Ablauf der Referendumsfrist: 25. Januar 2001

Bundesgesetz betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BÜPF) vom 6. Oktober 2000

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf die Artikel 92 und 123 der Bundesverfassung, nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 1. Juli 1998 1, beschliesst:

1. Abschnitt: Geltungsbereich und Organisation Art. 1

Geltungsbereich

1

Dieses Gesetz gilt für die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs, die angeordnet und durchgeführt wird: a.

im Rahmen eines Strafverfahrens des Bundes oder eines Kantons;

b.

zum Vollzug eines Rechtshilfeersuchens nach dem Rechtshilfegesetz vom 20. März 1981 2.

2 Es gilt für alle staatlichen, konzessionierten oder meldepflichtigen Anbieterinnen von Post- und Fernmeldedienstleistungen sowie für Internet-Anbieterinnen.

3

Für Auskünfte über den Zahlungsverkehr, der dem Postgesetz vom 30. April 19973 untersteht, gelten die eidgenössischen und kantonalen Bestimmungen über die Zeugnispflicht und über die Auskunftspflicht gegenüber einer Behörde.

4 Betreiber von internen Fernmeldenetzen und Hauszentralen müssen die Überwachung dulden.

Art. 2

Organisation

1

Der Bund betreibt einen Dienst für die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (Dienst).

2 Der Dienst erfüllt seine Aufgaben selbstständig. Er ist weisungsungebunden und dem zuständigen Departement nur administrativ unterstellt.

1 2 3

BBl 1998 4241 SR 351.1 SR 783.0

5128

2000-2162

Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs. BG

3

Der Dienst arbeitet im Rahmen seiner Aufgaben mit den im Post- und Fernmeldewesen zuständigen Konzessions- und Aufsichtsbehörden zusammen.

2. Abschnitt: Verfahren der Überwachung Art. 3

Voraussetzungen

1

Für die Anordnung einer Überwachung müssen die folgenden Voraussetzungen erfüllt sein: a.

Bestimmte Tatsachen begründen den dringenden Verdacht, die zu überwachende Person habe eine in Absatz 2 oder 3 genannte strafbare Handlung begangen oder sei daran beteiligt gewesen.

b.

Die Schwere der strafbaren Handlung rechtfertigt die Überwachung.

c.

Andere Untersuchungshandlungen sind erfolglos geblieben, oder die Ermittlungen wären ohne die Überwachung aussichtslos oder unverhältnismässig erschwert.

2

Eine Überwachung kann zur Verfolgung der folgenden strafbaren Handlungen angeordnet werden:

4 5 6 7 8

a.

Artikel 111­113, 115, 119 Ziffer 2, 122, 127, 138, 140, 143, 144bis Ziffer 1 Absatz 2, 146­148, 156, 160, 161, 180, 181, 183, 185, 187 Ziffer 1, 188 Ziffer 1, 189 Absätze 1 und 3, 190 Absätze 1 und 3, 191, 192 Absatz 1, 195, 196, 197, 221 Absätze 1 und 2, 223 Ziffer 1, 224 Absatz 1, 226, 240 Absatz 1, 241 Absatz 1, 244, 251 Ziffer 1, 260bis, 260ter, 265, 266, 277 Ziffer 1, 285, 288, 301, 310, 312, 314 und 315 des Strafgesetzbuches 4 (StGB);

b.

Artikel 62 Absätze 1 und 3, 63 Ziffer 1 Absätze 1 und 3 und Ziffer 2, 64 Ziffer 1 Absatz 1 und Ziffern 2, 74, 86, 86a, 87, 89 Absatz 1, 91, 93 Ziffer 2, 102, 103 Ziffer 1, 104 Absatz 2, 105, 106 Absätze 1 und 2, 108­113, 115­117, 119, 121, 130 Ziffern 1 und 2, 132, 135 Absätze 1, 2 und 4, 137a, 137b, 139, 140, 141 Absatz 1, 142, 149 Absatz 1, 150 Absatz 1, 151a, 151c, 153­156, 160 Absätze 1 und 2, 161 Ziffer 1 Absätze 1 und 3, 162 Absätze 1 und 3, 164, 171b, 172 Ziffer 1 und 177 des Militärstrafgesetzes 5;

c.

Artikel 34 und 35 des Kriegsmaterialgesetzes vom 13. Dezember 19966;

d.

Artikel 29 Absatz 1, 30 Absatz 1, 31 Absätze 1 und 2 sowie 32 des Atomgesetzes vom 23. Dezember 19597;

e.

Artikel 60 Absatz 1 Buchstaben g­i sowie m und o des Umweltschutzgesetzes vom 7. Oktober 1983 8;

SR 311.0 SR 321.0 SR 514.51 SR 732.0 SR 814.01

5129

Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs. BG

Artikel 179septies StGB, wenn die anrufenden Personen mit einer Identifizierung des Anschlusses nicht festgestellt werden können.

f.

3 Eine Überwachung kann ferner zur Verfolgung der folgenden strafbaren Handlungen angeordnet werden, wenn der dringende Verdacht auf qualifizierte Begehung vorliegt:

a.

Artikel 139 Ziffern 2 und 3, 272­274 und 305 bis Ziffer 2 StGB;

b.

Artikel 131 Ziffern 2­4 des Militärstrafgesetzes;

c.

Artikel 33 Absatz 2 des Kriegsmaterialgesetzes vom 13. Dezember 1996;

d.

Artikel 14 Absatz 2 des Güterkontrollgesetzes vom 13. Dezember 19969;

e.

Artikel 34 Absatz 1 zweiter Satz und Artikel 34a Absatz 2 des Atomgesetzes vom 23. Dezember 1959;

f.

Artikel 19 Absatz 1 zweiter Satz und Absatz 2 sowie Artikel 20 Absatz 1 zweiter Satz des Betäubungsmittelgesetzes vom 3. Oktober 195110.

4

Die Genehmigungsbehörde kann Direktschaltungen bewilligen, wenn keine Beeinträchtigung überwiegender privater Interessen von Drittpersonen zu erwarten und die Datensicherheit gewährleistet ist. Für Anschlüsse von Berufsgeheimnisträgerinnen und -trägern (Art. 4 Abs. 3) ist die Direktschaltung verboten.

Art. 4

Besondere Formen der Überwachung

1

Die Überwachung einer Drittperson kann angeordnet werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen angenommen werden muss, dass die verdächtigte Person die Postadresse oder den Fernmeldeanschluss der Drittperson benutzt oder benutzen lässt, um Sendungen oder Mitteilungen entgegenzunehmen oder weiterzugeben.

2

Die Überwachung einer öffentlichen Fernmeldestelle oder eines Anschlusses, der keiner bekannten Person zugeordnet werden kann, kann angeordnet werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen angenommen werden muss, dass die verdächtigte Person diesen Anschluss benutzt oder benutzen lässt, um Mitteilungen entgegenzunehmen oder weiterzugeben.

3 Die Überwachung einer Person, die nach dem anwendbaren Strafverfahrensrecht als Trägerin eines Berufsgeheimnisses das Zeugnis verweigern kann, ist grundsätzlich verboten. Sie ist ausnahmsweise zulässig, wenn:

a.

gegen die Person selber der dringende Tatverdacht besteht;

b.

auf Grund bestimmter Tatsachen angenommen werden muss, dass die verdächtigte Person ihre Postadresse oder ihren Fernmeldeanschluss benützt.

4

Ergeben die Ermittlungen, dass eine verdächtigte Person in rascher Folge den Fernmeldeanschluss wechselt, kann die Genehmigungsbehörde ausnahmsweise erlauben, dass alle identifizierten Anschlüsse, welche die verdächtigte Person benutzt, ohne Genehmigung im Einzelfall überwacht werden können. Jeder Wechsel muss dem Dienst durch eine Überwachungsanordnung mitgeteilt werden. Die anordnende 9 10

SR 946.202 SR 812.121

5130

Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs. BG

Behörde unterbreitet der Genehmigungsbehörde (Art. 7 Abs. 1) monatlich und nach Abschluss der Überwachung einen Bericht zur Genehmigung.

5

Bei Überwachungen nach den Absätzen 1­4 trifft die anordnende Behörde geeignete Vorkehren, damit die mit den Ermittlungen befassten Personen nicht von Informationen Kenntnis nehmen können, die mit dem Gegenstand der Ermittlungen nicht in Zusammenhang stehen.

6

Bei Überwachungen nach Absatz 3 muss die Triage unter der Leitung einer richterlichen Behörde erfolgen, die nicht mit den Ermittlungen befasst ist. Dabei ist sicherzustellen, dass die ermittelnden Behörden keine Berufsgeheimnisse zur Kenntnis erhalten, ausgenommen in den Fällen nach Artikel 8 Absatz 4.

Art. 5

Auskünfte über den Post- und Fernmeldeverkehr

1

Mit einer Überwachungsanordnung nach Artikel 3 kann auch Auskunft verlangt werden: a.

darüber, wann und mit welchen Personen oder Anschlüssen die überwachte Person über den Post- oder Fernmeldeverkehr Verbindungen hat (Teilnehmeridentifikation);

b.

über Verkehrs- und Rechnungsdaten.

2

Die Auskünfte nach Absatz 1 können unabhängig von der Überwachungsdauer nach Artikel 7 Absatz 3 auch sechs Monate rückwirkend angeordnet werden.

Art. 6

Anordnende Behörden

Eine Überwachung kann angeordnet werden: a.

zur Verfolgung einer strafbaren Handlung: 1. durch die Bundesanwältin oder den Bundesanwalt, 2. durch die eidgenössischen Untersuchungsrichterinnen oder Untersuchungsrichter, 3. durch die militärischen Untersuchungsrichter, 4. durch die nach kantonalem Recht zuständigen Behörden;

b.

in Auslieferungsfällen: durch die Direktorin oder den Direktor des Bundesamtes für Polizei;

c.

in andern Rechtshilfefällen: durch die Behörde des Bundes oder des Kantons, welche das Ersuchen erfüllt.

Art. 7

Genehmigungsverfahren

1

Die Überwachungsanordnung muss folgenden Behörden zur Genehmigung unterbreitet werden: a.

von den zivilen Behörden des Bundes: der Präsidentin oder dem Präsidenten der Anklagekammer des Bundesgerichts;

5131

Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs. BG

2

b.

von den militärischen Untersuchungsrichtern: der Präsidentin oder dem Präsidenten des Militärkassationsgerichts;

c.

von den kantonalen Behörden: der vom Kanton bezeichneten richterlichen Behörde.

Die anordnende Behörde reicht innert 24 Stunden der Genehmigungsbehörde ein: a.

die Überwachungsanordnung;

b.

die Begründung und die für die Genehmigung wesentlichen Strafverfahrensakten.

3

Die Genehmigungsbehörde prüft, ob der Eingriff in die Persönlichkeitsrechte gerechtfertigt ist. Sie entscheidet mit kurzer Begründung innert fünf Tagen seit der Anordnung der Überwachung. Sie kann die Überwachung vorläufig genehmigen, eine Ergänzung der Akten oder weitere Abklärungen verlangen sowie zusätzliche Vorkehren zum Schutz der Persönlichkeit treffen. Die Genehmigung wird für höchstens drei Monate erteilt und kann mit Auflagen verbunden werden. Die Genehmigungsbehörde teilt ihren Entscheid umgehend dem Dienst mit.

4

Wird die Genehmigung einer Überwachung verweigert oder wurde keine Genehmigung eingeholt, so muss die anordnende Behörde sämtliche entsprechenden Dokumente und Datenträger sofort aus den Strafverfahrensakten aussondern und vernichten. Postsendungen sind sofort den Adressaten zuzustellen. Durch die Überwachung gewonnene Erkenntnisse dürfen weder für die Ermittlung noch zu Beweiszwecken verwendet werden.

5

Ist eine Verlängerung der Überwachung notwendig, so stellt die anordnende Behörde vor Ablauf der bewilligten Überwachung einen Verlängerungsantrag für je höchstens drei Monate. Sie berichtet über die Ergebnisse der Ermittlungen und begründet den Antrag. Dieser ist auch dem Dienst mitzuteilen.

Art. 8

Verwendung der Informationen

1

Dokumente, die für das Strafverfahren nicht notwendig sind, müssen gesondert von den Verfahrensakten aufbewahrt und unmittelbar nach Abschluss des Straf-, Rechtshilfe- oder Auslieferungsverfahrens vernichtet werden.

2

Bei einer Überwachung des Postverkehrs können Postsendungen solange sichergestellt werden, als dies für die Ermittlungen notwendig ist. Sobald es der Stand des Strafverfahrens erlaubt, sind sie der Adressatin oder dem Adressaten herauszugeben.

3

Werden durch die Überwachung Berufsgeheimnisse erkannt, die von einem Zeugnisverweigerungsrecht erfasst werden, so müssen Dokumente über diese Tatsachen sofort aus den Strafverfahrensakten ausgesondert werden. Sie dürfen im Strafverfahren nicht verwendet werden und sind sofort zu vernichten.

4

Die Genehmigungsbehörde kann die Verwendung von Informationen über Berufsgeheimnisse bewilligen, wenn die betreffende Person dringend verdächtigt wird, unter dem Schutz des Berufsgeheimnisses eine Straftat nach Artikel 3 Absätze 2 oder 3 begangen zu haben.

5132

Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs. BG

Art. 9

Zufallsfunde

1

Werden durch die Überwachung andere strafbare Handlungen als die in der Überwachungsanordnung aufgeführten bekannt, so können die Erkenntnisse gegen die verdächtigte Person verwendet werden, wenn diese Straftaten: a.

zusätzlich zur vermuteten Straftat begangen werden; oder

b.

die Voraussetzungen für eine Überwachung nach diesem Gesetz erfüllen.

2

Betreffen die Erkenntnisse Straftaten einer Person, die in der Anordnung keiner Straftat verdächtigt wird, so muss vor Einleitung weiterer Ermittlungen die Zustimmung der Genehmigungsbehörde eingeholt werden. Die Zustimmung kann erteilt werden, wenn die Voraussetzungen für eine Überwachung nach diesem Gesetz erfüllt sind.

3 Sind die Voraussetzungen nach den Absätzen 1 und 2 für die Verwendung des Zufallsfundes nicht gegeben, so dürfen die Informationen nicht verwendet und es müssen die betreffenden Dokumente und Datenträger umgehend vernichtet werden.

4

Für die Fahndung nach gesuchten Personen dürfen sämtliche Erkenntnisse einer Überwachung verwendet werden.

Art. 10

Beendigung der Überwachung, Rechtsmittel

1

Die anordnende Behörde ordnet sofort die Beendigung der Überwachung an, wenn die Überwachung für die weiteren Ermittlungen nicht mehr notwendig ist oder wenn die Genehmigung oder die Verlängerung verweigert wird.

2

Die anordnende Behörde teilt spätestens vor Abschluss der Strafuntersuchung oder der Einstellung des Verfahrens Grund, Art und Dauer der Überwachung folgenden Personen mit: a.

den verdächtigten Personen;

b.

den Personen, deren Postadresse oder Fernmeldeanschluss überwacht worden ist, ausgenommen bei öffentlichen Sprechstellen.

3

Mit Zustimmung der Genehmigungsbehörde kann die Mitteilung länger aufgeschoben oder kann von ihr abgesehen werden, wenn die Erkenntnisse nicht zu Beweiszwecken verwendet werden und: a.

dies wegen überwiegender öffentlicher Interessen, insbesondere für die innere oder äussere Sicherheit oder zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens erforderlich ist;

b.

die Mitteilung Dritte einer ernsthaften Gefahr aussetzen würde; oder

c.

die Person nicht erreichbar ist.

4

Leitet im Zeitpunkt der Mitteilung eine andere als die anordnende Behörde das Verfahren, so macht sie die Mitteilung.

5 Die Person, gegen die sich die Überwachung gerichtet hat, kann innert 30 Tagen nach der Mitteilung Beschwerde wegen fehlender Rechtmässigkeit und Verhältnismässigkeit der Überwachung erheben:

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Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs. BG

a.

gegen Überwachungsanordnungen der zivilen Behörden des Bundes: bei der Anklagekammer des Bundesgerichts;

b.

gegen Überwachungsanordnungen der militärischen Untersuchungsrichter: beim Militärkassationsgericht;

c.

gegen Überwachungsanordnungen von kantonalen Behörden: bei der nach kantonalem Recht zuständigen Behörde.

6

Personen, die den überwachten Fernmeldeanschluss oder die Postadresse mitbenützt haben, können ebenfalls Beschwerde führen. Sie haben das Recht, ihre Person betreffende Informationen, die im Strafverfahren verwendet werden, einzusehen und Antrag auf die Ausscheidung nicht benötigter Informationen zu stellen.

3. Abschnitt: Überwachung des Postverkehrs Art. 11 1

Aufgaben des Dienstes

Bei einer Überwachung des Postverkehrs hat der Dienst folgende Aufgaben: a.

Er prüft, ob die Überwachung eine Straftat nach Artikel 3 Absätze 2 oder 3 betrifft und von einer zuständigen Behörde angeordnet wurde; bei klar unrichtigen oder unbegründeten Anordnungen nimmt er mit der Genehmigungsbehörde Kontakt auf, bevor die Anbieterin eines Postdienstes Sendungen oder Informationen an die anordnende Behörde weiterleitet.

b.

Er weist die Anbieterin eines Postdienstes an, wie die Überwachung durchzuführen ist.

c.

Er teilt der Genehmigungsbehörde unverzüglich die Einstellung der Überwachung mit.

d.

Er führt eine Kontrolle über die bewilligte Dauer der Überwachung und stellt diese bei Ablauf ein, wenn kein Verlängerungsgesuch gestellt ist.

e.

Er bewahrt die Überwachungsanordnung nach Einstellung der Überwachung während eines Jahres auf.

f.

Er führt eine Statistik über die Überwachungen.

g.

Er verfolgt die technischen Entwicklungen des Postwesens.

2

Auf Anfrage der anordnenden Behörden kann der Dienst auch für die Beratung in technischen Fragen in Zusammenhang mit Überwachungen des Postverkehrs eingesetzt werden. Er führt ein Verzeichnis der Anbieterinnen von Postdiensten.

3

Der Bundesrat regelt die Einzelheiten.

Art. 12 1

Pflichten der Anbieterinnen

Die Anbieterinnen von Postdiensten sind verpflichtet, der anordnenden Behörde die Postsendungen sowie die weiteren Verkehrs- und Rechnungsdaten soweit herauszugeben, als es in der Überwachungsanordnung umschrieben wird. Sie erteilen

5134

Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs. BG

der anordnenden Behörde auf Verlangen weitere Auskunft über den Postverkehr einer Person.

2

Sie sind verpflichtet, die Daten, welche eine Teilnehmeridentifikation erlauben, sowie die Verkehrs- und Rechnungsdaten während mindestens sechs Monaten aufzubewahren.

3

Die Tatsache der Überwachung und alle sie betreffenden Informationen unterliegen gegenüber Dritten dem Post- und Fernmeldegeheimnis (Art. 321 ter StGB11).

4. Abschnitt: Überwachung des Fernmeldeverkehrs Art. 13 1

Aufgaben des Dienstes

Bei einer Überwachung des Fernmeldeverkehrs hat der Dienst folgende Aufgaben:

11

a.

Er prüft, ob die Überwachung eine Straftat nach Artikel 3 Absätze 2 oder 3 betrifft und von einer zuständigen Behörde angeordnet wurde; bei klar unrichtigen oder unbegründeten Anordnungen nimmt er mit der Genehmigungsbehörde Kontakt auf, bevor er Informationen an die anordnende Behörde weiterleitet.

b.

Er weist die Anbieterinnen von Fernmeldediensten an, die für die Überwachung notwendigen Massnahmen zu treffen.

c.

Er nimmt von den Anbieterinnen den umgeleiteten Fernmeldeverkehr der überwachten Person entgegen, zeichnet diesen auf und liefert der anordnenden Behörde die Dokumente und Datenträger aus.

d.

Er sorgt für die Durchführung von Direktschaltungen; diese werden vom Dienst nicht aufgezeichnet.

e.

Er nimmt von den Anbieterinnen Teilnehmeridentifikationen sowie Verkehrs- und Rechnungsdaten entgegen und leitet diese an die anordnende Behörde weiter.

f.

Er setzt zusätzliche Schutzvorkehren um, welche ihm die Genehmigungsbehörden bei Überwachungen nach den Artikeln 4 Absatz 5 und 7 Absatz 3 übertragen.

g.

Er führt eine Kontrolle über die bewilligte Dauer der Überwachung und stellt diese bei Ablauf ein, wenn kein Verlängerungsgesuch gestellt ist.

h.

Er teilt der Genehmigungsbehörde unverzüglich die Einstellung der Überwachung mit.

i.

Er bewahrt die Überwachungsanordnung nach Einstellung der Überwachung während eines Jahres auf.

j.

Er führt eine Statistik über die Überwachungen.

k.

Er verfolgt die technischen Entwicklungen des Fernmeldewesens.

SR 311.0

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Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs. BG

2

3

Auf Ersuchen kann der Dienst auch folgende Aufgaben erfüllen: a.

Er zeichnet Direktschaltungen auf.

b.

Er transkribiert den aufgezeichneten Fernmeldeverkehr.

c.

Er übersetzt fremdsprachige Texte.

d.

Er wertet den aufgezeichneten Fernmeldeverkehr aus (Triage).

e.

Er berät Behörden und Anbieterinnen von Fernmeldediensten in technischen Fragen in Zusammenhang mit Überwachungen des Fernmeldeverkehrs.

Der Bundesrat regelt die Einzelheiten.

Art. 14

Auskünfte über Fernmeldeanschlüsse

1

Die Anbieterinnen von Fernmeldediensten liefern dem Dienst folgende Daten über bestimmte Fernmeldeanschlüsse: a.

Name, Adresse und, sofern vorhanden, Beruf der Teilnehmerin oder des Teilnehmers;

b.

Adressierungselemente nach Artikel 3 Buchstabe f des Fernmeldegesetzes vom 30. April 1997 12;

c.

Art der Anschlüsse.

2

Auf Gesuch hin erteilt der Dienst ausschliesslich den folgenden Behörden Auskünfte über die in Absatz 1 genannten Daten: a.

den eidgenössischen und kantonalen Behörden, welche eine Überwachung des Fernmeldeverkehrs anordnen oder genehmigen dürfen, zur Bestimmung der zu überwachenden Anschlüsse und Personen;

b.

dem Bundesamt für Polizei und den kantonalen und städtischen Polizeikommandos für die Erfüllung von Polizeiaufgaben;

c.

den zuständigen Behörden des Bundes und der Kantone zur Erledigung von Verwaltungsstrafsachen.

3 Der Bundesrat regelt die Form der Gesuche und deren Aufbewahrung. Er kann den Behörden nach Absatz 2 den Zugriff auf bestehende nichtöffentliche Verzeichnisse gestatten.

4

Wird eine Straftat über das Internet begangen, so ist die Internet-Anbieterin verpflichtet, der zuständigen Behörde alle Angaben zu machen, die eine Identifikation des Urhebers oder der Urheberin ermöglichen.

Art. 15

1

Pflichten der Anbieterinnen

Die Anbieterinnen von Fernmeldediensten sind verpflichtet, dem Dienst auf Verlangen den Fernmeldeverkehr der überwachten Person sowie die Teilnehmeridentifikation und Verkehrs- und Rechnungsdaten zuzuleiten. Ebenso haben sie die zur Vornahme der Überwachung notwendigen Informationen zu erteilen.

12

SR 784.10

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Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs. BG

2

Sind an der zu überwachenden Fernmeldedienstleistung mehrere Anbieterinnen beteiligt, so erteilt der Dienst derjenigen Anbieterin den Überwachungsauftrag, die für die Verwaltung der Nummer zuständig ist oder die Überwachung mit dem geringsten technischen Aufwand vollziehen kann. Alle beteiligten Anbieterinnen sind verpflichtet, ihre Daten der beauftragten Anbieterin zu liefern. Die Entschädigung nach Artikel 16 Absatz 1 wird an die beauftragte Anbieterin entrichtet. Die Aufteilung unter den Beteiligten ist Sache der Anbieterinnen.

3 Die Anbieterinnen sind verpflichtet, die für die Teilnehmeridentifikation notwendigen Daten sowie die Verkehrs- und Rechnungsdaten während sechs Monaten aufzubewahren.

4

Sie liefern die verlangten Teilnehmeridentifikationen sowie Verkehrs- und Rechnungsdaten so rasch als möglich und den Fernmeldeverkehr der überwachten Person soweit möglich in Echtzeit. Von ihnen angebrachte Verschlüsselungen müssen sie entfernen.

5 Sie gewährleisten die Mitteilung der in Artikel 14 Absatz 1 genannten Daten. Diese Daten können dem Dienst auch durch ein Abrufverfahren zugänglich gemacht werden.

6

Der Bundesrat bestimmt die Einzelheiten. Wenn erforderlich kann er vorsehen, dass die Mitteilung kostenlos und rund um die Uhr zu erfolgen hat.

7

Die Tatsache der Überwachung und alle sie betreffenden Informationen unterliegen gegenüber Dritten dem Post- und Fernmeldegeheimnis (Art. 321 ter StGB13).

8

Die Betreiber von internen Fernmeldenetzen und Hauszentralen müssen den vom Dienst beauftragten Personen Zutritt gewähren und die notwendigen Auskünfte erteilen.

5. Abschnitt: Gebühren und Entschädigungen Art. 16 1

Die für eine Überwachung notwendigen Einrichtungen gehen zu Lasten der Anbieterinnen von Post- und Fernmeldediensten. Diese erhalten von der anordnenden Behörde für Aufwendungen eine angemessene Entschädigung für die Kosten der einzelnen Überwachung.

2

Der Bundesrat regelt die Entschädigungen und setzt die Gebühren für die Dienstleistungen des Dienstes fest.

6. Abschnitt: Schlussbestimmungen Art. 17

Vollzug

Der Bundesrat erlässt die Vollzugsvorschriften.

13

SR 311.0

5137

Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs. BG

Art. 18

Übergangsbestimmung

Eine Überwachung, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes richterlich genehmigt worden ist, kann nach dem dafür angewendeten Verfahrensrecht abgeschlossen werden. Eine Verlängerung kann nur angeordnet werden, wenn die Anforderungen dieses Gesetzes erfüllt sind.

Art. 19

Referendum und Inkrafttreten

1

Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.

2

Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.

Nationalrat, 6. Oktober 2000

Ständerat, 6. Oktober 2000

Der Präsident: Seiler Der Protokollführer: Anliker

Der Präsident: Schmid Carlo Der Sekretär: Lanz

Datum der Veröffentlichung: 17. Oktober 2000 14 Ablauf der Referendumsfrist: 25. Januar 2001

9803

14

BBl 2000 5128

5138

Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs. BG

Anhang

Änderung bisherigen Rechts Die nachfolgenden Erlasse werden wie folgt geändert: 1. Strafgesetzbuch15 Ingress gestützt auf Artikel 64bis der Bundesverfassung16, ...

Art. 179octies Amtliche Überwachung, Straflosigkeit

1

Wer in Ausübung ausdrücklicher, gesetzlicher Befugnis die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs einer Person anordnet oder durchführt oder technische Überwachungsgeräte (Art. 179bis ff.) einsetzt, ist nicht strafbar, wenn unverzüglich die Genehmigung des zuständigen Richters eingeholt wird.

2

Die Voraussetzungen der Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs und das Verfahren richten sich nach dem Bundesgesetz vom 6. Oktober 200017 betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs.

Art. 400bis Aufgehoben 2. Bundesgesetz vom 15. Juni 193418 über die Bundesstrafrechtspflege Ingress gestützt auf die Artikel 106, 112 und 114 der Bundesverfassung 19, ...

Art. 66 1 Für die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs gilt das Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 20 betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs.

15 16 17 18 19

20

SR 311.0 Dieser Bestimmung entspricht Artikel 123 der Bundesverfassung vom 18. April 1999.

SR ... ; AS ... (BBl 2000 5128) SR 312.0 Diesen Bestimmungen entsprechen die Artikel 188 und 190 (nach Inkrafttreten des Bundesbeschlusses vom 8. Oktober 1999 über die Reform der Justiz [AS ...; BBl 1999 8633] Art. 123, 188 und 189) der Bundesverfassung vom 18. April 1999.

SR ...; AS ... (BBl 2000 5128)

5139

Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs. BG

2 Der Untersuchungsrichter und vor Einleitung der Voruntersuchung der Bundesanwalt können den Einsatz technischer Überwachungsgeräte (Art. 179bis ff. StGB21) anordnen. Für die Voraussetzungen und das Verfahren gilt das Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs sinngemäss.

Art. 66bis­66quinquies Aufgehoben Art. 72 Aufgehoben 3. Militärstrafprozess22 Ingress gestützt auf Artikel 20 der Bundesverfassung23, ...

Art. 70

Voraussetzungen

Für die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs gilt das Bundesgesetz vom 6. Oktober 200024 betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs.

Für den Einsatz technischer Überwachungsgeräte (Art. 179bis ff. StGB25) gilt es sinngemäss.

Art. 71­73 Aufgehoben 4. Rechtshilfegesetz vom 20. März 198126 Ingress gestützt auf die Artikel 103 und 114 bis der Bundesverfassung27, ...

21 22 23 24 25 26 27

SR 311.0 SR 322.1 Dieser Bestimmung entspricht Artikel 60 der Bundesverfassung vom 18. April 1999.

SR ... ; AS ... (BBl 2000 5128) SR 311.0 SR 351.1 Diesen Bestimmungen entsprechen die Artikel 54 Absatz 1, 164 Absatz 1 Buchstabe g und 190 der Bundesverfassung vom 18. April 1999.

5140

Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs. BG

Art. 18a

Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs

1

Das Bundesamt kann auf ausdrückliches Ersuchen eines anderen Staates zur Ermittlung des Aufenthaltes des Verfolgten eine Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs anordnen.

2

Zur Leistung anderer Rechtshilfe kann die mit dem Ersuchen befasste Behörde des Bundes oder des Kantons die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs anordnen.

3

Die Voraussetzungen der Überwachung und das Verfahren richten sich nach dem Bundesgesetz vom 6. Oktober 200028 betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs.

5. Fernmeldegesetz vom 30. April 199729 Ingress gestützt auf Artikel 36 der Bundesverfassung30, ...

Art. 44

Überwachung des Fernmeldeverkehrs

Für die Überwachung des Fernmeldeverkehrs gilt das Bundesgesetz vom 6. Oktober 200031 betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs.

9803

28 29 30 31

SR ...; AS ... (BBl 2000 5128) SR 784.10 Dieser Bestimmung entspricht Artikel 92 der Bundesverfassung vom 18. April 1999.

SR ...; AS ... (BBl 2000 5128)

5141