuständig ist (Generalklausel in Abs. 1 Bst. a). Die Zuständigkeit des Generalsekretariats ergibt sich ausserdem aus Artikel 104 BVA für Unfallschäden.

Die Schatzungskommissionen und die Feldkommissäre entscheiden über Entschädigungen bei Schäden an Kulturen, Grundstücken, Bauten und Mobilien, sofern diese Schäden nicht durch einen Unfall verursacht worden sind (Land- und Sachschaden nach Art. 86 ff. BVA). Geringfügige Schäden dieser Art können auch durch die Truppe selbst entschädigt werden.

Die heutige Regelung weist keine einleuchtende Systematik auf, indem sie die im schweizerischen Haftpflichtrecht sonst übliche Unterscheidung in Personenschaden, Sachschaden und anderen Schaden nicht kennt. Vielmehr werden die Kriterien vermischt und gleichzeitig nach der Art des Schadens (Personen- oder Sachschaden), der Verursachung (Unfall oder nicht, Fahrlässigkeit, mangelhafter Unterhalt bzw.

Verlust), der Schadengrösse (bestimmter Schadensbetrag) oder nach der Art der beschädigten Gegenstände (Schiffe, Flugzeuge, Pferde, Hunde) unterschieden. Diese mangelhafte Systematik führt zu einer künstlichen Aufteilung der Zuständigkeiten unter einer grossen Anzahl von Stellen und Behörden (vgl. Art. 168 VVA).

Gegenwärtig wird eine Neuorganisation des Schadenwesens geprüft. Insbesondere wird untersucht, ob die Schatzungskommissionen, die nach zehn Schatzungskreisen gegliedert sind und unter der Oberaufsicht des Oberfeldkommissärs stehen, ihre Strukturen und Aufgaben beibehalten sollen. Künftig soll der Bundesrat für die organisatorischen und verfahrensmässigen Regelung des militärischen Schadenwesens zuständig sein. Daher sollen die widersprechenden Bestimmungen des BVA aufgehoben werden.
Das Militärverwaltungsverfahren ist nicht anwendbar auf Haftungsansprüche nach Spezialgesetzen, die jeweils ihre eigenen Verfahrensbestimmungen enthalten.

Schliesslich sollen die Teilnehmer an der Rekrutierung besoldet werden. Daher wird der Ausschluss der Soldberechtigung in Artikel 12 Ziffer 1 BVA gestrichen.

2.3

Verordnung über die Armeeorganisation

Artikel 1 Der Grundsatz, wonach die Armeeorganisation sich nach dem Auftrag zu richten hat, wird aus der heutigen AO übernommen. Dieser Auftrag ist in Artikel 1 MG umschrieben. Eine Ausnahme besteht hinsichtlich der Lehrverbände, die ausschliesslich

883

für die Ausbildung gebildet werden (ALB Ziff. 8.2). Im übrigen ist jedoch die Armeeorganisation einsatzbezogen auszurichten.

Artikel 2­4 Entsprechend den Erläuterungen im ALB (Ziff. 4.3 und 9.1) soll sich die Armee aus einem aktiven Teil und einer Reserve zusammensetzen. Zur aktiven Armee gehören alle Militärdienstpflichtigen, solange sie ihre Ausbildungsdienstpflicht noch nicht erfüllt haben (somit auch die Rekruten), und das militärische Personal. Offiziere können schon vorher zur Reserve umgeteilt werden, weil sie auch in der Reserve noch Ausbildungsdienste zu leisten haben. Allerdings sollen die Offiziere der Reserve höchstens für wenige Tage pro Jahr zu Dienstleistungen aufgeboten werden, etwa zu Informationsveranstaltungen, Dienstrapporten oder zur Führungs- und Stabsausbildung. Im Unterschied zur heutigen Personalreserve ist vorgesehen, dass die in der Reserve eingeteilten Armeeangehörigen, mit Ausnahme der Offiziere, nicht ausbildungsdienstpflichtig sind, aber in spezielle Formationen der Reserve eingeteilt werden können. Die Reservisten bleiben aber ausgerüstet und haben die entsprechenden ausserdienstlichen Pflichten für die Aufbewahrung und den Unterhalt ihrer Ausrüstung zu erfüllen. Die Angehörigen der Mannschaftsdienstgrade und die Unteroffiziere bleiben auch schiesspflichtig, solange sie mit dem Sturmgewehr ausgerüstet sind (Art. 63 MG).

Artikel 5 Die ganze Armee soll über einen Bestand von höchstens 220 000 Militärdienstpflichtigen verfügen. Davon sind höchstens 140 000 der aktiven Armee vorbehalten und höchstens 80'000 der Reserve (ALB Ziff. 9.1). Wie schon heute zählen u. a. die Stäbe des Bundesrates (Stab APF, NAZ und Informationszentrale) nicht zum Bestand der Armee.

Artikel 6 Da der Bundesrat nach Artikel 116 Absatz 3 MG die Führung der Armee bis zur Wahl eines Generals festlegen soll, wird die Armeeführung in Absatz 1 Buchstabe a nur noch generell aufgeführt. Sie besteht aus dem Chef der Armee, dem der Generalstab mit dem Führungsstab der Armee unterstellt ist.

Dem Chef der Armee soll die Führung der Armee und deren Verwaltung bis zur Wahl eines Oberbefehlshabers obliegen. Er soll das Bindeglied zwischen dem Vorsteher des VBS (politische Funktion) und der Armee bilden. Ausserdem soll er die Interessen der Armee auch vor den Kommissionen des Parlaments vertreten und den
Bundesrat im Rahmen des sicherheitspolitischen Dialogs beraten. Schliesslich wird er die Verantwortung für die Ressourcenplanung und ­zuweisung an seine Unterstellten tragen. Der Generalstab soll den militärstrategischen Stab für Planung, Steuerung und Vorgaben bilden. Ihm soll namentlich die Entwicklung der Militärstrategie und der Doktrin obliegen, zudem hat er die Vorgaben für die Grundbereitschaft sowie die Fähigkeit zur Zusammenarbeit auszuarbeiten, die militärische Gesamtplanung zu gewährleisten und die Grundlagen zur Personalbewirtschaftung vorzulegen. Dem Führungsstab der Armee obliegt als militärischem Stab der operativen Ebene für die Armeeeinsätze die permanente strategische Beurteilung der Lage, die Vorgaben und die Steuerung der Einsatzbereitschaft sowie die ständige Führungsbereitschaft (ALB Ziff. 7.2).

884

Die in Absatz 1 Buchstabe b aufgeführten Gliederungselemente Heer und Luftwaffe sollen fortan die beiden Teilstreitkräfte der Armee bilden (ALB Ziff. 7). Da die AO die Gliederung der Armee enthält, werden hier die entsprechenden Führungsstäbe und Lehrverbände aufgeführt. Daneben bestehen die Verwaltungseinheiten Heer und Luftwaffe innerhalb des VBS. Die Organisation und die Aufgaben dieser Verwaltungseinheiten werden durch den Bundesrat festgelegt.

Nach Absatz 2 kann der Bundesrat die Truppenkörper und Einheiten den Lehrverbänden (Abs. 1 Bst. c) oder den Brigaden in der Grundgliederung (Abs. 1 Bst. d) unterstellen. Der Bundesrat sieht vor (Ziff. 4.2 ALB), diese Unterstellungen nach regionalen Kriterien vorzunehmen. Den Stäben der Territorialregionen sollen hingegen keine Truppen fest unterstellt werden. Die Module der Luftwaffe sowie der übrigen Truppengattungen werden dagegen den Lehrverbänden unterstellt. Es handelt sich hier um eine Mischlösung, die sich schwerlich in eine Rechtsnorm eines Parlamentserlasses fassen lässt. Die technischen Ausführungserlasse des Bundesrates sind dazu das geeignetere Gefäss. Diese Lösung ermöglicht es auch, künftigen Entwicklungen beziehungsweise Akzentverschiebungen in effizienter Art und Weise Rechnung zu tragen.

Artikel 7 In Absatz 1 werden die Begriffe Truppengattungen und Dienstzweige umschrieben; sie unterscheiden sich dadurch, dass bei ersteren eine Rekrutenschule durchgeführt wird, während bei den Dienstzweigen die spezifische Ausbildung nach der Absolvierung einer Grundausbildung stattfindet.

Mit der Armeereform XXI soll auch die Struktur der Truppengattungen und Dienstzweige erhebliche Änderungen erfahren, indem einige Elemente wegfallen oder zumindest ihre Bezeichnung ändern. Neu sollen auch die Berufsformationen unter dieser Bestimmung aufgeführt werden (Abs. 2 Bst. b). Darunter fallen Teile der Formationen der Luftwaffe (z.B. das bisherige Überwachungsgeschwader) sowie das Armee-Aufklärungsdetachement und Teile der Katastrophenhilfe-Bereitschaftskompanien. Teile der Militärpolizeiverbände (nämlich die ehemaligen Einsatzzüge des Festungswachtkorps) werden professionalisiert und müssen hier ebenfalls aufgeführt werden.

Der Bundesrat soll neu auch die Kompetenz erhalten, Truppengattungen und Dienstzweige aufzuheben. Bisher war dies dem Parlament
vorbehalten. Mit der Neuregelung erfolgt diesbezüglich eine flexiblere Lösung.

Artikel 8 In diesem Artikel werden die Bestimmungen über die Stäbe des Bundesrates übernommen, die heute im MG stehen (Art. 96). Da sie die Armeeorganisation betreffen, gehören sie systematisch in die AO.

Artikel 9 Während das Parlament in der vorliegenden Parlamentsverordnung die Grundzüge der Armeeorganisation festlegt, obliegt dem Bundesrat die Regelung der Strukturen.

Das VBS soll wie bis anhin gewisse Gliederungen sowie Ausgleichsmassnahmen vornehmen.

885

Artikel 10 Weil die Armee erheblich verkleinert und die kantonalen Truppen aufgehoben werden, kann bei der Zusammensetzung der Truppenkörper und Formationen nicht mehr auf die Kantonsgebiete abgestellt werden. Nach Möglichkeit sollen jedoch dabei die Regionen berücksichtigt werden (ALB Ziff. 2.3 «Kantonale Kompetenzen»).

Da mit der Reduktion der Bestände und der Herabsetzung der Altersgrenze für die Militärdienstpflicht eine spezielle Regelung für Dispensationen nicht mehr notwendig ist, kann der bisherige Artikel 7, der die Anzahl der Dispensationen begrenzt, gestrichen werden.

2.4

Bundesgesetz über die Wehrpflichtersatzabgabe

Titel Sprachliche Anpassung an den französischen (taxe d'exemption) und italienischen (tassa d'esenzione) Text.

Artikel 4 Absatz 1 Buchstaben c und d Hier geht es um die Übernahme der in der vorgeschlagenen Revision des Militärgesetzes verankerten Begriffe «militärisches Personal» (Art. 47) sowie «Mannschaftsdienstgrade» (Art. 102).

Artikel 4a Absatz 2 Absatz 2 bringt eine Anpassung an das Militärrecht. Gemäss Verordnung vom 7. Dezember 1998 über das militärische Kontrollwesen (VmK; SR 511.22) benötigen Wehrpflichtige ab 1. Februar 1999 erst dann einen Auslandurlaub, wenn sie sich länger als zwölf Monate ins Ausland begeben wollen und sich auch zivilrechtlich bei der Gemeinde ins Ausland abmelden. Mit der vorgeschlagenen Ergänzung wird sichergestellt, dass auch ersatzrechtlich nur effektive Auslandurlaube angerechnet werden.

Artikel 7 Absätze 2 und 3 Buchstaben a und c Absatz 2 soll gestrichen werden, weil die Ersatzbehörde künftig mit der elektronischen Quittierung auf das Dienstbüchlein verzichten und ganz auf PISA abstellen will (in PISA sind die Spital- und Sanatoriumstage nicht enthalten). Im Übrigen haben mit der in der Revision 1994 eingeführten grosszügigeren Berücksichtigung der geleisteten Diensttage bei der Ermässigung der Ersatzabgabe diese einzelnen Spital- und Sanatoriumstage an Bedeutung verloren. Buchstaben a und c von Absatz 3 lehnen sich an Neuregelungen im Militärgesetz an (Ersatz von Ausdrücken und Art. 47 Abs. 2).

Artikel 13 Absatz 1 Im Sinne der Wehrgerechtigkeit soll der Ansatz von 2 auf 3 % angehoben werden, weil in der Armee XXI die Gesamtdienstleistungspflicht gegenüber Armee 95 ungefähr gleich bleibt, diese hingegen in einer viel kürzeren Zeitspanne zu erbringen ist.

886

Artikel 22 Absätze 2 und 5 (neu) Der bisherige Absatz 2 wird in Artikel 23, welcher die Zuständigkeit regelt, integriert. Mit dem neuen Absatz 5 soll auf Gesetzesstufe die Möglichkeit geschaffen werden, dass einzelne Kantone ihre Wehrpflichtersatzabgabeverwaltungen zusammenlegen können.

Artikel 23 In Absatz 1 werden die bisherigen Absätze 2 von Artikel 22 und 1 und 3 von Artikel 23 zusammengefasst. Der bisherige Absatz 4 wird zu Absatz 2.

Artikel 25 Absatz 3 Aufgrund des neuen Veranlagungs- und Bezugsverfahrens nach den Artikeln 32­ 32c ist der bisherige Verweis auf Artikel 28 Absatz 2 zu streichen.

Artikel 28 Sachüberschrift und Absatz 2 Mit dem Übergang von der provisorischen Veranlagung zum provisorischen Bezug ist der bisherige Absatz 2 zu streichen. An seine Stelle tritt Artikel 116 Absatz 2 DBG, welcher die Eröffnung von Veranlagungsverfügungen an Ersatzpflichtige mit unbekanntem Aufenthalt oder mit Aufenthalt im Ausland regelt.

Artikel 32 Hier werden Teile aus Artikel 161 DBG übernommen. Insbesondere wird neu ein allgemeiner Fälligkeitstermin ins Gesetz aufgenommen.

Artikel 32a Mit diesem Artikel wird das neue Bezugsverfahren verankert; er entspricht Artikel 162 DBG.

Artikel 32b Hier werden Teile aus Artikel 163 DBG übernommen. Insbesondere wird festgehalten, dass die Zahlungsfrist neu 30 Tage beträgt und damit mit der Einsprachefrist in Einklang ist.

Artikel 32c Übernahme von Artikel 164 DBG. Analog der direkten Bundessteuer ist künftig bei nicht fristgerechter Bezahlung der Ersatzabgabe ein Verzugszins geschuldet.

Artikel 33 Die bisherige Verwarnung ist noch ein Relikt aus der Zeit der Überweisung an den Strafrichter (mit der Revision 1994 abgeschafft). Wir sprechen neu nur noch von erster und zweiter Mahnung und übernehmen auch hier das Recht der direkten Bundessteuer. Nicht mehr wie bisher wird die Gebühr für die zweite Mahnung zwingend vorgeschrieben. Die Gebührenerhebung soll in der Kompetenz des Kantons liegen. Die Höhe der Gebühr wird wie bisher in der Verordnung festgeschrieben.

887

Artikel 34 Übernahme von Artikel 165 DBG, d.h. textliche Anpassung der bisherigen Bestimmung im Sinne einer Übereinstimmung mit dem DBG.

Artikel 34a Diese Bestimmung entspricht Artikel 168 DBG und regelt die Verzinsung bei der Rückforderung irrtümlich bezahlter Ersatzabgaben.

Artikel 37 Absatz 1 Der bisherige Absatz 1 wird ergänzt. Mit dieser Ergänzung wird die Möglichkeit geschaffen, bei Verlängerung der Zahlungsfrist oder bei Ratenzahlung von der Erhebung von Zinsen abzusehen.

Artikel 39 Absatz 5 (neu) Absatz 5 übernimmt die bisher auf Verordnungsstufe festgeschriebene Regelung, wonach auf Rückerstattungen bei Dienstnachholungen kein Zins vergütet wird. Dies lässt sich damit begründen, dass der Wehrpflichtige, der einen Dienst verschiebt, gleichsam mit der Ersatzabgabe ein Pfand gibt; dieses Pfand löst er mit der Dienstnachholung (zinsfrei) wieder aus.

Artikel 45 Absatz 2 Absatz 2 übernimmt die Regelung nach Artikel 196 DBG, wonach ebenfalls die Zinsen in die Abrechnung mit dem Bund miteinbezogen werden.

Artikel 4a Absatz 1 Buchstabe b, 21 Absatz 2, 39 Absatz 3, 44 Absatz 2 und 45 Absatz 1 Hier geht es um sprachliche Anpassungen; wo bisher von Wehrpflichtersatz die Rede war, soll künftig von Wehrpflichtersatzabgabe gesprochen werden.

3

Auswirkungen

3.1

Finanzielle Auswirkungen

Die Armee hat die von ihr geforderten Leistungen möglichst kostengünstig zu erbringen. Modernisierung, Ausrüstung und Betrieb einer Armee, die dem Auftrag, der Lage und der Doktrin entspricht sowie mit dem technologischen Fortschritt Schritt hält, sind aber mit erheblichen Kosten verbunden. Es sind auch die potentiellen Risiken, die den Investitionsbedarf definieren.

Es ist auf Grund der technologischen Entwicklung möglich und angezeigt, die Armee zu verkleinern, ohne ihre Fähigkeiten erheblich zu schmälern. Dadurch werden zwar Kosten verringert; diese Mittel müssen aber für eine stetige Modernisierung von Ausrüstung und Bewaffnung verwendet werden.

Eine echte Verringerung der finanziellen Aufwendungen für die Armee liesse sich durch den Verzicht auf gewisse Fähigkeiten erreichen. Damit würde indessen auch die Fähigkeit der Armee zur autonomen Verteidigung herabgesetzt und der Druck verstärkt, in der Verteidigung mit anderen Staaten zu kooperieren.

888

3.1.1

Auf den Bund

Mittelausstattung und geforderte Leistungsfähigkeit müssen einander entsprechen.

Dabei sind nicht nur die beim Bund anfallenden Ausgaben, sondern auch die Aufwendungen der Kantone und Gemeinden sowie der privaten Unternehmen und Haushalte zu berücksichtigen. Bei der Bemessung der finanziellen Mittel für die Armee berücksichtigt der Bundesrat den rüstungsseitigen Nachholbedarf ebenso wie Einsparungspotentiale. Für die Übergangsphase von der Armee 95 zur Armee XXI sollen sich die finanziellen Aufwendungen für die Armee im Rahmen des aktualisierten Voranschlages und Finanzplans bewegen. Im Verteidigungsbereich ist finanzielle Planungssicherheit Voraussetzung für die Erhaltung der Fähigkeiten der Armee. Wenn ausserordentliche Umstände eintreten, ist eine finanzpolitische Neubeurteilung jederzeit möglich.

Die Armee hat bei den Investitionen, namentlich bei der Rüstung einen Nachholbedarf, weil die Budgetkürzungen im vergangenen Jahrzehnt schneller erfolgten als sie betrieblich umgesetzt werden konnten. Dies hatte zur Folge, dass der Anteil der Betriebsausgaben im Verteidigungsbudget zunahm, während der Anteil der Rüstungsausgaben zurückging: 00% 90% 80% 70% 60%

54% 53%

52%

51%

50% 48%

50%

49%

46%

40%

39%

40%

45%

39%

42% 35%

30%

37%

37%

20%

- Anteil Betriebsausgaben

10%

- Anteil Rüstungsausgaben

0% 90

91

92

93

94

95

96

97

98

99

00

V01

V02

P03

P04

P05

Anteil von Betriebs- und Rüstungsausgaben am Verteidigungsbudget Ein erster markanter Rückgang resultierte aus den Kürzungen, die durch den Wegfall der konkreten militärischen Bedrohung möglich wurden, ein zweiter mit der Umsetzung der Armee 95, ein dritter mit dem Stabilisierungsprogramm 1998. Weil die Betriebsausgaben nicht kurzfristig gekürzt werden konnten, mussten die Rüstungsausgaben verringert werden, was zu einem strukturellen Ungleichgewicht geführt hat.

Die mittel- bis langfristige Finanzplanung der Armee XXI wurde nun auf die im ALB beschriebenen Leistungen ausgerichtet. Die Analyse ergibt zusammen mit den im Bundesratsbeschluss vom 31. Mai 2000 zu den Politischen Leitlinien des

889

Bundesrates zum Armeeleitbild XXI geforderte Vergleichbarkeit im europäischen Umfeld, die Notwendigkeit einer massiven Senkung der Betriebsausgaben zu Gunsten eines höheren Investitionsanteils.

Die Überlegungen machen deutlich, dass es in den nächsten Jahren darum geht, das strukturelle Ungleichgewicht zwischen Rüstungs- und Betriebsausgaben zu beheben und den Anteil der militärischen Investitionen an den Gesamtausgaben deutlich zu steigern. Für die Weiterentwicklung der Armee wird entscheidend sein, wie rasch es gelingt, das Ungleichgewicht zu beheben. Dabei sind unter anderem die Defizite in den Bereichen Führung und Aufklärung «Hochtechnologie» aus den freiwerdenden Mitteln im Bereich der zahlenmässigen Reduktion «Konventioneller Systeme» zu decken und die Mittel für eine Erhöhung des Anteils an militärischem Personal, den Übergang zum Einjahresrhythmus der Wiederholungskurse, die Intensivierung der Friedensfördernden Operationen und die Kosten der Ausbildung im Ausland freizustellen. Der Trend zur «Hochtechnologie» ist zwingend, weil dadurch fehlende Quantität durch Qualität im Sinne der «Force Multiplier» kompensiert wird. Beispiele sind: ­

Nachtkampftauglichkeit

­

Führungs- und Informationssysteme

­

Sensoren im Verbund mit Führungs- und Informationssystemen

­

Kampfwertsteigerungsmassnahmen (z. B. Helmvisier für F/A ­ 18 Piloten)

­

Überwachungssysteme für Objektschutzaufgaben

­

Simulatoren

Bei einer realen Plafonierung der verfügbaren Mittel setzt das eine deutliche Senkung und Umschichtung der Betriebsausgaben voraus. Schlüsselfaktoren dazu sind die Senkung der Personalausgaben sowie die Minimierung der Sachausgaben.

Im Sinne einer indikativen Planung gehen wir von folgenden jährlichen Werten aus: Personalausgaben

1,2 Milliarden Franken

Sachausgaben

1,3 Milliarden Franken

Rüstungsausgaben

1,8 Milliarden Franken

Total

4,3 Milliarden Franken

Einsparungspotentiale und Restrukturierungskosten An dieser Stelle sind die längerfristigen Einsparungspotentiale in der armeeweiten Logistik, in der Verwaltung und in der Rüstungsbeschaffung zu erwähnen. In der Logistik und in der Verwaltung wird es mittelfristig zu einem erheblichen Um- und Abbau kommen (vgl. dazu Kapitel 3.2). Bestandes- und volumenabhängige Aufgaben werden sich als Folge der Verkleinerung der Armee verringern.

Doppelspurigkeiten sollen eliminiert, Synergien durch organisations- bzw. stufenübergreifende Prozesse genutzt werden. Die Prozesse sollen systematisch auf die Leistungsabnehmer ausgerichtet und die Kosten gleichzeitig minimiert werden.

Nicht zwingend in den Verteidigungsbereich gehörende Leistungen sollen ausgelagert werden. In der Rüstungsbeschaffung geht es vor allem um eine Beschleunigung des Rüstungsablaufs, eine weitergehende Kostenoptimierung im Beschaffungs-

890

wesen. Eine Lockerung der Auflagen im Bereich Regionalpolitik und schweizerische Industriebeteiligungen ist Vorausetzung für eine weitere Kostenoptimierung.

Nach der Einführung und Konsolidierung der neuen Armee sowie der entsprechenden Anpassung der Verwaltungsstrukturen bis ins Jahr 2010 ist insgesamt mit einem grob geschätzten Einsparungspotential von rund 500 bis 600 Millionen Franken zu rechnen. Es soll zur beschriebenen und strategisch unabdingbaren Erhöhung des Rüstungsausgabenanteils dienen.

Ein Teil der Einsparungen ergibt sich aus dem erwähnten Um- und Abbau im Personalbereich. Nach heutigen Einschätzungen kann bei den Personalausgaben trotz Aufwuchs beim militärischen Personal mit Minderausgaben zwischen 250 und 300 Millionen Franken gerechnet werden. Die Sachausgaben nehmen vermutlich gegen 100 Millionen Franken ab. Die Optimierungen der Beschaffungsprozesse führen zu voraussichtlichen Einsparungen von 150 bis 200 Millionen.

Den Einsparungspotentialen stehen erhebliche Restrukturierungskosten gegenüber.

Die Mittel werden vor allem für die zu ergreifenden Sozialplanmassnahmen eingesetzt. Aus Erfahrung lässt sich der Bedarf in Abhängigkeit des Abbauzeitraumes auf ca. 0.5­1 Milliarden Franken oder rund 100 Millionen Franken pro Jahr beziffern.

Nachholbedarf Als Nachholbedarf werden die zusätzlich zur vorhandenen Ausrüstung benötigten Rüstungsgüter zur materiellen Sicherstellung der «aktiven» Armee XXI in der Startkonfiguration (Stichtag 1. Januar 2004) bezeichnet. Darin enthalten ist der Bedarf der Reserve für die Sicherstellung der Zusammenarbeit mit der aktiven Armee. Die Grundausbildung in Schulen und Kursen sowie der Einsatz von Durchdienerverbänden wird, sofern es sich nicht um Spezialausrüstung handelt, mit Material der aktiven Armee bestritten.

Der Nachholbedarf ist bis ca. 2010 zu decken. Er ergibt sich einerseits aufgrund der aus der Armee 95 in die Armee XXI überführten, teilweise neu gegliederten Verbände, deren in Armee 95 nicht realisierten Ausrüstung (z. B. neuer Kampfschützenpanzer für Panzergrenadiere, Radschützenpanzer für motorisierte Infanterie), andererseits aus den im Armeeleitbild 95 beschriebenen Fähigkeiten, die nie erreicht oder aufgebaut wurden und in der Armee XXI nach wie vor notwendig sind (z. B.

bodengestützte operative Feuermittel ­ Armeeleitbild 95,
Seite 92).

Die Ergebnisse der Kostenschätzung erreichen beim gegenwärtigen Planungsstand eine Zuverlässigkeit von ca. 80 %. Anpassungen im Rahmen der (Detail-) Umsetzungsplanung sind zu erwarten. Wir gehen davon aus, dass der Nachholbedarf innerhalb der nächsten 10 Jahre zu realisieren ist. Die Kostenschätzung berücksichtigt die Preisbasis 2000. Die Zahlenwerte sind demnach über die nächsten 10 Jahre nicht teuerungsbereinigt.

Diese Überlegungen führen zum Schluss, dass sich zur Realisierung der Startkonfiguration Armee XXI bis ca. 2010 ein Nachholbedarf von rund 5 Milliarden Franken ergeben wird. Nicht berücksichtigt ist der Führungsverbund der aktiven Armee mit den Reserveverbänden.

891

Weiterentwicklungsbedarf Für die Berechnung des Weiterentwicklungsbedarfs wird davon ausgegangen, dass mit der aktiven Armee Aufträge im Leistungsspektrum Beiträge zur internationalen Friedensunterstützung und Krisenbewältigung, subsidiäre Einsätze zur Prävention und Bewältigung existenzieller Gefahren bis zur Raumsicherung aus dem Stand innerhalb von Monaten erfüllt werden müssen. Für das Erreichen der Bereitschaft zum Erfüllen des Verteidigungsauftrages stehen hingegen Jahre zur Verfügung.

Konsequenz aus diesen Überlegungen ist die materielle und ausbildungsmässige Bereitschaft für die entsprechenden Aufträge im Bereich der Raumsicherung inklusive Kernkompetenzen für den Verteidigungseinsatz, die während einer Aufwuchsphase von wenigen Jahren nicht aufgebaut werden können.

Entsprechend wurde mit einem zum Nachholbedarf analogen Vorgehen der Weiterentwicklungsbedarf der Armee XXI für die nächsten 15 Jahre erhoben. Die Mittel sollen aus heutiger Sicht unter anderem für Führungs- und Informationssysteme, ein neues Kampfflugzeug und neue Flugkörperabwehrmodule eingesetzt werden. Zur Realisierung der Zielkonfiguration Armee XXI bis spätestens 2015 ergibt sich dabei ein Weiterentwicklungsbedarf von rund 25 Milliarden Franken.

Zusammenfassend beträgt der gesamte investive Bedarf zur materiellen Sicherstellung der Armee XXI in den nächsten 15 Jahren nach heutigen Berechnungen rund 30 Milliarden Franken. Diese Überlegungen zeigen, dass das aus dem Auftrag abgeleitete Leistungsprofil mit dem geforderten Ausbildungs- und Ausrüstungsniveau nur mit einer im Vergleich zu heute massiven Erhöhung des Investitionsanteils und ohne weitere Budgetreduktionen erreichbar ist. Aufgrund der zahlreichen Unwägbarkeiten im aktuellen sicherheitspolitischen Bereich sowie des langen Planungshorizonts bei einschneidenden Reformschritten können sich Annahmen und damit die geschätzten Zahlen verändern. Wie die Restrukturierungskosten ist der Nachholund Weiterentwicklungsbedarf grundsätzlich im Rahmen der Finanzplanungen des VBS aufzufangen. Bei sich markant verändernden Bedrohungsszenarien müssen jedoch Neubeurteilungen vorbehalten bleiben.

Mittelkürzungen gegenüber der aktuellen Planung gefährdeten hingegen die Planungssicherheit und die Reform selber. Darüber hinaus könnten die Effizienzsteigerungen nicht erreicht werden
und ein tieferer Technologielevel oder gar Verzicht auf Sicherheitsleistungen müsste hingenommen werden.

Die Rücknahme der Wehrpflichtdauer für Mannschaftsdienstgrade und Unteroffiziere führt bei der Wehrpflichtersatzabgabe ab 2005 zu Mindererträgen in der Grössenordnung von 75 Millionen Franken. Davon entfallen 80 Prozent oder 60 Millionen Franken auf den Bund und 20 Prozent oder 15 Millionen Franken auf die Kantone.

3.1.2

Auf die Kantone

Die finanziellen Auswirkungen auf die Kantone können zum jetzigen Zeitpunkt nicht verlässlich quantifiziert werden. Die Funktionen und Aufgaben der kantonalen Militärbehörden im Bereich der Militärverwaltung sollen jedoch im Rahmen von Leistungsvereinbarungen wenn immer möglich kostendeckend geregelt werden. Auf

892

den Ausfall bei den Erträgen der Wehrpflichtersatzabgabe wurde in Kapitel 3.1.1 hingewiesen.

3.2

Personelle Auswirkungen

3.2.1

Auf den Bund

Die Armeereform hat erhebliche Auswirkungen auf das Personal des VBS. Mit der Bestandesreduktion der Armee XXI wird auch der Bestand des Personals in den Bereichen Verwaltung, Betrieb und Unterhalt erheblich reduziert werden müssen.

Als flexible Planungsgrundlage wird beim zivilen Personal mit einem Abbau von rund 2000 Stellen gerechnet. Demgegenüber ist beim militärischen Berufspersonal und bei den militärischen Fachlehrern ein Aufbau erforderlich, um eine hochstehende Qualität der militärischen Ausbildung in den Schulen und Kursen sicherzustellen.

Die Planung sieht beim militärischen Berufspersonal einen Aufbau von heute rund 3300 auf rund 4000 Stellen vor. Für diesen Personalaufbau sind nebst dem effektiven Abbau von 2000 Stellen weitere rund 2000 Stellen umzubauen. Zusammen mit den Verschiebungen von Aufgaben und Standorten werden somit im Rahmen Armee beziehungsweise VBS XXI mehr als die Hälfte der Mitarbeitenden des VBS von Personalmassnahmen betroffen sein.

Der Personalab- und -umbau wird bis ins Jahr 2010 dauern und soll sozialverträglich erfolgen. Wie bei EMD 95 wird ein Sozialplan zur Anwendung kommen und für die Personalmigration werden im VBS einheitliche Grundsätze gelten. Die anfallenden Restrukturierungskosten inklusive der Sozialplankosten werden innerhalb der Finanzplanung für die Armee XXI aufgefangen.

Während der Umbauphase Armee XXI / VBS XXI wird der Personalaufwand vorübergehend eine Aufstockung erfahren, welcher durch das VBS bei den übrigen Ausgaben zu kompensieren ist.

Beim Wehrpflichtersatz wird sich für den Bund als Aufsichtsbehörde die Reduktion der Zahl der Ersatzpflichtigen auf Grund der Rücknahme der Wehrpflichtdauer kaum auswirken, weil die Aufgaben (Inspektionen, Beratungen) im gleichen Umfang auch künftig wahrgenommen werden müssen.

3.2.2

Auf die Kantone

Die kantonale Mitverantwortung ist aus staatspolitischen und wehrpsychologischen Gründen von zentraler Bedeutung. Sie wird daher beibehalten. Die Armee XXI hat aber Auswirkungen auf die kantonale Mitverantwortung. Diese soll angepasst werden. Die kantonale Mitverantwortung kommt in erster Linie im Bereich der Militärverwaltung zum Tragen. Dabei übernehmen beziehungsweise behalten die kantonalen Militärbehörden im Rahmen von Leistungsvereinbarungen diverse Funktionen und Aufgaben nach dem Wohnortsprinzip (vgl. ALB Ziff. 10).

Die personellen Auswirkungen sind damit abhängig von den noch abzuschliessenden Leistungsvereinbarungen und damit insbesondere davon, wie weit die einzelnen Kantone im Rahmen der vorgesehenen Leistungsvereinbarungen Aufgaben übernehmen wollen und können. Dabei sollte es, bei entsprechender Leistungsbereit-

893

schaft und Organisation des jeweiligen Kantons, an sich möglich sein, dass die Leistungsvereinbarung für den Kanton bezüglich personeller Auswirkungen neutral ausfallen wird. Aufgrund der wesentlichen Verkleinerung der Armee ist aber ein Personalabbau auch bei den Kantonen nicht auszuschliessen.

Im Bereich des Wehrpflichtersatzes werden sich für die Kantone einerseits der Rückgang der Zahl der Ersatzpflichtigen von heute rund 400 000 auf etwa 200 000 im Rahmen der Armee XXI und anderseits die mit dieser Revision vorgeschlagenen Änderungen im Veranlagungs- und Bezugsverfahren auswirken. Über das Ausmass der Auswirkungen lassen sich aber keine Aussagen machen, weil die Kantone unterschiedliche Organisationstrukturen für die Veranlagung und den Bezug der Ersatzabgabe haben.

3.3

Volkswirtschaftliche Auswirkungen

Die Armee stellt einen wichtigen volkswirtschaftlichen Faktor dar. Das Auftragsvolumen der Armee für Materialbeschaffungen, Bauten, Erwerb von Dienstleistungen und anderes mehr generiert in allen Regionen der Schweiz ein beachtliches Auftragsvolumen. Wie weiter oben dargestellt, bewegen sich die Gesamtausgaben für die Armee in den aktualisierten Finanzplanwerten. Die beschriebenen Verlagerungen von den Betriebs- zu den Investitionsausgaben und von den konventionellen Systemen zur Hochtechnologie wird die Auftragsstruktur jedoch verändern.

4

Legislaturplanung

Die Vorlage ist im Bericht über die Legislaturplanung 1999­2003 vom 1. März 2000 unter Ziel 4 «Umsetzung der neuen Sicherheitspolitik: Sicherheit durch Kooperation» als Richtliniengeschäft angekündigt (BBl 2000 2287).

5

Europäisches Recht und Tendenzen der europäischen Sicherheitspolitik

Die Sicherheits- und Verteidigungspolitik bildet in der Europäischen Union (EU) nach wie vor eine nationale Domäne jedes Mitgliedstaates. Entsprechende innerstaatliche Regelungen werden daher vom Recht der EU grundsätzlich nicht berührt.

Die Bestimmungen über die Gemeinsame Aussen- und Sicherheitspolitik (GASP), die im Titel V des Vertrags über die Europäische Union in der Fassung vom 2. Oktober 1997 (Vertrag von Amsterdam) stehen, sehen indes die Vertiefung der in der Einheitlichen Europäischen Akte vom 28. Februar 1986 vertraglich verankerten Europäischen Politischen Zusammenarbeit (EPZ) vor. Es besteht die Absicht, die Fähigkeiten der Union zur militärischen und nichtmilitärischen Krisenbewältigung im Rahmen einer verstärkten Gemeinsamen Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) auszubauen. Dazu soll die EU für bestimmte Aufgaben in naher Zukunft mit beschränkten eigenen militärischen Strukturen ausgestattet werden.

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Gegenstand der GASP sind gemäss Artikel 17 Absatz 1 des Vertrags von Amsterdam sämtliche Fragen, welche die Sicherheit der Union betreffen. Die GASP ist jedoch weiterhin Gegenstand der Zusammenarbeit zwischen den Regierungen und als solche nicht den supranationalen Regeln des EG-Vertrags unterworfen.

Die hier vorgeschlagene Armeereform entspricht aber auch den Tendenzen, wie sie in vergleichbaren Staaten unseres Kontinents feststellbar sind. Auch dort werden Armeen restrukturiert und modernisiert. Ihre Einheiten werden verkleinert, sie erhalten indessen eine gezielte Aufbaufähigkeit durch rasch verfügbare und hoch mobile Eingreifverbände für multifunktionale Einsätze. Dabei wurden oder werden die Streitkräfte teils voll professionalisiert, teils bleiben es Wehrpflichtarmeen, jedoch mit mehr professionellen Teilen.

Der Bundesrat ist der Überzeugung, dass die vorliegende Armeereform einerseits die im SIPOL B 2000 aufgeführten Ziele unserer Sicherheitspolitik umzusetzen vermag, und dass sie andererseits auch den Tendenzen der Sicherheitspolitik im europäischen Raum entspricht. Die neue Armee wird weiterhin gewährleisten, dass die Schweiz wehrhaft bleibt und damit ein stabilisierendes Element in Zentraleuropa darstellt. Sie wird aber auch künftig eine glaubwürdige und solidarische Beteiligung unseres Landes an friedenssichernden Massnahmen der internationalen Staatengemeinschaft ermöglichen.

6

Rechtliche Grundlagen

6.1

Verfassungsmässigkeit

Die Militärgesetzgebung sowie Organisation, Ausbildung und Ausrüstung der Armee sind Bundessache (Art. 60 Abs. 1 BV). Der Bund kann daher in diesem Bereich die gesetzliche Grundordnung erlassen. Zu prüfen ist jedoch ausserdem, ob die vorgeschlagenen Reformpunkte verfassungsmässig sind. Diese Frage stellte sich das VBS bereits in einer frühen Phase der Armeereform. Es unterbreitete daher im Jahre 1999 einem externen Staatsrechtler verschiedene Fragen, insbesondere zur Vereinbarkeit gewisser Reformpunkte mit dem Milizprinzip sowie zu einzelnen Aspekten der Neugestaltung der Dienstpflicht. Das Rechtsgutachten wurde am 18. April 1999 an das VBS abgegeben (Verfassungsrechtliche Schranken für das Projekt «Armee XXI». Rechtsgutachten von Prof. Dr. Dietrich Schindler, veröffentlicht in VPB 65 [2001] Nr. 38. Zit. «Gutachten Schindler»). Die Frage der Verfassungsmässigkeit stellt sich ausserdem im Zusammenhang mit der Aufgabenverteilung zwischen Bund und Kantonen sowie bezüglich der Neutralität. Diese Aspekte sollen nachfolgend näher beleuchtet werden.

6.1.1

Vereinbarkeit der Vorlage mit dem Milizprinzip

In der BV von 1999 wurde der Begriff «Milizprinzip» erstmals auf Verfassungsstufe eingeführt, aber ohne ihn zu definieren. Artikel 58 Absatz 1 lautet: «Die Schweiz hat eine Armee. Diese ist grundsätzlich nach dem Milizprinzip organisiert.» In der früheren BV wurde das Milizprinzip nicht ausdrücklich erwähnt, aber es ergab sich indirekt aus dem Verbot stehender Truppen beziehungsweise einer Berufsarmee (Art. 13. Vgl. Augustin Macheret, Kommentar zur BV, Art. 13, Rz 20). Dies sollte 895

mit der Formulierung in der neuen BV, die damit die frühere Fassung nachführte, ausgedrückt werden, wie in der Botschaft über die neue BV erläutert wird (BBl 1997 I 1ff., insbes. Seite 237f.). Dort wird auch präzisiert, dass Ausnahmen vom Milizprinzip durchaus zulässig sind (wie heute etwa die Angehörigen des Festungswachtkorps und des Überwachungsgeschwaders); dies wird durch den Zusatz verdeutlicht, dass die Organisation der Armee «grundsätzlich» nach dem Milizprinzip erfolgt. Allerdings müssen diese Ausnahmen stets funktionsbedingt beziehungsweise funktionsnotwendig sein. Die Umschreibung in der BV folgt damit dem «klassischen» Begriff der Miliz, wonach keine stehenden Truppen und keine Berufsarmee erlaubt sind. Weitere verfassungswesentliche Merkmale des Milizprinzips liegen in der allgemeinen Wehrpflicht der Bürger sowie darin, dass militärische Formationen im Einsatz in der Regel durch Milizkader (und nicht durch Berufskader) geführt werden. Dagegen gelten die folgenden Merkmale als typisch für das schweizerische Milizsystem, aber als nicht verfassungswesentlich: ­

Die lange Dauer der Dienstpflicht und die Staffelung der Ausbildungsdienste;

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das heutige Prinzip, wonach die Miliz sich teilweise selber ausbildet; aber auch eine noch weiter gehende Übertragung der Ausbildung an Professionelle würde der Verfassung nicht widersprechen;

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die Bildung besonderer Bereitschaftstruppen;

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eine vermehrte Professionalisierung, bedingt durch die Übernahme neuer Aufgaben durch die Armee.

Die Frage der Verfassungsmässigkeit stellt sich vorerst im Zusammenhang mit der verstärkten Einführung von professionalisierten Formationen und Truppenelementen. Es handelt sich dabei um Truppen, die sich vor allem aus militärischem (Berufs-)Personal und Durchdienern, die ihre Dienstpflicht «am Stück» absolvieren, zusammensetzen. Nach dem Gutachten Schindler sind Truppen mit derart hohem Professionalisierungsgrad soweit zulässig, als die vorgesehenen Einsätze diese Professionalisierung erfordern. Gedacht wird dabei vorab an Verbände mit Aufgaben, die eine hohe Verfügbarkeit erfordern, Funktionen, die einen permanenten, hohen Ausbildungsstand erfordern (Spezialisten für Aufgaben, in denen Spitzentechnologie eingesetzt wird, wie z.B. für die elektronische Aufklärung oder bestimmte Piloten) sowie Verbände für gefährliche Aufgaben, die eine spezielle Ausbildung erfordern (Unterstützung der Polizei, Bewachungsaufgaben). Die Zulässigkeit hängt somit von den konkreten Verhältnissen ab. Daher braucht eine zahlenmässige Begrenzung einer solchen Formation nicht im Gesetz festgelegt zu werden, weil ihr Bestand sich je nach den Erfordernissen und Umständen verändern kann.

Auch die Bildung von Lehrformationen ist von Verfassungs wegen zulässig, soweit sie überwiegend für die Ausbildung von Militärdienstpflichtigen und für die Erprobung und Einführung von neuem Material und neuen Waffensystemen erfolgt.

Bereits heute verfügt die Armee über berufsmässiges Instruktionspersonal. Die Ausbildung dürfte sogar noch weiter professionalisiert werden. Unzulässig wäre es hingegen, wenn die Formationen von berufsmässigen Kadern nicht nur ausgebildet, sondern in Einsätzen auch geführt würden. Dies wäre dann erforderlich, wenn eine grosse Anzahl der Wehrpflichtigen in solchen Formationen Dienst ohne Unterbrechung leisten würde und daher eine milizmässige Führung im Rahmen der periodischen kurzen Wiederholungskurse aus zeitlichen Gründen nicht mehr möglich wäre.

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Die Führung von Formationen durch Berufskader ist indes nicht vollständig ausgeschlossen. Sie ist dann zulässig, wenn bestimmte Führungsaufgaben nicht mehr milizmässig wahrgenommen werden können, etwa bei Berufsformationen oder das Kommando über grosse Verbände. Dagegen ist die Professionalisierung der Kommandos von Milizbataillonen oder -kompanien nur unter den angeführten Voraussetzungen mit dem Milizprinzip vereinbar. Dabei sollte das Prinzip der Durchlässigkeit gelten, das heisst, geeignete Milizoffiziere sollten grundsätzlich auch zu allen vollberuflichen Kommandofunktionen Zugang haben.

6.1.2

Art der Militärdienstleistung

Im Vernehmlassungsverfahren ist vereinzelt die Vereinbarkeit der Militärdienstleistung ohne Unterbrechung, des Durchdienens, mit dem Milizprinzip in Zweifel gezogen worden. Auch diese Frage wurde dem Gutachter vorgelegt.

Es ist davon auszugehen, dass diese Form der Militärdienstleistung grundsätzlich mit dem Milizsystem vereinbar und damit verfassungskonform ist. Problematisch wäre es hingegen, wenn ein grosser Teil der Pflichtigen den Militärdienst in dieser Weise leisten würde. In diesem Fall liegt das Problem jedoch nicht in der spezifischen Dienstleistungsform, sondern in dem Umstand, dass Durchdiener fast unvermeidlich durch Berufskader nicht nur ausgebildet, sondern auch geführt werden müssten, weil Milizkader dafür aus zeitlichen Gründen kaum in Frage kämen. Je grösser die Zahl der Durchdiener wird, desto mehr entfernt sich die Armee vom Milizprinzip. Es könnte dann faktisch zu einer Art Aufteilung der Armee führen, indem der Anteil der Durchdiener die wichtigsten Einsätze durchführen würde, während der Milizteil eher Reservefunktionen hätte. Diese Problematik könnte allenfalls dadurch gemildert werden, dass nicht nur Berufskader, sondern auch andere (milizmässig Dienst leistende) Durchdiener die Ausbildung und Führung übernehmen.

Aus diesen Gründen wird im Armeeleitbild eine Richtgrösse von maximal 20 % Durchdienern pro Rekrutenjahrgang genannt, die für die Bedürfnisse der Armee erforderlich wären. Diese Zahl ist jedenfalls mit dem Milizprinzip in unserer Armee ohne weiteres vereinbar. Allerdings ist es auch hier von Verfassungs wegen nicht notwendig, die Höchstzahl von Durchdienern im Gesetz festzulegen, weil diese Form der Dienstleistung nur dort vorgesehen ist, wo ein entsprechender Bedarf besteht und somit begründet werden muss. Wie beim militärischen Personal kann auch der Bedarf nach Durchdienern sich ändern, was eine gewisse Flexibilität auf der Gesetzesstufe bedingt. Die Form des Durchdienens soll von den Pflichtigen freiwillig gewählt werden können.

6.1.3

Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen

Wie bereits angetönt weist die BV dem Bund die ausschliessliche Zuständigkeit zum Erlass der Militärgesetzgebung sowie der Regelung der Organisation, Ausbildung und Ausrüstung der Armee zu (Art. 60 Abs. 1 BV). Die Kompetenzen der Kantone sind nach Absatz 2 dieser Bestimmung auf zwei Bereiche beschränkt: Sie können ­ im Rahmen des Bundesrechts ­ eigene Formationen bilden und die Offiziere dieser Formationen ernennen und befördern; ausserdem sind sie zuständig für die Beschaffung von Teilen der Ausrüstung. Der Einsatz der Armee ist Bundessache (Art.

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58 Abs. 3 BV). Die Kantone können allerdings ihre eigenen Formationen unter bestimmten Voraussetzungen zu Einsätzen aufbieten: ausschliesslich auf eigenem Gebiet, nur zum Zweck der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, wenn schwerwiegende Bedrohungen gegen die innere Sicherheit bestehen, und dies nur subsidiär, das heisst wenn die Mittel der zivilen Behörden dazu nicht ausreichen.

Wenn alle diese Bedingungen erfüllt sind, können die Kantone ihre Truppen zum Ordnungsdienst aufbieten. Diese Befugnis wurde indes seit der Zeit des Zweiten Weltkriegs nie beansprucht.

Mit der vorliegenden Armeereform wird diese verfassungsmässige Kompetenzordnung nicht verändert. Aber im Rahmen dieser Ordnung werden Änderungen vorgeschlagen. Das wesentlichste Element bildet der Vorschlag, die kantonalen Truppen abzuschaffen. Anlässlich des Vernehmlassungsverfahrens haben sich alle Kantone damit einverstanden erklärt. Vereinzelt wurde von andern Teilnehmern aber die Frage aufgeworfen, ob dieser Schritt mit der BV, die doch die kantonalen Truppen erwähne, vereinbar sei. Die herrschende Ansicht geht dahin, dass die BV den Bestand solcher Formationen nicht garantiert. Der Bund kann sie daher aufheben, wenn militärische Gründe dies nahelegen (Botschaft vom 20. November 1996 über eine neue Bundesverfassung, BBl 1997 I 1ff., insbesondere Seite 242). Diese militärischen Gründe liegen namentlich darin, dass mit erheblich verkleinerten Beständen der Armee die personellen Voraussetzungen für die Bildung von kantonalen Truppen nicht mehr gegeben sind. Allerdings wird, wie im Armeeleitbild dargelegt wird, weiterhin auf die regionale Verankerung der einzelnen Truppenkörper geachtet. Dies geschieht über die Rekrutierung, die geografische Verteilung der Kommandostellen und die Unterstellung beziehungsweise Zuweisung der Bataillone und Abteilungen.

Zudem bestehen mit den vier vorgesehenen Territorialregionen mit ihren permanenten Kernstäben militärischerseits Ansprechpartner für jeden Kanton (vgl. dazu Ziff. 7.4. und 10 ALB).

Die übrigen Änderungen betreffen vor allem Vollzugsaufgaben bei der Durchführung der Orientierungsveranstaltung, der Rekrutierung, der Kontrollführung und beim Wehrpflichtersatz. In diesen Bereichen bestehen keine Probleme hinsichtlich der Verfassungsmässigkeit der Kompetenzaufteilung.

Im Rahmen der ersten
Botschaft zum Neuen Finanzausgleich (NFA-Botschaft; Spätherbst 2001) ist bezüglich Beschaffung der persönlichen Ausrüstung eine Zentralisierung vorgesehen. Dies bedingt eine Änderung von Artikel 60 Absatz 2 der Bundesverfassung. Die entsprechende Modifikation des Militärgesetzes soll im Rahmen der zweiten NFA-Botschaft erfolgen (Zeithorizont 2004). Alle übrigen Fragen der Kompetenzabgrenzung zwischen Bund und Kantonen werden im Rahmen der vorliegenden Armeereform XXI geregelt.

6.1.4

Vereinbarkeit der Vorlage mit der Neutralität

Die dauernde, bewaffnete Neutralität ist eines unter mehreren Mitteln unserer Aussen- und Sicherheitspolitik zur Wahrung der Interessen unseres Staates, insbesondere seiner Unabhängigkeit (Bericht vom 29. Nov. 1993 zur Neutralität, BBl 1994 I 210f., Ziff. 12). In der Bundesverfassung erscheint die Neutralität daher ausschliesslich bei den Zuständigkeiten der Bundesversammlung sowie des Bundesrates (Art. 173 Abs. 1 Bst. a und 185 Abs. 1 BV) und nicht etwa im Zweckartikel.

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Bei der Festlegung ihrer Neutralität steht der Schweiz ein grosses Mass an Handlungsfreiheit zu. Das Völkerrecht lässt dem neutralen Staat breiten Raum für eine den jeweiligen Notwendigkeiten entsprechende Aussen- und Sicherheitspolitik. Die Geschichte der schweizerischen Neutralität zeigt, dass die Neutralität in der Praxis immer wieder im Lichte von Veränderungen im aussen- und sicherheitspolitischen Umfeld der Schweiz fortentwickelt werden muss.

Der Kerngehalt der Neutralität besagt, dass der neutrale Staat in einem internationalen bewaffneten Konflikt keine Partei militärisch unterstützen und in Friedenszeiten keine Massnahmen treffen darf, die ihm in einem solchen Konflikt die Einhaltung seiner Neutralitätspflichten verunmöglichen würden. Konkret ist es ihm namentlich verboten, sich in Friedenszeiten einem Verteidigungsbündnis anzuschliessen. Bereits im erwähnten Bericht zur Neutralität wurde indessen auch auf den relativierten sicherheitspolitischen Stellenwert der Neutralität am Ende des 20. Jahrhunderts hingewiesen: So bietet die Neutralität als solche keinen Schutz vor neuen grenzüberschreitenden Gefahren und Risiken wie beispielsweise dem internationalen Terrorismus, der organisierten Kriminalität, der Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen oder Migrations- und Umweltproblemen. Ähnliches gilt bezüglich der autonomen Verteidigungsfähigkeit unseres Landes: Während punktuelle militärische Übergriffe und auch ein Angriff mit beschränkten konventionellen Kräften auf die Schweiz wohl abgewehrt werden könnten, zeigen sich die Grenzen der autonomen Verteidigungsfähigkeit vor allem im Bereich der Erkennung und der Abwehr von Abstandswaffen. Die neuen technologischen Entwicklungen auf diesen Gebieten erfordern eine verstärkte internationale Zusammenarbeit (Ziff. 32). Die dortige Feststellung, dass der neutrale Staat aus diesen Gründen die nötigen Vorkehrungen gegen neue Bedrohungen treffen darf und allfällige Lücken in seinem Verteidigungsdispositiv nötigenfalls auch durch grenzüberschreitende Vorbereitungen zur Abwehr schliessen können muss, treffen nach wie vor zu. Denn der neutrale Staat hat nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, jene militärischen Vorkehrungen zu treffen, die nach Treu und Glauben von ihm verlangt werden können, um sich erfolgreich gegen Angriffe zu verteidigen. Die
Vorbereitungen, welche die Schweiz für den Fall trifft, dass ihre Neutralität durch einen militärischen Angriff hinfällig würde, sind somit ebenfalls mit dem Neutralitätsrecht vereinbar und entsprechen der bisherigen Neutralitätspolitik.

Die Erkenntnisse aus dem Neutralitätsbericht und der Neutralitätspraxis der 90erJahre wurden jüngst im Lichte des heutigen sicherheitspolitischen Umfeldes eingehend analysiert und konkretisiert. Es kann auf die Ausführungen im SIPOL B 2000, Ziffer 5.1.2 und 6.1.7, im Aussenpolitischen Bericht 2000, BBl 2001 261, Ziffer 3.1, im Armeeleitbild, Ziffer 2.3, sowie auf den im Auftrag des Bundesrates erstellten Bericht über die Neutralitätspraxis der 90er-Jahre (Bericht der interdepartementalen Arbeitsgruppe vom 30. August 2000: Neutralitätspraxis der Schweiz ­ aktuelle Aspekte) verwiesen werden. Es hat sich insbesondere die bereits im Sicherheitspolitischen Bericht von 1990 getroffene Feststellung bestätigt, wonach mit dem Ende des Kalten Krieges die Neutralität in unserem sicherheitspolitischen Umfeld einen veränderten Stellenwert erhalten hat. Es ist deshalb gerade im Hinblick auf die Glaubwürdigkeit und Berechenbarkeit der schweizerischen Neutralität für die Schweiz von zentralem Interesse, am Aufbau einer neuen europäischen Sicherheitsordnung mitzuwirken und sich entsprechend sicherheitspolitisch zu öffnen (Bericht 90 über die Sicherheitspolitik der Schweiz vom 1. Oktober 1990, BBl 1990 III 879).

Angesichts der Grenzen der autonomen Verteidigungsfähigkeit und der Entstehung 899

neuer Gefahren und Risiken ist es im ureigensten Interesse der Schweiz, sich aktiv und solidarisch an Massnahmen gegen gemeinsame Bedrohungen und zu Gunsten tragfähiger Sicherheitsstrukturen zu beteiligen und die entsprechende Zusammenarbeit mit befreundeten Staaten zu intensivieren. Die Schweiz versteht somit ihre Neutralität in der Weise, dass die Maxime der Nichteinmischung in bewaffnete Konflikte mit jener der aktiven Friedenspolitik verbunden sind (vgl. die Botschaft vom 4. Dez. 2000 über die Volksinitiative «Für den Beitritt der Schweiz zur Organisation der Vereinten Nationen (UNO)», BBl 2001 1183, Ziff. 5.1). Nach diesen Vorgaben richtet sich auch die vorliegende Armeereform; sie steht somit vollumfänglich im Einklang sowohl mit unseren neutralitätsrechtlichen Verpflichtungen als auch mit der Aussen- und Sicherheitspolitik, wie sie der Bundesrat in seinen diesbezüglichen Berichten der vergangenen Jahre dargelegt hat.

6.2

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Das Konzept des MG, das bei seinem Erlass einen flexiblen Rahmen setzen wollte und daher dem Bundesrat als dem obersten Leitungsorgan im Militärwesen weitgehende Rechtsetzungskompetenzen zukommen liess, wird mit dem vorliegenden Erlassentwurf beibehalten. Die Befugnisse des Parlaments werden in grundsätzlichen Belangen auch weiterhin gewahrt.

Eine Akzentverschiebung wird bei der Organisation der Armee vorgeschlagen, und zwar in Anlehnung an die verwaltungsorganisationsrechtlichen Kompetenzen des Bundesrates. Um auch in diesem Bereich die heute noch verstärkt erforderliche Flexibilität zu gewährleisten, soll der Bundesrat Truppengattungen, Berufsformationen und Dienstzweige nicht nur umbenennen und zusammenlegen, sondern in begründeten Fällen auch aufheben können.

Die neue Delegationsbestimmung in Artikel 150a Absatz 4, wonach der Bundesrat internationale Vereinbarungen zur Wahrung der militärischen Geheimhaltung abschliessen kann, verankert eine bereits bestehende Praxis auf gesetzlicher Stufe. Die entsprechenden Vereinbarungen beinhalten eher technische und administrative Regeln über den Geheimschutz werden daher vom Bundesrat als so genannte Verträge mit beschränkter Tragweite gestützt auf das Geschäftsverkehrsgesetz (Art. 47bisb Abs. 3 GVG) abgeschlossen.

6.3

Form der Erlasse

Der Bundesbeschluss über die Verwaltung der Armee (Entwurf B) und der Bundesbeschluss über die Organisation der Armee (Entwurf C) enthalten Regelungen eher technischer Art und wurden daher als nicht dem Referendum unterstehende Bundesbeschlüsse verabschiedet. Solche Erlasse sind nach den neuen Bestimmungen von Artikel 163 BV und 7 GVG in die Form einer Verordnung der Bundesversammlung zu kleiden.

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