01.075 Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Konzeption der Armee XXI (Armeeleitbild XXI) vom 24. Oktober 2001

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen den Bericht über die Konzeption der Armee XXI (Armeeleitbild XXI; ALB XXI) mit dem Antrag, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

24. Oktober 2001

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates

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Der Bundespräsident: Moritz Leuenberger Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

2001-2331

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Übersicht 1

Einleitung

Unter der Bezeichnung Schweizerische Armee XXI ist ein tief greifender Umbau unseres Wehrwesens in Angriff genommen worden. Damit wird die Fähigkeit der Armee sichergestellt, einen wesentlichen Beitrag zur Sicherheit der Schweiz, zum Schutz ihrer Bevölkerung und zur Stabilität ihres strategischen Umfeldes zu leisten.

Die Reform ist nötig, weil mit der bestehenden Armee diese Aufträge nicht optimal erfüllt werden können.

Der zentrale Auftrag bleibt die Verteidigung des Landes gegen militärische Bedrohungen. Bestimmend für die Armeereform ist die Entwicklung der sicherheitspolitischen Lage: Wenn die militärischen Herausforderungen sich ändern, muss auch unsere Antwort darauf ­ die Armee ­ angepasst werden, damit sie ein wirksames Instrument zur Gewährleistung der Sicherheit bleibt.

Auch wenn die Armee vor allem auf Grund sicherheitspolitischer Überlegungen reformiert wird, sind weitere Aspekte zu berücksichtigen: Die Armee wird auf den Wandel unserer Gesellschaft abgestimmt, und sie muss im Rahmen der zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel realisiert werden sowie den demografischen Rahmenbedingungen entsprechen.

Grundlage für die Erarbeitung dieses Armeeleitbildes ist die Bundesverfassung: Art. 58 Armee 1 Die Schweiz hat eine Armee. Diese ist grundsätzlich nach dem Milizprinzip organisiert.

2 Die Armee dient der Kriegsverhinderung und trägt bei zur Erhaltung des Friedens; sie verteidigt das Land und seine Bevölkerung. Sie unterstützt die zivilen Behörden bei der Abwehr schwerwiegender Bedrohungen der inneren Sicherheit und bei der Bewältigung anderer ausserordentlicher Lagen. Das Gesetz kann weitere Aufgaben vorsehen.

Dieses Armeeleitbild zeigt, wie die Armee ihren im Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Sicherheitspolitik der Schweiz («Sicherheit durch Kooperation», SIPOL B 2000) vom 7. Juni 1999 näher definierten Auftrag erfüllen soll und gibt die entsprechende Organisation vor.

Parallel zur Armeereform wird die zivile Zusammenarbeit bei Katastrophen und Notlagen im Rahmen des Projektes Bevölkerungsschutz erarbeitet. Das Projekt Überprüfung des Systems der inneren Sicherheit (USIS) verläuft ebenfalls parallel zur Armeereform und in Abstimmung mit ihr, wird aber später abgeschlossen. Ein umfassendes «Gesamtsicherheitskonzept» kann deshalb nicht vorgelegt werden ­ und das Armeeleitbild darf einem solchen Konzept auch nicht vorgreifen. Es ist aber gestützt auf den Verfassungsauftrag davon auszugehen, dass von der Armee auch in Zukunft Leistungen im Bereich der inneren Sicherheit erwartet werden. Die Armee stellt entsprechende Mittel nach Erfahrungswerten der letzten Jahre bereit. Flexibilität, diese Mittel nach Bedarf zu reduzieren bzw. auszubauen, ist vorhanden.

Das Armeeleitbild wird der Bundesversammlung gleichzeitig mit der Botschaft zur Armeereform XXI und zur Revision der Militärgesetzgebung vorgelegt. Darin wird 968

der Inhalt des Armeeleitbildes auf Gesetzesstufe konkretisiert und rechtlich umgesetzt.

Kurzportrait der Armee XXI Die Armee besteht aus dem Generalstab und den Teilstreitkräften Heer und Luftwaffe. Grundbausteine des Heeres sind Bataillone und Abteilungen, aus denen sich ohne die Reserve sechs und mit der Reserve acht Kampfbrigaden und vier Territorialregionen bilden lassen. Die Luftwaffe verfügt über mehrere Geschwader mit Kampfflugzeugen, Helikoptern und Transportflugzeugen, Flugplatzverbänden sowie Fliegerabwehrabteilungen. Die Armee XXI hat damit einen wesentlich geringeren Bestand als die bisherige Armee: 120 000 in der aktiven Armee, dazu ein Rekrutenjahrgang von rund 20 000 sowie eine Reserve von 80 000. Diese Verringerung ist angesichts des veränderten Umfeldes und der militärtechnischen Entwicklung angezeigt. Sie entspricht auch dem Bedürfnis, die zeitliche Belastung der Miliz abzubauen. Die Armee wird dadurch nicht geschwächt, wenn die durch den niedrigeren Bestand freiwerdenden Ressourcen zur Modernisierung und Verbesserung von Ausbildung, Ausrüstung und Bewaffnung verwendet werden.

Die Armee XXI bleibt eine Milizarmee; Milizkader führen grundsätzlich bis zur Stufe Bataillon/Abteilung und können auch Brigadekommandanten werden, wenn die entsprechende Eignung und Verfügbarkeit vorliegt. Die Rekrutenschule wird in der Regel wie bisher im Alter von 20 Jahren absolviert, dauert aber neu 21 Wochen, um eine gegenüber dem bisherigen System bessere Ausbildung zu ermöglichen.

Soldaten leisten nach der Rekrutenschule während 6 Jahren je einen Wiederholungskurs von 19 Tagen und werden anschliessend für vier Jahre in die Reserve eingeteilt. Die Verlegung der zu leistenden Diensttage auf die jüngeren Jahre erleichtert es, die Anforderungen von beruflicher Tätigkeit, Familie und Militär miteinander zu vereinbaren. Ein Teil der Militärdienstpflichtigen soll die Gelegenheit erhalten, den gesamten Militärdienst in einer Periode von 300 Tagen zu absolvieren, um anschliessend für 10 Jahre der Reserve zugeteilt zu werden (Durchdiener). Durch die Verfügbarkeit dieser Durchdiener über das ganze Jahr wird die Armee befähigt, subsidiäre Einsätze rasch und auch über längere Zeit zu leisten. Diese Ergänzung des Milizsystems stellt das herkömmliche System mit Rekrutenschule und Wiederholungskursen nicht
grundsätzlich in Frage, zumal höchstens ein Fünftel jedes Rekrutenjahrganges ­ auf freiwilliger Basis ­ von dieser Möglichkeit Gebrauch machen kann.

Die Armee XXI verzichtet grundsätzlich auf die Stufen Regiment, Division und Korps. Bataillone und Abteilungen sind die Grundelemente. Sie sind in der Grundgliederung in Brigaden eingeteilt, die aber im Hinblick auf einen konkreten Einsatz modular angepasst werden. Dadurch werden die Bedürfnisse nach regionaler Verankerung ebenso wie jene nach Flexibilität berücksichtigt.

Ein weiteres Kennzeichen der Armee XXI ist die abgestufte Bereitschaft: Die Armee muss nicht alle Leistungen innerhalb derselben Fristen erbringen, und es wäre ineffizient, alle Teile der Armee dauernd in hoher Bereitschaft zu halten. Ständig einsetzbar sind Berufs- und Zeitmilitär sowie die Durchdiener. Bei Bedarf können zusätzlich Rekrutenschulen in der Verbandsausbildungsphase und WK-Verbände eingesetzt werden, die gerade Dienst leisten, WK-Verbände aufgeboten oder sogar die Reserve aktiviert werden. Im Fall einer sich abzeichnenden gravierenden Verschlechterung der sicherheitspolitischen Lage können Bundesrat und Parlament 969

Schritte unternehmen, um die Armee in Bestand, Bereitschaft, Ausrüstung und Bewaffnung über die Reserve hinaus zu verstärken; dies wird als Aufwuchs bezeichnet.

Die Schweiz bleibt dauernd und bewaffnet neutral; sie tritt keinem Militärbündnis bei. Die Armee XXI ist darauf ausgerichtet, die Verteidigung der Schweiz möglichst mit eigenen Kräften zu gewährleisten. Es darf aber nicht ausser Acht gelassen werden, dass ein militärischer Angriff (der aus heutiger Sicht auf absehbare Zeit wenig wahrscheinlich ist) mit so starken Kräften oder in geografisch so ausgreifender Art vorgetragen werden könnte, dass unsere Armee ihm allein nicht standhalten könnte oder eine auf das schweizerische Territorium beschränkte Abwehr nicht Erfolg versprechend wäre. Im Hinblick auf diesen Fall ist es die Pflicht der Landesregierung und Aufgabe der Armee, Vorkehrungen in Ausbildung und Ausrüstung zu treffen, die im Fall eines militärischen Angriffs auf die Schweiz notfalls die Verteidigungszusammenarbeit mit anderen Staaten und Armeen erlauben würde. Die Entwicklung der Fähigkeit zur Zusammenarbeit mit anderen Armeen dient der Wahrung der Handlungsfreiheit im Verteidigungsfall; die Fähigkeit zur autonomen Verteidigung gegenüber Angriffen, die wir mit eigenen Mitteln meistern können, wird dabei gewahrt.

2

Rahmenbedingungen

2.1

Sicherheits- und militärpolitische Lage

Die Schweiz ist von demokratischen Staaten umgeben. Alle Nachbarstaaten, ausser Liechtenstein, sind Mitglieder der EU und gehören ­ mit Ausnahme von Österreich und Liechtenstein ­ der NATO an.

Die Lage der Schweiz in Europa Abbildung 1

EU NATO EU und NATO

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Bedrohungen und Gefahren In der folgenden Abbildung sind die Bedrohungen und Gefahren aufgeführt, zu deren Bewältigung die Armee wesentliche Beiträge leistet. Die Informationskriegsführung ist insofern eine Ausnahme, als die Armee sich in Bezug auf diese Bedrohung im Wesentlichen darauf beschränken muss, ihre eigenen Systeme zu schützen und funktionsfähig zu erhalten. Die Abwehr von Informationsangriffen auf andere Bereiche von Staat und Gesellschaft ist nicht Aufgabe der Armee. Sie kann hingegen die Folgewirkungen von Informationskriegsführung mildern, indem sie für betroffene zivile Bereiche subsidiäre Hilfeleistungen erbringt. Bedrohungen und Gefahren sind nach zwei Kriterien gegliedert: der Eintretenswahrscheinlichkeit und den Auswirkungen auf die Schweiz und ihre Bewohner. Als Tendenz ist festzustellen, dass jene Bedrohungen und Gefahren, die am wahrscheinlichsten sind, die Schweiz nicht in ihrer Existenz bedrohen, obwohl sie Teile der Bevölkerung massiv treffen können.

Dies ist jedoch nur eine Momentaufnahme: Die Eintretenswahrscheinlichkeit der einzelnen Bedrohungen und Gefahren kann sich verändern. Deshalb müssen sie ständig verfolgt werden, um die Armee und die anderen sicherheitspolitischen Instrumente auf die reale Lage abzustimmen.

Bedrohungen und Gefahren Abbildung 2

Konflikte ausserhalb Europas Natur- und techn. Katastrophen

Eintretenswahrscheinlichkeit

bewaffnete Konflikte in Europa gewalttätiger Extremismus Terrorismus Informationskriegsführung Auswirkungen von Proliferation Unruhen im Innern Gewaltanwendung im Luftraum

militärische Aggression

Auswirkungen auf die Schweiz

Bewaffnete Konflikte ausserhalb Europas sind eine ständige Realität; derzeit z.B. im Maghreb und Nahen Osten, in West- und Zentralafrika, in Afghanistan und Kaschmir, in Sri Lanka und Indonesien. Ein Unterschied zu Europa liegt darin, dass zwischenstaatliche Kriege in manchen anderen Regionen weiterhin eine beträchtliche Wahrscheinlichkeit haben (z.B. Indien-Pakistan, Nordkorea-Südkorea). Die Schweiz ist von solchen bewaffneten Konflikten ausserhalb Europas in unterschiedlichem Mass und auf verschiedene Weise betroffen. Flüchtlinge aus den Konfliktregionen, 971

selbst aus geografisch entfernten, suchen Asyl in der Schweiz. Die Versorgung mit wichtigen Gütern kann gestört werden, und bei bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Staaten, die über Nuklearwaffen verfügen, besteht das Risiko, dass ein allfälliger Einsatz dieser Waffen auch in der Schweiz zu erhöhter Radioaktivität führen würde.

Naturkatastrophen und technische Katastrophen sind ein ständiges Risiko. Die hohe Siedlungsdichte macht die Schweiz für die Auswirkungen solcher Katastrophen anfällig. Unser Land ist stark von vernetzten Systemen (Telekommunikation, Energie, Logistik) abhängig, sodass schon der Ausfall einzelner Komponenten weitreichende Folgen haben kann. Naturkatastrophen oder technische Katastrophen haben starke Auswirkungen auf die Betroffenen. Sie sind aber selten von einem solchen Ausmass, dass grosse Teile des Volkes gleichzeitig, vital und nachhaltig betroffen wären. Auf Grund der Erfahrungen in den vergangenen Jahren ist davon auszugehen, dass zur Bewältigung der Folgen von Lawinen, Überschwemmungen und Stürmen auch in Zukunft häufig die Unterstützung der Armee angefordert werden wird, weil die zivilen Mittel nicht ausreichen.

Regionale bewaffnete Konflikte in Europa fanden in den letzten zehn Jahren auf dem Balkan, im Kaukasus und in der Türkei statt (Kriege im Zusammenhang mit der Auflösung Jugoslawiens, Kosovo, Mazedonien; Nagorni-Karabach, Georgien, Tschetschenien; Kurdistan). Die direkten militärischen Auswirkungen waren und sind regional begrenzt, die indirekten Auswirkungen auf die Schweiz aber erheblich.

Von den bewaffneten Auseinandersetzungen auf dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawiens und in der Osttürkei ist die Schweiz durch Flüchtlingsströme betroffen, und in der Schweiz sind beträchtliche Volksgruppen aus den betreffenden Regionen wohnhaft. In der Kombination von Eintretenswahrscheinlichkeit und Auswirkungen auf die Schweiz gehören regionale bewaffnete Konflikte in Europa zu den wichtigsten sicherheitspolitischen Risiken für die Schweiz. Dies ist auch der Grund für das zivile und militärische Engagement zu Gunsten von Stabilität, Sicherheit und Frieden jenseits unserer Grenzen.

Bereitschaft zu gewalttätigem Extremismus kommt im Zusammenhang mit den Folgen von Migration sowie bei Gruppierungen vor, welche die Globalisierung und ihre Erscheinungsformen zum
Anlass von gewaltsamen Protestaktionen nehmen. Der gewalttätige Extremismus kann die Durchführung internationaler Anlässe erschweren (Weltwirtschaftsforum Davos und andere internationale Konferenzen) und die Attraktivität der Schweiz als Gastland für solche Treffen sowohl durch das Risiko möglicher Störungen als auch durch die zu deren Verhinderung nötigen Sicherheitsmassnahmen mindern. Zudem beeinträchtigen gewaltsame Ausschreitungen die Glaubwürdigkeit legitimer Manifestationen bei solchen Anlässen.

Die Schweiz ist zurzeit kein primäres Ziel des internationalen Terrorismus. Eine Gefährdung kann aber für ausländische Einrichtungen und Personen in der Schweiz sowie für Veranstaltungen mit internationaler Beteiligung bestehen, und eine allgemeine Gefährdung kann auch aus einer internationalen Konfrontation mit Terrorismus entstehen, bei der die Schweiz nicht im Zentrum steht, aber von den Auswirkungen ebenso wie andere Staaten betroffen ist. Die Gefährdung durch Terrorismus kann unversehens zur Realität werden, und es können gleichzeitig mehrere Einrichtungen bzw. Orte angegriffen werden. Es gilt ausserdem zu verhindern, dass die Schweiz als Transitland oder rückwärtige Basis für Terroristen dient. Schliesslich

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besteht das Risiko, dass Schweizer Bürgerinnen und Bürger im Ausland gewissermassen zufällig zu Opfern terroristischer Anschläge werden.

Die Informationskriegsführung ist für die Schweiz ein erhebliches Risiko. Infolge der europaweit höchsten Informatik- und Vernetzungsdichte und der starken internationalen Verflechtung der Wirtschaft ist sie stark von funktionssicheren Datenverbindungen abhängig. Die teilweise komplexen Vernetzungen verschiedener gesellschaftlicher Bereiche haben eine hohe Verwundbarkeit zur Folge. Die Bedrohung reicht von massiven Beeinträchtigungen oder Störungen unserer Wirtschaft bis zur Lähmung unserer politischen und militärischen Führungsfähigkeit. Informationskriegsführung ist kein Risiko, zu dessen Abwehr die Armee einen zentralen Beitrag leisten kann, sie wird aber selber in ihrer Funktionsfähigkeit von diesem Risiko bedroht und muss darum in der Lage sein, Informationskriegsangriffe auf ihre eigenen Führungssysteme abzuwehren.

In Bezug auf Massenvernichtungswaffen, ballistische Lenkwaffen und Marschflugkörper ist die Weiterverbreitung (Proliferation) eine Realität, trotz verschiedenen Massnahmen, welche diese Weiterverbreitung eindämmen oder verzögern, nicht aber vollständig verhindern können (Vertrag über die Nichtweiterverbreitung von Nuklearwaffen, Konventionen über biologische und chemische Waffen, Vereinbarungen über die Kontrolle von Exporten für Nuklear- bzw. Raketentechnologie).

Ungewiss ist aber, welche Staaten (oder allenfalls auch nichtstaatliche Gruppen) Zugang zu solchen Mitteln erhalten werden, wann dies der Fall sein wird und in welcher Weise und gegen wen sie dieses Drohpotenzial einsetzen werden. Abgesehen von den Potenzialen der fünf Nuklearmächte (Frankreich, Grossbritannien, Russland, USA und Volksrepublik China) kann Europa durch ballistische Lenkwaffen erst punktuell an seiner südlichen Peripherie erreicht werden. In einigen Jahren könnte aber eintreffen, dass mehrere europäische Länder, unter ihnen auch die Schweiz, innerhalb der Reichweite ballistischer Lenkwaffen aus dem südlichen Mittelmeerraum oder dem Nahen und Mittleren Osten liegen. Die Weiterverbreitung von Marschflugkörpern dürfte etwas langsamer erfolgen, zumal die Beherrschung dieser Technologie anspruchsvoller ist.

Das Risiko, dass in der Schweiz innere Unruhen ausbrechen könnten,
von denen erhebliche Volksteile betroffen wären, ist gering, und es zeichnen sich keine gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, politischen oder kulturellen Konfliktfelder ab, die zu eigentlichen inneren Unruhen Anlass geben könnten. Die Armee untersteht den gewählten politischen Behörden, verfolgt selber keine politischen Ziele und lässt sich auch nicht als Mittel in der politischen Auseinandersetzung missbrauchen. Im Falle innerer Unruhen in der Schweiz wäre sie aber in der Lage, unter demokratisch legitimierter politischer Führung subsidiär die Polizei bei gewissen Aufgaben (z.B. Bewachung gewisser Objekte) zu entlasten.

Gewaltanwendung im Luftraum ist wenig wahrscheinlich. Sie hätte aber erhebliche Auswirkungen, selbst wenn sie nicht von einem Angriff zu Lande gefolgt wäre: Die Glaubwürdigkeit der Neutralität ist damit verknüpft, dass die Schweiz aus eigener Kraft die Souveränität auf dem ganzen Territorium und in der Gesamtheit ihres Luftraumes durchsetzen kann. Gewaltanwendung im schweizerischen Luftraum dürfte erst dann zu einem wahrscheinlichen Risiko werden, wenn im Umfeld der Schweiz kriegerische Handlungen stattfinden würden. Gerade in einer solchen Lage hätte aber die Durchsetzung der Neutralitätspflichten einen besonders hohen Stellenwert.

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Der militärische Angriff auf die Schweiz ist das sicherheitspolitische Extremrisiko, bei dem die Existenz des Landes auf dem Spiel stünde. Die Wahrscheinlichkeit eines solchen Angriffs ist mit dem Ende des Kalten Krieges gesunken und heute als sehr gering einzustufen. Zum einen fällt es schwerer als früher, irgendeinem Staat in Europa aggressive Absichten zu unterstellen, deren Realisierung auch die Schweiz militärisch bedrohen würde. Zum andern ist die quantitative Stärke konventioneller Kriegsmittel in Europa durch Abkommen ebenso wie durch unilaterale Schritte verringert worden, auch wenn es zu berücksichtigen gilt, dass die quantitativen Reduktionen von qualitativen Verbesserungen begleitet sind. Schliesslich ist zu berücksichtigen, dass die Schweiz von demokratischen Staaten umgeben ist, von denen kein Risiko eines militärischen Angriffs auf die Schweiz ausgeht und die ein Angreifer überwinden müsste, bevor ein terrestrischer Angriff auf die Schweiz möglich würde. Die Verteidigung des Landes bleibt aber der wichtigste Auftrag der Armee ­ trotz sehr geringer Wahrscheinlichkeit, dass dieser Fall eintritt ­, weil der Schaden im Eintretensfall immens wäre und es nicht auszuschliessen ist, dass die derzeit sehr geringe Eintretenswahrscheinlichkeit längerfristig wieder zunehmen könnte.

Internationale Sicherheitsstrukturen Die Vereinten Nationen wurden geschaffen, um u.a. den Weltfrieden und die internationale Sicherheit mittels kollektiver Massnahmen zu gewährleisten und die friedliche Beilegung von Konflikten unter Staaten zu fördern. Grundsätzlich rechtfertigen nur Beschlüsse des UNO-Sicherheitsrates bzw. von diesem gutgeheissene Entscheide regionaler Sicherheitsorganisationen militärische Gewaltanwendung, die über die Selbstverteidigung hinausgeht.

Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) umfasst Europa, Nordamerika und die zentralasiatischen ehemaligen Sowjetrepubliken. Die Schwerpunkte der Zusammenarbeit dieser Staatengemeinschaft, die sich zu gemeinsamen Werten bekennt (Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte, Grundfreiheiten), liegen in der Präventivdiplomatie, Konfliktverhütung und Krisenbewältigung sowie in der Stärkung demokratischer Gesellschaften, besonders nach Konflikten. Eckpfeiler des militärischen Bereiches der OSZE sind die Vertrauensund
Sicherheitsbildenden Massnahmen, die mittels Informationsaustausch, Krisenbewältigungsmechanismen und verschiedenen Verifikationsformen dazu beitragen, Offenheit, Transparenz und Berechenbarkeit bezüglich Streitkräften zu fördern.

Mit dem Vertrag von Maastricht hat die Europäische Union (EU) 1992 die Grundlage für eine Gemeinsame Aussen- und Sicherheitspolitik geschaffen, die ihrem wirtschaftlichen Gewicht entspricht. Ein weiterer Schritt ist die Schaffung einer Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP). Damit will die EU die Fähigkeit zur Durchführung der so genannten Petersberger Aufgaben erlangen. Diese umfassen humanitäre Einsätze, friedenserhaltende Aufgaben sowie Kampfeinsätze bei der Krisenbewältigung, einschliesslich Massnahmen zur Herbeiführung des Friedens. Am EU-Gipfel vom Dezember 1999 in Helsinki wurde zu diesem Zweck beschlossen, bis 2003 EU-Krisenreaktionskräfte im Umfang von rund 60 000 Mann zu schaffen, die innert 60 Tagen und für mindestens ein Jahr eingesetzt werden können. Inzwischen haben die EU-Staaten (mit der Ausnahme von Dänemark) und einige weitere Staaten, die der NATO (nicht aber der EU) angehören, die nötige Zahl nationaler Truppen einschliesslich von Flugzeugen und Schiffen gemeldet. Diese Streitkräfte bleiben aber national unterstellt und sind für Einsätze im Rahmen der

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ESVP nur vorgemerkt. Wenn ein konkreter Einsatz bevorsteht, liegt es in der Entscheidung jedes einzelnen Staates, ob das vorgemerkte Kontingent für diesen Einsatz zur Verfügung gestellt wird. Die EU hat mit der Einsetzung eines PolitischMilitärischen Ausschusses, eines Militärausschusses und eines Militärstabes auch ihre interne Struktur für die ESVP aufgebaut. Trotz dieser Massnahmen wird sie aber für grosse Operationen nach wie vor auf Mittel der NATO, insbesondere der USA, angewiesen sein, vor allem für Aufklärung, Führung und Transporte auf strategischer Stufe.

Auch nach der weitgehenden Überführung der WEU in die EU besteht zwischen den Mitgliedern der EU keine militärische Beistandspflicht: Die Petersberger Aufgaben, und damit auch die ESVP, betreffen nicht die gemeinsame Verteidigung und können damit auch von den bündnisfreien EU-Mitgliedstaaten mitgetragen werden. Die Schweiz nimmt als EU-Nichtmitglied an der ESVP nicht teil. Im Fall konkreter Operationen im Rahmen der ESVP, die mit den Interessen der Schweiz übereinstimmen, könnte die Schweiz fallweise und selbstständig entscheiden, ob sie einen militärischen Beitrag anbieten möchte. Denkbar wäre Unterstützung z.B. in den Bereichen Logistik und Transport, ausgeschlossen aber die Teilnahme an Kampfhandlungen zur Erzwingung des Friedens.

Die Verteidigung ihrer Mitgliedstaaten ist nach wie vor die Kernaufgabe der NATO.

Zusätzlich hat sie jedoch die Aufgabe übernommen, ausserhalb des Territoriums ihrer Mitgliedstaaten mit so genannten Krisenreaktionskräften den Frieden zu erhalten oder zu erzwingen, in der Regel unter einem Mandat der UNO, allenfalls auch der OSZE. Dazu hat sie ihre Kommandostruktur angepasst. Ein Hauptpfeiler dieser neuen Kommandostruktur sind Einsatzstäbe zur Führung von multinationalen und teilstreitkräfteübergreifenden Verbänden, die für bestimmte Aufgaben modular zusammengesetzt werden, so genannte Combined Joint Task Forces. Diese ermöglichen auch Staaten, die nicht der NATO angehören, an NATO-geführten Operationen zur Friedensunterstützung teilzunehmen, wie es z.B. derzeit bei der KFOR der Fall ist.

Auch mit der Partnerschaft für den Frieden (PfP) und dem Euro-Atlantischen Partnerschaftsrat (EAPC) hat die NATO Strukturen und Foren geschaffen, um die sicherheitspolitische Zusammenarbeit im euro-atlantischen Raum
zu intensivieren.

Zurzeit nehmen 45 Staaten an PfP teil. Die Partnerschaft dient vor allem dazu, die Fähigkeit zur Zusammenarbeit in humanitären und friedensunterstützenden Aktionen sowie Katastropheneinsätzen zu erhöhen und die demokratische Kontrolle der Streitkräfte zu fördern. Jeder Partner bestimmt selbst Inhalt und Ausmass seines PfP-Engagements. Zur Förderung der Zusammenarbeitsfähigkeit dient der so genannte Planning and Review Process (PARP), an dem auch die Schweiz teilnimmt.

Im Rahmen dieses Prozesses setzen sich die Partner Ziele für den Aufbau der Zusammenarbeitsfähigkeit mit NATO-Streitkräften und bewerten selbst, inwieweit diese Ziele erreicht wurden.

2.2

Militärische Entwicklungen

Streitkräftereformen in Europa In vielen europäischen Staaten sind Militärreformen im Gang, die zu einem wesentlichen Teil auf das veränderte militärische Aufgabenspektrum zurückzuführen sind.

Verteidigungsdispositive für das eigene Staatsgebiet haben an Bedeutung einge975

büsst, für NATO-Mitgliedstaaten ebenso wie für bündnisfreie Länder. Zugenommen hat hingegen die Bedeutung der Fähigkeit zur Teilnahme an friedensunterstützenden oder allenfalls friedenserzwingenden Operationen. Die Verteidigung als militärische Kernkompetenz wird indessen nicht in Frage gestellt.

Ein allgemeiner Trend ist die Verkleinerung der Streitkräfte, unter Beibehaltung einer Reserve. Die sich daraus ergebenden Einsparungen sollen grösstenteils zur Modernisierung eingesetzt werden. Die Luftstreitkräfte spielen bei dieser Modernisierung eine zentrale Rolle und sind vom Trend zur Verkleinerung in der Regel weniger betroffen als die anderen Teilstreitkräfte. In einigen Ländern geht die Verkleinerung der Streitkräfte einher mit der Abschaffung oder Suspendierung der allgemeinen Wehrpflicht. Die Tendenz zur Berufsarmee hat verschiedene Ursachen: gesellschaftliche Faktoren, höhere Anforderungen im Bereich der Rüstungstechnologie und das veränderte Aufgabenspektrum der Streitkräfte. Der professionelle Anteil wird auch bei Streitkräften zunehmen, die an der allgemeinen Wehrpflicht festhalten.

Ein modularer Aufbau der Streitkräfte ermöglicht, Verbände im Hinblick auf einen bevorstehenden Einsatz flexibel zusammenzustellen. Daneben ist die Modularität ein wesentliches Element in der internationalen Zusammenarbeit: für friedensunterstützende Operationen werden in der Regel nationale Module zu einem multinationalen Verband zusammengefügt. Auch allfällige Verteidigungsoperationen sollen mit modular zusammengesetzten Verbänden geführt werden. Ein weiterer Trend ist die Schaffung schlankerer Kommandostrukturen. Auch diese erleichtern einen flexiblen Einsatz der Streitkräfte.

Der Kooperationsfähigkeit mit ausländischen Streitkräften wird entscheidende Bedeutung beigemessen. Das gilt nicht nur für NATO-Mitglieder, sondern auch für neutrale und andere bündnisfreie Staaten. Ausschliesslich nationale Militäreinsätze beschränken sich im Wesentlichen auf Aufträge im eigenen Land und Interventionen zur Wahrung spezifischer nationaler Interessen im Ausland. Letzteres betrifft vor allem grössere Staaten und solche, die besondere Beziehungen zu ehemaligen Kolonien unterhalten.

Entwicklung der Rüstungstechnologie Wie in zivilen Bereichen führt der Fortschritt der Informationstechnologie auch beim Einsatz von
Streitkräften zu einer Dynamisierung des Geschehens. Eine zeitverzugslose Aufklärung und automatisierte Führungsabläufe führen zu einem hohen Kenntnisstand über die Lage und tragen so zum rascheren Ablauf des Gefechts bei.

Dabei können Waffen mit grösserer Präzision über weitere Distanzen eingesetzt werden. Eine erhöhte Mobilität von der strategischen bis zur gefechtstechnischen Stufe verstärkt die Dynamik zusätzlich. Eine Konsequenz daraus ist, dass die Tiefe des Raums dem Verteidiger weniger Schutz bietet. Ähnliches gilt für Tageszeit und Witterung: Fortschritte in den Sensortechnologien haben dazu geführt, dass die Dunkelheit militärische Operationen kaum noch behindert. Die Wirkung schlechter Witterungsbedingungen auf militärische Operationen ist zwar nach wie vor erheblich, aber auch dies dürfte sich längerfristig ändern. Gesamthaft gesehen werden sich in Zukunft Raum und Zeit einfacher überwinden lassen, und der zur Erreichung des Ziels benötigte Kräfteansatz wird kleiner sein. Die Verfügbarkeit von Informationen wird zum erfolgsentscheidenden Faktor.

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Die Informationstechnologie schafft auch neue Risiken. Führungs- und Informationssysteme sind erstrangige Ziele und müssen mit hoher Priorität geschützt werden. Das Ausmass der zu ergreifenden technischen und organisatorischen Schutzmassnahmen variiert je nach dem Grad der Abhängigkeit und Verwundbarkeit, die durch Abstützung auf vernetzte und automatisierte Systeme entsteht. Ausserdem hängt die Leistungserbringung der Armee auch von der sicheren Funktion der zivilen Informationsinfrastruktur ab, die ihrerseits Risiken ausgesetzt ist.

Die geringere Akzeptanz von Opfern als Teil des gesellschaftlichen Wertewandels und des kleineren Streitkräfteumfangs verlangt umfassenderen Schutz der Armeeangehörigen. Dieser kann mittels neuer technischer Vorrichtungen, wie beispielsweise integrierte Selbstschutzsysteme für Kampffahrzeuge oder Helikopter, erreicht werden. Abstandswaffen, sowohl land- wie luftgestützt, verringern die Gefährdung beim Waffeneinsatz. Eine weitere Gefahrenminimierung wird durch Modernisierung der Einsatzunterstützung (Minenräumung, elektronische Kriegführung etc.) erreicht.

Die meisten Streitkräfte Europas passen sich diesen Entwicklungen an und investieren in den Ausbau ihrer Fähigkeiten in den Bereichen Aufklärung, Führung, Präzisionsfeuer und Mobilität.

2.3

Bundesverfassung und Sicherheitspolitischer Bericht 2000

Die Armee XXI basiert auf der Bundesverfassung vom 18. April 1999 und dem SIPOL B 2000. Die verfassungsmässigen Grundlagen der Armee wurden ausserhalb der Bundesverwaltung einer juristischen Analyse unterzogen, deren Ergebnisse in diesem Armeeleitbild berücksichtigt sind.

Neutralität Die Schweiz hält an der dauernden und bewaffneten Neutralität als Instrument der Aussen- und Sicherheitspolitik fest. Die Grundlagen für seine Neutralitätspolitik hat der Bundesrat in seinem Bericht zur Neutralität von 1993 festgelegt und im SIPOL B 2000 ebenso wie im Aussenpolitischen Bericht 2000 (Präsenz und Kooperation: Interessenwahrung in einer zusammenwachsenden Welt) vom 15. November 2000 bestätigt. Der neutralitätsrechtliche und neutralitätspolitische Spielraum wurde in diesen Berichten aufgezeigt und bedarf hier keiner ergänzenden Ausführungen.

Neutralität bedeutet, dass sich die Schweiz an Kriegen zwischen anderen Staaten nicht beteiligt und sich der einseitigen militärischen Unterstützung einer Partei in solchen Konflikten enthält. Der Status der dauernden Neutralität verbietet auch, in Friedenszeiten einem Bündnis zur kollektiven Verteidigung beizutreten. Die Mitwirkung der Schweiz in der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, in der Partnerschaft für den Frieden und im Euro-Atlantischen Partnerschaftsrat sowie in der UNO ist hingegen unbedenklich, weil sie keine Beistandspflicht für den Kriegsfall enthält und auch keine entsprechende Vorwirkung entfaltet. Neutralitätsrechtlich unproblematisch ist auch die Beteiligung an internationalen Operationen zur Friedensunterstützung und Krisenbewältigung, sofern diese auf der Grundlage eines Mandates der UNO oder der OSZE erfolgen. Weiter ist auch eine verteidigungsbezogene Ausbildungszusammenarbeit mit anderen Staaten vollständig mit der Neutralität vereinbar, solange die Partner nicht in bewaffnete 977

Konflikte involviert sind und die Ausbildungszusammenarbeit nicht zu Beistandsverpflichtungen führt oder Abhängigkeiten schafft, welche die Einhaltung der Neutralitätspflichten im Kriegsfall verunmöglichen würden.

Militärdienstpflicht In Artikel 59 der Bundesverfassung ist festgelegt: «Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor. Für Schweizerinnen ist der Militärdienst freiwillig.» Die in der Verfassung festgehaltene Pflicht, Militärdienst zu leisten, lässt eine freie Wahl zwischen Militärdienst und anderen Formen des Dienstes zu Gunsten der Allgemeinheit nicht zu. Die Bundesverfassung äussert sich hingegen weder zur Dauer noch zur Art des Militärdienstes.

Milizprinzip Das Milizsystem hat sich in unserem Land auf politischer wie auch militärischer Ebene historisch entwickelt. Militärisch kennzeichnet sich das Milizsystem durch eine Organisation, die alle Männer im wehrpflichtigen Alter erfasst, sie einer in der Regel relativ kurzen Grundausbildung unterwirft, fest in eine Formation einteilt und in periodischen Kursen und Truppenzusammenzügen Wissen und Können auffrischen und erweitern lässt. Das Milizsystem erlaubt eine Nutzung ziviler Kenntnisse und bringt eine breite Verankerung im Volk. Schwächen liegen in der Reaktionsund Durchhaltefähigkeit in der normalen Lage.

In Artikel 58 der Bundesverfassung wird der Begriff «Milizprinzip» erstmals auf Verfassungsstufe eingeführt, ohne aber definiert zu werden: «Die Schweiz hat eine Armee. Diese ist grundsätzlich nach dem Milizprinzip organisiert.» Die Armee XXI hält sich an diese Vorgabe. In Übereinstimmung damit sind jedoch Ausnahmen vom Grundsatz der Milizarmee verfassungskonform, sofern sie zur Auftragserfüllung der Armee zwingend notwendig und auf Tätigkeitsbereiche und Funktionen beschränkt sind, die von Angehörigen der Miliz nicht oder nur unzureichend ausgeübt werden können (Aufgaben, die eine hohe Bereitschaft voraussetzen oder ausserordentlich hohe Ansprüche an die spezifische Ausbildung stellen). In der Botschaft vom 20. November 1996 zur Totalrevision der Bundesverfassung werden als Beispiele höhere Stabsoffiziere, die Instruktoren sowie die Angehörigen des Festungswachtkorps und des Überwachungsgeschwaders genannt. Auch die Existenz einer Militärverwaltung, bestehend aus
zivilem Personal, wird vom Grundsatz der Milizarmee nicht in Frage gestellt.

In der Armee XXI wird die Anzahl des Berufsmilitärs erhöht, um die Ausbildungsqualität zu verbessern. Zudem werden auch Angehörige der Miliz, die sich der Armee für eine befristete Zeitdauer zur Verfügung stellen, vollamtlich tätig sein.

Solches Zeitmilitär wird insbesondere im Rahmen der Ausbildung, zur internationalen Friedensunterstützung und Krisenbewältigung sowie in Bereichen, die einen aussergewöhnlich hohen Trainingsaufwand oder eine hohe Bereitschaft erfordern, eingesetzt. Diese Erhöhung der Berufskomponente, insbesondere der Einsatz von Zeitmilitär, steht nicht im Widerspruch dazu, dass die Armee nach dem Milizprinzip organisiert ist, zumal es sich auch in Zukunft nur um einen kleinen Anteil handeln wird.

Führungsfunktionen werden in der Armee XXI soweit als möglich von Milizkadern erfüllt. Es wird Milizoffizieren möglich sein, Kommandofunktionen bis zum Brigadekommandanten innezuhaben, sofern eine entsprechende Eignung und Verfügbar978

keit (für Brigadekommandanten mindestens Teilzeitfunktion) gegeben ist. Stabsfunktionen können von Milizkadern bis auf Stufe Führungsstab der Armee eingenommen werden. Damit wird auch die Motivation von Angehörigen der Armee gefördert, sich für eine Kaderlaufbahn zur Verfügung zu stellen.

Durchdiener sind Angehörige der Miliz. Sie absolvieren ihre Militärdienstpflicht am Stück und gehören anschliessend zehn Jahre der Reserve an. Dies ist ebenfalls verfassungskonform. Ein verfassungsrechtliches Problem würde sich erst dann stellen, wenn alle oder ein grosser Teil der Militärdienstpflichtigen ihren Dienst in dieser Form leisten, insbesondere deshalb, weil die Armee dann weitgehend von Berufskadern geführt werden müsste. Den Militärdienst am Stück dürfen deshalb nur so viele leisten, wie für die Gewährleistung der geforderten Bereitschaft (vor allem für Beiträge zur Prävention und Bewältigung existenzieller Gefahren) und für einen hohen Ausbildungsstand in gewissen Bereichen zwingend notwendig sind. Die Durchdiener sollen gegen 20% eines Rekrutenjahrgangs ausmachen, und die Wahl dieses Dienstmodells ist freiwillig.

Bereitschaftsverbände bestehen aus Berufs- und Zeitmilitär sowie aus Durchdienern, Rekrutenschulen in der Verbandsausbildung und Verbänden im Wiederholungskurs als Milizkomponenten. Aufgaben und Einsatz der Bereitschaftsverbände werden im Militärgesetz geregelt. Allerdings ist es nicht nötig, die Bestände gesetzlich festzulegen.

Die Bildung von Lehrverbänden mit Stäben, bestehend aus militärischem Personal und Milizkader, und damit verbunden eine weitgehende Professionalisierung der Grundausbildung, ist verfassungsrechtlich unproblematisch. Dagegen ist die Führung im Einsatz durch Berufspersonal ausserhalb ihrer Milizfunktion nur zulässig, wenn die entsprechende Belastung nicht mehr in Teilzeit getragen werden kann, oder wenn es sich um einen Verband handelt, der sich aus Berufs- oder Zeitmilitär oder aus Durchdienern zusammensetzt. Verfassungsrechtlich zeichnet sich das schweizerische Milizsystem auch dadurch aus, dass Milizkader Verbände führen können. Das hat zur Folge, dass der Militärdienst nach der Grundausbildung in der Regel periodisch in Form von Wiederholungskursen zu leisten ist.

Kantonale Kompetenzen Gemäss Bundesverfassung können die Kantone kantonale Formationen zur
Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung in ihrem Gebiet einsetzen, wenn die zivilen Mittel zur Bewältigung schwerwiegender Bedrohungen der inneren Sicherheit nicht ausreichen. Die kantonalen Formationen bestehen in der Armee 95 aus Füsilierbataillonen und Verbänden der Rettungstruppen. Die Kantone haben ihre Einsatzkompetenz seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr beansprucht. Bei Notlagen stellen sie dem Bund Begehren um Truppeneinsatz.

Rechtlich ist der Verzicht auf die Bildung und den Einsatz kantonaler Formationen zulässig. Gemäss Botschaft zur neuen Bundesverfassung (20. November 1996) und entsprechenden Materialien ist der Bestand kantonaler Formationen von der geltenden Verfassung nicht garantiert; vielmehr gilt, dass der Bund die kantonalen Truppeneinheiten aufheben darf, wenn militärische Gründe dies nahe legen. Zivile und militärische Gründe legen nun den Verzicht auf kantonale Formationen nahe. Eine Situation, bei der ein Kanton allein betroffen ist und der Bund nicht handelt, ist kaum vorstellbar. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kanton eigene Formationen zur Sicherstellung von Ruhe und Ordnung aufbietet, ist gering. Mit dem Verzicht auf 979

das Aufgebotsrecht ist aber die Bildung kantonaler Formationen wenig sinnvoll. Die Struktur der Armee erlaubt keine sinnvolle Zuordnung geeigneter Formationen an jeden Kanton. Ersteinsatzelemente (Berufs- und Zeitmilitär, Durchdiener) werden durch den Bund aufgeboten. Mit dem Verzicht auf die Bildung kantonaler Formationen entfällt auch die Möglichkeit, Offiziere kantonaler Formationen zu ernennen und zu befördern. Hingegen erhalten die Kantone im Bevölkerungsschutz grössere Verantwortung. Die Kantone stimmen dem Verzicht auf kantonale Formationen zu.

Subsidiäre Einsätze zu Gunsten ziviler Behörden Subsidiäre Einsätze erbringt die Armee, wenn die zu bewältigende Aufgabe im Verantwortungsbereich der zivilen Behörden liegt, deren Mittel in personeller, materieller oder zeitlicher Hinsicht aber nicht ausreichen. Subsidiäre Einsätze sind dadurch gekennzeichnet, dass die Einsatzverantwortung bei den zivilen Behörden liegt; Einsätze unter militärischer Einsatzverantwortung sind nicht subsidiär. Wenn die Einsatzverantwortung eines subsidiären Sicherungseinsatzes auf Grund der Lageentwicklung an die Armee übergeht, erfolgt dieser in der Folge nicht mehr im Rahmen des Auftrags «subsidiäre Einsätze zur Prävention und Bewältigung existenzieller Gefahren», sondern wird zur Raumsicherung.

Subsidiäre Sicherungseinsätze dienen in erster Linie der Entlastung und Unterstützung der kantonalen Polizeikorps. Bei der militärischen Katastrophenhilfe muss die Einsatzdauer beschränkt sein. Die Armee muss mithelfen, Belastungsspitzen zu brechen. Sie beteiligt sich in der Regel nur soweit am Wiederaufbau, als sie die zivile Wirtschaft nicht konkurrenziert. Spontanhilfe leisten in erster Linie Truppen, die sich gerade in der Nähe des Ereignisses aufhalten. Spontanhilfe ist gekennzeichnet durch rasche, unaufgeforderte und unbürokratische Hilfeleistung. Zur Wahrung der Lufthoheit leistet die Armee den Luftpolizeidienst zu Gunsten des Bundesamtes für Zivilluftfahrt. Die zivilen Behörden verfügen für diese Aufgabe über keine entsprechenden Mittel. Subsidiäre Einsätze erfolgen zu Gunsten der Kantone oder des Bundes. Grundsätzlich dürfen die den zivilen Behörden verrechneten Kosten weder einen Anreiz noch einen Hinderungsgrund für subsidiäre Einsätze der Armee darstellen.

Humanitäre Hilfeleistungen im Ausland leistet die Armee
ebenfalls subsidiär, unter Einsatzverantwortung des EDA. Dabei handelt es sich um Leistungen, die von keiner anderen Institution der Schweiz erbracht werden können.

Kooperation Der SIPOL B 2000, der von National- und Ständerat mit Zustimmung zur Kenntnis genommen wurde, steht unter dem Titel «Sicherheit durch Kooperation». Das vorliegende Armeeleitbild basiert auf dieser Grundlage und umreisst eine Armee, die ­ wo nötig ­ stärker als bisher auf Kooperation ausgerichtet und zu dieser besser befähigt ist. Kooperation bezieht sich vor allem auf die Zusammenarbeit der Armee mit den anderen sicherheitspolitischen Instrumenten der Schweiz, aber auch auf die Zusammenarbeit der Schweizerischen Armee mit Streitkräften anderer Staaten und mit internationalen Organisationen (wie z.B. bereits in der Vergangenheit mit der OSZE). Der Grund für verstärkte internationale Zusammenarbeit liegt darin, dass die Entwicklung von Bedrohungen und Gefahren einerseits, der Militärtechnik anderseits, es für einen einzelnen Staat immer schwieriger machen, den Bedrohungen und Gefahren mit guten Erfolgsschancen allein entgegenzutreten: Die Notwendigkeit 980

internationaler Zusammenarbeit hat auch in diesem Bereich zugenommen. Gleichzeitig haben sich die Möglichkeiten zu solcher Zusammenarbeit vermehrt, ohne die Neutralität der Schweiz aufgeben zu müssen. Mit internationaler Kooperation sollen die Chancen zur langfristigen Stabilisierung unseres Umfeldes ­ und damit auch zur Erhöhung der Sicherheit der Schweiz ­ genutzt und die eigenen technischen oder finanziellen Beschränkungen kompensiert werden.

Diese internationale Zusammenarbeit betrifft vor allem die Ausbildung, die Rüstungsbeschaffung und Beiträge zur internationalen Friedensunterstützung und Krisenbewältigung. Auf längere Frist und im Hinblick auf eine wenig wahrscheinliche, aber nicht auszuschliessende massive Verschlechterung der politisch-militärischen Verhältnisse in Europa soll sich die Armee, wie im SIPOL B 2000 ausgeführt, auf eine weitergehende Zusammenarbeit mit ausländischen Streitkräften vorbereiten.

Diese Vorbereitungen betreffen die Fähigkeit unserer Armee zur Zusammenarbeit mit anderen Streitkräften; konkrete Absprachen oder Konzeptionen und Planungen für eine gemeinsame Verteidigung werden nicht getroffen bzw. erarbeitet. Damit soll die Handlungsfreiheit der Schweiz im Hinblick auf den hypothetischen Fall erhöht werden, dass die Neutralitätspflichten durch einen militärischen Angriff hinfällig würden. Neutralitätsrechtlich ist dies unbedenklich, da kein Präjudiz für eine allfällige Verteidigungszusammenarbeit geschaffen wird.

3

Auftrag

Gemäss SIPOL B 2000 umfasst der Auftrag der Armee Beiträge zur internationalen Friedensunterstützung und Krisenbewältigung, die Raumsicherung und Verteidigung sowie subsidiäre Einsätze zur Prävention und Bewältigung existenzieller Gefahren. Dabei handelt es sich um grob umrissene Grundaufgaben, für die sich die Armee vorbereiten und lagegerecht bereithalten muss. Diese generellen Grundaufträge sind unabhängig von der konkreten Lage. Ihre Reihenfolge entspricht dem gestützt auf die Bundesverfassung erarbeiteten sicherheitspolitischen Konzept, nicht jedoch einer bestimmten Gewichtung. Eine Gewichtung könnte sich erst aus einer bestimmten Lageentwicklung ergeben. Die generellen Grundaufträge sind zu unterscheiden von den konkreten Aufträgen der politischen Führung an die Armee; solche Aufträge werden einsatzbezogen erteilt und können gewichtet werden. Eine allgemein gültige Gewichtung, unabhängig von bestimmten Lagen, lässt sich nicht vornehmen. Es lassen sich aber folgende Aussagen machen: Wollte man nach dem Kriterium der Eintretenswahrscheinlichkeit gewichten, so wären in der derzeitigen Lage die Funktionen im Rahmen der subsidiären Einsätze im Vordergrund, die klassische Verteidigung am Schluss. Nähme man die finanziellen Investitionen in die Technologie als Kriterium, so wären eher die Verteidigungsfähigkeit vorne, die subsidiären Einsätze hinten. Nimmt man als Kriterium die Grösse der Armee, ihren Ausbildungsstand und den Grad der Bereitschaft, so ist der Auftrag zur Raumsicherung von besonderer Bedeutung.

In allen Fällen ist die Fähigkeit zum Kampf eine wichtige Voraussetzung zur Auftragserfüllung. In dieser Kampffähigkeit unterscheiden sich militärische von zivilen Mitteln. Dazu gehört der Kampf im Rahmen kleiner Module ebenso wie derjenige im kombinierten Einsatz Grosser Verbände. Eine Armee, die für den Verteidigungskampf befähigt ist, kann auch subsidiäre Einsätze und Beiträge zur internationalen 981

Friedensunterstützung und Krisenbewältigung leisten. Umgekehrt könnte eine Armee, die nur noch für diese letzteren Aufträge ausgebildet und ausgerüstet wäre, nicht in Anspruch nehmen, auch die Raumsicherung und notfalls die Verteidigung führen zu können.

Überdies steht dann, wenn Raumsicherungs- oder gar Verteidigungseinsätze notwendig sind, das normale Funktionieren oder gar das Überleben von Gesellschaft und Staat auf dem Spiel. Darum müssen Vorkehrungen getroffen werden, um Raumsicherung nach kurzer und Verteidigung nach längerer Vorbereitung zu gewährleisten, auch wenn sie beträchtliche Ressourcen erfordern und die Eintretenswahrscheinlichkeit heute gering ist.

Aus verschiedenen in diesem Armeeleitbild dargelegten Gründen ist eine vollkommene Abdeckung aller Bedrohungen, Gefahren und Risiken nicht möglich. Es bestehen grundsätzlich zwei Optionen: Entweder werden die verbleibenden und mit eigenen Kräften nicht abdeckbaren Risiken akzeptiert, oder es wird durch Zusammenarbeit mit Streitkräften anderer Staaten versucht, diese Restrisiken weiter zu verringern. Der Bundesrat ist der Überzeugung, dass ­ unter Beachtung der Neutralitätspflichten ­ der zweite Weg vorzuziehen ist, jener der Sicherheit durch Kooperation. Ein absoluter Schutz ist auch dadurch nicht zu erreichen; aber die Restrisiken können vermindert und die Wirkung der eigenen Anstrengungen kann erhöht werden.

3.1

Beiträge zur internationalen Friedensunterstützung und Krisenbewältigung

Beiträge zur internationalen Friedensunterstützung und Krisenbewältigung dienen dazu, die friedliche Beilegung von Konflikten zu fördern und damit auch die nicht direkt militärischen Auswirkungen von Konflikten auf die Schweiz so gering wie möglich zu halten, sowie zur Bewältigung von Notlagen allgemein beizutragen. Es geht zudem darum, durch ein solches Engagement darauf hinzuwirken, dass die Schweiz auch künftig vor direkten militärischen Bedrohungen verschont bleibt. Die Armee erfüllt diesen Auftrag, indem sie mit auf den Einsatz abgestimmten Einheiten und einzelnen Spezialisten an Einsätzen zur Wahrung oder Stärkung von Sicherheit, Stabilität und Frieden teilnimmt. Die Teilnahme an solchen Einsätzen ist freiwillig.

Die Beiträge der Armee zur internationalen Friedensunterstützung und Krisenbewältigung umfassen friedensunterstützende Operationen und Unterstützung humanitärer Hilfeleistungen inkl. Katastrophenhilfe im grenznahen Raum. Generell dienen auch die Verifikation in der Rüstungskontrolle und Abrüstung, die Förderung der besseren Beachtung des Kriegsvölkerrechts, die Förderung der demokratischen Kontrolle der Streitkräfte und Beiträge zur humanitären Minenräumung der Förderung des Friedens.

Friedensunterstützende Operationen müssen auf der Grundlage eines Mandats der UNO oder der OSZE erfolgen. Sie müssen den Grundsätzen der schweizerischen Aussen- und Sicherheitspolitik entsprechen, und eine Teilnahme an Kampfhandlungen zur Friedenserzwingung ist ausgeschlossen. Eine dem Einsatz entsprechende Ausbildung und Ausrüstung ist Voraussetzung, um diese Aufträge zu erfüllen.

Wenn die Sicherheitslage es erfordert, werden die Angehörigen der Armee in solchen Einsätzen bewaffnet, damit sie sich selber schützen und ihren Auftrag erfüllen 982

können. Für Beiträge zur Friedensunterstützung und Krisenbewältigung steht in der Regel eine Vorbereitungszeit von Wochen bis Monaten zur Verfügung.

Die Unterstützung humanitärer Hilfeleistungen durch die Armee zu Gunsten eines Staates oder einer internationalen Organisation erfolgt subsidiär zum Einsatz ziviler Mittel. Sie muss aus dem Stand (Stunden bis Tage) geleistet werden können, wie z.B. bei der Unterstützung des UNHCR durch die Luftwaffe in Albanien.

3.2

Raumsicherung und Verteidigung

Der Auftrag «Raumsicherung und Verteidigung» hat für die Armee das grösste Gewicht. Auch wenn die militärische Bedrohung der Schweiz abgenommen hat, muss die Armee fähig sein, jeder gegen die Schweiz gerichteten militärischen Bedrohung zu begegnen.

Raumsicherungseinsätze dienen dazu, strategisch wichtige Räume und Anlagen sowie den Luftraum zu schützen und damit zu Sicherheit und Stabilität im Inland und in unserem Umfeld beizutragen. Sie sind je nach Umfang nach mittlerer Vorbereitungszeit (Wochen bis Monate) durchzuführen. Ihre Dauer kann nicht im Voraus bestimmt werden. Die Schweiz ist in der Lage, Raumsicherungseinsätze autonom durchzuführen, kann sie aber bei Bedarf auch mit Nachbarstaaten koordinieren.

Bei der Verteidigung geht es darum, einen militärischen Angriff auf die Schweiz abzuwehren. Dies erfolgt vorzugsweise autonom (d.h. mit den eigenen Mitteln). Wenn der gegnerische Kräfteansatz unsere eigenen Kräfte übersteigt, soll aber notfalls auch die Zusammenarbeit mit den Armeen anderer Staaten in der Verteidigung möglich sein.

Angesichts der militärischen und technologischen Entwicklungen und der knappen Ressourcen wäre eine Armee, die im Alleingang auch den massivsten militärischen Angriff allein auf sich gestellt abwehren könnte, sicherheitspolitisch nicht sinnvoll, ganz abgesehen davon, dass eine solche Armee ein Mehrfaches des heutigen Verteidigungsbudgets verlangen würde. Darum sind Voraussetzungen zu schaffen, um notfalls auch in der Verteidigung mit Streitkräften anderer Staaten kooperieren zu können. Das ist nicht neu: Bereits in der Vergangenheit wurde für den Fall eines massiven Angriffs auf die Schweiz ins Auge gefasst, mit anderen Staaten militärisch zu kooperieren. Dieses Thema ist aber politisch besonders bedeutsam, weil eine gemeinsame Verteidigung nur in einem äusserst beschränkten Rahmen mit dem Status der dauernden Neutralität kompatibel ist. Es bedarf darum einer Erläuterung: Die konventionelle militärische Bedrohung gegen unser Land hat sich stark verringert. Sie ist aber nicht für alle Zeiten gebannt: Es besteht keine Gewissheit über längerfristige politische und militärische Entwicklungen. Eine militärische Bedrohung könnte wieder zunehmen und akut werden, auch wenn die Schweiz ­ gerade auch durch Beiträge der Armee zur internationalen Friedensunterstützung ­ alle
Möglichkeiten wahrnimmt, Sicherheit, Stabilität und Frieden zu fördern, um eine solche Entwicklung zu verhindern. Die Existenz der Armee selbst leitet sich aus dieser verbleibenden Ungewissheit ab; sie ist in ihrem Verteidigungsauftrag, in ihrer Kernkompetenz, auf diesen Fall ausgerichtet. Es ist die Pflicht der verantwortlichen Behörden, sich gedanklich mit dem Fall eines militärischen Angriffes auf die Schweiz zu befassen, selbst wenn dies zurzeit hypothetisch ist. Dabei muss berücksichtigt 983

werden, dass die Schweiz mit einem Angriff konfrontiert sein könnte, gegen den unsere eigenen Fähigkeiten zur militärischen Verteidigung nicht ausreichen.

Die Schweiz wäre nach einem militärischen Angriff nicht verpflichtet, ihre Neutralität beizubehalten. Damit würde eine gemeinsame Verteidigung im Verbund mit anderen Staaten zulässig. Bundesrat und Parlament müssen in einem solchen Extremfall ­ und um einen solchen handelt es sich angesichts der geringen Eintretenswahrscheinlichkeit und des hohen Einsatzes, um den es dabei ginge ­ möglichst grosse Handlungsfreiheit haben, um Staat und Bevölkerung vor Schaden zu bewahren. Zu dieser Handlungsfreiheit gehört es, über die Option der gemeinsamen Verteidigung gleichermassen zu verfügen wie über jene der autonomen Verteidigung.

Damit die Option der gemeinsamen Verteidigung überhaupt besteht, muss die Armee fähig sein, mit anderen Streitkräften auch in der Verteidigung zusammenzuarbeiten. Diese Fähigkeit kann nicht kurzfristig in der Krise erworben werden, sondern muss als Element einer umsichtigen und langfristig angelegten Politik über Jahre aufgebaut werden. Das ist im Interesse unserer Unabhängigkeit notwendige Vorsorge für jenen Fall, dass die Neutralität der Schweiz durch äussere Gewalt genommen wird. Es kann heute nicht darum gehen, konkrete Szenarien, Pläne oder sogar Absprachen für eine gemeinsame Verteidigung zu entwerfen oder vorzunehmen, wohl aber die Fähigkeit zu einer eventuellen Zusammenarbeit auch in der Verteidigung aufzubauen und damit Handlungsspielraum zu schaffen. Die Armee hat auch in der Vergangenheit ständig den Erfahrungsaustausch mit anderen Armeen gepflegt und in der Ausbildung mit ihnen kooperiert.

In der gegenwärtigen und absehbaren Lage ist es nicht möglich, quantitativ festzulegen, welchen gegnerischen Kräfteansatz die Armee allein meistern können muss.

Gewiss ist hingegen, dass im Rahmen der verfügbaren Ressourcen die Schwelle möglichst hoch gesetzt werden soll, ab der Zusammenarbeit in der Verteidigung nötig ist.

Für den Verteidigungseinsatz kann mit einer längeren Vorbereitungszeit gerechnet werden. Diese Zeit kann dazu genutzt werden, die Verteidigungsbereitschaft der Armee zu erhöhen (Aufwuchs). Dies ist jedoch nur dann möglich, wenn die Armee ständig in den entscheidenden Bereichen moderner Kriegführung Fachkenntnisse
im Sinne von Kernkompetenzen erwirbt und bewahrt. Das erfordert eine ausreichende Grösse, moderne Ausrüstung und Bewaffnung und einen hohen Ausbildungsstand.

3.3

Subsidiäre Einsätze zur Prävention und Bewältigung existenzieller Gefahren

Subsidiäre Einsätze zur Prävention und Bewältigung existenzieller Gefahren im Inland umfassen militärische Katastrophenhilfe, subsidiäre Sicherungseinsätze, den Luftpolizeidienst zu Gunsten des Bundesamtes für Zivilluftfahrt und allgemeine Unterstützungseinsätze. Die Armee leistet diese Beiträge auf Ersuchen der zuständigen Behörde, die für die Bewältigung des Ereignisses die Verantwortung trägt. Sie muss in der Lage sein, mehrere solche Einsätze gleichzeitig durchzuführen.

Es ist auch möglich, dass Einsätze im Ausland nötig werden: Sicherungseinsätze zu Gunsten von Schweizern und schweizerischen Einrichtungen. Dazu gehört die Bewachung von diplomatischen Vertretungen, aber auch die Rückführung von Schweizern aus Krisengebieten in Zusammenarbeit mit anderen Staaten.

984

Subsidiäre Einsätze sind aus dem Stand zu leisten. Die Einsatzdauer für die militärische Katastrophenhilfe ist meist kurz. Sicherungseinsätze können dagegen länger andauern, und der Luftpolizeidienst ist permanent sicherzustellen.

4

Konsequenzen aus Rahmenbedingungen und Auftrag

Aus der Analyse von Bedrohungen, Gefahren und Auftrag ergeben sich die geforderten Leistungen.

Bedrohungen und Gefahren ­ Leistungen der Armee

Eintretenswahrscheinlichkeit

Abbildung 3

4.1

Konflikte ausserhalb Europas

Friedensunterstützung und Krisenbewältigung

Natur- und techn. Katastrophen

Katastrophenhilfe im Inland Unterstützung humanitärer Hilfeleistungen im Ausland

bewaffnete Konflikte in Europa

Friedensunterstützung, Unterstützung humanitärer Hilfe, allg. Unterstützung ziviler Behörden, Raumsicherung

gewalttätiger Extremismus

Schutz gegen Gewaltanwendung allgemeine Unterstützung ziviler Behörden

Terrorismus

Schutz gegen Gewaltanwendung Schutz schweizerischer Einrichtungen im Ausland

Informationskriegsführung

Schutz der Informatik der Armee

Auswirkungen von Proliferation

Rüstungskontrolle, Raketenabwehr, subsidiäre Sicherungseinsätze

Unruhen im Innern

subsidiäre Sicherungseinsätze Raumsicherung

Gewaltanwendung im Luftraum

Kontrolle und Schutz des Luftraumes

militärische Aggression

Verteidigung

Multifunktionalität

Die Armee muss multifunktional sein, weil sie mehrere Aufträge hat und verschiedene Leistungen erbringen muss. Die Verteidigungskompetenz ist zu bewahren, auch wenn die Verteidigungsbereitschaft niedrig gehalten werden kann, solange sich keine fundamentale Veränderung der sicherheitspolitischen Lage abzeichnet. Die Armee muss zur Erhaltung der Verteidigungskompetenz gut ausgebildet sowie modern ausgerüstet und bewaffnet werden; gleichzeitig kann aber ihre Grösse verringert werden.

Die Fähigkeit, Beiträge zur internationalen Friedensunterstützung und Krisenbewältigung zu leisten, soll erhöht werden. Es geht vor allem darum, die personelle Alimentierung eines Einsatzes längerfristig zu sichern und gleichzeitig genügend Freiwillige zur kurzfristigen Unterstützung humanitärer Hilfeleistungen zu haben. Dieser 985

Auftrag konkurrenziert die anderen beiden Armeeaufträge nicht; die dafür eingesetzten personellen und finanziellen Ressourcen sind sowohl im internationalen Vergleich wie auch im Verhältnis zu den Mitteln, die für die Erfüllung der beiden anderen Aufträgen eingesetzt werden, bescheiden.

Das Leistungsprofil für subsidiäre Einsätze zur Prävention und Bewältigung existenzieller Gefahren bleibt unverändert. Die Qualität der Leistungen soll aber, insbesondere durch rasch einsetzbare und teilweise spezialisierte Verbände, erhöht werden.

4.2

Modularität

Ein modularer Aufbau entspricht dem Umstand, dass die Armee verschiedene Aufträge hat und flexibel einsetzbar sein muss, sowie dem Bedürfnis, für jeden konkreten Einsatz massgeschneiderte Verbände zu verwenden. Ein solcher Aufbau ist auch in Bezug auf Veränderungen in Doktrin und Technologie anpassungsfähig. Zudem ermöglicht er sowohl eine Erhöhung als auch eine Herabsetzung der Bestände ohne grundsätzliche Umstrukturierung.

Grundmodule der Armee sind Bataillone, Abteilungen und Geschwader (allenfalls auch selbstständige Einheiten oder Detachemente). Es handelt sich dabei um spezialisierte Truppenkörper, deren Kommandanten umfassend für Ausbildung und Einsatz verantwortlich sind. Aus Gründen der regionalen Verankerung werden die Bataillone und Abteilungen im Sinne einer Grundorganisation in Brigaden eingeteilt, die bei Bedarf auftragsbezogen angepasst werden. Die Bataillone und Abteilungen sind in der Lage, nach erstellter Grundbereitschaft und abgeschlossener Überführung in die Einsatzfähigkeit eine taktische Leistung zu erbringen. Sie sind unterschiedlich rasch für Einsätze verfügbar: einzelne aus dem Stand (Berufsformationen), das Gros innert Wochen und die Reserve innert Jahresfrist.

Die Verkleinerung des Bestandes der Armee und effiziente Führungsprozesse erlauben es, die Zahl der Führungsstufen und Führungspositionen zu verringern. So wird auf die Stufen Armeekorps, Division und Regiment grundsätzlich verzichtet.

4.3

Bereitschaft

Die Analyse der Bedrohungen und Gefahren zeigt, dass die Armee nicht alle Leistungen innerhalb derselben Fristen erbringen können muss. Summarisch kann die Bereitschaft für die geforderten Leistungen wie in Abbildung 4 dargestellt werden.

Das bisherige System der Mobilmachung kann wegen der unterschiedlichen Reaktionszeiten im Interesse grösserer Effizienz durch ein flexibleres System einer abgestuften Bereitschaft abgelöst werden. Dabei ist zu beachten, dass die Fähigkeit zur Leistungserbringung von der Bereitschaft zur Leistungserbringung zu unterscheiden ist. Während für Einsätze mit einer längeren Vorbereitungszeit die Fähigkeit zur Leistungserbringung auszubilden ist, ist für Einsätze aus dem Stand zusätzlich eine hohe Bereitschaft mit einem angemessenen Kräfteansatz notwendig.

Subsidiäre Einsätze zur Prävention und Bewältigung existenzieller Gefahren sind grundsätzlich aus dem Stand zu leisten; grössere Einsätze, bzw. mehrere gleichzeiti986

ge Einsätze, erfordern eine längere Vorbereitungszeit. Dasselbe gilt für die Unterstützung humanitärer Hilfeleistungen. Es sind deshalb die Voraussetzungen zu schaffen, die dazu notwendigen Teile der Armee in hoher Bereitschaft zu halten (Berufsmilitär, Zeitmilitär, Durchdiener).

Leistungsprofil Abbildung 4

Monate

Wochen

Jahre

Katastrophenhilfe im Inland allg. Unterstützung ziviler Behörden Schutz schw. Einrichtungen im Ausland Kontrolle und Schutz des Luftraums Schutz der Informatik der Armee Rüstungskontrolle Raketenabwehr* Unterstützung humanitärer Hilfe Schutz gegen Gewaltanwendung subsidiäre Sicherungseinsätze Friedensunterstützung Raumsicherung Verteidigung

Reaktionszeit * Die Armee verfügt derzeit über keine Fähigkeiten zur Abwehr ballistischer Lenkwaffen.

Sollte diese Fähigkeit aber erworben werden, müsste sie aus dem Stand eingesetzt werden können.

Beiträge zur internationalen Friedensunterstützung und Krisenbewältigung sind binnen weniger Monate zu leisten. Einzelpersonen (z.B. Militärbeobachter) können auch binnen Wochen eingesetzt werden. Für längere Engagements werden Angehörige der Miliz (auf freiwilliger Basis), Berufs- und Zeitmilitär benötigt. Der Bedarf kann sich kurz- bis mittelfristig verändern. Es sind die Voraussetzungen zu schaffen, um die benötigten Freiwilligen innerhalb der verfügbaren Fristen zu rekrutieren.

Raumsicherungseinsätze müssen nach mittlerer Vorbereitungszeit möglich sein. Dazu werden bei Bedarf WK-Verbände aufgeboten. Bei länger dauernden Einsätzen können auch Verbände eingesetzt werden, die eine längere Vorbereitungszeit benötigen (Reserven).

Für die Verteidigung kann mit einer langen Vorbereitungszeit gerechnet werden. Es muss eine Grundkompetenz und -bereitschaft sichergestellt werden, aus der innert 987

nützlicher Frist die Einsatzbereitschaft erstellt werden kann. Falls sich eine Entwicklung abzeichnet, die für die Verteidigung wesentlich grössere Kräfte erfordert, muss es möglich sein, die Armee auch über die Reserve hinaus zu vergrössern.

Voraussetzung für einen solchen Aufwuchs, der mehrere Jahre erfordert, ist ein Entscheid von Bundesrat und Parlament.

Aus dem Stand verfügbar sind Militärdienstpflichtige, die ihren Dienst am Stück absolvieren und nach ihrer Grundausbildung in spezielle Bereitschaftsverbände eingeteilt werden (Durchdiener). Dazu kommen Berufsmilitär und Zeitmilitär sowie ziviles Personal. Aus dem Stand einsetzbare Verbände leisten subsidiäre Einsätze zur Prävention und Bewältigung existenzieller Gefahren. Die rasche Verfügbarkeit von Durchdienern, Berufs- und Zeitmilitär, die allerdings im Ausmass beschränkt, aber in der ganzen Schweiz einsetzbar sind, erlaubt den Verzicht auf Alarmformationen, deren Einsatz räumlich festgelegt war (Bern, Genf, Kloten). Mit einem Bereitschaftssystem wird aber sichergestellt, dass auch Truppen im Ausbildungsdienst eingesetzt werden können. Es handelt sich dabei um Truppen in der letzten Phase der Grundausbildung (Verbandsausbildung, VBA) oder WK-leistende Verbände.

Diese Verbände können umfangreichere subsidiäre Einsätze übernehmen als die aus dem Stand verfügbaren Truppen und zudem deren Durchhaltefähigkeit erhöhen.

Permanent verfügbare Truppen Abbildung 5 Jan

Feb

Mär

Apr

Mai

Jun

Jul

Aug

Sep

Okt

Nov

Dez

Luftwaffe Logistik

Durchdiener permanent

Genie/Rettung/ABC

aus dem Stand verfügbar

Infanterie Jan

Feb

WK

Mär

Apr

RS in VBA

Mai

Jun

WK

Jul

Aug

RS in VBA

Sep

Okt

WK

Nov

Dez

RS in VBA

Nach mittlerer Vorbereitungszeit können zusätzliche Verbände aufgeboten werden.

Diese können zusätzlich zu den bereits erwähnten Aufgaben auch Raumsicherungseinsätze übernehmen. Eine mittlere Vorbereitungszeit gilt auch für Verbände zur internationalen Friedensunterstützung und Krisenbewältigung, die durch Berufsmilitär, Milizpersonal, das sich für einen bestimmten Zeitraum zur Verfügung stellt (und damit temporär zu Zeitmilitär wird) sowie Durchdiener (auf freiwilliger Basis) alimentiert werden.

Nach längerer Vorbereitungszeit ist zusätzlich die Reserve verfügbar. Diese Verbände müssen rechtzeitig aktiviert werden, da sie für die Erreichung der Einsatzfähigkeit eine mehrmonatige Vorbereitungszeit benötigen. Mit ihnen kann die

988

Durchhaltefähigkeit für Raumsicherungseinsätze über längere Zeit gewährleistet werden.

Die Reserve kann in zweifacher Weise die Handlungsfreiheit der politischen Behörden erhöhen: Sie dient der Erhöhung der Durchhaltefähigkeit dadurch, dass sie bei länger dauernden militärischen Operationen die Ablösungen sicherstellt. Für diesen Zweck allein müsste nur eine persönliche Ausrüstung vorgesehen werden. Die Reserve dient aber auch dazu, die Anzahl Formationen der Armee und damit die Kampfkraft deutlich zu erhöhen.

System der abgestuften Bereitschaft Abbildung 6

zur Verfügung gestellte Truppen

Politische Entscheide für den Einsatz der Reserve und zum Aufwuchs

Erhöhung der Einsatzbereitschaft

aktivierte Reserve

WK-leistende Verbände

aufgebotene Verbände

aufgebotene Verbände

Durchdiener

Durchdiener

Durchdiener

Durchdiener

Zeitmilitär Berufsmilitär (Sdt, Uof, Of)*

Zeitmilitär Berufsmilitär (Sdt, Uof, Of)*

Zeitmilitär Berufsmilitär (Sdt, Uof, Of)*

Zeitmilitär Berufsmilitär (Sdt, Uof, Of)*

Aufwuchs

Reaktionszeit Aus dem Stand

Wochen

Monate

Jahre

* z.B. Militärische Sicherheit, Katastrophenhilfebereitschaftskompanien, Mittel der Luftwaffe

In den letzten Jahrzehnten verfügte die Schweizer Armee über Reserven, ohne dass der Begriff «Reserve» explizit verwendet worden wäre. In allen Formationen der Armee blieben Angehörige der Armee eingeteilt, die ihre Dienstleistungspflicht absolviert hatten und nur noch im Falle einer Mobilmachung aktiviert worden wären.

Zahlenmässig umfasste diese «Reserve» in den letzten Jahren ca. 20% des Armeebestandes.

Angehörige der Armee, die ihre Dienstpflicht absolviert haben, werden in Reserveformationen eingeteilt. Mannschaften, Unteroffiziere und Subalternoffiziere dieser Formationen leisten in der normalen Lage keinen Dienst. Kommandanten und Stabsoffiziere der Reserveformationen leisten pro Jahr maximal fünf Diensttage (Dienstrapporte, Einführung wichtiger Neuerungen usw.). Die Reserveformationen verfügen ­ neben der persönlichen Ausrüstung ­ über eigenes Korpsmaterial: moderne Waffensysteme und Fahrzeuge, die aus Beständen der Armee 95 noch vorhanden sind. Dieses Material wird nach betriebswirtschaftlichen Kriterien langzeitgelagert.

989

Über eine Erneuerung dieses Materials wird erst nach Ablauf der militärischen Nutzungsdauer entschieden. Komponenten, die für die Zusammenarbeit mit den aktiven Formationen der Armee ausschlaggebend sind (z.B. Übermittlungs- und Führungssysteme) müssen dagegen im Gleichschritt mit den aktiven Formationen erneuert werden.

Für spezielle Formationen (z.B. im Bereich Führungsunterstützung), deren volle Kapazität im Normalfall nicht ausgeschöpft werden muss, sowie bei verschiedenen Verbänden der Luftwaffe kann eine Mischung von dienstpflichtigen Angehörigen der Armee und Reserveangehörigen der Armee vorgesehen werden.

4.4

Aufwuchs

Falls sich die sicherheitspolitische Lage in Zukunft so fundamental verschlechtern sollte, dass für die Schweiz eine konkrete militärische Bedrohung akut würde, kann die Armee angepasst werden. Dieser Prozess wird als Aufwuchs bezeichnet und bezieht sich auf folgende Bereiche: ­

Konkretisierung der Doktrin (operative und taktische Verfahren);

­

einsatzspezifische Ausbildungsvorbereitungen;

­

Anpassung der Ausrüstung und Bewaffnung, z.B. durch Erhöhung der Bevorratungsmenge ­ die Beschaffung und Einführung komplexer Systeme aus dem Ausland dürfte aber in einer Lage stark gestiegener Spannungen schwierig sein;

­

Erhöhung des Armeebestandes durch Ausschöpfen der gesetzlich festgelegten Diensttage und (nach Vorliegen der notwendigen Änderungen des Rechts) Erhöhung der Dienstleistungsdauer, Aktivieren von Reserveverbänden sowie Einberufen von zusätzlichen Jahrgängen.

Der Aufwuchs kann nicht im Detail im Voraus geplant werden. Entscheidend ist, dass für einen Aufwuchs parlamentarische Beschlüsse vorliegen müssen (Anpassung von Rechtsgrundlagen, Änderung finanzieller Rahmenbedingungen usw.). Zwingende Voraussetzung für einen Aufwuchs ist die Erhaltung und Weiterentwicklung aller Kernkompetenzen der Armee zur Verteidigung, weil kaum genügend Zeit zur Verfügung stehen wird, um nicht mehr vorhandene Kompetenzen wieder zu erwerben.

4.5

Kooperation und Kooperationsfähigkeit

Die Armee muss zur Erfüllung aller Teilaufträge mit anderen Institutionen im Inland oder im Ausland zusammenarbeiten. Sie war seit jeher, z.B. im Rahmen subsidiärer Einsätze, auf Kooperation mit den anderen sicherheitspolitischen Instrumenten der Schweiz ausgerichtet. Dazu kommt nun eine Verstärkung ihrer Fähigkeit, mit Streitkräften anderer Staaten und internationalen Organisationen zusammenzuarbeiten.

Dies schwächt in keiner Weise die Kompetenz von Bundesrat und Parlament, über jeden einzelnen Einsatz der Armee zu entscheiden, sondern vergrössert im Gegenteil die Handlungsfreiheit durch die Schaffung zusätzlicher Optionen.

990

Bei der Kooperation im Inland ist die Armee Teil der Nationalen Sicherheitskooperation, des Zusammenspiels aller sicherheitspolitischen Instrumente. Subsidiäre Einsätze zur Prävention und Bewältigung existenzieller Gefahren werden auf Begehren und unter der Einsatzverantwortung der zivilen Behörden erbracht, während die Armee für Raumsicherung und Verteidigung unter eigener Verantwortung, aber in Kooperation mit zivilen Instanzen handelt. Aber auch bei subsidiären Einsätzen entscheidet die Armeeführung, mit welchen Mitteln sie die anstehende Aufgabe erfüllen kann, sofern der Bundesrat aus übergeordneten Gründen nicht anders bestimmt.

Mit der Schaffung eines im Kern professionalisierten Führungsstabes der Armee können die Machbarkeit subsidiärer Leistungsbeiträge aus militärischer Sicht beurteilt und die Verantwortungsträger beraten werden. Mit permanenten Kommandostrukturen der Territorialregionen werden regionale Besonderheiten subsidiärer Einsätze berücksichtigt.

Internationale Kooperation hat in der Armee eine gewisse Tradition, insbesondere in der Ausbildung, aber auch bei Einsätzen zur Friedensunterstützung. Durch die Strategie der Sicherheit durch Kooperation erhält diese Zusammenarbeit, unter voller Wahrung der Neutralitätspflichten, einen höheren Stellenwert.

Bei der bilateralen oder multilateralen Ausbildungskooperation geht es vor allem darum, Ausbildungsinhalte, die in der Schweiz nicht optimal geübt werden können, im Ausland zu trainieren (z.B. Luftkampftraining, Verbandsausbildung ab Stufe Bataillon/Abteilung, Mitarbeit in internationalen Stäben) und periodisch das Ausbildungsniveau mit demjenigen ausländischer Partner zu vergleichen und damit wie in der Wirtschaft sozusagen im Wettbewerb die eigene Leistungsfähigkeit zu messen. Im Gegenzug werden ausländischen Streitkräften Ausbildungsmöglichkeiten in der Schweiz angeboten, vor allem die Benützung von Simulatoren und die Teilnahme an Kaderlehrgängen.

Die Beiträge zur internationalen Friedensunterstützung und Krisenbewältigung unter Mandaten der UNO oder der OSZE sowie die Unterstützung humanitärer Hilfeleistungen im Ausland sind auf die Wahrung oder Wiederherstellung von Stabilität und Frieden primär im europäischen Umfeld ausgerichtet. Sie ermöglichen aber auch, für die Armee nützliche Erfahrungen zu sammeln.

Eine gemeinsame
Verteidigung mit benachbarten oder anderen befreundeten Staaten ist in jenem Fall mit der Neutralität vereinbar, dass die Schweiz militärisch angegriffen würde und die Neutralitätspflichten damit hinfielen. Die Armee muss die Fähigkeit aufbauen, notfalls auch in der Verteidigung mit anderen Staaten zusammenzuarbeiten, damit Bundesrat und Parlament in einer solchen Lage neben der bevorzugten Option, der autonomen Verteidigung, auch über die Möglichkeit verfügen, in der Verteidigung mit anderen Staaten zusammenzuarbeiten. Die Armee wird indessen ohne Vorliegen einer ausdrücklichen Autorisierung der Landesregierung keinerlei Absprachen tätigen und auch keine Konzeptionen für eine gemeinsame Verteidigung mit anderen Staaten oder Militärbündnissen erarbeiten.

Die Kooperation mit ausländischen Streitkräften erfordert einerseits eine gewisse Fähigkeit zu internationaler Zusammenarbeit (Interoperabilität), dient anderseits aber auch dazu, diese zu entwickeln. Interoperabilität bezieht sich vor allem auf Sprachkenntnisse, Stabstätigkeit, Einsatzverfahren und Ausrüstung (primär Führungs- und Informationssysteme). In erster Linie ist Interoperabilität bei der Beteiligung an internationalen Operationen zur Friedensunterstützung und bei der Unter-

991

stützung humanitärer Hilfeleistungen erforderlich. Die Fähigkeit zur Kooperation in Raumsicherung und Verteidigung ist erst in zweiter Priorität aufzubauen. Interoperabilität ermöglicht und erleichtert die internationale Zusammenarbeit; sie präjudiziert diese aber nicht: Autonomes Handeln bleibt weiterhin möglich.

Der Entwicklung von Interoperabilität dienen vor allem Übungen und Ausbildungsprogramme der Partnerschaft für den Frieden. In diesem Rahmen nimmt die Schweiz am Planungs- und Überprüfungsprozess teil. In diesem Prozess werden Interoperabilitätsziele von der Schweiz festgelegt und bilateral mit der NATO und den andern PfP-Partnern besprochen. Der Inhalt dieser Ziele reicht von Sprachkenntnissen über Stabsarbeit bis zu logistischen Aspekten bei Auslandeinsätzen.

Die Armee muss in jede Kooperation eine hohe Leistung einbringen, unabhängig davon, ob sie ein massgeblicher Partner ist, wie beispielsweise bei der militärischen Katastrophenhilfe im Inland, oder nur eine beschränkte Rolle übernimmt, wie beispielsweise im Rahmen einer friedensunterstützenden Operation. Sonst wird Kooperation zur Abhängigkeit. Damit die Armee ein vollwertiger Kooperationspartner ist, muss sie gut ausgebildet sowie modern ausgerüstet und bewaffnet sein.

4.6

Militärisches Personal

Damit die Ausbildung in der Armee und die Vereinbarkeit von militärischer Karriere mit Familie und Beruf verbessert, die hoch technologische Ausrüstung und Bewaffnung bestmöglichst genutzt und die nötige Bereitschaft gewährleistet werden kann, muss der Anteil von Berufs- und Zeitmilitär erhöht werden. Dies gilt aber nicht für ziviles Personal, weil ein Teil der Verwaltungsaufgaben mit der Reduktion der Armeegrösse abnimmt. Die Armee XXI wird daher insgesamt weniger Berufspersonal als heute benötigen, wenn auch vielfach mit anderer beruflicher Qualifikation. Die Gewährleistung der Ausbildung und der Grundbereitschaft der Armee sowie die Führung von Einsatzverbänden, die aus dem Stand oder nach kurzer Vorbereitungszeit eingesetzt werden müssen, sind Aufgaben, die vor allem durch militärisches Personal (Berufs- und Zeitmilitär) erfüllt werden. Damit wird sich das Berufsbild des heutigen Instruktors wandeln: Diese werden vom «Lehrer in Uniform» zum echten Berufsmilitär. Die hohen Ansprüche an die Verfügbarkeit des Berufsmilitärs widerspiegeln sich in speziellen Ausführungsbestimmungen zum Bundespersonalgesetz. Zeitmilitärs unterstützen das Berufsmilitär in ihrer Tätigkeit. Gleichzeitig muss mehr ziviles Personal für die Ausbildung angestellt werden.

5

Doktrin

Die militärische Doktrin leitet sich aus den sicherheitspolitischen Zielen und dem politisch-strategischen und technologischen Umfeld ab. Sie definiert eine gemeinsame Sicht der Prinzipien, nach denen die Armee eingesetzt wird, und ermöglicht dadurch auf allen Stufen eine einheitliche und trotzdem flexible Führung. Sie muss ausreichend flexibel und internationalen Standards angepasst sein, damit sie künftigen Entwicklungen Platz bietet und die Zusammenarbeit mit Partnern ermöglicht, wo autonome Ansätze nicht genügen.

992

5.1

Armeemodelle

Für die Konzeption der Armee sind grundsätzlich vier Modelle denkbar: Die Raumsicherungsarmee Weil ein militärischer Angriff auf die Schweiz mit regulären Streitkräften wenig wahrscheinlich ist, könnte sich die Armee darauf beschränken, asymmetrische Bedrohungsformen (ausgehend von Gruppierungen, die irreguläre Mittel und Verfahren anwenden) abzuwehren. Das Aufgabenspektrum würde dabei von Friedensunterstützung über subsidiäre Beiträge zur Bewältigung existenzieller Gefahren bis hin zur Raumsicherung reichen. Die Fähigkeit zur Verteidigung gegen einen konventionellen militärischen Angriff würde nach diesem Modell erst dann wieder aufgebaut, wenn sich Anzeichen einer entsprechenden Bedrohung ausmachen liessen.

Zeitkritischer Faktor für einen solchen Aufwuchs wäre das Heranbilden einer Kadergeneration, die über das Know-how der Führung eines modernen Gefechts (Gefecht der verbundenen Waffen, teilstreitkräfteübergreifende Zusammenarbeit) verfügt. Diese Aufgabe innerhalb einer Vorwarnzeit von wenigen Jahren bewältigen zu wollen, ist unrealistisch. Solange ein militärischer Angriff auf die Schweiz nicht für alle Zeiten ausgeschlossen werden kann, ist die Raumsicherungsarmee deshalb keine taugliche Alternative.

Die autonome Verteidigungsarmee Ausgehend von der Neutralität der Schweiz und der erklärten Absicht, keinem Militärbündnis beitreten zu wollen, könnte die Forderung nach einer Armee erhoben werden, die sich gegen jeden Gegner unabhängig von seiner Stärke autonom (d.h.

ohne Hilfe von aussen) verteidigen kann. Eine solche Armee hatte die Schweiz nie.

Sie wäre nur unter gewaltigen Aufrüstungsanstrengungen und mit einem Mehrfachen des gegenwärtigen Verteidigungshaushaltes machbar. Israel ist das Beispiel eines Kleinstaates, der Wehrsysteme gegen übermächtige Gegner aufbaut und unterhält. Israel verfügt aber über Massenvernichtungswaffen, auch wenn dies nicht offiziell bestätigt wird. Die Schweiz hätte kein Abschreckungspotenzial gegen den Einsatz von Massenvernichtungswaffen, es sei denn, sie wollte Nuklearwaffen erwerben ­ ein Unterfangen, das finanziell aufwendig und technisch schwierig wäre und das Land in die politische Isolation führen würde.

Auch ein Massenheer mit relativ einfacher Bewaffnung kann der Schweiz keine autonome Verteidigungsfähigkeit bieten. Ein moderner Gegner kann die
Führungsfähigkeit von Staat und Armee sowie andere neuralgische Punkte aus der Luft und mit Abstandswaffen derart schädigen, dass auch unter Inkaufnahme eines sehr hohen Blutzolls keine kohärente Landesverteidigung mehr möglich wäre. Die Bedeutung des zahlenmässigen Umfanges einer Armee für ihre Abwehrstärke hat gegenüber früher bereits deutlich abgenommen, und dieser Trend wird wahrscheinlich anhalten und zu einem weiter steigenden Bedarf nach Technologie zu Lasten von Mannschaftsstärke führen.

Die kleine, stark professionalisierte Armee Von der Annahme ausgehend, dass eine kleine Armee für die Erfüllung der gemäss Erfahrung der vergangenen Jahrzehnte anstehenden Aufgaben genüge und die Verteidigung gegen einen militärischen Angriff allein ohnehin aussichtslos sei, könnte 993

eine stark professionalisierte, aber kleine Armee gefordert werden. Eine solche Armee würde aus Wehrpflichtigen (Durchdienern) und Zeitmilitär bestehen, mit einem weitgehend professionalisierten Kader. Sie würde in Bezug auf das Knowhow durchaus das ganze Aufgabenspektrum abdecken, ihre Bestände wären jedoch bereits für (autonom zu erfüllende) Raumsicherungseinsätze grösseren Ausmasses zu klein. Im Hinblick auf die Möglichkeit eines militärischen Angriffes auf die Schweiz müsste zwingend der Beitritt zu einem Militärbündnis ins Auge gefasst werden. Eine solche Armee wäre keine Milizarmee mehr und bedingte eine Änderung der Bundesverfassung. Wenn sie eine für den Verteidigungsfall ausreichende Grösse haben und sehr modern ausgerüstet sein sollte, würden ihre Kosten ausserdem das heutige Verteidigungsbudget sprengen.

Die Armee XXI Die Armee XXI entstand aus dem Bemühen, dem Verfassungsauftrag zu entsprechen, die Unwägbarkeiten der längerfristigen sicherheitspolitischen Entwicklung zu berücksichtigen, den gesellschaftlichen und finanziellen Rahmenbedingungen gerecht zu werden und die Schwächen der erwähnten drei Alternativmodelle zu vermeiden. Die Armee XXI ist eine Milizarmee, die sich durch eine hohe und moderne Verteidigungskompetenz auszeichnet, deren Verteidigungsbereitschaft aber gegenüber früher gesenkt werden kann, ohne die Sicherheit des Landes zu gefährden. Es ist eine Armee, deren aktiver Bestand sich primär aus den Erfordernissen der wahrscheinlichen Einsätze (subsidiäre Einsätze, Friedensunterstützung, Raumsicherung) ableitet, die aber ohne tiefgreifende Umstrukturierungen auch in ihrer Grösse verändert werden kann. Sie kann mit Reserve und Aufwuchs das ganze Spektrum der geforderten Leistungen bewältigen, wird aber nicht permanent in einer kostspieligen, auf den schlimmsten Fall ausgerichteten Bereitschaft gehalten.

5.2

Aktionsfelder der Armee

Auf schweizerischem Territorium führt die Armee Raumsicherungseinsätze durch, fängt nach Massgabe ihrer Möglichkeiten Angriffe auf und stellt den Status quo ante wieder her. Die Armee erwirbt auch die Fähigkeit zur Zusammenarbeit mit anderen Staaten in der Verteidigung, um den politischen Behörden im Fall eines militärischen Angriffes auf die Schweiz (durch den die Neutralität hinfällig würde) zusätzliche Handlungsfreiheit zu schaffen. Zudem wird die Armee für subsidiäre Einsätze zur Prävention und Bewältigung existenzieller Gefahren eingesetzt.

In unserem strategischen Umfeld leistet die Armee Beiträge zur Aufrechterhaltung und Wiederherstellung von Sicherheit, Stabilität und Frieden. Sie trägt damit dazu bei, kurz- und mittelfristig die nichtmilitärischen Auswirkungen regionaler Konflikte auf die Schweiz zu verringern und langfristig das Risiko zu vermindern, dass sich eine konkrete militärische Bedrohung gegen die Schweiz entwickelt. Ausserhalb der Schweizer Grenzen kann die Armee ausserdem humanitäre Hilfeleistungen unterstützen; dies schliesst auch Katastrophenhilfe im grenznahen Raum ein.

Global leistet die Armee Beiträge zur Implementierung internationaler Abkommen (z.B. Verifikation, Entsendung von Militärbeobachtern, Missionen), zum Schutz unserer Interessen im Ausland (z.B. Bewachung von Botschaften, Evakuation von Schweizer Bürgern) sowie zur Unterstützung in Bereichen wie humanitäre Minen994

räumung, demokratische Kontrolle der Streitkräfte, Vertrauensbildung, Abrüstung und Ausbildung. Das globale Informationsumfeld nutzt die Armee für die eigene Operationsführung, wobei dem Schutz vor Informationskriegsführung hohe Bedeutung zukommt.

5.3

Grundsätze zur Verwendung von Streitkräften

Wenn es früher im Krieg darum ging, einen Staat mit der Vernichtung seiner Streitkräfte zur bedingungslosen Kapitulation zu zwingen, stehen heute begrenzte, rasche militärische Erfolge im Vordergrund, die günstige Voraussetzungen für nachfolgende politische Verhandlungen schaffen. Gepaart mit den Entwicklungen im Bereich der Streitkräfte und der Rüstungstechnologie führt dies dazu, dass die Kriegführung zu Beginn des 21. Jahrhunderts von fünf Faktoren bestimmt wird.

­

Der Mensch steht im Vordergrund: Die Rüstungstechnologie sowie neue Kommunikationssysteme erhöhen den Stellenwert des einzelnen Armeeangehörigen und erlauben flachere Hierarchien. Die Minimierung menschlicher Verluste bestimmt Abläufe und häufig auch Ziele einer Operation.

­

Antizipation: Risiken sind zu erkennen und zu beurteilen, bevor sie zur Bedrohung werden. Dies setzt einen leistungsfähigen, anpassungsfähigen und im ganzen Spektrum der modernen Gefahren einsetzbaren Nachrichtendienst voraus.

­

Angemessenheit des Kräfteeinsatzes: Das Instrumentarium muss dem Gewaltpotenzial angemessen sein und der Lageentwicklung laufend angepasst werden können. Es gilt auch, die schädlichen Auswirkungen militärischer Operationen auf Dritte möglichst gering zu halten.

­

Fokussierung: Räumlich und zeitlich begrenzt, muss jene Überlegenheit erlangt werden, die es erlaubt, operative und taktische Erfolge strategisch zu nutzen. Dies setzt die Integration der Informationsmittel und die Verfügbarkeit moderner Technologien voraus.

­

Einsatzbezogene Integration: Die Komponenten eines Kräfteansatzes (Systeme und Truppengattungen sowie Teilstreitkräfte und nationale Kontingente) müssen an die jeweilige Operation angepasst und flexibel zusammengestellt werden (Modularität). In der Regel sind an jeder Operation Komponenten des Heeres und der Luftwaffe gemeinsam beteiligt (teilstreitkräfteübergreifende Operationen).

5.4

Symmetrische und asymmetrische Kriegführung

Grundsätzlich können militärische Konflikte symmetrisch oder asymmetrisch ausgetragen werden, auch wenn sie in der Praxis oft durch eine Kombination beider Formen gekennzeichnet sind.

Bei symmetrischer Kriegführung verfügen die Konfliktparteien über Streitkräfte, die sich in wesentlichen Bereichen, wie Doktrin, Struktur und Ausrüstung ähnlich sind und vergleichbare taktische und operative Ziele verfolgen. In einem solchen Fall erfolgt die Kampfführung aller Beteiligten gemäss derselben militärischen Logik.

995

Bei asymmetrischer Kriegführung will oder kann eine Konfliktpartei den Kampf nicht symmetrisch führen. Sie weicht der symmetrischen Auseinandersetzung aus und sucht die Konfrontation dort, wo der Gegner seine Stärken nicht ausspielen kann, schwach und unvorbereitet ist. Damit verändern sich die operativen oder taktischen Ziele; das strategische Ziel, das Kriegsziel an sich, bleibt aber in der Regel dasselbe.

Die asymmetrische Kriegführung ist häufig durch ein hohes Mass an Gewalt, beispielsweise in Form von Terroranschlägen, charakterisiert. Diese Gewalt richtet sich nicht nur gegen militärische, sondern mit medienwirksamer Brutalität auch gegen zivile Ziele. Wer asymmetrisch Krieg führt, hält sich nicht an das Kriegsvölkerrecht.

Eine solche Art der Kriegführung eignet sich daher nicht für demokratisch legitimierte Staaten, sie kann aber, z.B. durch Terroristen, gegen solche Staaten und Gesellschaften eingesetzt werden.

Zivile Sicherheitskräfte und Militär werden in asymmetrischen Konflikten sehr stark gefordert. Gegnerische Aktivitäten können meist nicht unterbunden, sondern nur eingeschränkt werden. Neben Terror und Guerillakrieg ist künftig auch mit Informationskriegführung und dem Einsatz von Massenvernichtungswaffen als asymmetrische Bedrohungsformen zu rechnen.

5.5

Elemente einer Verteidigungskonzeption

Eigentliche Verteidigungskonzeptionen ­ wie sie die Schweizer Armee zuletzt während dem Kalten Krieg hatte (Grundkampfdispositiv) ­ sind nur angesichts einer konkreten militärischen Bedrohung sinnvoll. Elemente einer Verteidigungskonzeption der Armee XXI gegen einen ähnlich modern ausgerüsteten Gegner, der ein operatives Ziel in der Schweiz verfolgt, wären aus heutiger Sicht: ­

Die Verteidigung wird von Heer und Luftwaffe aktiv und beweglich geführt und basiert auf einer Kombination von Angriffs-, Verteidigungs- und Verzögerungsoperationen massgeschneiderter Kampfverbände. Diese verfügen über weitreichende Feuermittel sowie über gefechtsfeldbewegliche Kampfmittel, die fähig sind, das Gefecht der verbundenen Waffen zu führen.

­

Mit Operationen in der Tiefe werden gegnerische Führungs-, Kampf- und Kampfunterstützungsmittel sowie die Logistik bekämpft, um dem Gegner die Initiative und die Handlungsfreiheit zu nehmen, seine Operationen zu verzögern oder bestenfalls zu verunmöglichen. Heer und Luftwaffe schaffen mit operativen Elementen (Feuer, Aufklärung) günstige Voraussetzungen für die unmittelbaren Operationen. Zurzeit verfügt die Armee für diese Operationen nur über sehr beschränkte Mittel.

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Rahmenwerk für Verteidigungsoperationen Abbildung 7 30

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Mit den unmittelbaren Operationen soll der abgenutzte Gegner aufgefangen und mit Angriffsaktionen vernichtet werden. Räumlich vorgelagert, erkennen Sicherungsverbände frühzeitig die Absicht des Gegners, täuschen diesen und schaffen durch Feuer und aggressive Kampfführung günstige Voraussetzungen für die Hauptverteidigungskräfte. Zu den letzteren gehören Infanteriebrigaden, die Auffangoperationen zur Verzögerung und Kanalisierung des Gegners führen. Panzerbrigaden als terrestrische Hauptkampfmittel führen durch Angriffe die Entscheidung auf operativer Ebene herbei. Die Artillerie soll gegnerische Feuerquellen in der Tiefe des Raumes zerschlagen und die eigenen Kampfverbände unterstützen. Die Luftwaffe unterstützt die terrestrischen Operationen.

­

Die rückwärtigen Operationen richten sich gegen gegnerische Operationen in der Tiefe der Schweiz. Es geht dabei darum, die Bevölkerung und wichtige Ziele zu schützen. Rückwärtige Operationen stellen die Unterstützung, die Versorgung und den Schutz nicht direkt an unmittelbaren Operationen beteiligter Kräfte sicher. Dies wird durch eine systematische Raumüberwachung, das Bereitstellen von Reserven sowie durch den Einsatz von Luftverteidigungsmitteln erreicht.

Das schweizerische Territorium wird in operativ-taktischer Hinsicht traditionell als starkes militärisches Gelände bezeichnet, verfügt aber über eine vergleichsweise geringe operative Tiefe. Moderne militärische Operationen finden in zunehmend grösseren Räumen und insbesondere auch in der dritten Dimension statt. Damit wird der Abhaltewert des Geländes relativiert, und Operationen zum Schutz z.B. von Transversalen können sich nicht mehr auf die geländestarken Teile beschränken, sondern müssen die ganze Transversale und die meistens im Mittelland liegende und entlang der Talachsen verlaufende Infrastruktur umfassen. Die Multifunktionalität der Armee XXI trägt diesem Umstand Rechnung und sieht nur bedingt spezifische Trup997

pen für entsprechende Geländeteile vor. Führungs-, Übermittlungs- und Logistikanlagen von strategischer und operativer Bedeutung sollen darum an die Bedürfnisse der verkleinerten Armee angepasst weiterhin erhalten, wo nötig modernisiert werden ­ die übrige Verteidigungsinfrastruktur wird für Ausbildungszwecke im Sinne der Erhaltung einer Kernkompetenz weiterhin genutzt, das Gros aber nach betriebswirtschaftlichen Kriterien inaktiviert und periodisch auf die Notwendigkeit überprüft.

6

Leistungen

Die Armee erbringt Leistungen auf der operativen wie auf der taktischen Stufe in Kombination von Heer und Luftwaffe. Entscheidend für den Erfolg einer Gesamtoperation ist die Fähigkeit, alle Teiloperationen im Einsatzraum aufeinander abzustimmen. Auf der operativen Stufe werden die Teiloperationen des Heeres und der Luftwaffe vom Führungsstab der Armee koordiniert und in einer Gesamtoperation integriert. In der Regel sind Heeres- und Luftwaffeneinsatzstäbe diesem Führungsstab der Armee unterstellt und führen die Einsätze ihrer Teilstreitkraft.

6.1

Beiträge zur internationalen Friedensunterstützung und Krisenbewältigung

Die Armee leistet Beiträge zur internationalen Friedensunterstützung und Krisenbewältigung, indem sie Einzelpersonen und Verbände nach entsprechender Vorbereitung über längere Zeit in entsprechenden Operationen einsetzt und bei Bedarf kurzfristig humanitäre Hilfeleistungen unterstützt.

Einsätze zur Friedensunterstützung und Krisenbewältigung benötigen Berufsmilitär und Milizpersonal, das sich für einen bestimmten Zeitraum zur Verfügung stellt (und damit temporär zu Zeitmilitär wird). Milizangehörige der Armee werden auf Grundlage der Freiwilligkeit für solche Einsätze rekrutiert, während sich Berufsmilitär im Rahmen des Anstellungsvertrags verpflichtet, bei Bedarf solche Auslandeinsätze zu leisten. Erfahrungsgemäss ist es nicht leicht, genügend geeignetes Personal zu rekrutieren. Darum wird die Armee ihr Engagement in der Friedensunterstützung und Krisenbewältigung in den kommenden Jahren nur leicht erhöhen können. Zudem ist zu beachten, dass die Armee zur Wahrung der Handlungsfreiheit permanent genügend Freiwillige bereithalten muss, um kurzfristig humanitäre Hilfeleistungen unterstützen zu können.

Truppen im Auslandeinsatz sind auf logistische Unterstützung aus der Schweiz angewiesen. In der Regel ist dazu eine ausreichende eigene Lufttransportkapazität notwendig. Auch die notwendigen Führungsunterstützungsmittel müssen bereitgestellt werden.

Friedensunterstützende Operationen Beiträge zu friedensunterstützenden Operationen finden ausschliesslich im Rahmen von internationalen Operationen und gestützt auf ein Mandat der UNO oder OSZE statt. Die Einsätze müssen den Grundsätzen der Schweizer Aussen- und Sicherheitspolitik entsprechen, und die Teilnahme an Kampfhandlungen zur Friedenserzwingung ist ausgeschlossen.

998

Jeder Einsatz wird vom Bundesrat angeordnet. Er bestimmt, ob eine Bewaffnung für den Schutz der durch die Schweiz eingesetzten Personen und Truppen sowie für die Erfüllung ihres Auftrages erforderlich ist, und legt gegebenenfalls Art und Umfang der Bewaffnung fest. Die Truppen müssen in der Lage sein, ihren Auftrag zu erfüllen, auch wenn die Konfliktparteien vom vereinbarten Verhalten (Waffenstillstandsoder Friedensabkommen) temporär abweichen, dürfen aber nicht an Kampfhandlungen zur Friedenserzwingung teilnehmen.

Soll der Einsatz bewaffnet erfolgen, konsultiert der Bundesrat vorgängig die Aussenpolitischen und die Sicherheitspolitischen Kommissionen beider Räte. Sind für einen bewaffneten Einsatz mehr als 100 Angehörige der Armee vorgesehen oder dauert dieser länger als drei Wochen, so ist eine Genehmigung durch die Bundesversammlung erforderlich. In dringenden Fällen kann der Bundesrat diese Genehmigung nachträglich einholen; im Regelfall sollte sie aber vor Beginn des Einsatzes vorliegen.

Die Armee ist gegenwärtig in der Lage, binnen Monaten an friedensunterstützenden Operationen, vor allem im strategischen Umfeld der Schweiz, mit maximal einer verstärkten Einheit im Rahmen eines internationalen Grossverbandes während Jahren teilzunehmen, in der Regel zur logistischen Unterstützung (inkl. auftragsbezogenem Schutz von Personen und Truppen). Sie kann ausserdem innert Wochen Beiträge zur Implementierung internationaler Abkommen (z.B. Verifikation, Entsendung von Militärbeobachtern, Missionen) mit Personal und Fachkenntnissen leisten.

Mittelfristig soll die Armee die Fähigkeit erwerben, sich an einer friedensunterstützenden Operation mit maximal einem Verband in Bataillonsstärke oder alternativ zwei verstärkten Einheiten gleichzeitig zu beteiligen. Die eingesetzten Einheiten können sich je nach Auftrag und Umfang aus Infanterie-, Logistik-, Führungs-, Genie-, Aufklärungs-, Militärpolizei- und Lufttransportelementen zusammensetzen.

Die Teilnahme mit einem Verband in Bataillonsstärke ermöglicht im Rahmen der Planungs- und Vorbereitungsarbeiten frühzeitiges Mitsprache- und Mitbestimmungsrecht.

Unterstützung humanitärer Hilfeleistungen Die Armee ist fähig, humanitäre Hilfeleistungen ­ eine erweiterte Form der bisherigen Katastrophenhilfe ­ aus dem Stand während einiger Monate zu unterstützen.
Solche Unterstützung erfolgt auf Ersuchen eines Staates oder einer internationalen Organisation, und die Unterstützung humanitärer Hilfeleistungen durch die Armee erfolgt subsidiär zum Einsatz der zivilen Mittel. Die Einsatzverantwortung liegt beim EDA, die Führungsverantwortung für die der zivilen Organisation (z.B.

DEZA, internationale Organisation wie UNHCR) zur Zusammenarbeit zugewiesenen militärischen Mittel beim VBS. Der Einsatz der militärischen Mittel beschränkt sich grundsätzlich auf die Bereiche Schutz, Logistik (inkl. Transport), Kommunikation und Rettung. In diesem Sinne ist auch die Katastrophenhilfe im Ausland unter der Unterstützung humanitärer Hilfeleistungen zu subsumieren. Das Schweizerische Katastrophenhilfekorps kann wie bisher insbesondere im Rahmen von Einsätzen der Rettungskette auf Basis der Freiwilligkeit auf Angehörige der Armee und Armeematerial zurückgreifen.

Der Einsatz der Mittel im Rahmen einer humanitären Hilfeleistung richtet sich nach den allgemein gültigen humanitären Prinzipien (Unparteilichkeit, keine politischen Bedingungen) und dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit. In der Regel erfolgen 999

solche Einsätze unbewaffnet. Im Einvernehmen mit dem Staat, der ein Hilfsgesuch stellt und auf dessen Territorium der Einsatz stattfindet, ist aber auch die Mitnahme von Waffen zum Selbstschutz oder zu Bewachungszwecken denkbar.

Umsetzung Verbände im internationalen Einsatz benötigen im Vergleich zu Einheiten im nationalen Einsatz zusätzliche Stabs- und Unterstützungselemente. Auch kleinere Kontingente im Ausland müssen in folgenden Bereichen autonom sein: Kommunikation, Nachrichtendienst, Aufklärung, Rechtsberatung, Betreuung, Sicherung, Nach- und Rückschub, Wasserversorgung, Instandhaltung, Sanitätsdienst, Transporte und Infrastruktur. Diese Unterstützungselemente, die ausschliesslich Leistungen zu Gunsten des eigenen Kontingents erbringen, sind in ihrer Grösse nur beschränkt veränderbar. Als Regel gilt: Je kleiner das Kontingent, um so grösser der Anteil der erforderlichen logistischen Elemente. Es ist deshalb effizient, die verfügbaren Mittel in einer einzigen Operation zu konzentrieren.

Die Armee erhöht ihre Fähigkeit zur Leistung von Beiträgen zur internationalen Friedensunterstützung und Krisenbewältigung stufenweise.

In den kommenden Jahren gilt es, die bestehende Beteiligung an laufenden friedensunterstützenden Operationen und allfällige Einsätze zur Unterstützung humanitärer Hilfeleistungen ohne Leistungseinbusse sicherzustellen. Die personelle Alimentierung dieser Einsätze hat deshalb weiterhin Priorität; gleichzeitig müssen Beobachtungs-, Inspektions- und Verifikationsmissionen mit qualifiziertem Personal besetzt werden können. Berufs- und Zeitmilitär, das nicht spezifisch im Hinblick auf einen Auslandeinsatz angestellt wurde, steht für Friedensunterstützung und Krisenbewältigung nur eingeschränkt zur Verfügung. Es wird vor allem in der Ausbildung eingesetzt, mit Ausnahme der Angehörigen von Berufsformationen (Teile der Militärpolizei, des Armeeaufklärungsdetachements, der Katastrophenhilfe-Bereitschaftskompanien und der Luftwaffe). Kontingente für Einsätze zur Friedensunterstützung und zur Krisenbewältigung werden primär durch Zeitmilitär alimentiert, das spezifisch im Hinblick auf einen Auslandeinsatz aus der Miliz rekrutiert und angestellt wird. Durchdiener können auf freiwilliger Basis für Einsätze zur Friedensunterstützung und Krisenbewältigung herangezogen werden. Vorrang haben für Durchdiener jedoch subsidiäre Einsätze zur Prävention und Bewältigung existenzieller Gefahren.

6.2

Raumsicherung und Verteidigung

Raumsicherung Bei der Raumsicherung geht es darum, eine akute Krisenlage für Land und Volk autonom zu meistern und die Gefahr einer Eskalation einzudämmen. Mit den bereitgestellten Kräften soll Gewalt strategischen Ausmasses verhindert, eingedämmt oder neutralisiert werden. Raumsicherungseinsätze können, auf Anordnung des Bundesrates, mit Streitkräften von Nachbarstaaten koordiniert werden, wenn diese Länder ähnliche Massnahmen vornehmen. Einsätze der Armee zur Raumsicherung sollen eine stabilisierende Wirkung erzeugen. Im Innern geht es um die Gewährleistung der Sicherheit der Bevölkerung, um die Wahrung der Funktionsfähigkeit von Staat, Gesellschaft und Wirtschaft sowie um die Sicherung der politischen Handlungsfähigkeit. Mit Blick ins Ausland gilt es zu signalisieren, dass in der Schweiz kein Macht1000

vakuum besteht und dass unser Land willens und fähig ist, auf seinem eigenen Territorium Stabilität zu bewahren. In diesem Zusammenhang ist auf die europäische Bedeutung der Transversalen hinzuweisen. Es geht im Raumsicherungseinsatz insbesondere darum, diese für die eigenen Bedürfnisse und jene unserer Partner zu sichern und offen zu halten.

Raumsicherung umfasst folgende Operationen: ­

Wahrung der Lufthoheit;

­

Sicherung grösserer Grenzabschnitte durch massive Präsenz zur Verhinderung von Grenzverletzungen;

­

Schutz von Schlüsselräumen, um Übergriffe auf kriegswichtige Objekte zu verhindern und für zukünftige Operationen wichtige Räume zu besetzen;

­

Offenhalten von Transversalen (Strasse, Schiene, Energieträger, Kommunikation);

­

Schutz wichtiger Infrastruktureinrichtungen.

Die Armee ist in der Lage, im Rahmen der Raumsicherung mehrere Einsätze gleichzeitig innert Monaten und während längerer Zeit auf dem ganzen Territorium der Schweiz mit zwei bis drei Brigaden und den Mitteln der Luftwaffe durchzuführen.

Die Verlängerung der Grundausbildung erlaubt, die meisten Truppengattungen für Schutz- und Sicherungsaufgaben einzusetzen. Mit den besonders ausgebildeten Durchdienern wird zudem über die Jahre eine ansehnliche Reserve (ca. 10 000) speziell ausgebildeter Infanterie geschaffen, die auch für den Schutz spezieller Einrichtungen (z. B. Flughäfen) eingesetzt werden kann.

Raumsicherungseinsätze sind eine flexible Antwort auf ein breites Spektrum häufig asymmetrischer Bedrohungen. Der Übergang von subsidiären Sicherungseinsätzen zur Raumsicherung und von dieser zur Verteidigung ist fliessend. Der Unterschied von Raumsicherungseinsätzen zu subsidiären Sicherungseinsätzen liegt einerseits in der Verantwortungsfrage, anderseits in der Grösse des Mitteleinsatzes. Raumsicherungseinsätze werden unter militärischer Einsatzführung mit massiven Mitteln geleistet, subsidiäre Sicherungseinsätze erfolgen in der Verantwortung der zivilen Behörden und in der Regel mit geringeren Mitteln.

Verteidigung Bei der Verteidigung geht es darum, einen militärischen Angriff auf die Schweiz abzuwehren. Die Armee erbringt dazu folgende Leistungen: ­

Wahrung der Lufthoheit, minimal Verhinderung einer gegnerischen Luftüberlegenheit über der Schweiz, allenfalls ­ bei Hinfall der Neutralität und nach einem Entscheid der politischen Behörden ­ Beteiligung an Luftverteidigungseinsätzen in Zusammenarbeit mit den Luftwaffen anderer Staaten;

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autonome Verteidigung des Territoriums, wenn der Angriff die Widerstandskraft der Schweizerischen Armee nicht offenkundig übersteigt, und ­ bei Hinfall der Neutralität nach einem Entscheid der politischen Behörden in der Folge eines militärischen Angriffs auf die Schweiz ­ gemeinsame Verteidigung in Kooperation mit ausländischen Streitkräften;

­

Schutz von Räumen und Objekten innerhalb der Schweiz.

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Die Wahrung der Lufthoheit bzw. das Verhindern einer gegnerischen Luftüberlegenheit ist für die Kampfführung von erstrangiger Bedeutung. Ist der Verteidiger in diesem Bereich erfolgreich, sinkt die Gefahr eines Angriffs zu Lande. Mit einer erfolgreichen Luftverteidigung kann ein militärischer Angriff schon frühzeitig gestoppt werden. Die Überlebensfähigkeit der terrestrischen Verbände, insbesondere deren Beweglichkeit, ist direkt davon abhängig, dass die gegnerische Handlungsfreiheit in der Luft verhindert wird.

Die Entwicklung der Militärtechnologie ermöglicht ­ und erfordert gleichzeitig ­ schon heute, mit immer weniger Waffenplattformen in immer grösseren Räumen militärische Operationen durchzuführen. Diese Tendenz wird sich in Zukunft verstärken. Auch Verteidigungsoperationen müssen darum in Zukunft mit hoher Beweglichkeit und in grossen Räumen geführt werden. Operationsräume lassen sich nicht auf nationale Territorien beschränken und überschreiten in der Ausdehnung die Grösse der Schweiz.

Die Armee muss gleichzeitig den Kampf in der Tiefe, im unmittelbaren und im rückwärtigen Operationsraum führen können. Sie verfügt dazu je nach auftragsbezogener Gliederung über 6 bis 8 Kampfbrigaden, entsprechende Kampfunterstützungs- und Logistikverbände des Heeres sowie über die Leistungen der Luftwaffe.

Diese führt die Luftverteidigung und unterstützt das Heer. Die Fähigkeit der Luftwaffe zur Bekämpfung von Bodenzielen ist zurzeit nicht vorhanden, soll jedoch wieder aufgebaut werden. Für Elemente einer Verteidigungskonzeption wird auf Abschnitt 5.5 des Kapitels «Doktrin» verwiesen.

Besonderer Aspekt: Abwehr von Waffen mittlerer und grosser Reichweite Auf eine Bedrohung durch Fernwaffen gibt es grundsätzlich vier mögliche Antworten von Armee und Bevölkerungsschutz: ­

Abschreckung: der potenzielle Angreifer wird dadurch von einem Angriff abgehalten, dass glaubwürdig mit Vergeltung gedroht wird;

­

Präventivschläge: die weit reichenden Mittel des potenziellen Angreifers werden ausser Gefecht gesetzt oder zerstört, bevor er diese einsetzen kann;

­

aktive Verteidigung: weit reichende Mittel des Angreifers werden nach ihrem Einsatz abgefangen, bevor sie ihre Ziele erreichen (z.B. Raketenabwehr);

­

passive Verteidigung: die weit reichenden Mittel des Angreifers können nicht abgewehrt, ihre Wirkung aber z.B. durch Schutzräume für die Bevölkerung verringert werden.

Autonom ist die Schweiz nur zu passiver Verteidigung (Zivilschutz) fähig. Abschreckung und Präventivschläge liegen ausserhalb unserer Möglichkeiten.

Bei aktiven Verteidigungsmassnahmen muss aus technischen Gründen zwischen der Bekämpfung von ballistischen Lenkwaffen und Marschflugkörpern unterschieden werden. Gemeinsam ist aber beiden Waffenkategorien, dass ihre Abwehr nur in internationaler Zusammenarbeit möglich wäre.

Eine Bekämpfung von Marschflugkörpern basiert im Wesentlichen auf denselben Luftverteidigungsmitteln, die auch gegen bemannte Flugzeuge eingesetzt werden.

Um einer Bedrohung durch moderne Marschflugkörper zu begegnen, muss die Leistungsfähigkeit der Luftverteidigungssysteme jedoch, insbesondere hinsichtlich einer 1002

weit reichenden und lückenlosen Luftraumüberwachung, verbessert werden. Bereits eine Datenintegration der Luftraumüberwachungssysteme der umliegenden Staaten ins Schweizer Luftraumüberwachungssystem würde die Erfolgsaussichten einer erfolgreichen Bekämpfung von Marschflugkörpern wesentlich erhöhen. Die Weiterverbreitung solcher moderner weit reichender Marschflugkörper hat allerdings bis jetzt kaum stattgefunden; deshalb sind die Anstrengungen zu deren Abwehr noch nicht sehr weit fortgeschritten.

Im Vordergrund stehen heute die Gefahren, die von ballistischen Lenkwaffen ausgehen. An der Abwehr dieser Waffen wird derzeit vor allem in den USA und in Israel gearbeitet. Israel hat als erster Staat ein Abwehrsystem zum Schutz seines gesamten Territoriums in Dienst gestellt. Die Anstrengungen der USA konzentrieren sich in der Forschung und Entwicklung von Raketenabwehrsystemen einerseits ebenfalls auf den Schutz des Staatsgebietes, anderseits auf den Schutz amerikanischer und verbündeter Truppen in einem Krisen- oder Kriegsgebiet. Die europäischen Aktivitäten beschränken sich im Wesentlichen auf die Abwehr ballistischer Lenkwaffen kurzer Reichweite. Im Zusammenhang mit der Proliferation von Massenvernichtungswaffen und entsprechenden Trägermitteln spielen Abwehrsysteme gegen ballistische Lenkwaffen kurzer Reichweite jedoch keine Rolle. Am naheliegendsten ist der Einsatz derartiger Systeme zum Schutz von Truppenkontingenten in Krisenregionen. Dagegen ist nach wie vor unklar, ob in Europa ein gemeinsames flächendeckendes Abwehrsystem gegen Angriffe aus grösserer Distanz realisiert werden kann und soll. Falls es soweit kommt, ist eine schweizerische Beteiligung zu prüfen.

Insbesondere ist rechtzeitig der neutralitätsrechtliche Spielraum auszuloten, da in der Raketenabwehr eine enge Zusammenarbeit mit Partnerstaaten schon in der normalen Lage zwingend ist. In welcher Form eine derartige Beteiligung realisiert werden könnte, die über Meinungsaustausch und Forschungszusammenarbeit hinausgehen würde, lässt sich zurzeit noch nicht sagen. Der Bundesrat verfolgt die Entwicklung in diesem Bereich aufmerksam und wird zu gegebener Zeit weitergehende Abklärungen treffen bzw. Massnahmen einleiten.

6.3

Subsidiäre Einsätze zur Prävention und Bewältigung existenzieller Gefahren

Wenn die Mittel der zivilen Behörden von Bund und Kantonen in personeller, materieller oder zeitlicher Hinsicht nicht ausreichen, unterstützt die Armee diese auf deren Begehren. Diese Einsätze erfolgen subsidiär, d.h., die Einsatzverantwortung liegt bei den zivilen Behörden. Die Armee entscheidet über den Kräfteansatz und trägt die Führungsverantwortung für ihre Truppen. Die Einsatzgrundsätze werden von den zivilen und militärischen Verantwortungsträgern gemeinsam festgelegt. Die Kostenfrage für subsidiäre Einsätze ist grundsätzlich so zu regeln, dass keine finanziellen Anreize bestehen, das Militär zivilen Leistungserbringern vorzuziehen.

Für subsidiäre Einsätze zur Prävention und Bewältigung existenzieller Gefahren werden in erster Priorität Berufsmilitär und Durchdiener (bei subsidiären Sicherungseinsätzen primär Militärpolizeiformationen) eingesetzt. Aus dem Stand und über längere Zeit sind Einsätze von ca. 950 Durchdienern möglich. Ihre Zuteilung zu den einzelnen Truppengattungen (Infanterie, Rettungs-/Genietruppen, Logistik,

1003

Luftwaffe) wird auf Grund des Bedarfs der letzten Jahre festgelegt. Militärpolizeidetachemente bilden zusätzliche Kapazitäten für subsidiäre Sicherungseinsätze.

Militärische Katastrophenhilfe Die Armee unterstützt die zivilen Behörden bei der Bewältigung natur- oder zivilisationsbedingter Katastrophen im Inland. (Die Katastrophenhilfe im Ausland ist Teil der Unterstützung humanitärer Hifleleistungen und damit des Auftrags «Friedensunterstützung und Krisenbewältigung».) Diese subsidiären Einsätze sollen mithelfen, Belastungsspitzen zu brechen: Die Armee konkurrenziert die zivile Wirtschaft nicht und leistet in der Regel keine Wiederaufbauhilfe. Katastrophenhilfe erfolgt aus dem Stand. Teile der Luftwaffe stehen innert Stunden zur Verfügung. Die Armee ist in der Lage, gleichzeitig bei der Bewältigung mehrerer Gross-Schadenereignisse Unterstützung zu leisten und Personen und Güter in ausgedehnten Schadenlagen zu retten und zu schützen. Sie erbringt dazu folgende Leistungen: ­

Sie überlässt zivilen Partnern permanent militärisches Katastrophenhilfematerial zur Nutzung ausserhalb der Dienstleistungen der Truppe.

­

Sie stellt weiteres besonderes Katastrophenhilfematerial in dezentralen Materiallagern zur Verfügung.

­

Nach einem Schadenereignis leistet sie mit allen in der Nähe befindlichen Truppen Spontanhilfe.

­

Die Armee leistet auf Begehren ziviler Behörden mit maximal einer Katastrophenhilfe-Bereitschaftskompanie (Berufsmilitär und Durchdiener), mobilen Logistikelementen und maximal zwei Infanteriekompanien (Durchdiener) sowie Mitteln der Luftwaffe gleichzeitig an mehreren Schadenplätzen Hilfe und stellt den entsprechenden Schutz sicher. Wenn diese Kräfte nicht ausreichen, können Truppen im Ausbildungsdienst herangezogen werden.

Die eigentliche militärische Katastrophenhilfe wird in der Regel durch Genie- und Rettungstruppen geleistet; im Bedarfsfall werden diese durch andere Truppen verstärkt.

Mit einem Bereitschaftssystem der Wiederholungskurse leistenden Truppenkörper der Genie- und Rettungstruppen (inkl. eines Sanitätselements) sowie der Infanterie stellt die Armee die Durchhaltefähigkeit während einiger Wochen sicher.

Subsidiäre Sicherungseinsätze Folgende subsidiäre Sicherungseinsätze kann die Armee innert Tagen leisten: ­

Unterstützung der zivilen Behörden beim Personenschutz: Diese Aufgabe kann durch mehrere Militärpolizeidetachemente (Berufsmilitär) gleichzeitig und während mehrerer Wochen wahrgenommen werden.

­

Rückführung von Schweizer Bürgern aus Krisengebieten: Die Armee ist in der Lage, entsprechende Operationen mit dem Armeeaufklärungsdetachement (Berufsmilitär) und mit Unterstützung der Luftwaffe (Lufttransport) durchzuführen. Rückführungsoperationen erfolgen unter Einsatzverantwortung des EDA, in Zusammenarbeit mit anderen Bundesstellen (namentlich dem EJPD) und in der Regel in Kooperation mit ausländischen Streitkräften.

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Zu den subsidiären Sicherungseinsätzen, welche die Armee innert Wochen leisten kann, zählen: ­

Sicherstellung des Schutzes wichtiger Objekte oder Unterstützung des Grenzwachtkorps beim Schutz der Landesgrenzen. Dazu stehen drei Militärpolizeibataillone (Berufsmilitär/WK-Miliz) und zwei Infanteriekompanien (Durchdiener) zur Verfügung. Mit dem gleichen Kräfteansatz können während Tagen mehrere Einsätze zum Personen- und Objektschutz, zum Schutz von Konferenzen und internationalen Veranstaltungen, geleistet werden.

­

Mit maximal zwei Militärpolizeibataillonen (Berufsmilitär) können zur Unterstützung der zivilen Behörden mehrere Einsätze zur Abwehr schwerwiegender Bedrohungen der inneren Sicherheit gleichzeitig durchgeführt werden.

­

Mit mehreren Militärpolizeidetachementen (Berufsmilitär) können gleichzeitig mehrere Einsätze zum Personen- und Objektschutz durchgeführt werden (Schutz wichtiger Persönlichkeiten und diplomatischer Vertretungen der Schweiz im Ausland).

Die Einsätze werden bei Bedarf durch die Luftwaffe unterstützt. Wenn nötig, kann die Durchhaltefähigkeit mit WK- und oder Reserveverbänden ­ insbesondere der Infanterie ­ sichergestellt werden.

Die für subsidiäre Sicherungseinsätze vorgesehenen Verfügbarkeiten der Armee werden im Lichte der Ergebnisse des Projekts «Überprüfung des Systems der inneren Sicherheit der Schweiz» (USIS) überprüft und nötigenfalls angepasst.

Luftpolizeidienst Die Luftwaffe leistet zur Wahrung der Lufthoheit und zur Kontrolle der Einhaltung des international definierten Luftrechts subsidiäre Einsätze zu Gunsten des Bundesamtes für Zivilluftfahrt. Sie kann aus dem Stand mit einzelnen Kampfflugzeugen oder bei länger dauernden Einsätzen während Monaten mit allen Mitteln die durch Bundesrat und Parlament definierten Bedürfnisse erfüllen. Die Identifikation von Luftfahrzeugen erfolgt in der Regel mit elektronischen Mitteln; die Fähigkeit zur visuellen Identifikation von Luftfahrzeugen und zur allfälligen Intervention (inkl.

Gewaltandrohung und Waffeneinsatz) ist ebenfalls sichergestellt.

6.4

Querschnittsfunktionen

Nachrichtendienst Gute Kenntnisse von Lage und Umwelt sind die Voraussetzung für militärisches Handeln auf allen Stufen. Der Nachrichtendienst beschafft Informationen und wertet diese zuhanden der Entscheidungsträger aus. Mit dieser Aufgabe eng verknüpft ist der Gegennachrichtendienst.

Ein entscheidender Erfolgsfaktor ist die zeit- und stufengerechte Verfügbarkeit der nachrichtendienstlichen Erkenntnisse für alle Entscheidungsträger. Auf Grund der zunehmenden Dynamik des militärischen Geschehens werden dazu die hierarchisch aufgebauten Strukturen durch eine umfassende horizontale und vertikale Vernetzung ergänzt: Führungsstufen müssen sich bei Bedarf überspringen lassen. Der Nach1005

richtendienst der operativen Stufe kann beispielsweise nachrichtendienstliche Erkenntnisse, die für die Auftragserfüllung eines spezifischen Bataillons entscheidend sind, diesem gleichzeitig wie der übergeordneten Brigade zur Verfügung stellen.

Der ständige Auslandnachrichtendienst wird vom Strategischen Nachrichtendienst sichergestellt, der im zivilen Teil des VBS angesiedelt ist. Wegen der abgestuften Bereitschaft ist er besonders wichtig: Die Aktivierung von Reserven und vor allem der Aufwuchs bedürfen einer erheblichen Vorbereitungszeit. Der Strategische Nachrichtendienst muss den Bundesrat rechtzeitig auf eine entsprechende Lageveränderung in unserem Umfeld aufmerksam machen.

Der Militärische Nachrichtendienst verfolgt die armeerelevante Lage in enger Zusammenarbeit mit dem Strategischen Nachrichtendienst. Wenn die Armee eingesetzt wird, unterstützt er die militärische Führung in der Schweiz und im Ausland.

Der Luftwaffennachrichtendienst stellt den operativ-taktischen Nachrichtendienst für den Einsatz der Luftwaffe sicher.

Die Truppe verfügt auf jeder Stufe bis und mit Truppenkörper über eigene Elemente zur Nachrichtenbeschaffung und -auswertung.

Logistik Unter Logistik versteht man das System von Prozessen und Diensten zur umfassenden Unterstützung von Streitkräften, bestehend aus der Truppengattung der Sanität sowie Nachschub/ Rückschub, Instandhaltung, Verkehr und Transport, Infrastruktur.

Die Logistik hat den Auftrag, die Armee mit Leistungen zu versorgen, die für Einsatz und Ausbildung nötig sind. Es gilt das am Bedarf orientierte Bringprinzip. Dieses ermöglicht, die bereitgehaltene Gütermenge zu reduzieren und gleichzeitig die Versorgungssicherheit zu erhöhen. Zudem können die Kampf- und Kampfunterstützungsverbände von Logistikaufgaben entlastet werden.

Die Logistik besteht aus sechs logistischen Teilprozessen, die über alle Lagen grundsätzlich unverändert bleiben: Planungs- und Führungsprozess, die Kernprozesse Nach- und Rückschub, Instandhaltung, Sanität und die Unterstützungsprozesse Verkehr und Transport sowie Infrastruktur. Verantwortung und Kompetenz für alle Teilprozesse als gesamter Logistikprozess sind über alle Lagen, ohne Wechsel der Verantwortlichkeiten, in derselben Hand.

Die Teilstreitkräfte und die Einsatzverbände aller Stufen verfügen über logistische Elemente
auf einer gemeinsamen Logistikbasis der Armee. Die Brigaden und Territorialregionen erhalten im Einsatz auftragsorientiert zusammengestellte, bewegliche Logistikelemente in Form eines oder mehrerer Logistikbataillone. Die Bataillone sowie deren Einheiten verfügen je über organische Logistikelemente, die sich gegenseitig unterstützen und ergänzen.

Die gesamte Logistik umfasst vier Ebenen: ­

die Einsatzlogistik in den Einheiten;

­

die Einsatzlogistik in den Bataillonen;

­

die direkte logistische Unterstützung in den Brigaden und Territorialregionen (mobile Logistik);

­

die logistische Unterstützung in der Armee (stationäre Logistik).

1006

Stufenmodell Abbildung 8 Armee

Zivile Partner

XXXX

stationäre Logistik

X

mobile Logistik

II

I

EinsatzLogistik

Die Logistikführung erfolgt über alle Lagen zentral. Sie hat die Finanzplanungs- und Budgetkompetenz über alle Logistikbereiche der Armee. Der Unterstabschef Logistik plant und steuert die betriebswirtschaftliche Logistikführung über die logistische Bereitschaft und Durchhaltefähigkeit und setzt die militärischen und zivilen Logistikmittel der Armee ein. Die zivilen Logistik- und Industriepartner, das Gewerbe, das öffentliche Gesundheitswesen und die Armeelogistik arbeiten in allen Lagen zusammen. Diese Kooperation muss bereits in der normalen Lage trainiert werden. Der Unterstabschef Logistik koordiniert die Vergabe von Logistikleistungen an zivile Leistungserbringer ausserhalb der Armeelogistik und optimiert nach militärischen und betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten über alle Lagen die Leistungserbringung der militärischen und zivilen Partner.

Die Logistikbasis der Armee ist ab Start der Armee XXI innerhalb eines Zeitraumes von etwa 5 bis 10 Jahren einschliesslich des Einsparpotenzials, der Umverteilung und des Abbaus der personellen Ressourcen zu realisieren. Bis zur Ausgestaltung des Logistiksystems Armee XXI erfüllen das Bundesamt für Betriebe des Heeres und das Bundesamt für Betriebe der Luftwaffe nach den übergeordneten Vorgaben die logistischen Aufgaben des Heeres bzw. der Luftwaffe weiter.

Informationskrieg Die Aufrechterhaltung der Führungsfähigkeit und damit der Schutz vor Informationskrieg ist für die Funktionsfähigkeit der Armee von entscheidender Bedeutung und Voraussetzung jeglicher Auftragserfüllung. Ein allfälliger Gegner wird versuchen, diese Verwundbarkeit auszunützen und auf unsere Führungs- und Informationssysteme einzuwirken (in Netzwerke einzudringen, Daten aufzuklären, zu vernichten oder zu manipulieren). Informationskriegführung nutzt überdies auch herkömmliche militärische Mittel: die elektronische Störung oder auch physische Zerstörung von Kommunikationslinien, Führungs- und Informationssystemen sowie 1007

von Systemen, die deren Funktion aufrechterhalten (z.B. Stromversorgung). Beim Informationskrieg geht es in erster Linie darum, die Führung des Gegners auf allen Stufen derart zu beeinträchtigen, dass er seinen Auftrag nicht mehr erfüllen kann und im besten Fall ungewollt im Sinne des Angreifers handelt.

Der Schutz vor physischer Zerstörung wichtiger informationstechnologischer Komponenten ist vor allem im Rahmen des Auftrags Raumsicherung und Verteidigung von Bedeutung und erfolgt im Rahmen herkömmlicher militärischer Aufgaben (vom Objektschutz bis zur Luftverteidigung). Gegen Angriffe auf Netzwerke, die grundsätzlich in jeder Lage und im Zusammenhang mit allen Armeeaufträgen erfolgen können, sind aber neue Schutzvorkehrungen notwendig. Von entscheidender Bedeutung ist dabei, die Schwächen der eigenen Netzwerke zu kennen. Dazu braucht es Spezialisten, die auf die eigenen Systeme angesetzt werden können, um so deren Verwundbarkeit ausfindig zu machen. Die Schaffung einer solchen Fähigkeit ist Voraussetzung, um die eigenen Netzwerke wirksam zu schützen. Die Armee muss sich aber auch darauf vorbereiten, dass der Schutz versagen könnte. Die Führungstätigkeit muss daher in einem durch Informationskriegführung beeinträchtigten Umfeld auf allen Stufen trainiert werden.

In der Kriegführung ist ein rein defensives Verhalten selten erfolgreich. Die Armee muss deshalb in der Lage sein, im Rahmen der Informationskriegführung offensiv vorzugehen. Sie wird dazu vorerst nur über punktuelle Fähigkeiten verfügen, beispielsweise mit Mitteln zur Störung der gegnerischen Kommunikation. Längerfristig müssen die offensiven Möglichkeiten jedoch verbessert werden. Die Kernfähigkeit wird aber in jedem Fall die Aufrechterhaltung der Führungsfähigkeit bleiben.

7

Prozesse und Strukturen

7.1

Hauptprozesse der Armee

Damit die Armee die von ihr geforderten Leistungen erbringen kann, sind folgende Hauptprozesse nötig: die beiden Führungsprozesse für Daueraufgaben und für spezifische Aufträge, der Kernprozess «Erbringung der Einsätze» und Unterstützungsprozesse.

1008

Hauptprozesse zur Leistungserbringung der Armee Abbildung 9

Doktrinentwicklung

Planung der militärischen Aktion

Doktrin

Operationsplan

Vorgaben Grundbereitschaft

Vorgaben Einsatzbereitschaft

Grundbereitschaft

Einsatzbereitschaft

Einsätze

Auftrag

Erstellen der Einsatzbereitschaft

Mittel

Spezifische Aufträge

SIPOL B

Erstellen der Grundbereitschaft

Armee

Bundesrat

Daueraufgaben

Daueraufgaben Die Prozesskette Daueraufgaben dient dazu, die Grundbereitschaft sicherzustellen, von der aus die Einsatzbereitschaft erstellt werden kann. Die Grundbereitschaft ergibt sich aus den Vorgaben von Bundesverfassung und SIPOL B 2000. Sie ist unabhängig von einem spezifischen Auftrag und permanent aufrechtzuerhalten.

Spezifische Aufträge Die Prozesskette Spezifische Aufträge dient dazu, ausgehend von der Grundbereitschaft die Einsatzbereitschaft für einen konkret anstehenden Auftrag zu erreichen.

Der Planungsprozess der militärischen Aktion führt zum Operationsplan. Dieser beschreibt, wie die Armee diesen konkreten Auftrag erfolgreich lösen soll. Aus dem Operationsplan werden die Vorgaben für die Einsatzbereitschaft der benötigten Mittel abgeleitet.

Die Einsatzbereitschaft unterscheidet sich grundsätzlich von der Grundbereitschaft.

Wenn ein spezifischer Auftrag vorliegt, wird sie auf Grund der Vorgaben aus dem Operationsplan definiert. Die Einsatzbereitschaft basiert auf den in der Grundbereitschaft vorhandenen Mitteln und wird durch zusätzliche Ausbildung, Bereitstellung von angepasstem Material etc. erreicht. Die Unterscheidung zwischen Grundbereitschaft und Einsatzbereitschaft ist für das Verständnis der Armee von fundamentaler Bedeutung.

1009

Die Struktur der Armee entspricht einer Grundgliederung. Sobald ein spezifischer Auftrag vorliegt, der die Einsatzbereitschaft der Armee oder von Teilen derselben verlangt, werden die Brigaden und Territorialregionen auftragsspezifisch gegliedert.

Aus der Grundgliederung entsteht dann die Einsatzgliederung.

Prozessmodell der Armee Abbildung 10

Einsatzbereitschaft

Einsätze

Grundbereitschaft

Erstellen der Einsatzbereitschaft

Mittel

Erstellen der Grundbereitschaft

Führungsprozesse

Einsätze

Unterstützungsprozesse

Kernprozess Erbringung von Einsätzen Die Erbringung von Einsätzen führt von den Mitteln der Armee zu den geforderten konkreten Einsätzen. Sie umfasst: ­

Das Erstellen der Grundbereitschaft: Auf Grund der Vorgaben des Generalstabes wird die Grundbereitschaft durch die Teilstreitkräfte erstellt. Das Heer verfügt dazu über die Lehrverbände sowie über die Brigade- und Territorialregionenstäbe, die Luftwaffe über Lehrverbände und Flugplatzkommandos.

­

Das Erstellen der Einsatzbereitschaft: Sobald ein spezifischer Auftrag vorliegt, erarbeitet der Führungsstab der Armee einen Operationsplan. Dieser erlaubt den Kommandanten der Teilstreitkräfte, die Einsatzbereitschaft zu erstellen.

­

Den Einsatz: Der Führungsstab der Armee führt die Umsetzung des Operationsplans durch die Teilstreitkräfte.

Unterstützungsprozesse Mit den Unterstützungsprozessen wird sichergestellt, dass die für die Kernprozesse notwendigen Ressourcen (Personal, Material, Infrastruktur, Finanzen) zur Verfügung stehen.

1010

7.2

Armeeführung

Chef der Armee Der Chef der Armee ist für die Entwicklung und Führung der Armee verantwortlich.

Er ist dem Chef VBS unterstellt, der die politische Verantwortung wahrnimmt. Der Chef der Armee führt die beiden Teilstreitkräfte Heer und Luftwaffe, die Höhere Kaderausbildung und den Generalstab und verfügt dazu über einen persönlichen Stab. Er hat den Grad eines Korpskommandanten und ist nicht mit dem erst in Kriegszeiten vom Parlament zu wählenden Oberbefehlshaber zu verwechseln. Damit werden klare Führungsverhältnisse und Verantwortlichkeiten geschaffen und das Primat der Politik gestärkt.

Führung der Armee Abbildung 11

Chef VBS

Chef der Armee

Generalstab

Höhere Kaderausbildung

Führungsstab der Armee

Heer

Luftwaffe

1011

Vergleich Chef der Armee ­ Oberbefehlshaber Abbildung 12 Chef der Armee

Wahl durch Bundesrat Unterstellung unter Chef VBS

Oberbefehlshaber

Wahl durch Parlament Unterstellung unter Bundesrat

Generalstab Der Generalstab ist für folgende Daueraufgaben zuständig: Doktrinentwicklung, Erarbeitung der Vorgaben für die Grundbereitschaft, Unternehmensentwicklung (mittel- und längerfristige Entwicklung der Armee) und Unternehmensführung. Er leitet aus den sicherheitspolitischen Vorgaben die militärstrategischen Folgerungen ab.

Der Führungsstab der Armee ist Teil des Generalstabes. Er ist das permanente Führungsinstrument der Armee auf operativer Stufe und setzt militärstrategische Vorgaben in Operationen um. Er nimmt folgende Aufgaben wahr: Umsetzung des politischen Auftrages in militärische Aktionen, Vorgaben für die Einsatzfähigkeit der Armee und deren Steuerung, Planung und Führung der Armeeeinsätze.

Höhere Kaderausbildung Die Höhere Kaderausbildung umfasst das Armeeausbildungszentrum, die Militärische Führungsschule an der ETH Zürich, die Generalstabsschule sowie die Berufsunteroffiziersschule der Armee. Es stellt für Heer und Luftwaffe die höhere Kaderausbildung, die Aus- und Weiterbildung des militärischen Personals sowie die Zusammenarbeit mit in- und ausländischen militärischen und zivilen Hochschulen sicher.

7.3

Teilstreitkräfte

Die Armee besteht aus den zwei Teilstreitkräften Heer und Luftwaffe. Auf die Bildung einer dritten Teilstreitkraft «Territorialtruppen» wird verzichtet: Als Teilstreitkraft strukturierte und organisierte Territorialtruppen binden zu viele Ressourcen, verunmöglichen eine echte teilstreitkräfteübergreifende Führung und schaffen zusätzlichen Koordinationsaufwand im Raumsicherungs- und Verteidigungseinsatz.

Die Truppenkörper des Heeres bleiben jedoch über die Rekrutierung, die dezentrale geografische Verteilung der Kommandostellen und die Unterstellung bzw. Zuweisung der Bataillone und Abteilungen regional verankert. Neben den Brigaden und Territorialregionen werden in beiden Teilstreitkräften Lehrverbände gebildet. Diese sind grundsätzlich für die Ausbildung des Heeres und der Luftwaffe verantwortlich.

Heer und Luftwaffe bilden Ausbildungssysteme, die nach den Bereitschaftsvorgaben des Chefs der Armee ihre Stäbe und Truppen ausbilden. Die Kommandanten der Teilstreitkräfte regeln den Rhythmus der Wiederholungskurse bei Brigaden und Lehrverbänden und stellen ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Stabsausbildung, Truppenübungen und WK-Vorbereitung/-Durchführung sicher.

1012

7.4

Heer

Kommandant Heer Der Kommandant Heer trägt die Gesamtverantwortung für die Teilstreitkraft Heer.

Ihm unterstellt sind der Chef Heereseinsatz, die Kommandanten der vier Territorialregionen und der Ausbildungschef des Heeres.

Heer Abbildung 13

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Kommandant Heer Chef Heereseinsatz

x

Ausbildungschef des Heeres

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Brigaden

Territorialregionen

Lehrverbände

Chef Heereseinsatz ­ Brigaden Der Chef Heereseinsatz ist dem Kommandant Heer unterstellt und für Führung und Ausbildung sämtlicher unterstellter Brigaden verantwortlich.

Aus den Bataillonen und Abteilungen des Heeres (inkl. der Reserve) lassen sich bei Bedarf vier Infanteriebrigaden, zwei Gebirgsinfanteriebrigaden, zwei Panzerbrigaden, eine Logistikbrigade und vier Territorialregionen bilden. Den Brigaden des Heeres werden in der Grundstruktur nach regionalen Kriterien Bataillone/Abteilungen unterstellt, um das Gefecht der verbundenen Waffen zu schulen. Im Hinblick auf einen Einsatz können diese Brigaden angepasst werden, indem Elemente hinzugefügt bzw. weggenommen werden.

Im Einsatz kann der Chef Heereseinsatz mehrere Kampfbrigaden führen. Die Brigadekommandos führen im Rahmen der Raumsicherung und Verteidigung Kampfbrigaden. Die Brigadestäbe bestehen grundsätzlich aus Milizangehörigen.

1013

Grundgliederung der Brigaden des Heeres Abbildung 14 x

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Die Brigaden sind für die Ausbildung der unterstellten Bataillone/Abteilungen in der Einsatzführung (Schulung in Stabs-, Stabsrahmen- wie in Truppenübungen) und in enger Zusammenarbeit mit den Lehrverbandskommandanten für die Kaderauswahl in ihren unterstellten Bataillonen/Abteilungen verantwortlich und erstellen nach Vorgaben der Teilstreitkraft die Einsatzbereitschaft. Sie werden vom Chef Heereseinsatz oder vom Führungsstab der Armee beübt, um die Grundbereitschaft 1014

sicherzustellen, und nehmen mit Teilen oder mit allen unterstellten Bataillonen/Abteilungen an Truppenübungen unter Leitung des Chefs Heereseinsatz oder des Führungsstabes der Armee teil.

Die Logistikbrigade führt die Verbandsausbildung und den Einsatz der mobilen und stationären Logistikbataillone, der mobilen Spitalbataillone, der Spitalbataillone, der Sanitätslogistikbataillone, der Verkehrs- und Transport- sowie der Infrastrukturbataillone.

Territorialregionen Die vier Territorialregionen Abbildung 15

2 1

4 3

Die Territorialregionen sind das regionale Bindeglied zu den Kantonen und verfügen über das spezifische Wissen für Einsätze in ihrem Raum (z.B. für die Bewachung von Objekten). Sie bestehen aus einem Milizstab, haben jedoch keine permanent unterstellten Truppen. Im Rahmen der Grundbereitschaft können ihnen Bataillone/Abteilungen für die Ausbildung zugewiesen werden. Die Territorialregionen führen die subsidiären Armeeeinsätze im Inland. Im Weiteren können sie in Raumsicherung und Verteidigung mit dazu unterstellten Verbänden für Operationen zum Schutz der Bevölkerung, der Infrastruktur und des rückwärtigen Operationsraumes eingesetzt werden.

Ausbildungschef des Heeres ­ Lehrverbände Der Ausbildungschef des Heeres trägt die Verantwortung für die ihm unterstellten acht Lehrverbände. Er definiert auf Grund der Vorgaben zur Grundbereitschaft zusammen mit den Lehrverbänden die Standards der Truppengattungen und stellt eine einheitliche Leistungsüberprüfung der Verbandsausbildung bis Stufe taktische Einheit bzw. Bataillon/Abteilung bei der Artillerie und der Führungsunterstützung sicher.

1015

Die Lehrverbände verfügen über das Gros von Berufs- und Zeitmilitär sowie über Milizangehörige. Die Kommandanten der Lehrverbände sind verantwortlich für eine einheitliche Ausbildung der Truppe und des Kaders ihrer Truppengattung. Dank der Verlängerung auf 21 Wochen kann die Verbandsausbildung bis Stufe taktische Einheit (im Ausnahmefall bis Bataillon/Abteilung z.B. bei der Artillerie oder der Führungsunterstützung) betrieben werden.

Die Lehrverbände stellen mit ihren Versuchsstäben sicher, dass die Einsatzstandards bis Stufe Truppenkörper, die Kaderausbildung und die Ausbildung der Bataillone (WK beim Lehrverband) technologisch à jour bleiben. Sie sind für die Einführung neuer Systeme und Verfahren verantwortlich. Weiter stellen sie die Alimentierung der Truppengattung mit genügend Kader sicher und werden für Vorschläge der höheren Kader (ab Einheitskommandant) für nicht unterstellte Bataillone/Abteilungen ihrer Truppengattung konsultiert.

Gliederung der Lehrverbände des Heeres Abbildung 16 x

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Der Lehrverband Führungsunterstützung bildet die Hauptquartierbataillone, die Führungsunterstützungsbataillone der Brigaden und der Territorialregionen (Grundausbildung), Übermittlungs-, Richtstrahlbataillone und Bataillone der Elektronischen Kriegführung aus.

­

Die beiden Infanterielehrverbände führen die allgemeine Grundausbildung, die Funktionsgrundausbildung sowie die Verbandsausbildung der Infanterie durch. Ihnen unterstellt sind: die Zentrale Gebirgskampfschule (ZGKS, mit unterstellter Gebirgsspezialistenabteilung), alle Durchdiener der Infanterie sowie die Militärmusik. Auf eine spezielle Territorialinfanterie wird verzichtet; die Fachkompetenz der Schutzinfanterie wird in die Grundausbildung der Infanterie integriert. In der gegenüber der Armee 95 verlängerten Grund-

1016

ausbildung wird die Infanterie für Schutz- und Kampfaufgaben ausgebildet; ein Teil erhält eine Gebirgsausbildung.

Grenadierformationen führen komplexe militärische Aktionen durch. Die Reorganisation sieht eine Anpassung der Kapazitäten und Strukturen der heutigen Infanteriegrenadierformationen vor. Es geht darum, den Bestand von ca. 6700 auf 2500 zu reduzieren, eine zentrale Führung und Ausbildung zu ermöglichen und eine minimale professionelle Kapazität aufzubauen. Der Grossteil sind Miliztruppen, die primär im Rahmen des Auftrages Raumsicherung und Verteidigung zum Einsatz gelangen.

Das Kommando Grenadiere besteht aus einer Ausbildungskompanie und dem Grenadierregiment, das folgendermassen gegliedert ist: Der Regimentsstab und die Regimentsstabskompanie stellen die Führung der unterstellten Verbände sicher. Mit einem Führungselement, das sich permanent in Bereitschaft befindet, unterstützen sie den Führungsstab der Armee bereits in der normalen Lage. Das Armeeaufklärungsdetachement, bestehend aus multifunktional einsetzbarem Berufspersonal, kann kurzfristig u.a. für die Beschaffung von Schlüsselinformationen, Rettung und Rückführung von Schweizer Bürgern bei gravierender Bedrohung im Ausland sowie Schutz eigener Truppen und Personen eingesetzt werden. Die drei Grenadierbataillone sind leichte Infanterieverbände (Miliz), die für offensive Operationen sowie für Kampfeinsätze wie z.B. Angriffe zur Lähmung oder Zerstörung von Zielen strategischer oder operativer Bedeutung, Unterbrechen von Kommunikationen und Beschaffung von Schlüsselinformationen eingesetzt werden.

­

Der Panzerlehrverband führt die allgemeine Grundausbildung, die Funktionsgrundausbildung sowie die Verbandsausbildung der Panzertruppen und der Aufklärung durch. Die Radfahrerregimenter und die Panzerbataillone der Felddivisionen werden aufgelöst.

­

Der Artillerielehrverband führt die allgemeine Grundausbildung, die Funktionsgrundausbildung sowie die Verbandsausbildung der mobilen und der Festungsartillerie durch. Die nicht kampfwertgesteigerten Panzerhaubitzenabteilungen und Teile der Festungsartillerie werden aufgelöst.

­

Der Genie-/Rettungs-/ABC-Lehrverband bildet die Panzersappeur-, die Genie-, die Pontonier- und die Katastrophenhilfebataillone, die ABCSpezialisten, die Fliegergeniekompanien und die Ingenieurstäbe aus. Er verfügt über drei gestaffelt im Dienst stehende Katastrophenhilfebereitschaftskompanien und ein ABC-Einsatzdetachement (Berufsmilitär und Durchdiener).

­

Der Logistiklehrverband führt die allgemeine Grundausbildung, die Funktionsgrundausbildung sowie die Verbandsausbildung der Truppengattungen Nachschub/Rückschub, Instandhaltung, Sanität, Verkehr und Transport, Infrastruktur für die gesamte Armee durch. Im Kompetenzzentrum Armeetiere werden Pferde (3­4 Trainkolonnen) und Hunde für subsidiäre Einsätze zur Prävention und Bewältigung existenzieller Gefahren ausgebildet und zur Verfügung gehalten.

1017

­

Der Lehrverband Militärische Sicherheit ist eine professionelle, militärische Organisation, die Kriminal-, Sicherheits- und Schutzaufgaben zu Gunsten der Armee erfüllt. Sie entsteht aus der Zusammenlegung der heutigen Militärischen Sicherheit mit den Sicherheitszügen des Festungswachtkorps (FWK). Die Einsatzelemente der Militärischen Sicherheit sind nach wie vor «Elemente der ersten Stunde», die nach kurzer Vorbereitung im In- und Ausland eingesetzt werden können. Sie können selbstständig zu Gunsten der Armee oder auf Anfrage der zivilen Behörden subsidiär eingesetzt werden und sollen die polizeilichen Mittel in keinem Fall konkurrenzieren. Sie können nicht als eigentliche Bundespolizeireserve bezeichnet werden.

Um die Führung und Ausbildung der gesamten Militärischen Sicherheit sicherzustellen, verfügt diese über ein eigenes Kompetenzzentrum. Um die kriminal- und sicherheitspolizeilichen (inklusive verkehrspolizeilichen) Aufgaben ­ wie schon in der Armee 95 ­ abzudecken, werden Angehörige des Festungswachtkorps umgeschult und in einem Bataillon (ca. 250 Angehörige der Armee) mit vier raumgebundenen Territorialmilitärpolizeikompanien eingeteilt.

Für subsidiäre oder selbstständige sicherheitspolizeiliche Einsätze im Inund Ausland werden zwei Militärpolizeibataillone (je ca. 250 Angehörige der Armee, Berufspersonal) gebildet. Damit können eine ständige Bereitschaft mindestens eines Bataillons sichergestellt werden bzw. zwei räumlich getrennte Einsätze durchgeführt werden. Diese Bataillone können bei Bedarf durch das Militärpolizeibataillon der Miliz verstärkt werden.

Um die Bedürfnisse des Bundes an Personenschutz im In- und Ausland abzudecken, wird ein aus Berufspersonal bestehendes Schutzdetachement (ca.

40 Angehörige der Armee) gebildet. Das heutige Schutzdetachement des Bundesrates, bestehend aus Angehörigen der zivilen Polizeikorps, bleibt als Organisation bestehen, um die Fachkompetenz und die Durchhaltefähigkeit zu erhalten.

Um den heute knappen personellen Ressourcen der zivilen Polizeikorps Rechnung zu tragen, wird der Bestand an Militärpolizisten zu deren Gunsten markant reduziert. Die Erhöhung des Bestandes an Sicherheitspersonal wird durch die Verlagerung von bereits existierenden Stellen des FWK (Instandhaltung) zu Gunsten der Militärischen Sicherheit erreicht. Anpassungen können im Rahmen des Projektes USIS vorgenommen werden.

7.5

Luftwaffe

Kommandant Luftwaffe Der Kommandant Luftwaffe trägt die Gesamtverantwortung für die Teilstreitkraft Luftwaffe. Ihm unterstellt sind der Chef Luftwaffeneinsatz und der Ausbildungschef der Luftwaffe.

1018

Luftwaffe Abbildung 17

xxx Kommandant Luftwaffe Chef Luftwaffen- Ausbildungschef der Luftwaffe einsatz

x Einsatzverbände

Lehrverbände Chef Luftwaffeneinsatz Die Teilstreitkraft Luftwaffe ist in der Lage, mehrere Geschwader mit Kampfflugzeugen, Helikoptern und Transportflugzeugen sowie Fliegerabwehrabteilungen einzusetzen. Letztere können zu Kampfgruppen zusammengefasst werden. Der Chef Luftwaffeneinsatz trägt die Verantwortung für die Führung der ihm für einen konkreten Einsatz unterstellten Verbände der Luftwaffe. Er verfügt über die zentrale Führungsorganisation, die notwendigen Einsatzmittel und die dazu gehörige Infrastruktur sowie die ständig betriebenen Führungseinrichtungen.

Ausbildungschef der Luftwaffe Der Ausbildungschef der Luftwaffe trägt die Verantwortung für die ihm unterstellten Lehrverbände.

1019

Grundgliederung der Brigaden der Luftwaffe Abbildung 18 x

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Der Lehrverband Führungsunterstützung der Luftwaffe bildet die Truppen der mobilen und stationären Radarabteilungen, der Richtstrahl- und der Übermittlungsabteilung, der Elektronischen Aufklärungsabteilung, der Luftwaffennachrichtensowie der Armeewetterabteilung aus.

Der Fliegerlehrverband bildet die Truppen zur Bildung von Geschwadern mit Kampfflugzeugen, Helikoptern und Transportflugzeugen sowie von entsprechenden Einheiten für die Instandhaltung aus. Zusätzlich trägt er die Ausbildungsverantwortung für die Drohnenabteilung und die Fallschirmaufklärerkompanie.

Der Fliegerabwehrlehrverband bildet die Mobilen und die Leichten Fliegerabwehrlenkwaffenabteilungen, die Mittleren Fliegerabwehrabteilungen sowie die Kampfgruppenstäbe aus.

8

Ausbildung

8.1

Ausbildungsziele und -grundsätze

Ziel der militärischen Ausbildung ist die Einsatzfähigkeit. Gemessen wird ihre Qualität u.a. durch den Vergleich mit internationalen Standards und ihre Glaubwürdigkeit in der Truppe und in der Bevölkerung. Die Ausbildungsinhalte orientieren sich grundsätzlich an der Kernfähigkeit der Armee. Wer die Fähigkeit zum Kampf beherrscht, ist mit einer einsatzorientierten Ausbildung auch befähigt, Beiträge zur internationalen Friedensunterstützung und Krisenbewältigung sowie subsidiäre Einsätze zur Prävention und Bewältigung existenzieller Gefahren zu leisten. Die Ausbildungsinhalte der Durchdiener orientieren sich an den Anforderungen der subsidiären Einsätze zur Prävention und Bewältigung existenzieller Gefahren.

1020

Die Ausbildungsführung umfasst die Vorgaben zu Ausbildungsgrundsätzen und Ressourcen, teilstreitkräfte- und truppengattungsspezifische Ausbildungsziele und -inhalte, didaktisch-methodische, organisatorische und dienstbetriebliche Belange sowie Controlling.

Die Ausbildung wird über drei Stufen geführt: Armee, Teilstreitkräfte und Lehrverbände bzw. Brigade- und Territorialregionenkommandos: Der Chef der Armee legt den teilstreitkräfteübergreifenden Aufgaben- und Zielkatalog sowie die Vorgaben für die Grundbereitschaft fest und leitet die Ausbildung der Stäbe, die teilstreitkräfteübergreifende Aufgaben zu erfüllen haben. Die Teilstreitkräfte sind für die truppengattungsübergreifende Ausbildung zuständig. Die Lehrverbände sind für die truppengattungsspezifische Einzel- und Verbandsausbildung verantwortlich. Die Kommandos der Brigaden und Territorialregionen konzentrieren sich auf die Verbandsschulung.

Erhöhte Anforderungen an die Handhabung moderner Waffentechnologie, an den Selbstschutz des Einzelnen und des Verbandes und an die Führung der Stufe taktische Einheit erfordern eine wesentliche Verlängerung der Grundausbildung.

Mit einer Rekrutenschule von 21 Wochen kann das Ausbildungsziel der Schulung der taktischen Einheit erreicht werden, nicht jedoch die ganze Einsetzbarkeit für unterschiedliche Aufgaben. In den Wiederholungskursen wird die Ausbildung im Gefecht der verbundenen Waffen so aufgebaut, dass im Wechsel zur Ausbildung der Bataillone/Abteilungen und zur Einführung von neuem Material periodisch Brigadeübungen stattfinden können.

Daraus leitet sich ab: ­

Die Rekrutenschule dauert 21 Wochen und wird von Berufs- und Zeitmilitär geleitet.

­

Die Kaderausbildung ist auf die Einsatzplanung und -führung der Verbände ausgerichtet.

­

In den jährlichen Wiederholungskursen steht die Verbandsausbildung und das Gefecht der verbundenen Waffen im Zentrum.

­

Neue Informations- und Kommunikationstechnologien (Digital Training) und Simulatoren werden verstärkt genutzt.

8.2

Ausbildungsorganisation

Der Generalstab definiert die teilstreitkräfteübergreifende Doktrin von Heer und Luftwaffe. Die Kommandanten der Teilstreitkräfte Heer und Luftwaffe setzen diese Doktrinvorgaben für die Ausbildung in den Territorialregionen, Brigaden und Lehrverbänden um.

Der Kommandant Heer stellt durch den Chef Heereseinsatz die Ausbildung der Brigade- und Territorialregionenstäbe sicher. Der Kommandant Luftwaffe stellt durch den Chef Luftwaffeneinsatz die einsatzbezogene Ausbildung der ihm unterstellten Formationen sicher.

1021

Die Kommandanten von Brigaden stellen die Ausbildung im Gefecht der verbundenen Waffen ihrer unterstellten Bataillone/Abteilungen sicher. Die Kommandanten von Territorialregionen schulen Stäbe und Verbände im Raumsicherungseinsatz und in subsidiären Einsätzen.

Die Ausbildungschefs Heer/Luftwaffe stellen die unité de doctrine in der Ausbildung der Lehrverbände sicher, machen Vorgaben für die Erarbeitung der Standards sowie für die truppengattungsübergreifende Ausbildung.

Die Kommandanten der Lehrverbände stellen die Ausbildung der taktischen Einheit in der Grundausbildung sicher und erstellen und überprüfen im Auftrag der Kommandanten Heer und Luftwaffe die Grundbereitschaft der Bataillone/Abteilungen ihrer Truppengattung. Die Lehrverbände basieren grundsätzlich auf der zugewiesenen Infrastruktur und verfügen über eine gewisse Autonomie in den Bereichen truppengattungsspezifische Ausbildung, Personalmanagement, Logistik und Finanzen.

Sie werden nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen geführt. Die Kommandanten der Lehrverbände tragen grundsätzlich die Verantwortung für ihre Truppengattung und verfügen über die nötige Handlungsfreiheit, um die geforderte Leistung zu erbringen.

Die Bataillons-/Abteilungskommandanten stellen die Grundbereitschaft der unterstellten Einheiten sicher.

Kompetenzzentren Kompetenzzentren sind zum Beispiel das Nationale Zentrum für ABC-Abwehr, die Zentrale Gebirgskampfschule, das Kompetenzzentrum Armeetiere (Pferde und Hunde), die Militärmusik und ein Zentrum für die Vorbereitung von Einsätzen zur internationalen Friedensunterstützung und Krisenbewältigung. Sie sind teilstreitkräfteübergreifend für die Ausbildung und die Entwicklung der Einsatzgrundsätze eines Dienstzweiges, Dienstes, Fachbereichs oder besonderer Formationen verantwortlich und dienen als permanente Ansprechstellen für Partnerorganisationen im In- und Ausland.

8.3

Militärische Grundausbildung

Technisch anspruchsvolle Geräte und Systeme erlauben und erfordern eine Verringerung der Truppendichte auf dem modernen Gefechtsfeld. Diese Entwicklung erhöht die waffentechnischen Anforderungen an den Soldaten und dessen Verantwortung. Ein Fehlverhalten eines Einzelnen kann sich sehr viel nachteiliger als früher auf die Sicherheit von Menschen ­ Truppen und Zivilbevölkerung gleichermassen ­ und Material auswirken.

Die Angehörigen der Armee müssen die ihnen anvertrauten Waffen und Geräte vor Beginn der Verbandsausbildung einsetzen können. Auf dieser Grundlage kann sich die Verbandsausbildung auf die Einsatzschulung und das Zusammenwirken der einzelnen Systeme konzentrieren.

Erfahrungen zeigen, dass moderne Waffensysteme und Geräte bedeutend mehr Zeit, nicht nur für die Ausbildung im Verbund, sondern auch für die Instandhaltung und das Aufrechterhalten der Grundbereitschaft in Anspruch nehmen.

1022

Rekrutenschulen In der Rekrutenschule, die frühestens nach vollendetem 18. Altersjahr absolviert werden kann, geht es darum, die Grundbereitschaft der taktischen Einheit zu erreichen, weil erst auf dieser Stufe Kampf, Kampfunterstützung und Logistik vereint trainiert werden und diese für die Erfüllung aller Aufgaben nötig sind. Dazu sind drei aufeinander aufbauende Ausbildungsperioden notwendig: ­

In der Allgemeinen Grundausbildung (AGA) von ca. fünf Wochen erwirbt der Rekrut militärisches Grundwissen. Er wird befähigt, seine persönliche Waffe einzusetzen sowie sich und seine Kameraden zu schützen. Die AGA hat für die ganze Armee denselben Ausbildungsinhalt, indessen können Leistungsklassen gebildet werden.

­

In der Funktionsgrundausbildung (FGA) von ca. acht Wochen wird der Rekrut zum Spezialisten an Systemen seiner Truppengattung ausgebildet, die im Trupp oder in der Gruppe eingesetzt werden. Diese Kampf- oder Einsatzgruppen sind die notwendigen Bausteine für die Verbandsausbildung.

Für technische Truppengattungen kann die Dauer der FGA zu Lasten der VBA verlängert werden.

­

In der Verbandsausbildung (VBA) von acht Wochen geht es um das Zusammenführen von Kampf- und Einsatzgruppen zu Zügen und taktischen Einheiten. Nach dem Erlernen von gefechtstechnischem Standardverhalten werden die Züge zu einer Einheit zusammengeführt. Mittels Einsatzübungen erreichen Züge und taktische Einheiten die Grundbereitschaft. In der Verbandsausbildung muss sich der einzelne Soldat als Teil eines Ganzen verstehen und seine Aufgabe im Gesamtrahmen erfüllen.

Die Dynamisierung des Gefechtsfeldes erfordert eine gegenüber früher verbesserte Fähigkeit, den Verband mit eigenen Mitteln zu schützen, sowie das Beherrschen der Stufe taktische Einheit am Ende der Grundausbildung. Gleichzeitig verlangt die Verkleinerung der Armee danach, dass verschiedene Funktionen zusammengefasst und die Angehörigen der Armee polyvalenter ausgebildet werden.

Mit einer Grundausbildungsdauer von 21 Wochen kann diesen Forderungen nur bedingt Rechnung getragen werden. Zur Sicherstellung der Grundbereitschaft von WK-Verbäden mit Milizkadern wird damit die taktische Einheit zur minimal zu erreichenden Ausbildungsstufe am Ende der Grundausbildung. Aus rein militärischer Sicht wäre eine Dauer der Rekrutenschule von 24 Wochen angezeigt. Um innerhalb von 21 Wochen die gesetzten Ausbildungsziele zu erreichen, müssen Ausbildungsinhalte in der Allgemeinen Grundausbildung gestrichen werden. Dadurch verringert sich ­ gegenüber einer RS-Dauer von 24 Wochen ­ die Grundbereitschaft, was zur Konsequenz hat, dass sich der Zeitraum verlängert, der ausgehend von der Grundbereitschaft zur Erreichung der Einsatzfähigkeit nötig ist.

Jährlich beginnen für das Gros der Truppengattungen gestaffelt drei Rekrutenschulen mit möglichst ausgeglichenen Beständen. Das ist erforderlich, damit die Schulen und Wiederholungskurse, die Kaderausbildung und der Einsatz der Durchdiener aufeinander abgestimmt werden können. Damit ist auch eine weitgehend unterbruchsfreie Kadergrundausbildung möglich. Ausserdem ist, gerade für subsidiäre Einsätze, die Durchhaltefähigkeit mit Durchdienern sichergestellt. Schliesslich lassen sich die Ausbildungsressourcen (Personal, Infrastruktur) gleichmässig über das Jahr auslasten.

1023

Gewisse Spezialisten (z.B. Piloten, Instandhaltungsspezialisten für technisch anspruchsvolle Systeme, Grenadiere) benötigen eine längere Grundausbildung. Sie absolvieren, unter Anrechnung an die Gesamtdienstleistungspflicht, zusätzliche Fachkurse.

In begründeten Fällen ist ein Unterbruch frühestens vor dem Verbandsausbildungsblock möglich.

Die in der Rekrutenschule ausgebildete taktische Einheit ist die Basis für die Ausbildung weiterer Verbandsstufen in den Wiederholungskursen. Das Zusammenwirken von Einheiten ist primär eine Führungsaufgabe der Kader. Diese werden in den entsprechenden Lehrgängen und in Stabsübungen darauf vorbereitet.

Das Durchdienermodell mit drei Starts pro Jahr ermöglicht Einsätze jeweils in den letzten ca. vier Monaten der Durchdiener-Rekrutenschule. Zusammen mit den Bereitschaftstruppen, bestehend aus WK-leistenden Truppenkörpern, kann so die Durchhaltefähigkeit für existenzsichernde Einsätze sichergestellt werden.

Dreistartmodell ­ Einsatzmodell der Durchdiener Abbildung 19 Jan

Feb

Mär

Apr

Mai

Jun

Jul

Aug

Sep

Okt

Nov

Dez

Jan

Feb

Mär

Apr

Einsatz Einsatz Rekrutenschule

Einsatz Einsatz

Rekrutenschule

Rekrutenschule Durchhaltefähigkeit mit Durchdienern gewährleistet (bei 3 Starts der Rekrutenschule pro Jahr)

Mannschaftsfunktionen Nach der Allgemeinen Grund- und Funktionsgrundausbildung werden alle Rekruten zu Soldaten befördert. Im Verlauf der militärischen Grundausbildung werden geeignete Angehörige der Armee, die weder eine Unteroffiziers- noch Offiziersausbildung absolvieren, für spezielle Funktionen mit erhöhter Verantwortung ausgebildet (z.B.

Gruppenführerstellvertreter, Material- und Munitionschef). Nach erfolgter Ausbildung wird ihnen ein neuer Grad verliehen.

1024

8.4

Kaderausbildung

Das Schwergewicht in der Ausbildung des Kaders liegt in der Verbandsführung.

Alle Rekruten starten mit der Allgemeinen Grundausbildung. Die Selektion für eine Kaderfunktion erfolgt nach 7 Wochen. In Offiziers- bzw. Unteroffiziersschulen werden alle Kader im Hinblick auf ihre Funktion ausgebildet. Neben der Vermittlung der Grundlagen von Führung werden Taktik sowie allgemeine Kenntnisse und truppengattungsspezifisches Können vermittelt. Zwischen den Unteroffiziers- und Offiziersausbildungen besteht eine Durchlässigkeit.

Der Praktische Dienst für Kader konzentriert sich auf die führungsrelevante Phase der Funktionsgrundausbildung bzw. der Verbandsausbildung. Hier festigen und vertiefen die Kader als Führer ihres Verbandes das gelernte Können und Wissen in der Menschenführung, in der Einsatzplanung und -führung sowie in der Methodik der Verbandsausbildung.

Modell der Kaderausbildung Abbildung 20 7

13

21

29

37

45

53 Wochen

FGA VBA AGA UOS VBA

Mannschaft Unteroffizier (kurz)

und Anteil

FGA für alle Angehörigen der Armee

UOS

Praktikum in FGA

Fachausbildung mit integriertem Praktikum

VBA

Unteroffizier

VBA

Höherer Unteroffizier

Offiziersschule mit integriertem Praktikum AGA FGA VBA UOS

Allgemeine Grundausbildung Funktionsgrundausbildung Verbandsausbildung Unteroffiziersschule

VBA Offizier

Zur Erhöhung der Attraktivität von Kaderfunktionen und zur Kompensation des zeitlichen Mehraufwandes wird mit der Zertifizierung der Absolventen von Kaderlehrgängen die zivile Anerkennung militärischer Führungsausbildung angestrebt. Im Weiteren wird durch die neue Gradstruktur und die damit verbundene finanzielle Entschädigung die Übernahme von Kaderfunktionen gefördert. In begründeten Fällen kann die Ausbildung einmal unterbrochen werden.

Angehörige der Armee können verpflichtet werden, einen bestimmten Grad zu bekleiden und ein Kommando oder eine Funktion zu übernehmen.

1025

Unteroffiziere Gruppenführer sind verantwortlich für Führung, Erziehung und Grund- bzw. Einsatzbereitschaft der Gruppe. Als direkte Vorgesetzte der Mannschaft kommt ihrer Fachkompetenz und ihrer persönlichen Autorität eine grosse Bedeutung zu. Die Ausbildung zum Gruppenführer, insbesondere bei Truppen mit erhöhten Führungsund Ausbildungsanforderungen, dauert inkl. Rekrutenschule 9 Monate.

Vergleich Grundausbildung Soldat ­ Grundausbildung Unteroffizier Abbildung 21 0 Mt

Soldat AGA 5 Mt

AGA

2 Mt

FGA VBA

4 Mt

6 Mt

8 Mt

AGA FGA VBA UOS Grfhr

AGA

12 Mt

14 Mt

16 Mt

VBA AGA AGA

FGA

VBA AGA

Grfhr 9 Mt

10 Mt

FGA /UOS AGA

Allgemeine Funktionsgrundausbildung Verbandsausbildung Unteroffiziersschule Gruppenführer

Praktikum

FGA

FGA

VBA

Praktikum

VBA

VBA

FGA /UOS AGA

FGA

FGA /UOS

Praktikum

FGA

VBA

Der angehende Gruppenführer wird zunächst zum fachtechnischen Chef eines Waffen- oder Gerätesystems ausgebildet. Im Rahmen der Funktionsgrundausbildung durchläuft er eine praktische Anwendungsphase; während der Verbandsausbildung führt er seine Gruppe zur Grundbereitschaft. Für den Gruppenführer mit einer neun Monate dauernden Ausbildung ist eine Zertifizierung zu erreichen.

Im Ausnahmemodell von fünf Monaten werden jene Gruppenführer ausgebildet, die entweder aus ihrer zivilen Tätigkeit das Wissen für den gesamten Bereich der Funktionsgrundausbildung bereits mitbringen und dementsprechend vor allem im Hinblick auf ihre Führungsverantwortung ausgebildet werden müssen oder in ihrer zukünftigen Funktion keine Führungsverantwortung zu übernehmen haben. Sie können in der zur Verfügung stehenden Zeit in der Funktionsgrundausbildung geschult werden.

1026

Vergleich Grundausbildung Soldat ­ Unteroffizier (kurz) Abbildung 22

0 Mt

Soldat 5 Mt

AGA

2 Mt

FGA

4 Mt

6 Mt

8 Mt

AGA

AGA FGA VBA UOS Grfhr

AGA

UOS

12 Mt

14 Mt

16 Mt

VBA FGA

VBA AGA

Grfhr 5 Mt

10 Mt

FGA

VBA

UOS

VBA

VBA AGA

Allgemeine Grundausbildung Funktionsgrundausbildung Verbandsausbildung Unteroffiziersschule Gruppenführer

UOS

VBA AGA

Nach der neunmonatigen Gruppenführerausbildung erfolgt die Beförderung zum Wachtmeister, dies im Unterschied zur fünfmonatigen Gruppenführerausbildung, die mit der Beförderung zum Korporal abschliesst.

Höhere Unteroffiziere Nach den ersten sieben Wochen der Allgemeinen Grundausbildung werden Anwärter für höhere Unteroffiziersfunktionen ausgewählt. Sie erhalten in zentralen Schulen die Ausbildung im Hinblick auf ihre zukünftige Funktion. Frühestens ab dem dritten Wiederholungskurs erhalten geeignete Kandidaten den Vorschlag zur Übernahme von Stabsfunktionen. Bei entsprechender Eignung und nach abgeschlossener Ausbildung besteht die Möglichkeit, in die Offizierslaufbahn zu wechseln. Dieses Modell verbessert die Attraktivität der Laufbahnen für das gesamte Unteroffizierskorps. Die Durchlässigkeit in die Offizierslaufbahn ist möglich.

1027

Schema der Unteroffizierslaufbahn mit approximativer Altersstruktur Abbildung 23 Alter

21

22

23

24

25

Gruppenführer

26

27

28

29

30

31

32

33

34

36

37

38

39

40

41

42

41

42

Zugführerstellvertreter

Einheitfeldweibel

Stabsmitarbeiter Uof Stufe Truppenkörper

Einheitfeldweibel Technischer Uof Gruppenführer

Logistikzugführer

Einheitsfourier

Stabsmitarbeiter Of Stufe Truppenkörper

Logistikzugführer

Stabsmitarbeiter Of Stufe Truppenkörper Einheitskommandant Stabs- oder Log Kp

Logistikzugführer

Stabsmitarbeiter Uof Stufe Truppenkörper Alter

35

Stabsmitarbeiter Uof Stufe Br / Ter Reg 21

22

23

24

25

26

27

28

29

30

31

32

33

34

35

36

37

38

39

40

WK ­ Dienstleistung (kann mehr oder weniger sein) Weiterausbildung ca. 25 Tage pro Jahr Dienstleistung in der erreichten Funktion bis zur Entlassung aus der Dienstpflicht ( 36 resp 42 Jahre ) oder bis zur Weiterausbildung für eine neue Funktion Wenn die Ausbildungsdienstpflicht noch nicht vollständig erfüllt wurde.

Auf Grund neuer Funktionen im Mannschafts- und Unteroffiziersbereich und den neu bestehenden unterschiedlichen Gruppenführerfunktionen muss die Gradstruktur der Mannschaft und des Unteroffizierskorps angepasst werden.

Grade, die mehrere Funktionen beinhalten, werden aufgeschlüsselt. Dies führt dazu, dass der Technische Unteroffizier den Grad Feldweibel trägt, während der Einheitsfeldweibel einen neuen Grad tragen wird. Im Bereich der Adjutanten sollen die heute angewandten Bezeichnungen Stabsadjutant 1­4 neu mit je einem Grad pro Funktion, analog den Offiziersbezeichnungen, verständlicher dargestellt werden.

Dies führt dazu, dass Stabsmitarbeiter Stufe Truppenkörper, Stufe Brigade und Stufe Territorialregion je einen neuen Grad zugeteilt erhalten werden.

Subalternoffiziere Nach den ersten sieben Wochen der Allgemeinen Grundausbildung werden Anwärter für Subalternoffiziersfunktionen ausgewählt. Sie erhalten in den Lehrverbänden und im zentralen Offizierslehrgang die Ausbildung für ihre zukünftige Funktion.

Subalternoffiziere sind verantwortlich für Führung und Erziehung der Gruppenführer sowie für die Grundbereitschaft bzw. Einsatzfähigkeit des Zuges. Vor dem Einsatz in der Verbandsausbildung durchläuft der angehende Subalternoffizier eine praktische Anwendungsphase (z.B. als Zugführer-Stellvertreter im Rahmen der Verbandsausbildung) zur Erweiterung der Führungskompetenz.

8.5

Übergangsmodelle

Ein besonders kritischer Erfolgsfaktor ist der Bestand an Berufs- und Zeitmilitär. Es muss alles daran gesetzt werden, die Attraktivität des Berufstandes zu verbessern, um die Erosion zu stoppen und den notwendigen Ausbau sicherzustellen. Das Aus1028

bildungsmodell muss in den Lehrverbänden je nach dem zur Verfügung stehenden militärischen Personal allenfalls schrittweise realisiert werden. In der Übergangsphase sind angepasste Modelle möglich (z.B. Kader aus der Armee 95, Ausbilderpool, Unterstützung der Berufs- durch Milizkader).

8.6

Grundausbildung der Kommandanten und der Stäbe

Die Ausbildungslehrgänge für Kommandanten, Stabsmitglieder und Generalstabsoffiziere berücksichtigen zwei gegensätzliche Anliegen: Eine glaubwürdige Ausbildung verlangt ausreichend lange Ausbildungszeiten, die Rekrutierung der besten Kader aus der Miliz zwingt jedoch zur Beschränkung auf das Wesentliche und zu einer Abstimmung mit der beruflichen Karriere. Die Entflechtung von Ausbildung für die Funktion und Einsatz als Kommandant oder in einem Stab erlaubt, die Belastung auf ca. 25 Diensttage pro Jahr zu begrenzen.

Einheitskommandanten Die Einheitskommandanten werden zunächst im Zentralen Führungslehrgang I in Führung und Doktrin ausgebildet. In der Folge wird die fach- und truppengattungsspezifische Ausbildung in den Lehrverbänden vermittelt. Im Anschluss daran führen die angehenden Einheitskommandanten während der Verbandsausbildung in der Rekrutenschule eine Einheit im Praktischen Dienst und trainieren die Einsatzführung. Nach der Verbandsausbildung erfolgt bei Funktionsübernahme die Beförderung zum Hauptmann.

Trennung von Ausbildungs- und Funktionsjahren Abbildung 24

Ausbildungsjahre

Funktionsjahre

Offiziere in den Stäben der Bataillone/Abteilungen Die Führungsgehilfen der Stäbe werden in einem Technischen Lehrgang in den Lehrverbänden bzw. im Armeeausbildungszentrum in ihren fachtechnischen Bereichen ausgebildet. In einem zentralen Stabslehrgang werden die Grundlagen für die Stabsarbeit vermittelt und die Stabsarbeitsprozesse, teilweise zusammen mit dem 1029

Führungslehrgang II, trainiert. Im Anschluss daran trainieren die angehenden Stabsmitarbeiter im Praktischen Dienst während der Verbandsausbildung die Stabsarbeit im Lehrverband.

Bataillons-/Abteilungskommandanten Die Bataillons-/Abteilungskommandanten werden im Führungslehrgang II ausgebildet. Der erste Teil umfasst eine Ausbildung in Führung und Doktrin. In einem zweiten Teil wird die fach- und truppengattungsspezifische Ausbildung in den Lehrverbänden vermittelt. Im Anschluss daran leisten die angehenden Bataillons- bzw.

Abteilungskommandanten den Praktischen Dienst während der Verbandsausbildung und trainieren die Einsatzführung der taktischen Einheit. Dabei steht ihnen ein Stab zur Verfügung. Die Ausbildung zum Bataillons-/Abteilungskommandanten wird in drei aufeinanderfolgenden Jahren vermittelt. Vor der Kommandoübernahme sind zwei Jahre als Kommandant-Stellvertreter oder als Chef Einsatz zu absolvieren. Bei der Funktionsübernahme erfolgt die Beförderung zum Oberstleutnant.

Offiziere in Stäben von Brigaden und Territorialregionen Die Führungsgehilfen dieser Stäbe werden in einem Technischen Lehrgang in den Lehrverbänden bzw. im Armeeausbildungszentrum in ihren fachtechnischen Bereichen ausgebildet. In einem zentralen Stabslehrgang wird Grundwissen vermittelt. Im Anschluss daran trainieren sie zusammen mit den Stabs- und Unterstabschefs die Einsatzplanung und -führung in Übungen der oberen taktischen Stufe.

Regel-Laufbahnen von Kommandanten (ohne Generalstabsausbildung) Abbildung 25 Bat Kdt

Kp Kdt

Kdt Br / Ter Reg

20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 W0 Zfhr / Lt Zfhr / Oblt Kp Kdt / Hptm

V

Kp Kdt / Maj

V

Bat Kdt / Oberstlt

V

Kdt Br / Ter Reg Br / Div Vorschlag

V

Ausnahmefall ohne Gst Ausbildung Beförderungsdienst (TLG / FLG / VBA, angepasste Verwendung)

V

Einsatz als Kdt Stv / C Ei Truppendienst / WK Reserve* Bei Bedarf * Der tatsächliche Verbleib in der Reserve wird durch die Bedürfnisse der Alimentierung festgelegt.

1030

Regel-Laufbahnen von Kommandanten (mit Generalstabsausbildung) Abbildung 26 Kp Kdt

Kdt Stv Br / Ter Reg

Bat Kdt

Kdt Br / Ter Reg

20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 W0 V

Kp Kdt / Hptm

Gst Of / Maj i Gst / Oberstlt i Gst / GLG I-III

V

ab GLG II mit SK

Bat Kdt / Oberstlt i Gst Gst Of / Oberstlt i Gst / Oberst i Gst / GLG IV - V

V

Kdt Stv Br / Ter Reg Oberst i Gst Kdt Br / Ter Reg Br / Div

Vorschlag

V

Beförderungsdienst (FLG / GLG / SK, angepasste Verwendung)

V

Truppendienst / WK Reserve*

* Der tatsächliche Verbleib in der Reserve wird durch die Bedürfnisse der Alimentierung festgelegt.

Regel-Laufbahnen von Generalstabsoffizieren (ohne Kommandantenfunktion) Abbildung 27 Gst Of

Kp Kdt

USC

SC

20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 Wo Kp Kdt / Hptm / Maj

V

Gst Of / Maj i Gst / Oberstlt i Gst

ab GLG II mit SK V

X X

Gst Of / USC / Oberstlt i Gst

V

Gst Of / SC / Oberst i Gst

V

Vorschlag

V

Beförderungsdienst (FLG / GLG / SK, angepasste Verwendung)

Truppendienst / SK Reserve* Stabskurs nach GLG

X

* Der tatsächliche Verbleib in der Reserve wird durch die Bedürfnisse der Alimentierung festgelegt.

1031

Regel-Laufbahnen von Führungsgehilfen Abbildung 28 Oberstlt

Oberst

Maj

Hptm

20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 Wo Zfhr / Oblt Hptm Bat / Hptm / Maj

V

Br / Ter Reg Oberstlt / Oberst

Vorschlag

V

Major

V V

Beförderungsdienst (TLG / FLG / VBA, angepasste Verwendung)

V

Truppendienst / WK Reserve*

* Der tatsächliche Verbleib in der Reserve wird durch die Bedürfnisse der Alimentierung festgelegt.

Generalstabsoffiziere Den Generalstabsoffizieren wird nach dem Führungslehrgang II in den Generalstabslehrgängen I bis III das generalstäbliche Grundwissen vermittelt. Nach Absolvieren der Generalstabslehrgänge I und II erfolgt die Ernennung zum Major im Generalstab, nach Absolvieren des Generalstabslehrgangs III die Beförderung zum Oberstleutnant im Generalstab. Zwischen den Lehrgängen II und III leisten die Generalstabsoffiziere Dienst in Stäben Grosser Verbände.

Das Fachwissen von Generalstabsoffizieren, die anschliessend nicht für eine Weiterausbildung vorgesehen sind, wird periodisch in einem speziellen Lehrgang auf den aktuellsten Stand gebracht. Im Generalstabslehrgang IV werden künftige Unterstabschefs, im Generalstabslehrgang V künftige Stabschefs ausgebildet.

Für Generalstabsoffiziere kann von der jährlichen Diensttage-Obergrenze von ca.

25 Tagen abgewichen werden.

8.7

Ausbildungszusammenarbeit mit dem Ausland

Die Ausbildungszusammenarbeit mit dem Ausland erfolgt auf bilateraler und multilateraler Ebene. Schweizerisches Berufsmilitär nimmt an ausländischen Lehrgängen teil; im Gegenzug besuchen ausländische Offiziere und Unteroffiziere Lehrgänge der Schweizer Armee. Im Rahmen der Partnerschaft für den Frieden nehmen Kader der Schweizer Armee an internationalen Stabsübungen teil. Die so erworbenen Erfahrungen fliessen in die eigenen Lehrgänge ein und dienen der Weiterentwicklung der Armee.

1032

Die Verbandsausbildung des Heeres auf Stufe Bataillon/Abteilung oder gar Brigade lässt sich auf Schweizer Übungsplätzen nicht durchführen. Anzustreben sind Vereinbarungen mit anderen Staaten, um Zugang zu ausländischen Übungsplätzen zu erreichen. Im Gegenzug kann die Benützung von Anlagen der Schweizer Armee angeboten werden, vor allem der Simulatoren.

Besonders die Luftwaffe bedarf der Zusammenarbeit mit ausländischen Partnern.

Nur so kann sie an ihren Waffensystemen effizient und einsatzorientiert ausgebildet werden. Für das Erreichen der Interoperabilität und damit auch für die Kooperation selbst ist gemeinsames Training entscheidend.

8.8

Ausbildungsinfrastruktur

Die Bedürfnisse der Ausbildung hängen von den Ausbildungsinhalten, den Beständen und den Anteilen der verschiedenen Truppengattungen am Gesamtbestand der Armee ab. Die bestehende Infrastruktur wird optimal genutzt, laufende Verträge werden eingehalten, politische Vorgaben beachtet und regionalpolitische Rücksichten genommen. Der Bund regelt in enger Zusammenarbeit mit den Kantonen die Benützung von deren Ausbildungsinfrastruktur.

Es ist aber absehbar, dass vor allem für die Verbandsausbildung der Kampftruppen grössere Investitionen getätigt werden müssen. Die Armee wird darüber hinaus trotz kleinerer Bestände weiterhin darauf angewiesen sein, auch ausserhalb bestehender Waffenplätze und zusätzlich auf ausländischen Waffenplätzen üben zu können.

8.9

Wiederholungskurse

Sechs Wiederholungskurse im Jahresrhythmus sind vor dem Hintergrund der festgelegten Armeegrösse das Optimum zwischen ausbildungsbedingter Notwendigkeit und gesellschaftspolitischer Realisierbarkeit.

Mit Verbandsschulung und -übungen auf Gegenseitigkeit wird die Stufe verstärkte Einheit trainiert. Mit der Verbandsschulung und -übungen bis auf Stufe Brigade wird die Grundbereitschaft überprüft. Dieses Training stellt die notwendige Führungserfahrung insbesondere der Miliz sicher. Die sichere Anwendung von Waffen und Geräten, die Beherrschung von Einsatzverfahren und die Entwicklung des dazu notwendigen Verantwortungsgefühls verlangen regelmässige Wiederholungen.

Die Einführung von neuen Systemen und die Umsetzung von Neuerungen verlangen aus Ausbildungsgründen entsprechende Wiederholungen. Geht man für grössere Neueinführungen (z.B. Mechanisierung der Infanterie, Einführung des neuen Schützenpanzers usw.) von zwei Umschulungskursen aus, so wird in der Regel im dritten Wiederholungskurs die Stufe verstärkte Einheit/Bataillon erreicht.

1033

8.10

Ausserdienstliche Ausbildung und Tätigkeiten

Die vordienstliche Ausbildung, die freiwillig ist, umfasst vor allem die Schiessausbildung, die Ausbildung der Pontoniere, die fliegerische Vorschulung und Kurse in Erster Hilfe.

Die ausserdienstliche Ausbildung ist ebenfalls freiwillig. Sie wird durch die militärischen Verbände und Vereine, unterstützt von Lehrverbänden und Kompetenzzentren, angeboten. Es geht dabei um militärpolitischen Informationsaustausch, um Ausund Weiterbildung in Fach-, Funktions- und Kadervereinigungen, um den Armeesport und um die Pflege der Kameradschaft.

Ausserdienstliche Tätigkeiten müssen den Bedürfnissen der Armee entsprechen.

Infolge der hohen Komplexität und der zunehmenden Technisierung der Ausbildung muss vermehrt Berufspersonal für ausserdienstliche Aus- und Weiterbildungskurse beansprucht werden. Die Details der Zusammenarbeit, die personelle und materielle Unterstützung und die Entschädigung der militärischen Vereinigungen werden in Vereinbarungen zwischen der Armee (insbesondere den Lehrverbänden) und den einzelnen militärischen Vereinigungen festgelegt.

8.11

Schiesswesen ausser Dienst

Die Angehörigen der Armee bewahren ihre persönliche Waffe zu Hause auf. Das ausserdienstliche Schiesswesen dient der Aufrechterhaltung des Ausbildungsstandes im Umgang mit der persönlichen Waffe. Im Rahmen des obligatorischen Schiessprogramms wird nach wie vor das Präzisionsschiessen geübt, das auch die Grundlage des Gefechtsschiessens bildet. Die Durchführung des ausserdienstlichen Schiesswesens bleibt dem Schweizer Schiesssportverband übertragen.

9

Ressourcen

9.1

Personal

Der Bestand der aktiven Armee beträgt 120 000, dazu kommt ein Rekrutenjahrgang von rund 20 000, so dass der Bestand der Armee ohne Reserve 140 000 beträgt; davon sind ca. 4000 (heute rund 3300) Berufsmilitär und ca. 1000 (heute 150) Zeitmilitär. Der Abbau von Armee 95 zu Armee XXI im Milizteil erfolgt in den einzelnen Truppengattungen und Dienstzweigen allerdings nicht linear. Bei der Luftwaffe, den Führungsunterstützungsverbänden und der Logistik sind die Reduktionen geringer als in anderen Bereichen. Mit diesem Bestand kann die notwendige Bereitschaft erreicht und die Besetzung aller Funktionen auch in Wiederholungskursen gesichert werden, was für die Verbandsausbildung wichtig ist.

Die Reserve umfasst 80 000 Angehörige der Armee (4 Jahrgänge ehemaliger WKPflichtiger und 10 Jahrgänge ehemaliger Durchdiener). Jede Dienstverschiebung von WK-Pflichtigen bis zum 34. Altersjahr hat als unmittelbare Konsequenz eine Verkleinerung dieser Reserve zu Gunsten der aktiven Armee zur Folge.

1034

Frauen und Männer Frauen und Männer können sämtlichen Personalkategorien zugeteilt werden. Ebenso können alle Funktionen sowohl durch Frauen als auch durch Männer besetzt werden. Damit wird dem gesellschaftlichen Wandel Rechnung getragen und den Frauen die gleichen Möglichkeiten wie den Männern auch im militärischen Bereich der Sicherheitspolitik eröffnet. Zudem ergibt sich durch den dreiteiligen Armeeauftrag und durch das generelle Erfordernis der Multifunktionalität der Armee eine breite Palette von Einsatzmöglichkeiten, insbesondere auch für Frauen. Schliesslich zeigt sich, dass sich Frauen gerade in den Bereichen Friedensunterstützung und Krisenbewältigung sowie subsidiäre Einsätze für viele Aufgaben besonders gut eignen. Das differenziertere Rekrutierungssystem für die Armee XXI gestattet, dieses Potenzial gezielter zu erfassen.

Rekrutierung Gemäss Bundesverfassung ist jeder Schweizer verpflichtet, Militärdienst zu leisten.

Vor der Rekrutierung wird ein Orientierungstag unter Verantwortung der Kantone durchgeführt. Die Teilnahme an diesem Orientierungstag ist für stellungspflichtige Männer obligatorisch; Frauen werden dazu eingeladen, ihre Teilnahme ist aber freiwillig.

Die Schweiz wird in Absprache mit den Kantonen in mehrere Rekrutierungszonen aufgeteilt. Die Rekrutierung wird für Armee und Zivilschutz an vier bis sechs permanenten Standorten durchgeführt und dauert bis drei Tage. Ziel der Rekrutierung ist für die Stellungspflichtigen die Information und die persönliche Einteilung. (Dabei entscheidet der Dienstpflichtige auch, ob er den Dienst als Durchdiener leisten will.) Für Armee und Zivilschutz geht es um das Erfassen des physischen, psychischen, intellektuellen und beruflichen Potenzials für die Zuteilung. Im Weiteren werden Potenzial und Interesse für eine Kaderlaufbahn und für Einsätze als Zeitmilitär erfasst.

Angehörige der Miliz WK-Pflichtige Zum Bestand der aktiven Armee gehören Angehörige der Armee, die nach absolvierter Rekrutenschule eingeteilt werden und jährliche Wiederholungskurse leisten, bis sie ihre Dienstleistungspflicht erfüllt haben. Sie können in einer besonderen oder ausserordentlichen Lage innert weniger Monate einsatzbereit sein.

Die Gesamtzahl der Diensttage wird durch die Länge der Grundausbildung sowie die Länge und Anzahl der Wiederholungskurse bestimmt. Eine
21-wöchige Grundausbildung entspricht 145 Tagen, 6 Wiederholungskurse zu 19 Tagen entsprechen 114 Tagen. Zusammen mit den 3 Tagen Rekrutierung resultieren insgesamt 262 zu leistende Diensttage. Während der 6 Jahre der Einteilung in die aktive Armee sind für verschiedene militärische Aktivitäten (z.B. Repetitorium für Fahrer, Panzertrainingskurse, Dienstpersonal für Kadervorkurse oder gewisse truppengattungsspezifische Kurse) 18 Diensttage nötig.

Aus Ausbildungsgründen kann von dieser Regel abgewichen werden, vor allem für Spezialisten. Die im Militärgesetz festgelegte Obergrenze von 330 Tagen darf aber nicht überschritten werden.

1035

Die Mannschaft und Unteroffiziere sollen in der Regel am Ende des Jahres, in welchem das 30. Altersjahr abgeschlossen wird, aus der Militärdienstpflicht entlassen werden. Die Verlegung der zu leistenden Diensttage auf die jüngeren Jahre (21 Wochen RS, 6 Wiederholungskurse bis zum Alter von 26 Jahren) erlaubt es, Militärdienst und berufliche Verpflichtungen besser miteinander zu vereinbaren. Bei verspätetem Beginn der Rekrutenschule und Verschiebung von Wiederholungskursen ist eine Entlassung bis spätestens zum Ende des Jahres vorzusehen, in dem das 34.

Altersjahr vollendet wird. Dies hat den Vorteil einer besseren Durchmischung der Altersstruktur ohne zusätzlichen Verwaltungsaufwand.

Rekrutenschule

Wiederholungskurse

Reserve

Dauer

145 Tage

4 Jahre

im Alter von

20

6 zu 19 Tagen, total 114 Tage 21 bis 26

27 bis 30

Entlassung

30 (Normalfall)

Höhere Unteroffiziere und Subalternoffiziere werden mit 36 Jahren aus der Dienstpflicht entlassen, Hauptleute und höhere Unteroffiziere in Stäben am Ende des Jahres, in dem sie das 42. Altersjahr vollendet haben, Stabsoffiziere und höhere Stabsoffiziere am Ende des Jahres, in dem sie das 50. Altersjahr vollenden.

Durchdiener (Erfüllung der Ausbildungsdienstpflicht ohne Unterbrechung) Durchdiener sind Milizsoldaten, die ihre gesamte Ausbildungsdienstpflicht (300 Tage) an einem Stück absolvieren. Sie werden nach absolvierter Grundausbildung primär für subsidiäre Einsätze zur Prävention und Bewältigung existenzieller Gefahren eingesetzt. Sekundär unterstützen sie die Ausbildung in den Lehrverbänden. Das Durchdienerkonzept ist damit eine Antwort auf die Erfahrungen bei subsidiären Sicherungseinsätzen und Einsätze zur militärischen Katastrophenhilfe der letzten Jahre. Die Auswertung zeigte, dass die beiden Elemente Reaktivität und Durchhaltefähigkeit ungenügend waren. Auf freiwilliger Basis können Durchdiener in den letzten vier Monaten ihres Dienstes auch in der Friedensunterstützung und Krisenbewältigung eingesetzt werden.

Ihre Zuteilung zu den einzelnen Truppengattungen wird auf Grund des Bedarfs der letzten Jahre festgelegt (für jeden der dreimaligen Starts der Durchdiener-RS pro Jahr folgende Bestände: ca. 400 bei der Infanterie, 150 bei den Rettungs-/Genietruppen, 200 bei der Logistik, 200 bei der Luftwaffe). Aus dem Stand und über längere Zeit sind damit zu jeder Zeit Einsätze von ca. 950 Durchdienern möglich. Mit den Durchdienern wird darüber hinaus über die Jahre eine ansehnliche Reserve (ca.

10 000) von speziell ausgebildeter Infanterie geschaffen, die auch für den Schutz von speziellen Einrichtungen (z.B. Flughäfen) eingesetzt werden kann.

Mit rund 2800 Durchdienern pro Jahrgang wird in der Startkonfiguration das Kontingent von höchstens 20% eines Rekrutenjahrganges nicht ausgeschöpft.

Aus Gründen der Wehrgerechtigkeit dauert die Dienstpflicht für WK-Pflichtige und Durchdiener grundsätzlich gleich lange. Die mindestens 20 Diensttage, die ein Durchdiener mehr leistet, gleichen seine Vorteile in Bezug auf zusätzliche Urlaube aus. Die Entlassung erfolgt am Ende des Jahres, in welchem das 30. Altersjahr vollendet wird.

1036

Dauer im Alter von

Grundausbildung und Einsatz

Reserve

Entlassung

300 Tage 20

10 Jahre 21 bis 30

30

Reserve Zur Reserve gehören Angehörige der Armee, die ihre Ausbildungsdienste geleistet haben: WK-Pflichtige nach Ableistung aller Wiederholungskurse, Durchdiener nach Ableistung von Grundausbildung und Einsatz. Sie sind in Reserveverbände eingeteilt, verfügen weiterhin über ihre persönliche Ausrüstung und sind schiesspflichtig.

Ihr Ausbildungsstand nimmt zwar ohne Dienstleistungen ab, bleibt aber einige Jahre noch so hoch, dass bei einer Aktivierung der Reserve nicht erneut mit der Grundausbildung begonnen werden muss. Die Reserve ist innert Jahresfrist einsatzbereit.

Momentan stehen genügend moderne Waffensysteme zur Verfügung, um sie auszurüsten. Kommandanten und Stabsangehörige der Reserve leisten pro Jahr maximal fünf Diensttage.

Ausnahmen Ein Vorteil des Milizsystems ist die Ausnützung ziviler Ausbildung und Fähigkeiten für militärische Zwecke. Für bestimmte Funktionen kann die Armee von der zivilen Ausbildung einiger Armeeangehöriger speziell profitieren. Eine solche Ausbildung dauert in der Regel länger und wird kaum vor dem 30. Altersjahr abgeschlossen.

Damit die Armee trotz der Reduktion des Dienstpflichtalters von den speziellen zivilen Kompetenzen (z.B. Ärzte, Juristen, EDV-Spezialisten, AC-Spezialisten, Piloten, Kommunikations-Spezialisten, Bau-Ingenieure, Pfarrer etc.) profitieren kann, wird diesen Armeeangehörigen eine besondere Art der Dienstleistung ermöglicht.

Sie werden nach Möglichkeit zu Beginn ihrer zivilen Ausbildung erfasst und durchlaufen eine fachspezifische militärische Ausbildung oder werden nach Abschluss der zivilen Ausbildung umgeteilt. Dabei besteht für sie die Möglichkeit, entweder den militärischen Grad zu behalten oder auf ausserordentlichem Weg in eine Offiziersfunktion befördert zu werden.

1037

Berufspersonal Übersicht Personalkategorien des Berufspersonals Abbildung 29

Berufspersonal Militärisches Personal Berufsmilitär

Zeitmilitär

Berufsoffiziere Berufsunteroffiziere Berufssoldaten

Zeitoffiziere Zeitunteroffiziere Zeitsoldaten

Ziviles Personal

Militärisches Personal ist der Oberbegriff für Berufs- und Zeitmilitär. Es übernimmt Aufgaben in zentralen Stäben (Generalstab, Heer, Luftwaffe, evtl. auch Generalsekretariat VBS) und in Lehrverbänden, in der Führung von Verbänden und in Einsätzen zur internationalen Friedensunterstützung und Krisenbewältigung. Das Rücktrittsalter für das militärische Personal wird durch den Bundesrat festgelegt.

Das Berufsmilitär umfasst Berufsoffiziere, Berufsunteroffiziere und Berufssoldaten, die in der Regel mit einem zeitlich unbefristeten Arbeitsvertrag eine vollamtliche Dienstverpflichtung eingehen. Berufsoffiziere und -unteroffiziere sind verantwortlich für die Ausbildungsführung in den Lehrgängen. Zudem können sie als militärische Sachverständige in der Armeeführung sowie in den Brigade- und Territorialregionenkommandos eingesetzt werden. Jede Laufbahn eines Berufsoffiziers oder Berufsunteroffiziers beginnt nach absolvierter Milizgrundausbildung grundsätzlich mit dem Einsatz als Zeitmilitär. Ein Beurteilungsverfahren ist die Grundlage für den Entscheid, ob dieser Zeitmilitär die Grundausbildung zum Berufsoffizier oder Berufsunteroffizier absolvieren kann.

Berufsoffiziere werden in der Regel in der Militärischen Führungsschule an der ETH Zürich ausgebildet, Berufsunteroffiziere an der Berufsunteroffiziersschule der Armee, Zeitmilitär in einem zentralen Kurs für Zeitkader. Einsatz und Ausbildung von Berufsoffizieren und -unteroffizieren werden zentral gesteuert und mit der Milizlaufbahn koordiniert. Auf Grund der neuen Aufgaben des Berufsmilitärs muss auch eine von der Milizlaufbahn unabhängige Laufbahn möglich sein.

Das Zeitmilitär umfasst Zeitoffiziere, Zeitunteroffiziere und Zeitsoldaten, die mit einem zeitlich befristeten Anstellungsvertrag eine vollamtliche Dienstverpflichtung eingehen. Zeitoffiziere und -unteroffiziere bilden insbesondere in den Rekrutenschulen unter Führung von Berufsmilitär die Rekruten aus. Sie können auch in Wie1038

derholungskursen für die Ausbildung der Mannschaft eingesetzt werden. Zudem können sie Führungs- oder Mannschaftsfunktionen in professionellen Einsatzverbänden oder Schlüsselfunktionen in Durchdienerverbänden übernehmen.

Zur Sicherstellung des Betriebes, der Verwaltung und der Ausbildung sowie zur Unterstützung des militärischen Personals ist die Armee auf ziviles Personal angewiesen. Zur Gewährleistung von Schlüsselfunktionen in besonderen oder ausserordentlichen Lagen kann das zivile Personal als Fachpersonal oder Fachkader militarisiert werden. Fachlehrer bilden im Rahmen der militärischen Grundausbildung und in Kaderschulen Angehörige der Armee insbesondere an Systemen, Geräten und Fahrzeugen aus.

9.2

Finanzen

Die Armee hat die von ihr geforderten Leistungen möglichst kostengünstig zu erbringen. Modernisierung, Ausrüstung und Betrieb einer Armee, die dem Auftrag, der Lage und der Doktrin entspricht sowie mit dem technologischen Fortschritt Schritt hält, sind aber mit erheblichen Kosten verbunden.

Der Bundesrat hat, gestützt auf die in der Bundesverfassung und im SIPOL B 2000 der Armee zugewiesenen Aufgaben, die Leistungen der Armee definiert und einen entsprechenden Finanzrahmen abgesteckt. Die finanziellen Aufwendungen bewegen sich grundsätzlich im Rahmen des Finanzplans. Dem VBS sollen die Mittel zur Verfügung gestellt werden, die für eine moderne und glaubwürdige Armee benötigt werden. Bei markanten Änderungen der Bedrohungslage oder der finanzpolitischen Situation des Bundes ist eine Neubeurteilung jederzeit möglich. Es können auch finanzplanerhöhend Mittel gesprochen werden.

Der Bundesrat sieht in seiner derzeitigen Finanzplanung jährliche Ausgaben für die Verteidigung von ca. 4,3 Mia. Fr. gemäss institutioneller Gliederung vor. Das entspricht dem im Finanzplan 2002 bis 2004 genannten Betrag von rund 4,8 Mia. Fr.

für die militärische Landesverteidigung (funktionale Gliederung). Bei der Bemessung der finanziellen Mittel liess sich der Bundesrat im Wesentlichen von folgenden Faktoren leiten: ­

vom voraussichtlichen Finanzbedarf für die zu erbringende Leistung und die dazu notwendige verbesserte Ausbildung;

­

vom längerfristig realisierbaren Einsparpotenzial;

­

von bereits erbrachten und noch nachwirkenden Kürzungen;

­

vom rüstungsseitigen Nachhol- und Weiterentwicklungsbedarf.

Das diesen Vorgaben entsprechende Leistungsprofil der Armee erlaubt, mit 6­8 Kampfbrigaden, der entsprechenden Luftunterstützung und logistischer Unterstützung subsidiäre Einsätze zur Prävention und Bewältigung existenzieller Gefahren, Beiträge zur internationalen Friedensunterstützung und Krisenbewältigung sowie Raumsicherung über das ganze nationale Territorium sicherzustellen. Die Erhaltung und Entwickung der Verteidigungskompetenz ist im Rahmen der geplanten Ausgaben gewährleistet; für die Herstellung der Verteidigungsbereitschaft (Aufwuchs) wären aber zusätzliche Ressourcen nötig.

1039

Der verfassungsmässige Auftrag der Armee mit den geschilderten Rahmenbedingungen kann nicht beliebig interpretiert werden. Finanzielle Planungssicherheit ist Voraussetzung für die Erhaltung der Fähigkeiten der Armee. Mittelausstattung und geforderte Leistungsfähigkeit müssen einander entsprechen. Dabei sind nicht nur die beim Bund anfallenden Ausgaben, sondern auch die Aufwendungen der Kantone und Gemeinden sowie der privaten Unternehmen und Haushalte zu berücksichtigen.

Eine weitere Reduktion der Verteidigungsausgaben würde das zu erreichende Leistungsprofil in Frage stellen. Damit würde auch der Druck zunehmen, die sich herausbildenden Lücken in den autonomen Fähigkeiten durch frühzeitige Absprachen für eine internationale Zusammenarbeit in der Verteidigung zu kompensieren.

Rüstungsseitiger Nachholbedarf Die Armee hat Nachholbedarf bei den Investitionen, insbesondere der Rüstung, weil die Budgetkürzungen im vergangenen Jahrzehnt schneller erfolgten als sie betrieblich umgesetzt werden konnten. Dies hatte zur Folge, dass der Anteil der Betriebsausgaben im Verteidigungsbudget zunahm, während der Anteil der Rüstungsausgaben zurückging.

Anteil von Betriebs- und Rüstungsausgaben am Verteidigungsbudget Abbildung 30 70%

60% 54% 53%

52%

51%

50%

50% 48%

49% 45%

46%

40%

42%

40%

38%

37% 36%

Anteil Betriebsausgaben 30%

90

91

92

93

94

95

96

38%

Anteil Rüstungsausgaben 97

98

99

00

V01

P02

P03

P04

Ein erster markanter Rückgang resultierte aus den Kürzungen, die durch den Wegfall der konkreten militärischen Bedrohung möglich wurden, ein zweiter mit der Umsetzung der Armee 95, ein dritter mit dem Stabilisierungsprogramm 1998. Weil die Betriebsausgaben nicht kurzfristig gekürzt werden konnten, mussten die Rüstungsausgaben verringert werden.

In den nächsten Jahren geht es darum, dieses strukturelle Ungleichgewicht zwischen Rüstungs- und Betriebsausgaben zu beheben und den Anteil der militärischen Investitionen an den Gesamtausgaben deutlich zu steigern. Gleichzeitig sind die Defizite in den Bereichen Führung und Aufklärung aus den freiwerdenden Mitteln in Folge der zahlenmässigen Reduktion konventioneller Systeme zu decken und die Mittel 1040

für eine Erhöhung des Anteils an militärischem Personal und den Übergang zum Einjahresrhythmus der Wiederholungskurse freizustellen. Der Trend zu einer dem Milizsystem und dem hohen Ausbildungsniveau angepassten höheren Technologie ist auch in der Armee zwingend, weil dadurch fehlende Quantität durch Qualität im Sinne der «Force Multiplier» kompensiert wird. Beispiele sind: Nachtkampftauglichkeit, Führungs- und Informationssysteme, Sensoren im Verbund mit Führungsund Informationssystemen, Kampfwertsteigerungsmassnahmen, Überwachungssysteme für Objektschutzaufgaben und Simulatoren.

Bei einer realen Plafonierung der verfügbaren Mittel setzt das eine deutliche Senkung der Betriebsausgaben und Umschichtung zu Gunsten von Investitionen voraus.

Schlüsselfaktoren dazu sind die Senkung der Personalausgaben und die Minimierung der weiteren Betriebsausgaben. Es ist absehbar, dass ein zusätzlicher Abbau von über 2000 Stellen erforderlich ist. Die Betriebskosten sind dadurch kurzfristig nicht reduzierbar, weil die Übergangsphase Mehrkosten im Rahmen der Sozialpläne (Restrukturierungskosten) mit sich bringen wird. Die entsprechenden Massnahmen werden sozialverträglich geplant und über einen längeren Zeitraum umgesetzt.

Eine effizientere Mittelzuweisung setzt verbesserte Planungs- und Steuerungsinstrumente wie z.B. Leistungsaufträge und Mehrjahresprogramme voraus. Unabdingbar ist die Einführung des betrieblichen Rechnungswesens, das als Führungsinstrument auszugestalten ist und die notwendige Transparenz für eine kostenbewusste Führung sowie für betriebswirtschaftliche und politische Überlegungen bietet. Wo immer möglich sind Voraussetzungen zu schaffen, dass Verantwortung delegiert und Kredite auf andere Bereiche oder Jahre übertragbar sind. Die im Rahmen der Departementsreform VBS XXI geplante Aufteilung in fünf Bereiche wird dank der Rollenentflechtung der effizienten Mittelzuweisung ebenso wie der Transparenz zugute kommen.

Einsparungspotenziale Längerfristige Einsparungspotenziale bestehen vor allem in der armeeweiten Logistik, in der Verwaltung und in der Rüstungsbeschaffung.

In der Logistik und in der Verwaltung wird es mittelfristig zu einem erheblichen Um- und Abbau kommen. Bestandes- und volumenabhängige Aufgaben werden sich als Folge der Verkleinerung der Armee verringern. Doppelspurigkeiten
sollen eliminiert, Synergien durch organisations- bzw. stufenübergreifende Prozesse genutzt werden. Die Prozesse sollen systematisch auf die Leistungsabnehmer ausgerichtet und die Kosten gleichzeitig minimiert werden. Nicht zwingend in den Verteidigungsbereich gehörende Leistungen sollen ausgelagert werden.

In der Rüstungsbeschaffung geht es vor allem um eine Beschleunigung des Rüstungsablaufs und eine weitergehende Kostenoptimierung im Beschaffungswesen.

Eine Lockerung der Auflagen im Bereich Regionalpolitik und der schweizerischen Industriebeteiligungen ist Vorausetzung für eine weitere Kostenoptimierung.

Diesen Einsparungspotenzialen stehen aber erhebliche Restrukturierungs- und Liquidationskosten gegenüber, die zum Teil bereits vor Umsetzung der Kostensenkungsprogramme ausgabenwirksam werden und ebenfalls im Rahmen der verfügbaren Mittel aufzufangen sind.

1041

9.3

Ausrüstung und Bewaffnung

Die Ausrüstung und Bewaffnung ist Gegenstand der Rüstungsplanung und umfasst Beschaffungsvorbereitung, Beschaffung, Nutzung, Instandhaltung, Ausbildung und Entsorgung. Eine optimale materielle Sicherstellung der Armee ergibt sich aus einem ausgewogenen Verhältnis von technischen Systemen, technologischem Wissen (inkl. Forschung und Entwicklung) und technischem Können (Ausbildung, Einsatz, Betrieb usw.). Es muss ein Niveau angestrebt werden, das mit anderen europäischen Staaten vergleichbar ist. Der technologische Fortschritt und die knappen finanziellen Ressourcen führen allerdings dazu, dass Beschaffungen nicht mehr immer flächendeckend erfolgen werden, was zu einem unterschiedlichen Technologiestand zwischen verschiedenen Verbänden führen kann, ohne jedoch die Grundbereitschaft zu gefährden.

Bis heute erfolgte die Rüstungsplanung grösstenteils nach den Bedürfnissen der verschiedenen Leistungserbringer (z.B. Truppengattungen). Im Vordergrund stand das technische Einzelsystem. Künftig wird es darum gehen, ausgehend von den zu erbringenden Leistungen der Armee die Rüstung gesamtheitlich zu planen. Die Bedürfnisse der verschiedenen Leistungserbringer werden dabei besser aufeinander abgestimmt und in ein Gesamtsystem eingefügt. Die gesamtheitliche Rüstungsplanung ist Sache des Generalstabes, der die Leistungserbringer in den Planungsprozess einbezieht.

Die Umsetzung der Rüstungsplanung und die Beherrschung von komplexen und vernetzten Systemen erfordern zunehmend wissenschaftliche und technologische Grundlagen und Fähigkeiten. Die Forschung und Entwicklung im VBS sichert diese Basis im Rahmen der politischen Vorgaben und übergeordneter Rahmenbedingungen.

Leitlinien für die Rüstungsbeschaffung Das Umfeld der Rüstungsbeschaffung hat sich in den letzten Jahren stark verändert.

Sie muss sich auf der einen Seite den Herausforderungen stellen, die sich aus den Bedürfnissen einer verkleinerten Armee und des Kostendrucks ergeben. Auf der anderen Seite steht sie auch unter dem Einfluss der Konzentration im internationalen Rüstungsmarkt und der technologischen Entwicklung. Schliesslich ist der Fähigkeit zur Kooperation Rechnung zu tragen. Alle diese Faktoren wirken in Richtung einer Orientierung an internationalen Standards.

Die Schweiz will ihre Informationsbasis im Bereich der Rüstungstechnologie und
der Beschaffungsverfahren verbreitern, indem sie die Möglichkeiten des bilateralen Erfahrungsaustausches mit Partnerstaaten im Rüstungsbereich ausschöpft. Dazu gehört auch, dass sie ­ unter vollständiger Wahrung der Neutralität ­ den Zugang an internationale Gremien sucht, die sich mit Rüstungsfragen befassen. Die Schweiz kann dabei ihre Erfahrung in der Evaluation und im Management von Beschaffungsvorhaben ihren Partnerstaaten zugänglich machen.

Rüstungspolitik, Rüstungsbeschaffung und Rolle der schweizerischen Industriebasis Die Rüstungspolitik wird vom Bundesrat bestimmt. Sie regelt zentrale Fragen der Industriekooperation, der internationalen Zusammenarbeit in diesem Bereich und klärt die Rolle sowie den Einbezug der schweizerischen Industriebasis.

1042

Innerhalb des VBS werden die Rüstungspolitik, die Rüstungsbeschaffung und die Rolle der schweizerischen Industriebasis von der Gruppe Rüstung betreut. Sie erarbeitet die Grundlagen für Entscheidungen darüber, wie, aus welchen Märkten und mit welchen Partnern die erforderlichen Rüstungsgüter für die Armee zu beschaffen sind.

10

Kantone

Die kantonale Mitverantwortung und Mitarbeit sind wesentliche Elemente des Milizsystems und aus staatspolitischen und wehrpsychologischen Gründen von zentraler Bedeutung. Die Kantone stärken die Verankerung der Armee in der Bevölkerung, indem sie Bindeglied zwischen der Bevölkerung und der Armee sowie zwischen den Angehörigen der Armee und dem Bund bzw. der Armee sind. Die Armee XXI hat Auswirkungen auf die kantonale Mitverantwortung, die in angepasster Form beibehalten wird.

Die kantonale Mitverantwortung kommt vor allem in der Militärverwaltung zum Tragen. Die kantonalen Militärbehörden übernehmen bzw. behalten im Rahmen von Leistungsvereinbarungen folgende Funktionen und Aufgaben nach dem Wohnortsprinzip: ­

Sie sind die militärische Auskunfts- und Kontaktstelle für alle Angehörigen der Armee, die im betreffenden Kanton wohnhaft sind.

­

Sie erfassen die Stellungspflichtigen und führen die Stammkontrolle.

­

Sie führen den Orientierungstag zur Rekrutierung, bieten die Stellungspflichtigen zur Rekrutierung auf und wirken bei der Rekrutierung mit, insbesondere im Hinblick auf die Einteilung in den Zivilschutz.

­

Sie behandeln die Dienstverschiebungsgesuche der Unteroffiziere und Soldaten für Wiederholungskurse.

­

Sie sind für die Veranlagung und den Einzug des Wehrpflichtersatzes zuständig.

­

Sie erfüllen Aufgaben im Bereich des ausserdienstlichen Schiesswesens und des ausserdienstlichen Vollzugs des Disziplinarstrafwesens.

­

Sie entlassen die Angehörigen der Armee aus der Wehrpflicht.

Die Formationen und Stäbe der Brigaden und Territorialregionen werden, soweit die Armeeorganisation dies zulässt, nach kantonalen und regionalen Kriterien gebildet. Die Führung der Grunddaten der Korpskontrolle erfolgt durch den Bund. Die Kantone übernehmen für Stäbe und Formationen, die zu ihnen in engerer Beziehung stehen, besondere Aufgaben und Kompetenzen. Sie werden bei Kommandobesetzungen konsultiert; das Besuchsrecht in den Ausbildungsdiensten bleibt bestehen.

Mit den vier Territorialregionenkommandos hat jeder Kanton einen Ansprechpartner für militärische Fragen. Im Stab der Territorialregion ist ausserdem für jeden Kanton ein Partnerstab enthalten. Im Bereich der subsidiären Einsätze arbeitet dieser eng mit der kantonalen zivilen Führungsorganisation für Notlagen zusammen.

Im Bereich der persönlichen Ausrüstung vollziehen die Kantone wie bisher im Rahmen der geltenden Verfassung die Beschaffung der zugewiesenen Ausrüstungsge1043

genstände. Vorbehalten bleiben Änderungen im Rahmen des neuen Finanzausgleiches des Bundes. Zur Instandhaltung der persönlichen Ausrüstung sollen für die Angehörigen der Armee auch weiterhin in allen Kantonen Retablierungsstellen (angegliedert an kantonale oder eidgenössische Zeughäuser) aufrecht erhalten werden.

Die Kantone stellen wie bisher ihre kantonalen Infrastrukturen (Waffen- und Schiessplätze, Zeughäuser usw.) der Armee zur Verfügung. Zu diesem Zwecke werden mit den betreffenden Kantonen Leistungsvereinbarungen abgeschlossen.

11

Transformation

Die Armee XXI unterscheidet sich grundlegend von der Armee 95. Grosse Teile von Doktrin, Organisation und Prozessen wurden nicht aus der Armee 95 weiterentwickelt, sondern auf Grund der Aufträge und der veränderten Rahmenbedingungen neu konzipiert. Soweit möglich baut die Armee XXI trotzdem auf der Armee 95 auf. Sie muss nicht völlig neu entwickelt werden, sondern übernimmt jenes, das sich bewährt hat und den Anforderungen von Gegenwart und Zukunft genügt.

Die Transformation der Armee 95 in die Armee XXI hat einen Beginn und einen Abschluss. Die Dauer der Transformation ist kurz und überblickbar. Nach ihrem Abschluss wird die Armee XXI im Rahmen der ordentlichen Abläufe der militärischen Gesamtplanung kontinuierlich weiter entwickelt. Zu diesem Prozess gehört auch die Korrektur eventueller Mängel, die erst während oder nach der Transformation erkennbar sind.

Das Transformationskonzept sieht vor, ein Projektteam mit dem Aufbau der Armee XXI zu beauftragen und diesem sukzessive mehr Mittel zur Verfügung zu stellen, die von der Armee 95 abgetreten werden. Darum wird letztere bereits vor Überführungsbeginn in die Armee XXI schrittweise abgebaut. Mit diesen Vorausmassnahmen soll die zeitgerechte und friktionsarme Umsetzung der Transformationsziele für die Armee XXI unterstützt werden. Während der ganzen Dauer der Transformation ist eine angemessene Grundbereitschaft der Armee für wahrscheinliche Einsätze voll sicherzustellen; für weniger wahrscheinliche Einsätze ist eine geringere Bereitschaft aufrecht zu erhalten.

Überführung der Armee 95 in die Armee XXI Abbildung 31

Schrittweiser Aufbau der Armee XXI

1044

Armee 95

Vorausmassnahmen

Armee XXI

Überführungsbeginn

Gleich zu Beginn der Transformation soll möglichst vieles umgesetzt werden, um die Signal- und Motivationswirkung zu maximieren.

11.1

Grundsätze

Während der ganzen Dauer der Transformation wird die heutige Leistungsfähigkeit für subsidiäre Einsätze zur Prävention und Bewältigung existenzieller Gefahren sowie für Einsätze zur Friedensunterstützung und Krisenbewältigung in vollem Umfang aufrecht erhalten. Die Raumsicherungs- und Verteidigungsfähigkeit wird vorübergehend reduziert, ohne dass die minimal erforderlichen Fähigkeiten unterschritten würden. Die für die Transformation und ihre Vorbereitung notwendigen Ressourcen (insbesondere militärisches Personal und Finanzen) müssen vorgängig bereitgestellt werden.

Die personelle Überführung erfolgt als Vorausmassnahme vor der Formierung der Armee XXI (Bildung der Stäbe und Formationen). Überzählige Verbände und Stäbe werden in würdigem Rahmen aufgelöst. Nicht mehr dienstpflichtige Angehörige der Armee werden entlassen oder in die Reserve eingeteilt und später gestaffelt entlassen.

Massnahmen zur Sicherstellung der benötigten Milizkader sowie des militärischen und zivilen Personals werden prioritär und vor Beginn der Umsetzung ergriffen.

Stellen, die mit militärischem Personal (inkl. Angehörige des Festungswachtkorps) besetzt sind, werden überprüft. Danach erfolgt die Überführung der Stelleninhaber in die zweckmässigste Berufskategorie (Berufsmilitär, Zeitmilitär oder ziviles Personal); für Härtefälle sind sozialverträgliche Übergangslösungen vorzusehen.

11.2

Zeitplan

Die Transformation in die Armee XXI umfasst drei Phasen (Vorbereitung 2000­ 2003, Überführung 2004, Konsolidierung ab 2005) und verläuft in mehreren Schritten. Ein kritischer Erfolgsfaktor ist der Bestand an militärischem Personal; dieses ist prioritär und in genügender Anzahl zu rekrutieren.

Ab 2002 werden die Vorausmassnahmen zur Armee XXI umgesetzt. Sie dienen dazu, zeitgerecht und friktionsarm die Transformationsziele für die Armee XXI umzusetzen. Es geht darum, die für die Überführung in die Armee XXI erforderlichen Ressourcen frei zu setzen und Fehlleistungen im Hinblick auf die Armee XXI zu vermeiden. Die Rekrutierung und Alimentierung der Stäbe und Verbände wird auf die Armee XXI ausgerichtet. In der Armee XXI nicht mehr benötigte Funktionen werden nicht mehr ausgebildet. Schulen und Kurse werden soweit als möglich zusammengelegt oder sistiert. Am Armeeausbildungszentrum wird die Zahl der Lehrgänge reduziert. Das dadurch freiwerdende militärische Personal soll für Vorbereitungsarbeiten für die Armee XXI eingesetzt werden. Die ältesten Jahrgänge der in der Armee 95 eingeteilten Angehörigen der Armee sollen vorzeitig entlassen werden. Die ausbildungsmässigen und administrativen Massnahmen zum Mobilmachungssystem Armee 95 sollen auf das absolut Notwendige beschränkt werden.

Umschulungskurse sollen auf die Bedürfnisse der Armee XXI ausgerichtet werden.

Durch Verbandszusammenlegungen sollen die Ausbildungsvoraussetzungen für die 1045

Wiederholungskurse in der Armee 95 verbessert werden. Die Stäbe der Armee XXI werden soweit gebildet, dass sie die Planungs- und Vorbereitungsaufgaben für die Armee XXI wahrnehmen können. Die Verantwortung für die Führung von Einsätzen und die Sicherstellung des laufenden Ausbildungsbetriebes verbleibt bis Ende 2003 bei den Grossen Verbänden der Armee 95.

2003 soll als Vorausmassnahme die Kaderausbildung am Armeeausbildungszentrum angepasst werden. Im Rahmen der Vorausmassnahmen ist der Start einzelner Kaderlehrgänge (exkl. AAL) in der zweiten Hälfte 2003 möglich. Noch notwendige Fortbildungsdienste der Truppe finden unter Leitung der Grossen Verbände der Armee 95 statt. Sie sollen insbesondere für die ausbildungsmässige Vorbereitung auf die Armee XXI genutzt werden (Umschulungskurse). Alle Offiziere und höheren Unteroffiziere der Armee absolvieren einen Einführungskurs. Damit werden diese Kaderangehörigen über ihre neue Aufgabe und Funktion in der Armee XXI sowie die kommenden Dienstleistungen informiert, was insbesondere die Vorbereitung der Wiederholungskurse 2004 ermöglicht. Die Arbeiten zur Überführung der Angehörigen der Armee XXI erfolgen mit Schwergewicht in diesem Jahr. Bis Mitte des Jahres erhalten alle Angehörigen der Armee eine persönliche Information zu ihrer neuen Einteilung und der Restdienstpflicht. Die Stäbe und Verbände der Armee 95 werden verabschiedet.

2004 werden alle Grundausbildungsdienste (Rekrutenschulen und Kaderlehrgänge) nach neuem Ausbildungsmodell im Rahmen der Lehrverbände durchgeführt. Die Wiederholungskurse erfolgen 2004 nach neuem Modell im Jahresrhythmus und unter Leitung der Brigadenstäbe. Das Mobilmachungssystem der Armee 95 wird durch das neue System der abgestuften Bereitschaft abgelöst. Die Stäbe und Formationen der Armee XXI werden gebildet. Die Grundbereitschaft der Stäbe der Stufe Armee und Teilstreitkräfte (inkl. der Brigaden und Territorialregionen) ist erreicht.

Ab 2005 erfolgt die Konsolidierung der einzelnen Transformationsschritte.

Parallel zu den aufgezeigten Schritten erfolgen Massnahmen zur materiellen und personellen Überführung sowie zur Anpassung der Infrastruktur (Ausbildungsinfrastruktur, übrige Infrastruktur) und Verwaltung.

1046

Zeitplan der Transformation Abbildung 32 Überführung

Vorbereitung

2000

2001

2002

2003

2004

Konsolidierung

2005

2006

Rekrutenschulen Kaderausbildung (exkl. AAL) Kaderlehrgänge AAL Fortbildungsdienste der Truppe Stäbe Vorausmassnahmen Abgestufte Bereitschaft / Formierung Armee XXI

Armee 95

11.3

Armee XXI

Inkrafttreten Militärgesetz (spätester Zeitpunkt)

Zielvorgaben für die Jahre 2004 und 2005

Überführungsjahr (2004) Die Bereitschaft für subsidiäre Einsätze zur Prävention und Bewältigung existenzieller Gefahren sowie für Beiträge zur internationalen Friedensunterstützung und Krisenbewältigung entspricht den Anforderungen. Für die Raumsicherung und Verteidigung ist eine der Lage angemessene Grundbereitschaft sichergestellt.

Die Grund- und Verbandsausbildung ist erfolgreich, alle Möglichkeiten der Verbandsausbildung werden ausgeschöpft und die Übernahme von Kaderfunktionen ist aus Sicht der Miliz und des militärischen Personals sowie deren Umfeld attraktiv (Grundausbildungsdienst und Kaderlehrgänge).

In der Ausbildung sind die Fortbildungsdienste der Truppe erfolgreich, und der Qualitätsstandard im Grundausbildungsdienst wird zumindest gehalten.

Erstes Konsolidierungsjahr (2005) Die Bereitschaft für subsidiäre Einsätze zur Prävention und Bewältigung existenzieller Gefahren sowie für Beiträge zur internationalen Friedensunterstützung und Krisenbewältigung entspricht den Anforderungen. Für die Raumsicherung und Verteidigung ist eine der Lage angemessene Grundbereitschaft sichergestellt.

Der Bestand an militärischem Personal deckt die Bedürfnisse von Einsatz und Ausbildung ab. Der Milizkadernachwuchs ist sichergestellt.

1047

12

Zeichenerklärung

Zugehörigkeit

Panzertruppen

Aktive Formation Panzerbataillon

Reserveformation Gemischte Formation

Panzergrenadierbataillon

Brigadenstäbe

x

Aufklärungsbataillon Stab Infanteriebrigade

Artillerie

x Stab Gebirgsinfanteriebrigade

Artillerieabteilung Typ A

Stab Panzerbrigade

Feuerführungszentrumbatterie

x x

Artillerieabteilung Typ B Stab Logistikbrigade

Genie / Rettung Führungsunterstützung HQ

&2167

Ingenieurstab

Hauptquartierbataillon Panzersappeurbataillon Führungsunterstützungsbataillon Geniebataillon Richtstrahlbataillon Pontonierbataillon Elektronisches Kriegführungsbataillon Katastrophenhilfebereitschaftskompanie

Infanterie

(Durchdiener und Berufspersonal)

Infanteriebereitschaftsbataillon (Durchdiener)

Katastrophenhilfebataillon

Infanteriebataillon

ABC Abwehrkompanie

Gebirgsinfanteriebataillon Stab Grenadierregiment

Stabskompanie Grenadierregiment Armeeaufklärungsdetachement Grenadierbataillon

=*.6 0LOLWlUPXVLN

7LHUH

*

1048

Zentrale Gebirgskampfschule Ausbildungszentrum Militärmusik Kompetenzzentrum Armeetiere

Gebirgsspezialistenabteilung

Armeelabor

Logistik

H

Fallschirmaufklärerkompanie Spitalbataillon Lufttransportgeschwader Mobiles Spitalbataillon Luftwaffenradarabteilung

Sanitätslogistikbataillon Mobile Luftwaffenradarabteilung Mobile Logistikbereitschaftskompanie (Durchdiener) Luftwaffen EKF Abteilung Mobiles Logistikbataillon Luftwaffenrichtstrahlabteilung Logistikbataillon Luftwaffenübermittlungsabteilung Infrastrukturbataillon Luftwaffennachrichtenabteilung Verkehrs- und Transportbataillon Flugplatzsupportabteilung

Militärische Sicherheit 03

Militärpolizei Territorialbataillon

Flugplatzlogistikabteilung

MP

Militärpolizeibataillon

Flugplatzsupport- und Logistikabteilung

03 6(&

Militärpolizeisicherheitsbataillon



SDBR

Schutzdetachement Bundesrat

MPSD

Militärpolizeischutzdetachement

SDMP

Sicherheitsdienst Militärpolizei

.$0,%(6

Kampfmittelbeseitigungsdetachement

Luftwaffe

6(&

Flugplatzsicherungskompanie

Luftwaffe (Fliegerabwehr) Fliegerabwehrkampfgruppenstab Mobile Fliegerabwehrlenkwaffenabteilung

Flugplatzkommando Mittlere Fliederabwehrabteilung

Fliegergeschwader

Leichte Fliegerabwehrlenkwaffenabteilung

Fliegerstaffel

Instrumentenflugstaffel

Zielflugstaffel

Drohnengeschwader

1049

Inhaltsverzeichnis Übersicht

968

1 Einleitung

968

2 Rahmenbedingungen 2.1 Sicherheits- und militärpolitische Lage 2.2 Militärische Entwicklungen 2.3 Bundesverfassung und Sicherheitspolitischer Bericht 2000

970 970 975 977

3 Auftrag 3.1 Beiträge zur internationalen Friedensunterstützung und Krisenbewältigung 3.2 Raumsicherung und Verteidigung 3.3 Subsidiäre Einsätze zur Prävention und Bewältigung existenzieller Gefahren

981

984

4 Konsequenzen aus Rahmenbedingungen und Auftrag 4.1 Multifunktionalität 4.2 Modularität 4.3 Bereitschaft 4.4 Aufwuchs 4.5 Kooperation und Kooperationsfähigkeit 4.6 Militärisches Personal

985 985 986 986 990 990 992

5 Doktrin 5.1 Armeemodelle 5.2 Aktionsfelder der Armee 5.3 Grundsätze zur Verwendung von Streitkräften 5.4 Symmetrische und asymmetrische Kriegführung 5.5 Elemente einer Verteidigungskonzeption

992 993 994 995 995 996

6 Leistungen 6.1 Beiträge zur internationalen Friedensunterstützung und Krisenbewältigung 6.2 Raumsicherung und Verteidigung 6.3 Subsidiäre Einsätze zur Prävention und Bewältigung existenzieller Gefahren 6.4 Querschnittsfunktionen

998

1003 1005

7 Prozesse und Strukturen 7.1 Hauptprozesse der Armee 7.2 Armeeführung 7.3 Teilstreitkräfte

1008 1008 1011 1012

1050

982 983

998 1000

7.4 Heer 7.5 Luftwaffe

1013 1018

8 Ausbildung 8.1 Ausbildungsziele und -grundsätze 8.2 Ausbildungsorganisation 8.3 Militärische Grundausbildung 8.4 Kaderausbildung 8.5 Übergangsmodelle 8.6 Grundausbildung der Kommandanten und der Stäbe 8.7 Ausbildungszusammenarbeit mit dem Ausland 8.8 Ausbildungsinfrastruktur 8.9 Wiederholungskurse 8.10 Ausserdienstliche Ausbildung und Tätigkeiten 8.11 Schiesswesen ausser Dienst

1020 1020 1021 1022 1025 1028 1029 1032 1033 1033 1034 1034

9 Ressourcen 9.1 Personal 9.2 Finanzen 9.3 Ausrüstung und Bewaffnung

1034 1034 1039 1042

10 Kantone

1043

11 Transformation 11.1 Grundsätze 11.2 Zeitplan 11.3 Zielvorgaben für die Jahre 2004 und 2005

1044 1045 1045 1047

12 Zeichenerklärung

1048

1051