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Botschaft zu einem Bundesgesetz über die landwirtschaftliche Pacht (LPG) vom 11. November 1981

Sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, Wir unterbreiten Ihnen den Entwurf zu einem Bundesgesetz über die landwirtschaftliche Pacht mit dem Antrag auf Zustimmung.

Femer beantragen wir Ihnen, die folgenden parlamentarischen Vorstösse abzuschreiben : 1975 P 75.500 Pachtverhältnisse in der Landwirtschaft (N 19. 3. 76, Rippstein) 1977 P 77.338 Pächterschutz (N 21.9. 77, Schnyder-BE) 1978 M 78.365 Pächterschutz (N 4. 10.78, Fraktion des Landesrings) 1978 Pa.lv 78.221 Pachtrecht, Parlamentarische Initiative (N 17. 4. 78, Diethelm) Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

11. November 1981

1981-745

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Bundesblatt. 134. Jahrg. Bd. I

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Purgier Der Bundeskanzler: Buser

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Übersicht Ziel der Revision sind: - die Verbesserung des Kündigungsschutzes für den landwirtschaftlichen Pächter - Massnahmen gegen die parzellenweise Verpachtung ganzer landwirtschaftlicher Gewerbe und gegen die übermässige Zupackt - eine ausgewogenere Bemessung des landwirtschaftlichen Pachtzinses und -- eine wirkungsvollere Pachtzinskontrolle.

Zur Verbesserung des Kündigungsschutzes sieht der Entwurf ein Massnahmenpaket vor. Die einzelnen Massnahmen sind aufeinander abgestimmt und bilden ein Ganzes: Die Mindestdauer für die Verpachtung ganzer landwirtschaftlicher Gewerbe und die Mindestdauer bei Fortsetzung -für alle landwirtschaftlichen Pachtverträge - werden verdoppelt; ferner soll eine einmalige Pachterstreckung eingeführt werden, die mehr oder weniger einer einmaligen Kündigungsaufhebung gleichkommt. Die Kündigungsfrist für landwirtschaftliche Pachtverträge beträgt ein Jahr, Die Kündigung muss schriftlich erfolgen.

Gegenstück zur Verlängerung der Mindestpachtdauer bildet das Recht beider Parteien, den Pachtvertrag - unter bestimmten Voraussetzungen auch ohne entsprechende Vereinbarung - während seiner Dauer veränderten Verhältnissen anpassen zu lassen.

Für die parzellenweise Verpachtung ganzer landwirtschaftlicher Gewerbe wird die Bewilligungspflicht und als Massnahme gegen die übermässige Zupacht ein Einspracheverfahren vorgesehen. Der Verpackter hat Anspruch auf einen angemessenen Pachtzins. Die bisherige Bemessung soll durch eine flexiblere Lösung ersetzt werden, die dem Verpackter eine angemessene Verzinsung des Ertragswerts und den Unterhalt der Pachtsache gewährleistet. Die Pachtzinskontrolle wird grundsätzlich beibehalten, jedoch in einfacherer und zugleich wirkungsvollerer Ausgestaltung.

Das neue Recht, namentlich die Pachtzinskontrolle und die Bewilligungspßicht für die parzellenweise Verpachtung, soll vorab mit zivilrechtlichen Sanktionen durchgesetzt werden.

Eine Neuerung stellt schliesslich das Vorpachtrecht der Nachkommen des Verpächters dar; es lehnt sich an das gesetzliche Vorkaufsrecht der Nachkommen an und ergänzt es. Von dieser Regelung ist vor allem eine vorbeugende Wirkung gegen stossende Vorfälle, wie sie in jüngster Vergangenheit vorgekommen sind, zu erwarten.

Mit dieser Revision werden die Bestimmungen über die landwirtschaftliche Pacht, die bis dahin in drei
verschiedenen Gesetzen - dem Obligationenrecht, dem Bundesgesetz über die Erhaltung des bäuerlichen Grundbesitzes und dem Pachtzinsgesetz - geordnet waren, in einem einzigen Erlass zusammengefasst.

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Botschaft I

Allgemeiner Teil

II

Gründe der Revision

III

Heutige Rechtslage

Die Bestimmungen über den landwirtschaftlichen Pachtvertrag sind in drei verschiedenen Gesetzen geregelt: Die allgemeinen Bestimmungen über den landwirtschaftlichen Pachtvertrag fallen zusammen mit den Bestimmungen über den nichtlandwirtschaftlichen Pachtvertrag im Obligationenrecht (Art. 275-304 OR; SR 220). Diese Bestimmungen umfassen die Begriffsumschreibung sowie die Vorschriften über die Rechte und Pflichten des Pächters und des Verpächters, über die Tragung der Lasten und Abgaben, über die Unterpacht und, unter anderem, über die Beendigung des Pachtvertrags. Hier finden sich auch Regeln, die nur für die landwirtschaftliche Pacht gelten, namentlich für die Veräusserung der Pachtsache (Art.281 bis OR).

Wichtige Bestimmungen über Dauer und Beendigung des landwirtschaftlichen Pachtvertrags sind im fünften Abschnitt des Bundesgesetzes vom 12. Juni 1951 über die Erhaltung des bäuerlichen Grundbesitzes (EGG; SR 2JJ.412.il) enthalten. Es handelt sich im einzelnen um folgende Regelungen: - Mindestpachtdauer: Die Pachtzeit für ausschliesslich oder vorwiegend landwirtschaftlich genutzte Liegenschaften beträgt erstmals mindestens sechs Jahre; eine kürzere Pachtzeit bedarf zu ihrer Gültigkeit der behördlichen Genehmigung (Art. 23 EGG). Bei stillschweigender Fortsetzung des Pachtverhältnisses gilt der Pachtvertrag als unter den gleichen Bedingungen für drei Jahre erneuert (Art. 24 EGG).

- Kündigung: Die Kündigungsfrist beträgt für ganze landwirtschaftliche Gewerbe ein Jahr, für andere landwirtschaftliche Pachtverträge in der Regel sechs Monate (Art. 24bis EGG).

- Erstreckung des Pachtverhältnisses (Art. 24ter EGG): Hat die Kündigung für den Pächter oder seine Familie eine Härte zur Folge, die auch unter Würdigung der Interessen des Verpächters nicht zu rechtfertigen ist, kann die zuständige richterliche Behörde am Ort der Pachtsache das Pachtverhältnis um höchstens drei Jahre erstrecken. Die Frist zur Einreichung des Erstreckungsgesuchs beträgt 30 Tage. Eine zweite Erstreckung und die Abänderung der Vertragsbestimmungen sind - anders als im Mietrecht (vgl. Art. 267 a OR) im landwirtschaftlichen Erstreckungsverfahren ausgeschlossen.

- Der Pächter kann auf die ihm nach dem EGG zustehenden Rechte nicht zum voraus verzichten (Art, 24sexies EGG).

Im Bundesgesetz vom 21. Dezember 1960 über die Kontrolle
der landwirtschaftlichen Pachtzinse (Pachtzinsgesetz; S R 942.10) sind die Bestimmungen über die Bemessung des Pachtzinses und über die Pachtzinskontrolle enthalten: 259

- Gemäss Artikel l unterliegen Pachtzinse für Einzelparzellen, ganze Heimwesen, Alpen und Weiden, die zu landwirtschaftlichen Zwecken verpachtet werden, Weidegelder und Sömmerungszinse sowie Zinse für unbewegliche und bewegliche Mietsachen, die mit einer landwirtschaftlichen Pacht verbunden sind, der behördlichen Kontrolle.

- Grundlage für die Bestimmung des höchstzulässigen Pachtzinses ist der Ertragswert nach Artikel 6 des Bundesgesetzes vom 12. Dezember 1940 über die Entschuldung landwirtschaftlicher Heimwesen (LEG; SR 21L4J2.Ì2). Der Pachtzins berechnet sich als fester Prozentsatz des Ertragswerts; dieser beträgt in der Regel SVi Prozent, unter bestimmten Voraussetzungen 6 Prozent.

In besondern Fällen kann ein Zuschlag bis zu einem weitern Fünftel gemacht werden (Art. 3 Abs. 2 Pachtzinsgesetz).

- Vorsätzliche oder fahrlässige Widerhandlungen gegen das Pachtzinsgesetz werden mit Busse bestraft; zudem kann der Verpächter zur Bezahlung des unrechtmässig erzielten Vermögensvorteils an den Kanton oder zu einer ganzen oder teilweisen Rückerstattung an den Pächter verhalten werden (Art. 12 Pachtzinsgesetz).

Die Bestimmungen über den landwirtschaftlichen Pachtvertrag wurden letztmals durch das Bundesgesetz über Änderungen des bäuerlichen Zivilrechts vorn 6. Oktober 1972, in Kraft seit 15. Februar 1973 (AS 1973 91 102; BEI 19701 805, 19711 737), geändert.

Am 9. März 1978 haben die eidgenössischen Räte eine Änderung von Artikel 6 des Bundesgesetzes vom 12. Dezember 1940 über die Entschuldung landwirtschaftlicher Heimwesen beschlossen, die zusammen mit den neuen darauf beruhenden Schätzungsnormen (Eidg. Schätzungsreglement vom 18. Juni 1979 [SR 211.412.123] und Schätzungsanleitung) am I.Juli 1979 in Kraft trat (AS 1979 802 804). Artikel 6 LEG umschreibt den Ertragswert landwirtschaftlicher Heimwesen und Liegenschaften, der insbesondere auch für die Bemessung des Pachtzinses massgeblich ist (vgl. Art. 3 Abs. l Pachtzinsgesetz).

112

Mängel der heutigen Ordnung

Die geltende Ordnung des landwirtschaftlichen Pachtfechts vermochte auch nach den im Jahre 1972 angebrachten Verbesserungen nicht in jeder Hinsicht zu befriedigen und gab Anlass zu einer Anzahl parlamentarischer Vorstösse und zu Eingaben des Schweizerischen Bauernverbandes und des Schweizerischen Pächterverbandes an den Bundesrat.

112.1

Notwendigkeit eines verstärkten Schutzes des Pächters

Schon in seiner Botschaft vom 29. April 1970 zum Entwurf eines Bundesgesetzes über Änderungen des bäuerlichen Zivilrechts (BB1 19701 805 ff.) (Botschaft 1970) und in der Ergänzungsbotschaft des Bundesrates vom 8. März 1971 (BEI 1971 I 737ff.) zum gleichen Gesetzesentwurf (Ergänzungsbotschaft 1971) hat der Bundesrat das Bedürfnis nach einem verstärkten Schutz des Pächters grund260

sätzlich anerkannt, namentlich was die Verbesserung des Kündigungsschutzes und eine wirksamere Pachtzinskontrolle betrifft. Ferner wurde auch schon damals die Frage der parzellenweisen Verpachtung ganzer landwirtschaftlicher Gewerbe diskutiert. Vorgeschlagen wurde schliesslich eine erste und eine zweite Erstreckung des Pachtverhältnisses. Die vom Parlament dann tatsächlich verabschiedete gesetzliche Massnahme sollte aber schon bald durch die weitere Entwicklung in der Landwirtschaft überholt werden.

112.2

Grundlegende Änderung der Verhältnisse

Die andauernde Notwendigkeit eines verstärkten Pächterschutzes ist in der Tat vor allem eine Konsequenz der tiefgreifenden strukturellen Veränderungen in der Landwirtschaft (vgl. Fünfter Landwirtschaftsbericht des Bundesrates, Abschnitt 11 ; BB1 19771 247 ff.). In den vergangenen Jahrzehnten hat sich in diesem Wirtschaftszweig unter dem Einfluss der allgemeinen wirtschaftlichen und technischen Entwicklung eine enorme Mechanisierung vollzogen. Sie hatte eine starke Zunahme der Produktivität je Arbeitskraft und eine Konzentration auf grössere und damit leistungsfähigere Betriebe zur Folge. Die flächenmässige Vergrösserung der Wirtschaftseinheiten (äussere Aufstockung) erfolgte in erster Linie über die Zupacht von Land. Sehr viele Landwirte haben so einen Weg gefunden, ihre kostspieligen Investitionen, insbesondere die Maschinen, besser zu amortisieren und ihr Einkommen zu verbessern.

Diese Entwicklung hat zu einer starken Zunahme der Nachfrage nach Pachtland geführt. Gleichzeitig ist aber das verfügbare Kulturland zufolge der erhöhten Beanspruchung von Boden durch die übrige Wirtschaft, die öffentliche Hand (Infrastruktur) und für die private Bautätigkeit allgemein noch knapper geworden. Die Situation auf dem landwirtschaftlichen Pachtmarkt wurde und wird noch dadurch verschärft, dass die Nachfrage nach Land für die Aufstokkung» vielfach mit den Bedürfnissen von Landwirten kollidiert, die eine Betriebspacht als Existenzbasis suchen. Innerhalb der Landwirtschaft konkurrieren also verschiedene Gruppen mit gegensätzlichen Interessen um das nur beschränkt verfügbare Pachtland. Von Bedeutung war sodann auch die wirtschaftliche Rezession um die Mitte der siebziger Jahre. Sie hat zu einer deutlichen Verlangsamung der Abwanderung aus der Landwirtschaft, ja sogar zur Rückwanderung geführt. Dadurch wurde nicht nur das Angebot an Pachtland vermindert, sondern zugleich die Nachfrage hochgehalten, wenn nicht zusätzlich gesteigert.

Folge der geschilderten Entwicklung ist eine wesentliche Zunahme des Pachtlandes gegenüber dem vom Eigentümer selber bewirtschafteten Boden. 1975 betrug der Anteil des Pachtlandes an der gesamten Betriebsfläche ohne Wald und Sömmerungsweiden 41 Prozent; 20 Jahre vorher hatte dieser Anteil schätzungsweise bei 30 Prozent gelegen. Gemäss Betriebszählung 1975 2> besassen rund

'> Vgl. Fünfter Landwirtschaftsbericht, Ziffer 321.23.

> Vgl. «Grundeigentum und Pacht in der Landwirtschaft», in «Die Grüne», 106. Jahrgang, Nummer 29, 21. Juli 1978, Zürich

2

261

86 Prozent der Landwirte eigenen Boden. Somit machten die Betriebe mit ausschliesslich Pachtland bloss etwa um die 13 Prozent aus (1955: 12%); deren Fläche verminderte sich dagegen von 1955 bis 1975. von 55 auf 39 Prozent der gesamten Pachtlandfläche. Insgesamt kann mit 230 000-250 000 Pachtverhältnissen gerechnet werden ; deren grossier Teil betrifft Pachtverträge über Einzelparzellen. Die vorläufigen Ergebnisse der Eidgenössischen Landwirtschafts- und Gartenbauzähhmg 1980 bestätigen im wesentlichen die Feststellungen von 1975.

Die grosse Mehrheit der Landwirte bewirtschaftet also nach wie vor eigenen Boden, auf dem meist auch die Ökonomiegebäude und das Wohnhaus stehen.

Die Nachfrage nach Pachtland wurde in der jüngeren Vergangenheit vielerorts noch zusätzlich dadurch verstärkt, dass bestimmte agrarpolitische Massnahmen an die landwirtschaftliche Nutzfläche eines Betriebes gebunden sind. Von Bedeutung ist dabei vor allem die Einführung der Milchkontingentierung (1977); die Nutzfläche spielt hier sowohl bei der Bemessung der Einzelkontingente als auch für die Festsetzung von Höchstmengen je ha eine Rolle. Eine zusätzliche Nachfrage nach Boden (für Kauf oder Pacht) dürften ferner die neuen Bewirtschaftungsbeiträge des gleichnamigen Bundesgesetzes (SR 910.2; BB1 1979 l 1309) ausgelöst haben; sie werden allerdings nur bei ungünstigen Produktionsbedingungen ausgerichtet, somit in Gebieten, in denen der landwirtschaftlich nutzbare Boden nicht in dem Masse wie in günstigen Lagen gefragt ist.

Nicht zu übersehen ist in diesem Zusammenhang schliesslich der Einfluss, den die agrarpolitischen Massnahmen allgemein auf das Niveau der Boden- und Pachtpreise ausüben. Die Sicherung eines angemessenen Einkommens durch preis- und absatzpolitische Vorkehren sowie zum Teil durch direkte Einkommenszuschüsse hat ohne Zweifel ebenfalls dazu beigetragen, die Nachfrage nach Kulturland und die Bereitschaft zur Bezahlung steigender Pachtzinse zu erhöhen.

112.3

Gründe für das Ungenügen der heutigen Ordnung

Die veränderten Verhältnisse, aber auch der Umstand, dass die mit der Pachtrecht-Revision von 1971/72 eingeführten Neuerungen die in sie gesetzten Erwartungen nicht zu erfüllen vermochten, sind hier zu nennen, Dass die erwartete rechtspolitische Wirkung der Gesetzesrevision von 1971/72 weitgehend ausblieb, ist insbesondere auf folgende Umstände zurückzuführen: - Die Verlängerung der Minäestpachtdauer bei erstmaliger Verpachtung von drei auf sechs Jahre hat sich in vielen Fällen als ungenügend erwiesen, weil bei stillschweigender Fortsetzung des Pachtverhältnisses die Mindestpachtdauer nach wie vor nur drei Jahre beträgt, und weil im Falle einer Kündigung der Pächter eine Erstreckung des Pachtverhältnisses nur mit Erfolg erwirken kann, wenn er einen Härtefall nachweist. Indessen hat das vom Pächter in Vieh und Maschinen investierte Kapital stark an Bedeutung gewonnen; bei gleichbleibender Pachtdauer ist es damit dem Pächter in vielen Fällen nicht mehr möglich, die Investitionen bis zum Pachtende abzuschreiben. Zu beachten ist ferner, dass gemäss Artikel 25 Absatz 2 EGG die Kantone bei Pachtverträgen, die nicht ein ganzes landwirtschaftliches Gewerbe betreffen, 262

die erstmalige Mindestpachtdauer von sechs Jahren herabsetzen oder ganz aufheben können. Von dieser Möglichkeit haben die Kantone Bern, Solothurn, St. Gallen, Graubünden, Tessin und Wallis mehr oder weniger weitgehend Gebrauch gemacht.

- Die Bestimmungen über die Begrenzung des zulässigen Pachtzinses wurden insbesondere bei der Verpachtung einzelner Parzellen - oft nicht beachtet.

Dies ist einmal darauf zurückzuführen, dass die Pächter es nicht wagten, zu ihrem Schütze die Behörden anzurufen, weil sie mangels eines hinreichenden Kündigungsschutzes die Auflösung des Vertrags auf den nächsten Termin befürchten mussten. Darauf war bereits in der Botschaft 1970 (Ziff. 2.2.7) hingewiesen worden. Die damals vorgeschlagenen Massnahmen wurden aber durch das Parlament abgeschwächt. Hinzu kommt, dass die Nachfrage nach Pachtland zur Aufstockung aus den zuvor erwähnten Gründen stets grösser geworden ist. Das knappe Angebot und die betriebswirtschaftlichen Vorteile der Zupacht führten viele Interessenten dazu, unter Missachtung der gesetzlichen Bestimmungen mehr als nur den zulässigen Pachtpreis zu offerieren. Allerdings muss auch festgestellt werden, dass der gesetzlich zulässige Pachtzins für landwirtschaftliche Gewerbe dem Verpächter unter geltendem Recht in der Regel eine ungenügende Gegenleistung bringt. Insbesondere können damit die Aufwendungen für den Gebäudeunrerhalt, die zufolge der Bauteuerung weiterhin stark angestiegen sind, kaum mehr aufgefangen werden. Diese Tatsache stellt einen weiteren Anreiz zur Umgehung der Bestimmungen über die Pachtzinsbemessung dar.

Diese Ordnung für die Begrenzung und Kontrolle der Pachtzinse vermochte aber auch deswegen ihren Schutzzweck kaum zu erfüllen, weil wirksame Massnahmen zur Rechtsdurchsetzung fehlen. Der Gesetzgeber liess es 1971/72 bei milden Strafen für die Nichteinhaltung der Pachtzinsbestimmungen bewenden, ohne zwingende zivilrechtliche oder administrative Sanktionen damit zu verbinden. Wohl sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts '' Zinsvereinbarungen nichtig, wenn sie nicht genehmigt wurden. Selbst wenn aber diese Rechtslage dem Pächter bekannt war, wollte oder konnte er sich indessen aus den erwähnten Gründen nicht darauf berufen. Die meisten Pachtzinsvereinbarungen für einzelne Parzellen wurden daher den Behörden auch gar nicht zur Genehmigung
vorgelegt. Im übrigen hätten die mit dem Vollzug beauftragten kantonalen Amtsstellen diese Geschäfte kaum innert nützlicher Frist bewältigen können. Die umfassende Bewilligungspflicht für Pachtzinse erweist sich als zu aufwendig und damit letztlich als unzweckmässig.

112.4

In der Revision von 1971/72 offengelassene Probleme

Bei der Revision von 1971/72 wurden verschiedene Probleme als solche zwar erkannt, ohne dass der Gesetzgeber aber entsprechende Massnahmen getroffen hätte : '> BGE 93 II 97, Praxis 70 Nr. 113.

263

Das trifft vor allem auf das Problem der parzellenweisen Verpachtung ganzer landwirtschaftlicher Heimwesen zu. Hiezu wurde in der Botschaft 1970 (Ziff. 2.2.7) folgendes ausgeführt: «Für Eigentümer von ganzen Heimwesen ist mitunter die Versuchung gross, das Gut stückweise an mehrere Bewirtschafter zu verpachten, die Wohngebäude selber zu nutzen und das Wirtschaftsgebäude anderweitig in Miete zu geben. Damit erzielen sie in der Regel einen weit höheren Pachtzins als bei gesamtbetrieblicher Verpachtung, weil für Einzelgrundstücke je Flächeneinheit oft mehr bezahlt und auch bewilligt wird, als bei der Verpachtung der Betriebe als Wirtschaftseinheit. Jedenfalls macht der Eigentümer auf diesem Weg der Parzellenverpachtung das bessere Geschäft.» Aus dieser Feststellung, die heute mehr denn je zutrifft, da sich doch die Nachfrage nach einzelnen Pachtgrundstücken aus den erwähnten Gründen noch erhöht hat, wurde keine gesetzgeberische Schlussfolgerung gezogen. Abhilfe tut Not.

Es muss der Anreiz für eine parzellenweise Verpachtung insbesondere dadurch vermindert werden, dass der Eigentümer aus der Verpachtung eines landwirtschaftlichen Gewerbes als Ganzes ein hinreichendes Entgelt erzielen kann.

Verschiedene heute bedeutsam erscheinende Probleme wurden bei der Revision von 1971/72 nicht angepackt, sei es, weil sie als nebensächlich erschienen, sei es, weil sie nicht erkannt worden waren: In diesem Zusammenhang ist zunächst das Interesse naher Verwandter und des Ehegatten des Verpachten an einem Vorpachtsrecht zu erwähnen. Obwohl das Vorkaufsrecht der Nachkommen, des Ehegatten und weiterer Verwandter an landwirtschaftlichen Gewerben seit Erlass des EGG besteht und obwohl dieses Vorkaufsrecht der Verwandten bei der Revision von 1971/72 noch ausgebaut wurde, fand das Vorpachtrecht keinen Eingang ins Gesetz. Ihm liegt ein ähnlicher Gedanke zugrunde wie dem Vorkaufsrecht: Das Interesse der Verwandten an der Hofübernahme soll demjenigen eines Dritten vorgehen; der Hof soll im Besitze der Familie bleiben, entsprechend der programmatischen Erklärung in Artikel l EGG.

Auch in anderer Hinsicht kam der Familienschutzgedanke nicht zum Tragen.

Beim Tod des Pächters kann die Pacht sowohl von dessen Erben als auch vom Verpächter gekündigt werden (Art. 297 ÖR). Kündigt der Verpächter, so haben nach geltendem Recht die
Erben keine Möglichkeit, das Pachtverhältnis fortzusetzen, selbst wenn die Auflösung der Pacht für die Familie des Pächters grosse wirtschaftliche und menschliche Probleme nach sich zieht.

Ausserdem hat der Gesetzgeber auf Bestimmungen über die Anpassung von Verträgen an veränderte Verhältnisse während der gesetzlichen Mindestdauer und bei richterlicher Erstreckung - verzichtet (vgl. für die Erstreckung des Mietvertrags Art. 267« OR).

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Pachtrecht und Agrarpolitik

Das Pachtrecht ist - wie die anderen Teile des Landwirtschaftsrechts - ein Mittel zur Verwirklichung der schweizerischen Agrarpolitik. Es ist somit im Sinne von Artikel 31bis Absatz 3 Buchstabe b der Bundesverfassung ebenfalls ein Instrument «zur Erhaltung eines gesunden Bauernstandes und einer leistungsfähi264

gen Landwirtschaft sowie zur Festigung des bäuerlichen Grundbesitzes». Letztlich geht es um die Sicherung der Ernährung in Friedens-, Krisen- und Kriegszeiten, um den Schutz der Landschaft und der Umwelt sowie um die Besiedlung des ganzen Landes (Fünfter Landwirtschaftsbericht, Ziff. 313.1).

Diese Zielsetzung verlangt, dass im Pachtrecht die verschiedenen Einzelinteressen, wie insbesondere die des Eigentümers und Verpachten sowie die des Pächters, aber auch allgemeine Interessen berücksichtigt werden.

Das Interesse des Verpachten zielt grundsätzlich auf eine möglichst freiheitliche Regelung, auf die Erhaltung des Wertes seines Betriebes und seiner Grundstücke sowie auf einen möglichst hohen Pachtzins.

Demgegenüber richtet sich das Interesse des Pächters auf eine möglichst langfristige Sicherung seiner Existenz auf dem Betrieb, die beste Nutzung seines Kapitals (Vieh, Maschinen usw.), den Schutz vor einer Kündigung, die ihn hart treffen könnte, sowie einen möglichst niedrigen Pachtzins.

Im allgemeinen Interesse steht sodann etwa die Möglichkeit, landwirtschaftliche Gewerbe und Grundstücke überhaupt in der Form der Pacht bewirtschaften zu können, d. h. eine relative Unabhängigkeit der Bauern, was schon für sich eine angemessene Berücksichtigung der Lage des Verpächters und des Pächters erfordert. Im allgemeinen Interesse liegt auch eine Ordnung, die so freiheitlich ist, dass die Betriebe sich im Laufe der Zeit den sich ändernden Bedürfnissen anpassen können (Grosse, Betriebsrichtung, Ausstattung mit Gebäuden und Maschinen, rationelle Bewirtschaftung). Im allgemeinen Interesse steht aber auch die Anpassung an die Bedürfnisse der zweckmässigen Raumordnung (u. a. Zonenordnung, Landschafts- und Umweltschutz).

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Vorgeschichte der Revision

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Die Expertenkommission

Für die Vorbereitung der Revision des landwirtschaftlichen Pachtrechts setzte das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement mit der Ermächtigung des Bundesrates Mitte 1978 eine Expertenkommission ein, die sich aus Vertretern der Pächter- und Verpächterkreise, der Gerichts- und Verwaltungsbehörden sowie der Wissenschaft zusammensetzte. Der Vorsitz wurde Dr. Ulrich Zimmerli, Präsident des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern, übertragen. Der Expertenkommission gehörten an: Dr. Peter Bachmann, dipi. Ing. agr. ETH, Mollis; Dr. iur. Franz Breitenmoser, Au; lie. rer. pol. Riet Campell, Landwirt, Cinuos-chel; alt Nationalrat Dr. iur. Joseph Egli, Rechtsanwalt, Sursee; Dr. iur. Hans-Peter Friedrich, Professor ETH Zürich, Basel; Robert Frischknecht, Landwirt, Präsident des Schweizerischen Pächtcrverbandes, Tägerschen; Isaac Gerber, Landwirt, Geschäftsführer des Schweizerischen Pächierverbandes, Les Rouges-Terres; Auguste Glasson, Bulle; Hans Hui, dipi. Ing. agr. ETH, Landwirt, Kirchberg; Francis Michon, Avocat, Lausanne; Nationalrat Félicien Morel, lie. es. se. éc.

et soc., Belfaux; Dr. se. tcchn. Willy Neukomm, Vizedirektor des Schweizerischen Bauemverbandes, Brugg; Nationalrat Urs Nussbaumer, dipi. Ing. agr. ETH, Riedholz; Peter Ottiger, Landwirt, Präsident des Luzernischen Pächterverbandes, Menznau ; Dr. oec. Hans Popp, dipi. Ing. agr. ETH, 265

Vizedirektor Bundesamt für Landwirtschaft, Bern; Jean Ruedin, Fürsprecher und.Notar, Chef Eidgenössisches Grundbuchamt, Bern; Marcel Sandoz, dipi. Ing. agr. ETH, Landwirt, Lavigny; Nationalrat Heinrich Schnyder, dipi. Ing. agr. ETH, Münsingen; Dr. iur. Charles Wüthrich, Fürsprecher, Bezirksgerichtspräsident, Bischofszell.

Die Expertenkommission legte Anfang 1980 dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement einen Vorentwurf zu einem Bundesgesetz über die landwirtschaftliche Pacht vor, welcher im Frühjahr 1980 den Kantonen, politischen Parteien und interessierten Verbänden und Organisationen zur Vernehralassung zugestellt wurde.

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Der Vorentwurf der Expertenkommission

In formeller Hinsicht schlug die Expertenkommission vor, die Bestimmungen über die landwirtschaftliche Pacht aus dem Obligationenrecht herauszulösen, den fünften Abschnitt des Bundesgesetzes über die Erhaltung des bäuerlichen Grundbesitzes betreffend den landwirtschaftlichen Pachtvertrag und das ganze Pachtzinsgesetz aufzuheben und alle für das bäuerliche Pachtrecht geltenden Sondernormen in einem neuen Bundesgesetz über die landwirtschaftliche Pacht zusammenzufassen.

Zur Verstärkung des Kündigungsschutzes des Pächters schlug die Kommission die Beibehaltung des bisherigen Systems mit folgenden Änderungen vor: - Die Mindestdauer für die erstmalige Verpachtung eines landwirtschaftlichen Gewerbes wird von sechs auf zwölf Jahre und die Mindestdauer bei Fortsetzung der Pacht eines Gewerbes oder Grundstücks von drei auf sechs Jahre verdoppelt.

- Eine einjährige Kündigungsfrist wird eingeführt, und dem Betroffenen wird ausserdem das Recht eingeräumt, eine Begründung der Kündigung zu verlangen.

- Für den Fall der rechtsgültigen Kündigung wird der betroffenen Partei das Recht zur Klage auf Pachterstreckung eingeräumt. Dabei soll die Erstreckung nur dann verweigert werden können, wenn der Verpächter nachweist, dass die Fortsetzung der Pacht für ihn unzumutbar ist.

Als Massnahme gegen die parzellenweise Verpachtung ganzer landwirtschaftlicher Gewerbe und gegen die übermässige Zupacht sah der Vorentwurf ein Einspracheverfahren vor; neben den Behörden und den Personen, die ein schutzwürdiges Interesse haben, wären auch die Pächter- und Verpächterorganisationen zur Einsprache befugt gewesen.

Für die Pachtzinsbemessung gingen die Experten vom unbestrittenen und bewährten Ertragswertprinzip aus, ersetzten jedoch die schematische durch eine flexiblere Berechnung, die einerseits den Hypothekarzins berücksichtigte und andererseits dem Verpächter eine hinreichende Entschädigung für den Unterhalt der Pachtsache gewähren sollte. Bezüglich der Pachtzinskontrolle hatten sie die Bewilligungspflicht für Pachtzinse für landwirtschaftliche Gewerbe beibehalten; für die Pachtzinse für einzelne Grundstücke war - gleich wie bei der parzellenweisen Verpachtung und Zupacht - an Stelle der Bewilligungspflicht ein Einspracheverfahren vorgesehen.

266

Als wesentliche weitere Neuerungen brachte der Vorentwurf das Vorpachtrecht der Nachkommen des Verpächters, das Recht der Angehörigen des verstorbenen Pächters zur Klage auf Fortsetzung des Pachtverhältnisses sowie die Verstärkung der Rechte des Pächters bei Veräusserung der Pachtsache.

123

Das Ergebnis des Vernehmlassungsverfahrens

Der Vorentwurf der Experten wurde auf Beschluss des Bundesrates ins Vernehmlassungsverfahren gegeben. Das formelle Konzept und die materiellen Grundzüge stiessen im Vernehmlassungsverfahren weitgehend auf Zustimmung.

Fast vorbehaltlos gilt dies für die Einführung eines Vorpachtrechts für Nachkommen des Verpächters.

Erwartungsgemäss gingen indessen die Ansichten über die Mindestdauer bei erstmaliger Verpachtung landwirtschaftlicher Gewerbe auseinander. Während die Kantone Zürich, Bern, Glarus, Freiburg, Basel-Stadt, Schaffhausen, Aargau, Wallis und Neuenburg, die grossen politischen Parteien und einige Organisationen der Mindestpachtdauer von zwölf Jahren zustimmten, verlangten die übrigen Vernehmlassungsadressaten eine weniger weitgehende Verlängerung oder gar die Beibehaltung der bisherigen Mindestpachtdauer. Die Kantone Schwyz und Nidwaiden, die Liberale Partei sowie der Schweizerische Bauernverband und die ihm nahestehenden Kreise (ohne Pächterverband) befürworteten für Gewerbe und einzelne Grundstücke eine einheitliche Mindestpachtdauer von neun Jahren.

Der sechsjährigen Mindestpachtdauer fìir die Fortsetzung der Pacht stimmte eine Mehrheit zu. Auch der Vorschlag für eine einmalige Pachterstreckung fand weitgehend Zustimmung. Einzig die Kantone Basel-Landschaft, St. Gallen und Jura, sowie die Sozialdemokratische Partei der Schweiz, der Landesring, die Partei der Arbeit, die POCH und die Entente jurassienne sowie der Schweizerische Pächterverband wünschten einen weitergehenden Kündigungsschutz im Sinne der grundsätzlich unbeschränkten Möglichkeit, eine ungerechtfertigte Kündigung durch den Richter aufheben zu lassen.

Die Notwendigkeit, Massnahmen gegen die parzellenweise Verpachtung ganzer landwirtschaftlicher Gewerbe vorzusehen, wurde fast durchwegs bejaht. Hingegen gingen die Meinungen über die nähere Ausgestaltung dieser Massnahmen bzw. deren Voraussetzungen auseinander. Auch blieb das vorgeschlagene Einspracheverfahren nicht unbestritten; die Kantone Zürich, Bern, Luzern, Schwyz, Ob- und Nidwaiden, Freiburg, Basel-Landschaft, Schaffhausen, Appenzell I. Rh., Graubünden, Thurgau, Tessin, Wallis, Genf und Jura, ferner die Sozialdemokratische Partei der Schweiz, die Schweizerische Volkspartei, die Liberale Partei, der Landesring und die POCH sowie der Bauernverband und die ihm nahestehenden
Kreise wünschten statt dessen ein Bewilligungsverfahren. Für die von der Expertenkommission vorgeschlagenen Massnahmen zur Beschränkung einer übermässigen Zupacht fand sich keine Mehrheit.

Die flexiblere Gestaltung der Pachtzinsberechnung und die differenzierte Lösung bei der Pachtzinskontrolle fanden wiederum fast durchwegs Zustimmung.

267

In weiten Kreisen auf Ablehnung stiess dagegen der Vorschlag, der für f'ächterund Verpächterorganisationen ein Einspracherecht gegen die parzeüenweise Verpachtung und übermässige Zupacht sowie gegen die Vereinbarung von Pachtzinsen für einzelne Grundstücke vorsah. Dieses Verbandseinspracherecht wurde nur von der Sozialdemokratischen Partei der Schweiz ausdrücklich befürwortet.

Den übrigen Änderungen schliesslich wurde weitgehend beigepflichtet.

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Die Überarbeitung des Vorentwurfs der Expertenkommission

Das Ergebnis des Vernehmlassungsverfahrens machte es notwendig, den Vorentwurf noch einmal eingehend zu prüfen und - wo nötig - zu überarbeiten.

Namentlich wurde, wie viele Stellungnahmen wünschten, bei den Massnahmen gegen die parzellenweise Verpachtung ganzer landwirtschaftlicher Gewerbe die Einführung einer Bewilligungspflicht in Erwägung gezogen; in der Folge wurde diese Lösung dem im Vorentwurf vorgesehenen Einspracheverfahren vorgezogen.

Mit der Bereinigung des Vorentwurfs wurde eine aus Mitgliedern der Expertenkommission uttd Vertretern der beteiligten Departemente (EJPD -und EVD) zusammengesetzte Arbeitsgruppe betraut, welche dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement einen neuen Entwurf vorlegte. Das Departement übernahm diesen Entwurf und unterbreitete ihn dem Bundesrat, 2

Besonderer Teil : Erläuterung des Entwurfs

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Formelle Konzeption

Der vorliegende Entwurf zu einem neuen Bundesgesetz über die landwirtschaftliche Pacht (LPG) fasst verschiedene Gesetzesnormen über die landwirtschaftliche Pacht zusammen: die revidierten Pachtbestimmungen aus dem Obligationenrecht und dem fünften Abschnitt des Bundesgesetzes über die Erhaltung des bäuerlichen Grundbesitzes sowie die geänderten Bestimmungen des Pachtzinsgesetzes. Das Obligationenrecht soll aber weiterhin für die landwirtschaftliche Pacht gelten, wo das LPG nichts Besonderes bestimmt.

Das neue Gesetz ist in sieben Kapitel aufgegliedert: Das erste Kapitel umfasst den Geltungsbereich, das zweite Kapitel enthält alle privatrecbtlichen Normen über den Pachtvertrag. Das dritte Kapitel über die parzellenweise Verpachtung und Zupacht sowie das vierte Kapitel über den Pachtzins haben öffentlichrechtlichen Charakter und sehen agrarpolitische Lenkungsmassnahmen vor; das fünfte Kapitel regelt das Verfahren und die Behördenorganisation. Die beiden letzten Kapitel enthalten die Strafbestimmungen sowie die Schluss- und Übergangsbestimmungen.

Von der ändern möglichen Lösung, alle Bestimmungen über den landwirtschaftlichen Pachtvertrag im Obligationenrecht zu vereinigen, wurde abgesehen, da sie sich als fragwürdig erwies. Zum einen wäre das Obligationenrecht in seiner Systematik gesprengt worden, und zum ändern würden die öffentlichrechtlichen Bestimmungen über die parzellenweise Verpachtung und Zupacht und über den 268

Pachtzins kaum in den zivilrechtlichen Rahmen des Obligationenrechts passen.

Im übrigen hätten jedenfalls die Strafbestimmungen nicht im Obligationenrecht untergebracht werden können, vielmehr wäre das Strafgesetzbuch (SR 311.0) entsprechend zu ergänzen gewesen. So oder so ist es also nicht zu vermeiden, dass noch auf ein anderes Gesetz zurückgegriffen werden muss. Es bedeutet jedoch einen wesentlichen Fortschritt, wenn die Bestimmungen über die landwirtschaftliche Pacht neben dem Obligationenrecht in einem einzigen Gesetz, das zudem schon seiner Bezeichnung nach auf den geregelten Stoff hinweist, zusammengefasst sind.

Das Pachtzinsgesetz wird mit dieser Lösung überflüssig und kann aufgehoben werden.

22

Kommentar zu den Bestimmungen im einzelnen

221

Geltungsbereich

221.1

Grundsatz

Gemäss Artikel l gilt das Gesetz für Pachtverträge über landwirtschaftliche Gewerbe und Grundstücke, die landwirtschaftlich genutzt werden. Der Geltungsbereich entspricht damit dem des Bundesgesetzes vom 12. Juni 1951 über die Erhaltung des bäuerlichen Grundbesitzes (EGG; SR 211.412.11). Als Gewerbe gilt, entsprechend der Bundesgerichtspraxis, eine Einheit von Grundstücken und Gebäuden, die für den Bauern und seine Familie den Mittelpunkt ihrer Tätigkeit darstellen und der Urproduktion dienen. Dabei macht es keinen Unterschied, ob das landwirtschaftliche Gewerbe dem Bewirtschafter und seiner Familie eine ausreichende landwirtschaftliche Existenz bietet, wie dies Artikel 620 ZGB für die Anwendung des bäuerlichen Erbrechts verlangt, oder ob es sich um einen Zu- oder Nebenerwerbsbetrieb handelt. Das Pachtrecht ist indessen nur auf Grundstücke anwendbar, die dem Verpächter zu Eigentum gehören.

Der Ausdruck «landwirtschaftliches Gewerbe» ist im übrigen gleichbedeutend mit der gleichlautenden Umschreibung von Artikel 6 EGG und Artikel 620 ZGB sowie mit dem Begriff des «landwirtschaftlichen Heimwesens» gemäss Buridesgesetz vom 12. Dezember 1940 über die Entschuldung landwirtschaftlicher Heimwesen (LEG; SR 211.412.12}, Das LPG übernimmt somit die Begriffe des ZGB und - teilweise - die des EGG. Der Gesetzesentwurf lässt offen, für welche weiteren Betriebe (z. B. Gartenbaubetriebe - Treibhausgemüsebau, Blumen- und Ziersträucherzucht; viehwirtschaftliche Betriebe ohne eigene Futtergrundlage, «bodenunabhängige Betriebe») das landwirtschaftliche Pachtrecht auch gilt. Diese Frage beurteilt sich nach den allgemeinen Grundsätzen über die Anwendung des Landwirtschaftsrechts.

Die Umschreibung «Grundstücke, die landwirtschaftlich genutzt werden» ist objektiv zu verstehen. Wald wird nicht landwirtschaftlich, sondern forstwirtschaftlich genutzt; bei der Verpachtung eines landwirtschaftlichen Gewerbes wird üblicherweise der Wald nicht mitverpachtet, Wald fällt somit nicht unter das Gesetz. Es besteht also eine Übereinstimmung mit dem Raumplanungsrecht, welches den Wald nicht der Landwirtschaftszone zurechnet (Art. 16 Abs. l und 18 Abs. 3 Raumplanungsgesetz; SR 700). Besondern Vereinbarungen 269

über die beschränkte Nutzung des Waldes zur Deckung des Eigenbedarfs des Pächters für Bau- und Brennholz steht indessen nichts entgegen. Für Alpen und Weiden sowie für die Nutzungs- und Anteilsrechte daran gelten nach Absatz 3 wie bis anhin die Vorschriften über die Pacht landwirtschaftlicher Grundstücke.

Weiden sind Bodenflächen, die ausschliesslich durch Beweidung genutzt werden; nicht dazu gehören Einfänge in der Nähe von Haus und Hof. '> Absatz 2 erfasst die Umgehungsgeschäfte. Das Gesetz soll auch für Rechtsgeschäfte gelten, die wirtschaftlich das gleiche bezwecken wie die Pacht, jedoch den vom Gesetz angestrebten Schutz vereiteln. Es soll also nicht bloss auf das wirtschaftliche Ziel der Rechtsbeziehungen:*> abgestellt werden, sondern vielmehr letztlich der Schutzzweck des Gesetzes massgebend bleiben. Somit fällt nicht von vorne hinein jedes pachtähnliche Geschäft unter die Bestimmungen dieses Gesetzes; anderseits braucht keine Umgehungsabsicht nachgewiesen zu werden.

Der Entwurf enthält nur Normen, die den landwirtschaftlichen Pachtvertrag betreffen. Dies bedeutet indessen nicht, dass die Bestimmungen des Obligationenrechts im Bereiche der landwirtschaftlichen Pacht ganz ausser Acht bleiben.

Diese gelten vielmehr für alle Vertragsverhältnisse, die vom Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgenommen sind; ferner sind sie nach Absatz 4 anwendbar, wenn dieses Gesetz keine besondere Regelung enthält.

221.2

Ausnahmen

Kleine Grundstücke von weniger als 25 Aren ohne landwirtschaftliche Gebäude sollen laut Artikel 2 dem Gesetz nicht unterstehen. Der Entwurf schliesst damit weitgehend an Artikel 24s=Pties EGG an. Für Rebgrundstücke wird die entsprechende Mindestfläche auf 15 Aren reduziert, da sich bei gleicher Fläche aus dem Weinbau ein erheblich höherer Ertrag erzielen lässt als aus einer ändern landwirtschaftlichen Nutzung. Die Kantone werden ermächtigt, dem Gesetz auch Grundstücke mit kleineren Flächen zu unterstellen. Sie können damit den verschiedenartigen Verhältnissen Rechnung tragen.

Bei der Nutzung von Alpen und Weiden sowie der Nutzungs- und Anteilsrechte daran bestehen oft von Tal zu Tal verschiedene Gebräuche, die sich zu einem eigentlichen Gewohnheitsrecht verdichtet haben. In Anbetracht der Vielgestaltigkeit dieser Rechte3) ermächtigt Artikels die Kantone, vom Bundesrecht abweichende Regelungen zu erlassen. Damit wird ein von den Bergkantonen im Vernehmlassungsverfahren vorgebrachtes Anliegen weitgehend erfüllt. Das geltende Recht enthält übrigens in Artikel 4 Absatz 2 EGG bereits einen ähnlichen, allerdings nur auf die Nutzungs- und Anteilsrechte beschränkten Vorbehalt.

Keine Ausnahme gibt es dagegen für Allmenden, soweit sie nicht Alpen oder Weiden sind. Dem im Eigentum von Allmendkorporationen und ändern Kör-

" Vgl. Liver, Schweiz. Privatrecht, Band V/I S. 281, zu Art. 699 ZGB.

) Dazu beispielsweise BGE 105 Ib 323 E la.

3 ) Vgl. etwa Kasser P., «Das Recht der geseyten Alpen im Kanton Bern», ZBJV 60 S. 201.

.

2

270

perschaften stehenden Grund und Boden, der als Acker- oder Wiesland genutzt wird, kommt sehr oft eine ausschlaggebende Bedeutung für die örtlichen Pachtverhältnisse zu, so dass ein Abweichen von den bundesrechtlichen Normen zu einer nicht zu rechtfertigenden rechtsungleichen Behandlung führen müsste.

Für Gewerbe und Grundstücke, die in einer Bauzone im Sinne des Raumplanungsgesetzes liegen, gilt das Gesetz ebenfalls, doch sieht der Entwurf für die Verkürzung der Mindestpachtdauer (Art. 10 und 11), die richterliche Pachterstreckung (Art. 28) und die Bewilligung der parzellenweisen Verpachtung eines landwirtschaftlichen Gewerbes (Art. 32) besondere Regelungen vor.

222

Der landwirtschaftliche Pachtvertrag

222.1

Begriff

Artikel 4 geht von der allgemeinen Begriffsumschreibung der Pacht in Artikel 275 OR aus und definiert den landwirtschaftlichen Pachtvertrag entsprechend.

Auch für die Umschreibung des Pachtzinses knüpft der Entwurf grundsätzlich an Artikel 275 Absatz 2 OR an; neu ist indessen, dass der Pachtzins auch in Form einer ändern Sachleistung als in einem Bruchteil der Früchte bestehen kann, zum Beispiel in der Übernahme der Unterhaltspflicht über den im Entwurf vorgesehenen Umfang hinaus (Art. 24 Abs. 4 und Art. 37 Abs. 3). Eine Arbeitsleistung ist dagegen keine Sachleistung; erbringt der Pächter dem Verpächter eine Arbeitsleistung im Sinne von Artikel 319 ff OR, so gelten die Bestimmungen über den Arbeitsvertrag.

Der Pachtvertrag schliesst stets ein Entgelt, den Pachtzins ein. Die blosse Erhaltung der Ertragsfähigkeit minderwertiger Böden («Böden mit Grenzertrag») kann allerdings nicht als Entgelt für die Gebrauchsüberlassung angesehen werden. Ist kein Entgelt geschuldet, so liegt eine Gebrauchsleihe vor. Sachlich lässt es sich nicht rechtfertigen, die unentgeltliche Gebrauchsüberlassung von landwirtschaftlichen Grundstücken gleich zu regeln wie die landwirtschaftliche Pacht. Andernfalls würde der Eigentümer, der ein Grundstück auf Zusehen hin einem Dritten unentgeltlich zur Bewirtschaftung überlässt, weil er sich die kurzfristige Verfügung darüber vorbehalten möchte, von einer weiteren Überlassung des Grundstücks überhaupt absehen.

Für den Abschluss eines landwirtschaftlichen Pachtvertrages bedarf es auch künftig keiner besonderen Form zur Gültigkeit; mündlich geschlossene Pachtverträge sollen weiterhin gültig sein. Dies bedeutet für den Pächter keinen Nachteil, es soll im Gegenteil der Vertragsabschluss nicht unnötig erschwert werden. Im Antritt der Pacht liegt ein hinreichender Beweis eines mündlich geschlossenen Pachtvertrags. Übrigens steht es den Parteien frei, den Vertrag schriftlich abzufassen. Dies geschieht heute in der Regel so bei Pachtverträgen über landwirtschaftliche Gewerbe, und zwar oft auf einem von einem Verband ausgearbeiteten Formular. Der Einwand, es entspreche nicht klarer rechtlicher Ordnung und sei in sich widersprüchlich, wenn zwar nicht für den Vertragsabschluss, wohl aber für die Vertragsauflösung eine besondere Form vorgesehen werde, vermag nicht zu überzeugen. Das Zivilrecht kennt bereits ähnliche, sachlich begründete Regelungen. Zu denken ist an eine gleichlautende Bestimmung 271

im Mietrecht'' und an die Viehwährschaft, die nur schriftlich verbindlich geleistet werden kann (Art. 202 Abs. l OR), obwohl der Kaufvertrag als solcher mündlich abgeschlossen werden kann.

Ferner sollen weiterhin sogenannte «Fixpachtverträge», d. h. Verträge, die zum vornherein für eine bestimmte Zeit abgeschlossen werden und demnach ohne Kündigung mit dem Vertragsablauf enden, zulässig sein. Es ergeben sich daraus für den Pächter keine Nachteile, die einen Ausschluss solcher Verträge und damit eine weitere Beschränkung der Vertragsfreiheit rechtfertigen könnten. Solche Verträge bestehen, wenn sie stillschweigend über den vereinbarten Termin hinaus fortgesetzt werden, für sechs Jahre weiter (Art. 11 Abs. l Bst. b) und können auch richterlich erstreckt werden (Art. 27 Abs. 1).

222.2

Vorpachtrecht

222.21

Vorpachtrecht der Nachkommen des Verpachten

Als Neuerung wird die Einführung eines Vorpachtrechts für Nachkommen des Verpachten (Art. 5-8) vorgeschlagen. Verschiedene stossende Vorfälle der jüngsten Vergangenheit haben dazu Anlass gegeben. Die Einführung eines Vorpachtrechts für Nachkommen des Verpächters stiess denn auch im Veraehmlassungsverfahren weitgehendst auf Zustimmung.

Mit der Verpachtung eines landwirtschaftlichen Gewerbes an einen Nachkommen wird meistens der entscheidende Schritt für die spätere Übertragung («Kindskauf», Art. 218
Das Vorpachtrecht wird grundsätzlich in Anlehnung an das Vorkaufsrecht nach den Artikeln 6 ff. EGG ausgestaltet. Entsprechend dem Vorkaufsrecht der Nachkommen (Art. 12 EGG) muss der Bewerber das Gewerbe selber bewirtschaften wollen und dafür geeignet sein. Für die Beurteilung der Eignung sind die Fähigkeiten des Ehegatten des Vorpachtberechtigten mitzuberücksichtigen.

Gleich wie beim gewöhnlichen Vorkaufsrecht, tritt der Vorpachtberechtigte zu denjenigen Bedingungen in das Vertragsverhältnis ein, wie sie mit dem Dritten vereinbart wurden. Da es sich aber bei der Pacht um ein Dauerschuldverhältnis handelt, ist auch den Interessen des Verpächters Rechnung zu tragen: Das Vorpachtrecht entfällt, wenn das Pachtverhältnis mit dem Nachkommen für den l)

Bundesbeschluss vom 30. Juni 1972 über Massnahmen gegen Missbräuche im Mietwesen, Art. 13 (SR 221.213.1).

272

Verpachte! unzumutbar ist.11 Ein Nachkomme kann zum voraus auf sein Vorpachtrecht verzichten, was keiner besondern Erwähnung im Gesetz bedarf. Die zwingenden Bestimmungen des Artikels 30 sind auf diesen Tatbestand nicht anwendbar. Eine Ausdehnung des Vorpachtrechts auf die Ehefrau des Verpächters und die Nachkommen des Pächters, wie es im Vernehmlassungsverfahren angeregt wurde, erweist sich als überflüssig. Die Verfügungsberechtigung über Gegenstände des ehelichen Vermögens wird im Ehegüterrecht geregelt; nach Artikel 21 steht den Nachkommen des Pächters bei dessen Tod ohnehin das Recht zu, in den Pachtvertrag einzutreten.

Weil der Pachtvertrag nicht im Grundbuch eingetragen wird und demnach nicht an die Grundbuchanmeldung angeknüpft werden kann, muss das Verfahren für die Ausübung der Vorpacht in den Artikeln 6 und 7 besonders geregelt werden.

Der Verpächter ist zunächst wie der vorkaufsbelastete Verkäufer nach Artikel 681 Absatz 2 ZGB verpflichtet, die vorpachtberechtigten Nachkommen über Abschluss und Inhalt des Vertrags mit dem Dritten in Kenntnis zu setzen. Die Nachkommen können gestützt darauf entscheiden, ob sie das Vorpachtrecht ausüben wollen. Namentlich um eine unerträgliche Ungewissheit auf der Seite des neuen Pächters zu vermeiden, haben die Nachkommen das Vorpachtrecht innert 30 Tagen, nachdem sie den Vertragsinhalt erfahren haben, spätestens aber innert drei Monaten seit Antritt der Pacht durch den Dritten, gegenüber dem Verpächter schriftlich geltend zu machen. Die Übernahme eines landwirtschaftlichen Gewerbes durch den neuen Pächter (Pachtantritt) ist für jedermann in der näheren Umgebung ersichtlich; ihm kommt hinreichende «Publizitätswirkung» zu, so dass für die Frist zur Geltendmachung des Rechts ohne weiteres daran angeknüpft werden darf. Das Vorpachtrecht gilt als anerkannt, wenn es der Verpächter nicht innert 30 Tagen seit Empfang der Ausübungserklärung gegenüber dem Berechtigten unter Angabe der Gründe schriftlich bestreitet. Wenn der Vater einem Nachkommen das Gewerbe nicht freiwillig verpachten will, soll er die Gründe dartun, die ihn zu diesem ungewöhnlichen Verhalten veranlassen.

Der Nachkomme kann gestützt darauf entscheiden, ob er an den Richter gelangen will oder nicht1). Die Angabe der Gründe ist zur Gültigkeit der Bestreitung nicht erforderlich, wohl aber die
Schriftform. Die Klage des Nachkommen auf Feststellung, dass er in das Pachtverhältnis eingetreten sei, ist innert 30 Tagen seit der Bestreitung durch den Verpächter anzubringen; es handelt sich bei dieser Frist, wie auch bei den Fristen für die Ausübung der Vorpacht und für deren Bestreitung, um eine Verwirkungsfrist. Beklagte Partei ist der Verpächter, der Dritte nimmt am Prozess nicht teil, es sei denn, der Verpächter verkünde ihm nach kantonalem Prozessrecht den Streit oder der Dritte trete ihm als Gehilfe (Intervenient) bei. Das Verhältnis des Verpächters zum Dritten richtet sich nach den Bestimmungen über die Rechtsgewährleistung (Art. 280 OR in Verbindung mit Art. 258 OR). Tritt der Nachkomme in den Pachtvertrag ein, sei es, weil der Verpächter das Vorpachtrecht nicht bestreitet, sei es, weil der Richter die entsprechende Klage gutheisst, so endet der Pachtvertrag mit dem Dritten.

1} J

Ein ähnlicher Gedanke findet sich in Artikel 20, bei der vorzeitigen Kündigung aus wichtigem Grund.

) Eine ähnliche Überlegung führt auch zum Recht, eine Begründung für die Kündigung eines Pachtvertrages zu verlangen.

273

Erklären mehrere Nachkommen, das Vorpachtrecht ausüben zu wollen, und sind sie alle zur Selbstbewirtschaftung geeignet, so soll der Verpächter entscheiden, welcher der Bewerber in das Pachtverhältnis eintreten darf. Dieses Wahlrecht entspricht demjenigen des Erblassers bei der Verfugung von Todes wegen (Art. 621bis Abs. 3 ZGB).

Artikel 8 regelt die Folgen der Ausübung des Vorpachtrechts. Tritt der Nachkomme in den Pachtvertrag ein, so muss der Dritte das Gewerbe auf den nächsten ortsüblichen Frühjahrs- oder Herbsttermin verlassen, wobei ihm aber in jedem Fall eine Frist von mindestens sechs Monaten einzuräumen ist. Weil der Dritte aber oft bereits erhebliche Investitionen getätigt hat (Anschaffung von Vieh und Fahrhabe), versteht es sich von selbst, dass der Verpächter ihm den Schaden ersetzen muss, der aus dem Dahinfallen des Pachtvertrags entsteht.

Damit der Dritte nicht nachträglich seine Schadenersatzansprüche auf dem Rechtsweg und ohne Gewähr für deren Einbringlichkeit durchsetzen muss, sieht Artikel 8 Absatz 3 vor, dass er das Gewerbe erst verlassen muss, wenn ihm der zustehende Schadenersatz oder eine entsprechende hinreichende Sicherheit geleistet worden ist. Möchte der vorpachtberechtigte Nachkomme vorher einziehen, so steht es ihm frei, die Ersatzforderung abzulösen oder Sicherheit zu leisten; er kann diese Aufwendungen später vom Verpächter zurückfordern.

222.22

Vorpachtrecht an Alpweiden

Artikel 9 übernimmt die bisherige Regelung von Artikel 27 EGG, wonach die Kantone ermächtigt sind, für die einheimische Bergbevölkerung ein «Vorzugsrecht» an der Pacht von Alpweiden vorzusehen. Die bisherige Regelung liess es jedoch offen, wie dieses Recht durchzusetzen sei. Mit der Möglichkeit der Kantone, zu Gunsten der Landwirte im Berggebiet ein Vorpachtrecht an Alpweiden vorzusehen, die in unmittelbarer und mittelbarer Nachbarschaft liegen, wird diese Lücke gefüllt. Bei der Regelung des Verfahrens werden die Kantone wohl vorsehen müssen, dass Pachtverträge über Alpweiden öffentlich bekannt zu machen sind, damit die Vorpachtberechtigten vom Pachtvertrag Kenntnis erhalten.

222.3

Mindestpachtdauer

222.31

Zur Ausgangslage

Dem Pächter soll mit Rücksicht auf die heutigen Verhältnisse eine bessere Gewähr für den Fortbestand des Pachtvertrags geboten werden. Dieses Ziel lässt sich einerseits durch eine Verlängerung der Mindestpachtdauer und anderseits durch einen verbesserten Kündigungsschutz erreichen.

Bereits im EGG ist eine Mindestpachtdauer festgelegt; sie beträgt bei erstmaliger Verpachtung sechs Jahre (Art. 23 Abs. l EGG) und bei stillschweigender Verlängerung drei Jahre (Art. 24 Abs. l EGG). Der vorliegende Entwurf regelt nun die Mindestpachtdauer neu und entspricht damit den veränderten Verhältnissen (vgl. Ziff. 112.2): Die Mindestdauer wird für die erstmalige Verpachtung eines Gewerbes und für die Fortsetzung der Pacht eines Gewerbes oder eines 274

einzelnen Grundstücks verdoppelt. Eine allgemein geltende Ordnung verdient den Vorzug gegenüber einer Regelung, die eine individuelle Verlängerung vorsieht, indem sie zum Beispiel die Möglichkeit bietet, wiederholt die Kündigungsaufhebung durch den Richter zu verlangen - der in jedem Fall die Interessen der Parteien abwägen müsste. Der Entwurf bringt hier eine klare Ordnung; Pächter und Verpächter wissen von Anfang an, woran sie sind, und können ihre Dispositionen treffen.

Eine weitere Verbesserung des Kündigungsschutzes ist darin zu sehen, dass die Kündigungsfrist (Art. 19) grundsätzlich ein Jahr beträgt.

Neben der verlängerten Mindestpachtdauer ist eine einmalige Erstreckungsmöglichkeit vorgesehen, die sich im Ergebnis einer einmaligen Kündigungsbeschränkung nähert (vgl. Ziff. 222.7). Die Bestimmungen Über die Mindestpachtdauer sowie diejenigen über die Kündigung und die Pachterstreckung durch den Richter sind somit aufeinander abgestimmt und sind ein Ganzes. Mit dieser Regelung wird dem Sicherheitsbedürfnis des Pächters im wesentlichen Rechnung getragen, was im Vernehmlassungsverfahren weitgehend ausdrücklich oder stillschweigend anerkannt worden ist.

Eine kürzere Mindestpachtdauer als die vorgeschlagene, verbunden mit einer Kündigungsbeschränkung in Form einer beliebig oft wiederholbaren richterlichen Kündigungsaufhebung - wie sie von Pächterseite gefordert worden ist -, würde die Rechte der Verpächter zu sehr einschränken und damit die grundsätzliche Bereitschaft zur Verpachtung wohl erheblich herabmindern. Nicht zu übersehen ist auch, dass der Verpächter oft eine besonders enge Beziehung zur Pachtsache und damit zum Pächter hat, womit der Person des Pächters eines landwirtschaftlichen Gewerbes besondere Bedeutung zukommt. Schliesslich ist auch zu beachten, dass bei der landwirtschaftlichen Pacht - im Gegensatz zur Wohnraum- und Geschäftsmiete - für die Bemessung des Pachtzinses mit dem Ertragswert eine feste Grundlage besteht und zudem der Pachtzins für landwirtschaftliche Gewerbe einer Bewilligung bedarf, so dass diesbezüglich kaum Missbrauch zu befürchten ist. Es würde dem Verpächter eines Gewerbes, der einen höheren als den zulässigen Pachtzins erzielen möchte, nichts bringen, wenn er deswegen dem. Pächter kündigt. Auch vom neuen Pächter könnte er keinen höheren Zins fordern, und für
eine parzellenweise Verpachtung, welche möglicherweise einen höheren Ertrag abwerfen würde, bedürfte es ebenfalls einer Bewilligung, die aber nur unter besondern Voraussetzungen erteilt werden kann.

222.32

Mindestpachtdauer bei erstmaliger Verpachtung

Wie bereits im Expertenentwurf von 1980, wird in Artikel 10 dit Mindestpachtdauer für die erstmalige Verpachtung eines landwirtschaftlichen Gewerbes auf zwölf Jahre und diejenige für einzelne Grundstücke auf sechs Jahre festgesetzt.

Dem Pächter wird damit eine Mindestvertragszeit garantiert, die ihm eine erhöhte wirtschaftliche Sicherheit bietet und neben einer besseren Planung für die Bewirtschaftung des Betriebs vor allem auch eine sinnvolle Abschreibung des in den Maschinenpark investierten Kapitals erlaubt. Der Pächter eines Gewerbes hat, unter Berücksichtigung der Erstreckungsmöglichkeit (Art. 27 und 28), 275

grundsätzlich die Gewähr, dass er - richtige Erfüllung des Vertrags vorausgesetzt - für mindestens 15-18 Jahre auf dem Hof bleiben kann.

Der im Vernehmlassungsverfahren da und dort gegen die zwölfjährige Mindestpachtdauer für Gewerbe erhobene Einwand, eine solche Lösung greife zu stark in die Eigentums- und Vertragsfreiheit ein und stelle eine unzumutbare Belastung für den Eigentümer dar, ist ernst zu nehmen. Bei der Interessenabwägung ist indessen zu beachten, dass andere privatrechtliche Vertragsverhältnisse oft auf viel längere Zeit begründet werden, bei dinglichen Rechten, die mit der landwirtschaftlichen Pacht bestimmte Gemeinsamkeiten aufweisen (Grundlast, Nutzniessung und Wohnrecht), ist dies sogar die Regel. Ein Blick auf ausländische Verhältnisse zeigt zudem, dass verschiedene europäische Länder für die Betriebspacht eine Mindestdauer von mehr als zwölf Jahren kennen oder dass üblicherweise längere Pachtverträge über Gewerbe (Betriebspachtverträge) abgeschlossen werden. Zu beachten bleibt auch, dass jeder Pachtvertrag aus wichtigem Grund gekündigt werden kann, wobei auch die Mindestpachtdauer zu berücksichtigen ist (vgl. Ziff. 222.62). Auch ohne solchen wichtigen Grund - dieser führt zur Vertragsauflösung - kann im übrigen unter bestimmten Voraussetzungen der Vertragsinhalt den veränderten Verhältnissen (vgl. Ziff. 222.4), insbesondere der Pachtzins der Entwicklung des Hypothekarzinses, angepasst werden (Art. 13 in Verbindung mit Art. 41).

Der Eingriff in das Verfügungsrecht des Eigentümers und in die Vertragsfreiheit ginge indessen wohl dennoch zu weit, wenn nicht gleichzeitig vom Gesetz die Möglichkeit für eine auf die Besonderheiten des Einzelfalls zugeschnittene Verkürzung der Mindestpachtdauer geschaffen würden. Eine solche Verkürzung soll allerdings auch in Zukunft (vgl. Art. 23 Abs. 3 EGG) nur mit behördlicher Bewilligung zulässig sein. Anders als im geltenden Recht bedarf es aber hiezu keines «wichtigen Grundes» mehr. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Bewilligung ohne weiteres erteilt werden kann; vielmehr müssen die persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse einer Partei oder sachliche Gründe eine solche Ausnahme von der ordentlichen Mindestpachtdauer rechtfertigen. Als sachlicher Grund gilt in jedem Fall der Umstand, dass die Pachtsache ganz oder teilweise in einer
Bauzone im Sinne von Artikel 15 des Raumplanungsgesetzes (SR 700) liegt und für die Verkürzung wichtige raumplanerische Gründe bestehen.

Das landwirtschaftliche Pachtrecht soll nicht den Zielen der Raumplanung zuwiderlaufen. Eine zwölfjährige Mindestpachtdauer für ein landwirtschaftliches Gewerbe, das ganz oder teilweise in einer Bauzone liegt, könnte unter Umständen die zonenkonforme Nutzung - die Überbauung des Bodens - hindern. Der Begriff der Bauzone ist hier ausschliesslich im bundesrechtlichen Sinn (Bundesgesetz vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung; [RPG; (SR 700\) zu verstehen.

Die Bewilligung ist erforderlich für die Gültigkeit der Vereinbarung einer kürzeren als der gesetzlichen Mindestpachtdauer. Der Entscheid über das Gesuch ist eine privatrechtgestaltende Verwaltungsverfügung und als solche unwiderruflich. 1 ) Liegt keine Bewilligung vor - sei es, dass sie verweigert wurde, sei es, dass innert der Verwirkungsfrist nicht darum nachgesucht wurde -, so ist die

') Reinhold Hotz, Bäuerliches Grundeigentum, ZSR 1979/2 S. 203.

276

Vereinbarung nichtig; der Vertrag bleibt zwar als solcher aufrechterhalten, aber es gilt die vom Gesetz vorgesehene Mindestpachtdauer (Teilnichtigkeit des Vertrags). Eine ähnliche Rechtsfolge ergibt sich übrigens auch beim nicht bewilligten Pachtzins (Art. 45; hinten Ziff. 224.3). Im übrigen ist es unerheblich, ob die Bewilligung zur Verkürzung der Mindestpachtdauer vor oder nach Pachtantritt verweigert wird; massgeblich ist einzig die Tatsache des Vertragsabschlusses.

Wenn sich der Verpächter zum voraus vergewissern will, ob eine Verkürzung der Mindestpachtdauer bewilligt werden kann, so hat er gemäss Artikel 48 die Möglichkeit, vor Abschluss des Vertrags eine Feststellungsverfügung darüber zu erwirken.

222.33

Mindestdauer bei Fortsetzung der Pacht

Die Mindestdauer bei stillschweigender Verlängerung eines Pachtverhältnisses soll gemäss Artikel 11 bei Gewerben und Grundstücken nunmehr sechs Jahre betragen. Stillschweigende Verlängerung liegt vor, wenn der Vertrag nicht oder nicht fristgemäss auf Ablauf der ersten Pachtdauer gekündigt worden ist oder wenn das Vertragsverhältnis ohne Kündigung ausläuft, weil es auf bestimmte Zeit vereinbart war, aber in der Folge tatsächlich fortgesetzt wird. Die Fortsetzungsdauer der Pacht ist für Gewerbe und für einzelne Grundstücke dieselbe.

Eine unterschiedliche Regelung rechtfertigt sich im Hinblick auf die Bedeutung der Zupacht bei den heutigen Verhältnissen nicht. Tatsächlich hat diese sowohl für die äussere Aufstockung der Betriebe ') wie für pachtweise Arrondierungen 2 ) ein nicht zu übersehendes Gewicht erlangt. Für zugepachtete Grundstücke beträgt somit die erste Pachtdauer wie die Mindestdauer bei Fortsetzung der Pacht sechs Jahre, Auch bei Fortsetzung der Pacht kann die Mindestpachtdauer mit behördlicher Bewilligung verkürzt werden.

In Artikel 25 enthält das EGG bereits eine Bestimmung, wonach die Kantone ermächtigt sind, die Mindestpachtdauer für Pachtverträge über Rebland zu verlängern. Abgesehen von Freiburg und Wallis haben die welschschweizerischen Rebbaukantone und der Kanton Tessin von diesem Vorbehalt Gebrauch gemacht; die ostschweizerischen Rebbaukantone haben es bei der bundesrechtlichen Regelung bewenden lassen. In Anbetracht der Verschiedenartigkeit der Verhältnisse rechtfertigt es sich, in Artikel 12 den Kantonen diese Freiheit weiterhin einzuräumen. Indessen drängt sich von der Sache her auf, nebst Rebgrundstücken auch Grundstücke mit ändern Spezialkulturen einzubeziehen, die auf längere Zeit angelegt sind. Die Ermächtigung gilt sowohl für die erste Pachtdauer als auch für die Fortsetzungsdauer.

222.4

Anpassung an veränderte Verhältnisse

222.41

Grundsatz

Nach dem Grundsatz der Vertragstreue können Verträge während ihrer Dauer grundsätzlich nur dann abgeändert werden, wenn beide Parteien damit einver'> Fünfter Landwirtschaftsbericht, Ziff. 321.23 (BEI 1977 I 242ff.).

> Fünfter Landwirtschaftsbericht, Ziff. 213 in fine und 321.22.

2

277

standen sind oder wenn ein Abänderungsvorbehalt ausdrücklich vereinbart wurde. Da landwirtschaftliche Pachtverträge vielfach von rechtsunkundigen Personen geschlossen werden und damit in den meisten Fällen wohl kein Änderungsvorbehalt aufgenommen wird, ist der Vertrag vorerst einmal während der Mindestpachtdauer an sich unabänderlich. Mit der vorgesehenen Verlängerung der Mindestpachtdauer auf die doppelte bisherige Zeitspanne sind bei veränderten Verhältnissen insbesondere für den Verpächter vermehrte unbillige Härten zu erwarten. Anderseits wird der Vorbehalt schwerster Sozialkatastrophen (dausula rebus sic stantibus) nur äusserst selten zum Tragen kommen. Als Gegengewicht zur verlängerten Mindestpachtdauer sieht daher das Gesetz die Möglichkeit zur Anpassung an veränderte Verhältnisse vor. Andere Vertragsverhältnisse auf längere Zeit, wie z. B. Mietverträge oder Baurechtsverträge, für die von Gesetzes wegen keine Änderungsmöglichkeit besteht, lassen sich diesbezüglich mit dem landwirtschaftlichen Pachtvertrag nicht vergleichen: Beim Mietvertrag gibt es keine gesetzliche Mindestdauer; der Baurechtsvertrag ist öffentlich zu beurkunden, und die Urkundsperson hat gegenüber den Vertragsparteien eine gewisse Rechtsbelehrungspflicht, Im Streit über Voraussetzung, Art und Umfang einer Anpassung des landwirtschaftlichen Pachtvertrages entscheidet in jedem Fall der Richter.

222.42

Pachtzinsanpassung und Anpassung anderer Vertragsbestimmungen

Artikel 13 und 14 gewähren den Parteien die Möglichkeit einer Pachtzinsanpassung: Artikel 13 für den Fall, dass der Bundesrat die Sätze für die Pachtzinsbemessung allgemein ändert (Art. 41) und Artikel 14 für den Fall, dass sich der Ertragswert als Folge besonderer Umstände erhöht oder vermindert. Der Ertragswert bildet die Grundlage der Pachtzinsbemessung (vgl. Ziff. 224.2). Er bemisst sich nach den Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 12. Dezember 1940 über die Entschuldung landwirtschaftlicher Heimwesen (LEG; SR 211.412.12).

Dessen Artikel 9 ermächtigt zwar den Eigentümer und den Grundpfandgläubiger, nicht aber den Pächter, eine neue Ertragswertschätzung zu verlangen; der Ertragswert kann im übrigen nur noch bei Anwendung des bäuerlichen Erbrechts und des Vorkaufsrechts der Verwandten neu geschätzt werden. Ins Gesetz ist deshalb ausdrücklich eine Bestimmung aufzunehmen, wonach auch der Pächter für die Bemessung des Pachtzinses eine Neufestsetzung des Ertragswerts verlangen kann.

Als Veränderung der Verhältnisse, die zur Neufestsetzung des Ertragswerts berechtigen, gelten auch der Abbruch oder die Stillegung von Gebäuden, zum Beispiel bei Ausrichtung von Stillegungsbeiträgen zur Reduzierung der Tierhöchstbestände1), und die Änderung der Grundlagen für die Schätzung des Ertragswerts.2) Den Grundsatzentscheid über die Anpassung des Pachtzinses trifft im '> Verordnung vom 10. Dez. 1979 über Höchstbestände in der Fleisch- und Eierproduktion, Art. 9 ff. (SR 916.344).

2) Insb. Bundesratsbeschluss vom 28. Dez. 1951 über die Schätzung landwirtschaftlicher Heimwesen und Liegenschaften (SR 211.412.123) mit Anhang (Schätzungsanleitung).

278

Streitfall der Zivilrichter, für die Höhe des Pachtzinses ist indessen der Entscheid der Pachtzinsbehörde (Art. 44) massgebend.

Artikel 15 regelt die Anpassung anderer Vertragsbestimmungen zufolge veränderter Verhältnisse. Als Voraussetzung gelten nur Veränderungen, welche die Erfüllung des Vertrags für eine Partei unzumutbar machen würde, wenn dieser unverändert weitergälte. Als Beispiele hiefür können etwa agrarpolitische Lenkungsmassnahmen wie die Milchkontingentierung genannt werden oder eine spätere und nicht voraussehbare Umzonung der Pachtsache in die Bauzone.

222.43

Pachtzinsnachlass

Artikel 16 übernimmt im wesentlichen den Inhalt des Artikels 287 OR, der nur landwirtschaftliche Pachtverhältnisse betrifft und deshalb hinfällig wird. Der Regelung von Artikel 16 liegen Billigkeitserwägungen zugrunde'>: Unvoraussehbare und unbeeinflussbare Umstände, die zu einem offenbaren Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung führen, sollen einen Anspruch auf Anpassung der Vertragsbestimmungen begründen. Im Gegensatz zu den Artikeln 13-15 erfolgt diese Anpassung jedoch nur auf beschränkte Zeit, das heisst für die Dauer einer vorübergehenden Ertragseinbusse. Der Pachtzinsnachlass kann sich auf den laufenden oder einen bereits verfallenen Pachtzins beziehen, wogegen sich eine Anpassung des Pachtzins gestützt auf die Artikel 13 und 14 auf zukünftige Leistungen beschränkt.

Im Vernehmlassungsverfahren ist von verschiedener Seite vorgeschlagen worden, diesen Pachtzinsnachlass nur für den Fall vorzusehen, dass der Ertrag wegen eines nicht versicherbaren Unglücksfalles oder Naturereignisses stark zurückgegangen ist. Eine solche Ordnung könnte indessen zu einem indirekten Versicherungszwang führen, den der Bundesrat für unerwünscht hält. Ferner findet sich heute kaum mehr ein Risiko, das sich nicht gegen eine entsprechende Prämie zumindest teilweise versichern liesse. Dieser Vorschlag brächte damit eine zu einengende Reglementierung mit sich, die den Umständen des Einzelfalles nicht gerecht würde. Indessen kann dem Richter überlassen werden, bei der Bestimmung des Masses des Pachtzinsnachlasses zu berücksichtigen, ob ein bestimmtes Schadenereignis üblicherweise versichert wird.

222.5

Veräusserung der Pachtsache

Artikel 17 übernimmt sachlich unverändert Artikel 281bis OR, der im Obligationsrecht wegfallen kann. Es gilt also weiterhin der unbestrittene Grundsatz «Kauf bricht Pacht nicht». Die Rechte und Pflichten aus dem Pachtvertrag gehen auf den Erwerber über, es handelt sich um Realobligationen2).

') Diese Erwägungen gründen auf dem Gedanken der clausula rebus sic stantibus; vgl.

Guhl/Merz/Kummer, OR, 7. Auflage, S. 379.

2) Als Realobligationen werden nach herrschender Lehre gesetzliche oder vertragliche Pflichten zu einem Tun oder Handeln verstanden, die mit dem Eigentum an einem Grundstück, mit einem dinglichen Recht oder mit dem Besitz verbunden sind (vgl.

Liver, Einl. zu Art. 730 ZGB N. 148ff.; BGE 92 II 155 E 4 = Praxis 56 Nr. 3).

279

Artikel 18 regelt in den Absätzen l und 2 die Ausnahmen von diesem Grundsatz, sie entsprechen inhaltlich dem bisherigen Artikel 28ller OR; dieser kann damit, da er ausschliesslich den landwirtschaftlichen Pachtvertrag betrifft, aus dem OR gestrichen werden. Dagegen enthalten die Absätze 3 und 4 eine Neuerung: Auch im Fall der Veräusserung der Pachtsache für Bauten oder öffentliche Zwecke, oder beim Erwerb zur Selbstbewirtschaftung soll - unter Würdigung der Interessen des neuen Erwerbers - eine Fortsetzung des Pachtverhältnisses für kurze Zeit möglich sein. Damit wird, ähnlich wie mit der Pachterstreckung, dem Pächter eine genügend lange Frist eingeräumt, um ein neues Pachtobjekt zu suchen oder sein Pächterinventar zu einem angemessenen Preis zu liquidieren; das letzte ist kaum möglich, wenn der Pächter unter Zeitdruck veräussern muss.

Eingefügt wird ferner die Bestimmung, dass der Pächter den Pachtgegenstand erst dann verlassen muss, wenn ihm der Ersatz des aus der vorzeitigen Vertragsauflösung entstandenen Schadens vergütet oder ihm hiefür hinreichende Sicherheit geleistet worden ist.1) Artikel 17 und 18 sind bei Enteignung nicht anwendbar; hier gilt das einschlägige Enteignungsgesetz.

222.6

Beendigung des Pachtverhältnisses und Auseinandersetzung

222.61

Kündigung im allgemeinen

Artikel 19 regelt die Kündigung im allgemeinen. Die Kündigung eines Pachtvertrags ist nur gültig, wenn sie schriftlich erfolgt. Damit wird die Regelung übernommen, wie sie heute für die Mietverhältnisse gelten, die dem ßundesbeschluss über Massnahmen gegen Missbräuche im Mietwesen (SR 221.213.1) unterstehen. Im weitern soll die betroffene Partei das Recht haben, von der Gegenpartei eine Begründung der Kündigung zu verlangen. Gründe der Rechtssicherheit sprechen indessen dagegen, eine Begründung als Gültigkeitserfordernis für die Kündigung vorzusehen. Unterlässt es aber die kündigende Partei, der ändern Vertragspartei die verlangte Begründung zu geben, so kann dies im Verfahren um Erstreckung des Pachtverhältnisses den Kostenentscheid beeinflussen, weil die betroffene Partei bei Kenntnis des Kündigungsgrundes möglicherweise keine Klage erhoben hätte.2) Die Kündigungsfrist beträgt nun generell ein Jahr, unabhängig davon, ob es sich um die Pacht eines landwirtschaftlichen Gewerbes oder eines einzelnen Grundstücks handelt. Vorbehalten bleiben die vorzeitige Kündigung aus wichtigem Grund (Art. 20) und die Kündigung beim Tod des Pächters (Art. 21), ferner die Auflösung des Pachtvertrags bei Güterzusammenlegung (Art. 22), bei Zahlungsrückstand des Pächters (Art. 23) und bei Konkurs des Pächters (Art. 295 OR) sowie der Rücktritt des Verpächters nach Artikel 294 OR.

J

) Der gleiche Gedanke liegt der Bestimmung über die Folgen der Ausübung des Vorpachtrechts zu Grunde (vgl. Ziff. 222.21).

2) Die gleiche Regelung gilt auch für die Bestreitung des Vorpachtrechts des Nachkommen (vgl. Art. 7 Abs. l ; Ziff. 222.21).

280

Es wird darauf verzichtet, eine Kündigungsbeschränkung in dem Sinn vorzusehen, dass der Pächter die Kündigung anfechten könnte und diese nur gültig wäre, wenn besondere Gründe wie Eigengebrauch des Verpächters oder eine schwerwiegende Verletzung der Pflichten des Pächters nachgewiesen werden.

Eine solche Massnahme würde allzu stark in die berechtigten Interessen des Verpachte« eingreifen (vgl. Ziff. 222.31) und insbesondere die Zupacht übermässig erschweren. Damit würde die Möglichkeit der pachtweisen Arrondierung und der Pachtlandarrondierung eingeschränkt oder gar ausgeschlossen, was den Zielen der Landwirtschaftspolitik, wie sie der Bundesrat im Fünften Landwirtschaftsbericht1) dargelegt hat, zuwiderlaufen würde.

222.62

Besondere Kündigungs- und Auflösungsgründe

Nach Artikel 291 OR können nur Pachtverträge, die auf bestimmte Zeit, nicht aber solche, die auf unbestimmte Zeit abgeschlossen sind, aus wichtigem Grund gekündigt werden. Die Pachtverträge werden zum grössten Teil auf unbestimmte Zeit abgeschlossen; der Umstand, dass sie für eine bestimmte Mindestdauer gelten, lässt sie nicht zu Verträgen auf bestimmte Zeit (Fixpachtverträge) werden. Angesichts der Verlängerung der Mindestpachtdauer wird es aber noch dringlicher, dass jeder Vertrag - ob auf bestimmte oder unbestimmte Zeit geschlossen - aufgelöst werden kann, wenn wichtige Gründe die weitere Vertragserfüllung für eine Partei untragbar machen. Mit Artikel 20 wird diesem Anliegen Rechnung getragen.

Artikel 21 (Tod des Pächters) geht von der bisherigen Regelung in Artikel 297 OR aus. Da bei landwirtschaftlichen Pachtverträgen die persönlichen Beziehungen zwischen den Vertragsparteien und die Eignung und Fähigkeiten des Pächters für den Abschluss und die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses besonders bedeutungsvoll sind, soll sowohl dem Verpächter als auch den Erben des Pächters weiterhin ein Kündigungsrecht zustehen. Wollen indessen die Hinterlassenen (Nachkommen, Ehegatte oder Geschwister) des Pächters den Betrieb in der bisherigen Weise weiterbewirtschaften, so wäre es stossend, wenn der Verpächter wegen des Todes des Pächters den Vertrag vorzeitig auflösen könnte. Den Angehörigen soll daher das Recht zustehen, trotz Kündigung des Vertrags durch den Verpächter in das Pachtverhältnis einzutreten, wobei einem Geschwister dieses Recht nur zusteht, wenn es im Betrieb mitgearbeitet hat. Erklären mehrere Angehörige, in das Vertragsverhältnis eintreten zu wollen, so bezeichnet der Verpächter den ihm zusagenden Bewerber; im Hinblick auf die vielfältigen Rechte und Pflichten, die sich aus dem landwirtschaftlichen Pachtverhältnis ergeben, und auf die entsprechende Verantwortung der Vertragsparteien, wäre es wenig ratsam, wenn gegen den Willen des Verpachte« die Fortsetzung des Pachtverhältnisses mit mehreren Pächtern zulässig wäre. ^ Der Eintritt in das Pachtverhältnis soll jedoch dann ausgeschlossen sein, wenn der Verpächter vor dem Richter nachweist, dass der Eintretende keine Gewähr für die ordnungsge·> Fünfter Landwirtschaftsbericht, Ziff. 213 infine (BEI 1977 I 242 ff.).

) Ein ähnliches Eintrittsrecht besieht beim Vorpachtrecht der Nachkommen (vgl.

Ziff. 222.21).

2

281

masse Bewirtschaftung der Pachtsache bietet oder dass die Fortsetzung des Pachtverhältnisses für ihn aus ändern Gründen unzumutbar ist. Die Beweislast trägt der Verpächter; seine Klage.richtet sich gegen den Eintretenden und nicht gegen die Erben des Pächters. Der Eintretende übernimmt die Pacht zu denselben Bedingungen, wie sie für den verstorbenen Pächter gegolten haben; insbesondere dauert der Pachtvertrag noch bis zum ursprünglich - durch Gesetz oder Vereinbarung - bestimmten Zeitpunkt.

Artikel 22 (Güterzusammenlegung) entspricht weitgehend dem bisherigen Artikel 296 OR; dieser wird damit hinfällig. Die Auflösung der Pacht - es handelt sich hier nicht um eine Kündigung - erfolgt zweckmässigerweise nicht auf Ende eines Pachtjahrs, sondern auf Antritt des neuen Besitzstandes.

Artikel 23 (Zahlungsrückstand des Pächters) schliesst an Artikel 293 OR an, verlängert indessen die Nachfrist zur Bezahlung des rückständigen Pachtzinses von 60 Tagen auf ein halbes Jahr.

Artikel 24 (Entschädigung für Aufwendungen und Unterhaltsregelung) geht von Artikel 284 OR aus, wonach der Pächter für den ordentlichen Unterhalt der Pachtsache zu sorgen und die kleineren und mittleren Reparaturen vorzunehmen hat. Im Unterschied zum Mieter muss der Pächter für den laufenden Unterhalt der Pachtsache sorgen; nur die Hauptreparaturen hat der Verpächter zu übernehmen 1 *. Dieser Grundsatz bleibt unberührt; er findet sich in Absatz 3, der auch die nicht abschliessende Aufzählung des Artikels 284 Absatz 2 OR übernimmt. Den Parteien soll es ajber frei stehen, eine weitergehende Unterhaltspflicht für den Pächter zu vereinbaren; diese Möglichkeit ist ausdrücklich zu erwähnen, weil die Bestimmungen des zweiten Kapitels, soweit nichts anderes bestimmt ist, zwingender Natur sind (Art. 30).. Wird aber eine vom Gesetz abweichenden Unterhaltsregelung getroffen, so ist diesem Umstand bei der Bemessung des Pachtzinses Rechnung zu tragen (Art. 37 Abs. 3). Ein neuer Weg wird indessen mit den Absätzen l und 2 beschriften. Der Pächter soll bei Beendigung der Pacht berechtigt sein, die Entschädigung seines Aufwandes für Verbesserungen der Pachtsache zu verlangen, die er mit Zustimmung des Verpächters vorgenommen hat. Er geht damit nicht mehr das Risiko ein, dass durch Zuwarten bis zur Beendigung der Pacht sein Anspruch allenfalls verjährt
2 ). Die Zustimmung kann ausdrücklich oder stillschweigend gegeben werden. Die Zustimmung ist nicht erforderlich, wenn der Pächter notwendige Hauptreparaturen vorgenommen hat, weil der Verpächter dieser Pflicht nicht nachgekommen ist, obwohl ihn der Pächter auf die Notwendigkeit hingewiesen hatte (Ersatzvornahme). Damit wird der Pächter von der Pflicht entbunden, für die Ausführung einer Reparatur die gerichtliche Ermächtigung nach Artikel 98 Absatz l OR einzuholen (BGE 61II 37).

Die Artikel 25 und 26 entsprechen grundsätzlich den Artikeln 300 und 301 OR.

Sie betreffen nur die landwirtschaftliche Pacht und sollten daher aus dem OR gestrichen werden. Die beiden ersten Absätze dieser Bestimmungen sind nicht zwingend, anderweitige Vertragsabreden oder abweichender Ortsgebrauch gehen also der gesetzlichen Regelung vor.

') Reymond, Schweizerisches Privatrecht, Band VII/1 S.261.

> Vgl. hiezu Merz in ZBJV 117 (1981) S. 130.

2

282

222.7

Richterliche Pachterstreckung

Bei sachlich nicht gerechtfertigter Kündigung des Pachtvertrags muss eine Möglichkeit zur richterlichen Verlängerung des Vertragsverhältnisses bestehen. Ein gesetzlicher Kündigungsschutz (im weiteren Sinn) für den Pächter ist ein Hauptziel dieser Revision. Dieses lässt sich auf zwei Wegen erreichen: 1. Durch Einführung einer eigentlichen Kündigungsbeschränkung im Sinne der Möglichkeit, eine Kündigung durch den Richter aufheben zu lassen, und zwar ohne zeitliche Begrenzung. Diese Lösung wurde bereits in der Botschaft des Bundesrates vom 29. April 1970 zum Entwurf eines Bundesgesetzes über die Änderung des bäuerlichen Zivilrechts (BB1 1970 I 856) vorgeschlagen, jedoch in der Folge fallengelassen. Sie wird heute namentlich von Pächterseite erneut gefordert, 2. Durch Verlängerung der Mindestpachtdauer und durch Verbesserung 4er geltenden Regelung der Pachterstreckung.

Der Gesetzesentwurf sieht eine Verlängerung der Mindestpachtdauer auf das Doppelte der bisherigen Zeitspanne vor, verbunden mit einer einmaligen Pachterstreckung. Das Ergebnis unterscheidet sich nicht wesentlich von einer einmaligen Aufhebung der Kündigung. Ein weitergehender Kündigungsschutz - z. B.

im Sinne der Möglichkeit zur wiederholten Aufhebung der Kündigung oder einer mehrmaligen Pachterstreckung - erscheint insbesondere wegen der zu erwartenden wirtschaftlichen Folgen für den Verpächter bedenklich. Die freie Übertragung des landwirtschaftlichen Bodens (Mobilität), die aus verschiedenen Gründen heute schon stark eingeschränkt ist, würde höchstwahrscheinlich vollends unterbunden, wenn landwirtschaftliche Pachtverhältnisse überhaupt nicht mehr oder nur unter sehr einschränkenden Voraussetzungen aufgelöst werden könnten. Sie ist aber für Anpassungen an die sich wandelnden Strukturen und Marktbedingungen nötig und ist gerade heute weitgehend durch die Möglichkeit zur Verpachtung, insbesondere von einzelnen landwirtschaftlichen Grundstücken, gewährleistet. Es ginge indessen nicht an, eine Kündigungsaufhebung einzig bei der Pacht von landwirtschaftlichen Gewerben einzuführen und von einer entsprechenden Regelung bei der Pacht von einzelnen Grundstücken abzusehen. Solches stünde im Widerspruch zu den Bemühungen, die parzellenweise Verpachtung ganzer landwirtschaftlicher Gewerbe einzuschränken (vgl.

Ziff. 223), böte doch eine
unterschiedliche Kündigungsbeschränkung gerade dazu vermehrten Anreiz.

Inhaltlich unterscheidet sich die neue Erstreckungsregelung nach den Artikeln 27 und 28 allerdings erheblich vom heute geltenden Artikel 24ter EGG. Die Stellung des Pächters wird durch folgende Massnahmen stark verbessert: - Die Beweislast im Erstreckungsverfahren liegt stets beim Verpächter. Der Pächter muss also nicht mehr die Tatsachen beweisen, die eine Erstreckung rechtfertigen, d. h. insbesondere einen Härtefall dartun, sondern der Verpächter muss nachweisen, dass eine Erstreckung für ihn unzumutbar ist. Die Folgen der Beweislosigkeit trägt der Verpächter.

- Der behördliche Entscheid über den Pachtzins (Art. 44) stellt nie einen Umstand dar, der die Verweigerung der Erstreckung zu begründen vermöchte.

Eine ähnliche Ordnung findet sich in Artikel 28 Absatz 3 des Bundesbe283

Schlusses über Massnahmen gegen Missbräuche im Mietwesen (SR 221.213-1).

- Kündigungen «auf Vorrat» werden praktisch bedeutungslos, da die Erstrekkung unabhängig vom Zeitpunkt der Kündigung - die Kündigungsfrist beträgt mindestens ein Jahr - bis spätestens neun Monate vor Ablauf eines Pachtvertrags verlangt werden kann.

Wie bereits nach heutigem Recht ist der Anspruch auf Erstreckung unabhängig davon, ob die Pacht nach bestimmter Dauer oder auf einen bestimmten Zeitpunkt hin abläuft oder ob es sich um eine Pacht auf unbestimmte Zeit handelt.

Der Richter erstreckt die Pacht um drei bis sechs Jahre, er entscheidet dabei nach seinem billigen Ermessen. Massgeblich hiefür sind die persönlichen Verhältnisse der Parteien, aber auch die Bedeutung, welcher die Pacht bzw. die Pachtsache für die Betroffenen hat. Handelt es sich um ein landwirtschaftliches Gewerbe oder um ein Grundstück, welches für den Zupächter von ausschlaggebender Bedeutung ist, so wird der Richter an die obere Grenze des Erstrekkungsrahmens gehen, ebenso wenn der Verpächter einzig wegen eines ihm ungelegenen Pachtzinsentscheides gekündigt hat. Andererseits wird der Richter das Pachtverhältnis bloss um kurze Zeit verlängern, wenn die Mindestpachtdauer bereits mit behördlicher Bewilligung verkürzt wurde und entsprechende Umstände nach wie vor bestehen. Möglicherweise wird er im letzten Fall von einer Erstreckung überhaupt absehen.

Eine Erstreckung ist ausgeschlossen, wenn der Verpächter nachweist, dass die Fortsetzung der Pacht für ihn unzumutbar oder sonst nicht gerechtfertigt ist.

Die in Artikel 28 enthaltene Aufzählung der Gründe ist nicht abschliessend. Es handelt sich um sachliche Gründe - das Gewerbe ist nicht mehr erhaltungswürdig, die Pachtsache liegt ganz oder teilweise in einer Bauzone und wird demnächst überbaut - oder um Gründe, die beim Pächter oder beim Verpächter liegen - z. B. wenn der Verpächter selbst oder einer seiner Angehörigen das Gewerbe bewirtschaften will oder auch wenn der Pächter die vertraglichen oder gesetzlichen Pflichten erheblich verletzt. Die erhebliche Pflichtverletzung gilt auch als wichtiger Grund für die Kündigung der Pacht.

Artikel 29 sieht vor, dass bei Erstreckung der Pacht die Vertragsbestimmungen auf Begehren einer Partei den veränderten Verhältnissen angepasst werden können. Diese Bestimmung
ist ein besonders wichtiger Anwendungsfall der allgemeinen Anpassungsmöglichkeit des Pachtvertrages an veränderte Verhältnisse (Art. 13-15; vgl. Ziff. 222.4). Sie lehnt sich an die entsprechende Bestimmung im Mietrecht (Art. 267« Abs. 4 OR) an. Im EGG fehlt dagegen eine entsprechende Regelung (vgl. Art. 24ter EGG).

222.8

Zwingende Bestimmungen

Artikel 30 entspricht dem bisherigen Artikel 24sexies EGG. Die Bestimmungen des zweiten Kapitels sind damit zwingendes Recht, sofern das Gesetz nicht ausdrücklich etwas anderes vorsieht. Dies gilt einzig für die Artikel 19 Absatz 3, 24 Absatz 4, 25 Absatz l und 26 Absatz l, wo von der Sache her keine Notwendigkeit besteht, eine zwingende Norm vorzusehen. In gesetztechnischer Hinsicht ist 284

diese Lösung einer Aufzählung der absolut und relativ zwingenden Bestimmungen, wie sie beispielsweise in den Artikeln 361 und 362 OR (Arbeitsvertrag) enthalten ist, vorzuziehen. Die Einschränkung der Vertragsfreiheit ist durch das Bestreben nach Pächterschutz geboten; dabei drängt sich aber, gleich wie teilweise im Arbeitsvertragsrecht (Art. 361 OR), die Gleichstellung beider Parteien auf.

223 223.1

Parzellenweise Verpachtung und Zupacht Allgemeines

Die Beschränkung der parzellenweisen Verpachtung ganzer lebensfähiger landwirtschaftlicher Gewerbe ist ein weiterer wichtiger Schritt zur Verstärkung des Pächterschutzes. Im Vernehmlassungsverfahren ist denn auch die Notwendigkeit diesbezüglicher Massnahmen weitgehend bejaht worden. Der Erhaltung lebensfähiger Gewerbe steht das Bedürfnis zur Vergrösserung von kleineren und mittleren Betrieben, mit anderen Woien der Auftrag zur Förderung einer leistungsfähigen Landwirtschaft gegenüber. Angesichts dieser zum Teil gegensätzlichen Interessen kann es nicht darum gehen, das eine zulasten des ändern besonders zu schützen, sondern vielmehr darum, unerwünschten und missbräuchlichen Erscheinungen einen Riegel zu schieben, d. h. zu verhindern, dass strukturell gesunde, auch in Zukunft lebensfähige Gewerbe zerstört werden.

Das Ziel lässt sich auf drei Wegen erreichen: Mit einem Verbot der parzellenweisen Verpachtung, mit einer Bewilligungspflicht und Umschreibung der Bewilligungsgründe oder mit einem Einspracheverfahren ähnlich demjenigen für Kaufverträge über landwirtschaftliche Gewerbe und Grundstücke nach Artikel 18 ff. EGG. Unter den Gesichtspunkten der Durchsetzbarkeit und Verhältnismässigkeit der Massnahmen wurde im Vorentwurf vorerst ein Einspracheverfahren vorgeschlagen. Dieses blieb jedoch in der Vernehmlassung nicht unbestritten; insbesondere wurde angeführt, ein solches Einspracheverfahren brächte zu viele Unsicherheiten mit sich. Gute Argumente sprechen für ein Bewilligungsverfahren. Als tragende Säule des Einspracheverfahrens war insbesondere ein Einspracherecht der Pächter- und Verpächterorganisationen vorgesehen gewesen. Gerade dieses «Verbandseinspracherecht» stiess indessen fast durchwegs auf Ablehnung. Unter anderem wurde darauf hingewiesen, dass privatrechtliche Verbände nicht an den Grundsatz der Rechtsgleichheit gebunden seien. Im Entwurf wird daher nunmehr die Bewilligungspflicht für die parzellenweise Verpachtung ganzer landwirtschaftlicher Gewerbe vorgeschlagen. Was die Massnahmen gegen ein unerwünschtes übermässiges Zupachten von einzelnen Grundstücken (Zusammenraffen von Pachtland) und das Zupachten eines landwirtschaftlichen Gewerbes zu einem bestehenden Gewerbe betrifft, so gingen die Ansichten über die Notwendigkeit der vorgeschlagenen Massnahmen im Vernehmlassungsverfahren
auseinander. Insbesondere wurden Befürchtungen laut, es könnten damit die Eigeninitiative zur Strukturverbesserung und schliesslich die Leistungsfähigkeit der Landwirtschaft beeinträchtigt werden.

Wie der Bundesrat im Fünften Landwirtschaftsbericht" ausgeführt hat, ist je') Fünfter Landwirtschaftsbericht, Ziff. 321.14.

285

doch die weitere Förderung von landwirtschaftlichen Grossbetrieben strukturpolitisch unerwünscht, weshalb er nun entsprechende Massnahmen vorschlägt.

Deren Ziel besteht indessen einzig in der Bekämpfung von Auswüchsen. Selbsthilfe und sinnvolle Aufstockung zu leistungsfähigen Betrieben sollen damit nicht verhindert werden. Verallgemeinernde Modellvorstellungen taugen dabei erfahrungsgemäss wenig für die Beantwortung der Frage nach der angemessenen Betriebsgrösse; darüber ist vielmehr im Einzelfall im Rahmen zu entscheiden, wenn die Zulässigkeit einer Zupacht geprüft wird.

223.2

Bewilligungspflicht für parzellenweise Verpachtung

Artikels! umschreibt die Bewilligungspflicht für die parzellenweise Verpachtung eines landwirtschaftlichen Gewerbes. Die Kriterien müssen klar und einfach sein, weshalb grundsätzlich jede Verpachtung von Grundstücken oder Grundstücksteilen, die zu einem Gewerbe gehören - unabhängig davon, ob dieses eine ausreichende, eine gute oder eine überdurchschnittlich gute Existenz bietet -, der Bewilligungspflicht untersteht. Aus Gründen der Praktikabilität soll jedoch die Verpachtung von geringfügigen Teilen eines Gewerbes (bis 10%) nicht unter die Bewilligungspflicht fallen; kleine Flächen sollen weiterhin ohne Mitwirkung einer Behörde verpachtet werden dürfen. Gleiches gilt für Grundstücke, die nicht zu einem Gewerbe gehören. Umfasst indessen der fragliche Teil eines Gewerbes ein Gebäude, so braucht es für die Verpachtung - unabhängig vom Umfang der Fläche - eine Bewilligung.

Die Bewilligungsgründe werden in Artikel 32 abschliessend aufgezählt, wobei sich die einen auf die Art des betroffenen landwirtschaftlichen Gewerbes, die ändern auf die persönlichen Verhältnisse des Verpächters beziehen.

Die Bewilligungspflicht soll verhindern, dass landwirtschaftliche Gewerbe, die bäuerlichen Familien eine gute landwirtschaftliche Existenz bieten, durch die parzellenweise Verpachtung als selbständige Wirtschaftseinheiten aufgelöst oder so weit verkleinert werden, dass sie für eine gute landwirtschaftliche Existenz nicht mehr genügen. In solchen Fällen ist die Bewilligung zu verweigern, es sei denn, es liege ein besonderer Bewilligungsgrund (Abs. l Bst. c-f) vor.

Der Begriff der guten landwirtschaftlichen Existenz ist nicht subjektiv, d. h. bezogen auf den jeweiligen Bewirtschafter, sondern objektiv zu verstehen: Die Existenz ist «gut», wenn eine durchschnittliche bäuerliche Familie mit anderthalb bis zwei Arbeitskräften mit ihren Angehörigen ein mindestens paritätisches Einkommen im Sinne der Allgemeinen Landwirtschafts-Verordnung (SR 916.01) erwirtschaften kann. In ungünstigen Verhältnissen, vor allem im Berggebiet, kann diese Einkommensgrenze tiefer liegen, doch sollte auch hier ein - unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten und Gepflogenheiten - mindestens angemessenes Einkommen erreicht werden. Eine gute landwirtschaftliche Existenz erlaubt dem Bewirtschafter auch, Ersparnisse zu bilden, um damit
Rückstellungen für Investitionen zur Erhaltung der Ertragsfähigkeit des Betriebs vorzunehmen. Es ist nicht möglich, diesen Begriff mit bestimmten Angaben über die Betriebsgrösse zu konkretisieren. Immerhin ist festzuhalten, dass je nach Produktionsintensität - auch mittelgrosse Familienbetriebe ab 10-15 ha 286

Nutzfläche und bei intensiver Bewirtschaftung (Spezialkulturen, Viehhaltung) bereits kleinerflächige Betriebe eine «gute Existenz» bieten und damit unter das Verbot der parzellenweisen Verpachtung fallen können.

In diesem Punkt weicht der Entwurf vom Vorentwurf ab; dieser sah vor, dass auch landwirtschaftliche Gewerbe, die eine bloss ausreichende Existenz bieten, vor der parzellenweisen Verpachtung geschützt sein sollten. Bei den Massnahmen gegen die parzellenweise Verpachtung geht es im wesentlichen um die Verhütung von Missbräuchen: Es gilt zu verhindern, dass strukturell gesunde, lebensfähige Betriebe zerstört werden. Um dieses Ziel zu erreichen, genügt es, die parzellenweise Verpachtung für diejenigen Betriebe als unzulässig zu erklären, die einer bäuerlichen Familie eine gute Existenz bieten; kleinere Betriebe sollen jedoch durch Pacht aufgeteilt werden können. Die Zahl der Betriebe, die unter dem Gesichtspunkt des rationellen Einsatzes von Arbeit und Kapital zu klein sind, ist immer noch hoch; deshalb ist nach wie vor Pachtland zur Aufstockung sehr gesucht. Es wäre daher falsch, Gewerbe, die nicht viel mehr als eine kärgliche Existenz bieten, zu erhalten und damit die Aufstockung anderer Gewerbe zu wirklich lebensfähigen Betrieben zu erschweren. Ein Eingriff in die Vertragsfreiheit, wie sie die Massnahme gegen die parzellenweise Verpachtung darstellt, wäre unter diesem Gesichtspunkt nicht gerechtfertigt.

Die erwähnte Änderung gegenüber dem Vorentwurf drängt sich auch auf, weil der Begriff der ausreichenden landwirtschaftlichen Existenz, wie er sich vorab im bäuerlichen Erbrecht (Art. 620 ZGB) findet, dem Zweck dieses Rechtsinstituts entsprechend recht weit ausgelegt wird. Eine ausreichende Existenz ist nach der Rechtssprechung des Bundesgerichts bereits dann gegeben, wenn das Gewerbe den blossen Lebensunterhalt einer bäuerlichen Familie, bestehend aus einem Ehepaar und zwei schulpflichtigen Kindern, zu gewährleisten vermag. Der Lebensunterhalt braucht dabei nicht standesgemäss zu sein; ein kärgliches, gerade das bäuerliche Existenzminimum deckendes Einkommen genügt.1) Der Schutz solcher landwirtschaftlicher Gewerbe vor einer parzellenweisen Verpachtung würde nun aber im Widerspruch zur agrarpolitischen Zielsetzung stehen, wie sie im Fünften Landwirtschaftsbericht (Ziff. 321.14) niedergelegt
ist. Nicht die Erhaltung möglichst zahlreicher landwirtschaftlicher Betriebe schlechthin, sondern die Erhaltung möglichst vieler gesunder und leistungsfähiger Familienbetriebe ist das Ziel. In der landwirtschaftlichen Pacht hat diese Zielsetzung nach wie vor volle Gültigkeit; dem strukturpolitischen Gesichtspunkt kommt hier der Vorrang zu. Damit ist nicht gesagt, dass die gleiche Zielsetzung auch gelten soll, wenn es um die Erhaltung des Eigentums an einem landwirtschaftlichen Gewerbe in der bäuerlichen Familie geht.

Im übrigen sind in die Beurteilung, ob ein Gewerbe eine gute landwirtschaftliche Existenz bietet, auch nichtlandwirtschaftliche Gewerbe einzubeziehen, die als Nebenbetriebe mit dem Gewerbe eng verbunden sind. Absatz 3 schliesst damit an den Gedanken an, der dem Artikel 625 ZGB im bäuerlichen Erbrecht zu Grunde liegt. Hier wie dort ist ein nichtlandwirtschaftlicher Nebenbetrieb von einem nichtlandwirtschaftlichen Teil eines Gewerbes, zum Beispiel einem zweiten Wohnhaus (BGE 83 II 120 E. 7), zu unterscheiden.

'> Urteil des Bundesgerichts vom 5. März 1981, Praxis 70 Nr. 212.

287

Die Bewilligungsgründe, welche in der Person des Verpachten liegen, setzen voraus, dass das Gewerbe nicht endgültig, sondern bloss auf absehbare Zeit hin parzellenweise verpachtet wird. Zu denken ist etwa an den Fall des Todes des selbstbewirtschaftenden Eigentümers, der seine Ehefrau und minderjährige Kinder hinterlässt. Die Familie möchte weiterhin auf dem Hof bleiben, ein Entscheid über dessen Übernahme kann jedoch noch nicht getroffen werden. Bis zum Entscheid über die Hofübergabe soll eine parzellenweise Verpachtung zulässig sein (vgl. den ähnlichen Gedanken in Art. 621ter ZGB). Ferner soll auch dem Eigentümer, der das Gewerbe bisher selber bewirtschaftet hat und nun aus Alters- oder Krankheitsgründen seine Tätigkeit einschränken muss, erlaubt sein, einen Teil seines Gewerbes parzellenweise zu verpachten, damit er den restlichen Teil noch selber bewirtschaften kann ; ihn dazu zu verhalten, das Gewerbe als Ganzes zu verpachten und den Beruf des Landwirt vollständig aufzugeben, käme einem unverhältnismässigen Eingriff gleich.

Die Missachtung der Bewilligungspflicht zieht - gleich wie bei der Bewilligungspflicht für Pachtzinse landwirtschaftlicher Gewerbe - spürbare zivilrechtliche Folgen nach sich: Artikel33bestimmt, dass bewilligungspflichtige Pachtverträge unwirksam bleiben, solange keine rechtskräftige Bewilligung vorliegt. Eine rechtskräftige Verweigerung der Bewilligung bedeutet endgültige Nichtigkeit des Vertrages. In vermögensrechtlicher Hinsicht bleibt es den Parteien zudem verwehrt, Schadenersatzansprüche aus dem Dahinfallen des Vertrags geltend zu machen. Jede Vertragspartei hat ihren Schaden selber zu tragen. Darin liegt ein pönales Element; die Parteien sollen vorab von wirtschaftlichen Nachteilen betroffen werden, wenn sie sich über die Bewilligungspflicht hinwegsetzen. Neben diesen zivilrechtlichen Folgen zieht die Nichtbeachtung der Bewilligungspflicht auch strafrechtliche Sanktionen nach Artikel 55 nach sich.

223.3

Zupacht

Sowohl die Bewilligungspflicht für die parzellenweise Verpachtung landwirtschaftlicher Gewerbe als auch die Massnahmen gegen die Zupacht einzelner Grundstücke und landwirtschaftlicher Gewerbe tragen Züge von Strukturpolitik. Dem Zusammenraffen von Pachtland, aber auch dem ökonomisch wenig sinnvollen Zupachten weit vom Betrieb gelegener Grundstücke soll mit Artikel 34 Einhalt geboten werden. Es wäre indessen verfehlt, die Bodenmobilität zu stark einzuschränken und eine sinnvolle Strukturbereinigung zu verhindern.

Eine Zupacht soll darum nur dann angefochten werden können, wenn der Zupächter bereits soviele Grundstücke bewirtschaftet, dass er eine überdurchschnittlich gute Existenz hat. Diese Voraussetzung dürfte gegeben sein, wenn das Gewerbe zweieinhalb bis drei vollen Arbeitskräften und nicht nur einer bis anderthalb vollen Arbeitskräften ein mindestens paritätisches Einkommen bietet.

Nach Artikel 35 hat indessen die zuständige Behörde die durch Einsprache angefochtene Zupacht stets zuzulassen, wenn der Zupächter besondere Gründe für die Erweiterung seines Betriebs nachweist oder wenn keine andere Nachfrage nach der Pachtsache besteht. Zur Durchsetzung dieser Massnahmen wäre ein Bewilligungsverfahren nicht das geeignete Mittel. Wie die Erfahrung mit der Bewilligungspflicht bei den Pachtzinsen für einzelne Grundstücke zeigt, müsste 288

ernstlich mit einer Missachtung dieser Pflicht gerechnet werden. Einem Einspracheverfahren ist daher der Vorzug zu geben. Damit es gesichert ist, darf indessen die Einsprachebefugnis nicht auf eine Behörde und auf Personen, die ein schutzwürdiges Interesse haben, beschränkt werden, sondern ist auch den Pächter- und Verpächterorganisationen einzuräumen. Die generell gegen ein solches Verbandseinspracherecht vorgebrachten Einwände vermögen hier nicht zu überzeugen. Anders als beim Anfechtungsrecht bei den Pachtzinsen für einzelne Grundstücke hat hier der Pächter kein Interesse an der Anfechtung; sein Ziel wie dasjenige des Verpächters besteht in der Aufrechterhaltung des Vertrags zu den Bedingungen, die beim Abschluss galten. Auch sind die Möglichkeiten der einspracheberechtigten Behörde beschränkt. Sie wird nicht von allen Zupachtverträgen Kenntnis erhalten; solche Verträge entfalten meist keine «Publizitätswirkung» wie die Verträge über eine parzellenweise Verpachtung eines ganzen Gewerbes. Die örtlichen Pächter- und Verpächterorganisationen dürften indessen meistens gut über den Abschluss solcher Zupachtverträge orientiert sein. Es spricht nichts dagegen, sie in diesem beschränkten Umfang bei der Überwachung solcher Geschäfte mitwirken zu lassen, um so mehr, als ihnen keinerlei Entscheidsbefugnis zusteht. Aus Gründen der Rechtssicherheit wird zudem das Einspracherecht der betroffenen Personen und der Verbände befristet.

Die Folgen eines gutheissenden Einspracheentscheides (Art. 36) sind dieselben, wie bei der Verweigerung der Bewilligung für die parzellenweise Verpachtung eines landwirtschaftlichen Gewerbes.

224

Pachtzins

224.1

Allgemeines

Artikel 37 Absatz l hält den Grundsatz fest, dass der landwirtschaftliche Pachtzins der behördlichen Kontrolle untersteht. Aufgrund des Pachtzinsgesetzes (SR 942.10) bestand schon bisher eine Pachtzinskontrolle. Da bei der landwirtschaftlichen Pacht nach wie vor ein Nachfrageüberhang besteht, darf die Gestaltung des Pachtzinses nicht dem freien Markt überlassen bleiben. Der Gesetzgeber hat vielmehr weiterhin korrigierend einzugreifen. Mit den Bestimmungen über den Pachtzins sollen die Grundlagen für die Bemessung des höchstzulässigen Pachtzinses geschaffen werden; er darf die entsprechenden Ansätze nicht übersteigen.

Im übrigen bleiben jedoch die Parteien in der Gestaltung des Pachtzinses frei.

Für die Bemessung des höchstzulässigen Pachtzinses sind klare Kriterien aufzustellen; sie werden im Sinne von Grundsätzen in den Artikeln 37 Absätze 4, 38, 39 und 41 näher umschrieben. Im einzelnen sollen die Ansätze für die Pachtzinsbemessung jedoch in einer Verordnung festgelegt werden; Artikel37 Absatz 2 enthält die entsprechende Delegationsnorm. Diese Lösung entspricht dem allgemeinen gesetzgeberischen Gebot, einfache und auf die Regelung des Wesentlichen beschränkte Gesetzestexte zu verfassen, anpassungsbedürftige technische Einzelheiten dagegen auf die Verordnungsstufe zu verweisen.

Der Pachtzins ist das Entgelt für das Überlassen eines landwirtschaftlichen Gewerbes oder Grundstücks zur landwirtschaftlichen Bewirtschaftung und zum 18 Bundesblall. 134. Jahrg. Bd. l

289

Bezug der Früchte. Er kann in Geld, einem Teil der Früchte oder einer ändern Sachleistung bestehen (Art. 4). In Artikel 37 Absatz 3 wird nunmehr ausdrücklich festgehalten, dass Naturalleistungen und andere vereinbarte Nebenleistungen stets auf den Pachtzins anzurechnen sind. Eine solche andere Nebenleistung kann zum Beispiel darin bestehen, dass der Pächter nach Artikel 24 Absatz 4 durch Vereinbarung eine weitergehende Unterhaltspflicht für die Pachtsache übernimmt, als das Gesetz vorschreibt. Entsprechende Mehrleistungen des Pächters sollen also bei der Pachtzinsbemessung berücksichtigt werden. Ferner sollen für die Bemessung des Pachtzinses auch die Zinse für Mietsachen berücksichtigt werden, die mit einer überwiegend landwirtschaftlichen Pacht verbunden sind (Art. 37 Abs. 4). Darunter fallen insbesondere nichtlandwirtschaftliche Nebengewerbe (wie Sägerei, Gastwirtschaft, Metzgerei u. dgl.) die dem Pächter zusammen mit dem landwirtschaftlichen Gewerbe überlassen werden.

Hier gilt es zu verhindern, dass durch übermässige Mietzinse die Bestimmungen über die Bemessung des landwirtschaftlichen Pachtzinses umgangen werden können.

Das bisherige Pachtzinsgesetz stellte die Sömmerungszinse und Weidegelder den landwirtschaftlichen Pachtzinsen gleich. Auf eine entsprechende Bestimmung soll nunmehr verzichtet werden. Der Viehsömmervertrag ist ein Vertrag eigener Art. Er kann unterschiedlich ausgestaltet sein und ist vor allem dem Hinterlegungsvertrag1) ähnlich; das Überlassen des landwirtschaftlichen Bodens zur Nutzung tritt dagegen in den Hintergrund. Wegen dieser Vielgestaltigkeit konnten bisher auch nie einheitliche Grundsätze für die Entgeltsbemessung gefunden werden; es besteht aber offensichtlich auch kein Bedürfnis nach einer solchen Regelung. Es kann daher darauf verzichtet werden, Sömmerungszinse und Weidegelder den Bestimmungen über den Pachtzins zu unterstellen. Dieser Verzicht rechtfertigt sich im übrigen auch im Hinblick auf die Bestimmung von Artikel 3, wonach es den Kantonen ohnehin freisteht, für die Pacht von Alpen und Weiden abweichende Vorschriften zu erlassen.

224.2

Der Ertragswert als Grundlage für die Pachtzinsbemessung

Der Ertragswert ist seit langem ein Eckpfeiler des bäuerlichen Bodenrechts. Das Ertragswertprinzip gilt namentlich im Bereich des bäuerlichen Erbrechts für die ungeteilte Zuweisung eines landwirtschaftlichen Gewerbes an den geeigneten Selbstwirtschafter nach Artikel 620 ZGB, beim Vorkaufsrecht der Angehörigen nach Artikel 12 EGG und bei der Bestimmung der Belastungsgrenze nach Artikel 84 ff. LEG. Zudem ist der Ertragswert die Grundlage für die Bemessung des landwirtschaftlichen Pachtzinses. Diese anerkannte und unbestrittene Bemessungsgrundlage soll beibehalten werden. Ein Abweichen vom Ertragswertprinzip würde dagegen einen grossen Rückschritt bedeuten.

Für die Bestimmung des Ertragswerts ist Artikel 6 Absatz l des Bundesgesetzes vom 12. Dezember 1940 über die Entschuldung landwirtschaftlicher Heimwesen (LEG) in der Fassung vom 9. März 1978 (AS 1979 802) massgebend; er lautet: ') Obergericht des Kantons Bern vom 22. Sept. 1925, ZBJV 62, 555.

290

14. Dez. 1923, ZBJV 60, 454 und vom

Heimwesen und Liegenschaften werden nach dem Ertragswert geschätzt- Er . entspricht dem Kapital, für das der Zins bei landesüblicher Bewirtschaftung im Mittel mehrerer Jahre aus dem Heimwesen oder der Liegenschaft erzielt werden kann.

224.3

Flexible Gestaltung des Pachtzinses aufgrund des Ertragswerts

Bisher betrug der Pachtzins 5Vi Prozent des Ertragswerts (vgl. Art. 3 Abs. 2 Pachtzinsgesetz); allerdings konnte er für Liegenschaften mit zweckmässig eingerichteten Gebäuden im guten Zustand und mit überdurchschnittlicher Wirtschaftlichkeit auf 6 Prozent erhöht werden. Ferner kormte, wenn schutzwürdige Interessen des Verpächters oder andere wichtige Gründe es rechtfertigen, zum ordentlichen Pachtzins bis zu 20 Prozent Zuschlag gewährt werden (sog. «Sozialzuschlag»).

Diese starre Formel vermochte indessen den verschiedenartigen Verhältnissen nicht gerecht zu werden. Insbesondere gestattete der Pachtzins dem Verpächter kaum mehr seinen Unterhalts- und Investitionsverpflichtungen nachzukommen, zumal bei steigenden Baukosten. Bei hohem Hypothekarzinsniveau reichte der Ertrag gerade noch zur Deckung der Zinslasten aus. Aus diesen Gründen wird eine differenzierte Berechnungsweise vorgeschlagen. Der Pachtzins soll sich nunmehr aus zwei Faktoren zusammensetzen: - aus der angemessenen Verzinsung des Ertragswertes und - aus dem hinreichenden Entgelt für die Aufwendungen des Verpächters für Anlagen und Einrichtungen (Verpächterlasten).

Diese Grundsätze gelten bei der Bemessung des Pachtzinses für ganze landwirtschaftliche Gewerbe nach Artikel 38 genauso wie beim Pachtzins für einzelne Grundstücke nach Artikel 39.

Für die Bemessung des Pachtzinses für einzelne landwirtschaftliche Grundstücke ohne Gebäude soll überdies ein Zuschlag eingerechnet werden. Dem Pächter erwächst bei jeder Zupacht ein Vorteil, welcher nach Artikel 39 Absatz l Buchstabe c einen allgemeinen Zuschlag zum Ergebnis aus den Faktoren Kapitalverzinsung und Verpächterlasten rechtfertigt. Der Bundesrat soll diesen Zuschlag je nach der Entwicklung der Verhältnisse festlegen können. Er hat einerseits darauf zu achten, dass die wegen grosser Nachfrage nach landwirtschaftlichen Grundstücken tatsächlich bezahlten und die nach diesem Gesetz und seiner Vollziehungsverordnung höchstzulässigen Pachtzinse nicht zu weit voneinander abweichen. Anderseits soll der Bundesrat damit dem Druck seitens marktwirtschaftlicher Gegebenheiten sachgerecht entgegenwirken, da sonst mit der vorgeschlagenen Pachtzinskontrolle nichts gewonnen wäre. Mit anderen Worten: Der Zuschlag soll so festgesetzt werden, dass die heutige Tendenz zu «überhöhten» Pachtzinsen gedämpft
und ein unerwünschter Preisauftrieb wirksam gebremst wird. Nach Ansicht der Expertenkommission könnte dieser Zuschlag heute bei 50 Prozent liegen.

Neben diesem allgemeinen Zuschlag können nach Artikel 39 Absatz 2 im Einzelfall von der zuständigen Behörde noch weitere Zuschläge gemacht werden.

Diese beziehen sich auf Umfang und Lage des zugepachteten Grundstücks im Verhältnis zum Betrieb und betragen je höchstens 15 Prozent.

291

Artikel 41 umschreibt den Begriff der angemessenen Verzinsung und setzt den Rahmen für die Bemessung der Verpächterlasten fest. Als angemessene Verzinsung gilt der durchschnittliche Zinssatz für erste Hypotheken. Beim Pachtzins für ganze Gewerbe wird dieser um einen Viertel vermindert, um damit das sogenannte Pächterrisiko abzugelten, welches wie bisher in einer gegenüber dem selbstbewirtschaftenden Eigentümer geringeren Existenzsicherheit und den damit verbundenen- Nachteilen zu sehen ist. Diese Zinsreduktion entspricht der bisherigen Praxis bei der Pachtzinsbemessung nach Pachtzinsgesetz. Sie mag zwar im Hinblick auf den wesentlich verbesserten Kündigungsschutz des Pächters und insbesondere auf die Verlängerung der Mindestpachtdauer nicht mehr als selbstverständlich erscheinen. Der Bundesrat möchte indessen ein allzustarkes Ansteigen der Pachtzinse für ganze Gewerbe verhindern; auch ist diese Zinsreduktion im Vernehmlassungsverfahren kaum kritisiert worden.

Mit der Bewegung des durchschnittlichen Hypothekarzinssatzes wird der Faktor Kapitalverzinsung variabel und folgt grundsätzlich der Entwicklung auf dem für die Landwirtschaft massgebenden - Geldmarkt. Diese Lösung rechtfertigt sich nicht nur in Anlehnung an das Mietrecht, sondern insbesondere mit Rücksicht auf Artikel 29 des Landwirtschaftsgesetzes (SR 910.1), der kostendeckende Preise für landwirtschaftliche Erzeugnisse vorsieht. Für deren Festsetzung ist der Hypothekarzins ebenfalls ein Bemessungsfaktor. Der Verpächter kann indessen eine Hypothekarzinserhöhung nicht sofort auf den Pächter abwälzen, vielmehr hat vorerst der Bundesrat den entsprechenden Satz nach Artikel 41 Absatz 2 generell neu festzulegen. Dabei darf der Bundesrat.eine Änderung der Ansätze erst vornehmen, wenn sich der Hypothekarzins um mindestens ein halbes Prozent erhöht oder gesenkt hat; der Bundesrat wird zudem eine Anpassung nur dann vornehmen, wenn es sich um eine voraussichtlich nachhaltige Entwicklung des Hypothekarzinssatzes handelt. Gestützt auf diese behördliche Anordnung kann der Verpächter den vereinbarten Pachtzins nach Artikel 13 auf Beginn des folgenden Pachtjahres anpassen. Diese Lösung unterscheidet sich damit wesentlich von der Regelung, wie sie für die Anpassung des Mietzinses an den veränderten Hypothekarzins gilt: Der Vermieter kann die Anpassung ohne
weiteres und direkt auf den nächsten für Vertragsänderungen zulässigen Termin nehmen (vgL insb, Art. 18 Abs. l Bundesbeschluss über Massnahmen gegen Missbräuche im Mietwesen; SR 221.213.1), oft innert einem halben Jahr.

Die Verpächterlasten bestehen bei Gebäuden aus den Kosten des Verpächters für Abschreibungen und Aufwendungen sowie bei Grundstücken' ohne Gebäude aus Abschreibungen und Aufwendungen im Zusammenhang mit Bodenverbesserungen und Abschreibungen auf Dauerpflanzen wie Obstanlagen und Reben. Was umgekehrt die Berücksichtigung der Aufwendungen des Pächters betrifft, ist davon auszugehen, dass er nach Artikel 24 Absatz 3 für den ordentlichen Unterhalt zu sorgen und die kleineren Reparaturen zu übernehmen hat.

Übernimmt der Pächter durch Vereinbarung Hauptreparaturen zu seinen Lasten, so ist diesem Umstand nach Artikel 37 Absatz 3 bei der individuellen Pachtzinsfestsetzung Rechnung zu tragen. Als Aufwendungen des Verpächters fallen ferner Prämien für Sachversicherungen (Gebäudeversicherung usw.) und Abgaben .(Liegenschaftssteuern) in Betracht. Für die Bemessung der Verpächterlasten müssten wie beim Kapitalzins die durchschnittlichen gegenwärtigen Ko292

sten massgeblich sein. Da diese indessen noch nicht bekannt sind, ist auf den Durchschnittswert vergangener Jahre abzustellen. Aus Zweckmässigkeitsgründen wird dabei dieselbe Periode gewählt, wie sie für die Ertragswertschätzung für landwirtschaftliche Liegenschaften und Heimwesen nach Artikel 10 Absatz 3 des Eidgenössischen Schätzungsreglements (SR 211.412.123) gilt; gegenwärtig sind das die Jahre 1969-1976. Wird diese Bezugsperiode geändert, so ist die Abgeltung der Verpächterlasten entsprechend den veränderten Aufwendungen in der neuen Periode durch den Bundesrat ebenfalls neu zu regeln. Die durchschnittlichen Verpächterlasteh werden aufgrund von Buchhaltungsergebnissen ermittelt, die als Grundlage für die Normen der Ertragswertschätzung dienen.

Die vorgeschlagene Regelung für die Abgeltung der Verpächterlasten hat bei steigenden Baukosten zur Folge, dass auch mit dem höchstzulässigen Pachtzins die Verpächterlasten - wie die Kapitalverzinsung wegen der Reduktion des Hypothekarzinssatzes um einen Viertel - nicht vollständig abgegolten werden, weil die Berechnung die geringeren Baukosten in der einige Zeit zurückliegenden Bezugsperiode erfasst.

Für Mietsachen, die mit einer überwiegend landwirtschaftlichen Pacht verbunden sind, kann oft kein Ertragswert im Sinne von Artikel 6 LEG festgesetzt werden. Damit fehlt auch die eine Grundlage für die Bemessung des Kapitalzinses.

Artikel 40 bestimmt daher, dass für die Bemessung des höchstzulässigen Entgelts für eine solche Mietsache überall die Bestimmungen des Bundesbeschlusses über Massnahmen gegen Missbräuche im Mietwesen (SR 221.213.1) (oder einer entsprechenden Nachfolgegesetzgebung) gelten.

Hinsichtlich des höchstzulässigen Pachtzinses für Spezialkulturen wie Reben und Obstanlagen bedarf es keiner besondern Bestimmungen. Der Pachtzins bemisst sich hier grundsätzlich nach den Artikeln 38 und 39, je nachdem, ob es sich um ein ganzes Gewerbe oder um ein einzelnes Grundstück handelt. Da indessen für Dauerpflanzen besondere Abschreibungen notwendig sind, ergeben sich erhöhte Verpächterlasten. Der Bundesrat wird diesem Umstand in der Verordnung über die Pachtzinsbemessung Rechnung tragen.

Nach geltendem Recht (Art. 3 Abs. 2 Pachtzinsgesetz) kann zum ordentlichen Pachtzins ein Zuschlag bis zu höchstens 20 Prozent gewährt werden, wenn schutzwürdige
Interessen des Verpächters oder andere wichtige Gründe es rechtfertigen. Bei der Beurteilung der Frage, ob diese Möglichkeit auch im neuen Gesetz aufzunehmen sei, ist zunächst zu beachten, dass die Kosten des Verpächters, bestehend aus dem Zins auf dem Ertragswert und den Verpächterlasten, auch nach den neuen Bemessungsvorschriften durch den Pachtzins nicht vollständig abgegolten werden. Die Abstriche zugunsten des Pächters (Reduktion um einen Viertel beim Zinssatz, Abgeltung der Verpächterlasten berechnet aufgrund der geringeren Aufwendungen in der Bezugsperiode) würden es an sich erlauben, in sozial begründeten Fällen wie bisher einen Zuschlag zum Pachtzins zu gewähren, ohne dass deswegen der Pächter in unangemessener Weise benachteiligt wird. Auf der anderen Seite ist nicht zu übersehen, dass nach den neuen Vorschriften im Vergleich zu bisher höhere, bei den heutigen Zinssätzen von 5-6 Prozent für erste Hypotheken sogar wesentlich höhere Pachtzinse resultieren. Um diese Mehrbelastung mitsamt ihren unerwünschten Auswirkungen auf die landwirtschaftlichen Produktionskosten und demzufolge 293

auf das Preisniveau der landwirtschaftlichen Erzeugnisse nicht noch zu vergrössern, sind wir der Meinung, dass auf die Möglichkeit eines Sozialzuschlages verzichtet werden sollte. Dies entspricht auch dem Vorschlag der Expertenkommission.

Auch auf einen Zuschlag zum Pachtzins für Pachtverträge, die auf längere Zeit als für die gesetzliche Mindestpachtdauer abgeschlossen sind, möchte der Bundesrat verzichten. Ein solcher Zuschlag würde zwar einen gewissen Anreiz für den Abschluss längerfristiger Pachtverträge bieten und wäre deshalb vor allem bei einer kürzeren als der nunmehr vorgeschlagenen Mindestpachtdauer denkbar. Bei einer Verdoppelung der bisherigen Mindestpachtzeit dürfte sich aber eine solche, mit einer weiteren Erhöhung der Pachtzinse verbundenen Regelung erübrigen.

224.4

Pachtzinskontrolle

Das geltende Recht (Art. l Pachtzinsgesetz) sieht eine Bewilligungspflicht für alle Pachtzinse, d. h. für ganze landwirtschaftliche Gewerbe und für einzelne Grundstücke) vor. Bei den Pachtzinsen für einzelne Grundstücke hat sich diese Ordnung nicht bewährt; die entsprechenden Vorschriften blieben weitgehend toter Buchstabe. Es wurde deshalb nach einer Lösung gesucht, die eine wirksamere aber in der Anwendung dennoch einfache Pachtzinskontrolle garantiert.

Aus dieser Sicht rechtfertigt sich die Pachtzinskontrolle verschieden auszugestalten, je nachdem ob ganze Gewerbe oder einzelne Grundstücke in Frage stehen.

Artikel 42 unterstellt den Pachtzins für ganze landwirtschaftliche Gewerbe der Bewilligungspflicht. Insoweit wird das bisherige System nach Artikel 2 Pachtzinsgesetz beibehalten. Die Pflicht zur Bewilligung der Pachtzinse für ganze Gewerbe lässt sich - im Gegensatz zur Bewilligungspflicht für Pachtzinse für einzelne Grundstücke - ohne weiteres durchsetzen. Eine Neuverpachtung eines landwirtschaftlichen Gewerbes wird den Behörden kaum verborgen bleiben; dem Pachtantritt kommt hinreichende «Publizitätswirkung» zu, so dass die Bewilligungspflicht als taugliches Mittel für die Durchsetzung der Pachtzinskontrolle erscheint. Im weitern ist die Zahl solcher Pachtgeschäfte relativ gering. Die bisherige Regelung war allerdings unvollständig; mit der vorgeschlagenen Lösung wird die bestehende Ordnung weiterentwickelt und ergänzt: Der Verpächter soll nunmehr verpflichtet sein, innert drei Monaten seit dem Pachtantritt um Bewilligung des Pachtzinses nachzusuchen. Diese Frist ist eine Ordnungsfrist, der Verpächter kann das Gesuch auch noch später einreichen. Unterlässt es indessen der Verpächter, die Bewilligung einzuholen, so kann der Pächter jederzeit um Festsetzung des Pachtzinses nachsuchen; ferner kann die zuständige Bewilligungsbehörde jederzeit von Amtes wegen das Bewilligungsverfahren einleiten.

Neben diesen formellen Behelfen sieht Artikel 45 strenge zivilrechtliche Sanktionen für den Fall der Nichtbeachtung der Bewilligungspflicht vor. Der Verpächter wird daher insbesondere auch aus wirtschaftlichen Überlegungen heraus um eine Bewilligung des Pachtzinses nachsuchen.

Für Pachtzinse für einzelne Grundstücke (mit oder ohne Gebäude) wird dagegen das Bewilligungsverfahren fallengelassen. Artikel 43 sieht statt dessen ein Ein294

spracheverfahren vor. Dieses lehnt sich einerseits an dasjenige bei übermässiger Zupacht von Grundstücken und landwirtschaftlichen Gewerben (Art.34) an, anderseits an das Anfechtungsrecht nach dem Bundesbeschluss über Massnahmen gegen Missbräuche im Mietwesen. Eine Vertragspartei - praktisch wird es meistens der Pächter sein - kann ohne weitere Voraussetzungen innert dreier Monate seit dem Pachtantritt oder der Anpassung des Pachtzinses (Art, 13 und 14) gegen den vereinbarten Pachtzins Einsprache erheben. Gegenüber dem Anfechtungsrecht bei Mietzinsen besteht insofern ein wesentlicher Unterschied, als dieses an den Nachweis einer Notlage gebunden ist (vgl. Art. 17 Bundesbeschluss über Massnahmen gegen Missbräuche im Mietwesen, Fassung vom 9. Juni 1977; SR 221.213.1, AS 1977 1269). Das Einspracherecht gegen den landwirtschaftlichen Pachtzins ist somit umfassender ausgestaltet. Dies rechtfertigt sich deshalb, weil beim landwirtschaftlichen Pachtzins materielle Grundlagen für dessen Bemessung bestehen, wogegen beim Mietzins neben dem Gesichtspunkt der Kostenmiete weiterhin auch die Marktmiete1) massgebend bleibt. Ferner sind die Grundsätze für die Bemessung des Pachtzinses für Gewerbe und für einzelne Grundstücke im wesentlichen dieselben. Für die Festsetzung des zulässigen Pachtzinses muss es daher unerheblich bleiben, ob das Verfahren aufgrund der Bewilligungspflicht oder einer Einsprache eingeleitet wurde. Das Einspracherecht darf somit nicht von besondern materiellen Voraussetzungen abhängig gemacht werden.

Neben den Vertragsparteien soll auch einer vom Kanton bezeichneten Behörde das Einspracherecht zustehen. Diese ist nicht an die dreimonatige Einsprachefrist gebunden, sodass die Behörden stets den zulässigen Pachtzins festsetzen lassen können. Dies wird insbesondere dann gerechtfertigt sein, wenn sie von einem offensichtlich übersetzten Pachtzins Kenntnis erhalten haben.

Artikel 44 regelt das Verfahren für die Pachtzinsfestsetzung, und Artikel 45 legt die zivilrechtlichen Sanktionen bei Gesetzesverstoss fest: Der Pachtzins für ein Gewerbe oder der angefochtene Pachtzins für ein Grundstück ist erst geschuldet, wenn er rechtskräftig genehmigt worden ist. Diese Folge ist neu. Im übrigen bleibt der Pachtzins insoweit nichtig, als er das bewilligte Höchstmass übersteigt. Der Grundsatz der
Teilnichtigkeit galt schon bisher (BGE 93 II 97). Aufgrund der geltenden Ordnung war indessen zweifelhaft, ob der zuviel bezahlte Pachtzins vom Pächter im Prozess zurückverlangt werden konnte (BGE 98 la 191). Erst kürzlich hat nun das Bundesgericht erklärt2), dass der Rückforderungsanspruch wegen ungerechtfertigter Bereicherung ausgeschlossen sei: Das Pachtzinsgesetz überlasse es einzig dem Strafrichter, aufgrund der Umstände im Einzelfall zu bestimmen, ob und in welchem Umfang der bereits bezahlte unzulässige Pachtzins dem Kanton zufallen oder dem Pächter zurückzuerstatten sei.

Diese in Artikel 12 des Pachtzinsgesetzes vorgesehene Regelung über den Verfall unrechtmässiger Vermögensvorteile wurde aber so oder so - wegen der unglücklichen Vermischung von zivil- und strafrechtlichen Sanktionen - kaum angewendet. Es wird deshalb vorgeschlagen, dass erbrachte Leistungen, die den behördlich genehmigten Pachtzins übersteigen, nunmehr innert Jahresfrist seit ') Art. 15 Abs. l Est. a Missbrauchsbeschluss.

> II. öffentlich-rechtliche Abteilung, 28. Nov. 1980 i. S. Aeschlimann, Praxis 70 Nr. 113.

2

295

dem Entscheid über den Pachtzins vom Pächter zurückgefordert werden können. Es müssen dabei keine weiteren Voraussetzungen erfüllt sein; die Bestimmungen des Obligationenrechts über die ungerechtfertigte Bereicherung sind insofern nicht anwendbar. Das Rückforderungsrecht erlischt in jedem Fall fünf Jahre nach Bezahlung des Pachtzinses, was der Verjährungsfrist für Forderungen über einzelne Pachtzinse nach Artikel 128 OR entspricht. Über den Rückforderungsstreit entscheidet der Zivilrichter. Die in Artikel 55 vorgesehenen Strafbestimmungen sind nur als flankierende Massnahmen zu diesen zivilrechtlichen Sanktionen zu betrachten.

Der Abschnitt über die Pachtzinskontrolle enthält damit auch zivilrechtliche Bestimmungen. Diese dienen der Durchsetzung der Pachtzinskontrolle, weshalb sie als zwingendes Recht zu erklären sind. Artikel 46 hält daher fest, dass die Parteien auf die Rechte, die ihnen aus dem Abschnitt über die Pachtzinskontrolle zustehen, nicht zum voraus verzichten können. Darunter fallen insbesondere das Einspracherecht gegen den Pachtzins für ein Grundstück und das Rückforderungsrecht für einen bezahlten, aber nicht genehmigten Pachtzins.

225 225.1

Verfahrensbestimmungen und Rechtsmittel Allgemeines

Im Hinblick auf eine einheitliche Durchsetzung und Anwendung der Vorschriften über die landwirtschaftliche Pacht ist es angezeigt, für das Verfahren bestimmte bundesrechtliche Minimalvorschriften aufzustellen. Die Befugnisse der Kantone sollen aber soweit als möglich unangetastet bleiben. Aus diesem Grund verzichten wir darauf, von Bundesrechts wegen ein kostenloses Verfahren in allen Pachtsachen und paritätische, aus Vertretern von Pächtern und Verpächtern zusammengesetzte Pachtbehörden vorzusehen. Ferner wird auch davon Umgang genommen, den Kantonen die Einsetzung einer einzigen erstinstanzlich für alle Pachtsachen zuständigen Behörde vorzuschreiben.

225.2

Zu den einzelnen Bestimmungen

Die Grundsätze in Artikel 47, wonach die Kantone für alle Pachtsachen ein einfaches und rasches Verfahren vorzusehen und der Richter und die Verwaltungsbehörden den Sachverhalt von Amtes wegen festzustellen haben, sind für das Bundesrecht keine Neuheit; im Arbeitsvertragsrecht (Art. 343 OR) und im Familienrecht (Art. 254 und 280 ZGB) finden sich ähnliche Regelungen. Die Vorschrift, wonach die Parteien stets anzuhören sind, ergibt sich zwar bereits aus Artikel 4 der Bundesverfassung; weil indessen in Pachtsachen auch Behörden entscheiden, die mit den verfassungsrechtlichen Verfahrensgarantien nicht in allen Teilen vertraut sind, rechtfertigt sich dieser Hinweis auf den Grundsatz des rechtlichen Gehörs. Im übrigen bleiben die Kantone in der Gestaltung des Verfahrens und in der Bezeichnung der zuständigen Behörden frei, was die Artikel 47 Absatz 3 und 54 in Erinnerung rufen.

Artikel 48 übernimmt für den landwirtschaftlichen Pachtvertrag die Bestimmung von Artikel 25 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1969 über das Verwal296

tungsverfahren (SR 172.021) wonach eine Partei jederzeit - somit auch bereits vor Abschluss eines Pachtvertrags - über den Bestand oder den Umfang öffentlichrechtlicher Rechte und Pflichten eine Feststellungsverfügung verlangen kann. Dieses Recht besteht insbesondere für Feststellungsverfügungen über die Zulässigkeit einer parzellenweisen Verpachtung oder Zupacht, die Verkürzung der Mindestpachtdauer und den höchstzulässigen Pachtzins'>, mithin überall dort, wo das Verwaltungsrecht privatrechtgestaltend wirkt. Aus der besondern Erwähnung des Anspruchs in Artikel 42 Absatz 2 darf nicht der gegenteilige Schluss gezogen werden. Damit wird von Bundesrechts wegen auch für das kantonale Verfahren ein Anspruch auf eine solche verwaltungsrechtliche Feststellungsverfügung eingeräumt. Für zivilrechtliche Feststellungsklagen über Bestand und Inhalt eines Pachtvertrags bleibt vorab das kantonale Prozessrecht massgebend.

Nach Artikel 49 werden Klagen aus dem landwirtschaftlichen Pachtvertrag, das heisst Streitigkeiten zwischen Pächter und Verpächter, vom Richter beurteilt. In Abweichung von Artikel 59 Bundesverfassung kann dabei die Klage wahlweise am Wohnsitz des Beklagten oder am Ort der Pachtsache eingereicht werden; die tatsächlichen Verhältnisse kann der Richter am Ort, wo das Pachtgrundstück liegt, in der Regel einfacher und besser abklären. Unter Berücksichtigung des dem Pachtvertrag eigenen realobligatorischen Charakters2' rechtfertigt sich hier ebenso wie bei Klagen aus Stockwerkeigentum (BGE 105 la 23) ein Abweichen von der erwähnten Verfassungsbestimmung. Im übrigen ist der Gesetzgeber aus sozialen Gründen bereits davon abgewichen.3 > Artikel 50 räumt den Betroffenen gegen alle pachtrechtlichen. Verwaltungsverfügungen das Recht zur Beschwerde an eine kantonale Beschwerdeinstanz ein.

Diese soll eine verwaltungsunabhängige, also richterliche Behörde sein. Die Schaffung von verwaltungsunabhängigen Beschwerdeinstanzen in den Kantonen entspricht einer unbestrittenen Zielsetzung für die Revision des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 1943 über die Organisation der Bundesrechtspflege (SR 173.110). Es steht den Kantonen im übrigen frei, sachlich oder örtlich mehrere Beschwerdeinstanzen vorzusehen oder diese gleichsam als Landwirtschaftsgerichte auch mit der Beurteilung von Zivilrechtsstreitigkeiten aus
Pachtvertrag nach Artikel 49 zu betrauen. Im weitern rechtfertigt es sich, für das kantonale Verfahren eine einheitliche Beschwerdefrist von 30 Tagen vorzusehen. Damit soll der Rechtsschutz der Betroffenen verbessert werden. Eine solche bundesrechtliche Beschwerdefrist für das kantonale Verfahren zur Anwendung von Bundesrecht ist nicht neu; sie besteht seit langem in Grundbuch- und Handelsregistersachen, ferner unter anderem für das Bewilligungsverfahren nach dem Bundesbeschluss über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland (SR 211.412.41) und im Sozialversicherungsrecht *>.

'> Ein Anspruch auf Erlass einer Feststellungsverfügung über den Pachtzins besteht nur, wenn ein konkretes Pachtverhältnis vorliegt. Es gibt keine «abstrakte» Pachtzinsfestsetzung. (Urteil der II. Öffentlichrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts vom 26. Juni 1981 i. S. G.)

2 > Vgl. Anmerkung '> in Ziffer 222.5 (Art. 17).

3 > Vgl. Art. 343 OR, Arbeitsort als Gerichtsstand für Klagen aus Arbeitsvertrag.

Vgl. insbesondere BG vom 20. März 1981 über die Unfallversicherung (BB1 1981 I 775).

19 Bundesblatt. 134. Jahrg. Bd. I

297

Mit Artikels] wird nunmehr die Möglichkeit eingeräumt, gegen alle letztinstanzlichen kantonalen Entscheide in Pachtsachen (Erteilung oder Verweigerung einer Bewilligung; Gutheissung oder Abweisung einer Einsprache) an eine eidgenössische Rekursinstanz zu gelangen. Bisher konnten einzig Entscheide über den Pachtzins an eine eidgenössische Rekursinstanz - die Pachtzinskornmission - und in letzter Instanz an das Bundesgericht weitergezogen werden (vgl. Art. 4 und 6 Pachtzinsgesetz). Die Pachtzinskommission - zusammengesetzt aus verwaltungsunabhängigen Experten und Juristen - verfügt über das nötige Fachwissen; sie wird zweckmüssigerweise zur Eidgenössischen Rekursinstanz in Pachtsachen ausgebaut. Auf diesem Wege kann in erweitertem Umfang eine einheitliche Rechtsprechung auf dem Gebiet des landwirtschaftlichen Pachtrechts gewährleistet werden. Dagegen wird auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht verzichtet. Da die Kantone nach Artikel 50 nunmehr verpflichtet werden sollen, selber eine verwaltungsunabhängige Beschwerdeinstanz einzusetzen, glaubt der Bundesrat, auf einen beim Bundesgericht ausmündenden langen Instanzenzug verzichten zu sollen, um so mehr, als den Kantonen ein einfaches und rasches Rechtsmittelverfahren vorgeschrieben wird und die einheitliche Rechtsanwendung über eine eidgenössische Rekurskommission gewährleistet bleibt.

Eine angemessene Auskunftspflicht ist bereits in Artikel 8 des Pachtzinsgesetzes vorgesehen. Diese Regelung wird in Artikel 52 übernommen und weiterentwikkelt und durch Artikel 53 mit einer Bestimmung über die Rechtshilfe ergänzt.

Artikel 54 nennt die vom Kanton zu bezeichnenden Behörden.

226

Strafbestimmungen

Die Durchsetzung der Bewilligungspflicht für Pachtzinse und derjenigen für die parzellenweise Verpachtung ganzer landwirtschaftlicher Gewerbe soll vorerst durch die strengen zivilrechtlichen Folgen, welche die Verletzung der Bewilligungspflicht nach sich zieht (Art. 33 und 45), gewährleistet werden. Zusätzlich sind jedoch auch Strafbestimmungen erforderlich. Artikel 10 Pachtzinsgesetz enthält bereits Strafnormen für Widerhandlungen gegen die Pachtzinsbestimmungen. Sie werden dem Grundsatze nach in Artikel 55 übernommen; sie sind indessen durch den Tatbestand der Missachtung der Bewilligungspflicht für die parzellenweise Verpachtung zu ergänzen. Andererseits können die Strafbestimmungen wesentlich vereinfacht werden, da nunmehr wirksame zivilrechtliche Sanktionen vorgesehen sind. Aus demselben Grund genügt es, die Strafnorm als Übertretungstatbestand (Art. 101 ff. Strafgesetzbuch; SR 311.0) auszugestalten.

Der Höchstbetrag für eine Busse soll allerdings auf 10000 Franken festgesetzt werden (nach Art. 106 Strafgesetzbuch liegt er bei 5000 Fr.) ; geringfügige Bussen würden ihren Zweck verfehlen. Der Verfall unrechtmässig erworbener Vermögensvorteile ist nunmehr generell in Artikel 58 Strafgesetzbuch1) geregelt, so dass sich eine Sondernorrn erübrigt. Dagegen ist die Strafbestimmung von Artikel 8 Pachtzinsgesetz (Verweigerung der Auskunfts- und Editionspflicht) in Arti-

'> SR 311.0 (Fassung vom 22. März 1974; AS 1974 1893).

298

kel 55 aufzunehmen; verschiedene Spezialgesetze enthalten eine .ähnliche Bestimmung.

Die Verjährungsfristen nach Artikel 109 Strafgesetzbuch sind offensichtlich zu kurz; unter geltendem Recht war die Verjährung oftmals bereits eingetreten, bevor der Tatbestand beurteilt werden konnte. Artikel 56 setzt deshalb die Verfolgungsverjährung auf zwei Jahre und die Strafverjährung auf fünf Jahre fest, wie die gleichlautende Regelung in Artikel 11 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsstrafrecht (SR 313.0).

Artikel 57 regelt die Anwendung der Strafbestimmungen auf juristische Personen, Handelsgesellschaften und Körperschaften und bestimmt, dass auch juristische Personen des öffentlichen Rechts den Strafbestimmungen unterworfen sind. Wie die Praxis zeigt, haben sich insbesondere Gemeinden oftmals nicht anders verhalten als «private» Verpächter. Gemeinden, welche den Strafbestimmungen zuwiderhandeln, sollen deshalb auch gleich wie Private zur Rechenschaft gezogen werden können.

Gemäss Artikel 58 ht die Strafverfolgung nach wie vor Sache der Kantone; dieser Artikel entspricht auch im übrigen dem bisherigen Artikel 13 des Pachtzinsgesetzes.

227

Schlussbestimmungen

227.1

Ausführungsbestimmungen, Änderung und Aufhebung von Bundesrecht

Artikel 59 enthält die üblichen Weisungen an die Kantone zum 'Erlass der Ausführungsbestimmungen. Da mit der Aufhebung der bisherigen Bestimmungen über die landwirtschaftliche Pacht auch die darin den Kantonen delegierte Rechtssetzungskorripetenz dahinfällt, gelten mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes alle ihm widersprechenden kantonalen Vorschriften als aufgehoben. Die bisherigen kantonalen Ausführungsbestimmungen finden sich systematisch uneinheitlich in verschiedenartigen Erlassen, weshalb die Generalklausel nach Artikel 59 Absatz 3 nicht zu vermeiden ist.

Artikel 60 Ziffer 2 hebt den fünften Abschnitt (Pachtverhältnisse) des Bundesgesetzes über die Erhaltung des bäuerlichen Grundbesitzes sowie das Pachtzinsgesetz auf, weil die entsprechenden Bestimmungen durch das vorliegende Gesetz abgelöst werden. Ferner werden die Bestimmungen des Obligationenrechts über den Pachtvertrag angepasst. Die Artikel 281bis und 281ter, 287, 296, 300 und 301 OR werden aufgehoben; sie finden sich in angepasster Form nunmehr im vorliegenden Gesetz. Die Artikel 284 Absatz 2 und 292 OR werden redaktionell angepasst; Artikel 290 OR entspricht dagegen inhaltlich wiederum der Fassung, wie sie vor der Änderung des bäuerlichen Bodenrechts von 1971/72 gegolten hatte: Besteht keine Vereinbarung oder gibt es keinen Ortsgebrauch, so ist jeder auf unbestimmte Zeit geschlossene Pachtvertrag mit einer Frist von sechs Monaten kündbar; der Kündigungstermin ist beliebig, es sei denn, dass die Parteien darüber eine Vereinbarung getroffen haben oder dass nach der Art der Pachtsache ein bestimmter Parteiwillen betreffend den Kündigungstermin anzunehmen ist. Letzteres dürfte bei der Pacht von kleinen landwirtschaftlichen 299

Grundstücken zutreffen, die nicht unter den Geltungsbereich dieses Gesetzes fallen und für die demnach ausschliesslich die Bestimmungen des Obligationenrechts gelten. In diesen Fällen wäre die Pacht wie bisher nur auf einen ortsüblichen Frühjahrs- oder Herbsttermin kündbar.

227.2

Übergangsbestimmungen

Das Gesetz soll nach Artikel 61 Absatz l grundsätzlich keine Rückwirkung entfalten. Dieser Grundsatz ist insbesondere für die Mindestpachtdauer von Bedeutung: Auf laufende Verträge sind die neuen Bestimmungen über die Mindestpachtdauer nicht anwendbar; für sie gelten vielmehr die Bestimmungen, die im Zeitpunkt des Vertragsschlusses in Kraft waren. Beginnt jedoch die Fortsetzungsdauer nach Inkrafttreten des Gesetzes, so bestimmt sie sich nach neuem Recht. Ferner sind die neuen Vorschriften über die Anpassung an veränderte Verhältnisse, Veräusserung der Pachtsache, Beendigung des Pachtverhältnisses, richterliche Pachterstreckung sowie über die Pachtzinsbemessung und die Pachtzinskontrolle auch auf laufende Verträge anwendbar. Eine teilweise Rückwirkung ist auch für die Bewilligungspflicht bei der parzellenweisen Verpachtung ganzer landwirtschaftlicher Gewerbe vorgesehen. Es ist ernstlich zu befürchten, dass gewisse Eigentümer im Hinblick auf die vorgeschlagenen Mass-.

nahmen ihr landwirtschaftliches Gewerbe noch vor Inkrafttreten dieses Gesetzes parzellenweise zu verpachten versuchen. Dieses unerwünschte Ergebnis kann nur dadurch verhindert werden, dass die BewilligungspfJicht bei der parzellenweisen Verpachtung auch für Pachten gilt, die zwischen dem I.Januar 1981 und dem Inkrafttreten dieses Gesetzes vereinbart oder angetreten wurden.

Die damit erfassten Verträge sollen aber nicht ohne weiteres ungültig sein; vielmehr sollen sie vorerst während einer sechsjährigen Mindestpachtdauer, gerechnet ab Inkrafttreten des Gesetzes, Gültigkeit besitzen. Sofern jedoch bis dahin die Parteien keine rechtskräftige Bewilligung für die parzellenweise Verpachtung besitzen, gelten die Verträge mit Ablauf der sechsjährigen Frist als aufgehoben. Damit besteht eine hinreichende Übergangsfrist; es steht den Parteien selbstverständlich frei, im gegenseitigen Einvernehmen den Vertrag schon früher aufzulösen.

Hängige Klagen oder Gesuche werden nach dem im Zeitpunkt des Urteils oder Entscheids geltenden Recht beurteilt. Die Regelung für gekündigte Pachtverhältnisse schliesst an die bisherige Übergangsregelung von Artikel 50bis Absatz 2 EGG an. Wird der Pachtvertrag vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes gekündigt, fällt aber das Vertragsende auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes, oder auf ein späteres Datum,
so kann noch bis 30 Tage nach dem Inkrafttreten die Erstreckung nach den neuen Bestimmungen verlangt werden. Es ist nicht zu verkennen, dass eine solche Bestimmung für den Verpächter eine gewisse Rechtsunsicherheit mit sich bringen kann, da die Frist zur Einreichung eines Erstreckungsgesuchs nach dem bisherigen Recht bereits abgelaufen sein kann und dem Pächter damit eine nochmalige Klagefrist eingeräumt ' wird.

Diese Bestimmung rechtfertigt sich indessen angesichts der Gefahr, dass Verpächter vorsorglich kündigen, um den strengeren Bestimmungen dieses Geset?

zes auszuweichen.

300

Bei Pachtverhältnissen, die über Jahre gedauert haben, vermögen sich die Parteien bei mündlichen Verträgen oftmals nicht mehr an das ursprüngliche Datum des Vertragsabschlusses bzw. des Pachtantritts zu erinnern. Der Pachtantritt ist jedoch massgeblich für die Bestimmung des Zeitpunkts des Vertragsablaufs, Zudem wurde die Mindestpachtdauer durch die verschiedenen Gesetzesrevisionen mehrmals geändert. Im Sinne einer Vermutung wird deshalb festgelegt, dass der ortsübliche Frühjahrstermin 1973 als Pachtantritt gilt, wenn das ursprüngliche Datum nicht mehr feststellbar ist Dieses Ausgangsdatum wird gewählt, weil am 15. Februar 1973 die letzte Änderung der Bestimmungen über die landwirtschaftliche Pacht in Kraft trat (AS J973 93 102).

227.3

Schlussklauseln

Artikel 62 enthält die in Bundeserlassen üblichen Schlussformeln über die Unterstellung unter das fakultative Referendum und die Kompetenz des Bundesrates zur Bestimmung des Zeitpunkts des Inkrafttretens des Gesetzes.

3

Personelle und finanzielle Auswirkungen für Bund und Kantone

31

Personelle Auswirkungen

Beim Bund dürften keine grösseren Auswirkungen auf den Personalbestand zu erwarten sein. Die bestehende Pachtzinskommission kann die Aufgabe der Pachtrekurskommission übernehmen, wenn sie angemessen erweitert wird. Bei den Kantonen dagegen ist mit einer zusätzlichen Belastung zu rechnen, weil eine verwaltungsunabhängige Beschwerdeinstanz für Verwaltungsentscheide in Pachtsachen geschaffen und die Bewilligungspflicht für die parzellenweise Verpachtung eingeführt wird. Es ist indessen schwierig, den Umfang dieser Belastung abzuschätzen.

32

Finanzielle Auswirkungen

Es ergeben sich weder für den Bund noch die Kantone unmittelbare finanzielle Verpflichtungen, Das Geschäft ist in den Richtlinien der Regierungspolitik für die Legislaturperiode 1981 bis 1983 (BEI 1980 I 654) als vordringliche Aufgabe bezeichnet. Es ist nicht haushaltrelevant und deshalb im Finanzplan nicht aufgeführt.

Für die Kantone dürften sich die Mehrkosten in einem tragbaren Rahmen halten, weil für das Verwaltungsverfahren in Pachtsachen Gebühren erhoben werden können.

4

Verfassungsmässigkeit

Der Gesetzesentwurf stützt sich auf die Artikel 3 lbis Absatz 3 Buchstabe b, 64 und 64bis der Bundesverfassung.

301

Artikel 31bis Absatz 3 Buchstabe b (Landwirtschaftsartikel) ermächtigt den Bund, in Wahrung des Gesamtinteresses und nötigenfalls in Abweichung von der Handels- und Gewerbefreiheit, zur Erhaltung eines gesunden Bauernstandes und einer leistungsfähigen Landwirtschaft sowie zur Festigung des bäuerlichen Grundbesitzes Vorschriften zu erlassen. Dieser Artikel bietet eine hinreichende Grundlage für Massnahmen gegen die parzellenweise Verpachtung und die übermässige Zupacht sowie für die Bemessung und Kontrolle der landwirtschaftlichen Pachtzinse.

Nach Artikel 64 BV ist der Bund zur Gesetzgebung auf dem ganzen Gebiet des Zivilrechts befugt. Nach herrschender Lehre1' kann er zivilprozessuale Regeln erlassen, insbesondere Gerichtsstandsbestimmungen aufstellen und die Einführung eines vereinfachten Verfahrens anordnen, soweit dies für die Verwirklichung des Bundesprivatrechts notwendig ist. Diese Notwendigkeit ist für vergleichbare Rechtsgebiete wie Mietrecht, Arbeitsvertragsrecht und Konsumentenschutz anerkannt worden (BEI ^979II 759).

Die Rechtssetzungskompetenz für das Strafrecht steht dem Bund nach Artikel 64bis BV zu.

Das Gesetz legt die Mindestpachtdauer auf zwölf bzw. sechs Jahre fest und gewährt die Möglichkeit zur einmaligen Pachterstreckung, die der Eigentümer jedoch durch den Nachweis der Unzumutbarkeit anfechten kann. Damit bringt das Gesetz zwar einschneidende Regelungen, doch wird das durch Artikel 22'" BV gewährleistete Eigentumsrecht nicht grundsätzlich in Frage gestellt.

8233

') Eichenberger, ZSR 1969 II 490; Voyame, ZSR 1961 II 74ff.; Max Guldener, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 3. Aufl. Zürich 1979, S. 64.

302

Bundesgesetz über die landwirtschaftliche Pacht

Entwurf

(LPG)

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf die Artikel 3 l bis Absatz 3 Buchstabe b, 64 und 64bis der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 11. November 1981 '), beschliesst : 1. Kapitel: Geltungsbereich 1. Abschnitt: Grundsatz

Art. l 1 Dieses Gesetz gilt a. für die Pacht von Grundstücken zur landwirtschaftlichen Nutzung; b. für die Pacht von landwirtschaftlichen Gewerben; c. für die Pacht nichtlandwirtschaftUcher Nebengewerbe, die mit einem landwirtschaftlichen Gewerbe eine wirtschaftliche Einheit bilden.

2 Das Gesetz gilt auch für Rechtsgeschäfte, die das gleiche bezwecken wie die landwirtschaftliche Pacht und den vom Gesetz angestrebten Schutz vereiteln.

1 Für die Pacht von Allmenden, Alpen und Weiden sowie von Nutzungs- und Anteilsrechten an solchen gelten die Bestimmungen über die Pacht von landwirtschaftlichen Grundstücken.

4

Soweit dieses Gesetz nicht anwendbar ist oder keine besondern Vorschriften enthält, gilt das Obligationenrecht ~>.

2. Abschnitt: Ausnahmen Art. 2 Kleine Grundstücke 1 Dieses Gesetz gilt nicht a. für die Pacht von Rebgrundstücken unter 15 Aren; b. für die Pacht anderer landwirtschaftlicher Grundstücke ohne Gebäude und unter 25 Aren.

2

Die Kantone können dem Gesetz auch kleinere Grundstücke unterstellen.

» BB1 1982 I 257 -> SR220

303

Landwirtschaftliche Pacht 3

Die Flächen von mehreren, vom gleichen Eigentümer an den gleichen Pächter verpachteten Grundstücken werden zusammengerechnet. Das gleiche gilt, wenn ein Eigentümer Grundstücke in Teilen an verschiedene Pächter verpachtet, um dieses Gesetz zu umgehen.

Art. 3 Alpen und Weiden Die Kantone können für die Pacht von Alpen und Weiden sowie von Nutzungsund Anteilsrechten an solchen abweichende Bestimmungen erlassen.

2. Kapitel: Der Pachtvertrag I.Abschnitt: Begriff Art. 4 1 Durch den landwirtschaftlichen Pachtvertrag verpflichtet sich der Verpächter, dem Pächter ein Gewerbe oder ein Grundstück zur landwirtschaftlichen Nutzung zu überlassen, und der Pächter, dafür einen Zins zu bezahlen.

2 Der Pachtzins kann in Geld, einem Teil der Früchte (Teilpacht) oder in einer ändern Sachleistung bestehen. Bei der Teilpacht richtet sich das Recht des Verpächters an den Früchten nach dem Ortsgebrauch.

2. Abschnitt: Vorpachtrecht Art. 5 Vorpachtrecht der Nachkommen 1 Wird ein Gewerbe verpachtet, so haben die Nachkommen des Verpächters ein Vorpachtrecht, wenn sie das Gewerbe selber bewirtschaften wollen und dafür geeignet sind. Bei der Beurteilung der Eignung zur Selbstbewirtschaftung sind die Fähigkeiten des Ehegatten des Vorpachtberechtigten mitzuberücksichtigen.

2 Der Vorpachtberechtigte tritt in den Pachtvertrag ein, wie dieser mit dem Dritten abgeschlossen worden ist.

3 Das Vorpachtrecht entfällt, wenn die Verpachtung an den Nachkommen für den Verpächter unzumutbar ist.

Art. 6 Ausübung 1 Der Verpächter ist verpflichtet, die Vorpachtberechtigten Nachkommen unverzüglich über Abschluss und Inhalt des Vertrags mit dem Dritten in Kenntnis zu setzen.

2 Will der Vorpachtberechtigte die Pacht übernehmen, so muss er das Vorpachtrecht innert 30 Tagen seit Kenntnis des Vertragsinhalts beim Verpächter schriftlich geltend machen, spätestens aber drei Monate nach dem Antritt der Pacht durch den Dritten.

304

Landwirtschaftliche Pacht Art. 7 Anerkennung, Bestreitung, Klage 1 Das Vorpachtrecht gilt als anerkannt, wenn es der Verpächter nicht innert 30 Tagen seit dem Empfang der Ausübungserklärung gegenüber dem Berechtigten unter Angabe der Gründe schriftlich bestreitet.

2 Bestreitet der Verpächter das Vorpachtrecht, so kann der Nachkomme innert 30 Tagen beim Richter auf Feststellung klagen, dass er in den Pachtvertrag eingetreten sei.

3 Machen mehrere Nachkommen ihr Vorpachtrecht geltend, so kann der Verpächter denjenigen bezeichnen, der in den Pachtvertrag eintreten soll.

Art. 8 Folgen 1 Tritt der Nachkomme in den Pachtvertrag ein, so muss der Dritte, wenn er die Pacht angetreten hat, das Gewerbe auf den folgenden Frühjahrs- oder Herbsttermin verlassen, jedoch frühestens sechs Monate nach dem Tag, an dem er vom Eintritt des Nachkommen in den Pachtvertrag erfahren hat.

2 Der Verpächter muss den Schaden ersetzen, der dem Dritten aus dem Eintritt des Nachkommen in den Pachtvertrag entsteht.

3 Der Dritte braucht das Gewerbe erst zu verlassen, wenn ihm Ersatz oder hinreichende Sicherheit geleistet worden ist.

Art. 9 Vorpachtrecht an Alpweiden Die Kantone können für Landwirte im Berggebiet ein Vorpachtrecht an benachbarten Alpweiden vorsehen. Sie regeln die Einzelheiten und das Verfahren.

3. Abschnitt: Pachtdauer Art. 10 Erstmalige Verpachtung 1 Die erste Pachtdauer beträgt für landwirtschaftliche Gewerbe mindestens zwölf Jahre und für einzelne Grundstücke mindestens sechs Jahre.

2 Die Vereinbarung einer kürzeren Pachtdauer ist nur gültig, wenn die zuständige Behörde sie bewilligt hat. Das Gesuch ist spätestens drei Monate nach dem Antritt der Pacht einzureichen.

3 Eine kürzere Pachtdauer wird bewilligt, wenn a. die Pachtsache ganz oder teilweise in einer Bauzone nach Artikel 15 des Raumplanungsgesetzes vom 22. Juni 19791' liegt und für die Verkürzung wichtige raumplanerische Gründe bestehen; b. persönliche oder wirtschaftliche Verhältnisse einer Partei oder andere sachliche Gründe die Verkürzung rechtfertigen.

" SR700 305

Landwirtschaftliche Pacht 4

Wird die Bewilligung verweigert oder das Gesuch zu spät eingereicht, so gilt die gesetzliche Mindestpachtdauer.

Art. 11 Fortsetzung der Pacht 1 Der Pachtvertrag gilt unverändert für jeweils weitere sechs Jahre, wenn er a. auf unbestimmte Zeit abgeschlossen und nicht fristgerecht gekündigt worden ist; b. auf bestimmte Zeit abgeschlossen ist und nach der vereinbarten Pachtdauer stillschweigend fortgesetzt wird.

2 Die Vereinbarung einer kürzeren Fortsetzungsdauer ist nur gültig, wenn die Behörde sie bewilligt hat. Das Gesuch ist spätestens drei Monate nach Beginn der Fortsetzung einzureichen.

3 Die Bestimmungen über die Verkürzung der Pachtdauer bei der erstmaligen Verpachtung gelten sinngemäss.

Art. 12 Pachtdauer für Spezialkulturen Für die Pacht von Grundstücken mit Spezialkulturen wie Reben und Obstanlagen können die Kantone eine längere Pachtdauer festsetzen.

4. Abschnitt : Anpassung an veränderte Verhältnisse Art. 13 Pachtzinsanpassung im allgemeinen Ändert der Bundesrat die Ansätze für die Bemessung des zulässigen Pachtzinses, so kann jede Partei die Anpassung des vereinbarten Pachtzinses auf das folgende Pachtjahr verlangen.

Art. 14 Pachtzinsanpassung bei Änderung des Ertragswerts Wird der Wert eines verpachteten Gewerbes oder Grundstücks infolge von Naturereignissen, Bodenverbesserungen, Neu- oder Umbauten, Vergrößerung oder Verminderung der Fläche, Abbruch oder Stillegung von Gebäude oder anderer Umstände dauernd verändert, so kann jede Partei die Neufestsetzung des Ertragswerts und die Anpassung des Pachtzinses auf Beginn des folgenden Pachtjahres verlangen. Die Neufestsetzung des Ertragswerts und die Anpassung des Pachtzinses kann auch verlangt werden, wenn die allgemeinen Grundlagen für die Schätzung des Ertragswerts ändern.

Art. 15 Anpassung anderer Vertragsbestimmungen Jede Partei kann verlangen, dass andere Vertragsbestimmungen an veränderte Verhältnisse angepasst werden, wenn der Vertrag für sie unzumutbar geworden ist.

306

Landwirtschaftliche Pacht Art. 16 Pachtzinsnachlass Ist der Ertrag wegen eines ausserordentlichen Unglücksfalles oder eines Naturereignisses vorübergehend stark zurückgegangen, so kann der Pächter verlangen, dass der Pachtzins für bestimmte Zeit angemessen herabgesetzt wird.

5. Abschnitt: Veräusserung der Pachtsache Art. 17 Kauf bricht Pacht nicht Wird die Pachtsache veräussert oder dem Verpächter im Schuldbetreibungsoder Konkursverfahren entzogen, so tritt der Erwerber in den Pachtvertrag ein.

Art. 18 Ausnahmen 1 Wird die Pachtsache unmittelbar zu Bauzwecken oder zu öffentlichen Zwekken veräussert oder vom neuen Eigentümer zur Selbstbewirtschaftung erworben, so kann die Pacht aufgelöst werden, wenn der Erwerber den Pachtvertrag nicht übernimmt.

2 Will der Erwerber den Pachtvertrag nicht übernehmen, so muss er dem Pächter innert dreier Monate seit Abschluss des Veräusserungsvertrags anzeigen, dass die Pacht nach Ablauf einer Frist von mindestens einem Jahr auf den folgenden Frühjahrs- oder Herbsttermin aufgelöst sei.

3 Wird die Pacht aufgelöst, so kann der Pächter innert 30 Tagen seit Empfang der Anzeige des Erwerbers auf Erstreckung klagen. Der Richter erstreckt die Pacht um mindestens sechs Monate, jedoch um höchstens zwei Jahre, wenn die Beendigung für den Pächter oder seine Familie eine Härte zur Folge hat, die auch unter Würdigung der Interessen des neuen Eigentümers nicht zu rechtfertigen ist.

4 Der Verpächter muss dem Pächter den Schaden ersetzen, der aus der vorzeitigen Beendigung der Pacht entsteht. Der Pächter braucht die Pachtsache erst zu verlassen, wenn ihm Ersatz oder hinreichende Sicherheit geleistet worden ist.

6. Abschnitt : Beendigung der Pacht und Entschädigung für Aufwendungen Art. 19 Kündigung im allgemeinen 1 Die Kündigung eines Pachtvertrags ist nur gültig, wenn sie schriftlich erfolgt.

Auf Verlangen ist sie zu begründen.

2 Die Kündigungsfrist beträgt ein Jahr, wenn das Gesetz nichts anderes bestimmt oder diektarteien keine längere Frist vereinbart haben.

3 Ist nichts anderes vereinbart, kann nur auf den ortsüblichen Frühjahrs- oder Herbsttermin gekündigt werden.

307

Landwirtschaftliche Pacht Art. 20 Vorzeitige Kündigung 1 Ist die Erfüllung des Vertrags für eine Partei aus wichtigen Gründen unzumutbar geworden, so kann sie die Pacht auf den nächsten Frühjahrs- oder Herbsttermin kündigen. Die Kündigungsfrist beträgt sechs Monate.

2 Der Richter bestimmt die vermögensrechtlichen Folgen unter Würdigung aller Umstände.

Art. 21

Tod des Pächters

1

Stirbt der Pächter, so können seine Erben oder der Verpächter den Pachtvertrag auf den nächsten Frühjahrs- oder Herbsttermin kündigen. Die Kündigungsfrist beträgt sechs Monate.

2

Wird der Pachtvertrag vom Verpächter gekündigt, so kann ein Nachkomme, der Ehegatte oder ein Geschwister des Pächters, das im Betrieb mitgearbeitet hat, innert 30 Tagen den Eintritt in den Pachtvertrag erklären. Der Verpächter kann unter mehreren Bewerbern denjenigen bezeichnen, der in den Pachtvertrag eintreten soll.

3 Bietet der Eintretende keine Gewähr für eine ordnungsgemässe Bewirtschaftung der Pachtsache oder ist die Fortsetzung der Pacht für den Verpächter aus ändern Gründen unzumutbar, so kann der Verpächter innert 30 Tagen seit der Eintrittserklärung auf Auflösung des Pachtvertrags klagen.

Art. 22 Güterzusammenlegung 1 Bringt eine Güterzusammenlegung für ein verpachtetes Grundstück eine wesentliche Änderung in der Bewirtschaftung mit sich, so kann jede Partei den Pachtvertrag auf Antritt des neuen Besitzstandes auflösen.

2 Ein Anspruch auf Entschädigung wegen vorzeitiger Beendigung der Pacht besteht nicht.

Art. 23 Zahlungsrückstand des Pächters 1 Ist der Pächter während der Pachtzeit mit einer Zinszahlung im Rückstand, so kann ihm der Verpächter schriftlich androhen, dass der Pachtvertrag in sechs Monaten aufgelöst sei, wenn der ausstehende Zins bis dahin nicht bezahlt sei.

z Wird der Vertrag aufgelöst, so muss der Pächter den Schaden ersetzen, sofern er nicht beweist, dass ihn kein Verschulden trifft.

Art. 24 Entschädigung für Aufwendungen, Unterhalt 1 Der Pächter kann bei Beendigung der Pacht verlangen, dass er für den Aufwand für Verbesserungen der Pachtsache entschädigt wird, die er mit Zustimmung des Verpachten vorgenommen hat.

308

Landwirtschaftliche Pacht 2

Hat der Pächter ersatzweise notwendige Hauptreparaturen vorgenommen, weil der Verpächter diese auf Anzeige hin nicht ausgeführt hat, so kann er hiefür Entschädigung verlangen.

3 Der ordentliche Unterhalt der Wege, Stege, Gräben, Dämme, Zäune, Dächer, Wasserleitungen und dergleichen und die kleineren Reparaturen obliegen nach Ortsgebrauch dem Pächter. Er kann dafür keine Entschädigung verlangen.

4 Die Parteien können vereinbaren, dass der Pächter eine weitergehende Unterhaltspflicht übernimmt und für Hauptreparaturen aufzukommen hat.

Art. 25 Früchte 1 Ist nichts anderes vereinbart oder üblich, hat der Pächter keinen Anspruch auf die Früchte, die bei der Beendigung der Pacht noch nicht geerntet sind.

2 Er kann aber für seinen Aufwand eine angemessene Entschädigung verlangen: Art. 26 Vorräte 1 Ist nichts anderes vereinbart oder üblich, so rmiss der Pächter die Futter-, Streue- und Düngervorräte zurücklassen, die einer ordentlichen Bewirtschaftung im letzten Pachtjahr entsprechen.

2 Sind die Vorräte grösser als beim Pachtantritt, so kann der Pächter verlangen, dass ihm der Mehrvorrat vergütet wird; sind sie kleiner, muss er den Mindervorrat oder dessen Wert ersetzen.

7. Abschnitt: Pachterstreckung durch den Richter Art. 27 Klage ' Kündigt eine Partei den Pachtvertrag öder läuft ein auf bestimmte Zeit abgeschlossener Pachtvertrag aus und wird eine Fortsetzung auf Anfrage hin abgelehnt oder bleibt die Anfrage unbeantwortet, so kann die betroffene Partei beim Richter auf Erstreckung der Pacht klagen.

2 Die Klage ist spätestens neun Monate vor dem Ablauf der Pacht einzureichen.

Art. 28 Urteil 1 Der Richter erstreckt die Pacht, wenn dies für den Beklagten zumutbar ist.

2 Hat der Verpächter gekündigt, so muss er nachweisen, dass die Fortsetzung der Pacht für ihn unzumutbar ist oder dass sie aus ändern Gründen nicht gerechtfertigt ist. Die Fortsetzung der Pacht ist insbesondere unzumutbar oder nicht gerechtfertigt, wenn a. der Verpächter, sein Ehegatte, ein naher Verwandter oder dessen Ehegatte die Pachtsache selber bewirtschaften will; 309

Landwirtschaftliche Pacht

b. der Pächter schwerwiegend gegen seine gesetzlichen oder vertraglichen Pflichten verstossen hat; c. der Pächter zahlungsunfähig ist; d. das Gewerbe nicht erhaltungswürdig ist; e. das Gewerbe oder das Grundstück ganz oder teilweise in einer Bauzone nach Artikel 15 des Raumplanungsgesetzes vom 22. Juni 1979]) liegt und in naher Zukunft überbaut werden soll.

3 Der behördliche Entscheid über den Pachtzins macht die Pacht in keinem Fall unzumutbar.

4

Der Richter erstreckt die Pacht um drei bis sechs Jahre. Er würdigt dabei die persönlichen Verhältnisse und berücksichtigt namentlich die Art der Pachtsache und eine allfällige Abkürzung der Pachtdauer.

Art. 29

Anpassung der Vertragsbestimmungen

Auf Begehren einer Partei kann der Richter bei Erstreckung der Pacht die Vertragsbestimmungen den veränderten Verhältnissen anpassen.

8. Abschnitt: Zwingende Bestimmungen

Art. 30 Sofern nichts anderes bestimmt ist, kann der Pachter auf die Rechte, die ihm nach den Vorschriften dieses Kapitels zustehen, nicht zum voraus verzichten.

Abweichende Vereinbarungen sind nichtig.

3. Kapitel : Parzellenweise Verpachtung und Zupacht 1. Abschnitt: Parzellenweise Verpachtung Art. 31

Bewilligungspflicht

1

Wer von einem landwirtschaftlichen Gewerbe einzelne Grundstücke oder Teile von einzelnen Grundstücken verpachtet (parzellenweise Verpachtung), bedarf einer Bewilligung.

2

Der Verpächter braucht keine Bewilligung, wenn er insgesamt nicht mehr als zehn Prozent der ursprünglichen Nutzfläche des Gewerbes verpachtet und die Pachtsache keine Gebäude umfasst, Art. 32 1

Bewilligungsgründe

Der Verpächter muss die Bewilligung vor Pachtantritt bei der kantonalen Bewilligungsbehörde einholen, '> SR700 310

Landwirtschaftliche Pacht 2

Die Bewilligung wird nur erteilt, wenn a. ein landwirtschaftliches Gewerbe, das einer bäuerlichen Familie eine gute landwirtschaftliche Existenz bietet, durch die parzellenweise Verpachtung weder als selbständige Wirtschaftseinheit aufgelöst noch so weit verkleinert wird, dass es für eine gute landwirtschaftliche Existenz nicht mehr genügt; b. das landwirtschaftliche Gewerbe bereits vor der parzellenweisen Verpachtung einer bäuerlichen Familie keine gute landwirtschaftliche Existenz mehr bot; c. das landwirtschaftliche Gewerbe nicht mehr erhaltungswürdig ist; d. das landwirtschaftliche Gewerbe ganz oder überwiegend in einer Bauzone nach Artikel 15 des Raumplanungsgesetzes vom 22. Juni 1979 !) liegt; e. das Gewerbe nur vorübergehend parzellenweise verpachtet und später wieder als ganzes bewirtschaftet werden soll, oder f. der Verpächter des Gewerbe bisher selber bewirtschaftet hat, dazu jedoch aus persönlichen Gründen wie schwere Krankheit oder vorgerücktes Alter nur noch teilweise in der Lage ist.

3 In die Beurteilung, ob ein Gewerbe eine gute landwirtschaftliche Existenz bietet, sind nichtlandwirtschaftliche Gewerbe einzubeziehen, die mit dem Gewerbe als Nebenbetrieb eng verbunden sind.

4 Erfährt die vom Kanton bezeichnete Behörde von einer bewilligungspflichtigen, aber nicht bewilligten parzellenweisen Verpachtung, so leitet sie das Bewilligungsverfahren ein.

Art. 33 Zivilrechtliche Folgen 1 Bewilligungsbedürftige Pachtverträge sind unwirksam, solange keine rechtskräftige Bewilligung vorliegt. Sie sind nichtig, wenn die Bewilligung rechtskräftig verweigert wird.

- Wird die Bewilligung verweigert und hat der Pächter die Pacht bereits angetreten, so ordnet die Bewilligungsbehörde die Räumung der Pachtsache auf den nächsten Frühjahrs- oder Herbsttermin an.

3 Die Parteien haben keinen Anspruch auf den Ersatz des Schadens, der ihnen aus der Nichtigkeit des Pachtvertrags entsteht.

2. Abschnitt: Zupacht Art. 34 Einsprache 1 Gegen die Zupacht eines landwirtschaftlichen Gewerbes oder einer Parzelle kann Einsprache erhoben werden, wenn die Grundstücke, die der Zupächter bereits bewirtschaftet, ihm und seiner Familie eine überdurchschnittlich gute Existenz bieten.

" SR700 311

Landwirtschaftliche Pacht 2

Gegen die Zupacht eines Grundstücks, das vom Mittelpunkt des Betriebes des Pächters erheblich entfernt ist und ausserhalb des ortsüblichen Bewirtschaftungsbereichs liegt, kann in jedem Fall Einsprache erhoben werden.

3 Einsprache erheben können: a. Personen, die ein schutzwürdiges Interesse haben; b. die vom Kanton bezeichneten Behörden; c. Organisationen, die nach ihren Statuten die Interessen der Pächter oder Verpächter wahren.

4 Die Einsprache ist innert dreier Monate seit der Kenntnis des Vertragsabschlusses, spätestens aber innert eines halben Jahres seit dem Antritt der Pacht bei der zuständigen Behörde zu erheben. Die zur Einsprache berechtigte Behörde ist an diese Frist nicht gebunden.

Art. 35 Zulässigkeit der Zupacht Die Zupacht ist in jedem Fall zulässig, wenn der Zupächter für die Erweiterung seines Betriebs besondere Gründe nachweist oder wenn nach der Pachtsache keine andere Nachfrage besteht.

Art. 36 Folgen des Einspracheentscheides 1 Wird die Einsprache gutgeheissen, so hebt die Bewilligungsbehörde den Pachtvertrag mit einer Frist von mindestens sechs Monaten auf den nächsten ortsüblichen Frühjahrs- oder Herbsttermin auf.

2 Die Parteien haben keinen Anspruch auf den Ersatz des Schadens, der ihnen aus der Aufhebung des Pachtvertrags entsteht.

4. Kapitel: Pachtzins 1. Abschnitt: Grundsätze Art, 37 1 Der Pachtzins unterliegt der Kontrolle; er darf das zulässige Mass nicht übersteigen.

2 Der Bundesrat setzt die Sätze für die Verzinsung des Ertragswerts und die Abgeltung der Verpächterlasten fest und bestimmt den Zuschlag nach Artikel 39 Absatz l Buchstabe c.

3 Naturalleistungen und andere vereinbarte Nebenleistungen sind an den Pachtzins anzurechnen.

4 Für die Bemessung des Pachtzinses ist auch zu berücksichtigen, was der Pächter dem Verpächter für eine Mietsache bezahlt, die mit einer überwiegend landwirtschaftlichen Pacht verbunden ist.

312

·

..

Landwirtschaftliche Pacht 2. Abschnitt: Bemessung Art. 38 Pachtzins für Gewerbe Der Pachtzins für landwirtschaftliche Gewerbe setzt sich zusammen aus a. einer angemessenen Verzinsung des Ertragswerts im Sinne von Artikel 6 des Bundesgesetzes vom 12. Dezember 1940') über die Entschuldung landwirtschaftlicher Heimwesen; b. der Abgeltung der mittleren Aufwendungen der Verpächter. für Anlagen und Einrichtungen (Verpächterlasten).

Art. 39 Pachtzins für einzelne Grundstücke ' Der Pachtzins für einzelne Grundstücke setzt sich zusammen aus a. einer angemessenen Verzinsung des Ertragswerts im Sinn von Artikel 6 des Bundesgesetzes vom 12. Dezember 1940 '> über die Entschuldung landwirtschaftlicher Heimwesen; b. der Abgeltung der mittleren Aufwendungen der Verpächter für Anlagen und Einrichtungen (Verpächterlasten); c. einem Zuschlag für die allgemeinen sich für den Pächter aus einer Zupacht ergebenden Vorteile.

2 Im Einzelfall sind auf den Betrieb bezogene Zuschläge von je höchstens 15 Prozent zulässig, wenn das Grundstück a. eine bessere Arrondierung ermöglicht; b. für den Betrieb des Gewerbes günstig liegt.

3 Für landwirtschaftliche Gebäude dürfen keine Zuschläge nach den Absätzen l Buchstabe c und 2 eingerechnet werden.

Art. 40 Zins für Mietsachen Für die Bemessung des Zinses für Mietsachen, die mit einer überwiegend landwirtschaftlichen Pacht verbunden sind, gelten die Vorschriften über Massnahmen gegen missbräuchliche Mietzinse2\ Art. 41 Zinssatz, Verpächterlasten 1 Der Bundesrat setzt den Satz für die Verzinsung des Ertragswerts aufgrund des durchschnittlichen Zinssatzes für erste Hypotheken fest. Für Gewerbe wird dieser Satz um einen Viertel vermindert.

2 Verändert sich der durchschnittliche Zinssatz für erste Hypotheken um mindestens ein halbes Prozent, so kann der Bundesrat den Satz für die Verzinsung des Ertragswerts anpassen.

') SR 211.412.12 > SR 221.213.1

2

313

Landwirtschaftliche Pacht 3

Der Bundesrat bestimmt den Ansatz für die Verpächterlasten nach den durchschnittlichen Aufwendungen in der Bezugsperiode, die für die Berechnung des Ertragswerts gilt.

3. Abschnitt: Pachtzinskontrolle Art. 42 Pachtzinsbewilligung für Gewerbe 1 Der Pachtzins für Gewerbe bedarf der Bewilligung.

2 Der Verpächter muss den Pachtzins innert dreier Monate seit dem Pachtantritt oder der mit dem Pächter vereinbarten Anpassung bewilligen lassen. Wird der Pachtzins angepasst, weil der Bundesrat die Sätze für die Bemessung des Pachtzinses geändert hat, so ist keine Bewilligung nötig. Auf Begehren einer Partei erlässt die zuständige Behörde über den zulässigen Umfang der Anpassung eine Feststellungsverfügung.

3 Lässt der Verpächter den Pachtzins nicht bewilligen, so kann der Pächter jederzeit die Festsetzung des zulässigen Pachtzinses verlangen.

11 Erhält die vom Kanton bezeichnete Behörde Kenntnis von einem nichtbewilligten Pachtzins, so leitet sie das Bewilligungsverfahren ein.

Art. 43 Einsprache gegen den Pachtzins für Grundstücke 1 Gegen den vereinbarten Pachtzins für einzelne Grundstücke kann bei der Bewilligungsbehörde Einsprache erhoben werden.

2 Einsprache erheben können: a, die Vertragsparteien; b. die vom Kanton bezeichneten Behörden.

3 Die Einsprache ist innert dreier Monate seit dem Pachtantritt oder der Anpassung des Pachtzinses zu erheben. Die zur Einsprache berechtigte Behörde ist an diese Frist nicht gebunden.

Art. 44 Entscheid der Bewilligungsbehörde 1 Die Bewilligungsbehörde entscheidet, ob der vereinbarte Pachtzins für das Gewerbe oder das Grundstück zulässig ist.

2 Sie setzt zu hohe Pachtzinse auf das erlaubte Mass herab.

3 Sie eröffnet ihren Entscheid den Parteien und teilt ihn der zur Einsprache berechtigten Behörde mit.

Art. 45 Zivilrechtliche Folgen 1 Der Pachtzins für ein Gewerbe oder der angefochtene Pachtzins für ein Grundstück ist erst geschuldet, wenn der Entscheid der Bewilligungsbehörde rechtskräftig ist.

314

Landwirtschaftliche Pacht 2

Pachtzinse, die aufgrund einer nichtigen Vereinbarung bezahlt wurden, können innert eines Jahres seit dem rechtskräftigen Entscheid über den Pachtzins, spätestens aber fünf Jahre nach ihrer Bezahlung zurückgefordert werden.

Art. 46 Nichtige Abreden Die Vertragsparteien können auf die Rechte, die ihnen nach diesem Abschnitt zustehen, nicht zum voraus verzichten.

5. Kapitel : Verfahren und Behörden 1. Abschnitt: Verfahren und Rechtsmittel Art. 47 Grundsätze 1 Die Kantone sehen ein einfaches und rasches Verfahren vor.

2 Der Richter und die Verwaltungsbehörden stellen den Sachverhalt von Amtes wegen fest. Die Parteien sind anzuhören.

3 Soweit das Gesetz das Verfahren nicht regelt, ordnen es die Kantone.

Art. 48 Feststellungsverfügung 1 Eine Partei, die ein schutzwürdiges Interesse hat, kann von der zuständigen Behörde feststellen lassen, ob die Verkürzung der Pachtdauer, die parzellenweise Verpachtung, die Zupacht oder der Pachtzins genehmigt werden kann.

2 Die Partei kann schon vor dem Abschluss des Pachtvertrags um Erlass einer Feststellungsverfügung nachsuchen.

Art. 49 Zivilrechtliche Klagen, Gerichtsstand 1 Klagen aus dem Pachtvertrag beurteilt der Richter.

2 Sie können am Wohnsitz des Beklagten oder am Ort der Pachtsache eingereicht werden.

Art. 50 Beschwerde an die kantonale Beschwerdeinstanz 1 Gegen erstinstanzliche Verfügungen kann innert 30 Tagen Beschwerde bei der kantonalen Beschwerdeinstanz erhoben werden. Diese muss von der Verwaltung unabhängig sein.

2 Die Beschwerdeinstanz eröffnet ihren Entscheid den Vertragsparteien und dem Einsprecher; sie teilt ihn der Vorinstanz mit.

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Landwirtschaftliche Pacht Art. 51 Beschwerde an die Eidgenössische Pachtrekurskommission 1 Letztinstanzliche kantonale Beschwerdeentscheide unterliegen der Beschwerde an eine verwaltungsunabhängige Eidgenössische Pachtrekurskommission, die endgültig entscheidet.

2 Die Eidgenössische Pachtrekurskommission besteht aus höchstens neun Mitgliedern. Der Bundesrat bestellt die Kommission und regelt deren Organisation.

3 Das Verfahren richtet sich nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz1); die Beschwerdefrist beträgt 30 Tage.

Art. 52 Auskunftspflicht Die Beteiligten müssen der zuständigen Behörde auf Verlangen Auskunft erteilen, Einsicht in die Urkunden gewähren und den Augenschein gestatten, soweit es für die Erteilung einer Bewilligung, einen Einsprache- oder Beschwerdeentscheid oder eine Feststellungsverfügung notwendig ist.

Art. 53 Rechtshilfe Verwaltungsbehörden, die Pachtverträge beurteilen, leisten sich gegenseitig unentgeltlich Rechtshilfe.

2. Abschnitt: Kantonale Behörden.

Art. 54 Die Kantone bezeichnen a. die Bewilligungsbehörden; b. die zur Einsprache berechtigten Behörden; c. eine Beschwerdeinstanz.

6. Kapitel : Straf bestimmungen Art. 55 Widerhandlungen 1 Wer die Pacht eines einzelnen Grundstücks, deren Bewilligung verweigert wurde (parzellenweise Verpachtung), oder eine Zupacht, die auf Einsprache hin aufgelöst wurde, weiterführt, wer einen bewilligungsbedürftigen, aber nicht bewilligten Pachtzins fordert oder bezahlt, ' , .

.

.

.

, wer mehr als den bewilligten Pachtzins fordert oder bezahlt, wird mit Haft oder Busse bis zu 10 000 Franken bestraft.

» SR 172.021 316

Landwirtschaftliche Pacht 2

Wer seine Auskunftspflicht nicht erfüllt, indem er einer unter Hinweis auf die Strafandrohung dieses Artikels an ihn erlassenen Verfügung der zuständigen Behörde nicht Folge leistet, wird mit Haft oder Busse bestraft.

Art. 56 Verjährung Eine Widerhandlung verjährt in zwei Jahren, die Strafe für die Widerhandlung in fünf Jahren.

Art. 57

Anwendung auf juristische Personen, Handelsgesellschaften und Körperschaften Es gilt Artikel 6 des Verwaltungsstrafrechts '). Er gilt auch für Widerhandlungen in der Verwaltung einer Öffentlichrechtlichen Körperschaft.

Art. 58 Strafverfolgung 1 Die Kantone verfolgen und beurteilen die Widerhandlungen.

2 Die kantonalen Strafverfolgungsbehörden teilen ihre Urteile, Strafbescheide und Einstellungsbeschlüsse sofort und unentgeltlich der Bundesanwaltschaft mit.

7. Kapitel: Schlussbestimmungen 1. Abschnitt: Kantonale Ausführungsbestimmungen

Art. 59 1 Die kantonalen Ausführungsbestimmungen sind erst gültig, wenn sie der Bundesrat genehmigt hat.

2

Die Kantone passen auf das Inkrafttreten dieses Gesetzes ihre Ausführungsbestimmungen und ihre Behördenorganisation an.

3 Mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes sind die kantonalen Vorschriften, die ihm widersprechen, aufgehoben.

2. Abschnitt: Änderung und Aufhebung von Bundesrecht

Art. 60 1. Das Bundesgesetz über die Organisation der Bundesrechtspflege z> wird wie folgt geändert:

') SR 313.0 ^ SR 173.110

317

Landwirtschaftliche Pacht

Art. 100 Bst. m Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist ausserdem unzulässig gegen: m. auf dem Gebiete der Landwirtschaft: 1. Verfügungen über die Verkürzung der Pachtdauer, die parzellenweise Verpachtung und Zupacht und über den Pachtzins ; 2. Verfügungen über die Zuteilung, Klassierung und Taxierung von Käse; 2. Das Bundesgesetz vom 12. Juni 1951') über die Erhaltung des bäuerlichen Grundbesitzes wird wie folgt geändert: Fünfter Abschnitt: Pachtverhältnisse (Art. 23-27) Aufgehoben

Art. 44 Abs. l 1 Die Kantone bezeichnen die zuständigen Behörden für a. den Einspruch gegen Kaufverträge (Art. 19); b. den Entscheid über einen Einspruch (Art. 20); c. die Bewilligung zur Liegenschaftsvermittlung (Art. 22).

3. Das Obligationenrecht^ wird wie folgt geändert: .

A**. Landwirtschaftliche

Art. 275a (neu) Für Pachtverträge über landwirtschaftliche Gewerbe und über Grundstücke zur landwirtschaftlichen Nutzung gelten zudem die Sonderregelungen des Bundesgesetzes vom ...3> über die landwirtschaftliche Pacht, Art. 281 Randtitel

JII. Veräusserung des Pachtgegenstandes

Art. 2Slbis und 281ter Aufgehoben

D SR211.412.il > SR220

2

3

> AS ...

318

Landwirtschaftliche Pacht

Art. 284 Abs. 2 2

Er hat die kleineren Reparaturen nach Ortsgebrauch vorzunehmen, ferner die Gerätschaften und Werkzeuge von geringem Wert, die durch Alter oder Gebrauch untergegangen sind, durch andere zu ersetzen.

Art. 286 Randtitel II, Zahlung des Pachtzinses

Art. 287 Aufgehoben

G, Beendigung L Kündigungsrecht 1. Im allgemeinen

Art. 290 1 Sofern durch Vereinbarung oder durch Ortsgebrauch nichts anderes bestimmt ist, steht jedem Teil das Recht zu, das Pachtverhältnis unter Beobachtung einer Frist von sechs Monaten zu kündigen.

1 Mangels anderer Vereinbarung oder wenn nach der Art des Pachtgegenstands kein anderer Parteiwille anzunehmen ist, kann auf jeden beliebigen Terrain gekündigt werden.

Art. 292

III. Fortsetzung der Pacht

1

Ist nichts anderes vereinbart, so gilt der Pachtvertrag zu den gleichen Bedingungen jeweils für ein weiteres Jahr, wenn er nach Ablauf der vereinbarten Pachtdauer stillschweigend fortgesetzt oder auf den vertraglich' vereinbarten, gesetzlich zulässigen Termin nicht gekündigt wird.

2

Die fortgesetzte Pacht kann auf Ende eines Pachtjahres gekündigt werden. Die Kündigungsfrist beträgt sechs Monate.

Art. 296, 300 und 301 Aufgehoben 4. Das Bundesgesetz vom 21. Dezember I960 1 ) über die Kontrolle der landwirtschaftlichen Pachtzinse wird aufgehoben.

'> AS 1961 275, 1973 93

319

Landwirtschaftliche Pacht 3. Abschnitt: Übergangsbestimmungen Art. 61 1 Das Gesetz gilt mit Ausnahme der Bestimmungen über die Pachtdauer und die parzell en weise Verpachtung und Zupacht auch für Pachtverträge, die vor seinem Inkrafttreten abgeschlossen oder fortgesetzt wurden. Beginnt die Fortsetzung einer Pacht nach dem Inkrafttreten, gilt die neue Fortsetzungsdauer.

2 Lässt sich das Datum des Pachtantritts nicht mehr feststellen, so gilt der ortsübliche Frühjahrstermin 1973 als Pachtantritt.

-1 Wird der Pachtvertrag vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens oder auf ein späteres Datum gekündigt, so kann die betroffene Partei bis dreissig Tage nach dem Inkrafttreten des Gesetzes auf Erstreckung nach den neuen Bestimmungen klagen.

4 Hängige Klagen und Gesuche werden nach dem Recht beurteilt, das zur Zeit des Urteils oder Entscheids gilt.

3 Ein Vertrag über die Verpachtung eines zu einem Gewerbe gehörenden Grundstücks (parzellenweise Verpachtung), der zwischen dem I.Januar 1981 und dem Inkrafttreten dieses Gesetzes abgeschlossen oder wirksam wurde und der nach diesem Gesetz bewilligt werden müsste, gilt auf den 1. November des sechsten Jahres nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes als aufgelöst, wenn den Parteien für die parzellenweise Verpachtung die Bewilligung bis dahin nicht erteilt worden ist. Die Parteien haben keinen Anspruch auf den Ersatz des Schadens, der ihnen aus der Auflösung des Vertrages entsteht.

4. Abschnitt: Referendum und Inkrafttreten Art. 62 1 2

Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.

Der ßundesrat bestimmt das Inkrafttreten.

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Botschaft zu einem Bundesgesetz über die landwirtschaftliche Pacht (LPG) vom 11.

November 1981

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Bundesblatt

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Feuille fédérale

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Jahr

1982

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

08

Cahier Numero Geschäftsnummer

81.073

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

02.03.1982

Date Data Seite

257-320

Page Pagina Ref. No

10 048 572

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