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Botschaft dee

Bundesrates an die Bundesversammlung über den Entwurf eines Bundesgesetzes zum Schutz des Zeichens und des Namens der Weltgesundheitsorganisation (Vom 14. September 1958)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen den Entwurf eines Bundesgesetzes zum Schutz des Zeichens und des Namens der Weltgesundheitsorganisation mit folgender Botschaft vorzulegen.

I.

Die Schweiz ist seit dem Beginn Mitglied der Weltgesundheitsorganisation (WGO), deren Verfassung von den eidgenössischen Bäten mit Bundesbeschluss vom 19. Dezember 1946 (AS 1948, S. 1013) genehmigt worden ist.

Am 17. Juli 1948 wurde an der ersten Weltgesundheitsversanunlung unter Mitwirkung der Schweiz eine Resolution einstimmig angenommen, welche das Zeichen der Organisation, gebildet aus dem durch den goldenen Äskulapstab senkrecht geteilten Zeichen der Vereinigten Nationen, festlegte und zum Schutz dieses Zeichens folgendes bestimmte: a. Es sollten alle geeigneten Massnahmen ergriffen werden, um jede vom Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation nicht bewilligte Benützung des Zeichens, des Siegels und des Namens der Weltgesundheitsorganisation sowie der aus den Anfangsbuchstaben bestehenden Abkürzung des Namens, insbesondere zu geschäftlichen Zwecken in der Form von Fabrik- und Handelsmarken, zu verhindern; b. dieser Schutz sollte' sobald als möglich, spätestens aber binnen einer Frist von 2 Jahren seit der Annahme dieser Resolution durch die Geaundheitsversammlung wirksam werden; c. bis zum Inkrafttreten dieser Massnahmen sollte jedes Mitglied der Weltgesundheitsorganisation das Nötige vorkehren, um jede durch den Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation nicht bewilligte Benützung des Zeichens, des Namens oder der Anfangsbuchstaben der Weltgesundheitsorganisation, namentlich zu geschäftlichen Zwecken in der Form von Fabrik- und Handelsmarken, zu verhindern.

126 Durch den vorliegenden Gesetzesentwurf soll die mit der Zustimmung zu dieser ^Resolution von der Schweiz übernommene Verpflichtung erfüllt werden.

Unser Land hat insofern noch einen besonderen Grund, den von der Weltgesundheitsorganisation verlangten Schutz zu gewähren, als diese Organisation ihren Sitz in der Schweiz hat.

Nach der unter ht. fc oben aufgeführten Empfehlung hätten die Schutzvorschriften schon im Juli 1950 wirksam werden sollen. Mit Bücksicht darauf, dass der von der Weltgesundheitsorganisation verlangte Schutz in der Schweiz wenigstens in einem gewissen Ausmass schon durch Vorschriften des Zivilgesetzbuches über den Schutz der Persönlichkeit (Art. 28 und 29) vorhanden war, glaubten wir es verantworten zu können, mit der Vorlage dieses Entwurfes noch zuzuwarten, bis Ihnen gleichzeitig auch noch ein weiterer Gesetzesentwurf über eine verwandte Materie unterbreitet werden konnte. Es betrifft dies die Bevision des Bundesgesetzes vom 14. April 1910 betreffend den Schutz des Zeichens und des Namens des Boten Kreuzes, welche nach der von der Schweiz beschlossenen Batifikation der am 12. August 1949 revidierten Genfer Konvention zum Schutz der Kriegsopfer notwendig wurde. Wie wir in der Botschaft zum vorgenannten Gesetzesentwurf ausführen, haben beide Gesetzesentwürfe zum Ziel, zu verhindern, dass Dritte das Zeichen und den Namen einer internationalen Organisation zu privaten Zwecken missbrauchen. Wir haben dort auch die Frage geprüft, ob es sich nicht gesetzgebungstechnisch empfehlen würde, beide Entwürfe zu vereinigen zu einem einzigen Entwurf, und sind dazu gekommen, diese Lösung abzulehnen und zwei selbständige Gesetze vorzusehen. Für die Begründung verweisen wir auf die betreffende Botschaft (BEI 1953, III, 109).

II.

Die einzelnen Bestimmungen dieses Entwurfes geben zu folgenden Bemerkungen Anlass: Zu ArtiM, 1: Nach lit. a der massgebenden Eesolution der Weltgesundheitsorganisation (vgl. Ziff. I oben) wird das Becht des Generaldirektors der Weltgesundheitsorganisation vorbehalten, Bewilligungen für die Benützung des geschützten Zeichens und Namens zu erteilen; man wird davon ausgehen können, eine solche Bewilligung werde nur den Organen der Weltgesundheitsorganisation oder bestimmten, mit der Weltgesundheitsorganisation in Verbindung stehenden Organisationen oder Personen
erteilt werden.

Zu Artikel 2: Ein Verbot, die Anfangsbuchstaben des Namens der Weltgesundheitsorganisation in irgendeiner beliebigen Sprache zu benützen, kommt nicht in Frage ; es muss sich beschränken auf die Verwendung der Anfangsbuchstaben des Namens in den drei schweizerischen Amtssprachen und, einem Wunsch der Weltgesundheitsorganisation entsprechend, in der englischen Sprache. Mit Bezug auf den ausgeschriebenen Namen der Weltgesundheitsorganisation ist dagegen diese Einschränkung nicht vorgesehen. Die Organisation hat ein Interesse daran, dass der unerlaubte Gebrauch ihres Namens in der

127 Schweiz verfolgt werden kann, auch wenn er in einer andern Sprache erscheint ; z. B. dann, wenn dieser Name in einer fremden Sprache in der Schweiz auf für den Export bestimmten Waren angebracht wird.

Zu Artikel 3: Die schweizerische Gesetzgebung schliesst heute schon Fabrikund Handelsmarken sowie gewerbliche Muster oder Modelle, welche den Vorschriften der Bundesgesetzgebuhg widersprechen, von der Hinterlegung aus (vgl. Art. 14, Abs. l, Ziff. 2, des Markenschutzgesetzes und Art. 17, Abs. 2, des Musterschutzgesetzes). Der vorgeschlagene Artikel 3 wäre daher nicht unbedingt notwendig. Die Aufnahme dieser Bestimmung in den Entwurf wurde jedoch als zweckmässig erachtet, namentlich um dem Leser des Gesetzes zu ermöglichen, sich an Hand des Gesetzes selbst vollständig über die Tragweite des Verbotes zu informieren.

Zu Artikel 4: Grundsätzlich sollen wohlerworbene Eechte beim Inkrafttreten eines neuen Gesetzes gewahrt bleiben. Wenn jedoch die Schweiz ihre Verpflichtungen gegenüber der Weltgesundheitsorganisation erfüllen will, so wird sie den Weiterbestand solcher Eechte nur dann zulassen können, wenn damit kein Nachteil für die Weltgesundheitsorganisation verbunden ist; das wäre z. B. der Fall, wenn das Zeichen oder die Benennung auf einem Gebiet verwendet würde, das keinerlei Berührung mit dem Tätigkeitsfeld der Weltgesundheitsorganisation hat.

Anderseits sollen Bechte Dritter dann nicht mehr respektiert werden, wenn die Zeichen erst nach dem 17. Juli 1948 benützt worden sind, d. h. nach dem Tag, an welchem die Schweiz der oben wiedergegebenen Resolution zugestimmt hat. Man wird die Vermutung aufstellen dürfen, dass von diesem Tag an das Zeichen und der Name der Weltgesundheitsorganisation allgemein bekannt waren, so dass von diesem Tag Dritte das Eecht der Organisation auf ausschliessliche Benützung dieser Zeichen anerkennen mussten.

Zu Artikel 5: Nicht nur der Gebrauch der geschützten Zeichen selbst, sondern auch jedes mit denselben verwechselbaren Zeichens soll verboten sein.

Durch diese Eegelung werden Dritte indessen nicht daran gehindert, einzelne Bestandteile des geschützten Zeichens für sich allein wie bisher zu gebrauchen.

So ist z. B. das Motiv der Schlange, mit oder ohne Verbindung mit dem Äskulapstab, auf dem Gebiet der Medizin und des Apothekerwesens allgemein eingeführt ; es
wird insbesondere häufig in Fabrik- und Handelsmarken für Arzneimittel, chirurgische Instrumente und dergleichen verwendet. Wiedergaben des Globus kommen ebenfalls nicht selten in Fabrik- und Handelsmarken vor. Der Gebrauch solcher für sich allein verwendeter Elemente bleibt frei, solange Verwechslungen mit dem Zeichen der Weltgesundheitsorganisation als ganzem ausgeschlossen erscheinen.

Zu Artikel 6: Die in Absatz l und 2 enthaltenen Bestimmungen wurden aus Artikel 172 und 326 des schweizerischen Strafgesetzbuches übernommen.

Absatz 3 entspricht einer in Artikel 15 des Bundesgesetzes vom 80, September 1948 über den unlauteren Wettbewerb enthaltenen Vorschrift.

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Zu Artikel 7: Keine Bemerkung.

Zu Artikel 8: Ähnliche Bestimmungen finden sich in den Bundesgesetzen über die Erfindungspatente (Art. 48 und 44), über die Fabrik- und Handelsmarken (Art. 31 und 82), über die gewerblichen Muster und Modelle (Art. 28 und 29) sowie im Bundesgesetz zum Schutz öffentlicher Wappen und anderer öffentlicher Zeichen (Art. 16). Absatz 2 wurde in Anlehnung an Artikel 58 des schweizerischen Strafgesetzbuches abgefasst.

Zu Artikel 9: Es erscheint nicht als ausgeschlossen, dass ähnliche Begehren betreffend den Schutz von Namen und Zeichen in Zukunft noch von andern intergouvernementalen Organisationen gestellt werden. Damit nicht jedesmal ein besonderes Gesetz dafür geschaffen werden muss, wird hier die Möglichkeit vorgesehen, den Schutz dieses Gesetzes durch Bundesratsbeschluss auf weitere Fälle dieser Art auszudehnen. Ausser Betracht gelassen werden dabei die Fälle internationaler Organisationen privaten Charakters, zu deren Schutz die Bestimmungen des gemeinen Eechtes, insbesondere über den Schutz der Persönlichkeit (Art. 28 ZGB) und über das Verbot unlauteren Wettbewerbs ausreichen sollten.

III.

Auf Grund der vorstehenden Ausführungen beehren wir uns, Ihnen die Annahme des beiliegenden Gesetzesentwurfes zu empfehlen, und benützen diesen Anlass, um Sie, Herr Präsident und sehr geehrte Herren, unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

Bern, den 14. September 1953, Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident : Etter Der Bundeskanzler: Ch. Oser

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Bundesgesetz zum

Schutz des Zeichens und des Namens der Weltgesundheitsorganisation

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, im Hinblick auf die Empfehlungen, die in der am 17. Juli 1948 von der ersten Weltgesundheitsversammlung gefassten Resolution enthalten sind, gestützt auf die Artikel 64 und 64*16 der Bundesverfassung, und nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 14. September 1958, besehliesst :

Art. l 1

Jede Benützung des Zeichens und des Namens d.er Weltgesundheitsorganisation und irgendwelcher anderer damit verwechselbarer Zeichen oder Benennungen ist verboten, wenn sie nicht vom Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation gestattet wurde.

3 Das Zeichen der Weltgesundheitsorganisation besteht aus dem Zeichen der Vereinigten Nationen, das senkrecht geteilt ist durch den goldenen Caduceus (Äskulapstab mit Schlange); das Zeichen der Vereinigten Nationen wird wie folgt beschrieben: Etne Weltkarte in äquidistanter Azimutalprojektion, mit dem Nordpol als Mittelpunkt; diese Karte eingefasst durch einen Kranz aus stilisierten und gekreuzten Olivenzweigen; das Ganze in Gold auf graublauem Grund, die Meere in weiss. Die Projektion erreicht den 60. südlichen Breitengrad und umfasst 5 Breitenkreise.

. Art. 2 Das in Artikel l vorgesehene Verbot erstreckt sich auch auf die Benützung der Anfangsbuchstaben des Namens der Weltgesundheitsorganisation in den schweizerischen Amtssprachen und in englischer Sprache, nämlich QMS (Organisation mondiale de la santé, Organisazione mondiale della sanità) ; WGO (Weltgesundheitsorganisation); WHO (World Health Organization).

130 Art. 3 1

Finnen, deren Gebrauch nach den Vorschriften dieses Gesetzes verboten ist, dürfen im Handelsregister nicht eingetragen werden.

2 Ebenso sind Fabrik- und Handelsmarken und gewerbliche Muster und Modelle, die gegen dieses Gesetz verstossen, von der Hinterlegung ausgeschlossen.

Art. 4 Wer vor dem 17. Juli 1948 ein Zeichen oder eine Benennung, welche unter dieses Gesetz fallen, zu benutzen begonnen hat, darf diese Benützung fortsetzen, sofern daraus der Weltgesundheitsorganisation kein Nachteil erwächst,

Art. 5 1

Wer vorsätzlich und entgegen den Torschriften dieses Gesetzes das Zeichen, den Namen oder die Anfangsbuchstaben des Namens der Weltgesundheitsorganisation oder irgendwelche andere damit verwechselbare Zeichen oder Benennungen verwendet, insbesondere wer solche Zeichen oder Benennungen auf Geschäftsschildern, Anzeigen, Prospekten oder Geschäftspapieren anbringt, oder sie auf Waren oder ihrer Verpackung anbringt oder so bezeichnete Waren verkauft, feilhält oder sonst in Verkehr setzt, wird mit Gefängnis oder Busse bis zu zehntausend Franken bestraft; in leichten Fällen oder wenn der Täter fahrlässig gehandelt hat, kann auf Haft oder auf Busse bis zu tausend Franken erkannt werden.

2 Die allgemeinen Bestimmungen des schweizerischen Strafgesetzbuches sind auf die in diesem Gesetz vorgesehenen strafbaren Handlungen anwendbar ; vorbehalten bleiben anderseits strengere Bestimmungen des Strafgesetzbuches.

Art. 6 1

Wird eine der in Artikel 5 unter Strafe gestellten Handlungen im Geschäftsbetrieb einer juristischen Person begangen, so finden die StraJEbestimmungen auf die Direktoren, Bevollmächtigten, die Mitglieder der Verwaltungsoder Kontrollorgane und die Liquidatoren Anwendung, die diese Handlung begangen haben.

2 Wird eine dieser Handlungen im Geschäftsbetrieb einer Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft oder einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung begangen, so finden die Strafbestimniungen auf die Gesellschafter, Direktoren, Bevollmächtigten und Liquidatoren Anwendung, die diese Handlung begangen haben.

3 Die juristische Person oder Handelsgesellschaft haftet jedoch solidarisch für Busse und Kosten.

131 Art. 7 1

Die Verfolgung und Beurteilung der strafbaren Handlungen ist Sache der Kantone.

2 Urteile, Strafbescheide der Verwaltungsbehörden und Einstellungsbeschlüsse sind ohne Verzug und unentgeltlich in vollständiger Ausfertigung der Bundesanwaltschaft mitzuteilen.

Art. 8 1

Die zuständige Behörde trifft die erforderlichen vorsorglichen Massnahmen; sie kann namentlich die Beschlagnahme der entgegen diesem Gesetz bezeichneten Waren und Verpackungen anordnen.

2 Der Richter verfügt ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit einer bestimmten Person die Beseitigung der gesetzwidrigen Zeichen, sowie die Einziehung und Verwertung oder Zerstörung der ausschliesslich zur Anbringung dieser Zeichen dienenden Werkzeuge und Vorrichtungen.

3 Nach Beseitigung der Zeichen werden die beschlagnahmten Waren und Verpackungen gegen Bezahlung der allfälligen Busse und der Kosten ihrem Eigentümer zurückgegeben.

Art. 9 Der Bundesrat wird ermächtigt, die Bestimmungen dieses Gesetzes auf die Zeichen oder Benennungen anderer intergouvemementaler Organisationen entsprechend anwendbar zu erklären.

Art. 10 Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes.

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