zu 02.424 Parlamentarische Initiative Bundesnahe Unternehmungen.

Kaderlöhne und Verwaltungsratshonorare Bericht vom 25. April 2002 der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates Stellungnahme des Bundesrates vom 29. Mai 2002

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, zum Bericht vom 25. April 2002 der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates betreffend Bundesnahe Unternehmungen. Kaderlöhne und Verwaltungsratshonorare nehmen wir nach Artikel 21quater Absatz 4 des Geschäftsverkehrsgesetzes (GVG) nachfolgend Stellung.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

29. Mai 2002

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Kaspar Villiger Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

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2002-1067

Stellungnahme 1

Ausgangslage

Am 5. Juni 2001 hat der Bundesrat den Bericht zu den «Löhnen und weiteren Anstellungsbedingungen der obersten Führungskräfte» verabschiedet und veröffentlicht. Darin wurden die Verhältnisse bei Swisscom AG, Post, SBB, RUAG, SNB, SUVA, SRG und IGE dargestellt. Der Bericht antwortete auf die Fragen mehrerer parlamentarischer Gremien und nahm auch verschiedene parlamentarische Vorstösse zur Thematik auf.

Der Bundesrat hat in diesem Bericht auch seine Absichten in Bezug auf das weitere Vorgehen bekannt gegeben. In Würdigung des von Seiten des Parlamentes zur Diskussion gestellten Handlungsbedarfs stellte er in Aussicht, verschiedene Massnahmen zu beschliessen und umzusetzen. Diese sollten nach Auffassung des Bundesrates nicht auf Gesetzesstufe erfolgen, da die geltenden gesetzlichen Grundlagen als nach wie vor zweckmässig und den unterschiedlichen Verhältnissen angepasst beurteilt wurden. Gleichzeitig hat sich der Bundesrat aber zu einer offenen Information bekannt und seinen Willen bekundet, insbesondere die Instrumente zur Herstellung der Transparenz zu konkretisieren und so die Voraussetzungen zu schaffen, um in der Politik und in der Öffentlichkeit das Vertrauen in die Lohn- und Personalpolitik der Unternehmungen zu erhöhen und zu festigen.

Nach Auffassung des Bundesrates sollen im Sinne einer Verstärkung des Reportings die folgenden Massnahmen vorbereitet werden: ­

Standardisierung der Berichterstattung (Reporting) über die Anstellungs-, Lohn- und Entschädigungspraxis zuhanden des Bundesrats und der Finanzdelegation der eidgenössischen Räte.

­

Verstärkung des schriftlichen und mündlichen Informationsaustausches mit der Finanzdelegation der eidgenössischen Räte durch detailliertere Berichterstattung. Die schriftliche jährliche Berichterstattung soll grundsätzlich die für den betreffenden Bericht erhobenen Daten umfassen.

Bezüglich der Löhne und weiteren Anstellungsbedingungen der obersten Führungskräfte sowie der Mitglieder der Verwaltungsräte und der analogen Leitungsgremien sieht der Bundesrat für Unternehmungen, bei welchen der Bund alleiniger Eigentümer ist oder die dem Bund auf eine andere Weise besonders nahe stehen, die folgende Massnahme vor: ­

Festlegung von Grundsätzen betreffend Entschädigungen, Entlöhnung, Boni, berufliche Vorsorge sowie allfällige weitere Leistungen. Diese Grundsätze sollen zu betriebswirtschaftlich, sozial und gesamtwirtschaftlich verantwortbaren Entscheidungen der Unternehmungen führen.

Die Staatspolitische Kommission des Nationalrates (SPK-N) hat am 16. August 2001 eine Analyse des Berichtes des Bundesrates vorgenommen. Sie hat sodann eine Parlamentarische Initiative Leutenegger-Oberholzer zur Schaffung eines Bundes-

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gesetzes über Kaderlöhne in Bundesunternehmungen abgelehnt1, jedoch beschlossen, eine Kommissionsinitiative zur Schaffung gesetzlicher Leitplanken auszuarbeiten.

Mit der Thematik hat sich auch die Staatspolitische Kommission des Ständerats (SPK-S) befasst. Zur Diskussion steht die Forderung einer Parlamentarischen Initiative Brunner, die Grenzen für Mindest- und Höchstlöhne sowohl für öffentlichrechtliche als auch für privatrechtliche Anstellungsverhältnisse in Bundesunternehmungen (Post und SBB) durch den Bundesrat festsetzen zu lassen2. Die SPK-S beantragte ihrem Rat, der Initiative Folge zu geben. Sie geht dabei mit der Stossrichtung der SPK-N einig, möchte aber angesichts deren weit fortgeschrittener Arbeiten vorerst nicht selber aktiv werden, sondern die Weiterleitung der Vorlage des Nationalrates an den Ständerat abwarten. Der Ständerat ist am 22. März 2002 dem Antrag der Kommission gefolgt.

Am 19. Dezember 2001 hat der Bundesrat eine Aussprache über Grundsätze und Reportingstandards bezüglich der Vertragsbedingungen für die obersten Führungskräfte bundesnaher Unternehmungen und Institutionen geführt und dabei Stossrichtung und Umfang der künftigen Massnahmen festgelegt. Das entsprechende Konzeptpapier mit Datum vom 11. Januar 2002 wurde den SPK beider Räte abgegeben.

EFD und UVEK haben anschliessend die betroffenen Unternehmungen und Institutionen dazu konsultiert.

Im Auftrag der Subkommission der SPK-N hat das Bundesamt für Justiz (BJ) am 22. Oktober 2001 ein Gutachten erstellt, das sich mit der Rechtslage auseinandersetzt. Es stellt richtigerweise fest, dass sich der Bundesrat in seinem Bericht über den rechtlichen Charakter der in Aussicht genommenen Grundsätze bzw. Richtlinien nicht ausgesprochen hat. Es lasse sich jedoch leicht erkennen, dass er darunter nicht verbindliche Weisungen, sondern nur Regelungen empfehlenden Charakters verstand. Das Gutachten äussert sich gemäss Auftrag der Subkommission insbesondere zur Frage, ob für den Erlass rechtsverbindlicher Weisungen über die Lohn- und Personalpolitik sowie über die Entschädigungen der Verwaltungsräte der im Bericht vom 5. Juni 2001 erwähnten bundesnahen Unternehmungen und Institutionen bereits Rechtsgrundlagen bestünden. Ferner führt es aus, wie weit und unter welchen Bedingungen Transparenz über die Anstellungsbedingungen der
obersten Führungskräfte hergestellt werden kann.

Das Gutachten kommt zum Schluss, dass die im Bericht vom 5. Juni 2001 in Aussicht gestellten Grundsätze oder Richtlinien nur in der Form rechtsetzender Erlasse verbindlich ausgestaltet werden könnten. Soweit die massgebenden gesetzlichen Vorschriften dem Bundesrat nicht bereits entsprechende Rechtsetzungskompetenzen verleihen, müssten die gesetzlichen Grundlagen ergänzt werden.

Eine solche gesetzliche Grundlage, welche die jeweiligen Unternehmungen verpflichtet, Angaben zu den Kaderlöhnen zu machen, ist zurzeit nur in vereinzelten Fällen (Post und SBB im BPG, IGE und derzeit noch SNB in den entsprechenden Spezialgesetzen) vorhanden. Um alle Unternehmungen in gleichem Umfang mit

1

2

Parlamentarische Initiative Leutenegger-Oberholzer, 01.433-N: Bundesgesetz über Kaderlöhne und Verwaltungsratsentschädigungen bei Unternehmen mit ausschliesslicher/mehrheitlicher Bundesbeteiligung.

Parlamentarische Initiative Brunner, 01.409-S: Obere Lohnstufen des Bundes.

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verbindlichen Weisungen zu erfassen, wären in den übrigen Fällen entsprechende Rechtsgrundlagen noch zu schaffen.

In ihrem Bericht vom 25. April 2002 schlägt nun die SPK-N vor, das Bundespersonalgesetz (BPG, SR 172.220.1) um einen neuen Artikel 6a zu ergänzen. Darin soll der Bundesrat verpflichtet werden, Grundsätze und Eckwerte betreffend ­

den Lohn des Kaders (einschliesslich Nebenleistungen)

­

das Honorar (einschliesslich Nebenleistungen) der Mitglieder des Verwaltungsrates

­

weitere Vertragsbedingungen (z.B. berufliche Vorsorge und Abgangsentschädigungen)

­

Nebenbeschäftigungen

festzulegen. Diese Grundsätze sollen zum einen für die Post, die SBB und andere Unternehmen und Anstalten des Bundes, welche dem BPG unterstehen, gelten. Mit einem Verweis auf Artikel 6a BPG in den entsprechenden Spezialgesetzen sollen sie auch für weitere öffentlich-rechtliche Unternehmen und Anstalten des Bundes Geltung haben. Schliesslich soll der Bund dafür sorgen, dass diese Grundsätze auch in privatrechtlichen Betrieben, welche der Bund kapital- und stimmenmässig beherrscht, sowie in der SRG Anwendung finden. Im Weiteren soll in Artikel 6a BPG vorgesehen werden, dass die Löhne und Honorare der betroffenen Personen öffentlich zugänglich sind.

2

Stellungnahme des Bundesrates

Der Bundesrat stellt fest, dass sich die Vorlage der SPK-N in der grundsätzlichen Zielsetzung mit den Absichten des Bundesrates deckt. Durch die Erhöhung der Transparenz und durch die nach politischen, sozialen und ökonomischen Kriterien erarbeiteten Grundsätze für die Festsetzung von Kaderlöhnen und Verwaltungsratshonoraren soll das gegenseitige Vertrauen von Öffentlichkeit, Politik und Unternehmungen gestärkt werden. Der Bundesrat verweist hiefür ausdrücklich auf seinen Bericht vom 5. Juni 2001. Der Bundesrat hat bisher stets die Ansicht vertreten, die von ihm in Aussicht genommenen Massnahmen sollten nicht auf Gesetzesstufe erfolgen, da er die geltenden gesetzlichen Grundlagen als nach wie vor zweckmässig und den unterschiedlichen Verhältnissen angepasst erachtet. Er vertraute vielmehr auf die eingespielte Zusammenarbeit mit den Unternehmen und setzte auf deren Bereitschaft, sich in einer gemeinsamen Absichtserklärung zur Einhaltung der Grundsätze und der Reportingstandards zu verpflichten.

In den Arbeiten der SPK-N spiegelt sich nun einerseits die in den vergangenen Monaten in Politik und Öffentlichkeit ausgetragene intensive Diskussion zu dieser Thematik, die auf eine stärker ausgeprägte Verbindlichkeit zielt. Die Kommission hat anderseits eine Vorlage ausgearbeitet, die alle wichtigen Grundanliegen des Bundesrates aufnimmt und sich auf die Umschreibung der grundsätzlichen Aufgabe und die entsprechende Verpflichtung des Bundesrates beschränkt, die Festlegung der Einzelheiten, insbesondere auch der konkreten Massnahmen und Methoden, jedoch der Ausführungsebene überlässt.

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In diesem Sinne erachtet der Bundesrat den Vorschlag der SPK-N in der Formulierung der Kommissionsminderheit als taugliche Grundlage für eine tragfähige und verhältnismässige Lösung der zur Diskussion stehenden Probleme und kann der Vorlage somit grundsätzlich zustimmen.

In drei Punkten nimmt der Bundesrat jedoch eine abweichende Haltung ein.

2.1

Geltungsbereich der Grundsätze

Während die Transparenzregeln (Reportingpflicht) für alle betroffenen Unternehmen gelten sollen, möchte der Bundesrat börsenkotierte Unternehmungen ­ gegenwärtig die Swisscom AG ­ vom Geltungsbereich der Grundsätze ausnehmen. Der Bundesrat nimmt damit Rücksicht auf jene Unternehmungen, die noch stärker als die übrigen Unternehmungen und Institutionen dem Markt und den Regeln des Wettbewerbs ausgesetzt sind.

Gestützt auf diese Erwägungen beantragt der Bundesrat folgende Änderungen: 1. Bundespersonalgesetz vom 24. März 2000 Art. 6a Abs. 7 7

... und die ihren Sitz in der Schweiz haben. Für börsenkotierte Unternehmungen gilt lediglich der Grundsatz nach Absatz 5.

2. Telekommunikationsunternehmungsgesetz vom 30. April 1997 Art. 9 Abs. 4 (neu) und Art. 16 Abs. 1 zweiter Satz (neu) Streichen.

Im übrigen weist der Bundesrat darauf hin, dass der Gesetzestext betreffend das Nationalbankgesetz mit der Vorlage für ein neues Nationalbankgesetz zu koordinieren sein wird.

2.2

Reporting

Der Bundesrat ist nach wie vor der Ansicht, dass eine Veröffentlichung der Individuallöhne und der individuellen Honorare einschliesslich der Nebenleistungen zu weit geht. Derart detaillierte Reportingstandards würden wichtige Elemente des Persönlichkeits- und des Datenschutzes verletzen und könnten auch zu Benachteiligungen für die Unternehmen auf dem Arbeitsmarkt führen. Eine Beschränkung der öffentlichen Zugänglichkeit auf die Beträge der maximal auszurichtenden Löhne bzw.

Honorare, einschliesslich der Nebenleistungen, erachtet der Bundesrat als genügend und angemessen. Dies schliesst eine detailliertere Berichterstattung zuhanden der parlamentarischen Aufsichtsgremien nicht aus.

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Gestützt auf diese Erwägungen beantragt der Bundesrat folgende Änderungen: 1. Bundespersonalgesetz vom 24. März 2000 Art. 6a Abs. 5 5

Die Beträge der maximal auszurichtenden Löhne bzw. Honorare (einschliesslich Nebenleistungen) der Personen nach Absatz 1 und die weiteren mit diesen Personen vereinbarten Vertragsbedingungen sind öffentlich zugänglich.

Art. 15 Abs. 6 (neu) 6

Die Beträge der maximal auszurichtenden Löhne (einschliesslich Nebenleistungen) der obersten Kader der Bundesverwaltung sowie die weiteren mit diesen Personen vereinbarten Vertragsbedingungen sind öffentlich zugänglich.

2.3

Ausgestaltung der Grundsätze

Die SPK-N schlägt vor, in den Grundsätzen auch Eckwerte für die maximal auszurichtenden Leistungen und über weitere Vertragsbedingungen festzulegen. Gedacht wird dabei offenbar an zahlenmässige Grenzwerte.

Der Bundesrat hat grundsätzliche gesetzgeberische Bedenken, einen derart unbestimmten Begriff in ein Gesetz aufzunehmen. Zudem sind objektive zahlenmässige Grenzwerte aufgrund der nur schwer herstellbaren und unter Umständen wenig aussagekräftigen Vergleichbarkeit schwierig festzulegen oder würden die erforderliche unternehmerische Flexibilität in unzulässiger Weise beschränken. Die Diskussion in der Kommission hat dies offenbar bestätigt und die Kommissionsminderheit nimmt diese Bedenken auf. Der Bundesrat ist jedoch bereit, in den Grundsätzen die Kriterien so festzulegen, dass eine nachvollziehbare, den politischen, sozialen und ökonomischen Rahmenbedingungen Rechnung tragende Entscheidfindung sichergestellt ist.

Gestützt auf diese Erwägungen beantragt der Bundesrat: 1. Bundespersonalgesetz vom 24. März 2000 Art. 6a Abs. 2 und 3 ...

Der Bundesrat unterstützt den Antrag der Kommissionsminderheit.

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