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2926 Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Erteilung einer neuen Konzession für die Strassenbahn von Locamo nach Minusio (eventuell Gordola).

(Vom 80. Dezember 1932.)

Herr Präsident !

Hochgeehrte Herren !

Mit Eingabe vom 30. September 1982 stellt die Società Ferrovìe Eegionali Ticinesi das Gesuch, es möchte die mit Bundesbeschluss Tom 22. Dezember 1909 gewährte Ausdehnung der Konzession auf die Strecke S. Antonio (Station der Maggiatalbahn)-Platz S. Antonio aufgehoben werden, so dass die Strassenbahn ihren Anfang wieder bei der Station S. Antonio nehmen würde.

Die Bahngesellschaft begründet ihr Gesuch wie folgt: Der Betrieb der genannten Strecke sei absolut verlustbringend, weil die Anwohner sich dieser Verbindung nur selten bedienten. Der S. AntonioPlatz sei nämlich nur 250 m von der an der Tramlinie liegenden «Motta» entfernt, weshalb die Mehrzahl der Bewohner dieses Quartiers vorziehe, die Strecke zu FUSS zurückzulegen, statt den Umweg über die Station S. Antonio zu machen. Eine im Jahre 1926 durchgeführte und dieses Jahr wiederholte Zählung habe ergeben, dass von den täglich auf dieser Strecke ausgeführten 40 Kursen durchschnittlich 30 leer liefen und 10 nur einen ganz geringen Verkehr auf wiesen; die durchschnittliche Kursfrequenz betrage weniger als 0,4 Beisende.

Mit der Aufhebung der fraglichen Strecke haben sich sowohl die Gemeinde Locamo als auch der Staatsrat des Kantons Tessin einverstanden erklärt.

Auch unserseits ist dagegen nichts einzuwenden.

Da die Konzession bereits mehrmals abgeändert worden ist, wurde der Gesellschaft nahegelegt, im Interesse besserer Übersichtlichkeit zur Erteilung einer neuen Konzession Hand zu bieten. Mit Schreiben vom 2. November erklärt sich die Bahnverwaltung damit einverstanden.

Um den wechselnden Verhältnissen und Verkehrsbedürfnissen inskünftig rascher und auf einfachere Weise Eechnung tragen zu können, haben wir in Art. 22 die bereits in mehreren neuen Strassenbahnkonzessionen enthaltene

Bestimmung aufgenommen, dass der Bundesrat zuständig sei, die Gesellschaft zu ermächtigen neue Linien zu bauen, das Trasse der bestehenden Linien abzuändern, den Dienst auf einzelnen Strecken zu beschränken oder ganz einzustellen und gegebenenfalls die bezüglichen Einrichtungen zu beseitigen.

Die neue Konzession entspricht im übrigen dem Schema der neueren Konzessionen für Bahnen dieser Art und gibt uns zu weitern Bemerkungen nicht Anlass. Die Begierung des Kantons Tessin und die Bahnverwaltung haben dem Entwurf zugestimmt.

Wir beehren uns daher, Ihnen die Genehmigung des nachstehenden Besehlussesentwurfes zu empfehlen und benutzen auch diesen Anlass, um Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

Bern, den 80. Dezember 1932.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Motta.

Der Vizekanzler: Leimgruber.

10 (Entwurf.)

Bundes hoscliliiss über die

Erteilung einer neuen Konzession für eine Strassenbahn von Locamo nach Minusio (eventuell Gordola).

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht zweier Eingaben der Società Ferrovie Eegionali Ticinesi in Locamo, vom 80. September und 2. November 1982; einer Botschaft des Bundesrates vom 80. Dezember 1982, beschliesst: I.

Der Società Ferrovie Eegionali Ticinesi in Locamo wird eine neue Konzession für den Bau und den Betrieb einer Strassenbahn von Locamo (Station der Maggiatalbahn) nach Minusio (eventuell Gordola) unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen erteilt: Art. 1.

Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Die Bahn wird als Nebenbahn im Sinne des Bundesgesetzes vom 21. Dezember 1899 erklärt.

Art. 2.

Die Konzession erlischt am 80. April 1985, Art. 3.

Der Sitz der Gesellschaft ist in Locamo.

11 Art. 4.

Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrates oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

Der Bahnbetrieb ist durch schweizerisches Personal zu besorgen.

'Art. 5.

Die Ausführung von Bahnbauten sowie der zum Betrieb der Bahn erforderlichen Einrichtungen darf nur geschehen auf Grund von Ausführungsplänen, welche vorher dem Bundesrat vorgelegt und von diesem genehmigt worden sind. Der Bundesrat ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne, eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch die Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 6.

Die Bahn ist mit Spurweite von einem Meter und eingeleisig erstellt und wird mittelst Elektrizität betrieben.

In bezug auf die Benützung der öffentlichen Strassen für die Anlage und den Betrieb der Bahn gelten die Vorschriften des Gesetzesbeschlusses des Kantons Tessin vom 8. Juni 1899 und des Beschlusses des Stadtrates von Locamo vom 21, Januar 1905, soweit diese Vorschriften nicht mit der gegenwärtigen Konzession und der Bundesgesetzgebung im Widerspruch stehen.

Art. 7.

Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen usw., sind Eigentum des Kantons Tessin und an dessen Eegierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 8.

Den eidgenössischen Beamten, welchen die Überwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Teilen der Bahn, der Stationen und des Materials au gestatten, sowie das zur Untersuchung nötige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

Art. 9.

Der Bundesrat kann verlangen, dass Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klagen Anlass geben und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nötigenfalls entlassen werden.

12 Ebenso hat er das Becht, zu verlangen, dass Mitglieder der Verwaltung, welchen vorübergehend oder dauernd Punktionen eines Beamten oder Angestellten übertragen sind und die in der Ausübung derselben Anlass zu begründeten Klagen geben, dieser Funktionen enthoben werden.

Art. 10.

Die Gesellschaft übernimmt die Beförderung von Personen und Gepäck.

Art. 11, Der Gesellschaft ist im allgemeinen anheimgestellt, die Zahl der täglichen Züge und deren Kurszeiten festzusetzen. Immerhin sind alle Projekte, die sieh auf fahrplanmässige Züge beziehen, dem eidgenössischen Post- und Eisenbahndepartement vorzulegen und dürfen vor ihrer Genehmigung nicht vollzogen werden.

Die Fahrgeschwindigkeit der Züge wird vom Bundesrat festgesetzt.

Art. 12.

Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglement der schweizerischen Eisenbahn- und Dampfschiffunternehniungen zu unterziehen. Soweit sie Änderungen nötig findet, können solche erst eingeführt werden, nachdem sie vom Bundesrat genehmigt worden sind.

Art. 18.

Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung Wagen mit nur einer Klasse aufstellen, deren Typus vom Bundesrat genehmigt werden miiss.

Art. 14.

Für die Beförderung von Personen können Taxen bis auf den Betrag von 20 Eappen für den Kilometer der Bahnlänge bezogen werden.

Kinder unter vier Jahren sind taxfrei zu befördern, sofern für sie kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird.

Die Gesellschaft ist verpflichtet, zu Bedingungen die im Einvernehmen mit dem Bundesrate aufzustellen sind, Abonnementsbillette zu ermässigter Taxe auszugeben.

Art. 15.

Handgepäck wird taxfrei befördert, wenn es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann; soweit dafür besonderer Platz in Anspruch genommen wird, ist die entsprechende Personentaxe zu bezahlen.

Art. 16.

Bei Festsetzung der Taxen werden Bruchteile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet.

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Art. 17.

Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind besondere Réglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 18.

Der nach gegenwärtiger Konzession zulässige Höchstbetrag der Beförderungspreise ist verhältnismässig herabzusetzen, wenn der auf das Aktienkapital entfallende Jahresgewinn in sechs aufeinanderfolgenden Jahren im Durchschnitt und für jedes einzelne der drei letzten Jahre 6% übersteigt, sofern nicht die Gesellschaft den Bedürfnissen der Bevölkerung durch Gewährung anderer Preiserleichterungen oder durch Einführung von Verkehrsverbesserungen genügend Eechnung trägt. Kann hierüber eine Verständigung zwischen dem Bundesrat und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet die Bundesversammlung.

Wenn der Jahresgewinn in drei aufeinanderfolgenden Jahren 2% des Aktienkapitals nicht erreicht, erlangt die Gesellschaft ein Anrecht auf angemessene Erhöhung des nach gegenwärtiger Konzession zulässigen Höchstbetrages der Beförderungspreise. Über das Mass der Erhöhung entscheidet der Bundesrat.

Art. 19.

Die Gesellschaft ist verpflichtet: a. für Aufnung eines Reservefonds, dessen Mittel zur Bestreitung ausserordentlicher Ausgaben infolge von Naturereignissen, Unfällen und Krisen, sowie zur Deckung allfälliger Fehlbeträge dienen sollen, zu sorgen durch jährliche Bücklage von mindestens 5% des Jahresgewinnes, bis 10% des Aktienkapitals erreicht sind; b. für das Personal eine Krankenkasse einzurichten, oder es bei einer Krankenkasse zu versichern; o. für das Personal eine Dienstalterskasse oder Pensionskasse zu gründen, wenn der Jahresgewinn in drei aufeinanderfolgenden Jahren 4% des Aktienkapitals übersteigt; d. die Beisenden bei einer Anstalt oder einem Eisenbahnverband gegen diejenigen Unfälle zu versichern, für die sie gemäss den geltenden gesetzlichen Bestimmungen haftpflichtig ist.

Art. 20.

Für die Ausübung des Bückkaufsrechtes des Bundes oder, wenn er davon kehien Gebrauch machen sollte, des Kantons Tessin, gelten folgende Bestimmungen : a. Der Bückkauf kann frühestens 30 Jahre nach Eröffnung des Betriebes und von. da an je auf 1. Januar eines Jahres erfolgen. Vom Entschluss des Eückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte desselben Kenntnis zu geben.

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b. Durch den Bückkaui' 'wird der Bückkäufer Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsmateiial und aller übrigen Zugehör. Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensions- und Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn samt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten.

Sollte dieser Verpflichtung keine Genüge getan werden, so ist ein Verhältnismassiger Betrag von der Bückkaufssumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Bückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Januar 1940 rechtskräftig -wird, den 25fachen Wert des durchschnittlichen Beinertrages derjenigen zehn Kalenderjahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Bückkauf der Gesellschaft notifiziert wird, unmittelbar vorangehen -- sofern der Bückkauf zwischen dem 1. Januar 1940 und 1. Januar 1955 erfolgt, den 22%fachen "Wert -- wenn der Biickkauf zwischen dem 1. Januar 1955 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20fachen Wert des oben beschriebenen Beinertrages -- unter Abzug des Erneuerungsfonds.

Bei Ermittlung des Beinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzessionierte Bisenbahnunternehmuug mit Ausschluss aller andern etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

d. Der Beinertrag wird gebildet aus dem gesamten Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder dem Erneuerungsfonds einverleibt wurden.

e. Im Falle des Bückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Bückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

/. Streitigkeiten, die über den Bückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen, unterhegen der Entscheidung des Bundesgerichtes.

Art. 21.

Hat der Kanton Tessin den Kückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein Bückkaufsrecht, wie es in Art. 20 definiert wurde, jederzeit auszuüben, und der Kanton hat unter den gleichen Bechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der konzessionierten Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

Art. 22.

Der Bundesrat kann nach Anhörung der kantonalen Begierung die Gesellschaft ermächtigen, weitere Linien auf dem Gebiete des Bezirks Locamo

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zu bauen, die bestehende Linienführung abzuändern, den Dienst auf einzelnen Linien zu beschranken oder ganz aufzuheben und gegebenenfalls die bezüglichen Einrichtungen zu beseitigen, II.

Die Bundesbeschlüsse vom 31. März 1905, 12. Juni 1908, 22. Dezember 1909, 80. April 1920 und 28. April 1928 betreffend Konzession der elektrischen Strassenbahn von Locamo nach Minusio (eventuell Gordola) (EAS 21 70, 24 192, 25 399, 36 40 und 39 54) werden aufgehoben.

III.

Der Bundesrat ist mit dem Vollzüge dieses Beschlusses, der am in Kraft tritt, beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Erteilung einer neuen Konzession für die Strassenbahn von Locarno nach Minusio (eventuell Gordola). (Vom 30.

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