02.073 Botschaft über die Förderung der Einführung schwefelfreier Treibstoffe Änderung des Bundesgesetzes über den Umweltschutz (USG) vom 20. September 2002

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen mit der vorliegenden Botschaft den Entwurf über die Änderung des Bundesgesetzes über den Umweltschutz mit dem Antrag auf Zustimmung.

Gleichzeitig beantragen wir, folgenden parlamentarischen Vorstoss abzuschreiben: 2001

M 00.3462

Einführung schwefelfreier Treibstoffe (N 15.12.00, Weigelt; S 14.6.01).

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

20. September 2002

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Kaspar Villiger Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

6464

2002-1481

Übersicht Die vom Parlament überwiesene Motion Weigelt vom 27. September 2000 beauftragt den Bundesrat, die Voraussetzungen für eine flächendeckende Versorgung der Schweiz mit schwefelfreien Treibstoffen zu schaffen.

Die Gesetzesvorlage beabsichtigt, die Einführung von Treibstoffen mit einem Schwefelgehalt von 10 ppm oder weniger zu fördern. Auf Treibstoffe mit einem Schwefelgehalt von mehr als 10 ppm soll ab dem 1. Januar 2004 eine Lenkungsabgabe erhoben werden.

Neue Motorentechnologien und innovative Abgasnachbehandlungssysteme benötigen schwefelfreie Treibstoffe, um optimal zu funktionieren. Der mager betriebene Ottomotor mit Benzin-Direkteinspritzung ermöglicht eine Absenkung des Treibstoffverbrauchs gegenüber konventionellen Ottomotoren um bis zu 15 %. Dieses Konzept kann somit einen wertvollen Beitrag zur angestrebten Senkung der CO2Emissionen des Verkehrsbereichs leisten. Ausserdem ist bei Fahrzeugen mit Dieselmotor insbesondere eine weitere Verminderung der Partikelemissionen notwendig.

Schwefelfreie Treibstoffe schaffen optimale Rahmenbedingungen für den Einsatz sparsamer Motoren (Benzinmotoren) und innovativer Techniken zur Abgasnachbehandlung (Benzin- und Dieselmotoren).

Eine Lenkungsabgabe von wenigen Rappen pro Liter auf schwefelhaltige Treibstoffe dürfte ausreichen, um schwefelhaltigen Treibstoff vom Markt zu verdrängen.

Durch die Lenkungsabgabe entstehen daher kaum Mehreinnahmen. Allfällige Einnahmen aus der Übergangsphase werden an die Bevölkerung zurückerstattet. Die Absenkung des Treibstoffverbrauchs führt zu Mindereinnahmen bei der Mineralölsteuer. Die Abgabe wird im Rahmen des Mineralölsteuerverfahrens erhoben und kann mit den bestehenden personellen Ressourcen vollzogen werden. Für die Kantone und Gemeinden hat die Vorlage keine personellen oder finanziellen Auswirkungen.

In der Vernehmlassung ist die Vorlage auf sehr breite Zustimmung gestossen.

6465

Botschaft 1

Allgemeiner Teil

1.1

Ausgangslage und Begründung der Vorlage

Die vom Parlament überwiesene Motion Weigelt (00.3462) vom 27. September 2000 beauftragt den Bundesrat, die Voraussetzungen für eine flächendeckende Versorgung der Schweiz mit schwefelfreien Treibstoffen zu schaffen. Die Gesetzesvorlage beabsichtigt, die Einführung von Treibstoffen mit einem Schwefelgehalt von 10 ppm oder weniger zu fördern. Treibstoffe mit einem Schwefelgehalt von mehr als 10 ppm werden mit einer Lenkungsabgabe belastet.

Die Reduktion der CO2-Emissionen von Fahrzeugen ist eine grosse Herausforderung. Das CO2-Gesetz (SR 641.71) schreibt vor, dass die CO2-Emissionen aus dem Verkehr bis ins Jahr 2010 um 8 Prozent unter das Niveau von 1990 gesenkt werden müssen. Ausserdem ist bei Fahrzeugen mit Dieselmotor insbesondere eine weitere Verminderung der Partikelemissionen notwendig. Schwefelfreie Treibstoffe schaffen optimale Rahmenbedingungen für den Einsatz sparsamer Motoren (Benzinmotoren) und innovativer Techniken zur Abgasnachbehandlung (Benzin- und Dieselmotoren).

Im Folgenden gelten als «schwefelfreie Treibstoffe» Benzin und Dieselöl mit einem Schwefelgehalt von 10 ppm1 oder weniger.

In der Schweiz ist der Schwefelgehalt von Treibstoffen in der LuftreinhalteVerordnung (LRV, SR 814.318.142.1) geregelt. Mit der LRV-Änderung vom 25. August 1999 wurden die Anforderungen an Benzine und Dieselöle auf die Richtlinie 98/70/EG abgestimmt. Der maximal zulässige Schwefelgehalt wurde für Dieselöl auf 350 ppm und für Benzin auf 150 ppm festgesetzt. Ab dem Jahr 2005 gilt im Einklang mit der EU für beide Treibstoffe ein Höchstwert von 50 ppm.

Tabelle 1 Übersicht über Schwefelgehalte der Treibstoffe Treibstoff

Heutiger Grenzwert

Grenzwert 2005

Zielwert Förderung

Benzin Dieselöl

150 ppm 350 ppm

50 ppm 50 ppm

10 ppm 10 ppm

Europaweit wird die Einführung von Treibstoffen mit einem Schwefelgehalt von höchstens 10 ppm diskutiert. Zahlreiche OECD Länder haben fiskalische Massnahmen zur Förderung der Einführung schwefelfreier Treibstoffe angekündigt oder bereits realisiert.

Eine LRV-Änderung zur Herabsetzung des Schwefelgehaltes auf 10 ppm kommt ohne Abstimmung mit der EU aus handelspolitischen Gründen nicht in Frage. Die Erfahrungen mit der Lenkungsabgabe auf Heizöl «Extraleicht» zeigen, dass das Instrument der Lenkungsabgabe wirksam ist.

1

ppm = parts per million, 10 ppm entsprechen 0,001% (Massenprozent)

6466

1.2

Ziel der Lenkungsabgabe

Mit der Lenkungsabgabe soll ein flächendeckendes Angebot von schwefelfreien Treibstoffen geschaffen werden. Dadurch werden der Treibstoffverbrauch und die CO2-Emissionen sowie die Umweltbelastung mit anderen Schadstoffen reduziert.

Die vollständige Umstellung des Marktes auf schwefelfreie Treibstoffe soll so rasch als möglich erfolgen.

Die Einführung schwefelfreier Treibstoffe ist notwendig, um Innovationen in der Motorentechnik zum Durchbruch zu verhelfen. Dies gilt für technische Konzepte zur Senkung des Benzinverbrauchs sowie für Technologien zur Reduktion des Schadstoffausstosses.

a.

Die neuen Benzinmotoren mit Direkteinspritzung weisen in diese Richtung, setzen aber im Magerbetrieb bei Teillast einen DeNOx-Katalysator voraus.

Dieser wiederum funktioniert bei der heute in der Schweiz angebotenen Benzinqualität nur ungenügend.

b.

Auch Dieselfahrzeuge sind mit der in der Schweiz bereitgestellten Treibstoffqualität nicht optimal bedient, da der zu hohe Schwefelgehalt bei der Abgasnachbehandlung Probleme in den Partikel- und Russfiltern verursacht.

Zudem können die neuen strengeren Emissionsgrenzwerte der EU (Euro IV und V) zum Teil nur mit dem Einsatz moderner Technologien wie beispielsweise Partikelfilter eingehalten werden.

Schwefelfreie Treibstoffe tragen somit zu einer Reduktion des Treibstoffverbrauchs und der Abgasemissionen bei.

1.3

Ausgestaltung der Abgabe und Vollzug

1.3.1

Höhe des Abgabesatzes

Durch die Entschwefelung entstehen Mehrkosten in der Produktion. Der Abgabesatz muss mindestens diesen Mehrkosten entsprechen, damit die Lenkungswirkung eintritt. Um die Versorgung der Südschweiz sicherzustellen, ist zusätzlich ein Transportdifferenzial im Abgabesatz zu integrieren. Die Abgabenhöhe wird voraussichtlich für Benzin 2­4 Rappen pro Liter und für Dieselöl 4­5 Rappen pro Liter betragen. Der Höchstabgabesatz von 5 Rappen zuzüglich Teuerung wurde auf Grund vorliegender Schätzungen und Studien der EU und Deutschlands zu den Mehrkosten der Entschwefelung festgelegt. Die Erfahrungen anderer Länder, die bereits entsprechende Abgaben eingeführt haben, wurden einbezogen. Der Bundesrat kann die Abgabesätze für Benzin und Dieselöl unterschiedlich festlegen. Viel versprechende Technologien ­ insbesondere zur Entschwefelung von Benzin ­ lassen erwarten, dass die Mehrkosten in Zukunft eher tiefer als heute geschätzt ausfallen werden.

Dies würde bedeuten, dass der im Gesetzesentwurf erwähnte Höchstsatz nicht voll ausgenutzt werden muss.

6467

1.3.2

Zeitpunkt der Einführung

Ein flächendeckendes Angebot an schwefelfreiem Benzin fördert und beschleunigt die Umstellung des Fahrzeugmarktes auf Fahrzeuge mit verbrauchs- und emissionsarmen Technologien, da schwefelfreier Treibstoff die Voraussetzung für deren optimalen Betrieb ist. Auch wenn es noch einige Jahre dauern wird, bis ein Grossteil der in Verkehr gesetzten Fahrzeuge mit verbrauchseffizienten Technologien ausgerüstet sein wird, ist es sinnvoll, das Lenkungsziel frühzeitig anzusteuern. Die zusätzlichen CO2-Emissionen, verursacht durch den Energiemehrverbrauch der Raffinerien für die Entschwefelung, werden auf jeden Fall geringer sein als die CO2-Reduktion infolge des Einsatzes neuer Technologien. Gemessen an den gesamten CO2-Emissionen des Verkehrs betragen die zusätzlichen Emissionen der Raffinerien lediglich 0,14 Prozent2.

Technisch gesehen ist die Produktion von schwefelfreiem Dieselöl und Benzin bereits heute möglich. Ab 2004 wird die flächendeckende Einführung schwefelfreier Treibstoffe voraussichtlich möglich sein. Spätestens erforderlich ist die Einführung schwefelfreier Treibstoffe ab Mitte 2004. Dann kommen serienmässig die ersten Fahrzeuge mit den bereits erwähnten neuen Technologien auf den Markt. Die ab 2005 gültigen Euro-IV-Emissionsgrenzwerte können zum Teil nur unter Anwendung dieser Technologien eingehalten werden, die aber nur mit schwefelfreien Treibstoffen optimal funktionieren.

1.3.3

Verfügbarkeit

Die inländischen Raffinerien sind ab ca. Mitte 2003 in der Lage, ihre Produktion vollständig auf die geforderten Qualitäten umzustellen. Bereits im Jahr 2000 wurde in der Schweiz hauptsächlich schwefelfreies Benzin produziert. Ca. 2/3 des Treibstoffbedarfs der Schweiz wird aus dem Ausland importiert, hauptsächlich aus Deutschland, Frankreich, Holland und Belgien. Die deutschen Raffinerien werden per 1. Januar 2004 in der Lage sein, den Schweizer Markt mit der geforderten Qualität zu beliefern, da in Deutschland schwefelfreie Treibstoffe bereits ab Anfang 2003 gefördert werden. Über die Kapazitäten der Raffinerien in Frankreich und Italien zur Herstellung schwefelfreier Treibstoffe liegen keine genaueren Informationen vor. Die Umstellung der Produktion der Raffinerien in Europa ist eine Frage der Zeit und der eingeführten Anreize.

1.4

Einführung über das Bundesgesetz über den Umweltschutz (USG)

Die Einführung der Lenkungsabgabe über das USG bietet sich aus verschiedenen Gründen an: ­

2

Es handelt sich bei der Einführung schwefelfreier Treibstoffe um eine reine Umweltschutzmassnahme.

«Erläuterung zum Memorandum der Bundesrepublik Deutschland zur Fortschreibung der EU-Kraftstoffrichtlinie 98/70 bzgl. des Schwefelgehaltes von Kraftstoffen» (http://www.bmu.de/sachthemen/luft/erklaerung_memorandum.htm)

6468

­

Die Lenkungsabgabe mit Rückerstattung an die Bevölkerung garantiert Aufkommensneutralität.

­

Für die Pflicht- und Handelslager ergeben sich keine besonderen Probleme, da die Lenkungsabgabe an der Grenze bzw. beim Verlassen der inländischen Raffinerien erhoben wird. Dadurch kann die im Inland zum Zeitpunkt der Einführung der Abgabe lagernde Ware ohne Wertverlust abgesetzt werden, da bereits bestehende Lager nicht mit der Abgabe belastet werden.

­

Die Vermischung von schwefelhaltigen und schwefelfreien Treibstoffen ist ebenfalls unproblematisch, da zu diesem Zeitpunkt die Abgabe auf schwefelhaltige Treibstoffe bereits bezahlt wurde.

Die Einführung der Massnahme mit einer Differenzierung der Steuersätze im Mineralölsteuergesetz ist nicht sinnvoll, da der Markt voraussichtlich rasch umstellen wird und ­ anders als bei der Förderung des bleifreien Benzins ­ keine Notwendigkeit für eine schrittweise Umstellung der Treibstoffqualitäten besteht. Die bereits in Verkehr gesetzten Fahrzeuge können alle problemlos schwefelfreie Treibstoffe verwenden. Ausserdem würden bestehende Lager durch die Einführung der differenzierten Steuersätze ebenfalls mit der Abgabe belastet und dadurch einen Wertverlust erleiden, da die Abgabe nicht voll überwälzt werden kann.

Eine Lenkungsabgabe von wenigen Rappen pro Liter auf schwefelhaltige Treibstoffe dürfte ausreichen, um die Mehrkosten der Entschwefelung auszugleichen und schwefelhaltigen Treibstoff vom Markt zu verdrängen. Durch die Lenkungsabgabe entstehen kaum Mehreinnahmen, da der Markt vollständig auf schwefelfreie Treibstoffe umstellen wird. Die Frage der Akkumulation von Abgaben im Klima- und Energiebereich stellt sich somit nicht. Allfällige Einnahmen aus der Übergangsphase werden an die Bevölkerung zurückerstattet.

Die Vertreter der Verkehrsverbände machen auf die zusätzlichen MWSt-Einnahmen aufmerksam, die durch die Einführung der Lenkungsabgabe bzw. durch höhere Produktionskosten der schwefelfreien Treibstoffe entstehen. Sie schlagen vor, mindestens einen Teil dieser Einnahmen für eine Informationskampagne zu verwenden, die über die Vorteile der schwefelfreien Treibstoffe und über den Nutzen eines umweltbewussten Kaufverhaltens aufklärt. Eine Zweckbindung eines Teils der erwähnten Mittel muss allerdings aus finanzpolitischen Gründen abgelehnt werden.

1.5

Stand in Europa

Die EU schreibt in der Richtlinie 98/70/EG ab dem Jahr 2005 einen Schwefelgehalt für Dieselöl und Benzin von höchstens 50 ppm vor. Die EU-Kommission möchte die Mitgliedsländer bereits per 1. Januar 2005 verpflichten, für ein Treibstoffangebot mit einem maximalen Schwefelgehalt von 10 ppm zu sorgen. Dies steht im Einklang mit dem Inkrafttreten der neuen Euro-IV-Grenzwerte für Kraftfahrzeugemissionen und der Tatsache, dass einige neue Kraftfahrzeugtechnologien ohne die Verwendung schwefelfreier Treibstoffe diese Grenzwerte nicht einhalten können.

Ab 2009 dürfte die schwefelfreie Qualität in der EU verbindlich vorgeschrieben sein.

Schwefelarme und -freie Treibstoffe werden in Schweden, Grossbritannien, Deutschland, Finnland und Dänemark gefördert. Diese Länder haben erkannt, dass schwefelfreie Treibstoffe bei einer ganzheitlichen Betrachtung wesentlich mehr 6469

Vorteile als Nachteile aufweisen. In Deutschland wird seit dem 1. November 2001 auf Treibstoffen mit über 50 ppm ein Zuschlag von 1,53 Cent pro Liter erhoben. Ab dem 1. Januar 2003 wird mit dem gleichen Satz die 10-ppm-Qualität gefördert. In Schweden ist dank fiskalischer Massnahmen bereits heute nur noch Dieselöl mit maximal 10 ppm auf dem Markt.

Italien und Frankreich haben zurzeit noch keine Massnahmen zur Förderung schwefelfreier Treibstoffe getroffen.

1.6

Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens

Der vorliegende Gesetzesentwurf wurde im Rahmen einer Arbeitsgruppe erarbeitet.

Die Arbeitsgruppe mit Vertretern der Automobil-Importeure, der Erdölbranche und der Verkehrsverbände sowie der Oberzolldirektion, des Bundesamtes für Energie, des Bundesamtes für wirtschaftliche Landesversorgung und des Bundesamtes für Umwelt, Wald und Landschaft einigte sich über die Ausgestaltung und das rechtliche Instrument zur Einführung der Massnahme.

Die Vorlage ist in der Vernehmlassung auf sehr breite Zustimmung gestossen. Die Förderung der schwefelfreien Treibstoffe wird als effiziente und wirksame Massnahme zur Luftreinhaltung und für den Klimaschutz im Hinblick auf die Erfüllung der CO2-Reduktionsziele beurteilt. Das Ziel sowie das Instrument der Lenkungsabgabe sind unbestritten. Verschiedene Vernehmlasser beantragen, die Lenkungsabgabe auf einen früheren Termin (1. Januar 2003) einzuführen. Einzig drei Vernehmlasser (Liberale Partei der Schweiz, centre patronal, Fédération Romande des Syndicats Patronaux) sind mit dem Instrument der Lenkungsabgabe nicht einverstanden. Sie schlagen an ihrer Stelle eine steuerliche Erleichterung für schwefelfreie Treibstoffe vor.

2

Besonderer Teil

2.1

Erläuterungen zu den Änderungen des USG

Das USG wird gemäss beiliegendem Entwurf geändert. Die Abgabe wird nach den Vorschriften des Mineralölsteuergesetzes erhoben. Sie stellt zudem eine umweltpolitische Massnahme nach Artikel 3 Absatz 1 des CO2-Gesetzes dar, die zur Reduktion der CO2-Emissionen beiträgt.

Die Erfahrungen mit der Lenkungsabgabe auf Heizöl «Extraleicht» zeigen, dass das Instrument der Lenkungsabgabe wirksam ist und im Vollzug keine besonderen Probleme auftreten. Zur Kontrolle des Schwefelgehaltes der Treibstoffe sollten im Bereich der Analyse- und Messtechnik international gültige Normen Anwendung finden.

Die Abgabe wird nur auf Benzin und Dieselöl erhoben, die einen Schwefelgehalt von mehr als 10 ppm aufweisen. Benzin und Dieselöl mit tieferem Schwefelgehalt unterliegen nicht der Abgabe.

6470

Artikel 35bbis Absatz 5 Buchstabe c verlangt die Berücksichtigung der Mehrkosten der Versorgung sämtlicher Landesteile mit schwefelfreien Treibstoffen. Insbesondere für die Südschweiz soll so das Angebot an schwefelfreien Treibstoffen gesichert werden.

2.2

Referendum und Inkrafttreten

Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten des Gesetzes und den Zeitpunkt der erstmaligen Erhebung der Lenkungsabgabe. Vorgesehen ist die Einführung der Abgabe per 1. Januar 2004. Die Gesetzesänderung untersteht dem fakultativen Referendum.

3

Auswirkungen

3.1

Finanzielle und personelle Auswirkungen

Die Abgabe ist aufkommensneutral, da die Einnahmen aus der Lenkungsabgabe an die Bevölkerung rückerstattet werden. Die Rückerstattung an die Bevölkerung verursacht keine zusätzlichen Kosten, da die bereits existierenden Kanäle genutzt werden können. Wie bei der VOC- und der Heizöl-«Extraleicht»-Lenkungsabgabe werden die Einnahmen über den administrativen Kanal der Krankenkassen gleichmässig an die Bevölkerung verteilt.

Werden die Mehrkosten der Entschwefelung auf die Treibstoffpreise überwälzt, so wirkt sich dies auf die MWSt-Einnahmen aus. Wie hoch diese zusätzlichen MWStEinnahmen sein werden, lässt sich zum heutigen Zeitpunkt schwer abschätzen, da die Höhe der effektiven Mehrkosten der Entschwefelung von verschiedenen Faktoren wie z. B. der Entwicklung neuer Entschwefelungstechnologien abhängt (vgl.

Abschnitt 3.3). Wenn der ganze Markt auf schwefelfreie Treibstoffe umstellt, fallen zudem die heutigen Mehrkosten für Logistik weg, die derzeit noch durch die Position der schwefelfreien Treibstoffe als Nischenprodukt entstehen.

Schwefelfreie Treibstoffe ermöglichen bei neuen Benzinmotoren eine Senkung des Benzinverbrauchs um bis zu 15 Prozent und unterstützen das Ziel, den durchschnittlichen Verbrauch der Neuwagenflotte deutlich zu senken (vgl. Ziff. 3.2.3).

Bei einer Erneuerung der Fahrzeugflotte innert 10 Jahren ergäbe eine Absenkung des Verbrauchs um 5 bis 15 Prozent Mindereinnahmen bei der Mineralölsteuer von 18 bis 55 Mio. Franken pro Jahr.

Die Abgabe kann ohne wesentlichen administrativen Mehraufwand im Rahmen des Mineralölsteuerverfahrens erhoben werden. Für den Bund bedeutet dies, dass die Lenkungsabgabe mit den bestehenden personellen Ressourcen vollziehbar ist.

Für die Kantone und Gemeinden entstehen durch die Einführung der Lenkungsabgabe weder personelle noch finanzielle Belastungen.

6471

3.2

Auswirkungen auf die Umwelt

3.2.1

Überblick

Durch den Einsatz schwefelfreier Treibstoffe reduzieren sich der Treibstoffverbrauch und die CO2-Emissionen sowie die Umweltbelastung durch NOx- und Partikelemissionen. Es muss unterschieden werden zwischen den Auswirkungen mit der heutigen Fahrzeugflotte und den Auswirkungen mit den zukünftigen Fahrzeugen mit neuen Motorentechniken und fortschrittlichen Abgasnachbehandlungssystemen.

3.2.2

Bestehende Fahrzeugflotte

Eine Studie des ADAC3 untersucht einzelne bereits in Verkehr gesetzte Personenwagen mit Benzin- und Dieselmotoren unter Verwendung von Treibstoffen mit unterschiedlichem Schwefelgehalt. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass die Reduktion des Schwefelgehaltes auf 10 ppm einen signifikant positiven Einfluss auf die Stickoxid(NOx)-, die Kohlenwasserstoff(HC)- und die Partikelemissionen der bestehenden Fahrzeugflotte hat: ­

Bei den bestehenden Ottomotoren erhöht schwefelfreies Benzin die Wirksamkeit der eingesetzten Katalysatoren. Mit schwefelfreiem Benzin regenerieren sich diese Katalysatoren besser, so dass die NOx- und HC-Emissionen um 13 bis 20 Prozent zurückgehen.

­

Bei den heutigen Dieselmotoren reduziert die Verwendung eines schwefelfreien Treibstoffes die Masse und die Anzahl der Partikelemissionen um durchschnittlich 7 Prozent. Davon profitiert auch der Offroad-Sektor, der mit einem Drittel des Dieselverbrauchs einen bedeutenden Teil der Partikelemissionen verursacht.

3.2.3

Neue Motorentechnologien

Durch die Einführung der Euro-IV-Vorschriften ab 2005 werden die heute geltenden Euro-III-Grenzwerte für die leichten Motorwagen etwa halbiert. Bei den schweren Motorwagen werden mit der Euro-V-Stufe ab 2008 die NOx- und PartikelGrenzwerte gar um 60 bzw. 80 Prozent herabgesetzt. Damit die gesetzten Ziele bezüglich Luftschadstoff- und CO2-Emissionen gleichzeitig und effizient erreicht werden können, ist der Einsatz neuer Motorentechnologien und Abgasnachbehandlungssysteme notwendig. Diese wiederum funktionieren jedoch nur optimal, wenn sie mit schwefelfreien Treibstoffen betrieben werden.4 ­

3 4

Der mager betriebene Ottomotor mit Benzin-Direkteinspritzung ermöglicht eine Absenkung des Kraftstoffverbrauchs gegenüber konventionellen Ottomotoren um bis zu 15 Prozent. Dieses Konzept kann somit einen wertvollen «Test report. Study on the influence of fuel sulphur content on exhaust emissions and fuel consumption of current and advanced engine concepts»; ADAC; March 2001 «Erläuterung zum Memorandum der Bundesrepublik Deutschland zur Fortschreibung der EU-Kraftstoffrichtlinie 98/70 bzgl. des Schwefelgehaltes von Kraftstoffen» sowie: «Quality of petrol and diesel fuel in the EU (further development of Directive 98/70/EC); Comments by Germany»

6472

Beitrag zur angestrebten Senkung der CO2-Emissionen des Verkehrsbereichs leisten. Zur Erfüllung der zukünftigen strengen Emissionsgrenzwerte ist der Einsatz von NOx-Speicherkatalysatoren erforderlich. Bereits geringe Schwefelkonzentrationen im Treibstoff führen zu einer Verschlechterung der Speicherfähigkeit dieses Katalysators und machen kürzere Regenerationsintervalle notwendig, was mit einem Anstieg des Treibstoffverbrauchs einhergeht. Eine Absenkung des Treibstoffschwefelgehalts von 50 ppm auf 10 ppm verringert die Häufigkeit der verbrauchserhöhenden Regenerationsintervalle um den Faktor 10. Darüber hinaus erhöht sich bei Drei-WegeKatalysatoren die Langzeitstabilität.5 ­

Beim Dieselmotor erschweren die niedrigen Abgastemperaturen die Verwendung der auf Grund des Gesundheitsschutzes erforderlichen Abgasnachbehandlungssysteme. Es zeigt sich, dass ein Schwefelgehalt von 10 ppm gegenüber 50 ppm die Leistungsfähigkeit und Dauerhaftigkeit der Abgasnachbehandlungssysteme steigert und dadurch den Treibstoffverbrauch senkt. Hinzu kommen niedrigere Partikelemissionen (durch geringere Sulphatemissionen) beim Oxidationskatalysator. Für bestimmte kontinuierlich regenerierende Partikelfilter ist ein Schwefelgehalt des Treibstoffs von 10 ppm bereits deshalb erforderlich, weil allein die Sulphatpartikel (ohne jeglichen Russ) den künftigen Partikelgrenzwert von 0,02 g/kWh überschreiten. Mit schwefelfreiem Dieselöl wird es der Automobilindustrie ermöglicht, effiziente und preiswerte Partikelfilter und DeNOx-Katalysatoren für Dieselmotoren einzusetzen. Moderne Partikelfilter sind in der Lage, den Ausstoss von Russpartikeln, die als krebserzeugend gelten, um über 95 Prozent zu reduzieren.

Bei neuen Fahrzeugen helfen schwefelfreie Treibstoffe nicht nur mit, die Emissionen von Luftschadstoffen zu senken, sondern auch den Verbrauch und die CO2-Emissionen. Damit leisten schwefelfreie Treibstoffe einen wichtigen Beitrag zur Erfüllung des Verbrauchs-Zielwertes für verkaufte Neuwagen und zur Senkung der CO2-Emissionen gemäss CO2-Gesetz. Gemäss Vereinbarung zwischen der Vereinigung Schweizer Automobil-Importeure und dem UVEK soll der durchschnittliche Verbrauch der Neuwagen von 8,4 Liter pro 100 km im Jahr 2000 auf 6,4 Liter im Jahr 2008 gesenkt werden.

3.2.4

Auswirkungen bei den Raffinerien

Die Entschwefelung auf 10 ppm oder weniger führt nach heutigen Erkenntnissen in den Raffinerien zu ca. 3­4 Prozent Mehremissionen an CO2 (im Vergleich zur Entschwefelung auf den ab 2005 gültigen Grenzwert von 50 ppm). Bezogen auf die CO2-Emissionen der Treibstoffe nach motorischer Verbrennung betragen die Mehremissionen in den Raffinerien für die Entschwefelung weniger als 1 Prozent.6 Die Zunahme der CO2-Emissionen in den Raffinerien wird jedoch durch die Treibstoffeinsparungen bei den modernen, verbrauchsärmeren Fahrzeugen überkompensiert.

5 6

«Memorandum der Bundesrepublik Deutschland zur Fortschreibung der EU-Kraftstoffrichtlinie 98/70» Kommentar Deutschlands zum Bericht der Europäischen Kommission: «Consultation on the Need to Reduce the Sulphur Content of Petrol and Diesel Fuels Below 50ppm; A Policy Makers Summary»

6473

3.3

Volkswirtschaftliche Auswirkungen

Es ist davon auszugehen, dass die Raffinerien ihre Mehrkosten zur Entschwefelung auf die Kunden überwälzen werden. Die zusätzlichen Kosten der Entschwefelung sind von verschiedenen Faktoren wie z.B. der Entwicklung neuer Entschwefelungstechnologien abhängig.

Der geschätzte Aufpreis, der durch die Mehrkosten zur Entschwefelung entsteht, bewegt sich in der Bandbreite von 1­3 Rappen pro Liter für Benzin und 2­4 Rappen pro Liter für Diesel.

Ausgehend von diesen Schätzungen ergeben sich bei einem Treibstoffverbrauch in der Schweiz von 1565 Millionen Liter Dieselöl und 5353 Millionen Liter Benzin (Jahr 2000) Mehrkosten in der Höhe von 84 bis 223 Millionen Franken.

Diesen Kosten stehen der Umweltnutzen und die Kosteneinsparungen durch den Einsatz sparsamer Motoren gegenüber. Auf die Umwelt wirkt sich die neue Treibstoffqualität unmittelbar positiv aus (vgl. Kapitel 3.2). Einsparungen an Treibstoff durch Einsatz effizienter Technologien machen die Mehrkosten der Entschwefelung rasch wett. Wird 1 Prozent der mit Benzin betriebenen Fahrzeuge durch Fahrzeuge mit energieeffizienten Technologien ersetzt, so bewirkt dies eine Treibstoffeinsparung von rund acht Millionen Litern Benzin. Die geschätzten Mehrkosten werden also bereits durch einen Anteil von 9 bis 20 Prozent energieeffizienter Fahrzeuge wieder ausgeglichen.

Um die ab 2005 geltenden Euro-IV-Vorschriften der EU einhalten zu können, muss die Automobilindustrie ihre Fahrzeuge ab 2004 anpassen. Daher ist mit einer raschen Verbreitung der modernen Technologien zu rechnen, und die Einsparungen werden die Kosten übersteigen. Der vermehrte Einsatz der effizienteren Dieselmotoren trägt ebenfalls zu Verbrauchsreduktionen und damit zu Kosteneinsparungen bei.

Die bedeutende Reduktion der Umweltbelastung und die Einsparungen beim Treibstoffverbrauch bewirken insgesamt einen grossen volkswirtschaftlichen Nettonutzen.

4

Legislaturplanung

Die Vorlage ist in der Legislaturplanung 1999­2003 nicht angekündigt. Die Motion Weigelt wurde am 27. September 2000 eingereicht und von den Räten überwiesen.

Der optimale Zeitpunkt für die erstmalige Erhebung der Abgabe ist der 1. Januar 2004, weshalb mit der Vorlage nicht zugewartet werden kann.

5

Rechtliche Aspekte

5.1

Verfassungsmässigkeit

Der Entwurf stützt sich auf Artikel 74 BV (Umweltschutzartikel). Dieser ermächtigt den Bund, Vorschriften zu erlassen über den Schutz des Menschen und seiner natürlichen Umwelt gegen schädliche und lästige Einwirkungen. Gestützt auf diesen Artikel kann der Bund alle verhältnismässigen Massnahmen zur Erreichung des verfassungsmässigen Ziels treffen. Dazu gehört auch die Reduktion des Schwefelgehaltes auf Treibstoffen mittels Einführung einer Lenkungsabgabe.

6474

5.2

Verhältnis zum europäischen Recht

Die Vorlage steht in Einklang mit dem europäischen Recht. Verschiedene EUStaaten haben bereits finanzielle Anreize zur Einführung von schwefelfreiem Treibstoff in Kraft gesetzt. Weiter liegt ein Vorschlag für eine Richtlinie der Europäischen Kommission vor (KOM [2001] 241 endgültig), welche die Mitgliedstaaten verpflichtet, für ein Angebot an schwefelfreiem Benzin und Diesel zu sorgen. Laut dem Vorschlag soll ausserdem ab dem 1. Januar 2009 der Handel mit nicht entschwefelten Treibstoffen verboten werden.

5.3

Delegation von Rechtssetzungsbefugnissen

Der Entwurf enthält verschiedene Delegationsnormen zum Erlass von Verordnungsrecht. Der Bundesrat als Verordnungsgeber darf damit innerhalb der vom Gesetz vorgegebenen Grenzen gesetzesergänzendes Verordnungsrecht erlassen. Verfassungsrechtlich müssen sich Delegationsermächtigungen auf einen bestimmten Regelungsgegenstand beschränken, dürfen also nicht unbegrenzt sein. Die Rechtsetzungsermächtigungen des Entwurfs sind deshalb auf einen bestimmten Regelungsgegenstand beschränkt und nach Inhalt, Zweck und Ausmass hinreichend konkretisiert. Die dem Bundesrat eingeräumte Verordnungskompetenz wird dem Bestimmtheitsgrundsatz gerecht und ist damit verfassungsrechtlich ausreichend umrissen.

6475