Generelle Bewilligung zur Offenbarung des Berufsgeheimnisses zu Forschungszwecken im Bereich der Medizin und des Gesundheitswesens Die Expertenkommission für das Berufsgeheimnis in der medizinischen Forschung, hat an der Plenarsitzung vom 31. Oktober 2001 und im Zirkularverfahren vom 14. November 2001, gestützt auf Artikel 321bis des Schweizerischen Strafgesetzbuches (StGB; SR 311.0); Artikel 1, 2, 9 Absatz 4 und 5, 10, 11 und 13 der Verordnung vom 14. Juni 1993 über die Offenbarung des Berufsgeheimnisses im Bereich der medizinischen Forschung (VOBG; SR 235.154); in Sachen Kinder und Jugendpsychiatrische Universitätsklinik und Poliklinik Basel (KJUP) betreffend Gesuch vom 28. Mai 2001 für eine generelle Bewilligung zur Offenbarung des Berufsgeheimnisses im Sinne von Artikel 321bis StGB zu Forschungszwecken im Bereich der Medizin und des Gesundheitswesens, verfügt: Bewilligungsnehmerin Der Kinder- und Jugendpsychiatrischen Universitätsklinik und Poliklinik Basel (KJUP) wird unter den nachfolgenden Bedingungen und Auflagen eine generelle Bewilligung gemäss Artikel 321bis StGB in Verbindung mit Artikel 3 Absatz 1 und 2 und Artikel 11 VOBG erteilt.

Der Verantwortliche für die Bewilligungsforschung ist der Klinikleiter Prof. Dr.

med. Dieter Bürgin.

Durch die Bewilligung wird dem mit betriebsinterner Forschung betrauten Personal der KJUP sowie den Doktoranden und Doktorandinnen gestattet, zu Forschungszwecken im Bereich der Medizin und des Gesundheitswesens unter den nachstehenden Bedingungen nicht anonymisierte Daten einzusehen.

Durch die Bewilligung wird die Einsichtnahme in nicht anonymisierte Daten ermöglicht, ohne dass der Datenanleger dadurch sein Berufsgeheimnis verletzt. Dies gilt jedoch nur innerhalb der als Bewilligungsnehmerin bezeichneten KJUP. Sollten Forschungsprojekte auf nicht anonymisierte Daten von andern Spitäler, medizinischen Instituten oder frei praktizierenden Ärztinnen und Ärzte angewiesen sein, oder soll externen Forschern Einblick in nicht anonymisierte Daten der KJUP gewährt werden, ist der Expertenkommission ein Sonderbewilligungsgesuch einzureichen.

Zweck und Umfang der Dateneinsicht Die Bewilligung umfasst das Recht, in den spitalinternen Datenbanken und Papierdateien die für interne Forschungsprojekte relevanten Daten einzusehen.

Bedingungen Wenn die Einwilligung der
Patienten und Patientinnen zur Verwendung ihrer Daten ohne unverhältnismässig grosse Schwierigkeiten und ohne, dass ihnen ein erheblicher Schaden zugefügt wird, eingeholt werden kann, so dürfen die Daten nicht gestützt auf diese Bewilligung zu Forschungszwecken verwendet werden.

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Es dürfen nur dann ohne Einwilligung nicht anonymisierte Daten verwendet werden, wenn das Forschungsprojekt nicht mit anonymisierten Daten durchgeführt werden kann.

Die Kinder beziehungsweise deren Eltern (gesetzliche Vertreter) sind darüber aufzuklären, dass sie die Datenweitergabe untersagen können. Daten, deren Weitergabe untersagt wurde, dürfen nicht zu Forschungszwecken verwendet werden.

Der Klinikleiter hat den Schutz der Daten und die Befolgung allfällig erhobener Verwendungsverbote sicherzustellen.

Datensammlungen und Kreis der Zugriffsberechtigten a.

Die KJUP hat sicherzustellen, dass die personenbezogenen Angaben klar getrennt werden von den bereits anonymisierten Daten.

b.

Zu Forschungszwecken können die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der KJUP mit Einwilligung der jeweils für die Forschung Verantwortlichen oder der Klinikleitung auf neues Datenmaterial Zugriff nehmen. Auf bereits bearbeitete Daten darf je nach Bedürfnis erneut zugegriffen werden. Nach Abschluss des Forschungsprojektes ist für einen erneuten Datenzugriff die Einwilligung des Klinikleiters einzuholen.

Dauer der Datenaufbewahrung Eine Befristung der Aufbewahrung richtet sich nach kantonalem Recht. Die Vernichtung der Daten des Forschungsprojektes hat gemäss den Vorschriften des kantonalen Datenschutzbeauftragten zu erfolgen.

Anonymisierung Die den Dateien der KJUP entnommenen Daten sind zu Beginn der Forschungstätigkeit zu anonymisieren.

Erkennungsmerkmale Es ist sicherzustellen, dass in den auf den gesammelten Daten basierenden Publikationen eine Identifizierung der registriereten Personen nicht möglich ist.

Auflagen a.

Für jedes Forschungsprojekt hat der Gesuchsteller eine «non obstat»Erklärung der bikantonalen Ethikkommission beider Basel einzuholen. Sie hat die ethische Konformität des jeweiligen Forschungsprojektes zu bestätigen. Zudem hat sie sich darüber zu äussern, dass das Forschungsprojekt nicht mit anonymisierten Daten durchgeführt werden kann, dass die Einwilligung der Berechtigten unmöglich oder nur mit unverhältnismässigem Aufwand einzuholen ist, dass die jeweiligen Forschungsinteressen die Interessen der Berechtigten an der Geheimhaltung ihrer Gesundheitsdaten überwiegen und dass die Berechtigten über ihr Vetorecht aufgeklärt worden sind. Die Unbedenklichkeitserklärung ist zusätzlich vom Klinikleiter zu unterzeichnen. Wird die Bestätigung entweder durch die Ethikkommission oder den Klinikleiter verweigert, darf das Forschungsprojekt nicht gestützt auf die Klinikbewilligung durchgeführt werden; das Einholen einer Sonderbewilligung wird diesfalls aber vorbehalten.

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b.

Die Krankengeschichten und die elektronischen Datensammlungen müssen einen Vermerk über die allfällig erfolgte Weigerung der Datenverwendung zu Forschungszwecken enthalten.

c.

Die KJUP hat die einzelnen internen Forschungsprojekte zu registrieren und dem Sekretariat der Expertenkommission jährlich zu Handen des Präsidenten zu melden. Diese Meldung hat folgendes zu beinhalten: ­ den Titel des Forschungsvorhabens; ­ die (vermutete) Grösse des Kollektivs, die Einschlusskriterien und den Forschungszweck ­ den verantwortlichen Projektleiter; ­ die Namen der Personen, welche Einblick in nicht anonymisierte Daten nehmen dürfen; ­ für jedes einzelne Forschungsprojekt den Nachweis einer «non obstat»Erklärung der zuständigen Ethikkommission gemäss litera a.

d.

Das KJUP hat ein Zugriffsregelement zu erstellen und dieses dem Sekretariat zu Handen des Kommissionspräsidenten zuzustellen.

Aus dem Zugriffsreglement muss hervorgehen, in welcher Funktion die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu Forschungszwecken Zugriff auf die EDV-Datensammlungen mit nicht anonymisierten, personenbezogenen Daten haben. Personen, die Forschung betreiben, aber über keine Zugriffsberechtigung verfügen, ist der Zugriff auf die nicht anonymisierten Daten zu verweigern. Insbesondere dürfen Spitälern, externen Instituten oder externen Forschern nur anonymisierte Daten zur Verfügung gestellt werden.

Diejenigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, welche zugriffsberechtigt sind, haben die beiliegende Erklärung betreffend die ihnen gemäss Artikel 321bis StGB auferlegte Schweigepflicht zu unterzeichnen und zu Handen der Expertenkommission im KJUP aufzubewahren.

e.

Bezüglich Datenerhebungen bis zum 31. Dezember 1995 verzichtet die Expertenkommission praxisgemäss auf den Nachweis der erfolgten Aufklärung der Berechtigten. Für die Datenerhebungen ab dem 1. Januar 1996 kann sie nicht mehr davon absehen. Der Bewilligungsnehmer hat demnach ­ sofern notwendig ­ eine nachträgliche Aufklärung der Betroffenen vorzunehmen. In welcher Form dies geschieht, bleibt ihm überlassen. In begründeten Einzelfällen kann eine Aufklärung über ein geeignetes Publikumsorgan stattfinden. An dieser Stelle ist lediglich darauf hinzuweisen, dass im Unterlassungsfalle neben einem Strafverfolgungsrisiko die Gefahr einer Forschungslücke aufkommt. Letztere entstünde, wenn wegen fehlender Aufklärung die Verwendung von ansonsten konform erhobenen Daten für die Forschung untersagt würde.

Bewilligungsdauer und -beständigkeit Die vorliegende Bewilligung wird für eine Dauer von fünf Jahren seit Eintritt der Rechtskraft erteilt.

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In folgenden Fällen muss vor Ablauf der Bewilligungsdauer ein neues, ergänzendes Gesuch gestellt werden: ­

Wechsel des Bewilligungsnehmers also des Klinikleiters

­

Änderung der Verwaltungs- oder Organisationsstruktur der KJUP

­

Änderung der Datenverwaltung

­

Änderung des Zugriffsreglements

Frist für Auflagenerfüllung Der KJUP wird zur Erfüllung der Auflagen gemäss Ziffer 8 Buchstaben b­e eine Frist von 6 Monaten seit Rechtskraft der Bewilligung gesetzt.

Strafbarkeit Wer gemäss Artikel 321bis StGB ein Berufsgeheimnis unbefugterweise offenbart, das er durch seine Tätigkeit für die Forschung im Bereich der Medizin oder des Gesundheitswesens erfahren hat, wird nach Artikel 321 StGB bestraft.

Rechtsmittelbelehrung Gegen diese Verfügung kann nach Massgabe von Artikel 33 Absatz 1 Buchstabe c des Bundesgesetzes vom 19. Juni 1992 über den Datenschutz (DSG; SR 235.1) und Artikel 44 ff. des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren (VwVG; SR 172.021) innert 30 Tagen seit deren Eröffnung bzw. Publikation bei der Eidgenössischen Datenschutzkommission, Postfach, 3000 Bern 7, Verwaltungsbeschwerde erhoben werden. Die Beschwerde ist im Doppel einzureichen und hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift der beschwerdeführenden Partei oder ihres Vertreters oder ihrer Vertreterin zu enthalten.

Mitteilung und Publikation Diese Verfügung wird der KJUP und dem Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten schriftlich mitgeteilt. Das Verfügungsdispositiv wird im Bundesblatt veröffentlicht.

Wer zur Beschwerde legitimiert ist, kann innert der Beschwerdefrist beim Sekretariat der Expertenkommission, Bundesamt für Gesundheit, Abteilung Recht, 3003 Bern, nach telefonischer Voranmeldung (031 322 94 94) Einsicht in die vollständige Verfügung nehmen.

16. Juni 2002

Expertenkommission für das Berufsgeheimnis in der medizinischen Forschung Der Vizepräsident: Prof. Dr. med. Rudolf Bruppacher

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