Übersetzung1 Anhang 2

Beschluss 4/2000 des Gemischten Ausschusses EFTA­Türkei (Angenommen anlässlich des Treffens vom 16. November 2000)

Aufnahme des neuen Protokolls D über die gegenseitige Amtshilfe im Zollbereich

Der Gemischte Ausschuss, gestützt auf Artikel 3 Absatz 2 dieses Abkommens, welcher die Vertragsparteien verpflichtet, geeignete Massnahmen zu ergreifen ­ insbesondere Vereinbarungen über die Zusammenarbeit der Verwaltungen ­ um eine effiziente und harmonische Anwendung der zollbezogenen Vorschriften in diesem Abkommen zu ermöglichen, in Anbetracht der Tatsache, dass die Vertragsparteien ­ spezifische Bestimmungen von in Kraft stehenden Abkommen mit Partnern in Europa und darüber hinaus vorbehalten ­ danach trachten, Kontrollen und Formalitäten im grenzüberschreitenden Warenverkehr zu vereinfachen, in Anbetracht der zunehmenden Anzahl angewandter internationaler Konventionen im ganzen Bereich der Zollgesetzgebung, die ebenfalls einen Einfluss auf die reibungslose Anwendung dieses Abkommens haben und eine erweiterte Zusammenarbeit zwischen Zollverwaltungen nahe legen, in Anbetracht der Entwicklung in Europa und darüber hinaus, welche die Schaffung eines Netzwerkes von Abkommen über Zusammenarbeit im Zollbereich betrifft, in Anbetracht der Tatsache, dass eine erweiterte Verwaltungszusammenarbeit im Zollbereich zwischen den Vertragsparteien dieses Abkommens dazu beiträgt, den Zollbetrug effektiv zu bekämpfen, unter Berücksichtigung von Artikel 28 des Abkommens, beschliesst: 1.

Artikel 3 des Abkommens erhält eine neue Ziffer 3: «3. Protokoll D legt die Regeln der gegenseitigen Verwaltungszusammenarbeit im Zollbereich fest.»

2.

Der Wortlaut in Artikel 29 dieses Abkommens wird durch den folgenden ersetzt: «Protokolle und Anhänge bilden Bestandteil dieses Abkommens. Der Gemischte Ausschuss kann Änderungen der Protokolle und Anhänge beschliessen.»

1

Übersetzung des englischen Originaltextes.

2002-0094

1449

Beschluss 4/2000 des Gemischten Ausschusses EFTA­Türkei

3.

Der im Anhang zu diesem Beschluss wiedergegebene Wortlaut wird als neues Protokoll D beigefügt.

4.

Die oben erwähnten Änderungen treten in Kraft, sobald die Annahmeurkunden sämtlicher Vertragsparteien beim Depositar hinterlegt worden sind; dieser setzt darauf alle Vertragsparteien davon in Kenntnis.

5.

Der Generalsekretär der Europäischen Freihandelsassoziation hinterlegt den Text dieses Beschlusses beim Depositar.

1450

Beschluss 4/2000 des Gemischten Ausschusses EFTA­Türkei

Protokoll D über die gegenseitige Amtshilfe im Zollbereich Art. 1

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieses Protokolls bezeichnet der Ausdruck a)

«Waren» die Waren der Kapitel 1 bis 97 des Harmonisierten Systems, unabhängig vom Anwendungsbereich des Freihandelsabkommens zwischen den EFTA-Staaten und der Türkei;

b)

«Zollrecht» jede von den EFTA-Staaten oder der Türkei erlassene Rechtsoder Verwaltungsvorschrift über die Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr von Waren und deren Überführung in ein Zollverfahren, einschliesslich der Verbote, Beschränkungen und Kontrollen;

c)

«ersuchende Behörde» die von einer Vertragspartei zu diesem Zweck bezeichnete zuständige Verwaltungsbehörde, die ein Amtshilfeersuchen im Zollbereich stellt;

d)

«ersuchte Behörde» die von einer Vertragspartei zu diesem Zweck bezeichnete zuständige Verwaltungsbehörde, an die ein Amtshilfeersuchen im Zollbereich gerichtet wird;

e)

«Zuwiderhandlungen gegen das Zollrecht» jede Verletzung des Zollrechts oder jeder Versuch einer solchen Verletzung.

Art. 2

Sachlicher Geltungsbereich

(1) Die Vertragsparteien leisten einander in den unter ihre Zuständigkeit fallenden Bereichen in der Form und unter den Voraussetzungen, die in diesem Protokoll vorgesehen sind, Amtshilfe bei der Sicherstellung der ordnungsgemässen Anwendung des Zollrechts, insbesondere bei der Verhütung und der Aufdeckung von Zuwiderhandlungen gegen das Zollrecht und bei Ermittlungen im Zollbereich.

(2) Die Amtshilfe im Zollbereich im Sinne dieses Protokolls betrifft alle Verwaltungsbehörden der Vertragsparteien, die für die Anwendung dieses Protokolls zuständig sind. Sie berührt nicht die Vorschriften über die gegenseitige Amtshilfe in Strafsachen. Sie betrifft ferner nicht Informationen, die bei der Ausübung von Befugnissen auf Antrag der Justizbehörden erlangt werden, es sei denn, dass Letztere der Weitergabe dieser Informationen zustimmen.

Art. 3

Amtshilfe auf Ersuchen

(1) Auf Antrag erteilt die ersuchte Behörde der ersuchenden Behörde alle sachdienlichen Auskünfte, die es dieser ermöglichen, die Einhaltung des Zollrechts sicherzustellen, insbesondere Auskünfte über festgestellte oder beabsichtigte Handlungen, die gegen das Zollrecht verstossen oder verstossen könnten.

(2) Auf Antrag teilt die ersuchte Behörde der ersuchenden Behörde mit, ob die aus dem Gebiet einer Vertragspartei ausgeführten Waren ordnungsgemäss in ihr Gebiet eingeführt worden sind, gegebenenfalls unter Angabe des für die Waren geltenden Zollverfahrens.

1451

Beschluss 4/2000 des Gemischten Ausschusses EFTA­Türkei

(3) Auf Antrag der ersuchenden Behörde veranlasst die ersuchte Behörde im Rahmen ihrer Rechtsvorschriften die Überwachung von a)

natürlichen oder juristischen Personen, bei denen Grund zu der Annahme besteht, dass sie Zuwiderhandlungen gegen das Zollrecht begehen oder begangen haben;

b)

Örtlichkeiten, an denen Warenlager in einer Weise errichtet werden, dass Grund zu der Annahme besteht, dass sie Zuwiderhandlungen gegen das Zollrecht begünstigen sollen;

c)

Warenbewegungen, die den vorliegenden Angaben zufolge möglicherweise Gegenstand von schweren Zuwiderhandlungen gegen das Zollrecht sind;

d)

Beförderungsmitteln, bei denen Grund zu der Annahme besteht, dass sie bei Zuwiderhandlungen gegen das Zollrecht benutzt worden sind, benutzt werden oder benutzt werden könnten.

Art. 4

Amtshilfe ohne vorhergehendes Ersuchen

Die Vertragsparteien leisten einander von sich aus im Einklang mit ihren Rechtsund Verwaltungsvorschriften Amtshilfe, sofern dies ihres Erachtens zur ordnungsgemässen Anwendung des Zollrechts notwendig ist, insbesondere wenn sie über Erkenntnisse verfügen über ­

Handlungen, die gegen das Zollrecht verstossen oder ihres Erachtens gegen das Zollrecht verstossen und die für andere Vertragsparteien von Interesse sein können;

­

neue Mittel oder Methoden zur Begehung solcher Handlungen;

­

Waren, die bekanntermassen Gegenstand von Zuwiderhandlungen gegen das Zollrecht sind;

­

natürliche oder juristische Personen, bei denen Grund zu der Annahme besteht, dass sie Zuwiderhandlungen gegen das Zollrecht begehen oder begangen haben;

­

Beförderungsmittel, bei denen Grund zu der Annahme besteht, dass sie für Zuwiderhandlungen gegen das Zollrecht benutzt worden sind, benutzt werden oder benutzt werden könnten.

Art. 5

Technische Unterstützung

Die Vertragsparteien können einander auf Grund eines beidseitig akzeptierten Programms technische Unterstützung leisten, insbesondere bei: a)

Informationen und Erfahrungsaustausch im Gebrauch von technischem Kontrollgerät;

b)

Ausbildung von Zollbeamten;

c)

Austausch von Zollexperten;

d)

Austausch von spezifischen, wissenschaftlichen und technischen Informationen über die tatsächliche Anwendung der Zollgesetzgebung.

1452

Beschluss 4/2000 des Gemischten Ausschusses EFTA­Türkei

Art. 6

Zustellung/Bekanntgabe

Auf Antrag der ersuchenden Behörde veranlasst die ersuchte Behörde im Einklang mit den für sie geltenden Vorschriften ­

die Zustellung aller Schriftstücke,

­

die Bekanntgabe aller Entscheidungen sowie aller anderen für das anhängige Verfahren rechtserheblichen Schriftstücke,

die in den sachlichen Geltungsbereich dieses Protokolls fallen, an einen Adressaten mit Sitz oder Wohnsitz in ihrem Gebiet. Artikel 7 Absatz 3 findet auf den Antrag auf Zustellung oder Bekanntgabe Anwendung.

Art. 7

Form und Inhalt der Amtshilfeersuchen

(1) Amtshilfeersuchen nach diesem Protokoll sind schriftlich zu stellen. Dem Ersuchen sind alle Unterlagen beizufügen, die für seine Erledigung erforderlich sind. In dringenden Fällen können mündliche Ersuchen zulässig sein, die jedoch der unverzüglichen schriftlichen Bestätigung bedürfen.

(2) Amtshilfeersuchen nach Absatz 1 müssen folgende Angaben enthalten: a)

Bezeichnung der ersuchenden Behörde;

b)

Massnahme, um die ersucht wird;

c)

Gegenstand und Grund des Ersuchens;

d)

betroffene Rechts- und Verwaltungsvorschriften;

e)

möglichst genaue und umfassende Angaben über die natürlichen und juristischen Personen, gegen die sich die Ermittlungen richten;

f)

Zusammenfassung des Sachverhalts und der bereits durchgeführten Ermittlungen, ausser in den Fällen des Artikels 6.

(3) Amtshilfeersuchen werden in einer Amtssprache der ersuchten Behörde oder in Englisch oder in einer von der ersuchten Behörde zugelassenen Sprache gestellt.

(4) Entspricht ein Amtshilfeersuchen nicht den Formvorschriften, so kann seine Berichtigung oder Ergänzung beantragt werden; die Anordnung vorsorglicher Massnahmen wird dadurch nicht berührt.

Art. 8

Erledigung von Amtshilfeersuchen

(1) Bei der Erledigung von Amtshilfeersuchen verfährt die ersuchte Behörde im Rahmen ihrer Zuständigkeit und Mittel so, als ob sie in Erfüllung eigener Aufgaben oder auf Ersuchen anderer Behörden der eigenen Vertragspartei handelte; zu diesem Zweck hat sie bei ihr bereits verfügbare Angaben zu liefern oder zweckdienliche Ermittlungen anzustellen beziehungsweise zu veranlassen. Gleiches gilt für die Behörde, die von der ersuchten Behörde mit dem Ersuchen befasst wird, wenn diese nicht alleine tätig werden kann.

(2) Die Erledigung von Amtshilfeersuchen erfolgt im Einklang mit den Rechts- und Verwaltungsvorschriften der ersuchten Vertragspartei.

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Beschluss 4/2000 des Gemischten Ausschusses EFTA­Türkei

(3) Ordnungsgemäss bevollmächtigte Beamte der einen Vertragspartei können im Einvernehmen mit der betroffenen Vertragspartei und unter den von dieser festgelegten Voraussetzungen bei der ersuchten Behörde oder einer dieser nachgeordneten Behörde Auskünfte über Handlungen einholen, die gegen das Zollrecht verstossen oder verstossen könnten, welche die ersuchende Behörde zu den in diesem Protokoll niedergelegten Zwecken benötigt.

(4) Beamte der einen Vertragspartei können im Einvernehmen mit der betroffenen Vertragspartei und unter den von dieser festgelegten Voraussetzungen bei auf deren Gebiet durchgeführten Ermittlungen zugegen sein.

Art. 9

Form der Auskunftserteilung

(1) Die ersuchte Behörde teilt der ersuchenden Behörde das Ergebnis ihrer Ermittlungen in Form von Schriftstücken, beglaubigten Kopien, Berichten oder dergleichen mit.

(2) Die in Absatz 1 genannten Schriftstücke können durch Angaben ersetzt werden, die mittels Datenverarbeitung in beliebiger Form zum gleichen Zweck erstellt werden.

Art. 10

Ausnahmen von der Verpflichtung zur Amtshilfe

(1) Die Vertragsparteien können Amtshilfe nach Massgabe dieses Protokolls ablehnen, sofern diese a)

ihre Souveränität, die öffentliche Ordnung, ihre Sicherheit oder andere wesentliche Interessen beeinträchtigen könnte oder

b)

Steuer- oder Währungsvorschriften ausserhalb des Zollrechts betrifft oder

c)

ein Betriebs-, Geschäfts- oder Berufsgeheimnis verletzen würde.

(2) Ersucht eine Behörde um Amtshilfe, die sie selbst im Fall eines Ersuchens nicht leisten könnte, so weist sie in ihrem Ersuchen auf diesen Umstand hin. Die Erledigung eines derartigen Ersuchens steht im Ermessen der ersuchten Behörde.

(3) Wird die Amtshilfe abgelehnt, so ist diese Entscheidung der ersuchenden Behörde unter Angabe der Gründe unverzüglich mitzuteilen.

Art. 11

Datenschutz

(1) Sämtliche Auskünfte nach Massgabe dieses Protokolls sind vertraulich oder nur für den Dienstgebrauch bestimmt, gleichgültig, in welcher Form sie erteilt werden.

Sie unterliegen dem Dienstgeheimnis und geniessen den Schutz der für derartige Auskünfte geltenden Rechtsvorschriften der Vertragspartei, die sie erhalten hat.

(2) Personenbezogene Daten, d.h. alle Auskünfte, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare Person beziehen, dürfen nur ausgetauscht werden, wenn die empfangende Vertragspartei sich verpflichtet, für einen Schutz dieser Daten zu sorgen, der dem in diesem Fall in der übermittelnden Vertragspartei geltenden Schutz mindestens gleichwertig ist.

1454

Beschluss 4/2000 des Gemischten Ausschusses EFTA­Türkei

Art. 12

Verwendung der Auskünfte

(1) Die erhaltenen Auskünfte dürfen nur für die Zwecke dieses Protokolls verwendet werden. Ersucht eine Vertragspartei darum, solche Auskünfte zu anderen Zwecken zu verwenden, so holt sie vorher die schriftliche Zustimmung der Behörde ein, welche die Auskünfte erteilt hat. Die Verwendung unterliegt dann den von dieser Behörde auferlegten Beschränkungen. In derartigen Fällen können Auskünfte an die für die Bekämpfung des unerlaubten Drogenhandels unmittelbar zuständigen Stellen weitergegeben werden.

(2) Absatz 1 steht der Verwendung von Auskünften bei Gerichts- oder Verwaltungsverfahren wegen Zuwiderhandlungen gegen das Zollrecht nicht entgegen. Die zuständige Behörde, welche diese Auskünfte erteilt hat, wird von einer derartigen Verwendung unverzüglich unterrichtet.

(3) Die Vertragsparteien können die nach Massgabe dieses Protokolls erhaltenen Auskünfte und eingesehenen Schriftstücke als Beweismittel in Protokollen, Berichten und für Zeugenvernehmungen sowie in gerichtlichen Verfahren und Ermittlungen verwenden.

Art. 13

Sachverständige und Zeugen

Beamten der ersuchten Behörde kann es gestattet werden, nach Massgabe der erteilten Genehmigung in Gerichts- oder Verwaltungsverfahren, die unter dieses Protokoll fallende Angelegenheiten betreffen, im Gebiet einer anderen Vertragspartei als Sachverständige oder Zeugen aufzutreten und Gegenstände und Schriftstücke oder beglaubigte Kopien davon vorzulegen, sofern dies für das Verfahren erforderlich ist. In der Ladung ist genau anzugeben, in welcher Angelegenheit und in welcher Eigenschaft oder mit welcher Berechtigung die Beamten befragt werden sollen.

Art. 14

Kosten der Amtshilfe

Die Vertragsparteien verzichten auf alle gegenseitigen Ansprüche auf Erstattung der bei der Durchführung dieses Protokolls angefallenen Kosten; hiervon ausgenommen sind gegebenenfalls Vergütungen für Zeugen und Sachverständige sowie für Dolmetscher und Übersetzer, die nicht dem öffentlichen Dienst angehören.

Art. 15

Durchführung

(1) Die Durchführung dieses Protokolls wird den Zolldienststellen der Vertragsparteien übertragen. Sie beschliessen alle zu seiner Durchführung notwendigen praktischen Massnahmen und Vereinbarungen und tragen dabei den geltenden Datenschutzbestimmungen Rechnung.

(2) Die Vertragsparteien konsultieren und unterrichten einander über die Einzelheiten der Durchführungsbestimmungen, die sie nach diesem Protokoll erlassen. Sie tauschen durch das EFTA-Sekretariat insbesondere die Liste der zuständigen Behörden aus, die ermächtigt sind, im Sinne dieses Protokolls tätig zu werden.

1455

Beschluss 4/2000 des Gemischten Ausschusses EFTA­Türkei

Art. 16

Ergänzungscharakter

Dieses Protokoll steht der Durchführung etwaiger Amtshilfeabkommen, die zwischen den Vertragsparteien abgeschlossen worden sind oder abgeschlossen werden, nicht entgegen, sondern bildet eine Ergänzung dazu. Auch schliesst es eine im Rahmen solcher Abkommen vereinbarte weiterreichende Amtshilfe nicht aus.

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