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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Abänderung des Bundesbeschlusses vom 3. Oktober 1951 über Massnahmen zur Sanierung der Wohnverhältnisse in Berggebieten (Vom 9. März 1958)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Artikel 3, Absatz 3, des Bundesheschlusses vom 8. Oktober 1951 bestimmt unter anderem, dass für Sanierungen, deren G-esamtbaukosten mehr als 20 000 Franken pro Wohnung betragen, kein Bundesbeitrag gewährt wird.

Diese Vorschrift will darauf hinwirken, dass minderbemittelte Familien, für welche die Sanierungsaktion ausschliesslich bestimmt ist, sich bei der Verbesserung ihrer unzulänglichen Wohnverhältnisse auf das Wesentliche beschränken und sich nicht durch die Ausführung im Moment vielleicht wünschbarer aber nicht unentbehrlicher Arbeiten unverhältnismäsaige Bauschulden aufbürden und dadurch ihr Familienbudget in ungesunder Weise belasten.

Das gilt nicht nur für direkte Sanierungsarbeiten durch Verbesserung bestehender Wohnungen, sondern grundsätzlich auch für indirekte Sanierungen, d. h.

da, wo bestehende Wohnverhältnisse in befriedigender Weise nur durch Erstellung eines Neubaus verbessert werden können, Gemäss Artikel 3, Absatz 2, lit. a, des Bundesbeschlusses werden Neubauten zwar im allgemeinen nicht subventioniert, weil es nicht darum gehen kann, in den Berggebieten einfach mehr oder weniger die Ende 1949 eingestellte allgemeine Wohnbauförderung weiterzuführen. Eine Ausnahme bilden lediglich die bereits erwähnten Neubauten, die dem Ersatz von Wohnungen dienen, bei denen eine vernünftige Sanierung der Wohnverhältnisse nur durch die Erstellung eines Neubaus möglich ist. Bereits in der ersten Anlaufzeit der Wohmmgssanierungsaktion hat sich indessen gezeigt, dass es, namentlich wenn es sich um Einfamilienhäuser, besonders um solche für kinderreiche Familien, handelt, welche die Aktion vor allem begünstigen will, in Anbetracht Bundesblatt. 105. Jahrg. Bd. !..

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614 der heutigen Preise auch bei sehr einfacher Ausführung praktisch unmöglich ist, mit Gesamtbaukosten auszukommen, die sich innerhalb der in Artikel 8, Absatz 8, des Bundesbeschlusses vorgeschriebenen oberen Grenze von 20 000 Franken halten. Zwar sind auch Subventionsanträge für Neubauten eingegangen, deren Gesamtbaukosten den Betrag von 20 000 Franken nach dem beigelegten Kostenvoranschlag nicht überschritten hätten. Bei näherer Prüfung musste aber festgestellt werden, dass in der Kostenberechnung nicht die wirklichen Bauausmasse eingesetzt waren oder dass ganz einfach die Kosten für wesentliche Bauteile im Voranschlag nicht aufgenommen waren. Die Kostenvoranschläge waren ohne Bücksicht auf die tatsächlichen Erfordernisse offensichtlich so abgefasst, dass sie sich gerade noch innerhalb der Kostengrenze von 20 000 Franken hielten. In diesen Fällen konnte ein Bundesbeitrag in Anbetracht der zum vorneherein zu erwartenden Überschreitung der Kostengrenze nicht gewährt werden.

Es muss aber als stossend empfunden werden, dass die Subventionierung von Neubauten, obwohl sie im Bundesbeschluss (Art. 8, Abs. 2, lit. a) unter bestimmten Voraussetzungen vorgesehen ist, wegen der in Artikel 3, Absatz 8, erfolgten Baukostenbegrenzung heute praktisch verunmöglicht wird.

Diese Situation führte bereits in der Wintersession 1952 zu einer Interpellation von Nationalrat Studer/Escholzmatt, die folgenden Wortlaut hatte: « Gernäss Artikel 3, Absatz 2, lit. a, des Bundesbeschlusses vom 3. Oktober 1951 über Massnahmen zur Sanierung der Wohnverhältnisse in Berggebieten können auch Neubauten mit Burideshilfe unterstützt werden, sofern sie dem Ersatz von Wohnungen dienen, die nicht mehr saniert werden können.

Es treten nun aber Schwierigkeiten auf, wenn der in Absatz S des zitierten Artikels aufgestellte Grundsat«, nach dem ein Beitrag nicht gewährt wird, wenn die Kosten einer Sanierung mehr als 20 000 Franken pro Wohnung betragen, auch auf solche Neubauten angewendet würde. Die Einhaltung dieser Kostengrenze wäre nämlich bei den heutigen Baukosten namentlich bei Wohnungsneubauten für k nderreicbe Familien, die als Ersatz für ihre bisherigen, nicht mehr sanierungsfähigen Wohnungen erstellt werden müssen, praktisch sozusagen ausgeschlossen. Ist der Bundesrat nicht auch der Auffassung, dass die erwähnte Baukostenbegrenzung für solche unumgängliche Neubauten nicht gilt?

Eine Erhöhung des Bundesbeitrages würde sich durch diese Auslegung nicht ergeben, da in Artikel 4 ausdrücklich gesagt ist, dass der Bundesbeitrag pro sanierte oder neu erstellte Wohnung einen zum vorneherein bestimmten Höchstbetrag nicht übersteigen darf.»

Die Neubauten im Sinne der Interpellation Studer auf dem Wege der Interpretation von der in Artikel 8, Absatz 8, des Bundesbeschlusses statuierten Baukostenbegrenzung auszunehmen, erschien nicht unbedenklich. Das Volkswirtschaftsdepartement ersuchte deshalb auch noch die Firianzdelegation der eidgenössischen Bäte, sich dazu zu äussern. In ihrer Antwort erklärte die Finanzdelegation, dass sie sich mit einem derartigen Vorgehen nicht einverstanden erklären könnte; dagegen würde die Delegation eine Eevision des

615 Bundesbeschlusses vom 3. Oktober 1951 im Sinne der Erweiterung der Kostengrenze für unumgängliche Neubauten einstimmig unterstützen.

Eine Anpassung der Baukostengrenze für Neubauten lässt sich heute tatsächlich kaum mehr umgehen, ansonst das mit der Wohnungssanierungsaktion erstrebte Ziel oft gerade in jenen Fällen nicht erreicht werden könnte, wo die durch den Bundesbeschluss eingeführte Hilfe der öffentlichen Hand offenkundig am angebrachtesten wäre. Das ist, wie schon erwähnt, namentlich dann der Pali, wenn es sich darum handelt, für Familien mit manchmal zehn und mehr Kindern, die in baufälligen oder räumlich absolut unzulänglichen Wohnungen untergebracht sind, gesunde Wohnverhältnisse zu schaffen, wobei aber blosse Verbesserungen der bestehenden Wohnung trotz erheblicher Kosten keine oder keine befriedigende Lösung brächten.

Als obere Kostengrenze für solche Neubauten dürften die vorgesehenen 25 000 Franken pro Wohnung in Mehrfamilienhäusern und 30 000 Franken für Einfamilienhäuser im allgemeinen genügen, wenn man sich auf die Erstellung zwar gesunder, aber wirklich einfacher Bauten beschränkt, was unbedingt geschehen muss, wenn die in Betracht kommenden Familien aus dem Haus nicht übermässig belastet werden sollen. Es wäre in der Tat unvernünftig, wenn ihnen zwar zu gesunden Wohnverhältnissen verhelfen würde, sie sich aber gleichzeitig durch den Bau so verschulden müssten, dass das kleine Einkommen zu einem auch noch so bescheidenen Unterhalt der Familie nicht mehr ausreichen würde.

Die finanziellen Auswirkungen der, Ihnen vorgeschlagenen Abänderung des Bundesbeschlusses werden sich in durchaus bescheidenem Bahmen halten, weil die Zahl solcher Neubauten verhältnismässig klein ist. Auch darf nicht einfach die Subventionierung jedes Neubaus als Mehrausgabe betrachtet werden, weil in den meisten dieser Fälle ein Bundesbeitrag nicht überhaupt verweigert werden könnte. Es müssten dann vielmehr mit verhältnismässig hohen Kosten an der bestehenden Wohnung Verbesserungen vorgenommen worden, die zwar nicht voll zu befriedigen vermöchten, aber immerhin für die betreffende Familie erträglichere Wohnverhältnisse schaffen würden. Schliesslich ist nicht zu übersehen, dass eigentliche Mehrauslagen auch durch die Subventionierung der Neubauten mit höheren Kosten nicht entstehen, weil einerseits der Maximalbetrag des Bundesbeitrages gemäss Artikel 4 des Bundesbeschlusses vom 8. Oktober 1951 ein für allemal begrenzt ist und anderseits die für die Durchführung dieses Beschlusses zur Verfügung stehenden Mittel zum vorneherein beschränkt sind auf die durch die Wohnbauaktion der Jahre 1945-1949 nicht beanspruchten Gelder des Wohnbaufonds einschliesslich der bis Ende 1952 aufgelaufenen Zinsen und Bückflüsse infolge von Rückerstattungen und Einsparungen.

616 Wie der Bundesbeschluss vom 3. Oktober 1951 ist auch der vorliegende Beschluss, der ihn abändern soll, dem Eeferendum zu unterstellen.

Gestützt auf die vorstehenden Ausführungen empfehlen wir Ihnen die Annahme des beiliegenden Bundesbeschlusses, Wir versichern Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 9. März 1958.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident: Etter Der Bundeskanzler: Ch. Oser

617 (Entwurf)

Bundesbeschluss betreffend

die Abänderung des Bundesbeschlusses über Massnahmen zur Sanierung der Wohnverhältnisse in Berggebieten

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 9. März 1953, beschliesst: L Artikel 8 des Bundesbesehlusses vom 3. Oktober 1951 über Massnahmen zur Sanierung der Wohnverhältnisse in Berggebieten wird durch einen Absatz 4 mit folgendem Wortlaut ergänzt: Art. 3, Abs. a. Pur Neubauten, die als Ersatz für Wohnungen dienen, welche nicht mehr saniert werden können, darf ein Bundesbeitrag auch gewährt werden, wenn die Baukosten die in Absatz 3 genannten Grenzen überschreiten.

Die Gesamtbaukosten dürfen jedoch in der Eegel nicht mehr betragen als 25 000 Franken pro Wohnung in einem Mehrfamilienhaus und 30 000 Pranken für ein Einfamilienhaus.

II.

1 Dieser Beschluss ist gemäss den Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874 betreffend Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse zu veröffentlichen.

2 Der Bundesrat setzt den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Beschlusses fest.

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12.03.1953

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