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I. Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigungsgesuche (Dezembersession 1953) (Vom 27. Oktober 1953)

Herr Präsident !

Hochgeehrte Herren !

Wir beehren ima, Ihnen unter Vorlage der Akten über 29 Begnadigungsgesuche Bericht zu erstatten und über deren Erledigung Antrag zu stellen.

Gemäss Bundesgesetz über das Zollwesen sind bestraft worden (1-21) : 1. Enrico Antonini, 1915, Kaufmann, Caslano (Tessin), verurteilt durch Strafverfügungen der Zolldirektion Lugano vom 11. März 1947 zu Bussen von 208,34 Franken wegen Zollhehlerei mit Reis und von 260 Franken wegen Ausfuhrbannbruchs mit Zigaretten, je unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung. Die gegen die Strafverfügungen eingereichten Beschwerden wurden von der Oberzolldirektion am 28. April 1947 abgewiesen. Trotzdem die Vollzugsbehörde dem Verurteilten grosses Entgegenkommen zeigte, gingen insgesamt nur 302,75 Franken ein, die zur Deckung der kleineren Busse und der aus dem Beschwerde- und Betreibungsverfahren entstandenen Kosten ausreichten und zur Anrechnung an die zweite Busse noch 69,11 Franken ergaben. Der noch ausstehende Bussenrest wurde vom Gerichtspräsidenten in Lugano am 1. Dezember 1952 in 19 Tage Haft umgewandelt.

Antonini ersucht um gnadenweisen Erlass der Hälfte der Gesamtbussensumme und um Zahhrngserleichtenmgen für die noch zu tilgende Bestsumme.

Er verweist auf die finanziellen Schwierigkeiten, denen er sich angesichts semer Familienpflichten für Frau und 6 Kinder gegenübergestellt sehe, Nach den durch die Oberzolldirektion veranlassten Erhebungen haben sich die übrigens nie glänzenden finanziellen Verhältnisse des Gesuchstellers in den

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letzten Jahren eindeutig verschlechtert. Er hat den von ihm früher betriebenen kleinen Holzhandel aufgeben müssen und bringt sich und seine Familie zur Zeit mühsam durch mit der Bewirtschaftung eines gepachteten Landstückes von rund 90 Aren und mit gelegentlichen Taglohnarbeiten als Holzfäller, Die Oberzolldirektion spricht in ihrem Mitbericht von einem kümmerlichen Dasein, das die Familie führe. Die bisherigen Leistungen sind unter diesem Gesichtspunkt zu würdigen und anzuerkennen.

Wir sind wie die Oberzolldirektion der Auffassung, es lasse sich unter diesen Umständen dem gut beleumdeten und nicht vorbestraften Gesuchsteller gegenüber ein Gnadenakt befürworten. Allerdings kann sich das Entgegenkommen nach erfolgter Umwandlung nicht mehr auf die Bussen, sondern lediglich noch auf die Haftstrafe von 19 Tagen beziehen. Wir beantragen somit den bedingten Erlass d e r ' H a f t s t r a f e von 19 Tagen unter Ansetzung der üblichen Probezeit von 3 Jahren.

2, Josef Bader, 1906, Autofahrlehrer, Basel, verurteilt durch Strafverfügung der. Oberzolldirektion vom 81. Mai 1949 zu 4360,08 Franken Busse, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung. Bader hat zu Beginn des Jahres 1949 anlässlich einer Eeise in Deutschland an seinem Automobil einen Aschenbecher und zwei Scheibenwischer montieren lassen, die er bei der Einreise in die Schweiz den Zollbehörden nicht meldete. Gleichzeitig führte er widerrechtlich einen Luftdruckmesser und eine Ledermappe ein. Im März des gleichen Jahres liess er bei einer weiteren Auslandreise den Motor seines Wagens auswechseln, ohne bei der Einreise den neuen Motor zur Verzollung anzumelden.

Die gegen die Strafverfügung eingereichte Beschwerde wurde vom Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement und letztinstanzlich am 11. Januar 1950 vom Bundesrat abgewiesen.

Der Vollzug der Busse ging äusserst mühsam vor sich. Unter verschiedenen Malen wurden die auf Zahlungsversprechen des Verurteilten beruhenden Tilgungspläne, die jedoch nie pünktlich eingehalten wurden, durch die Vollzugsbehörde langmütig zugunsten des Verurteilten abgeändert.

Bader ersucht heute um Erlass des sich noch auf 3009,88 Franken belaufenden Bussenrestes. Er macht geltend, finanzielle Bückschläge erlitten zu haben.

Ein Fahrschüler habe ihm das Fahrzeug derart beschädigt, dass er einen neuen
Wagen habe anschaffen müssen. Überdies sei ihm die Wohnung mit verschiedenen Garagen, die er bisher untervermietet habe, gekündigt worden. Endlich sei er schwer erkrankt und müsse für längere Zeit die Arbeit aussetzen.

Die Angaben des Gesuchstellers treffen nach den durch die Oberzolldirektion veranlassten Erhebungen zu. Es dürfte tatsächlich eine gewisse Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse eingetreten sein, wenn auch die Folgen der bereits bei Einreichung des Gesuches fast überstandenen Krankheit heute völlig überwunden sein dürften. Wie die Vollzugsbehörde meldet, hat sich Bader sonst noch nie einer Verfehlung gegen die Zollvorschriften schuldig gemacht. Er geniesst einen guten Leumund. Wir erachten mit der Oberzolldirektion dem

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Gesuchsteller gegenüber ein teilweises Entgegenkommen als gerechtfertigt und beantragen mit dieser die Herabsetzung des Bussenrestes auf 1000 Franken.

8. Alberto Bianchi, 1910, Buchdrucker, Molinazzo di Monteggio (Tessin), verurteilt durch Strafverfügung der Oberzolldirektion vom 29. Juni 1949 wegen verbotener Einfuhr von 5 Schreibmaschinen auf eigene Bechnung, und wegen Einfuhr von zwei weiteren Schreibmaschinen, eines Pelzmantels und einer Aktenmappe für einen Dritten zu 1647,60 Franken Busse, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung. Der Vollzug gestaltete sich, wie den Mitberichten der Zolldirektion Schaffhausen und der Oberzolldirektion entnommen werden kann, ausserordenthch mühsam. Mit grosser Langmut gab die Vollzugsbehörde dem Verurteilten immer wieder Gelegenheit zu Teilzahlungen. Schliesslich sind insgesamt 875 Franken eingegangen, so dass nach Abzug der hinterzogenen Eingangsabgaben der ungedeckte Bussenbetrag sich noch auf 1214,45 Franken beläuft.

Mit Zustimmung des Verurteilten ersucht dessen Ehefrau um Erlass der Bestbusse. Sie macht geltend, die Familie sei im Jahre 1947 völlig mittellos aus Italien nach der Schweiz zurückgekehrt und seither dauernd vom Unglück verfolgt worden. Alle Anstrengungen des Verurteilten, für die Familie eine neue ' Existenz aufzubauen, seien gescheitert. Auch habe sich Bianchi wegen kranker Beine in ärztliche Behandlung begeben müssen. Die bisherigen Zahlungen seien unter schweren Opfern erbracht worden. Die Wohnungsverhältnisse der Familie seien schlecht. Die Lebensmittelrechnungen könnten nicht bezahlt werden.

Überdies habe der Verurteilte in letzter Zeit nur für einzelne Wochen und Tage Arbeit als Handlanger gefunden, obschon nichts gegen ihn gesagt werden könne und die besten Zeugnisse zur Verfügung stünden.

Die wirtschaftliche Lage der Familie Bianchi ist tatsächlich armselig. Die Sorgen der gesuchstellenden Ehefrau sind deshalb nur allzu verständlich. Trotzdem vermögen wir einen Gnadenakt nicht zu befürworten. Massgebend für die Beurteilung des Gesuches ist in erster Linie der Verurteilte selbst, und dieser ist angesichts seines schwer belasteten Vorstrafenregisters, das bis in die neueste Zeit Eintragungen enthält, eines gnadenweisen Entgegenkommens nicht würdig.

Es scheint festzustehen, dass ein grosser Teil der
Schwierigkeiten auf sein eigenes Verhalten zurückzuführen ist. Nach einem Bericht der Gefängnisverwaltung Pfäffikon handelt es sich bei ihm um einen «willenlosen Faulenzer». Die Unbeständigkeit und der Mangel an Arbeitsfreude haben das ihre zu den heutigen Zuständen beigetragen. Unter diesen Umständen lässt sich ein Gnadenakt nicht in Erwägung ziehen. Wir beantragen deshalb die Gesuchsabweisung.

4. Gabriel Chatelanaz, 1896, Kaufmann, Gaillard (Frankreich), durch Strafverfügung des Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes vom 19. Oktober 1946 zu einer */? des Warenwertes entsprechenden Busse von 166105,85 Franken verurteilt, weil er in den Jahren 1943 bis 1945 insgesamt 87 890 Gold-

445 stücke, 150 Chronographen und 24 Weckeruhren nach Frankreich geschmuggelt hat und hat schmuggeln lassen. Wegen Bückfalls konnte ihm kein Bussenerlass gewährt werden. Die gegen die Strafverfolgung eingereichte Beschwerde wurde vom Bundesrat am 17, Januar 1948 abgewiesen. Der Verurteilte war seinerzeit in Haft. Angesichts seines Wohnsitzes im Ausland konnte er nur gegen Leistung einer Kaution freigelassen werden. Unter Berufung auf jene 30 000 Franken ausmachende Zahlung reichte er sein erstes Gnadengesuch ein, das in der Dezembersession 1948 durch die Bundesversammlung im Sinne unseres Antrages abgewiesen wurde (Antrag 152 des Berichtes vom 11. November 1948; BEI. III, 787). Chatelanaz hat inzwischen insgesamt 6858,80 Franken bezahlt. Er schuldet heute noch 129 252,55 Franken.

Chatelanaz ersucht erneut um Gnade. Er weist auf seine bisherigen unter schwierigen Verhältnissen erbrachten Leistungen hin, die seinen Zahlungswillen belegten. Wie im ersten Gesuch erwähnt er einen im Jahre 1938 erlittenen Unfall, dessen Folgen seine Leistungsfähigkeit mit fortschreitendem Alter in vermehrtem Masse behinderten. Endlich macht er geltend, die Höhe der Busse sei heute, nachdem das Verbot der Goldausfuhr aufgehoben sei, überhaupt nicht mehr verständlich.

Weder die behauptete Behinderung aus einem früheren Unfall, noch der Hinweis auf die nach Aufhebung der Goldbewirtschaftungsvorschriften als übersetzt scheinende Bussenhöhe vermögen bei der Beurteilung des Gesuches eine ausschlaggebende Bolle zu spielen. Da der Verurteilte heute nicht mehr auf seinem ursprünglichen Beruf als Gipser und Maler arbeitet, sondern als Geschäftsführer einer Gesellschaft tätig ist, die Kühlmaschinen vertreibt, dürften die Folgen einer allfälligen körperlichen Behinderung nicht so sehr ins Gewicht fallen. Was die Frage der Bussenhöhe anbetrifft, so ist es begreiflich, dass dem Verurteilten die von ihm nur zu einem kleinen Teil abgetragene Busse heute, wo die ihr zugrunde liegenden gesetzlichen Bestimmungen aufgehoben sind und wo er trotz seiner Anstrengungen nach wie vor unter diesem kaum merklich verminderten Schuldendruek steht, als zu hoch erscheint. Er vergisst indessen, dass die Bussenhöhe genau dem Umfang seiner sehr ausgedehnten verbotenen Tätigkeit entspricht und nach dem gleichen Maßstab berechnet wurde, wie die Strafen
der Mitbeschuldigten, deren Begnadigungsgesuche ebenfalls abgewiesen worden sind und die ihre Strafen zum grössten Teil verbüsst haben. Im übrigen hat es die Begnadigungsbehörde in Übereinstimmung mit unserer Antragspraxis aus rechtlichen Erwägungen und auch im Hinblick auf jene zahlreichen Verurteilten, die ihre Strafen innert nützlicher Frist verbüsst haben - bis anhin immer abgelehnt, die nach Aufhebimg der kriegsbedingten Beschränkungen noch nicht vollstreckten Strafen einer Bevision zu unterziehen. Nach wie vor sollen für die Beurteilung von Begnadigungsgesuchen nur Tatsachen und Überlegungen massgebend sein, die in der Person des Verurteilten selbst begründet sind.

In dieser Richtung ist für die Pereon des Gesuchstellers festzuhalten, dass er seit Abweisung des ersten Gesuches einen anerkennenswerten Zahlungs-

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willen bekundet hat. Entgegen der im Antrag zum ersten Gesuch erwähnten Vermutung, Chatelanaz werde aich voraussichtlich dem weiteren Vollzug der Strafe durch Abwarten des Eintritts der Verjährung im Ausland entziehen, nahm der Verurteilte nach seiner Abweisung in Genf Wohnsitz, offenbar in der Hoffnung, in vermehrtem Mass Zahlungen an die Busse leisten zu können. Als er dann wieder nach Frankreich zurücksiedelte, verständigte er sich mit der Vollzugsbehörde und leistete von dort aus weitere erhebliche Zahlungen. Dabei meldet die Oberzolldirektion in ihrem Mitbericht, der Gesuchsteller verfüge in Frankreich nur über ein durchschnittliches monatliches Einkommen, das 300 Schweizerfranken entspricht. Trifft dies tatsächlich zu - und es bestehen keine Anhaltspunkte zu Zweifeln - so dürfen die bisherigen Anstrengungen als besonders anerkennenswert bezeichnet werden. Anderseits ergibt sich daraus, dass Chatelanaz die Busse bis an sein Lebensende nicht wird tilgen können, auch wenn er seine Bemühungen in gleicher Weise fortsetzt. Wenn die Oberzolldirektion unter solchen Umständen einen Teilerlass befürwortet, so können wir ihr zustimmen. Indessen stellt sich die Frage nach dem Ausmass des Entgegenkommend. Die Vollzugsbehörde sieht die Herabsetzung der Busse auf 50 000 Franken vor, so dass dem Verurteilten noch 18 146,50 Franken zu tilgen blieben.

Nun hat der Verurteilte in den letzten 6 Jahren, so wie sich die Sache darstellt, unter grossen Anstrengungen nahezu 7000 Franken aufzubringen vermocht.

Bei gleichbleibenden Verhältnissen müsste er somit für die Tilgung dieses Bestbetrages nochmals 12 Jahre rechnen. Damit dürfte ihm aber kaum geholfen sein. Wir möchten deshalb noch etwas weiter gehen, unter der Bedingung allerdings, dass der Verurteilte den Besthetrag innerhalb kurzer Zeit gänzlich tilge.

Wir beantragen in diesem Sinne die Herabsetzung des Bussenrestes auf 6000 Franken, mit der ausdrücklichen Auflage, dass diese Summe zwei Jahre nach E r ö f f n u n g dieses Entscheides getilgt sei - was ibm möglich sein sollte, wenn er einmal über den Berg sieht.

5. Mario Comitti, 1904, Gipser, Lugano (Tessin), verurteilt wegen Beihilfe und Täterschaft bei Ausfuhrbannbruch mit Jodpräparaten, Vitaminen und Medikamenten zu Bussen von 4100 und 1538,84 Franken, je unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser
Unterziehung. Die gegen diese Strafverfügungen eingereichte Beschwerde wurde vom Bundesrat am 13.Februar 1950 abgewiesen. Comitti liess es zur Verwertung der Zollpfänder kommen, aus deren Erlös ihm 1008,89 Franken an die Bussen angerechnet werden konnten. Unter der Drohung der Zwangsvollstreckung zahlte er überdies in unregelmässig eingehenden Betreffnissen insgesamt 490 Franken, worauf die Betreibung eingeleitet werden müsste, die mit einem Verlustschein endete.

Die noch nicht gedeckte Busse wandelte der Gerichtspräsident von Lugano am 20. Februar 1953 in drei Monate Haft um. Am 24. Februar hätte Comitti zur Verbüssung der Haftstrafe antreten sollen. Auf Grund des von ihm eingereichten Gnadengesuches wurde ihm bis auf weiteres Strafaufschub erteilt.

Comitti ersucht um Erlass der Haftstrafe. Er habe seinen Zablungswillen unter Beweis gestellt. Mehr zu leisten sei ihm nicht möglich gewesen. Seine

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finanzielle Lage habe sich zusehends verschlechtert. Er sei überdies leidend, was zusätzliche Kosten mit sich bringe und sich in seiner geringeren Leistungsfähigkeit und demzufolge in einem herabgesetzten Einkommen auswirke. Endlich müsse er seinem betagten Vater monatlich 50 Franken nach Italien senden.

Beim Gesuchsteller handelt es sich den Erhebungen der Oberzolldirektion zufolge um einen äusserst geschickten Stukkateur, der offenbar ohne weiteres ein Einkommen zu erzielen imstande wäre, mit dem er seinen laufenden Verpflichtungen nachkommen und überdies auch noch seine Bussen abtragen könnte. Auch auf die geltend gemachte Krankheit ist es kaum zurückzuführen, wenn Cornuti heute mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen hat. Seine Nöte sind vielmehr weitgehend selbstverschuldet und rühren von seinem regellosen Leben her. Er wird geschildert als von gutmütiger Art, jedoch ohne charakterlichen Halt und als unverbesserlicher Trinker. Wir sind mit der Oberzolldirektion der Auffassung, es wäre dem Verurteilten in den verflossenen drei Jahren bei gutem Willen ohne weiteres möglich gewesen, die ihm auferlegten Bussen gänzlich oder wenigstens viel weitgehender zu tilgen, als dies tatsächlich der Fall war. Wir können unter diesen Umständen keinen Gnadenakt befürworten und beantragen die Gesuchsabweisung.

6. Alfredo Cremonini, 1912, Chauffeur, Muggio (Teasin), verurteilt durch Strafverfügungen der Oberzolldirektion vom 15. Juni 1948 wie folgt: Zu 675,48 Franken Busse, weil er im Sommer 1947 74 Fräsketten, 2 Schreibmaschinen, 88 m Seidengewebe und einen Sterilisierapparat von einem italienischen Schmuggler übernahm und an einen Dritten ins Landesinnere sandte, und zu 1000 Franken Busse, weil er dem Schmuggler 50 kg Saccharin im Werte von 2000 Franken lieferte. Da Cremonini rückfällig war, konnte ihm kein Nachlass gewährt werden. - Nach erfolglos durchgeführtem Betreibungsverfahren wurden die Bussen durch den Gerichtspräsidenten von Mendrisio am 23. Juni 1949 in 67 Tage und 3 Monate Haft umgewandelt. Ein erstes Begnadigungsgesuch für diese Strafen wurde von der Bundesversammlung in der Dezembersession 1949 im Sinne unseres Antrages abgewiesen. Es wurde damals davon ausgegangen, es handle sich bei Cremonini um einen ausgesprochenen Berufsschmuggler, dem seit dem Jahre 1943 nicht weniger als 9 Zollbussen
hätten auferlegt werden müssen (vgl. Antrag 24 des Berichtes vom 14. November 1949; BEI. II, 916).

Der Verurteilte verbüsste hierauf die Haftstrafe von 3 Monaten. Für die zweite Haftstrafe von 67 Tagen gelang es ihm, beim Justizdepartement des Kantons Tessin immer wieder neuen Aufschub zu erwirken. Selbst als er eine weitere Haftstrafe von 3 Monaten verbüsste, hinsichtlich welcher inzwischen ein weiteres Begnadigungsgesuch abgewiesen worden war (Antrag 4 des Berichtes vom 9.Mai 1951; BEI. II, 65), unterliess es das kantonale Justizdepartement, im Anschluss daran auch die Haft von 67 Tagen zu vollziehen. Erst am 2.März 1953 beauftragte es das Polizeikommando des Kantons Tessin, Cremonini zum Haftvollzug einzuziehen. Der Verurteilte reichte hierauf ein neues Gnadengesuch ein.

Cremonini weist darauf hin, er habe in den Jahren 1950 und 1951 bereits zwei Haftstrafen zu je 3 Monaten verbüsst; die noch verbleibenden 67 Tage

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möchten ihm nunmehr erlassen werden. Den der Haftstrafe zugrundeliegenden Betrag könne er angesichts des kleinen Einkommens und der erheblichen Familienpflichten nicht bezahlen. Er habe für Frau, zwei Kinder und die 78jährige Mutter aufzukommen. Der Gesuchsteller bringt eine Erklärung seines Arbeitgebers bei, worin sich letzterer bereit erklärt, von der Lohnsumine Cremoninis monatlich 20 Franken abzuziehen und der Zollverwaltung zu überweisen.

Es ist bedauerlich, dass die Justizbehörden des Kantons Tessin diese Verschleppung des. Vollzugs der Haftstrafe von 67 Tagen zuliessen, deren gnadenweisen Erlass die Vereinigte Bundesvearsmmlung bereits im Dezember 1949 abgelehnt hat. Da die finanzielle Lage des Gesuchstellers seit der Abweisung der früheren Gesuche keine nennenswerte Veränderung erfahren hat, ist nurmehr zu prüfen, ob sich heute ein Gnadenakt begründen liesse mit der im Vollzug eingetretenen Verzögerung und dem weiten Zurückliegen der Tatbegehung und ob allenfalls auf die im Gesuche zum Ausdruck gebrachte Zahlungsbereitschaft eingetreten werden solle. "Wir sind mit der Oberzolldirektion der Auffassung, es bilde die Tatsache, dass es Cremonini trotz Abweisung eines ersten Gnadengesuches gelungen ist, den Vollzug der 67 Tage Haft bis heute hinauszuzögern, auch bei Berücksichtigung der zweifellos bestehenden Mitverantwortung der tessinischen Vollzugsbehörde keinen Begnadigungsgrund. Was die in Aussicht gestellte Tilgung der ursprünglichen Busse durch Lohnabtretungen von monatlich 20 Franken anbetrifft, so äussert die Oberzolldirektion Bedenken. Man wisse nicht, wie lange der Gesuchsteller bei diesem Arbeitgeber in Stellung bleiben werde. Nach den bisher mit Cremonini gemachten Erfahrungen sei vorauszusehen, dass er nach wenigen Teilzahlungen einen Vorwand finden würde, um die Zahlungen einzustellen. Wäre es ihm mit der Tilgung seiner Bussenschuld je ernst gewesen, so hätte er in den verflossenen fünf Jahren reichlich Zeit gehabt, damit zu beginnen. Wir vermögen mit der Oberzolldirektion keine Gründe zu erkennen, die im Gegensatz zu den ersten beiden Entscheiden der Begnadigungsbehörde heute ein Entgegenkommen rechtfertigen oder nahelegen würden.

Wir beantragen deshalb die Gesuchsabweisung, bei gleichzeitiger Ansetzung einer Sperrfrist von 3 Jahren im Sinne von Artikel 395, Absatz 8 StGB.
7. Carl Fehrmann, 1899, Zahntechniker, Herisau (Appenzell AEh), verurteilt durch Strafverfügungen der Oberzolldirektion vom 29. April 1947 und 12.Februar 1948 wegen Zollübertretung und Zollhehlerei in Verbindung mit Hinterziehung der Warenumsatzsteuer zu Bussen von 826,40, 233,34 und 729,87 Franken, je unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung.

Beschwerden gegen die erste und die zweite Busse wurden vom Finanz- und Zolldepartement am 16. Juli 1947 abgewiesen. Da sich Fehrmann in jener Zeit zur Verbüssung einer gemeinrechtlichen Strafe im Gefängnis befand und er somit keine Zahlungen leisten konnte, wurde in seinem Einverständnis zur Verwertung der Zollpfänder geschritten; sie ergab nach Deckung der geschuldeten Zollbeträge

449 und Zinsen (Art, 120 des Zollgesetzes) lediglich noch einen Überschuss von 119,75 Franken, der an die erstgenannte Busse angerechnet wurde. Da Fehrmann nach Entlassung aus dem Gefängnis unbekannten Aufenthalts war und sich zum Teil in Deutschland aufhielt, ohne in der Schweiz ein Zustellungsdomizil zu errichten und nachdem auch die Ausschreibung zur Aufenthaltsausforschung erfolglos geblieben war, wandelte das Bezirksgericht Unterrheintal die Bussen in 21, 24 und 73 Tage Haft um. Eine Berufung gegen diesen Entscheid beim Kassationsgericht des Kantons St. Gallen wurde vor der Hauptverhandlung zurückgezogen. Am 23. April 1958 leistete Fehrmann beim Polizeiposten Herisau eine erste Zahlung von 100 Franken «à Conto Zollbusse 2489». Dieser Betrag wurde dem Bezirksgericht ünterrheintal überwiesen, das ihn zur teilweisen Tilgung der Gerichtskosten verwendete.

Fehrmann ersucht um Begnadigung, wozu er geltend macht, gar nicht sicher zu Sein, ob ihm jemals eine Bussenverfügung zugestellt worden sei. Jedenfalls habe er nie eine Abrechnung über die zwangsweise verwerteten Waren erhalten.

Von der Zolldirektion Chur sei er seinerzeit dahingehend belehrt worden, dass aus dem Erlös seine Bussen gedeckt würden. Die Waren seien offenbar zu Spottpreisen verschleudert worden, dass dabei nur so wenig herausgeschaut habe. Seit den Straftaten, die Anlass zur Verhütung der erwähnten Gefängnisstrafe gegeben hätten, habe er sich nichts mehr zuschulden kommen lassen ausser einigen Verweiäungsbrüchen in Basel. Inzwischen habe er sich wieder verheiratet; seine Frau habe zwei Kinder im Alter von zwei und vier Jahren in die Ehe mitgebracht. Die Familie sei auf seinen Verdienst angewiesen. Der Vollzug der Haftstrafen würde eine ungerechtfertigte Härte bedeuten.

Was die im Gesuch erhobenen Vorwürfe gegen die Vollzugsbehörde anbetrifft so ergeben die aufgelegten Akten deren Haltlosigkeit. Wir verweisen darauf wie auch auf den Mitbericht der Oberzolldirektion vom 13, September 1953. Keine Anhaltspunkte bestehen für eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse seit der Verurteilung; hat sich Fehrmann in jenem Zeitpunkt doch im Gefängnis befunden. Heute hat er eine Stelle als Wäscher, die ihm ein regelmässiges, wenn auch bescheidenes Einkommen sichert. Seine Verheiratung bringt ihm anderseits keine Mehrbelastung,
da die beiden Kinder der Ehefrau sich nicht etwa bei ihm, sondern auf Kosten Dritter in einem Kinderheim in Basel befinden. Die Ehefrau geht ihrem eigenen Verdienst nach und kommt somit für ihre Bedürfnisse selbst auf. Es fehlen somit Kommiserationsgründe.

Aber auch dann, wenn solche vorliegen würden, könnten wir ein gnadenweises Entgegenkommen nicht befürworten angesichts der zahlreichen und schweren gemeinrechtlichen Vorstrafen, die das Strafregister des Gesuchstellers aufweist.

Dagegen möchten wir dem Umstand Bechnung tragen, dass die von Fehrmann seinerzeit ausdrücklich zur Tilgung eines Teils seiner Bussen bestimmten 100 Franken vom Bezirksgericht Unterrheintal kurzerhand zur Kostendeckung verwendet wurden. Es lässt sich hier .unseres Erachtens eine Korrektur durch die Begnadigungsbehörde rechtfertigen. Wir beantragen deshalb dem Grundsatz nach die Gesuchsabweisung, jedoch unter Anrechnung der am 23.April

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1953 geleisteten Zahlung von 100 Franken bzw. der diesem Betrag entsprechenden 10 Tage H a f t an die U m w a n d l u n g s s t r a f e n von ursprünglich insgesamt 118 Tagen, so dass nunmehr noch 108 Tage zu verbüssen sein werden.

8. Emil G r a f , 1904, Mechaniker, Bern-Liebefeld, verurteilt durch Strafverfügungen des Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes vom 5. Juni 1948, unter Nachläse je eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung zu Bussen -von 4388,84 und 4802 Franken wegen Begünstigung und Zollhehlerei bei der widerrechtlichen Einfuhr von Motorfahrzeugen. Graf übernahm es, für Dritte die «provisorischen Eintrittskarten» für drei in die Schweiz verbrachte Automobile dem Grenzwächter Emil Bernurid (vgl. Antrag 66 des Berichtes vom IS.Mai 1949; BEI. 1,1011) zu überbringen, wobei er sich der Unrechtmässigkeit des Vorgehens voll bewusst war. Eemund bescheinigte nämlich ·wahrheitswidrig die Wiederausfuhr der Fahrzeuge, die tatsächlich im Lande verblieben. Die derart gefälschten Bescheinigungen gelangten durch die Vermittlung Grafs wieder an die Dritten zurück. Der Verurteilte hat überdies den Verkauf eines durch einen Dritten in die Schweiz geschmuggelten Automobils an seinen Bruder vermittelt, ferner ein durch Grenzwächter Eemund geschmuggeltes Motorrad in Gewahrsam genommen und an diesem Beparaturen ausgeführt. Die Beschwerde gegen diese Strafverfügungen wurde vom Bundesrat am 1. November 1948 abgewiesen.

Der Vollzug erforderte seitens der Zollbehörden grosse Langmut. Wir verweisen dazu auf den ausführlichen Bericht der Zolldirektion Schaffhausen vom 80. April 1953. Festzuhalten ist hier lediglich die Tatsache der Umwandlung der beiden Bussen in je drei Monate Haft durch Entscheid des Kantonsgerichtes des Kantons Schaffhausen vorn 20. September 1950, wobei von einer der beiden Haftstrafen 3 Tage ausgestandener Untersuchungshaft abzuziehen sind. Der Verurteilte zog seme Berufung gegen den Umwandlungsentscheid kurz vor dem Urteil zurück. Heute ist die erstangeführte Busse durch den Erlös aus Zollpfandverwertung, Betreibung und Zahlungen von insgesamt 3750 Franken gedeckt, und von der zweiten Busse stehen noch 4171,44 Franken aus, die bei Nichttilgung nach wie vor durch 87 Tage Haft abzubüssen wären.

Der Verurteilte ersucht durch einen Rechtsanwalt um Begnadigung. Zur Begründung
machte er eine im Jahre 1940 durchgemachte Kinderlähmung und einen Unfall mit dein Motorrad geltend, welch letzteren er angeblich beim Durchqueren eines Bienenschwarms erlitten hätte. Er verweist auf die ihm daraus entstandene grosse finanzielle Einbusse und die heute feststellbaren gesundheitlichen Dauerschädigungen. Als Folge des Unfalls habe er sein Geschäft in Brüttisellen unter Verlusten aufgeben und mit seiner Familie wegziehen müssen.

Durch zähes Bemühen habe er sich wieder heraufgearbeitet und in den letzten drei Jahren. ausser den Leistungen an die Zollbusse rund 12 000 Franken an seine Gläubiger bezahlt. Die persönlichen Voraussetzungen für einen Gnadenakt seien gegeben, weil ihm ausser diesen Zollvergehen, einer im gleichen Zusammenhang stehenden Verurteilung wegen Urkundenfälschung und einer Verurteilung

451 auf Grund des MF G als FolgQ seines Motorradunfalls, nichts zur Last gelegt werden könne.

Der Gesuchsteller lebt heute mit seiner Ehefrau und einem im Mittelschulalter stehenden Sohne in normalen Verhältnissen. Er hat sich tatsächlich bemüht, Zahlungen an seine Gläubiger zu leisten und seine schwierige finanzielle Lage zu meistern. Er übersieht allerdings, dass diese Leistungen als Begnadigungsgrund nicht so sehr ins Gewicht fallen können, weil er dabei die Zahlungen an die Bussen, die der Umwandlung unterliegen und die Priorität hätten erhalten sollen, unter Ausnutzung der Langmut der Vollzugsbehörde vernachlässigte. Zahlte er doch in den letzten 5 Jahren lediglich 450 Franken an die Busse, während er seine andern Gläubiger offenbar voll befriedigte.

Was es an Vollzugsmassnahmen bedurfte, bis die nunmehr bezahlte Bussensumme eingebracht war, ist dem bereits oben erwähnten Bericht der Zolldirektion Schaffhausen zu entnehmen. Graf hat den Vollzug in keiner Weise erleichtert, sondern immer wieder verzögert. Er hat gegen den Zahlungsbefehl sogar Bechtsvorscblag erhoben und gegen denUmwandlungsentscheid zuerst Berufung eingereicht. Zwei seiner Rechtsvertreter haben das Mandat niedergelegt, da sie von Graf jeweils keine Nachricht mehr bekamen. All das brachte für die Vollzugsbehörde eine bedeutende Mehrbelastung mit sich. - Wenn er ferner als Hauptstütze seiner Gesuchsbegründung den Motorradunfall aus dem Jahre 1948 anführt, so muss ihm entgegengehalten werden, dass nach dem bei den Akten liegenden Gerichtsentscheid das volle Verschulden für dieses Unglück ihm selbst zufällt. Dass er auch der Begnadigungsbehörde die bereits vom Gericht als zweckbedingte Legende und Ausrede bezeichnete Geschichte mit dem Bienenschwarm auftischt, spricht keineswegs zu seinen Gunsten, Nach den durch zahlreiche Zeugen erhärteten Feststellungen des Gerichts hat Graf den Unfall vollständig selbst veranlasst durch Geschwindigkeitsexzess - das Gericht geht von 100-120 km/h aus - auf verkehrsreicher, teilweise nicht einmal voll ausgebauter Strasse. - Recht zweideutig und für den Gesuchsteller keineswegs als Empfehlung wirkt auch die Behauptung, er habe sich bloss aus Gefälligkeit vergangen, um seinen Kunden entgegenzukommen. Einen finanziellen Vorteil versprach er sich zunächst ganz einfach aus der Tatsache, dass er durch
seine widerrechtliche Tätigkeit sich diese guten Kunden eichern konnte. Graf verschweigt heute, was er anlässlich seiner Einvernahme im Zollverfahren aussagte: Dass er sich nämlich die Lieferung eines Automobils Marke BMW zu einem Vorzugspreis von 2000 Franken hat versprechen lassen, was bei der damaligen Nachfrage nach dieser Marke doch wohl eine recht schöne Belohnung abgegeben hätte.

Bei Würdigung aller hîervor geschilderten Umstände kann jedenfalls ein völliger Erlass der noch zu verbüssenden Haftstrafe von 87 Tagen, die hier einzig noch zur Behandlung steht, nicht in Betracht fallen. Wenn wir m Übereinstimmung mit der Oberzolldirektion einen Teilerlass ins Auge fassen, so wegen der gesundheitlichen Schädigungen, die Graf infolge der Kinderlähmung und namentlich auch wegen des Motorradunfalles erlitten hat und die sich heute und vielleicht in vermehrtem Masse mit zunehmendem Alter, auch wenn sie zum Teil selbst ver-

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schuldet sind, nachteilig auf die Erwerbsfähigkeit auswirken dürften. Anderseits muss davon ausgegangen werden, dass Graf weitere Zahlungen zugemutet werden dürfen. Der Vorschlag der Oberzolldirektion, wonach der Umfang dieser Leistungen so festzusetzen sei, dass Graf schlussendlich die Hälfte der zweiten Busse erlassen werde, scheint uns durchaus den gegenwärtigen Verhältnissen und der heutigen Leistungsfähigkeit Grafs zu entsprechen. Wir beantragen deshalb den bedingten Erlass der H a f t s t r a f e von 87 Tagen unter Ansetzung einer Probezeit von drei Jahren, unter der besonderen Bedingung, dass der Verurteilte innerhalb der Probezeit weitere 1800 Franken bezahle.

9. Giuseppe Imperatori, 1921, Kellner, Lugano (Tessin), verurteilt durch Strafverfügung der Oberzolldirektion vom S.Mai 1951 wegen Zollhehlerei zu 928,59 Franken Busse, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung. Imperatori hat sich im Jahre 1950 Waren aller Art, von denen er zugegebenermassen zum Teil zunächst vermutet, zum Teil jedoch mit Bestimmtheit gewusst hat, dass sie in die Schweiz geschmuggelt worden waren, nach La Chaux-de-Fonds schicken lassen, wo er sie als Marktfahrer und Hausierer verkaufte. - Die Zahlungsaufforderungen hat der Verurteilte nicht beachtet.

Nach Einleitung der Betreibung gab er vor, sich nunmehr ernsthaft um die Tilgung der Schuld bemühen zu wollen, ohne jedoch sein Versprechen zu halten.

Am 25. September 1952 wandelte der Gerichtspräsident von Lugano die Busse in drei Monate Haft um. Bei der Justizdirektion des Kantons Tessin gelang es dem Verurteilten, einen Strafaufschub bis zum 80.April 1953 zu erwirken. Vor Ablauf dieser Frist reichte er ein Gnadengesuch ein.

Imperatori ersucht um gänzlichen Erlass der Bussenschuld. Er habe sich die in Frage stehenden Verfehlungen in einer Zeit zu Schulden kommen lassen, wo er arbeitslos und von schlechter Gesundheit gewesen sei. Er habe sonst noch nie zu Klagen Anlass gegeben und gemesse einen guten Leumund.

Dass der Gesuchsteller zur Zeit der Tatbegehung keine Arbeit hatte, war schon im Zeitpunkt der Untersuchung bekannt. Dass damals auch sein Gesundheitszustand angegriffen gewesen sein soll, iät eine hier erstmals vorgebrachte, völlig neue Behauptung, die heute nicht mehr überprüft werden kann. Für die Beurteilung des vorliegenden Gesuches
ist indessen weder die behauptete Krankheit, noch die seinerzeitige Arbeitslosigkeit von Bedeutung, da hier nur Vorbringen berücksichtigt werden können, die sich auf Umstände in der Zeit seit der Urteilausfällung beziehen.

In dieser Eichtung fehlen sämtliche Voraussetzungen für einen Gnadenakt.

Nicht nur bringt der Gesuchsteller selbst überhaupt nichts vor, was zu einem Gnadenakt veranlassen könnte, sondern sein Verhalten im Vollzug spricht eindeutig gegen jedes Entgegenkommen. Trotz seinen Zahlungsveröprechungen und trotzdem er als junger lediger Mann ohne Unterstützungspflichten bei einigem guten Willen durchaus in der Lage gewesen wäre, in den vergangenen Jahren die Busse weitgehend zu tilgen, hat er bisher überhaupt nichts bezahlt.

453 Vielmehr ist es ihm nur darum zu tun gewesen, den Vollzug hinauszuschieben und sich um die ihm aus der eingangs genannten Strafverfügung obliegenden Pflichten zu drücken. Ein derartiges Verhalten verdient keine Milde, sondern erfordert strenge Handhabung des Gesetzes. Wir beantragen mit der Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung, mit der im Sinne des Artikels 395, Absatz 8, StGB eine Sperrfrist von drei Jahren zu verbinden ist.

10. Wilhelm Leuthe, 1916, Kaufmann, Basel, verurteilt durch Strafverfügung der Oberzolldirektion vom 13. Januar 1950 wegen Zollhehlerei, Anstiftung zu Einfuhrbannbruch und wegen Gehilfenschaft bei Ausfuhrbannbruch zu Bussen von 1387,76, 23,34 und 821,67 Franken, je unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung. Leuthe hat im Herbst 1948 Angestellten der Internationalen Speisewagengesellschaft, die ihre Dienstfahrten zum Einschmuggeln verschiedenartiger Waren benützten, einen Teil des Schmuggelgutes abgekauft, die gleichen Personen mit der verbotenen Einfuhr einer elektrischen Bohrmaschine beauftragt und ihnen als Gegenleistung 1160 Kugelschreiber geliefert, in Kenntnis darüber, dass diese zur widerrechtlichen Ausfuhr nach Deutschland bestimmt waren. - Leuthe Hess es zur Ausstellung eines Verlustscheines kommen, worauf die Vollzugsbehörde den Antrag auf Umwandlung der Busse in Haft stellte. In diesem Zeitpunkt reichte der Verurteilte sein erstes Begnadigungsgesuch ein, das durch die Vereinigte Bundesversammlung in der Junisession 1951 abgewiesen wurde unter Hinweis auf den völlig fehlenden Sühnewillen und im Hinblick auf eine gemeinrechtliche Vorstrafe (Antrag 22 des Berichtes vom 9. Mai 1951; BEI II, 82). Der Strafvollzug wurde in der Folge während einem Jahr ausgesetzt. Da der Verurteilte nach seiner Entlassung trotz den ihm gewährten Erleichterungen seinen Zahlungsversprechen nach einmaliger Überweisung von 100 Franken in keiner Weise nachkam, wurden die Bussen vom Appellationsgericht Basel-Stadt am 17. September 1958 letztinstanzlich in 90, 3 und 73 Tage Haft umgewandelt.

Leuthe ersucht' um Erlass dieser Strafen. Seine Einkommensverhältnisse seien seit Jahren schlecht, so dass ihm Zahlungen unmöglich gewesen seien.

Die Bussen erschienen überdies als übersetzt und deren Umwandlung in drei verschiedene Haftstrafen bedeute eine erneute, ungerechtfertigte
Härte.

Die Kritik an der Bussenhöhe hätte der Gesuchsteller im Beschwerdeverfahren anbringen müssen, auf das er bei der Eröffnung der Bussenverfügung ausdrücklich aufmerksam gemacht worden ist. Er hat indessen von diesem Rechtsmittel keinen Gebrauch gemacht. Da die Bussen in ganz korrekter Weise nach den damals allgemein üblichen Ansätzen zugemessen worden sind, hätte er mit einer Beschwerde auch keinen Erfolg gehabt; denn die Ausfällung von drei verschiedenen Bussen und deren Umwandlung in drei entsprechende Haftstrafen entsprechen der durch das Bundesgericht mehrfach als zutreffend bestätigten Anwendung der gesetzlichen Vorschriften.

Es fragt sich deshalb lediglich, ob im vorliegenden Falle Kommiserationsgründe vorgebracht oder sonst vorhanden seien und ob Leuthe gegebenenfalls Bundesblatt. 105. Jahrg. Bd. III.

34

454 eines gnadenweisen Entgegenkommens heute würdiger sei als vor zwei Jahren.

Wir stellen fest, dass sich die finanzielle Lage des Gesuchstellers seit der Abweisung des ersten Gesuches nicht verschlechterte. Ebenfalls steht fest, dass Leuthe vermehrte Zahlungen an die Bussenschuld hätte leisten können. Das gleichgültige Verhalten des Verurteilten im Vollzug, in Verbindung mit einer neuen gemeinrechtlichen Verurteilung wegen Betruges und Veruntreuung lassen den Gesuchsteller eines Entgegenkommens im Gnadenweg auch heute noch als unwürdig erscheinen. Wir beantragen deshalb mit der Oberzolldirektion die Gesuehsab Weisung.

11. Clovis Lovey, 1911, Holzfäller, Orsières (Walliä), durch Strafverfügungen der Oberzolldirektion vom l I.März 1948 je unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung wie folgt verurteilt : Zu Bussen von 408,84 und 2885 (total 8248,34) Pranken wegen Zollübertretung und Bannbruchs mit einem Pelzmantel und mit Seidengeweben unter gleichzeitiger Hinterziehung der Warenumsatzsteuer, sowie wegen Zollhehlerei mit. Pelzmänteln und Fellen.

Ferner zu 1140 Franken Busse wegen Gehilfenschaft beim Bannbruch mit Zigaretten, Tabak, Kaffee, Feuerzeugen und Pneus mit Luftschläuchen. Die gegen diese Strafverfügungen erhobenen Beschwerden wurden vom Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement und letztinstanzlich am 28. Januar 1949 vom Bundesrat abgewiesen. Da Lovey den Zahlungsaufforderungen keine Folge gab und das Betreibungsverfahren mit einem Verlustschein endete, wurden die drei Bussen durch den Gerichtspräsidenten von Entremont am S. Juli 1949 in.

zweimal 90 Tage Haft umgewandelt. Ein erstes Gnadengesuch wurde von der Vereinigten Bundesversammlung in der Dezembersession 1949 unter Hinweis auf den ungünstig lautenden Leumund und den völlig fehlenden Sühnewillen abgewiesen (vgl. Antrag 10 dea Berichtes vom 14. November 1949; BEI II, 905).

Die Ehefrau des Verurteilten ersuchte hierauf die Vollzugsbehörde unter Hinweis auf die Folgen des Haftvollzuges gegenüber Lovey für die Familie um nochmaligen Strafaufschub und Einräumung von tragbaren Zahlungserleichterungen.

Es hatte dabei die Meinung, dass nach regelmässigen Zahlungen über einen längeren Zeitraum hinweg - Frau Lovey stellte den Betrag von 1500 Franken in Aussicht - ein neues Gnadengesuch eingereicht werden könnte. Da
Frau Lovey bereits im Antrag des Bundesrates zum ersten Begnadigungsgesuch ein ausgezeichnetes Zeugnis ausgestellt werden konnte, entsprach die Vollzugsbehörde diesem Ansuchen. Clovis Lovey wurde aufgefordert, zunächst während rund zwei Jahren monatliche Zahlungen von 25 Franken zu leisten. Der Ausgang eines allfälligen neuen Begnadigungsverfahrens wurde dabei ausdrücklich als gänzlich unbestimmt bezeichnet. In der Folge hat Frau Lovey aus dem Lohne des Verurteilten regelmässige Teilzahlungen von 25 Franken überwiesen. Bereits nach Zahlung von insgesamt 800 Franken reichte sie ein neues Gesuch ein.

Zur Begründung bringt sie nichts Neues vor. Sie verweist auf die bisherigen Zahlungen und die schwierige finanzielle Lage der Familie.

Die Oberzolldirektion beantragt in ihrem Mitbericht vom 7. April 1958 unter Hinweis auf die bisher geleisteten Zahlungen von 800 Franken den ganz-

455 liehen Erlass der einen, der Busse von 1140 Franken entsprechenden Haftstrafe von drei Monaten, sowie den bedingten Erlass der zweiten, den beiden Bussen von 408,34 und 2885 Franken entsprechenden Haftstrafe von drei Monaten der Eichter hat diese letzteren beiden Bussen zum Vorteil des Verurteilten irrtümlich in nur drei Monate Haft umgewandelt, statt in 41 Tage und drei Monate - unter Ansetzung einer Probezeit von drei Jahren.

Ein Entscheid im Sinne dieses Antrages müsste in verschiedener Beziehung eine Eechtsungleichheit gegenüber unzähligen andern abgewiesenen Gesuchstellern schaffen. Zunächst geht der Antrag ausschliesslich von der Person der Frau Lovey aus und übersieht, dass nicht sie, sondern der Ehemann verurteilt wurde. Der Antrag der Oberzolldirektion berücksichtigt ferner nicht, dass bei Abweisung des ersten Gesuches dem Verurteilten von allen Seiten ein vernichtendes Zeugnis ausgestellt werden müsste. Der Umstand, dass Lovey sich inzwischen etwas aufgefangen zu haben scheint und in den vergangenen drei Jahren gearbeitet hat, bildet noch keinen Grund für eine Begnadigung. Es darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass die bisherigen Leistungen - bei Abweisung des ersten Gesuches müsste Lovey völlig fehlender-Zahlungswille vorgeworfen werden - nur einen bescheidenen Bruchteil der Gesamtbussensumme von 4383,34 Franken darstellen, dass sich die finanziellen Verhältnisse der Familie seit dein Urteil und auch seit der Abweisung des ersten Gesuches nicht verschlechtert haben, sondern darin iin Gegenteil eine gewisse Entlastung eingetreten ist. Ferner ist zu beachten, dass sich bereits der Eichter bei der Feststellung der Umwandlungsstrafen zugunsten des Verurteilten getäuscht hat und dass endlich die Begnadigungsbehörde, in Übereinstimmung mit der Antragspraxis des Bundesrates, Haftstrafen grundsätzlich nur bedingt erläast und immer wieder darauf hingewiesen hat, es könne im Urnstand, dass durch den Strafvollzug gegenüber einem Familienvater für dessen Familie fast immer grosse Nachteile entstehen, keine Begründung für eine Begnadigung erblickt werden, da sonst ein grosser Teil der Freiheitsstrafen überhaupt nicht mehr vollstreckt werden könnten.

Die Bundesanwaltschaft hat aus diesen Erwägungen heraus die Antragstellung über das von Frau Lovey für ihren Ehemann eingereichte zweite
Begnadigungsgesuch zunächst zurückgestellt und vom Verurteilten verlangt, es müsse der einbezahlte Gesamtbetrag durch weitere monatliche Zahlungen von 25 Franken um 200 auf insgesamt 1000 Franken erhöht werden, was lediglich zwei Drittel dessen entspricht, was nach Abweisung des ersten Gnadengesuches zur Abwendung des Haftvollzuges als Mindestleistung versprochen worden ist.

Wie oben bereits dargelegt wurde, lassen sich Kommiserationsgründe mit Bezug auf den Verurteilten, auf den es in erster Linie ankommt, nicht erkennen.

Davon ist bei der Beurteilung des Gesuches auszugehen. Nach rem sachlichen Gesichtspunkten würde deshalb die Gesuchsabweisung naheliegen. Wenn wir trotzdem einen Teilerlass empfehlen, so hat Clovis Lovey diese Milde ausschliesslich der tapferen Haltung seiner Ehefrau zu verdanken. Er wie Frau Lovey müssen sich dabei bewusst sein, dass im vorhegenden Fall ein Gnadenakt im

456 Hinblick auf die tatsächlichen Verhältnisse und die bisherige Praxis der Begnadigungsbehörde ein ganz besonderes Entgegenkommen darstellt. Durch die Verlängerung der Probezeit über das sonst übliche Mass hinaus wird dem Verurteilten Gelegenheit gegeben, sich zu bewähren und sich der sehr entgegenkommenden Beurteilung, die sein Gesuch gefunden hat, würdig zu erweisen.

Wir b e a n t r a g e n auf Grund der vorstehenden Ausführungen, es seien dem Verurteilten nach Zahlung von 1000 Franken die beiden H a f t s t r a f e n von je drei Monaten unter Auferlegung einer Probezeit v on vier Jahren bedingt zu erlassen.

12, Pierre Luisier, 1914, Buchhalter, Genf, verurteilt durch Strafverfügung des Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes vom 4. Juli 1947 unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung zu 1980,89 Franken Busse wegen Mittäterschaft bei Ausfuhrbannbruch, begangen durch Lieferung einer grossen Zahl von Chronometern an Dritte, in Kenntnis davon, dass die Ware widerrechtlich ausgeführt werde. Die Eröffnung des Straferkenntnisses erfolgte durch Publikation im Bundesblatt (FF 1947, III, 873), weil Luisier damals unbekannten Aufenthalts war. Nach Ablauf der Beschwerdefrist wurde das Umwandlungsbegehren gestellt, dem die zuständige Staatsanwaltschaft des Kantons Genf am 29. November 1947 entsprach. Im Dezember 1947 ersuchte der Verurteilte um nachträgliche Einräumung von Zahlungserleichterungen, die gewährt wurden. In der Zeit von Januar 1948 bis April 1953 gingen insgesamt 1161,10 Franken ein. Der noch ausstehende Bussenbetrag von 769,79 Franken entspricht 77 Tagen Haft, Luisier ersucht um Erlass des Bussenrestes. Er weist auf die Schwierigkeiten hin, unter denen er die bisherigen Zahlungen geleistet habe. Zur Zeit seiner Verurteilung habe er für zwei Kinder zu sorgen gehabt, nunmehr habe er für deren vier aufzukommen. Nur seinen finanziellen Schwierigkeiten und nicht schlechtem Willen sei es zuzuschreiben, dass er die Ahmente für eines der Kinder nicht bezahlt habe und bestraft worden sei.

Der Gesuchsteller ist aus erster Ehe Vater zweier Töchter und aus zweiter, nunmehr getrennter Ehe, Vater eines Sohnes ; für eine weitere Tochter ist er zur Zahlung von Alimenten verpflichtet. Das Einkommen Luisiers ist heute höher als zur Zeit seiner Verurteilung. Doch darf nicht übersehen
werden, dass er seine gegenwärtige, recht bezahlte Stelle erst seit Februar dieses Jahres innehat. Sein gegenwärtiges Einkommen geht bis auf einen 'Betrag von etwa 65 Franken völlig auf in Unterhaltsbeiträgen, einer Lohnpfändung und in den Auslagen für den Unterhalt des Gesuchstellers selbst, Ea bleibt ihm somit auch bei gutem Willen kein grosser Spielraum mehr für die Tilgung seiner Bussenschuld. In Kenntnis dieser schwierigen Finanzlage gewertet, verdienen die bisherigen Zahlungen anerkannt zu werden. - Die Oberzolldirektion befürwortet unter diesen Umständen einen Teilerlass. Sie geht namentlich davon aus, dass abgesehen vom Anwachsen der Unterhaltspflichten und der daherigen grosseh Inanspruchnahme auch die Schulden noch angewachsen seien, was offenbar zum guten Teil unverschuldet auf den fehlgeschlagenen Versuch Luisiers zurück-

457 zuführen ist, sich im Gemüsehandel selbständig zu machen. Anderseits sei er keineswegs ganz unverschuldet in seine heutigen Schwierigkeiten hineingeraten, so dass sich ein völliger Verzicht nicht rechtfertigen lasse.

Wir sind angesichts der durch die vorgenommenen Erhebungen ausgewiesenen Sachlage ebenfalls der Auffassung, es lasse sich dem nicht schlecht beleumdeten Gesuchsteller gegenüber ein Teilerlass verantworten. Auszugehen ist dabei von der noch zu verrussenden Umwandlungshaft von 77 Tagen. Wir beantragen mit der Oberzolldirektion den bedingten Erlass der H a f t s t r a f e von 77 Tagen mit einer Probezeit von 2 Jahren, mit der Auflage, dass Luisier innerhalb der Probezeit noch 240 Franken bezahle.

18. Charles Maridor, 1896, Kaufmann, Le Lode (Neuenburg), verurteilt durch Strafverfügung des Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes vom 27. Januar 1950 zu 58 692 Franken Busse, weü er im Jahre 1947 12 467 Uhren nach Belgien ausführte, in voller Kenntnis des Umstandes, dass Ausfuhrbewilligungen lediglich für England, Frankreich und Spanien verlangt und erteilt worden waren und dass diese Ausfuhrbewilligungen für Belgien keine Gültigkeit hatten. Im Wege der Wiedererwägung setzte das Eidgenössische Finanzund Zolldepartement die Busse am 10. Juni 1950 auf 5869,20 Franken herab.

Die gegen diese Strafverfügung eingereichte Beschwerde wurde vom Bundesrat am 20. April 1951 abgewiesen.

Der Vollzug gestaltete sich mühsam. Maridor zahlte zunächst überhaupt nicht und liess es zur Betreibung und zur Ausstellung eines Verlustscheines kommen. Die ihm alsdann eingeräumten Zahlungserleichterungen benützte er nicht ; mit der Zahlung von 200 Franken hatte es sein Bewenden. Der Bestbetrag wurde deshalb vom Polizeigericht des Bezirkes Le Locle am 8. April 1952 in 90 Tage Haft umgewandelt. Die kantonale Vollzugsbehörde gab Maridor in der Folge nochmals Gelegenheit, die Busse durch Teilzahlungen von monatlich 200 Franken zu tilgen, um so den Haftvollzug abzuwenden. Nach Überweisung von sieben Monatsbetreffnissen reichte Maridor ein Begnadigungsgesuch ein.

Durch einen Eechtsanwalt ersucht der Verurteilte um gänzlichen Erlass des heute noch ausstehenden Bussenrestes von 4269,20 Franken. Er macht zunächst geltend, durch den in Frage stehenden Uhrenexport sei der Eidgenossenschaft überhaupt kein Schaden
entstanden. Zur Begründung seines Gesuches führt er alsdann seine missliche wirtschaftliche Lage an. Mit 57 Jahren mache er noch eine Uhrmacherlehre. Überdies sei er von einem Leiden befallen, das ihn während langen Intervallen arbeitsunfähig werden lasse. Auch seine Frau sei schon lange krank, arbeite aber trotzdem. Müsste er die Haftstrafe verbüssen, so würde sich das auf seinen Gesundheitszustand ungünstig auswirken und seine Ehefrau aufs Schwerste treffen.

Die wirtschaftliche Lage des Gesuchstellers dürfte sich seit Erlass der Strafverfügung verschlechtert haben. Allerdings war der Zusammenbruch des Unternehmens, bei dem er tätig war, offenbar bereits zur Zeit der Tatbegehung vorauszusehen. Maridor arbeitet gegenwärtig für eine Firma bei sich zu Hause.

458 Dass er eine Uhrmacherlehrzeit angetreten habe, trifft nach Meldung der Zollbehörden nicht zu. Die Ehefrau näht Vorhänge als Heimarbeit und betätigt sich ausserdem aushilfsweise als Verkäuferin. Der Verurteilte musste im Jahre 1952 während ungefähr 8 Monaten wegen Bheumatismus und Herzbeschwerden die Arbeit aussetzen. Frau Maridor war zu gleicher Zeit an Angina erkrankt.

Bei der Behandlung des vorliegenden Gesuches ist nicht mehr von der Busse, sondern lediglich von der dreimonatigen Umwandlungahaft auszugehen.

Ein Entgegenkommen können wir deshalb nicht befürworten, weil die Voraussetzungen hinsichtlich der Würdigkeit des Gesuchstellers nicht gegeben sind.

Nicht nur ist Maridor zollrechtlich mehrfach vorbestraft, sondern sein Strafregister enthält auch kriegswirtschaftliche und gemeinrechtliche Strafen zum Teil schwerer Natur. Die Oberzolldirektion weist auf Grund der von ihr veranlassten Erhebungen darauf hin, der Gesuchsteller habe sich während Jahren am Rande des Gesetzes bewegt und der Schmuggel scheine bei ihm der normale Weg zu sein, um zu Geld zu kommen. Unter diesen Umständen beantragen wir mit der Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

14. Louis Messerli, 1898, Filmoperateur, Montana (Wallis), verurteilt durch S traf Verfügung der Oberzolldirektion wegen Einfuhrschmuggels mit Fieberthermometern, chirurgischen Instrumenten, Messuhren u.a.m. zu 1125,90 Franken und wegen Ausfuhrschmuggels mit Fieberthermometern zu 270 Franken Busse. Weil Messerli zollrechtlich vorbestraft war, konnte ihm kein Nachlass gewährt werden. Die Vollzugsbehörde hat die Eintreibung der Bussen eingestellt, nachdem ihr der Verurteilte am 11. Oktober 1949 seine Hospitalisierung wegen Erkrankung an Lungentuberkulose bekanntgegeben hatte. Am 12. Dezember 1952 setzte Messerli die Zolldirektion Schaffhausen von seiner bevorstehenden Entlassung aus dem Sanatorium in Kenntnis und fragte an, wo er sich zur Verbüssung der Strafe zu stellen habe.

Bevor die Frage des weiteren Strafvollzuges abgeklärt war, reichte der Pfarrer und Fürsorger der Bernischen Heilstätte Bellevue in Montana mit Zustimmung des Verurteilten ein Gnadengesuch ein, worin er um gänzlichen oder doch teilweisen Bussenerlass nachsucht. Messerli habe während des ganzen über drei Jahre dauernden Kuraufenthaltes in Montana, für den die öffentliche Fürsorge
des Kantons Bern aufkomme, nie zu Klagen Anlass gegeben. Auf eigene Initiative habe er, sobald es sein Gesundheitszustand erlaubte, mit der Anfertigung und dem Vertrieb kleiner Holzgegenstände begonnen, um die Auslagen für seine Wäsche, Kleider und Toilettengegenstände selbst bestreiten zu können. Auf ärztliche Anordnung hin werde er sich weiterhin in der Höhe aufhalten müssen. Dabei seien ihm infolge der verschiedenen Operationen, denen er sich habe unterziehen müssen, nur leichte Arbeiten gestattet. Der Verurteilte habe sich deshalb entschlossen, zunächst ein bis zwei Jahre in Montana zu bleiben und zu versuchen, sich mit den erwähnten Holzarbeiten durchzuschlagen.

Der gesuchstellende Pfarrer und Fürsorger vertritt die Auffassung, die Begnadigung des Messerli dürfte sich im Hinblick auf dessen anständiges Ver-

459 halten, sowie auch im Hinblick auf dessen schwere und Ungewisse Zukunft rechtfertigen. Der Verurteilte habe seit seiner Internierung hart gebüsst. Eine gewisse Nachsicht sei sicher am Platz.

Dass der Gesuchsteller seinen Verpflichtungen aus den S traf Verfügungen der Oberzolldirektion nicht nachgekommen ist, kann ihm nicht zu seinem Nachteil ausgelegt werden, da er seither andauernd krank und hospitalisiert war und somit erwerbsunfähig gewesen ist. Trotzdem gelangen wir in voller Übereinstimmung mit der Oberzolldirektion zum Schluss, Messerli sei eines Gnadenaktes nicht würdig angesichts seines Vorlebens und insbesondere im Hinblick auf sein Strafregister, das neben zahlreichen gemeinrechtlichen Verurteilungen als letzten Eintrag vor seiner Ausreise nach Deutschland auch eine zweijährige militärgerichtliche Gefängnisstrafe wegen Verletzung militärischer Geheimnisse sowie wegen politischen und militärischen Nachrichtendienstes aus dem Jahre 1940 enthält. Wenn indessen die Zolldirektion Schaffhausen und die Oberzolldirektion in ihren Mitberichten trotzdem dazu kommen, die vollständige Begnadigung zu empfehlen, so deshalb, weil Messerli die Bussen, da nur sehr beschränkt arbeitsfähig, innert nützlicher Frist überhaupt nie werde zahlen können. Es müsste somit beim Gericht die Umwandlung der Bussen in 90 und 27 Tage Haft beantragt werden, was zweifellos verfügt, jedoch nicht vollstreckt werden könnte, da Messerli nach den Angaben des behandelnden Arztes nicht hafterstehungsfähig sei. Die Oberzolldirektion fragt sich deshalb, ob es unter diesen Umständen nicht naheliegend sei, auf weitere Vollzugsmassnahmen zu verzichten, welche sich auf den von schwerer Krankheit kaum genesenen und noch schonungsbedürftigen Messerli bestenfalls als moralischer Druck auswirken könnten.

Die Empfehlung der Oberzolldirektion ist angesichts des strengen Massstabes, den die Begnadigungsbehörde durch all die Jahre hindurch an die Würdigkeit des Gesuchstellers gelegt hat, etwas ungewöhnlich. Doch haben Begnadigungskommission und Bundesversammlung in vereinzelten Fällen schon in früheren Jahren unter ausserordentlichen Voraussetzungen von der gewöhnlichen Praxis abweichende Beschlüsse gefasst. So wurde in der Dezembersession 1947 einem kriegswirtschaftlich zu 3 Monaten Gefängnis und 15 000 Franken Busse verurteilten,
an Tuberkulose erkrankten Metzger die Gefängnisstrafe bedingt erlassen; jedoch wurde die Tilgung der Busse verlangt, weil der Verurteilte, der in einem Höhenkurort einen Metzgereibetrieb besass, Zahlungen leisten konnte. In einem andern Tuberkulosefall, wo die Voraussetzungen in bezug auf die Würdigkeit besser waren, wurden angesichts der Hafterstehungsunfähigkeit eine zweimonatige Gefängnisstrafe und die der Busse entsprechende Umwandlungshaft im Hinblick auf die voraussichtliche völlige Unheilbarkeit der Krankheit in vollem Umfang bedingt erlassen. Anderswo wiederum wurden kleinere Bussen ganz oder teilweise nachgelassen. Vgl. dazu Antrag 84 des Berichtes vom 8. November 1947, BEI III, 434; Anträge 162 und 237 des Berichtes vom 22. Mai 1948, BEI II, 467 und 514; Antrag 158 des Berichtes vom 10. Mai 1948, BEI II, 342. In einem Fall wurde allerdings ein Lungenkranker, dessen

460

Heîlungsaussichten schlecht waren, mit dem Hinweis, dass Krankheit im Hinblick auf die Verbüsstmg einer Freiheitsstrafe keinen Begnadigungsgrund darstelle, abgewiesen, obschon dort nichts Nachteiliges bekannt war (Antrag 15 des Berichtes vom 21. September 1948, BEI III, 228). Angesichts dieser Präjudizien halten wir dafür, es sei bei den hier zweifellos vorhegenden besondern Umständen eine von der gewöhnlichen Norm etwas abweichende Lösung zu verantworten. Wir beantragen deshalb den Erlass der beiden Bussen bis auf einen Betrag von 100 Pranken, die zu tilgen dem Gesuchsteller bei gutem Willen möglich sein sollte, sofern ihm hiezu genügend Zeit eingeräumt wird.

15. Antonio F o r e t t i , 1912, Sattler, Lugano (Tessin), verurteilt durch Straf Verfügungen der Oberzolldirektion vom 27. Februar und 5. Mai 1948 wegen Gehilfenschaft bei Ausfuhrbannbruch und bei versuchten Ausfuhrbannbruchs mit Zigaretten zu Bussen von 4142,22 und 693,34 Franken, je unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung. In beiden Fällen ist Foretti als Organisator und als Vermittler des Schmuggelgutes aufgetreten. - Der Verurteilte beachtete die Zahlungsaufforderungen zunächst nicht; erst nach eingeleiteter Betreibung überwies er in Teilbeträgen insgesamt 850 Franken, stellte seine Zahlungen alsdann ein, so dass die Betreibung zu Ende geführt werden musste. Sie endete mit einem Verlustschein für den Bestbetrag von 4031,56 Franken der an erster Stelle aufgeführten Busse, die vom Gerichtspräsidenten von Lugano am 18. Dezember 1951 in drei Monate Haft umgewandelt worden ist.

Ein erstes Begnadigungsgesuch wurde von der Vereinigten Bundesversammlung in der Junisession 1952 abgewiesen. Massgebend dafür war, dass der Gesuchsteller sieh allein aus Gewinnsucht dem Schmuggel hingegeben hatte, wobei besonders ins Gewicht fiel, dass er nur einen Monat nach Ausfällung der · ersten Busse wiederum die illegale Ausfuhr von Bauchwaren organisierte, was Anlass zur Ausfällung der zweiten Busse bildete. Diese Hemmungslosigkeit und Uneinsichtigkeit erlaubte keinen Gnadenakt (vgl. Antrag 31 des I. Berichtes vom 1. Mai 1952; BB1 II, 41). Da Foretti weitere Zahlungen versprach, schob das Justizdepartement des Kantons Tessin den Vollzug der Haftstrafe auch nach Abweisung des ersten Gesuches weiter hinaus. Nach Tilgung von nochmals
700 Franken reichte der Verurteilte sein zweites Begnadigungsgesuch ein.

Foretti macht geltend, weitere Zahlungen oder gar der Vollzug der Haftstrafe würden für ihn und seine Angehörigen unübersehbare Folgen nach sich ziehen. Er habe das von der Mutter übernommene Lederwarengeschäft wegen erdrückender Konkurrenz aufgeben müssen und betätige sich heute als Sattler.

Diese Verschlechterung der Einkommensverhältnisse und die ihm unerwartet zugefallene Verpflichtung zur Zahlung alter Geschäftsschulden der Mutter und zur Begelung von Schulden von Verwandten verunmöglichten ihm weitere Leistungen. Dazu seien bis vor kurzem auf Grund der Geschäftsübernahme an die Mutter monatlich 300 Franken abzugeben gewesen. Endlich hätten die

461 mit seiner Scheidung in Zusammenhang stehenden Kosten 9000 Franken ausgemacht. Im übrigen behauptet Foretti, noch beute der Überzeugung zu sein, überhaupt nicht gegen die Zollvorschriften verstossen zu haben.

Soweit der Gesuchsteller erneut auf Tatbeständliches Bezug nimmt, ist auf seine Ausführungen nicht näher einzutreten, da die Schuldfrage im Wege der Begnadigung nicht überprüft werden kann. Seinem Begnadigungsgesuch ist diese Einstellung nicht eben dienlich. Seine Behauptungen bestätigen die Uneinsichtigkeit, die ihm schon bei Abweisung des ersten Gesuches vorgeworfen werden musste.

Wie weit eine Verschlechterung in den geschäftlichen und persönlichen Verhältnissen eingetreten ist, lässt sich schwer feststellen, da Foretti nicht einmal den Versuch unternimmt, irgendeines seiner Vorbringen zu belegen. Auch die Erhebungen der Zollverwaltung vermochte kein klares Bild zu erbringen.

Immerhin bezeichnet der Bericht der Oberzolldirektion die materielle Lage des Gesuchstellers als wirklich bescheiden; dieser habe Mühe, sich und seine Familie notdürftig über Wasser zu halten. Andrerseits strenge er sich an, seine heikle Lage einigermassen zu meistern und es habe sicher manchen Verzichtes bedurft, rund einen Drittel des Gesamt bussenbetrages zu tilgen. Da es Foretti voraussichtlich innerhalb annehmbarer Frist überhaupt nicht möglich sein werde, den noch ausstehenden Bussenbetrag aufzubringen, empfiehlt die Oberzolldirektion unter den geschilderten Umständen den bedingten Erlass der Haftstrafe unter der Auflage, dass innerhalb der Probezeit von awei Jahren weitere 1000 Franken des noch ausstehenden Bussenbetrages von 8381,56 Franken abgetragen würden.

Angesicht der erschwerenden Umstände der Tatbegehung sowie der auch im vorliegenden Gesuch wiederum zutage tretenden Uneinsichtigkeit fällt es nicht leicht, einen Gnadenakt zu beantragen. Wenn dies trotzdem geschieht, so hauptsächlich wegen des bisher belesenen, anerkennenswerten Sühnewillens und der in letzter Zeit doch-wohl eingetretenen offenbar unverschuldeten Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse. Der Verurteilte muss sich aber darüber klar gern, dass das von der Zollverwaltung vorgeschlagene Entgegenkommen eine ausserordentliche Milde darstellt. Kein Anlass besteht, die von der Begnadigungsbehörde ordentlicherweise auf drei Jahre
festgesetzte Probezeit zu unterschreiten; durch die Verlängerung der Bewährungsfrist wird für den Verurteilten andrerseits die Zahlungsfrist erstreckt.

Wir beantragen den bedingten Erlass der H a f t s t i a f e von drei Monaten unter Ansetzung einer Probezeit von drei Jahren, verbunden mit der Auflage, innert der Probezeit den Betrag von 1000 Franken abzutragen.

16. Cesare Tallone, 1921, Kaufmann, Lugano (Tessin), verurteilt durch S traf Verfügung des Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes vom 2, Juli 1949 zu Bussen von 7069,34 und 416,67 Franken wegen fortgesetzt begangener Zollhehlerei und wegen Mittäterschaft bei Zollübertretung und Bannbruch in Verbindung mit Hinterziehung der Warenumsatzsteuer. Für beide

462 Bussen konnte ihm wegen vorbehaltloser Unterziehung ein Drittel nachgelassen werden. Tallone hat in den Jahren 1946 bis 1948 die illegale Einfuhr einer grossen Zahl seinem Onkel gehörender Gemälde in die Schweiz organisiert, die Bilder in der Schweiz in Gewahrsam genommen und zu verkaufen gesucht.

Durch Anrechnung eines Teils des Erlöses aus der Verwertung des Schmuggelgutes ermässigte sich der Gesamtbussenbetrag zunächst auf 4472,97 Franken. Da in der Folge keine Zahlungen eingingen, erfolgte am 25. März 1952 die Umwandlung des Restbetrages in drei Monate Haft durch den Gerichtspräsidenten von Mendrisio. Hierauf reichte Tallone das erste Gnadengesuch ein, worin er für den Fall eines Gnadenaktes die Zahlung von 2000 Franken in Aussicht stellte. Die Vereinigte Bundesversammlung lehnte das Gesuch in der Junisession 1952 ab (vgl. Bericht vom 13. Mai 1952; BEI II, 179). Als hierauf der Haftantritt angesetzt wurde, zahlte Tallone 2000 Franken und erhielt damit einen neuen Aufschub. Weitere Zahlungen gingen indessen nicht mehr ein, so dass die Zollbehörde bei der Justizdirektion um den Vollzug der Haftstrafe nachsuchte. Hierauf reichte der Verurteilte ein zweites Gnadengesuch ein.

Tallone ersucht um Erlass oder wenigstens um weitgehende Herabsetzung des Bussenrestes. Unter Hinweis auf die Begründung seines ersten Gesuches macht er geltend, das Opfer seines Onkels gewesen zu sein. Er habe inzwischen seinen Sühnewillen bewiesen, man möge nunmehr seiner bescheidenen finanziellen Lage Eechnung tragen. Die 2000 Franken habe er seinerzeit nur mit Mühe aufbringen können; die Bückerstattung dieses als Darlehen aufgenommenen Betrages in Teilzahlungen mache ihm bereits grosse Mühe.

Schon in den Erwägungen zum ersten Gesuch ist darauf hingewiesen worden, dass hier nicht der Ort für die erneute Überprüfung der Schuldfrage sei.

Die Hinweise auf die angebliche Gutgläubigkeit des Gesuchstellers wider. sprächen dem eindeutig festgestellten Tatbestand. Das erneute Abschieben der Verantwortung weist in heute noch vermehrtem Masse auf die seinerzeit bereits gerügte Einsichtslosigkeit Tallones hin.

Wie die Oberzolldirektion auf Grund der durchgeführten Erhebungen in ihrem Mitbericht ausführt, haben sich die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Gesuchstellers seit der Abweisung des ersten Gesuches in
keiner Weise geändert. Als Junggeselle ohne Belastung mit Unterstützungspflichten verfügt der Gesuchsteller über ein Einkommen, das ihn sehr wohl in die Lage versetzt, Zahlungen an die Busse zu leisten. Kommiserationsgründe fehlen gänzlich. Nicht einmal den wirklich ins Gewicht fallenden Sühnewillen kann der Verurteilte im Grunde für sich ins Treffen führen. Die hauptsächliche Tilgung des Gesamtbussenbetrages erfolgte durch Anrechnung des Erlöses aus Verwertung von Zollpfändern und kostete Tallone überhaupt keine Opfer, da es sich um Eigentum anderer Angeschuldigter handelte. An eigenen Zahlungen hat er lediglich 2000 Franken geleistet, um damit den drohenden Haftvollzug abzuwenden und wiederum Zeit zu gewinnen. Im Gegensatz zu den Schlussfolgerungen der Oberzolldirektion, die trotz dem Fehlen von Kommiserations-

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gründen einen Teilerlass in Vorschlag bringt, halten wir dafür, dem in den besten Jahren stehenden, ledigen und mit keinen Unterstützungspflichten belasteten Gesuchsteller müsse die gänzliche Tilgung der Bussse zugemutet werden. Wir beantragen deshalb die Gesuchsabweisung.

17. Candido Tonacini,1909, Chauffeur,Torricella(Tessin), verurteilt durch Straf Verfügung der Oberzolldirektion vom 8. März 1947 wie folgt: Wegen Zollhehlerei mit Beis, Salami, Butter, grösseren Mengen Textilwaren, einer Bechenmaschine und Angelgeräten zu 1214,80 Pranken Busse; wegen Gehilfenschaft bei Ausfuhrbannbruch mit 2450 Päckchen Zigaretten und 10 kg Bohkaffee für einen Dritten zu 4732,50 Franken Busse. Ein Nachlass konnte wegen Bückfalls nicht gewährt werden. Mit Beschwerdeentscheid des Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes vom 6. März 1948 wurden die beiden Bussen auf 911,10, bzw. 4206,67 Franken herabgesetzt. Am 16. August 1948 erfolgte die Bestätigung der beiden Bussen durch den Bundesrat.

Da Tonacini die Zahlungsaufforderungen nicht beachtete, erfolgte am 14. September 1950 die Umwandlung der beiden Bussen in 77, bzw. 90 Tage Haft durch den Gerichtspräsidenten von Lugano. Tonacini zahlte in der Folge, um den Vollzug der Haftstrafe hinauszuzögern, 600 Franken. Als weitere Leistungen ausblieben, setzte die Vollzugsbehörde den Haftantritt auf den Sl.März 1951 fest, worauf das erste Begnadigungsgesuch einging. Wegen des schlechten Bufes, den Tonaoini genoss (arbeitsscheu, zollrechtlich und wegen Nichtbezahlung des Militärpflichtersatzes vorbestraft), wurde dieses Gesuch von der Vereinigten Bundesversammlung in der Junisession 1951 abgewiesen, unter Ansetzung einer Sperrfrist von 2 Jahren im Sinne des Artikels 895, Abs. 8, StrGB (vgl. Bericht vom 16. Mai 1951; BEI II, 228).

Die Juatizdirektion des Kantons Tessin setzte den Haftbeginn auf den 2. Februar 1952 an. Bereits nach Verbüssung von 41 Tagen musste Tonacini auf Grund eines Berichtes des G.efängnisarztes aus gesundheitlichen Gründen vorläufig entlassen werden. Zu verbüssen blieben noch 66 Tage Haft.

Am 19. März 1958, also vor Ablauf der Sperrfrist von zwei Jahren, ersuchte Tonacini erneut um Begnadigung. Er machte geltend, Zahlungen an die Bussen geleistet und einen Teil der Haftstrafen verbüsst zu haben. Nicht nur habe sich sein Leiden seither verschlechtert,
sondern es sei auch zu befürchten, dass es sich um eine unheilbare Krankheit handle. Durch seine Krankheiten sei er auch in finanzieller Hinsicht in eine kritische Lage geraten. Trotz gutem Willen habe er seinen Verpflichtungen aus den beiden Strafverfügungen nicht nachkommen können. Der dem Gesuch beigelegten Bescheinigung sei zu entnehmen, dass er bereits die kantonale öffentliche Fürsorge habe in Anspruch nehmen müssen.

Nach den bei den Akten liegenden Erhebungsberichten der Zollbehörden hat sich die finanzielle Lage des Gesuchstellers seit Abweisung des ersten Gesuches nicht grundlegend geändert. Dass Tonacini seither einen Teil der Haftstrafen verbüsst hat, ist an sich für die Frage einer allfälligen Begnadigung un-

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erheblich. Neu ist lediglich der Umstand, dass Tonacini nach den vorliegenden Arztberichten tatsächlich mit einem Leiden behaftet ist. Bei Behandlung des ersten Gesuches war dies zwar ebenfalls geltend gemacht worden, musste jedoch als unzutreffend bezeichnet werden; es handelte sich damals um eine andere Krankheit. Sind auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Gesuchstellers als bescheiden zu bezeichnen, so vermag sich dieser Umstand angesichts des Fehlens einer eigentlichen Verschlechterung und im Hinblick auf die frühere jahrelange Säumnis für die Beurteilung des Gesuches nicht positiv auszuwirken. Andrerseits vermag die Krankheit nach ständiger Praxis der Begnadigungsbehörde keinen Gnadenakt zu begründen, weil die Hafterstehungsunfähigkeit bereits in den Verjährungsbestimmungen des Schweizerischen Strafgesetzbuches ihre Berücksichtigung findet und bei längerem Andauern der dazu führenden Gründe selbständig die Vollstreckungsverjährung eintritt. Nun besteht aber nach dem durch die Vollzugsbehörde neuerdings eingeholten amtsärztlichen Gutachten keineswegs völlige Hafterstehungsunfähigkeit. Tonacini ist vielmehr in der Lage, zunächst einmal wenigstens 15 Tage Haft zu verbüssen, wonach der Amtsarzt dann weiter zu entscheiden haben wird. Unter diesen Umständen stimmen wir mit der Oberzolldirektion darin überein, dass der Erlass der noch zu verbüssenden Haftstrafe von 66 Tagen sich auch im Hinblick auf die Erwägungen über die fehlende Würdigkeit im Antrag zum ersten Gesuch nicht genügend begründen lässt und dass es Sache der kantonalen Behörde sein wird, den Vollzug der noch zu verbüssenden Strafe nach Massgabe des amtsärztlichen Gutachtens durchzuführen. Wir beantragen die Gesuchsabweisung.

18. Giovanbattista Verga, 1902, italienischer Staatsangehöriger, Kaufmann, Como (Italien), verurteilt durch S traf Verfügung der Öberzolldirektion vom 1. April 1948 zu 2550,67 Franken Busse wegen Einfuhrschmuggels mit Eeis, Damenkleidern, Seidenstrümpfen, Brillengestellen und verschiedenen andern Waren und durch Strafverfügung des Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes vom 6. April 1948 zu 9263,34 Franken Busse wegen verbotener Ausfuhr von Zigaretten, Saccharin und anderen Waren. Für beide Bussen konnte wegen vorbehaltloser Unterziehung je ein Drittel nachgelassen werden. Beschwerden gegen diese
Strafverfügungen wurden vom Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement bzw. vom Bundesrat abgewiesen.

Um seine Entlassung aus der Kollusionshaft zu erreichen, hat Verga als Sicherheit 8000 Franken hinterlegt. Nach Abrechnung der hinterzogenen Einfuhrausgaben und Deckung der von der Oberzolldirektion ausgesprochenen Busse, sowie einer solchen der Alkoholverwaltung verblieben zur Anrechnung an die Ausfuhrbusse noch 4548,83 Franken, so dass noch 4714,51 Franken zu tilgen waren. Den Verga durch Vermittlung seines Schweizer Anwaltes übermittelten Zahlungsaufforderungen wurde keine Folge geleistet. Am 27. Mai 1950 reichte der Verurteilte ein erstes Begnadigungsgesuch ein, das von der Vereinigten Bundesversammlung in der Wintersession 1950 abgewiesen wurde. Die Begnadigungsbehörde liess sich bei ihrem Entscheid von der Erwägung leiten,

465 es lägen keine Kommiserationsgründe vor. Die Umstände der Tatbegehung (über längere Zeit hinweg gewerbsmässig betriebener Schmuggel; eingebautes Versteck im Benzintank eines Automobils) liessen den Gesuchsteller auch bei Vorliegen von Begnadigungsgründen als wenig würdig erscheinen (Bericht des Bundesrates vom 2. November 1950; BEI III, 314). Da Verga in der Folge keine Zahlungen leistete, wurde die Busse vom Gerichtspräsidenten von Mendrisio am 17. Mai 1951 in drei Monate Haft umgewandelt.

Verga erneuert sein Gesuch, ohne indessen irgendwelche neuen Gründe für seine Begnadigung vorzubringen. Er wiederholt lediglich, was bereits im Beschwerdeverfahren und bei Behandlung des ersten Gesuches geltend gemacht worden war und als Falschbehauptung oder als unerheblich nicht berücksichtigt werden konnte. Darauf erneut zurückzukommen, ist nicht möglich.

Wir verweisen auf den ausführlichen Mitbericht der Oberzolldirektion vom 3. Juni 1953. Wenn Verga auch heute wieder behauptet, sich in misslichen finanziellen Verhältnissen zu befinden, so lässt er es am Beweis dafür vollständig fehlen. Eine Überprüfung seiner wirtschaftlichen Lage ist angesichts seines Wohnsitzes im Ausland jedoch unmöglich. Es lässt sich lediglich feststellen, dass der Verurteilte, abgesehen von der nur seiner Freilassung dienenden Zahlung von 8000 Franken, trotz den an ihn ergangenen Zahlungsaufforderungen der Vollzugsbehörde überhaupt keine Anstrengungen unternommen hat.

Es will uns scheinen, dass es ihm doch möglich gewesen wäre, durch angemessene Teilzahlungen in den bald 6 Jahren seit der Verurteilung wenigstens seinen guten Willen zu bekunden. Gerade an diesem guten .Willen hat es der Verurteilte aber fehlen lassen. Diese Erwägungen und die bereits im Antrag zum ersten Gesuch enthaltenen unverändert fortbestehenden, auf die Unwürdigkeit des Gesuchstellers hinweisenden Umstände veranlassen uns, wiederum die Gesuchsabweisung zu beantragen.

19. Hans V e t t e r , 1911, deutscher Staatsangehöriger, Maschinenbauer, Lörrach (Deutschland), durch Strafverfügung der Oberzolldirektion vom 9, Juni 1948 wegen Bannbruchs zu 2080 Franken Busse verurteilt, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung. Vetter hat durch einen Dritten unter zwei Malen insgesamt 6 Einspritzpumpen für Dieselmotoren widerrechtlich in die Schweiz
einführen lassen. Die gegen die Strafverfügung eingereichte Beschwerde wurde vom Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement am 27. Juli 1948 unter Zubilligung von Zahlungserleichterungen abgewiesen. Der Verurteilte zahlte zunächst nur 20,60 Franken, so dass zur Verwertung des als Zollpfand beschlagnahmten Schmuggelgutes geschritten werden musste. Aus dem Erlös konnten 574,50 Franken an die Busse angerechnet werden. Daraufhin gingen innerhalb Jahresfrist weitere 448,50 Franken in unregelmässigen Teilzahlungen ein. Nachher ergab sich während 1% Jahren wiederum ein völliger Stillstand, der die Vollzugsbehörde schliesslich zur Einreichung des Umwandlungsbcgehrens zwang. Dieses wurde im Hinblick auf das vorliegende Gnadengesuch wieder zurückgezogen.

466 Vetter ersucht um Erlass des sich noch auf 1087,40 Franken belaufenden Bussenrestes. Er macht geltend, seine Verurteilung habe das ihre zum tragischen Tod seiner Ehefrau beigetragen. Er selbst sei wiederum an seinem immer wiederkehrenden Hautleiden erkrankt und vorübergehend arbeitsunfähig. Dabei müsse er nicht nur für seinen elfjährigen Knaben, sondern auch noch für seine betagte Mutter aufkommen.

Der Tod der Ehefrau des Verurteilten lässt sich schwerlich als ins Gewicht fallender Begnadigungsgrund werten. Lässt sich doch überhaupt nicht feststellen, ob in dieser Eichtung tatsächlich irgendwelche Zusammenhänge bestehen. Hinsichtlich der finanziellen Lage ist keine grundlegende Verschlechterung seit dem Urteil nachgewiesen, Wohl hat der Todesfall Kosten verursacht und die wirtschaftliche Lage dürfte auch eine gewisse Einbusse erfahren haben infolge der durch das Hautleiden bedingten Arbeitsunfähigkeit. Dieser Bückschlag ist indessen vorübergehend. Was namentlich den Hautausschlag anbetrifft, so kann dem bei den Akten liegenden Arztbericht entnommen werden, dass es sich um eine seit vielen Jahren bestehende allergische Krankheit handle, die dauernd zu Rückfällen neige. Es lägen somit hier keine eigentliche neuen Tatsachen vor. Wir können uns unter diesen Umständen dem Antrag der Oberzolldirektion auf gänzlichen Erlass des Bussenrestes nicht anschliesseh. Wir halten dafür, dass Vetter weitere Leistungen durchaus zugemutet werden können. Dass seine Zahlungen übrigens ohne jeden Zwang erfolgt seien, wie die Oberzolldirektion in ihrem Mitbericht annimmt, scheint uns nur bedingt richtig zu sein. Im Falle der Umwandlung der Busse in Haft hätte er nicht mehr in die Schweiz kommen können, ohne damit rechnen zu müssen, zum Haftvollzug eingezogen zu werden. Dass er es unter keinen Umständen dazu kommen lassen wollte, zeigt der sofortige Eingang des Gnadengesuches nach erfolgter Einreichung des Umwandlungsbegehrens durch die Vollzugsbehörde. Überdies stünde eine allzu grosse Milde auch in Widerspruch zu früheren Entscheiden der Begnadigungsbehörde in ähnlich gelagerten Fällen (vgl. z. B. Antrag 10 des Berichtes vom 18. November 1952 oder Antrag 27 des Berichtes vom 13. Mai 1953, wo jeweils die Gesuchsabweisung erfolgte). Vetter wird es als weitgehendes Entgegenkommen zu würdigen haben, wenn ihm ein
Teilerlass gewährt wird. In Würdigung aller Umstände b e a n t r a g e n wir die hälftige Herabsetzung des noch ausstehenden Bussenrestes auf 500 Franken.

20. Jakob Werner, 1910, deutscher Staatsangehöriger, Kaufmann, Konstanz (Deutschland), verurteilt durch Strafverfügung der Oberzolldirektion vom 8. Juni 1948, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung zu 1498,60 Franken Busse, weil er im Herbst 1946 einen schweizerischen Grenzwächter angestiftet hat, einen Posten Spezialstahl in die Schweiz zu schmuggeln. Aus dem Erlös der nicht dem Verurteilten gehörenden Zollpfänder konnten ihm 517 Franken an die Busse angerechnet werden. Ein erstes Gnadengesuch, das Werner einreichte, bevor überhaupt irgendwelche Anstrengung zur

467 Bussentilgung unternommen worden war, hat die Bundesversammlung in der Junisession 1949 abgewiesen (Antrag 95 des Berichtes vom 18. Mai 1949 ; BEI I, 1032). Auf die dann an den Verurteilten ergangenen Zahlungsaufforderungen hin liess dieser nichts von sich hören. Zur Umwandlungsverhandlung erschien er nicht und liess sich auch nicht durch seinen damaligen Bechtsbeistand vertreten; er ersuchte lediglich schriftlich, das Gericht möge ihm die Strafe in Gnade erlassen. Das Kantonsgericht des Kantons Schaffhausen wandelte die Busse am 15. Februar 1950 in 90 Tage Haft um. Werner hat sich weder zum Urteil geäussert noch zum Strafvollzug gestellt. Erst volle drei Jahre später meldete er sich wieder mit einem neuen Gnadengesuch.

Werner ersucht um Erlass der Strafe. Zur Begründung übt er Kritik an der Durchführung der seinerzeitigen Untersuchung und erhebt Beschuldigungen gegen die beteiligten Beamten der schweizerischen Zollfahndung. Heute werde er öfters von Geschäftsfreunden zu Fahrten in die Schweiz eingeladen und komme dabei jeweils in Verlegenheit, wenn er ihnen den wahren Grund seiner Ablehnung nicht mitteilen könne.

Die Beschuldigungen im Gesuch hat Werner anlässlich einer Aussprache mit den Organen der Zolldirektion Schaffhausen richtiggestellt. Es mutete zum vornherein eigentümlich an, dass diese Beanstandungen nicht bereits bei Einreichung des ersten Gesuches vorgebracht worden wären, wenn sie tatsächlich auf Tatsachen fussten. Der Hinweis auf Geschäftsreisen nach der Schweiz bildet andererseits keinen Grund für eine Begnadigung. Geschäftlich hat der Gesuchsteller als Vertreter einer deutschen Automarke für den Bezirk Konstanz in der Schweiz wohl kaum etwas zu tun. Aber selbst wenn dies der Fall wäre, müssten wir uns angesichts des völlig fehlenden Sühne- und Zahlungswillens des Verurteilten gegen einen Gnadenakt aussprechen. Auch die möglicherweise eingetretene Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage vermöchte unter den gegebenen Umständen ein Entgegenkommen nicht zu rechtfertigen. Wir beantragen deshalb mit der Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

21. Emil Wirz, 1898, Chemiearbeiter, Basel, verurteilt durch Strafverfügung des Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes vom 29. November 1948 wegen Zollübertretung und Bannbruchs in Verbindung mit Hinterziehung der Warenumsatz-
und Luxussteuer, sowie wegen Ausfuhrbannbruchs zu Bussen von 26 268 und 2709,84 Franken, unter Nachlass je eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung. Wirz liess im Frühjahr 1947 ein seinem Schwager gehörendes, Kugellager, Radioröhren, Lockenwickler und Plattenspieler enthaltendes Warenlager illegal in die Schweiz verbringen, wo er das Schmuggelgut verkaufte. Aus einem Teil des Erlöses erwarb er ausfuhrverbotene Waren wie Uhren, Saccharin, Schokolade, Zündsteine u. a. m., die er unter Umgehung der Zollkontrolle nach Deutschland schaffen liess. Beschwerden gegen die beiden Strafverfügungen wurden vom Bundesrat am 25. Oktober 1949 abgewiesen.

Wirz begann mit den Zahlungen erst, als ihm die Durchführung des Betreibungsverfahrens drohte. Vom August 1950 hinweg überwies er während drei Jahren

468 in regelmässigen Teilzahlungen insgesamt 1480 Franken, die an die kleinere Busse angerechnet wurden. Diese beträgt demnach heute noch 1229,34 Franken.

Wirz ersucht um gnadenweisen Erlass der noch ausstehenden Bussenbetrage. Er behauptet, bei diesen Schmuggelhandlungen keinen Gewinn erzielt zu haben. Es sei ihm. lediglich darum zu tun gewesen, seinem Schwager in Deutschland zu helfen. Als einfachem Chemiearbeiter seien ihm die bisherigen Zahlungen schwer gefallen. Sein Sohn sei noch in der Lehre und er selbst sei über ein Jahr krank gewesen. Er könne lediglich noch leichte Arbeiten ausführen. Eine Verschlechterung der finanziellen Lage des Gesuchstellers seit dem Urteil ist nicht nachgewiesen. Er hat lediglich für Frau und Sohn zu sorgen, wobei letzterer im dritten Lehrjahr steht und somit selbst schon ein bescheidenes Einkommen bezieht. Dagegen ist ein Herzleiden ärztlich bescheinigt, das die körperliche Leistungsfähigkeit des Verurteilten daiiernd schwer herabsetze und mit dessen Heilung nicht gerechnet werden könne.

Die Vollzugsbehörde erachtet die bisherigen Leistungen, gemessen am Gesamteinkommen der Familie, nicht als aussergewöhnlich. Eine Verschlechterung der finanziellen Lage sei nicht eingetreten, da das Leiden wenigstens bisher ohne Einfluss auf das Einkommen geblieben sei. Die Gnadengesuche der beiden Mitbeschuldigten, die der Verurteilte zum Schmuggel veranlasst habe, seien teilweise abgewiesen worden, was hier zu berücksichtigen sei (Antrag Max Hügel, BEI 1951, III, 653; Antrag Fritz Thommen, BB1 1952, III, 577), In Würdigung all dieser Umstände gelangt die Oberzolldirektion zum Schiusa, zunächst müsse Wirz die gänzliche Tilgung der Eestbusse von 1229,34 Franken zugemutet werden. Nach Umwandlung der-höheren Busse, die der Verurteilte voraussichtlich nie zu tilgen in der Lage sein werde, könne dann möglicherweise später der bedingte Erlass für die Haftstrafe in Erwägung gezogen werden.

Wir sind ebenfalls der Meinung, dass Wirz weitere Zahlungen zugemutet werden müssen. Seine Vorbringen und das sich daraus ergebende Bild von seiner derzeitigen Lage lassen an sich einen Gna,denakt nur schwer begründen, weil es heute an einer nachweisbar eingetretenen Verschlechterung der wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse fehlt. Eichtet man indessen den Blick in die Zukunft, so sind
die Aussichten angesichts des ungünstigen ärztlichen Befundes schlecht. Wirz wird, wie die Oberzolldirektion ausdrücklich erwähnt, den gesamten Bussenbetrag nie erlegen können, weshalb sie denn auch jetzt schon für die Zunkunft einen Erlass ins Auge fasst. Bei dieser Sachlage fragen wir uns, ob es nicht gegeben wäre, jetzt schon im Gnadenwege eine Regelung herbeizuführen, welche der voraussehenden Entwicklung Eechnung trägt. Jedenfalls möchten wir uns gegen das von der Vollzugsbehörde in Aussicht genommene Vorgehen aussprechen, wonach zuerst das Uniwandlungsverfahren durchzuführen sei, das seinerseits den Beweis der Unoinbringlichkeit der Busse im Wege der Betreibung und Zwangsverwertung voraussetzt. Es hat keinen Sinn, die ganze Habe des Verurteilten zunächst in einer Zwangsverwertung zu ungünstigsten Bedingungen zu liquideren, wenn dabei schon heute die Begnadigung in Aussicht genommen wird.

469 Geht man davon aus, Wirz habe für die Tilgung der bisher erlegten rund 1500 Franken drei Jahre gebraucht und es sei ihm bei seinem heutigen Einkommen und den eher abnehmenden Familienlasten ohne weiteres eine bescheidene Erhöhung der bisher geleisteten Monatsbetreffnisse von 40 Franken möglich, so muss ihm zugemutet werden, den noch ausstehenden Best der kleineren Busse, sowie auch einen Bruchteil der noch völlig ausstehenden zweiten Busse zu erlegen. Wie b e a n t r a g e n deshalb die H e r a b s e t z u n g der Busse von 26268 Franken auf 800 Franken, so dass Wirz insgesamt noch 2029,84 Franken zu zahlen haben wird, wofür ihm bei feststellbaremSühnewillen weiterhin seinen Einkommensverhältnissen entsprechende Zahlungserleichterungen zugesichert werden.

Gemäss den Vorschriften über die Sicherstellung der Landesversorgung mit Lebeiis- und Futtermitteln sind verurteilt worden (22-26) : 22. Karl Berweger, 1924, Metzger, Speicherschweridi (Appenzell-Ausserrhoden), verurteilt am 14, März 1949 vom 9. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu 2500 Franken Busse, weil er in den Jahren 1946 und 1947 14 Sehweine schwarz geschlachtet und Fleisch ohne Eationierungsausweise abgegeben hat.

Die Busse wurde vom gleichen Gericht am 10. Juli 1950 in drei Monate Haft umgewandelt. Nach Zahlung von 10 Franken reichte Berweger ein erstes Begnadigungsgesuch ein, das aber abgewiesen wurde, unter Hinweis auf den vom Umwandlungsgericht festgestellten schlechten Zahlungswillen und eine im Jahre 1950 erfolgte Verurteilung wegen Tätlichkeiten und einfacher Körperverletzung. Ausdrücklich offen gelassen wurde damals die von der Vollzugsbehörde aufgeworfene Frage, ob gegenüber einem späteren Gesuch möglicherweise eine mildere Beurteilung erfolgen könnte, sofern Berweger während längerer Zeit regehnässig angemessene Zahlungen leisten und sich auch sonst so verhalten würde, dass ihm in jenem Zeitpunkt ein gutes Leumundszeugnis ausgestellt werden könnte (vgl. Antrag 4l des Berichtes volt 9. Mai 1951; BEI II 99). Der Verurteilte hat daraufhin monatliche Teilzahlungen aufgenommen und diese auch pünktlich eingehalten.

Im April 1952 ersuchte mit Zustimmung des Verurteilten dessen Heimatgemeinde Stein (A.Eh.) hinsichtlich des noch ausstehenden Bussenbetrages von 2085 Franken erneut um Begnadigung. Es wurde geltend gemacht, der
Gemeinderat von Stein könne als Armenbehörde keine Zahlungen an die Busse leisten. Der Gesuchsteller selbst verfüge nur über ein geringes Einkommen und Vermögen fehle überhaupt. Auch von dritter Seite habe Berweger keine Hilfe zu erwarten.

Müsste er die Haft verbüssen, so wäre dies für die Familie ein ausserordentlich harter Schlag.

Da das Gesuch im Hinblick auf die Gesamtumstände des Falles und die relativ geringe Gesamtsumme der bisherigen Teilzahlungen eindeutig verfrüht erschien, um den Antrag auf endgültige Erledigung zu rechtfertigen, wurde es nach Bücksprache und im Einverständnis der gesuchstellenden Gemeindebehörde und des Verurteilten um ein Jahr zurückgestellt. Berweger hat während Bundesblatt. 105. Jahrg. Bd. III.

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dieser Zeit weiterhin regelmässige Teilzahlungen erbracht, so dass vorn Zeitpunkt der Behandlung des Gesuches durch die Bundesversammlung an von der Busse noch 1760 Franken ausstehen werden.

Bei der Beurteilung des Gesuches darf nunmehr festgestellt werden, dass der Verurteilte seinen Zahlungswillen unter Beweis gestellt hat und die frühere Säumnis angesichts der nachweisbar ärmlichen Verhältnisse nicht ohne Schwierigkeiten wieder gut zu machen versuchte. Nach dem neu eingeholten Leumundsbericht steht ferner fest, dass sich Berweger seit Abweisung des ersten Gesuches in jeder Eichtung gut gehalten hat. Unter diesen Umständen möchten wir heute mit dem Generalsekretariat ein Entgegenkommen befürworten. Wir beantragen den bedingten Erlass der sich immer noch auf drei Monate belaufenden Haftstrafe, unter Ansetzung einer Probezeit von drei Jahren.

23. Alfonso Camozzi, 1917, Maler, Schaffhausen, verurteilt am 25. Februar 1949 vom 7. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu 2000 Franken Busse, weil er in den Jahren 1945/46 umfangreiche Schwarzschlachtungen vornahm.

Die Tiere hatte er zu übersetzten Preisen gekauft; das angefallene Fleisch verkaufte er alsdann unter Umgehung der Bationierungsvorschriften. - An die Busse wurde bisher nichts bezahlt.

Camozzi ersucht um Erlass der Busse. Angesichts der seit dem Urteil erlittenen -wirtschaftlichen Eückschläge sei es ihm nicht möglich, diese Schuld zu tilgen. So habe er sein Cpmestiblegeschäft aufgeben müssen und betätige sich nunmehr als bescheidener Maler bei einem Meister in Schaffhausen. Von seinen Gläubigern werde er andauernd bedrängt. Überdies habe er seine Mutter zu unterstützen.

Die Angaben des Verurteilten im Gesuch haben sich bestätigt. Er hat sein Geschäft aufgeben müssen; was ihm verblieb, sind Schulden. Ein Teil seines Lohnes ist denn auch gepfändet. Nach Abzug dieses Betrages und der Kosten für Unterkunft und Verpflegung sowie der an die Mutter geleisteten monatlichen Unterstützung von 70 Franken, verbleiben ihm für seine persönlichen Bedürfnisse noch rund 100 Franken. Daraus wird er auch die Zahlungen an die Busse leisten müssen.

Das Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaf tsdepartementes vertritt die Auffassung, es dürfe angesichts dieser Sachlage ein Teilerlass ins Auge gefasst werden. Eine Verschlechterung sei in den
finanziellen Verhältnissen Camozzis seit dem Urteil zweifellos eingetreten. Die Bundesanwaltschaft hat das ihr vom Generalsekretariat Mitte April 1958 vorgelegte Gesuch vorerst zurückgelegt, um dem Gesuchsteller zunächst einmal Gelegenheit zu geben, seinen Zahlungswülen unter Beweis zu stellen. Er hat seither regelmassig jeden Monat 10 Franken überwiesen. Wir möchten diese zwar eher bescheidene Kundgebung gelten lassen und im Hinblick auf die heutige bescheidene Lage des Gosuchstellers und dessen anscheinend untadeligen Leumund einen Teilerlass befürworten. Wir beantragen mit dem Generalsekre-

471 tariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdeparteraentea die Herabsetzung der Busse auf 800 Franken, unter Zubilligung angemessener Zahlungserleichterungen, 24. Giuseppe Salmina, 1896, Landwirt, Intragna (Tessili), verurteilt am 18. März 1952 vom kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgericht, in Bestätigung des erstinstanaliohen Urteils, zu 130 Franken Busse, weil er ab Juli 1949 in seinem Betrieb gewonnene Milch unter Umgehung der Ablieferungspflicht direkt an Konsumenten verkaufte. Noch während dem Berufungsverfahren setzte Salmina seine Verfehlungen fort, so dass ein neues Strafverfahren eingeleitet werden musste, das mit dem Urteil des kriegswirtschaftlichen Straf appellationsgerichtes vom 19. März 1958 seinen Abschhiss fand : Salmina wurde, in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils, zu einer weiteren Busse von 800 Franken verurteilt.

Trotz den an ihn ergangenen Zahlungsaufforderungen hat Salmina bis anhin überhaupt nichts bezahlt. Ein erstes Gnadengesuch für die Busse von 130 Franken wurde von der Vereinigten Bundesversammlung im Sinne des Antrages des Bundesrates abgewiesen (Antrag 82 des Berichtes vom 18. Mai 1953; BEI II, 441). Kurz nach Eröffnung dieses Entscheides reichte der Verurteilte für beide Bussen ein neues Gesuch ein.

Salmina ersucht um Erlass der sich aus den beiden Urteilen für ihn ergebenden Verpflichtungen. Er weist auf sein geringes Einkommen hin. Ein Hagelwetter habe die Weinernte beeinträchtigt. Er sei nicht mehr jung, und die Gesundheit seines Bruders und der Verwandten, mit der er zusammenlebe, lasse zu wünschen übrig.

Auf das Gesuch kann nur eingetreten werden, soweit es sich auf die Bussen bezieht, da im Wege der Begnadigung lediglich Strafen erlassen werden können.

Soweit eingetreten werden kann, ist es abzuweisen. Der Gesuchsteller macht keine ins Gewicht fallenden Tatsachen geltend, die nicht bereits von der Berufungsinstanz und bei Abweisung des ersten Gesuches durch die Begnadigungsbohörde gewürdigt worden wären. Eine Verschlechterung der persönlichen oder finanziellen Verhältnisse ist nicht nachgewiesen. Sein Ersuchen geht somit lediglich darauf aus, das Urteil des Gerichts durch die Begnadigungsbehörde einer neuen Überprüfung unterziehen zu lassen. Wie immer wieder betont worden ist, kann diesem Wunsche nicht entsprochen werden, da die Begnadigungsbehörde
es ablehnt, als Oberappellationsinstanz zu walten und rechtskräftige Urteile zu überprüfen. So wie die Dinge hegen, dürfte eindeutig feststehen, dass Salmina nicht zahlen will, obschon er durchaus in der Lage wäre, bei gutem Willen wenigstens Teilzahlungen zu leisten. Dieses Verhalten verdient kein Entgegenkommen, weshalb wir mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die G e s u c h s a b w e i s u n g beantragen, bei gleichzeitiger Ansetzungeiner S p e r r f r i s t von 2 Jahr en im Sinne von Artikel 395, Absatz 3 StGB.

472 25. Paolo Soldini, 1917, Metzger, Novazzano (Tessin), verurteilt am 28.Februar 1945 vom. kriegswirtschaftlichen Straf appellationsgericht, in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils, zu l Monat Gefängnis mit bedingtem Strafvolbug und zu 3000 Franken Busse wegen umfangreicher Schwarzschlachtungen, Überschreitung der Schlachtgewichtszuteihmgen und Verkaufs von Fleisch ohne Entgegennahme von. Eationierungsausweisen. Ferner am 15. September 1945 vom Einzelrichter des 7. kriegswirtschaftlichen Strafgerichts wegen Überschreitens der Schlachtgewichtszuteilungen zu 50 Franken Busse.

Endlich am 7.August 1948 wegen, Schwarzschlachtungen und Nichtführens der Schlachtkontrolle zu 700 Franken Busse. - Soldini hat bisher insgesamt 2100 Franken an die Bussen abgetragen; die letzte Teilzahlung ging am 22. Juni 1946 ein.

Der Verurteilte ersucht um Begnadigung. Er macht geltend, an den Gesamtbussenbetrag von rund 6000 Franken bereits 3000 Franken abgetragen zu haben. Er habe damit angesichts seiner bescheidenen Verhältnisse seinen Sühnewillen unter Beweis gestellt.

Nach Artikel 75 StGB tritt die absolute Vollstreckungsverjährung ein, wenn die ordentliche Verjährungsfrist um die Hälfte überschritten ist. Da die ordentliche Verjährungsfrist hier 5 Jahre beträgt (Art. 73, Zif. l StGB), sind die beiden erstgenannten Strafen bereits verjährt, und es ist auf das Gesuch nurmehr einzutreten, soweit es sich auf die Busse von 700 Franken bezieht. Die bisherigen Leistungen mit letzter Zahlung vom 22. Juni 1946 können ausschhesslich an die. heute verjährt en Bussenf orderungen angerechnet werden. Die im August 1948 ausgefällte Busse von 700 Franken steht somit noch gänzlich aus.

Die Angaben des Verurteilten über seine missliche finanzielle Lage können, wie die Erhebungen zeigten, nicht zutreffen. Nach den Steuereinschätzungen sind Einkommen und Vermögen Soldinis seit dem Jahre 1945 anhaltend im Ansteigen begriffen. Heute verfügt er ganz zweifellos über die Mittel zur Tilgung der Busse. Selbst wenn aber seine Angaben der Wahrheit entsprechen würden, müsste ein gnadenweises Entgegenkommen angesicht der während Jahren fortgesetzt begangenen Verfehlungen abgelehnt werden. Wir b e a n t r a g e n mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchs ab Weisung.

26. Angelo Zappa, 1920,
Metzger, Lugano (Tessin), verurteilt am 25..Februar 1949 vom 7. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu 2000 Franken Busse wegen Scbwarzschlachtungen, Gewichtsdrückungen, Ankaufs von Vieh zu übersetzten Preisen, sowie wegen Abgabe von Fleisch ohne Entgegennahme von Eationierungsausweisen. Durch die einmalige Zahlung von 50 Franken und nach Anrechnung des nach Tilgung von Verfahrenskosten und geschuldeten Verzugszinsen noch verbleibenden ^Restbetrages einer Nachlassdividende hat Zappa heute noch 1657,50 Franken abzutragen.

Der Verurteilte ersucht um gänzlichen oder teilweisen Erlass des noch ausstehenden Bussenrestes, mit Hinweis auf seine missliche finanzielle Lage, unter der auch seine Familie zu leiden habe.

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Zappa hat trotz dem Abschluss eines Nachlassvertrages seine Metzgerei aufgeben müssen. Er arbeitet heute zu einem bescheidenen Lohn bei einem Metzgermeister in Viganello, Nach -wie vor sind Betreibungen gegen ihn hängig. Ein Teil seines Einkommens unterhegt der Lohnpfändung. Der Gesuchsteller lebt in kinderloser Ehe ; doch entstehen ihm offenbar fortlaufend Kosten für Behandlung und Pflege seiner etwas kränklichen Frau. Von den Wohnortsbehörden wird ihm ein gutes Zeugnis ausgestellt.

Die finanzielle Lage Zappas hat sich nach den heute vorliegenden Unterlagen seit dem Urteil offenbar nicht unerheblich verschlechtert. Da die Voraussetzungen für ein Entgegenkommen auch hinsichtlich der Würdigkeit des Gesuchstellers gegeben sind, möchten wir mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes einen Teilerlass von rund zwei Dritteln des noch ausstehenden Bussenrestes befürworten, womit dem Alter und der zu erwartenden finanziellen Erholung des Gesuchstellers angemessen Eechnung getragen zu sein scheint. Wir b e a n t r a g e n deshalb die Herabsetzung der noch a u s s t e h e n d e n Bussensumine auf 500 Franken unter Zubilligung weiterer Zahlungserleichtemngen an den Gesuchsteller.

Gemäss den Vorschriften über die Kosten der Lebenshaltung und den Schutz der regulären Marktversorgung sind verurteilt worden (27, 28) : 27. Serge Cornut, 1901, Elektriker, zur Zeit unbekannten Aufenthaltes, verurteilt am 80. Juni 1950 vom 10. kriegswirtschaftlichen Strafgericht wegen verbotener Schiebereien mit Gold zu 200 Franken Busse und zur Ablieferung eines widerrechtlichen Gewinnes von 2323 Franken an den Bund. Die Busse wurde vom kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgericht am 6. Juli 1958 in 20 Tage Haft umgewandelt.

Cornut ersucht um Rüekwandlung der Haftstrafe in Busse. Er vcrbüsse eine Gefängnisstrafe wegen eines Vermögensdeliktes und habe sich fest vorgenommen, sich nach der bevorstehenden Entlassung ehrlich durchs Leben zu bringen und fleissig seinem Beruf nachzugehen.

Der Gesuchsteller macht überhaupt keine Kommiserationsgründe geltend.

Es handelt sich bei ihm um einen Eückfälhgen, der früher bereits viermal wegen kriegswirtschaftlicher Vergehen gebüsst werden musste. Sein Strafregister enthält überdies verschiedene Einträge über gemeinrechtliche Verurteilungen, so lediglich
aus den Jahren 1951 und 1952 vier Gefängnisstrafen wegen Veruntreuung. Wir können unter diesen Umständen einen Gnadenakt nicht befürworten. Eine Bückwandlung der Haftstrafe in Busse wäre nach bisheriger Praxis ohnehin nicht möglich. Wir b e a n t r a g e n deshalb die Gesuchsabweisung.

Ob die Vollzugsbehörde allenfalls bereit wäre, Cornut zu gestatten, seine Busse nachträglich noch abzutragen, erscheint fraglich, da er bisher an die ihm auferlegten Bussen im Gesamtbetrag von mehreren tausend Franken in all den Jahren lediglich 150 Franken bezahlt hat.

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28. David Marelli, 1914, Tischler, Genf, verurteilt am 19.Dezember 1949 vom 8. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu 1000 Franken Busse und zur Ablieferung eines widerrechtlich erzielten Gewinnes von 200 Franken, weil er im Juni 1947 unter Entgegennahme einer Entschädigung die Abtretung einer Mietwohnung gegen den Kauf von Möbeln zum Preise von 2000 Franken vermittelt hat, wobei aber dieses Mobiliar einen Wert von höchstens 650 Franken aufwies ; ferner weil er im Juni 1948 die Abtretung seiner eigenen "Wohnung abhängig machte vom Kauf von Mobiliar zum Preise von 4000 Franken, dessen effektiver Wert jedoch höchstens 650 Franken betrug.

Ein erstes Gnadengesuch des Verurteilten wurde in der Dezembersession 1950 behandelt. Der Bundesrat beantragte damals die Herabsetzung der Busse um die Hälfte, wogegen die Vereinigte Bundesversammlung auf Antrag ihrer Kommission die «Abweisung des Gesuches zur Zeit» beschloss, davon ausgehend, der erst vor einem Jahr Verurteilte habe zuerst seinen Zahlungswillen unter Beweis zu stellen (vgl. Antrag 76 des Berichtes vom 2. November 1950; BEI II, 367). Seither hat Marelli 950 Franken bezahlt. Damit ist der widerrechtliche Gewinn abgeliefert; von der Busse stehen noch 250 Franken aus.

Der Verurteilte ersucht erneut um Begnadigung. Er verweist auf seinen inzwischen bekundeten Zahlungswillen und seine missliche finanzielle Lage.

Es dürfte keinem Zweifel unterliegen, dass die Zahlung von nahezu 1000 Franken dem Verurteilten äusserst schwer fiel angesichts seines bescheidenen Einkommens, der Krankheit seiner Angehörigen und der daher rührenden hohen Kosten. Da Marelli einen guten Leumund geniesst und ausser diesem kriegswirtschaftlichen Urteil nichts gegen ihn vorliegt, überdies die Bedingung, die die Vereinigte Bundesversammlung im Dezember 1950 für die Gewährung eines Gnadenaktes aufstellte, erfüllt ist, b e a n t r a g e n wir mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volks wirtschftsdepartementes den E r la s s des noch ausstehenden Bussenrestes von 250 Franken.

Auf Grund der Getreidegesetzgebung ist verurteilt worden (29) : 29. Hermann Lehnherr, 1919, Müller, Wimmis (Bern), verurteilt durch Strafverfügung der Eidgenössischen Getreideverwaltung vom 24. Januar 1953 zu einer Busse von 850 Franken, weil er, um die Abgaben für 1748 kg Weissmehl an den Bund hinterziehen
zu können, die Vorschriften über die Buchführung und die Meldepflicht der Getreidegesetzgebung umging. - Der Verurteilte beachtete die Zahlungsaufforderung und das Aufgebot von Zahlungserleichterungen durch die Vollzugsbehörde zunächst überhaupt nicht. Auch bemühte er sich nicht, den durch das Lagermanko und die hinterzogenen Abgaben dem Bunde entstandenen Schaden zu decken. Ohne sich irgendwie angestrengt zu haben, ersuchte er um Begnadigung, wozu er geltend macht, seine Verfehlungen seien aus einer finanzellen Notlage heraus begangen worden. Die Begnadigungsbehörde möge ihn in seinem Bestreben unterstützen, wieder gut zu machen, wo er gefehlt habe.

475 Lehnherr ist im gleichen Zusammenhang auch kriegswirtschaftlich zu 400 Franken Busse verurteilt worden. Das 1. kriegswirtschaftliche Strafgericht hat seine Verfehlungen als schwer bezeichnet. Es hat.sogar eine Gefängnisstrafe in Erwägung gezogen, darauf jedoch verzichtet, um dem Gesuchsteller die geplante Auswanderung nicht zu veruninöglichen. Es fügte indessen boi : Wenn je in einem Urteil Gnade vor Beeilt ergangen sei, dann in diesem Entscheid in Sachen Lehnherr. Von ähnlichen Erwägungen der Milde hat sich auch die Getreideverwaltung leiten lassen.

Eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage des Gesuchstellers ist seit der Ausfällung der Strafverfügung nicht eingetreten. Angesichts des fehlenden Sühnewillens und des Umstandes, dass Lehnherr seine missliche finanzielle Lage weitgehend selbst verschuldet hat durch seine Lebensführung, fehlen die Voraussetzungen für einen Gnadenakt. Bis jetzt gehen die im Gnadengesuch hervorgehobenen Bestrebungen Lehnherrs auf Besserung offenbar darauf aus, sich der ihm auferlegten Strafe im leichten Wege der Begnadigung zu entziehen.

An eigentlichem Sühnewillen lässt er es nach wie vor gänzlich fehlen. Die Getreideverwaltung führt zur Begründung der Gesuchsabweisung auch generalpräventive Gründe an und verweist auf jene Verurteilten, die unter grossen persönlichen Opfern ihr Möglichstes hergeben, um Sühne zu leisten. In Würdigung aller Umstände beantragen wir ebenfalls die Gesuchsabweisung, allenfalls unter Einräumung von Zahlungserleichterungen, sofern der Verurteilte bereit ist, ehrlich seinen guten Willen unter Beweis zu stellen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 27. Oktober 1958.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident:

Euer 1344

Der Bundeskanzler: Ch. Oser

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ANHANG Verzeichnis der in diesem Bericht unterbreiteten Begnadigungsgesuche Zollvergehen Antonini Enrico, 1915, Kaufmann, Caslano (Tessin) Bader Josef, 1906, Autofahrlehrer, Basel Bianchi" Alberto, 1910, Buchdrucker, Molinazzo di Monteggio (Tessin) Chatelanaz Gabriel, 1896, Kaufmann, Gaillard (Frankreich) Comitti Mario, 1904, Gipser, Lugano (Tessin) Cremonini Alfredo, 1912, Chauffeur, Muggio (Tessin) Fehrmann Carl, 1899, Zahntechniker, Herisau (Appenzell AEh.)

Graf Emil, 1904, Mechaniker, Bern-Liebefeld Imperatori Giuseppe, 1921, Kellner, Lugano (Tessin) Leuthe Wilhelm, 1916, Kaufmann, Basel Lovey Clovis, 1911, Holzfällen, Orsieres (Wallis) Luisier Pierre, 1914, Buchhalter, Genf Maridor Charles, 1896, Kaufmann, Le Lode (Neuenburg) Messerli Louis, 1898, Filmoperateur, Montana (Wallis) Poretti Antonio, 1912, Sattler, Lugano (Tessin) Tallone Cesare, 1921, Kaufmann, Lugano (Tessin) Tonacini Candido, 1909, Chauffeur, Torricella (Tessin) Verga Giovanbattista, 1902, italienischer Staatsangehöriger, Kaufmann, Como (Italien) 19. Vetter Hans, 1911, deutscher Staatsangehöriger, Maschinenbauer, Lörrach (Deutschland) 20. Werner Jakob, 1910, deutscher Staatsangehöriger, Kaufmann, Konstanz (Deutsch land) 21. Wirz Emil, 1898, Chemiearbeiter, Basel 1.

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Sicherstellung der Landesversorgung mit Lebens- und Futtermitteln : Berweger Karl, 1924, Metzger, Speicherschwendi (Appenzell A.Rh.)

Camozzi Alfonso, 1917, Maler, Schaffhauaen Salmina Giuseppe, 1896, Landwirt, Intragna (Tessin) Soldini Paolo, 1917, Metzger, Novazzano (Tessin) Zappa Angelo, 1920, Metzger, Lugano (Tessin)

Kosten der Lebenshaltung 27. Cornut Serge, 1901, Elektriker, zur Zeit unbekannten Aufenthaltes 28. Marelli David, 1914, Tischler, Genf Getreidegesetzgebung 29. Lehnherr Hermann, 1919, Müller, Wimmis (Bern)

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I. Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigungsgesuche (Dezembersession 1953) (Vom 27. Oktober 1953)

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