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Bundesratsbeschluss betreffend

die Allgemeinverbindlicherklärung eines Gesamtarbeitsvertrages für das schweizerische Coiffeurgewerbe (Vom 11. März 1953)

Der Schweizerische Bundesrat, gestützt auf Artikel S, Absatz 2, des Bundesbeschlusses vom S28, Juni 1948 über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen, beschliesst: Art. l Der in der Beilage wiedergegebene Gesamtarbeitsvertrag vom 1. September 1952 für das schweizerische Coiffeurgewerbe wird allgemeinverbindlich erklärt, mit Ausnahme der in Kursivschrift gedruckten Bestimmungen.

Ä Für den Arbeitnehmer günstigere gesetzliche Vorschriften und vertragliche Abmachungen bleiben vorbehalten.

1

Art. 2 Dieser Beschluss erstreckt sich auf das ganze Gebiet der Schweizerischen Eidgenossenschaft, mit Ausnahme des Kantons Genf, soweit für diesen Kanton ein eigener, vom Eegierungsrat allgemeinverbindlich erklärter Gesamtarbeitsvertrag besteht.

2 Er findet Anwendung auf das gesamte Coiffeurgewerbe, mit Ausnahme der Lehrlinge, für die ein Lehrvertrag gemäss Bundesgesetz über die berufliche Ausbildung abgeschlossen wurde.

1

Art. 8 Dieser Beschluss tritt mit seiner amtlichen Veröffentlichung in Kraft und gilt bis zum 81. Dezember 1953.

Bern, den 11. März 1953.

ms

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident: Etter Der Bundeskanzler: Ch. Oser

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Beilage

Gesamtarbeitsvertrag vom 1. September 1952 für das schweizerische Coiffeurgewerbe abgeschlossen zwischen dem Schweizerischen Coiffeurmeister-Verband, dem Schweizerischen Coiffeurgehilfen-Verband, dem Schweizerischen Verband christlicher Textil- und Bekleidungs-arbeiter und dem Schweizerischen Verband evangelischer Arbeiter und Angestellter.

Ziff. l 1

Dieser Gesamtarbeitsvertrag erstreckt sich auf das ganze Gebiet der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Ausnahmelime des Kantons Genf, soweit für diesen Kanton ein eigener, vom Begierungsrat allgemeinverbindlich erklärter Gesamtarbeitsvertrag besteht.

2 Er findet Anwendung auf das gesamte Coiffeurgewerbe, ausgenommen die Lehrlinge, für die ein Lehrvertrag gemäss Bundesgesetz Über die berufliche Ausbildung abgeschlossen wurde.

Ziff.

Geltungsbereich

II

Die Bestimmungen dieses Vertrages sind als Minimalbestimmungen zu betrachten, die durch Einzeldienstverträge oder lokale und regionale Gesamtarbeitsverträge nicht unterschritten werden dürfen. Wo weitergehende kantonale oder lokale Vorschriften bestehen oder höhere Lohne üblich sind, bleiben sie weiter m Kraft.

Minimalgrundlag

Ziff. III Die Arbeits- und Präsenzzeit beträgt nach Abzug des freien Halb- Arbeits- und tages wöchentlich 54 Stunden und in ländlichen Ortschaften höchstens Präsenzzeit 58 Stunden.

2 Als ländliche Ortschaften gelten diejenigen, die im Ortschaftenverzeichnis der AHV-Übergangsrentenordnung als solche bezeichnet sind.

3 Den Arbeitnehmern ist pro Woche (sechs Arbeitstage) ein freier Halbtag zu gewähren. Eine allfällige Aufteilung dieser wöchentlichen Freizeit ist nur gestattet, sofern dies vor Antritt der Stelle zwischen 1

680 Arbeitgeber und Arbeitnehmer schriftlich vereinbart wurde. Dies gilt auch für die sogenannten Saisonplätze, 4 In Wochen, in welchen aus geschäftlichen Gründen der freie Halbtag nicht gewährt werden kann und daher sechs volle Tage gearbeitet wird, ist der sonst übliche wöchentliche freie Halbtag separat zu bezahlen oder innerhalb eines Monats nachzugewähren.

Ziff. IV 1 Überzelt und Diö Überzeit ist innerhalb 14 Tagen durch entsprechende Freizeit Soimtagsarbeit auszugleichen oder angemessen zu bezahlen. Die Karenzzeit von einer halben Stunde zur Fertigstellung einer Servicearbeit ist nicht als Überzeit zu betrachten, sofern diese Karenzzeit in der Woche zwei Stunden nicht übersteigt.

2 Für ausserordentliche,. nicht ortsübliche Sonntagsarbeit ist der Lohn um 50% zu erhöhen, sofern es sich nicht um Saisonstellen gemäss Ziff. IX handelt.

Ziff. V

Mittagszeit

Die Mittagszeit muss mindestens 1% Stunden für alle Angestellten betragen. Wird der Angestellte beim Meister verköstigt, so beträgt sie mindestens 1% Stunden.

Ziff. VI Ferien

1

Die Arbeitnehmer haben Anspruch auf folgende bezahlte Ferien: a. Im 1. bis 8. Dienstjahf im gleichen Betrieb, mindestens 6 Arbeitstage; 6. im 4. Dienstjahr im gleichen Betrieb, mindestens 10 Arbeitstage; c. im 5. und in den folgenden Dienstjahren im gleichen Betrieb, 12 Arbeitstage.

2 Die Ferien werden im darauffolgenden Dienstjahr rückwirkend gewährt. Eine weitere Übertragung der Ferien von einem Jahr auf das andere ist nicht gestattet. Sie sind zusammenhängend zu gewähren.

3 Wird das Dienstverhältnis vor Ablauf des 1. Dienstjahres aufgelöst, so hat der Angestellte bei einer Dienstdauer von mindestens sechs Monaten Anspruch auf die Hälfte der Ferien des 1. Dienstjahres. Wird das Dienstverhältnis nach dem 1. Dienstjahr aufgelöst, so sind dem Angestellten die Ferien nach Massgabe der abgelaufenen Dienstzeit des betreffenden Jahres zu gewähren, wobei der angebrochene Monat als voll berechnet wird. Ärztlich nachgewiesene Arbeitsunfähigkeit sowie obligatorische Militärdienstleistung dürfen an die Ferien nicht angerechnet werden.

* Wird Kost und Logis durch den Meister gewährt, so ist dieser verpflichtet, den Angestellten dafür pro Ferientag 5 Franken in halb-

681 städtischen und städtischen und 4 Franken in ländlichen Verhältnissen zu entschädigen.

Ziff. VII 1

Als bezahlte Feiertage gelten in allen Fällen der 1. Januar, der Auffahrtstag, der Karfreitag oder Fronleichnamstag und der 25. Dezember, sofern diese nicht auf einen Sonntag fallen. Diese Feiertage sind auch den Aushilfen, die länger als drei Tage beschäftigt werden, zu bezahlen.

2 Wo bisher mehr Feiertage bezahlt wurden, bleibt diese Praxis bestehen.

Bezahlte

Ziff. VIII A. Bei Nichtgewährung von Kost und Logis durch den Meister 1. Herrencoiffeure : Minimailöhne, Fr a. Während eines Jahres nach Abschluss der Lehrzeit, pro TeuerungsTag mindestens 11.50 ausgleich& b. Zweiter Salonnier, pro Tag mindestens 13.50 c. Erster Salonnier, pro Tag mindestens 15.50 Herrencoiffeure, die auf Grund ihrer beruflichen Leistung wöchentlich den doppelten Lohn und mehr umsetzen, erhalten von dem mehr erzielten Umsatz mindestens 10 Prozent Umsatzprämie.

2. Coiffeusen: a. Während eines Jahres nach Abschluss der Lehrzeit, pro Fr.

Tag mindestens 11.-- b. Zweite Coiffeuse, pro Tag mindestens 13.-- c Erste Coiffeuse, pro Tag mindestens 15.-- 8. Mixte: 2 Franken mehr pro Tag als gleichqualifizierte Herrencoiffeure.

4. Damencoiff eure : Fr.

a. Zweiter Damencoiffeur, pro Tag mindestens 14.50 b. Erster Damencoiffeur, pro Tag mindestens 18.20 Als Damencoiffeure gelten auch die Coiffeure, die sich vom Herrenfach ins Damenfach umbilden lassen, sofern nach Abschluss der Umlernzeit zwei Dienstjahre abgelaufen sind.

B. Bei Gewährung von Kost und Logis durch don Meister Bei Gewährung von Kost und Logis durch den Meister beträgt der Monatslohn das Zwölffache des sonst geltenden Taglohnes.

682 C. Sonderbestimmungen 1. Wo prozentuale Entlöhnung vom Service und Verkauf üblich ist, musa auf alle Fälle der gesamtarbeitsvertragliche Minimallohn garantiert sein.

2. Die Arbeitgeber sind verpflichtet, für alle Angestellten eine Lohnkontrolle zu führen.

8. Gehilfen und Coiffeusen, die in Hausgemeinschaft mit dem Meister leben und bei diesem verköstigt werden, erhalten eine Entschädigung von 5 Franken pro Sonntag, wenn sie sich an solchen Tagen auf Wunsch des Arbeitgebers oder auf Grund gegenseitigen Einverständnisses auswärts verköstigen.

Ziff. IX Zuschläge

1

Bei Saisonanstellungen, die nicht länger als zwei Monate dauern, wird auf allen Lohnsätzen ein Zuschlag von mindestens 10 Prozent gewährt.

2 Aushilfen erhalten den ihnen gesamtarbeitsvertraglich zustehenden Taglohn plus Eeisespesen.

Ziff. X

Unfall- und Der Meister ist verpflichtet, seine Angestellten gegen Betriebsunfälle Versicherung und gleichzeitig seinen Betrieb gegen Drittpersonen-Haftpflichtansprüche zu versichern.

Probezeit

Ziff. XI

Die Probezeit im Dienstverhältnis beträgt 14 Tage, mit dreitägiger Kündigungsfrist. Die Kündigung hat spätestens am 11. Tag zu erfolgen.

Ziff. XII

Beendigung dei Dienstverhältnisses

1

Die Kündigungsfrist beträgt, wo nichts anderes schriftlich vereinbart wird, 14 Tage, und zwar auch für überjährige Dienstverhältnisse.

Sie hat jeweils an einem Samstag zu erfolgen.

2 Für die Besetzung von sogenannten Saisonstellen haben sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer vor Antritt der Stelle schriftlich auf ein bestimmtes Saisonschlussdatum zu einigen. Wird das Dienstverhältnis aus unvorhergesehenen Gründen in bèidseitigem Einvernehmen nach Ablauf des schriftlich vereinbarten Saisonschlussdatuins kurzfristig verlängert, so beträgt die Kündigungsfrist für dieses verlängerte Dienstverhältnis drei Tage,

683 Ziff. XIII Angestellte, die während der Freizeit oder der Ferien Berufsarbeit Schwarzarbeit zu Erwerbszwecken ausführen, können nach einmaliger fruchtloser Mahnung sofort entlassen werden.

Ziff. XIV 1

Zum Vollzuge der allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen können die lokalen oder kantonalen Sektionen der vertragschliessenden Verbände paritätische Kommissionen bilden. Die Konstituierung erfolgt nach dem Vorbild der paritätischen Landeskommission (Ziff. XV) und bedarf deren Genehmigung.

2 Diese Kommissionen haben folgende Aufgaben: a. sie überwachen die Durchführung der allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen; b, sie amten als Einigungsstelle im Fall von Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Angestellten über die Anwendung der allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen.

Lokale oder kantonale paritätische Kommissionen

,Ziff. XV 1

Die vertragschliessenden Verbände bilden eine paritätische Landeskommission, bestehend aus einem neutralen Obmann und je vier Vertretern des Meisterverbandes und der Angestelltenorganisationen. Der Obmann wird von den genannten Vertretern bezeichnet.

2 Die paritätische Landeskommission wird vom Obmann zusammengerufen, so oft die Verhältnisse es erfordern oder einer der vertragschliessenden Verbände es verlangt. In einer Einladung zu einer Sitzung sind die zu behandelnden Fragen anzugeben.

Paritätische Landeskommlsslon

Ziff. XVI Die paritätische Landeskommission hat folgende Aufgaben: a. sie überwacht die Durchführung der allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen dort, wo keine lokale oder kantonale paritätische Kommission besteht; b. sie überwacht und koordiniert die Tätigkeit der lokalen oder kantonalen paritätischen Kommissionen und steht ihnen beratend zur Seite; c. sie amtet als Einigungsstelle im Falle von Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Angestellten über die Anwendung der allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen dort, wo keine lokale oder kantonale paritätische Kommission besteht oder wenn die Streitigkeiten über die territoriale Zuständigkeit einer solchen Unterkomjnissiou hinausreichen;

Aufgaben der paritätischen Landeskomrnlasion

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d. sie amtet als Einigungsstelle in zweiter Instanz, wenn eine der beteiligten Parteien dies wünscht.

Sanktionen

Ziff. XVII Bei festgestellter Nichteinhaltung der Bestimmungen über Löhne, Überzeitzuschläge, Ferien und bezahlte Feiertage hat der Meister den Arbeitern diese sofort in vollem Umfange nachzuzahlen, bzw. nachzugewähren. Überdies hat er 25 Prozent der geschuldeten Nachzahlungen in die Kasse der paritätischen Landeskommission einzuzahlen, zur Deckung der Kosten der Allgemeinverbindlicherklärung sowie für die Kontrollen über die Einhaltung der allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen.

2 Zum Inkasso und, wenn nötig, zur rechtlichen Geltendmachung des vorerwähnten Betrages von 25 Prozent sind die vertragschliessenden Verbände berechtigt, welche diesen für die paritätische Landeskommission als anspruchsberechtigt einziehen.

1

Ziff. XVIII Geltungsdauer

Dieser Vertrag tritt mit derAllgemeinverbindlicherklärungg in Kraft und dauert Us mm 31. Dezember 1953.

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Aus den Verhandlungen des Bundesrates (Vom

19. März 1953)

Der Bundesrat hat Herrn Cesare Gnoli, Berufs-Vizekonsul von Italien, in Locarno, mit Amtsbefugnis für die Stadt Locamo und das Maggiatal, das Exequatur erteilt.

(Vom

20. März 1953)

Der Bundesrat hat Herrn Eudolf Schmid-Käser, in Zürich, Präsident des Zentralverbandes Schweiz. Haus- und Grundbesitzervereine, als Mitglied der Eidgenössischen Luftschutzkommission gewählt.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bundesratsbeschluss betreffend die Allgemeinverbindlicherklärung eines Gesamtarbeitsvertrages für das schweizerische Coiffeurgewerbe (Vom 11. März 1953)

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Jahr

1953

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

12

Cahier Numero Geschäftsnummer

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

26.03.1953

Date Data Seite

678-684

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10 038 228

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