4 6

4

N o

5

# S T #

9

Bundesblatt

85. Jahrgang.

Bern, den 8.November 1933.

Band II.

Erscheint wöchentlich. Preis 20 franken im Jahr, l» Franken im Halbjahr, zuzüglich Nachnahme- and Postbestellungs bühr Einrückungsgebühr : 50 Rappen die Petitzeile oder deren Raum. -- Inserate franko an Stämpfli & C re, in Bern.

# S T #

3030

Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Ergänzung der Bewaffnung und Ausrüstung der Armee.

(Vom 8. November 1938.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen hiermit unseren Bundesbeschlussesentwurf über die Ergänzung der Bewaffnung und Ausrüstung der Armee zu unterbreiten.

I. Einleitung.

Solange die verfassungsmässige Pflicht des Bundes besteht, die Unabhängigkeit unseres Landes gegen jeden Angriff zu schützen, solange muss auch das diesem Zweck dienende Werkzeug, unser Volksheer, mit allen zur Erfüllung seiner Aufgabe notwendigen Mitteln ausgerüstet werden. Hier kann jede Halbheit, jeder blosse Schein zum Verhängnis werden; darüber gibt uns die Kriegsgeschichte eindringliche Kunde. Wohl sind vor allem seit Beendigung des Weltkrieges Kräfte am Werk, die mit dem Krieg für alle Zukunft aufräumen möchten; wohl werden gewaltige Anstrengungen gemacht, das jahrhundertalte Ideal eines allgemeinen Völkerfriedens zu verwirklichen. Aber gerade diese Anstrengungen des Völkerbundes, der Abrüstungskonferenz, aller auf dieses Ziel gerichteten Strömungen überhaupt haben deutlich gezeigt, dass wir von jenem Ideal noch weit enfernt sind. Unser Land kann sich daher vorläufig nicht der Pflicht entschlagen, seinen Bestand mit militärischen Machtmitteln zu schützen. Bekanntlich hat sich die Schweiz auch dem Völkerbund gegenüber zu allen Opfern bereit erklärt, ihr Gebiet unter allen Umständen, selbst während einer vom Völkerbund unternommenen Aktion, aus eigener Kraft zu verteidigen. Die derart auch völkerrechtlich festgelegte Pflicht zum Schutze der Unverletzlichkeit unseres Gebietes bedingt die ständige Bereithaltung einer .zur Abwehr allfälliger Angriffe befähigten Armee und damit auch der nötigen Bundesblatt.

85. Jahrg. Bd. II.

45

550 Ausrüstung. Dabei sind wir uns vollkommen darüber im klaren, dass sich diese Ausrüstung im Bahmen unserer begrenzten ·wirtschaftlichen und finanziellen Tragfähigkeit halten muss, und dass wir nicht in der Lage sind, uns alle die Kampfmittel zu beschaffen, mit denen etwa eine Grossmacht ihre Armee nach den Erfahrungen des Weltkrieges ausstattet. Das ist aber auch nicht nötig, weil sich die Aufgabe unseres Heeres in der Landesverteidigung erschöpft, und weil wir dabei von vorneherein mit den Vorteilen rechnen dürfen, die unser Gelände für diese Verteidigungsaufgabe bietet. Anderseits zwingt die Ausdehnung unserer Grenze dazu, mit verhältnismässig grossen Fronten zu rechnen, für deren Schutz unsere schwachen Bestände nur dann ausreichen, wenn wir1 ihre Feuerkraft durch die Zuteilung starker Kampfmittel ausreichend verstärken. Eingehende und langjährige Studien und Versuche führen dazu, Ihnen die folgenden Neuerungen vorzuschlagen und im einzelnen zu begründen: 1. Vermehrte Zuteilung von leichten und schweren Maschinengewehren an die Infanteriebataillone; 2. Zuteilung von Minenwerfern und Infanteriegeschützen an die Infanteriebataillone; 3. Neubewaffnung der Gebirgsartillerie; 4. Teilweise Neubewaffnung der schweren Motor-Kanonen-Abteilungen; 5. Beschaffung und Erneuerung von Flugzeugen.

II. Dio Infanteriewaffen.

1. Allgemeines.

Seit der Einführung des Mehrladegewehres lehrt die Geschichte der Kriege, vor allem des Burenkrieges und des Weltkrieges, dass die taktische Verteidigung aus der Verbesserung der S c h u s s w a f f e n der I n f a n t e r i e einen grossen Vorteil über den Angreifer gewonnen hat. Diese Verteidigungskraft der Infanterie ist ganz besonders durch die Maschinengewehre, die schweren und die leichten, um ein Mehrfaches gesteigert worden und hat bereitsim Weltkrieg und sodann in der Nachkriegszeit zu einer neuen Kampfweisegeführt.

Diese Entwicklung erscheint heute abgeschlossen, wenigstens für die Kriegsführung und die Kampfmittel, die für unsere Landesverteidigung voraussichtlich in den nächsten Jahrzehnten eine entscheidende Bolle zu spielen berufen sind.

Wir können jetzt schon abschätzen, welche Angriffsweise und welche Angriff swaffen in künftigen Kriegen zur Anwendung gelangen werden: Einmal bei Kriegseröffnung der rasche und überraschende Vorstoss tief ins Feindesland hinein, sodann gegenüber der abwehrbereiten Verteidigung der mächtige Feuerschlag und der Angriff mit beweglichen Kampfmitteln. Deswegen weiss man,.

dass heute unser Grenzschutz bis ins einzelne vorbereitet und wesentlich ver-

551

stärkt und unsere Infanterie mit allen erforderlichen Abwehrmitteln ausgestattet werden, muss.

Die Tatsache ist nicht abzustreiten, dass die Bewaffnung unserer Infanterie gegenüber derjenigen anderer Armeen beträchtlich im Bückstand ist. Sie besitzt heute, abgesehen von den schweren Maschinengewehren, keine schweren Waffen, obschon eine ausreichende Ausrüstung mit diesen Kampfmitteln gerade für unsere Armee von besonders grosser Bedeutung ist. Unsere artilleristische Büstung ist der der meisten andern Armeen erheblich unterlegen, sowohl nach der Gesamtzahl der Batterien wie auch nach ihrem Verhältnis zur verfügbaren Infanterie. Eine wesentliche Verbesserung dieses Verhältnisses erscheint uns zurzeit ausgeschlossen; wir müssen uns vorläufig damit begnügen, das veraltete Gebirgsgeschütz und wenigstens teilweise auch die schwere Motorkanone zu ersetzen. Mehr als anderswo muss daher bei uns die Infanterie die Hauptlast des Kampfes tragen und befähigt sein, mit eigenen Mitteln und ohne Mithilfe der Artillerie ein Gefecht durchzuführen. Dieser Forderung kommt unser Gelände zu Hilfe, das in manchen Gebieten den Einsatz bedeutender Artilleriemassen überhaupt ausschliesst oder doch sehr erschwert und der Zusammenfassung des Artilleriefeuers erhebliche Hindernisse in den Weg legt.

2. Die Maschinengewehre.

Die Vermehrung der Maschinengewehre ist ein erster notwendiger Schritt in der Entwicklung der Infanteriewaffen. Die zurzeit in unsern Auszugsbataillonen vorhandene Zahl von 24 (-)- 3 in Beserve) leichten und 9 bis 12 schweren Maschinengewehren entspricht eben bloss dem Mindestbedarf.

Denn im Zeichen der Maschinengewehrbewaffnung misst heute der einem Infanteriebataillon zugewiesene Kampfraum vielerorts 2000 Meter nach Breite und nach Tiefe. Für unsere Landesverteidigung verfügen wir über ein Gelände, das sich wie kaum ein anderes zum Einnisten und zum Überraschungsfeuer der Maschinengewehre eignet. Und wir sind in der Notlage, ausgedehnte Grenzen schützen und weitgespannte Kampffronten mit einer Minderzahl gegen eine Übermacht verteidigen zu müssen. Ausserdem sind die Maschinengewehre neben unsern Fliegern die einzigen ins Gewicht fallenden Abwehrwaffen gegen Fliegerangriffe. Deswegen ist eine Vermehrung der Maschinengewehre ein erstes, dringendes Gebot.

Diese Vermehrung betrifft sowohl die leichten
Maschinengewehre der Füsilierkompagnien als auch die schweren der Mitrailleurkompagnien.

Die grosso Ausdehnung des Bataillons bedingt heute noch mehr als bisher,, dass die Kommandanten der ins Gefecht eingesetzten Füsilierkompagnien stets.

eine Feuerkraft zur Hand haben, mit der sie ins Gefecht der kämpfenden Züge* bestimmend und helfend eingreifen können. Bisher mussten sie dazu auf leichte Maschinengewehre und auf Schützen ihrer Beservezüge greifen, erhielten aber in der Regel auch vom Bataillonskommandanten einen Mitrailleurzug zugeteilt.

Das waren Notbehelfe, die entweder die Reservekraft der Kompagnien ver-

552 brauchten oder die Feuerkraft der Bataillone schwächten. Bei der heutigen Front und Tiefe von Kompagnie und Bataillon ist dieser Weg nicht mehr gangbar, es ist vielmehr die Schaffung einer eigenen Feuerkraft der Kompagniekommandanten notwendig. Dazu kann man entweder dauernd einen Mitrailleurzug, also zwei bis drei schwere Maschinengewehre, organisatorisch der Füsilierkompagnie zuteilen, oder aber einen besonderen Feuerzug aus drei bis sechs leichten Maschinengewehren in der Füsilierkompagnie bilden.

a. Vermehrung der leichten Maschinengewehre.

Die zweite Lösung ist für die Organisation und Instruktion einfacher.

Dazu kommt, dass oft die grosse Leistungsfähigkeit der schweren Maschinengewehre, die weit vorne bei den Kampfkompagnien stehen, nur teilweise ausgenützt werden kann und dass ihre Beweglichkeit dort nicht ausreicht. Schon wiederholt ist der Gedanke aufgekommen, dass die leichten Maschinengewehre weiter hinten in der Hand des Kompagniekommandanten besser ausgenützt werden könnten. Allein die grössere Streuung, eine Folge der geringeren Standfestigkeit des leichten Maschinengewehres, stand dieser Verwendung im Wege.

Nun ist es aber in letzter Zeit gelungen, für die leichten Maschinengewehre L a f e 11 e n zu bauen, die dem Gewehr eine erstaunliche, dem schweren Maschinengewehr gleichwertige Präzision geben und folglich auch eine grössere Schussfolge aus grösseren Magazinen ermöglichen. Derart steht nun der Schaffung eines Feuerzuges des Kompagniekommandanten aus leichten Maschinengewehren nichts mehr entgegen; weder die Anzahl der Züge in der Kompagnie noch der Mannschaftsbestand sollen dadurch vermehrt werden. Dagegen wird eine Vermehrung der leichten Maschinengewehre auf 12 in jeder Kompagnie, also auf 86 im Bataillon, nötig, gegenüber 27 (einschliesslich drei Eeservegewehre, die wegfallen werden) bisher. Nach dieser Vermehrung ist die Kompagnie auch in der Lage, sich durch eigene Mittel gegen Flieger zu schützen; die neue Lafette eignet sich nämlich zur Feuerabgabe gegen Flieger und erlaubt sogar während des Marsches die sofortige Feuerbereitschaft zur Fliegerabwehr.

b. Vermehrung der schweren Maschinengewehre.

Aber auch das Bataillon muss zukünftig eine wirksame Fliegerabwehr organisieren können. Hiefür ist der Einsatz von nur zwei oder vier Gewehren ungenügend, es sind deren
vier bis acht notwendig. Dazu kommt, dass der Bataiilonskommandant stets auch über eine Eeserve von schweren Maschinengewehren verfügen soll; wir verweisenhier nochmals auf denimmodernen Gefecht den Bataillonen zugewiesenen ausgedehnten Kampfraum. Diese Überlegungen führen dazu, eine Vermehrung von schweren Maschinengewehren der Mitraüleurkompagnien von zwölf auf sechszehn vorzuschlagen. Organisatorisch wird sich dies leicht einführen lassen, indem der Zug, der heute drei Gewehre zählt, zukünftig deren vier erhalten soll.

Zusammenfassend würde somit das Bataillon nach unseren Vorschlägen über 86 leichte und 16 schwere Maschinengewehre verfügen, gegen-

553 über dem bisherigen Stand : 27 leichte und 9 bis 12 schwere. Darin liegt eine ganz erhebliche Verstärkung der Feuerkraft unserer Bataillone. Wir weisen nochmals nachdrücklich darauf hin, dass unser Gelände und unsere kleine Armee diese Verstärkung der mechanischen Kampfmittel notwendig machen.

Es soll in diesem Zusammenhang nicht versäumt werden, auf den moralischen Einfluss des Maschinengewehres im Gefecht hinzuweisen. Es ist eine Kriegserfahrung, dass jede Bewegung einer Truppe im wirksamen feindlichen Maschinengewehrfeuer unmöglich wird, und es ist auch bekannt, dass im Weltkrieg mehrfach ganze Bataillone wegen eines einzigen, gut aufgestellten Maschinengewehres tagelang liegen blieben. Aber auch der moralische Einfluss einer genügenden Ausrüstung mit solchen Waffen auf unsere Soldaten selbst wiegt schwer. Wenn wir gegenüber einem besser gerüsteten Feind Maschinengewehre nur in ungenügendem Masse besitzen, so löst dies unwillkürlich ein Gefühl der Unterlegenheit aus, ein Gefühl, das unter ungünstigen Verhältnissen leicht zum Zusammenbruch überhaupt führen kann. Wir dürfen unsero Truppe dieser Gefahr um so weniger aussetzen, als wir mit Bezug auf die artilleristische Büstung mit den andern Armeen nicht Schritt halten können. Was wir hier vorschlagen, liegt im Bahnien unserer Mittel. Die Vermehrung wird dadurch erheblich erleichtert, dass die bisherigen Beserven an Maschinengewehren zusammen mit den Gewehren, dio frei werden zufolge der in Aussicht genommenen Herabsetzung der Zahl der Bataillone, den Bedarf wenigstens zum Teil decken werden; die notwendigen Neuanschaffungen werden wir noch erwähnen.

3. Die schweren Infanteriewaffen.

Wir dürfen aber, wenn wir die Verantwortung für das Kriegsgenügen unserer Armee zu übernehmen gewillt sind, bei der vorgeschlagenen Vermehrung der Maschinengewehre nicht stehen bleiben ; vielmehr müssen wir unserer Infanterie auch die zur heutigen Gefechtsführung unerlasslichen schweren Kampfmittel in die Hand geben, und wir schlagen Ihnen deshalb die Einführung von Minenwerfern und Infanteriekanonen bei den Bataillonen vor.

Gegen die Maschmengewehrnester haben die Generalstäbe und Waffentechniker schon während des Krieges neue Gegenmittel gesucht und gefunden, die dem Angreifer wieder sichere Erfolgsaussichten verschaffen sollten, nämlich Minenwerfer,
Infanteriegeschütze, Tanks und Kampfflieger. Wir sind nach tmsern Mitteln und unserer Aufgabe nicht in der Lage, uns Angriffswaffen, wie schwere Artillerie, besondere Bombengeschwader und auch Tanks, zu beschaffen.

Wenn aber das Selbstvertrauen der Armee und das Vertrauen unseres Volkes in die politische und militärische Leitung des Landes nicht Schaden nehmen soll, dann ist es unerlässlich, dass die Truppe die zur Kriegsbereitschaft unserer Landesverteidigung und damit zur Sicherheit des Landes notwendigen, heute noch fehlenden Minenwerfer und Infanteriekanonen erhält, die für den Abwehrkampf ebenso unentbehrlich sind wie für den Angriff.

Unsere besondern politischen und militärischen Verhältnisse zwingen una, diese Bewaffnungsfrage unabhängig von ausländischen Vorbildern zu lösen.

554 In der Eegei sind zwar kleine Armeen gelohnt, sich in Büstungsfragen den grossen Armeen nach Massgabe ihrer Mittel anzupassen. Da diese aber vor allem ihre Angriffswaiten verbessern und vermehren, so ist Sache der. kleinen und schwachen Armeen in erster Linie die Beschaffung der Abwehrwaffen.

So hat Schweden seine Bataillone mit Minenwerfern ausgerüstet, in den Niederlanden und sogar im abrüstungsfreudigen Dänemark ist die Infanterie mit Minen-, werfern und Infanteriegeschützen bewaffnet. Das gleiche trifft zu für Belgien Polen, für die Tschechoslowakei usw. Uns ist mit den andern kleinen Staaten gemeinsam, dass wir das Schwergewicht der Abwehr auf die Infanterie legen müssen, weil wir Batterien und Fliegerabwehr nicht wesentlich vermehren können.

Nach den Kriegszügen der französischen Eevolut-ion und Napoleons und ebenso später nach den Feldzügen, die zur Einigung Deutschlands und Italiens führten, sind unsere damaligen verantwortlichen Stellen wiederholt in der Frage der Infanteriebewaffnung führend vorangegangen. Wir dürfen uns nicht scheuen, auch heute hierin eigene, selbständige Wege zu gehen. Ausgedehnte, ·günstig ausgefallene Versuche mit den in Frage kommenden neuen Waffen liegen vor.

a. Minenwerfer.

In seinem Bericht über den Aktivdienst 1914--1918 hat schon der Chef des Generalstabes der Armee, Qberstkorpskormnandant von Sprecher, auf die Notwendigkeit der Einführung von Minenwerfern in unserer Armee hingewiesen : «Es erscheint dringend erforderlich, der Frage der Minenwerfer dauernd die grösste Aufmerksamkeit zu schenken und die Aufstellung von Minenwerfer-einheiten nach Möglichkeit zu fördern und zu beschleunigen».

Schon im russisch-japanischen Kriege haben die Japaner für den Angriff auf befestigte Feldstellungen eine Art Minenwerfer verwendet. Auch Deutschland hatte bei Kriegsbeginn 1914 eine kleine Zahl Minenwerfer in seinem Heer eingestellt, mit der Absicht, diese im Kampf gegen permanente Festungen zu verwenden. Es handelte sich also ursprünglich um eine Waffe des Stellungskampfes, die aber nach dem Weltkrieg als leichte und mittlere Minenwerfer für den Bewegungskrieg beibehalten wurde, um den gedeckt liegenden Gegner und allgemein Ziele, die nur mit stark gekrümmter Flugbahn erreichbar sind, wie Maschinengewehrnester, Beobachtungsstellen und hinter Deckungen bereitgestellte
Beserven, treffen zu können.

Die Bedeutung des Minenwerfers für unsere Landesverteidigung ist ganz besonders gross. Einmal fehlt es uns an genügender Artillerie, die Minenwerfer stellen einen gewissen Ersatz für Geschütze dar. Sodann bietet unser Gelände viele Deckungen, einerseits für den Gegner, so dass dieser nur durch ein Steilfeucrgeschütz erreicht werden kann, anderseits für uns, so dass der Minenwerfer eng mit Infanterie zusammenwirken kann, während die Verbindung mit der Artillerie, vorab die Übermittlung der von der vordem Linie festgestellten Ziele durch den im Gefecht häufig versagenden Draht, viel zu viel Zeit in Anspruch nimmt. Damit können aber auch unsere an Zahl geringen Batterien für andere,

555

·wichtigere Aufgaben aufgespart werden. Man darf wohl sagen, dass uns die Beschaffenheit unseres Geländes geradezu die Verwendung von Minenwerfern auf zwingt.

Unsere Versuche mit Minenwerfern gehen auf mehrere Jahre zurück und sind zuletzt durch praktische und in allen Teilen befriedigende Erprobungen bei der Truppe zum Abschluss gelangt. Das heute vorliegende Modell eines Minenwerfers, das zur Einführung vorgeschlagen wird, besteht aus drei Hauptteilen, dem. Bohr mit einem Kaliber von 81 mm, einer Lafette in der Form eines Zweibeines, und einer Grundplatte. Das Gesamtgewicht des schiessfertigen Werfers beträgt rund 60 kg; er kann in drei Mannslasten von je rund 20 kg geteilt werden, so dass seine Verwendung auch im Gebirge überall möglich ist.

Der Minenwerfer ist gebaut als glattes, nicht gezogenes Geschütz, das Geschosse nach dem Pfeilprinzip verschiesst, d. h. Geschosse, die an ihrem hintern Ende mit Steuerflächen in Form von Flügeln versehen sind. Der Geschosskörper hat sogenannte Tropfenform, ist daher bezüglich Luftwiderstand günstig und erreicht mit guter Präzision eine Schussweite von rund 8000 m.

Mit dem Minenwerfer werden zwei Geschossarten verschossen : als Hauptgeschoss die normale Wurfgranate mit rund 3,6 kg Gewicht und starker Sprengladung, so dass die Wirkung am Einschlagpunkt in einem Umkreis von etwa 20 bis 30 m sehr erheblich ist ; als zweites Geschoss wird eine Wurfinine im Gewicht von etwa 6 kg verwendet, die aber nur eine Höchstschussweite von etwa 1200 m erreicht. Diese Wurf mine mit besonders grosser Sprengladung eignet sich zur Zerstörung von feldmässig gebauten Unterständen, besonders aber zur Zerreissung von Drahthindernissen.

Die Verpackung der Wurfgranate ist so angeordnet, dass ein Mann leicht drei Packungen mit je drei Geschossen tragen kann.

Der Minenwerfer wird ausschliesslich für den Bogenschuss verwendet, das heisst die Kohr-Elevation ist 45° oder mehr. Die Schiissabgabe erfolgt in der Weise, dass man das Geschoss, an dem sich die Schussladung befindet, von vorne in das Eohr einführt und fallen lässt. Es schlägt durch sein eigenes Gewicht auf eine Zündspitze, die die Schussladung entzündet und das Geschosg sofort wieder auswirft. Die Feuergeschwindigkeit ist dadurch sehr gross und kann bei geübter Mannschaft auf 20 bis 25 Schuss in der Minute gesteigert
werden. Um sich den verschiedenen Schussdistanzen anzupassen, werden sieben verschiedene Ladungen verwendet.

Der Minenwerfer entspricht unseren Anforderungen an Einfachheit, an geringes Gewicht und daher an eine grosse Beweglichkeit auch im Gebirge.

Er kann auf dem zweirädrigen Karren, wie er in der Infanterie schon verwendet wird, gefahren werden, man kann ihn auch auf einem Tragtier säumen und schliesslich genügen -- wie schon erwähnt -- drei Mann, um ihn von Hand zu tragen. Seine Verwendung bei der Truppe macht, wie die Versuche erweisen, keine Schwierigkeiten, seine Handhabung ist einfach, das Schiessverfahren ebenfalls. Eine Telephonausriistung wird nicht beigegeben, dagegen Entfernungsmesser, damit man sofort und überraschend ohne Einschiessen mit

556 dem Wirkungsfeuer beginnen kann. Im übrigen geben die beiliegenden Tabellen über das nötige Material Auf schluss, wir erlauben uns, für die technischen Einzelheiten darauf zu verweisen. Ebenso wird hier bezüglich der Kosten auf Abschnitt VI der Botschaft und die tabellarischen Zusammenstellungen verwiesen, und;wir möchten nur darauf aufmerksam machen, dass die Waffe selbst an und für sich billig ist und dass die Hauptausgabo auf die Munition entfällt, wie das ja auch bei der Artillerie der Fall ist.

Im Gegensatz zu andern Armeen ist bei uns ganz offensichtlich das Bataillon der Verband, welcher das Zusammenwirken der Infanteriewaffen zu gewährleisten hat. Unser Gelände ist in der Eegel zu stark zerschnitten, als dass die höhere Führung in die Einzelheiten des Gefechtes mit Minenwerfern eingreifen könnte. In manchen Fällen wird es sogar notwendig sein, diese Waffe dem einen oder andern Kommandanten einer Kampfkompagnie unmittelbar zu unterstellen. Dies führt dazu, dass nicht nur zwei oder drei Minenwerfer für das Bataillon nötig sind, sondern mindestens deren vier. Damit wird der Bataillonskornmandant in die Lage versetzt, an Kampfkompagnien Minenwerfer abzugeben und doch noch die Hälfte, einen Zug, in seiner Hand zu behalten.

Über die Organisation innerhalb des Bataillons wird weiter unten noch zu sprechen sein.

b. Inïanteriekanonen.

Die Infanteriekanone ist auch eine alte Waffe und wurde ursprünglich in grossem Ausmass als sogenanntes Bataillonsgeschütz verwendet, ebenfalls in der Meinung, der Infanterie für besondere Aufgaben eine Waffe mit grosser Feüerkraft zu geben. In den europäischen Armeen sind diese Geschütze im letzten Jahrhundert verschwunden, kamen aber dann im Weltkrieg wieder in Gebrauch, hauptsächlich zur Bekämpfung von eingebauten Maschinengewehren schon auf Entfernungen, auf welche diese selbst noch nicht feuern konnten; dazu genügten kleine Kaliber, wie z. B. das französische 37 mmInf anteriegeschütz.

Der Hauptgrund, warum heute die Wiedereinführung der Infanteriekanone zum Teil bereits geschehen ist, zum Teil vorbereitet wird, liegt aber in der Ausrüstung der Armeen mit gepanzerten K a m p f f a h r z e u g e n , seien es nun Strassenpanzerwagen oder sogenannte Tanks, die als eigentliche Angriffswaffen und in vielen Fällen als Bückhalt für die vorrückende Infanterie
schon im Weltkrieg verwendet wurden. Damit tritt für die Infanteriekanone an erste Stelle die Aufgabe der Tankabwehr. Noch vor zehn Jahren galt unser Gelände als schlecht gangbar für den Tank. Seither sind aber kleine und mittlere Tanks gebaut worden, die, überaus beweglich, auch im Gebirge verwendbar und immer mehr als entscheidende Angriffswaffe anzusehen sind.

Der raschbewegliche Tank, auch stark geschützte, bewaffnete Strassenpanzerwagen, können gegen uns schon zur Durchbrechung von Grenzschutz-und andern Vortruppen eingesetzt werden. Gegen diese Kampfmittel sind wir zurzeit sozusagen wehrlos, da unsere Artillerie schon genügend andere Aufgaben hat

557 und übrigens die Abwehr von Kampffahrzeugen durch Artillerie nur unter ganz besonders günstigen Umständen einen Erfolg verspricht. Durch die Abgabe einzelner Feld- oder Gebirgsgeschützo an Vorhuten usw. wird zudem unsere ohnehin schwache Artillerie verzettelt.

"Wir betonen nochmals, dass unser Gelände im allgemeinen nicht tanksicher ist, dass es vielmehr besonders im Mittelland ausgezeichnetes Kampfwagengelände gibt. Aber auch im Jura und sogar im Gebirge können einzelne Kampfwagen oder kleine Gruppen davon bei Truppen ohne Abwehrmittel Panik und Auflösung ganzer Verbände bewirken, wenn es ihnen gelingt, auf und neben den Strassen vorzudringen, bevor nachhaltige Zerstörungen oder Sperren angebracht werden konnten. Ganz besonders gefährlich sind die in einzelnen Armeen eingestellten leichten, schnellfahrenden Modelle. Man muss auch damit rechnen, dass einzelne Kampfwagen oder kleine Abteilungen marschierende Kolonnen in Planke und Eücken angreifen; derartigen Angriffen sind unsere Kolonnen vollkommen wehrlos ausgesetzt.

Wenn vielerorts die Versuche mit Infanteriekanonen noch nicht abgeschlossen sind, so hängt das einmal damit zusammen, dass man dort, wo auch grosse, schwergepanzerte Tanks abzuwehren sein werden, Gefahr läuft, Geschütze mit zu geringer Durchschlagskraft anzuschaffen. Bei uns sind wir im allgemeinen gegen die schweren Tanks durch unser Gelände geschützt; wo sie ausnahmesweise auftreten könnten, müssen wir Feldgeschütze einsetzen.

Ferner zögert man mit der Anschaffung einer Infanteriekanone, weil man vielerorts zu hoffen scheint, ein Geschützmodell zu bekommen, das sich gleichzeitig auch zur Fliegerabwehr eignet und ausserdem noch die Eigenschaften eines Minenwerfers auf weist.

In der Tat muss hier die Überlegung platzgreifen, dass sich nicht einmal eine Grossmacht, geschweige unser kleines Land den Luxus leisten kann, eine Waffe einzuführen, die nur für eine einzige Verwendungsart brauchbar ist. Es ist notwendig, dass man mehrere, mindestens zwei Aufgaben damit lösen kann.

Drei Verwendungsarten stehen dabei im Vordergrund, nämlich: Bekämpfung von Panzerwagen, Bekämpfung von Maschinengewehrnestern und lebenden Zielen und schliesslich die Flugabwehr. Dabei ist zunächst festzustellen, dass für die Bekämpfung von Tanks eine Kanone mit Kaliber zwischen 87 und 50 mm notwendig ist,
die ein Panzergeschoss mit sehr.grosser Anfangsgeschwindigkeit verschiesst und mit dem man nach den bisherigen Erfahrungen nicht nur die heute vorhandenen Panzerwagen ausser Gefecht setzen kann, sondern einen so grossen Leistungsüberschuss hat, dass auch verbesserte Panzerplatten, sofern eine solche Verbesserung heute noch möglich ist, durchschlagen werden können. Die bei uns durchgeführten langjährigen Versuche, auf die wir noch zu sprechen kommen, haben in Übereinstimmung mit der theoretischen Berechnung zu einem Kaliber von 47 mm als bestmögliche Lösung geführt.

Will man aber -- wie das verschiedene Konstrukteure taten -- die Tankabwehr mit der Fliegerabwehr zusamménkoppeln, so muse ein wesentlich kleineres

558 Kaliber, 20 bis 25 mm, gewählt werden. Diese Lösung ist aber nach unserer Meinung irrig aus folgenden Gründen: Die Tankabwehrwaffe soll möglichst klein sein und im Gelände so versteckt werden können, dass sie für den Gegner schwer erkennbar ist. -Will man ein Infanteriegeschütz haben, das gleichzeitig für die Flugabwehr brauchbar ist, so muss im Gegensatz zu diesem Erfordernis eine ziemlich hohe Lafette gewählt werden, da man ja eine Schwenkungsmöglichkeit von 360° haben muss mit Blevationen bis zur Senkrechten. Damit wird das Geschütz Verhältnismassig gross und schwerfällig und ist jedenfalls nicht mehr leicht zu decken.

Im weitern fallen die Tankabwehr und die Fliegerabwehr örtlich auseinander. Die Tankabwehr muss sich in der Eegel in den vordem Linien abspielen, an einem Ort also, wo der Flieger, sei es nun der tieffliegende Infanterieflieger, sei es der Bombenflieger, infolge der dünnen Besetzung kaum lohnende Ziele findet. Die Fliegerabwehr ist hauptsächlich weiter rückwärts notwendig, -dort wo noch geschlossene Truppenkörper vorhanden sind, wo sich Stabsquartiere, Depots und dergleichen befinden. Aus diesem Grunde müssten Schwierigkeiten entstehen beim Entschluss über die Zuteilung der Geschütze oder dann ergäbe sich eine Verzettelung der vorhandenen Waffen. Vor allem aber ist ein Kaliber von 20 bis 25 mm für eia Tankabwehrgeschütz zu wenig wirksam.

Anders liegt die Frage, wenn Tankabwehr mit Bekämpfung von Maschinengewehrnestern und von rasch verschwindenden Zielen verbunden werden soll.

Auch hier besteht ein Unterschied in der Verwendung; dieser Unterschied hat aber nur zur Folge, das für die zwei Aufgaben zwei verschiedene Munitionsarten nötig sind, nämlich die sogenannte Panzergranate für die Tankbekämpfung, anderseits die Langgranate, die man sowohl gegen Maschinengewehre wie gegen lebende Ziele verwenden kann.

Unsere Versuche, die auch hier auf mehrere Jahre zurückgehen, haben zu der soeben umschriebenen Lösung geführt. An einer aus dem Ausland stammenden 47 rmn-Kanone wurden weitgehende Umarbeitungen vorgenommen und das derart verbesserte Modell in verschiedenen Schulen und Kursen (zu gleicher Zeit wie der Minenwerfer) erprobt. Heute liegt ein Geschütz vor, das zu den einfachsten, besten und zugleich leichtesten Modellen gehören dürfte; besonders hervorzuheben ist die grosse
Präzision, die eine rasche und zweckmässige Lösung der an diese Kanone gestellten Aufgaben ermöglicht. Über die technischen Fragen geben die Beilagen Auskunft, wir beschränken uns hier auf die folgenden Iturzen Angaben: Auf einer Unterlafette, die als Spreizläfette gebaut ist und zugleich als Gabeldeichsel dient, ist eine horizontal schwenkbare Oberlafette aufgebaut.

Das Geschütz hat in Fahrstellung ein Gewicht von rund 290 kg und in Feuerstellung ein solches von 270 kg. Um es möglichst beweglich zu machen, sind die Eäder mit Gummibereifung versehen; dies gestattet, das Geschütz beispielsweise an einen Motorwagen anzuhängen und .mit grösster Geschwindigkeit fortzubewegen. Als übliche Transportarten sind vorgesehen: Pferdezug mit

559 ·einem Pferd; Verladen auf Saumtieren, wobei für ein Geschütz mit Ausrüstung drei Tiere notwendig sind; endlich in schwierigem Gelände Transport von Hand durch die Mannschaft.

Bei Verwendung der Panzergranate gegen Tanks schiesst die Infanteriekanone mit sehr gestreckter Flugbahn, mit kleinstmöglicher Flugzeit und ausreichender Durchschlagskraft auf Entfernungen bis 700 m; dieses Geschoss wiegt l,5 kg und hat nur eine kleine Sprengladung, die genügt, es nach Durchschlagen des Panzers in Splitter zu zerteilen. Für die Langgranate mit Splitterwirkung "(zirka 2,6 kg) wird eine etwas weniger gestreckte Flugbahn verwendet.

Die grösste nützliche Schussweite der Infanteriekanoiie beträgt rund 5 km mit einer sehr guten Präzision.

Unser deckungsreiches, durchschnittenes Gelände zwingt uns dazu, dem Bataillon mindestens zwei Infanteriekanonen zuzuteilen. Diese Zahl kann genügen, da immer einzelne Frontabschnitte den gegnerischen Tanks ausreichende Hindernisse entgegenstellen. Wo keine oder nur geringe Tankgefahr besteht, wie etwa im Gebirge, bildet die Infanteriekanone zusammen mit dem Minenwerfer einen Ersatz für die oft fehlende Artillerie.

c. Organisation.

Das Bataillon, das in unserem Gelände den eigentlichen Infanteriekampfverband darstellt, muss in sich alle Infanteriewaffen vereinigen, die leichten der Kampfkompagnien und die schweren Hilfswaffen des Bataillons. Die neue Bewaffnung des Bataillons würde nach unsern Vorschlägen umfassen: 36 leichte, 16 schwere Maschinengewehre, 4 Minenwerfer und 2 Infanteriekanonen.

Das Bataillon behalt seine drei Füsiherkompagnien und die Mitrailleurkompagnie wie bisher. Alle dem Bataillonskommando unterstellten Spezialisten, wie Nachrichtenzug, Infanteriegeschützzug, 2 Minenwerferzüge, Bataillonsspiel, Sanität, Traintruppe usw. werden in einer Kompagnie, der Stabskompagnie zusammengefasst. Es soll also nicht eine besondere Kompagnie der schweren Infanteriewaffen gebildet werden. Da die Minenwerfer und Infanteriekanonen zur Bedienung wenig Mannschaften brauchen, wird der Bestand des Bataillons trotz der Zuteilung neuer Waffen nicht erhöht.

III. Die Neiibewaffnung der Artillerie.

1. Allgemeines.

Die Artillerie hat im Weltkrieg in gewaltigem Masse an Bedeutung gewonnen. Es ist bekannt, dass alle kriegführenden Staaten gezwungen waren, ihre Artillerieausrüstung zu erneuern und vor allem zu vermehren. In seinem Bericht über den Aktivdienst 1914--1918 hat General Wille nachdrücklich darauf hingewiesen, dass in unserer Armee die Zahl der Batterien gegenüber der Zahl der Bataillone zu gering sei.

Zwei Fragen stehen vor allem im Vordergrund : Einmal die Erhöhung der Zahl der Batterien, zum andern die Erneuerung des Geschützmaterials.

560 Die erste Frage führt zunächst zur Feststellung, dass unsere Armee eine verhältnismässig schwache Artillerie besitzt. Wir haben, abgesehen von der Panzerartillerie der Festungen, nicht einmal das Verhältnis von einer Batterie auf ein Bataillon, während in andern Armeen 2 bis 8 Batterien auf ein Bataillon entfallen. Diese Tatsache würde eine wesentliche Vermehrung unserer Artillerie wünschbar machen. Wenn wir trotzdem von einem solchen Vorschlag absehen, so geschieht dies im Hinblick auf die Kosten, die zurzeit für eine starke Vermehrung der Artillerie kaum tragbar wären, ferner mit Bücksicht darauf, dass wir dadurch die Bestände der Infanterie herabzusetzen genötigt wären und endlich Mühe hätten, die genügende Anzahl von Pferden oder Motorfahrzeugen aufzubringen. Auch ist darauf zu verweisen, und das darf uns einigermassen beruhigen, dass eine mit starker eigener Feuerkraft ausgestattete Infanterie, deren Notwendigkeit wir weiter oben auseinandergesetzt haben, in der Lage ist, grosse Abschnitte auch ohne Artillerie dauernd zu halten, wenn sie ein Gelände aussucht, in dem die Wirkung selbst einer mächtigen Angriffsartillerie nicht zur vollen Geltung kommen kann. Solche Abschnitte sind aber in unserem Lande vorhanden, auch in der Hochebene, besonders aber in den meisten unserer Grenzgebiete, Es kann sich für uns von vorneherein nicht darum handeln, das artilleristische Küstzeug zu Grossangriffen im Stellungskrieg aus eigenen Mitteln bereit zu stellen. Aber wir müssen uns darauf vorbereiten, derartige Angriffe abzuschlagen und dem Feinde dort, wo er im Verlauf seines Vormarsches Blösseii bietet, offene Flanken zeigt oder sich wenigstens noch nicht gründlich festsetzen konnte, durch scharfen und überraschenden Angriff anzupacken. Wir bedürfen für diese Zwecke vor allem einer beweglichen Artillerie leichterer Kaliber mit schnellfeuernden Geschützen.

Diese Überlegung führt über zur zweiten oben erwähnten Frage der Ern e u e r u n g des Geschützmaterials. Da darf nun zunächst mit Genugtuung festgestellt werden, dass es in den letzten Jahren gelungen ist, die Masse unserer Artillerie, nämlich die Feldkanonen-Batterien, ohne L'mbewaffnung den neuen Anforderungen einigermassen anzupassen. Wir erwähnen in diesem Zusammenhang den Umbau der Lafetten aur Ermöglichung einer grosseren Elévation, die Einführung
von Geschossen mit mehrteiliger Ladung, von Spitzgeschossen und schliesslich die Einführung von Erhöhungsböcken, neuen Aufsätzen und die Verstärkung der Schussbrcmsc. Derart ist eine grössere Schussweite (10 bis 11 km) und vor allem eine bedeutend bessere Anpassungsmöglichkeit der Flugbahn der Feldkanonen an unser bewegtes G elände erreicht worden, 2. Die Gebirgsgeschütze.

Leider war es aus technischen Gründen unmöglich, auch unser 7,5 crnGebirgsgeschütz in ähnlicher Weise umzubauen, und wir besitzen daher zurzeit eine Gebirgsartillerie, die mit einer Eeichweite von nicht über 5 km den heutigen Anforderungen bei weitem nicht mehr entspricht. Der Ersatz dieses veralteten Materials muss heute für unsere Artillerie als die dringendste Frage bezeichnet werden.

561 Es ist etwa schon die Frage erhoben worden, ob es angesichts der grossen Eeichweite und der Biegsamkeit der Geschossbahn moderner Geschütze überhaupt noch nötig sei, eine besondere Gebirgsartillerie aufzustellen. Diese Frage ist indessen unbedingt zu bejahen. Wir können uns zunächst darauf berufen, ·dass alle Armeen, die die Erfahrungen des Weltkrieges hinter sich haben, über Gebirgsgeschütze verfügen. Für unsere besondern Geländeverhältnisse können vor allem wir nicht darauf verzichten. Wir brauchen Batterien, die der Truppe im Gebirge folgen, deren Geschütze gebastet werden können. Die Zusammenarbeit im Tal stehender Batterien mit den auf Kämmen und Pässen kämpfenden Truppen ist eben auch dann in Frage gestellt, wenn die Aufgabe rein schiesstechnisch zu lösen wäre. Wir können also auf die wenigen Gebirgsbatterien, ·die wir besitzen, nicht verzichten.

Dabei muss zunächst die Vorfrage abgeklärt werden, ob man nicht statt ·Gebirgskanonen Gebirgshaubitzen haben sollte. Hierzu ist festzustellen, dass sich der Begriff Haubitze und Kanone in den letzten Jahren sehr stark verwischt hat. Die Eigenschaften, die man früher als Merkmal der Haubitze angesehen hat (Bichtwinkel bis zu 45° und mehrteilige Ladungen), besitzen heute .die meisten Kanonen ebenfalls, und wenn man einen Unterschied machen will, so kann man ihn nur noch im Kaliber und im Geschossgewicht finden. Ganz besonders für Gebirgsgeschütze ist der Satz von Bedeutung: Je grösser das Kaliber, um so kürzer das Bohr, um so kiemer die Schussweite und um so geringer die verfügbare Schusszahl, weil für den Transport bestimmte Gewichtsgrössen nicht überschritten werden können und weil die Schusszahl vor allem im Gebirge abhängt von der für eine Gebirgsbatterie noch zulässigen Anzahl Tragtiere. Betrachtet man beispielsweise die Verhältnisse von zwei Gebirgsgeschützen vom Kaliber 7,5 und 9 cm, so ist festzustellen, dass die Schussweite beim grössern Kaliber 7 bis 7,6 km beträgt, beim kleinern 9 bis 10 km, und dass sich die Schusszahl bei gleicher Anzahl Tragtiere im Verhältnis von 10: 6 ändert : von der schwereren Munition kann man 6 Schuss auf ein Tragtier laden, von der leichteren dagegen 10.

Die Frage des Ersatzes unserer heutigen Gebirgsgeschütze wurde von den .zuständigen Abteilungen des Militärdepartementes schon seit einer Beihe von Jahren
geprüft; sie drängte sich schon deswegen auf, weil auch die 2. und 4. Division je eine Gebirgsartillerieabteilung erhielten. Man stellte dabei nicht etwa auf die Vorführungen einzelner Geschütze in den Fabriken und auf deren Schiessplätzen ab, sondern beschaffte von zwei Modellen je eine Batterie, und zwar die eine von den Skodawerken in der Tschechoslowakei und die andere von den Boforswerken in Schweden. Mit diesen beiden Batterien, die zugleich als Korpsmaterial bei der 8. und 6. Division eingestellt wurden, konnten während zwei Jahren bei der Truppe Erfahrungen gesammelt werden. Ausgedehnte Schiessversuche und Verwendung der Geschütze in Eekrutenschulen, Unteroffiziersschulen und Wiederholungskursen führten zu einer Anzahl Umänderungen, und es liegen heute zweckmässige und erprobte Modelle vor, so dass nunmehr der Entscheid über die Neubewaffnung der Gebirgsartillerie getroffen

562 werden kann. Die Eigenschaften dieser Modelle lassen sich umschreiben wie* folgt: 1. Kaliber 7,5 cm -wie bis anhin, doch werden an Stelle des bisherigen leichteren Geschosses des Gebirgsgeschützes die sämtlichen Geschossarten der Feldkanone verwendet. Dies bedeutet eine erhebliche Vereinfachung der Munitionsfabrikation und des Munitionsnachschubes, denn die bisher vorhandenen drei Geschossarten der alten Gebirgsartillerie werden zukünftig wegfallen.

Die Schussladung, die bei der heutigen Gebirgsartillerie nur einteilig war, besteht nun aus fünf Teilladungen, wodurch die Möglichkeit weitgehender Anpassung der Flugbahn an das Gelände besteht und tote Winkel praktisch kaum mehr vorkommen werden.

· · 2. Die grösste Schussweite ist 9 bis 10 km, in grossen Ortshöhen eher noch etwas grösser. Die Batterien haben daher im Gegensatz zu den heutigen Gebirgsgeschützen viel grösseren Spielraum in der Wahl verdeckter Stellungen..

8. Die Geschütze werden in je acht Bastlasten zerlegt gegenüber fünf Lasten beim heutigen Geschütz. Keine der Lasten hat ein grösseres Gewicht als rund 110 kg ohne Sattel, gegenüber 125 kg als schwerster Last beim heutigen Gebirgsgeschütz. Es ist selbstverständlich, dass bei der erhebhch grösseren Leistung das Gesamtgewicht grösser werden musste; aber die Vermehrung um drei Bastlasten darf in Kauf genommen werden angesichts der Verdoppelung der Schussweite.

4. Es besteht die Möglichkeit, das Geschütz bespannt zu fahren, wobei verschiedene Spielarten möglich sind: Fahren mit dem ganzen Geschütz,.

Fahren mit einem Teil und Verladen des andern Teils auf Tragtieren, und endlich kann man auch mit den in zwei Einheiten zerlegten Geschützen fahren.

3. Die schweren Motorkanonen.

Ein weiteres dringliches Erfordernis ist die Ersetzung unserer 12 cmMotorkanonen. Dieses Geschützmaterial, das heute über 50 Jahre alt ist, galt schon bei Beginn des Weltkrieges als veraltet. In dem oben erwähnten Bericht des Chefs des Generalstabes über die Mobilmachung 1914 bis 1918 wird zu dieser Frage kurz und bündig erklärt : «Unsere 12 cm-Kanonen sind veraltet und sollten gelegentlich verkauft werden. Der Erlös muss mit Hilfe eines entsprechenden Ergänzungskredites zum Ankauf einiger langer Kanonen dienen». Seitdem sind zwei Jahrzehnte ins Land gegangen, ohne dass unser altes Positionsgeschütz verabschiedet worden wäre. Es wurde allerdings versucht, seine Verwendbarkeit durch Radgürtel und Motorisierung zu verbessern, doch sind da» Notbehelfe, die aus der 12 cm-Kanone kein modernes Geschütz gemacht haben..

Über die Notwendigkeit, neben dem Feldgeschütz eine mittelschwere Kanone mit grösserer Schussweite zu haben, sind die Sachverständigen einig.

Unsere 12 cm-Motorkanonen-Abteilungen sind den schweren Artillerie- und den Motor-Artillerie-Begimentern zugeteilt ; sie bilden das artilleristische Schwergewicht in der Hand des Armee- oder Armeekorpskommandanten und werden;

563 dort eingesetzt, wo die Entscheidung gesucht wird- Soll aber das Feuer auf die wichtigsten Abschnitte vereinigt werden können, so müssen die Geschütze eine genügende Reichweite haben, eine grossere jedenfalls, als sie die Feldgeschütze besitzen. Ferner müssen diese weittragenden Geschütze eine grosse Feuergeschwindigkeit haben, um an die entscheidenden Stellen ein Feuer von genügender Schlagkraft hinlegen zu können. Schliesslich ist gerade für unsere an Artillerie arme Armee die Beweglichkeit dieser weittragenden Geschütze als Voraussetzung einer raschen und überraschenden Verschiebung unbedingt notwendig. Alle diese Eigenschaften fehlen unserer 12 em-Kanone: Das Geschütz hat eine starre Lafette und bewegt sich bei jedem Schuss ziemlich stark rückwärts, so dass es jeweilen neu gerichtet werden muss. Die Feuergeschwindigkeit ist demzufolge gering und kann höchstens mit l Schuss in der Minute angenommen werden, wenn man eine ganz gut ausgebildete Mannschaft voraussetzt. Es ist wohl richtig, dass im allgemeinen auch im Kriegsverhältnis im Durchschnitt mit Feuergeschwindigkeiten geschossen wird, die eher kleiner sind, aber man verlangt heute, dass in entscheidenden Momenten während kurzer Zeit ein sehr rasches Feuer abgegeben werden kann. Das Material ist nicht nur technisch veraltet, sondern es ist auch müde ; abgesehen davon, dass man vor 60 Jahren die Materialqualitäten nicht kannte, die man heute hat, sind durch den jahrelangen Gebrauch die Geschütze, vielleicht abgesehen von den Rohren, soweit geschwächt, dass man bei längerem Feuer immer wieder mit erheblichen Störungen rechnen muss, die wohl in den meisten Fällen behoben werden können, die Geschütze aber jedenfalls während einiger Zeit ausser Gefecht setzen.

Kein ballistisch wäre das Geschütz noch gut, abgesehen davon, dass die Schussweite zu klein ist. Es ist gelungen, durch sehr eingehende Versuche mit modernen Geschossformen die grösste Schussweite bis auf etwas über 10 km zu steigern und im Hinblick auf die dabei erreichte gute Präzision kann das Geschütz als Notbehelf auch heute noch verwendet werden.

Für unsere Verhältnisse haben wir nicht das Bedürfnis, ein schwereres Material als bis anhin einzuführen; wir brauchen darum nicht über das Kaliber 12 cm hinauszugehen, sondern können im Gegenteil eher etwas darunter bleiben. Eine ähnliche
Entwicklung wurde in fast allen Staaten durchgemacht und dasjenige Kaliber mittlerer Artillerie, das heute am weitesten entwickelt ist, dürfte dasjenige von 10,s cm sein, das ja auch von der Abrüstungskonferenz nicht ohne Grund als obere Grenze vorgeschlagen wird.

Betrachten wir eine moderne 10,5 cm-Kanone im Vergleich zu unserer heutigen 12 cm-Kanone, so sehen wir folgendes: Das Geschützgewicht ist nahezu gleich, zwischen 8000 und 8500 kg.

Das Geschossgewicht, das bei der 12 cm-Kanone zirka 18 kg beträgt, geht bloss um 2 kg auf 16 kg herunter; es ist also, wenn man das Kaliber be^ rücksichtigt, verhältnismässig erheblich schwerer.

Die Schussweite erhöht sich von 10,5 km auf 17 km.

Die mögliche Schusszahl in der Minute geht von l Schuss auf 15 bis 20 Schuss.

564

Die neuen Geschütze haben, was selbstverständlich ist, Bohrrücklauf, so dass sich die Lafette beim Schuss praktisch nicht bewegt; man vorwendet allgemein sogenannte Spreizlafetten, die ehi Seitenrichtfeld von 50--60° gestatten, so dass man, ohne das Geschütz zu verstellen, mit dem Feuer sehr weitgehende seitliche Schwenkungen vornehmen kann.

Der Höhenrichtbereich geht normalerweise bis mindestens 45°, und man kann eine grosse Anzahl Teilladungen verwenden, so dass man sich mit der Flugbahn den Schussdistanzen und dem Gelände in weitgehendem Mass anpassen kann.

Es gibt allerdings noch schwerere Modelle von 10, B cm-Kanonen, die eine Schussweite bis gegen 20 km haben. Diese Geschütze haben aber ein Gewicht von 5000 kg und sind darum für unsere Verhältnisse weniger geeignet. Im .weitern benützt man, um die grosse Schussweite zu erhalten, Anfangsgeschwindigkeiten bis zu 850 m in der Sekunde (unsere 12 cm-Kanone hat eine maximale Anfangsgeschwindigkeit von 510 m und unsere Feldkanone eine solche von 585 m), wobei notgedrungen sehr hohe Gasdrücke in Kauf genommen werden müssen, durch die eine verhältnismässig rasche Abnützung der Bohre erfolgt.

Wir vertreten die Auffassung, dass dies übersteigerte Leistungen sind (eine Folge der Konkurrenz der Kanonenfabriken), die sich militärisch nicht zweckmässig auswirken. Die Frage des Geschützgewichtes und der Umstand, dass man ein Material haben will, das wenn möglich ebensolang gute Dienste leistet, wie die heute im Gebrauch befindliche 12 crn-Kanone, führen dazu, das soeben beschriebene mittelschwere Geschütz zur Annahme zu empfehlen.

Der Transport des Geschützes ist in genau gleicher Weise gedacht wie derjenige der 12 cm-Kanone, d. h. das Geschütz wird in den motorisierten Batterien an einen Lastwagen direkt angehängt, unter Umständen mit Zwischenschaltung .einer kleinen Fahrprotze. Wenn man dagegen mit dem heutigen Geschützmaterial eine Durchschnittsgeschwindigkeit von rund 7 km in der Stunde und eine Höchstgeschwindigkeit von 10 bis 12 km auf ganz guten Strassen nicht überschreiten darf, weil sonst die Lafettierung viel zu stark leidet, so sind die modernen Geschütze mit gefederten Achsen und Vollgummibereifung versehen, so dass man Höchstgeschwindigkeiten von 20 bis 40 km entsprechend der Leistung der Zugwagen, und Durchschnittsgeschwindigkeiten von über
15 km einhalten kann, ohne dass das Material dadurch zu stark beansprucht würde.

Diese Geschwindigkeiten sind im Gegenteil sogar für das Motorwagenmaterial sehr erwünscht, denn die Notwendigkeit, mit der alten Kanone in ganz langsamen Tempo zu fahren, zwingt zum Gebrauch der kleinen Übersetzung der Motoren, wodurch diese sich sehr stark abnützen.

Mit Bücksicht auf die grossen Kosten verzichten wir auf den Antrag, unsere gesamte schwere Artillerie auf einmal zu erneuern, wir schlagen vielmehr vor, dies schrittweise zu tun in dem Sinne, dass vorerst von 25 alten Batterien bloss 8, also rund % mit neuen Geschützen ausgerüstet würden. Für diese Erneuerung bedarf man lediglich der Geschütze und der dazu passenden Munition. Was diese letztere anbetrifft, so ist es nicht notwendig, einen grossen

565 besondern Kredit hierfür zu verlangen. Da 8 alte Batterien in Reserve gestellt werden, kann ein entsprechender Munitionsbestand verbraucht werden, ohne ihn ersetzen zu müssen; als Ersatz würde man aber Munition für die neuen Geschütze anfertigen. Diese neue Munition ist nun allerdings etwas teurer als die alte, denn die Sehussladung ist viel grösser und man muss eine Messinghülse dafür verwenden, die man heute bei der 12 cm-Kanone nicht hat, wodurch Mehrkosten entstehen, trotzdem dio Geschosse selbst wegen ihres geringeren Gewichtes etwas billiger werdend Das ganze übrige Korpsmaterial der Batterien bleibt, wie es heute ist.

Es ist auch nicht eine Vermehrung der Mannschaftsbestände notwendig, gegenteils dürfte es möglich sein, den Bestand etwas herabzusetzen, weil es viel leichter ist, mit dem neuen Material umzugehen als mit dem alten.

IV. Die Beschaffung und Erneuerung von Flugzeugen.

Schon in der Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Beschaffung von Plugzeugen usw. vom 13. Dezember 1929 (Bundesbl. 1929, III., S.577) wurde auf die Tatsache der beständigen starkenEnt~ wicklung des Flugwesens und der sich daraus ergebenden raschen Veraltung der Flugzeuge hingewiesen. Dort wird auch ausdrücklich die Pflicht betont, dafür zu sorgen, dass wir der nie stillestehenden Entwicklung wenigstens einigermassen zu folgen vermögen.

Der gewaltige Aufschwung, den das Flugwesen im letzten Kriege erfahren hat, die iiachkriegszeitliche Auswertung der Kriegserfahrungen und die technische Entwicklung der letzten Jahre haben die Flieger vom Hilfsmittel, das sie anfänglich waren, zur Waffe und zum notwendigen Bestandteil der Landesverteidigung werden lassen. Keine Armee kann heute auf ihre fliegenden Augen, kein Volk auf den Luftschutz der Flieger verzichten. Bei keiner andern Waffe aber ist der Wirkungsgrad so stark von der materiellen Ausrüstung abhängig wie bei den Fliegern. Sie können den Aufgaben, deren Lösung die Landesverteidigung von ihnen verlangt, nur dann gerecht werden, wenn sie über voll kriegstaugliche Flugzeuge verfügen.

1. Aufgaben der Flieger.

Ganz allgemein und ohne Rücksicht auf unsere besondern Verhältnisse lassen sich die Aufgaben der Flieger wie folgt gruppieren: 1. Operative und taktische Aufklärung, 2. Bekämpfung feindlicher Luftstreitkräfte zur Sicherung der eigenen und zur Hinderung der gegnerischen Aufklärung, S. Bekämpfung taktischer Erdziele, 4. Bombardierungsflüge als Angriff auf den Kriegswillen des Gegners, 5. Luftabwehr gegnerischer Angriffe nach 3. und 4., 6. Verbindungsflüge.

Bundesblatt. 85. Jahrg. Bd. II.

46

566 Auf unsere besondern Verhältnisse bezogen, kann zu. den soeben umschriebenen Aufgaben der Flieger folgendes gesagt werden: Die operative und taktische A u f k l ä r u n g ist uach für unsere Verhältnisse eine der -nichtigsten Aufgaben.

Der Einsatz von besonderen Fliegerkräften zur B e k ä m p f u n g feindlicher L u f t s t r e i t k r ä f t e für beschränkte Zeit über bestimmten Bäumen ist unerlässlich für die Durchführung der eigenen Aufklärung und in allen Fällen, wo Bewegungen der eigenen Truppen dem feindlichen Einblick entzogen werden müssen.

Die fliegerische Bekämpfung von Erdzielen, die mit den Ereignissen an der Front in direktem Zusammenhang stehen, ist eine Aufgabe, die unbedingt auch wir ins Auge fassen müssen, wenn auch mit beschränkten Mitteln und unter Ausschluss von Grasgeschossen. Der Einsatz von Fliegern kann hier nicht nur gewinnbringend, sondern unter Umständen von entscheidendem Einfluss sein.

Alle Flugzeugarten müssen für diese Aufgabe verwendet und gegen Erdziele eingesetzt werden können, wo es um die Entscheidung geht.

Für den Luftkrieg als Angriff auf den Kriogswillen des Gegners (Bombardierung von Industrie- und Bevölkerungszentreii in Feindesland) dagegen wären besondere, selbständige Luftstreitkräfte notwendig. Solche zu schaffen und zu erhalten ist dein Kleinstaat schon der Kosten wegen nicht möglich. Diese Art der Luftkriegt'ührung ist daher nicht vorgesehen; sie würde auch über die Aufgaben unserer Landesverteidigung hinausgehen.

Gegenwärtig stehen auch den Grossstaaten die Mittel nicht zur Verfügung, die notwendig sind, um mit einer selbständigen Luftflotte die Kriegsentscheidung herbeizuführen. Es muss aber, insbesondere beim Kleinstaat, damit gerechnet werden, dass der Gegner dieses Ziel zu. erreichen sucht; dementsprechend sind auch die Abwehrmittel bereitzustellen. Unsern Fliegern fällt als dringendste und erste Aufgabe zu, die Mobilmachung der Armee, dann aber auch wichtige Zentren gegen Überfälle aus der Luft zu schützen.

Die Flieger müssen ferner über und hinter der Front die Verbindungen sichern, wenn andere raschere Verbindungsinittel fehlen oder die persönliche Fühlungnahme notwendig ist.

2. Die Art der Flugzeuge. Fliegerabwehr.

Die unserer Fliegertruppe zugewiesenen. Aufgaben müssen, uni Zersplitterung zu vermeiden, mit möglichst wenig
Flugzeugtypen gelöst werden.

Das Aufklärungsflugzeug kann auch als rasches Angriffsflugzeug für die Bekämpfung taktischer Erdziele verwendet werden. Fast alle Aufgaben der Flieger aber müssen entweder mit Jagdflugzeugen gelöst werden, oder ihre Lösung bedarf der Mitwirkung der Jagdflieger. Diese sind -- nach dem bisherigen Stand der Technik -- die eigentlichen Träger des Luftkampfes und. ermöglichen erst die nutzbringende Verwendung anderer Flugzeugarten.

Nach den im letzten Kriege gemachten Erfahrungen war der Jagdflieger das beste Fliegerabwehrmittel, der Wirkungsgrad der Abwehrbatterien liess

567 sehr zu wünschen übrig. Das war -- zusammen mit den verhältnismässig hohen Kosten -- der Grund, weshalb wir bis heute glaubten, die Aufstellung einer Fliegerabwehrartillerie umgehen zu können. Es darf aber nicht unerwähnt bleiben, dass die Geschwindigkeit der Flugzeuge stetig gesteigert wird und auch mehr als bisher ihre nächtliche Verwendung vorgesehen ist. Auf der andern Seite hat die Entwicklung der Abwehrartillerie in den letzten Jahren gewaltige Fortschritte gemacht. Diese Tatsachen zwingen uns, im Hinblick auf unsere kleinen Abwehrräume und Verfolgungsdistanzen, der Erdabwehr die ihr heute zukommende vermehrte Bedeutung beizumessen, wie das gegenwärtig in andern Kleinstaaten geschieht. Es wird notwendig sein, die Frage der artilleristischen Fliegerbekämpfung aufs sorgfältigste zu prüfen und xu verfolgen.

3. Die Erneuerung der Flugzeuge und Bereitstellung der Mittel.

Aber selbst wenn es uns möglich wäre, in der Zukunft eine ArtillerieErdabwehr in wünschbarem Umfange auszubauen und dadurch die Flieger zu entlasten, ist das Ausmass der diesen im Kampf der verbundenen Waffen und für den Heimatschutz zufallenden Aufgaben so gross, dass sie bei der gegenwärtigen zahlenrnässigen Stärke nicht allen Anforderungen gerecht werden können; eine Vermehrung der Flugzeuge ist daher wünschenswert. Unter allen Umständen muss der erreichte Eüstungsstand erhalten werden. Es wäre widersprechend, im Sinne einer genügenden Landesverteidigung die Neu- und Umbewaffnung der Infanterie und Artillerie zu beantragen und gleichzeitig das Mittel für den wirkungsvollen Einsatz dieser Waffen, die Augen der Truppenführung, die Flieger, zu schwächen. Eine Schwächung des Flugzeugbestandes tritt aber zwangsläufig ein, wenn die Mittel für die Erneuerung des Flugmaterials nicht bereitgestellt werden.

Die Erneuerung aber, und zwar eine verhältnismässig kurzfristige Erneuerung, ist unvermeidlich, einmal weil die Flugzeuge im Vergleich z. E. zu einem Gewehr oder einem Geschütz eine kurze Lebensdauer haben und sodann, weil die technische Entwicklung des Flugzeugbaues derart rasch vorschreitet, dass ein heute ganz modernes Flugzeug nach einer Eeihe von Jahren in seinen Leistungen von neuem Material überholt wird, veraltet, und seine Fronttauglichkeit einbüsst. Von besonderer Bedeutung ist dabei der Umstand, dass der Eintritt
der Veraltung unserer Flugzeuge in diesem Sinne sozusagen vollständig abhängt von der Entwicklung des Flugzeugbaues und der Flugzeugbeschaffung in unsern Nachbarländern. Die Kriegstüchtigkeit unserer Flugzeuge hängt also im wesentlichen davon ab, was unsere Nachbarstaaten besitzenAus all diesen Erwägungen können auch wir uns dem durch die stete Entwicklung bedingten Gesetz über die Matenalerneuerung nicht entziehen.

Wenn wir auch mit Rücksicht auf die finanzielle Tragweite danach trachten, auf Kosten der Neuheit unserer Flugzeugtypen die zeitliche Ausdehnung der Erneuerungsperioden nach Möglichkeit hinauszuschieben, so darf doch dabei ein gewisses Höchstmass nicht überschritten werden ; dies um so mehr, als unsero

S68 Armee eine zeitweilige Unterlegenheit der Ausrüstung nicht durch Masseneinsatz ausgleichen kann, sondern mehr als eine Grossmacht auf die fortwährende volle Kriegstüchtigkeit beschränkter Mittel angewiesen ist.

"Wie rasch eine Flugzeugart infolge von Überholung durch Neukonstruktionen so veraltet, dass. sie ihrer Aufgabe nicht mehr KM genügen vermag, lässt sich mit Bestimmtheit nicht sagen. Bisher rechnete man mit einer Frist von etwa einem Jahrzehnt, wobei nicht ausgeschlossen ist, dass sich diese Frist zukünftig eher verlängert infolge grösserer Stetigkeit der Entwicklung. Man wird sich überhaupt richtigerweise vor Augen halten, dass die Veraltung nicht mit einem. Schlage eintreten wird, dass wir es vielmehr auch hier mit einer je nach Umständen langsamer oder schneller verlaufenden Entwicklung zu tun haben. Zwischen einem neuen Modell höchster Leistungsfähigkeit, das allem Vorhandenen überlegen ist, und dem alten Material, das nicht mehr an die Front geschickt werden darf, weil es dort ohne jeden Nutzen dem sichern Untergang geweiht' wäre, bestehen natürlicherweise eine Menge von Abstufungen. Nicht-jeder neue Flugzeugtyp, selbst wenn er in dieser oder jener Richtung verbesserte Leistungen aufweist, wird alle altern Flugzeuge aus dem Felde schlagen; es ist ferner sehr wohl denkbar, dass ältere Modelle für beschränkte Aufgaben oder in Verbindung mit Flugzeugen moderner Bauart auch an der Front noch mit Nutzen verwendbar sind;-wir denken dabei insbesondere an rasche Angriffe auf Brdziele; und schliesslich können derartige Flugzeuge hinter der Front für den Verbindungsdieiist, als Lehrflugzeage usw. noch wertvolle Dienste leisten.

Einmal aber kommt der Zeitpunkt, wo die Veraltung derart wird, dass an eine Verwendung an der Front nicht mehr gedacht werden darf. Diesem Schicksal werden auch unsere heutigen Flugzeuge unabwendbar anheim fallen.

Sie werden nach einer Beihe von Jahren ersetzt werden müssen, weil wir sie nicht mehr als vollfronttauglich ansehen und behandeln dürfen. Heute sind sie es noch durchaus. Wohl hat seit 1929, da der Entschluss gefasst wurde, Dewoitine und Fokker zu beschaffen, die Entwicklung nicht geruht und sind neuere Modelle entstanden. Eine Überholung unserer Flugzeuge derart, dass diese nicht mehr als fronttauglich gelten dürften, ist dagegen noch nicht eingetreten. Im
Gegenteil gehören sie noch heute zum besten im Gebrauch befindlichen Flugzeugmaterial.

Jedenfalls ist festzustellen, dass es sich bei der Ausrüstung der Fliegertruppe nicht um eine Beschaffung von Kriegsmaterial auf lange Sicht handelt, wie bei der Infanterie oder Artillerie, sondern um eine immer wiederkehrende Materialerneuerung. Dementsprechend müssen auch die Mittel für die Erhaltung des Ausrüstungsstandes laufend bereitgestellt werden, und nicht auf dem Wege besonderer Kreditbeschlüsse der Bundesversammlung.

Die Abhängigkeit von solchen Sonderkrediten hätte zur Folge, dass die Truppe einmal gut und einmal ungenügend ausgerüstet wäre und dass in bezug auf die taktisch-technische Organisation die Richtlinien für Verwendung und Ausbildung der-Truppe dauernd geändert werden müssten. Besonders hemmend

und schleppend aber würde das Verfahren der Sonderkreditbewilligung sich dann auswirken, -wenn, was sehr wohl möglich, die Notwendigkeit sich herausstellen sollte, die Erneuerung des Flugzeugparkes nicht-auf-einmal-sondern allmählich, gruppenweise durchzuführen.

Die Kreditbeschaffung muss auch unabhängig von der Wahl des Flugzeugtyps erfolgen, so dass mit dem Bau sofort begonnen werden kann, wenn es die Notwendigkeit verlangt und wenn ein geeignetes Baumuster vorliegt.

Dieses Verfahren hat -- abgesehen davon, dass unsere Unterhändler mit den Lizenzgebern freier ohne jede Bindung an ein bestimmtes Modell verbandeln können, was auch finanziell einen grossen Vorteil bedeutet -- den Vorzug, dass die Flugzeugtypen nicht bereits während der Kreditbeschaffung, d. h.

noch bevor die Fabrikation gesichert ist, veralten.

In der Junisessiön 1980 haben die eidgenössischen Räte die Mittel bewilligt, unsere Fliegertruppe zum erstenmal mit einem Stock moderner Kriegsflugzeuge auszurüsten. Der Gesamtkredit betrug bekanntlich 20 Millionen, hievon waren 5% Millionen zu Eückzahlungen an den Separatkonto «Erlös aus altem Kriegsmaterial» für frühere Flugzeugbeschaffungen bestimmt, eine halbe Million zur Ergänzung der Ausrüstung bereits vorhandener Flugzeuge, so dass für den Bau neuer Flugzeuge 14 Millionen übrig blieben. Diese haben knapp ausgereicht zur Beschaffung von 60 Jagd- und 45 Aufklärungsflugzeugen. Eine Anzahl der für die vorhergegangenen Versuche aus dem Fonds «Erlös aus altem Kriegsmaterial» beschafften Flugzeuge können zurzeit noch als fronttüchtig angesprochen werden. Ausserdem konnten am Ersatz des jährlichen Abganges zufolge Bruches, der mit 5 % veranschlagt ist und bis anbin durch das Kriegsmaterialbudget gedeckt wurde, Einsparungen gemacht werden, so dass wir im Frühjahr 1984 über etwa 125 Kriegsflugzeuge verfügen.

Verglichen mit den tatsächlichen heutigen Rüstungen anderer Länder, und an den im Rahmen unserer Landesverteidigung den Fliegern zufallenden Aufgaben gemessen, ist die Ausstattung der Armee mit Flugzeugen unter dem Sollbestand, und es wäre, wie bereits erwähnt, wünschenswert, sie angemessen zu erhöhenDamit ist die schwerwiegende Frage gestellt, ob wir unsern Flugzeugpark im gegenwärtigen Moment zu vermehren haben. Ausschliesslich vom Standpunkte der militärischen Landesverteidigung aus
betrachtet, müsste sie bejaht werden. Man darf aber nicht übersehen, dass diese Vermehrung nicht nur unmittelbar erhebliche Summen erfordert, sondern dass sie darüber hinaus auch dazu nötigt, die für die Erneuerung des Flugzeugparkes im Sinne der vorstehenden Ausführungen bereitzustellenden Mittel stark zu erhöhen. Die finanzielle Belastung wirkt sich somit in doppelter Richtung aus und das zwingt notgedrungen zu einer gewissen Zurückhaltung. Immerhin hält der Bundesrat dafür, dass als nächstes Ziel mindestens eine Vermehrung unseres Flugzeugparkes auf 150 Flugzeuge angestrebt werden muss.

In erster Linie aber müssen die Mittel bereitgestellt werden, um den Fliegern den durch Bundesbeschluss vom Juni 1980 erreichten Ausrüstungsstand weiterhin zu sichern.

,

570 Es ist oben des nähern auseinandergelegt, dass dies nicht durch periodische Bewilligung von Sonderkrediten zu erreichen ist, sondern auf dein ordentlichen Budgetwege geschehen soll. Die Militärverwaltung hat ähnliche Verhältnisse auch auf andern Gebieten, insbesondere beim Motorwagendienst. Auch die Motorwagen weisen, wie die Flugzeuge, die Besonderheit auf, dass sie sich in verhältnismässig kurzer Zeit abnützen und ersetzt werden müssen. Das weiss jede Privatunternehmung. Sie wird daher, wenn sie umsichtig haushaltet, die für die Erneuerung benötigten- Gelder rechtzeitig zurücklegen. In ähnlicher Weise ist auch der Bund für seine Motorwagen vorgegangen, indem er einen sogenannten Erneuerungsfonds für Motorfahrzeuge geschaffen hat, der alljährlich aus dem laufenden Budget-- in der Hauptsache aus den Unterrichtskrediten -- gespiesen wird durch Einlage bestimmter nach der Benutzung der Fahrzeuge sich richtender Beträge; Bei Bedarf werden aus dem Erneuerungsfonds die notwendigen Neubeschaffungen bezahlt.

Die damit gemachten sehr guten Erfahrungen sollten wir auch auf dem Gebiete des Flugwesens uns zu Nutze ziehen durch Schaffung eines «Erneuerungsfonds für Flugzeuge». Dieser Fonds wäre zu äufnen durch Einlagen zu Lasten der "Unterrichtskredite auf Grund der von den einzelnen Flugzeugen geleisteten Flugstunden und er wäre -- gleich wie der Erneuerungsfonds für Motorfahrzeuge -- zu verwenden zur Erneuerung der Flugzeuge und, soweit nötig, auch zur Schaffung der für die Erhaltung der Flugzeuge nötigen Unterkunft. Die Verfügung über den Fonds wäre grundsätzlich dem Bundesrate vorbehalten in der Meinung immerhin, dass dieser bis zu einer zu bestimmenden Wertgrenze seine Befugnis dem Militärdepartement delegieren kann.

Es ist vorgesehen, erstmals in das Budget 1935 die in den Erneuerungsfonds zu machenden Einlagen aufzunehmen. Um aber die Einlagen nicht über das jährliche Betreffnis ansetzen und das Budget nicht aussergewöhnlich belasten zu müssen, sollte vorerst einmal der Grundstock zu dem Erneuerungsfonda gelegt werden. Was die Bemessung dieser ersten einmaligen Einlage anlangt, so schlägt Ihnen der Bundesrat vor, dafür den Betrag einzusetzen, der für die Beschaffung von etwa 80 Kriegsflugzeugen nötig wäre. Es ergibt das eine Summe von Fr. 11,600,000 oder rund 12 Millionen Franken unter Zugrundelegung
eines Einheitspreises für jedes Flugzeug von Fr. 145,000. Dabei hat es wohlverstanden nicht etwa die Meinung, dass 80 Flugzeuge nun sofort gebaut werden sollen ; es handelt sich vielmehr nur darum, eine dem mutmasslichen Preis von 80 Flugzeugen entsprechende Summe bereitzustellen. Sie soll Uns instand setzen, zusammen mit den inskünftig aus dem Budget in den Erneuerungsfonds zu machenden Einlagen, im gegebenen Moment unsern Flugzeugpark gruppenweise oder auf einmal zu erneuern und vielleicht in dem oben vorgesehenen bescheidenen Umfange zu vermehren. Wann dieser Moment eintritt, lässt sich nicht sagen; das hängt davon ab, wann unsere dermaligen Kriegsflugzeuge durch neue Muster derart überholt sind, dass sie nicht mehr an der Front verwendet werden dürfen, oder wann ihre weitere Verwendung zufolge Abnützung überhaupt nicht mehr möglich ist. Wir verfügen weder

571

in der einen noch in der andern Bichtung über die nötigen Unterlagen oder Anhaltspunkte,, um eine zuverlässige Voraussage machen zu können. Nur eines sei zur Erläuterung der finanziellen Seite der Frage noch beigefügt: Die für den eigentlichen Flügzeugbau bestimmten 14 Millionen des Bundesbeschlusses vom Juni 1930 haben, wie erwähnt, knapp ausgereicht zur Beschaffung von 105 Flugzeugen ; eine gleiche Zahl neuer Flugzeuge wird uns über 15 Millionen kosten. Die heute geforderten 12 Millionen werden ausreichen zur Beschaffung von etwas über 80 Flugzeugen, d. h. etwa 2/3 unseres heutigen Flugzeugparkes. Um die Mittel bereitzustellen für die Erneuerung unseres gesamten dermaligen Flugzeugbestandes, müssen aus den Budgets der kommenden Jahre weitere 6 Millionen in den Erneuerungsfonds eingeschüttet werden. Dabei wäre eine Vermehrung der Flugzeuge und die Erneuerung der Schul- und Lehrflugzeuge der verschiedenen Stufen erst noch nicht berücksichtigt. Es geht aus diesen Angaben hervor, dass, auch wenn man sich aufs Notwendigste beschränkt, Aufbau und Aufrechterhaltung einer auch nur bescheidenen Luftflotte dauernd grosse Summen kosten. Der Bundesrat hält es für seine Pflicht, den eidgenössischen Kammern hierüber klaren, eindeutigen Aufschluss zu geben. Vergleichsweise sei beigefügt, dass wir für die Erneuerung des Pferdebestandes der Kavallerie -- die Dienetfähigkeit des Pferdes dauert 10 Jahre -- jährlich rund Fr. 1,800,000 auslegen müssen, von welcher Summe dann allerdings der Erlös aus der Abgabe an die Beiter mit Fr. 900,000 bis eine Million abgeht.

Es ergibt sich aus den vorliegenden Darlegungen auch, dass der Bundesrat ganz im Gegensatz zu dem in den andern Teilen dieser Botschaft beobachteten Vorgehen, wo er genau Art und Zahl der zu beschaffenden Waffen, unter Hinweis auf vorhandene Modelle, umschreibt, beim Flugwesen sich auf eine reine, nur mit allgemeiner Zweckbestimmung: Anschaffung von Flugzeugen versehene Kreditforderung beschränkt, mit der Vollmacht, in einem von ihm zu bestimmenden Zeitpunkt die nach dem Stande der Technik zur Erneuerung und allenfalls leichten Vermehrung unseres Flugzeugparkes am besten passenden Flugzeuge zu beschaffen. Er ist sich der Besonderheit seines Vorgehens durchaus bewusst und weiss auch, dass er damit eine grosse Verantwortung übernimmt.

Er ist aber überzeugt, dass es ihm nur auf dem von ihm vorgeschlagenen Wege möglich sein wird, mit dem geringsten Goldaufwand im richtigen Moment das Bichtige 7M tun.

Y. Die Fabrikation der neuen Waffeii.

1. Die Minenwerfer und Infanteriekanonen.

Um diese beiden Waffenmodelle herzustellen, ist man genötigt, auf ausländische Ert'indungspatente zu greifen. Es hegt hier ein Fall vor, wo man darauf verzichten kann, selbst etwas von Grund auf zu entwickeln, wo es vielmehr finanziell günstiger ist, von Modellen auszugehen, die an andern Orten entwickelt und erprobt wurden. Anderseits ist es aber möglich, die ganze Fabri-

572

·

'

· .

kation nahezu restlos der schweizerischen Industrie zu übertragen, wobei wir in der Hauptsache nur darauf angewiesen sind, gewisse Eohmaterialien zum Teil in vorbearbeitetem Zustand im Ausland zu kaufen.

Mit der Herstellung der Waffen und der Munition würde ein sehr grosser Teil der schweizerischen Industrie Beschäftigung erhalten, wobei beabsichtigt ist, so vorzugehen, dass den einzelnen Industrien nicht ganze Waffen zur Herstellung übergeben werden, sondern nur die einzelnen Hauptteile. Durch diese Methode, die mit sehr gutem Erfolg z. B. auch bei der Flugzeügbeschaffung angewendet wurde, ist es möglich, viele Firmen zu berücksichtigen und dabei doch jeder einzelnen Firma eine so grosse Serie des gleichen Teiles zu übertragen, dass die Fabrikation auf eine rationelle Art und Weise eingerichtet werden kann. Was die Munition, anbetrifft, so würde in gleicher Weise vorgegangen, aber in dem Sinne, dass man für jeden einzelnen Teil mindestens 2, wenn nicht 3 verschiedene Fabrikanten berücksichtigen kann. Dies ist möglich, da es sich hier um grosse Stückzahlen handelt, die eine Unterteilung in mehrere Lose gestatten; darin liegt zugleich auch eine nützliche Vorbereitung für den Mobilmachungsfall. Für die Munitionsfabrikation wird in weitem Masse die notleidende Uhrenindustrie herangezogen werden können.

Was den Zeitaufwand für die Durchführung anbetrifft, so ist damit zu rechnen, dass für die Fabrikationsvorbereitungen allein 6 bis 9 Monate erforderlich sind. Die entsprechenden Einrichtungen müssten geschaffen werden, im besondern die zugehörigen Kontrollehren, die fertig sein müssen, bevor man mit der eigentlichen Bearbeitung anfangen kann. Die Fabrikation ist so gedacht, dass sie sich in der Hauptsache über mindestens 2%-Jahre erstreckt.

Je nach Art der herzustellenden Teile werden die Fristen ändern, aber es ist vorläufig nicht beabsichtigt, eine rasche Grossfabrikation anzustreben. Ein solches Verfahren würde zwar eine grosse Anzahl Arbeitskräfte beschäftigen, aber man wäre genötigt, nach kurzer Zeit wieder abzubauen. Statt dessen soll eine gleichmässige Beschäftigung über eine längere Zeitspanne erzielt werden.

Wir rechnen also zurzeit so, dass für die Ausrüstung der Armee mit den schweren Infanteriewaffen eine Frist von mindestens 3 Jahren vergeht vom Zeitpunkt an, da die Anschaffung des
Materials beschlossen worden ist.

2. Gebirgsgeschütze und 10,5 cm-Geschütze.

Die Herstellung der Geschütze soll in der Hauptsache^ ebenfalls in der Schweiz durchgeführt werden. Ganze Geschütze hat man zwar bis heute bei uns nicht hergestellt, bei der Entwicklung der Industrie lässt sich die Fabrikation aber ohne weiteres einrichten, da nahezu alle für die Bearbeitung der einzelnen Teile notwendigen Werkzeugmaschinen in der Schweiz vorhanden sind und nur vernältnismassig geringfügige Ergänzungen notwendig werden.

Um die Geschütze fabrizieren zu können, muss man auch hier auf ausländische Modelle abstellen, denn es ist uns nicht möglich, eigene Geschützmodelle zu entwickeln, abgesehen davon, dass die Entwicklungskosten erfah-

573 rungsgemäss wesentlich grösser sind als das, was man für eine Lizenz auslegen niuss. Es ist im weitern notwendig, dass ein Teil der Kohmaterialien und eventuell Halbfabrikate aus dem Ausland bezogen werden, soweit es sich um Teile handelt, die einer Spezialbehandlung bedürfen, für die man jahrelange Erfahrungen sammeln muss. Die Verarbeitung des Rohmaterials und die Bearbeitung der Halbfabrikate würde aber im Inland erfolgen. Im Hinblick auf einen abzuschliessenden Lizenzvertrag würde man noch eine kleinere Anzahl Geschütze fertig aus dem Ausland beziehen, schon um für die eigene Fabrikation unbedingt massgebende Modelle zu haben.

Weitaus der grösste Teil der Inlandarbeit würde der Privatindustrie übertragen und nur ein geringer Teil von den Militärwerkstätten ausgeführt.

Letztere würden sich in der Häuptsache nur mit der Zusammenmoiitierung der einzelnen von der Industrie gelieferten Teile befassen.

Die Fabrikation ist auch hier so vorgesehen, dass nicht einzelne Betriebe ganze Geschütze herstellen, sondern dass an eine grössere Anzahl Firmen jeweilen ein oder mehrere Teile gleicher Art für alle Geschütze mit Fabrikation übertragen würden. Diese Teilung lässt sich ohne Schwierigkeit durchführen, da die verschiedenen Geschützbestandteile untereinander wechselbar sein müssen und es darum gleichgültig ist, ob sie an dem einen oder an einem andern Ort angefertigt werden. Auch liier sollen also eine möglichst grosse Anzahl Betriebe bei den Bestellungen berücksichtigt, und so die Aufträge auf weite Kreise verteilt werden.

Bei der Neubewaffnung müssen nicht neue Einheiten aufgestellt werden, sondern es ist lediglich notwendig, die vorhandenen Batterien mit neuen Geschützen auszurüsten und für die neuen Gebirgsbatterien das übrige Korpsmaterial etwas zu ergänzen. Das bedingt folgende Neuanschaffungen und Ergänzungen: a. 4 Geschütze mit Zubehör.

fc. 28 Bastausrüstungeu, einerseits um die Geschütztiere zu vermehren, da für jedes Geschütz 8 Tiere mehr notwendig werden, und anderseits um die Munitionstiere zu vermehren, da man die Schusszahl in der Batterie nicht herabsetzen möchte und von der neuen Munition statt wie bis anhin 12 Schuss nur 10 Schuss auf ein Tier verladen kann.

c. Eine geringe Vermehrung des Gefechtsdrahtes, um entsprechend den grösseren Schussdistanzen auch die Beobachtungsposten
auf grössere Entfernungen einrichten zu können.

d. Abänderung der vorhandenen Bastsättel des Korpsmaterials, da der Bastsattel in seiner heutigen Form für die neuen Geschütze nicht verwendbar ist.

Was die Munition anbetrifft, so ist es nicht notwendig, für die neuen Gebirgsgeschütze vollständig neue Munitionsbestände zu beschaffen. Allerdings müssen die entsprechenden Schussladungen 'mit zugehörigen Hülsen und Packungen bereitgestellt werden, dagegen ist ein Ersatz der Geschosse

574

selber nicht nötig, da man die vorhandenen Gebirgsgeschosse auch mit dem neuen Geschütz verschiessen kann und so in Schulen und Kursen eine zweckmässige Verwendung hat. Der Ersatz wird dann selbstverständlich durch Geschosse der Feldkanone erfolgen, so dass in verhältnismässig kurzer Zeit ein natürlicher Umsatz der Munition erfolgt.

Betreffend die Munition der neuen 10,5 cm-Kanonen wird auf Kapitel III, Ziff. 8, verwiesen.

3. Flugzeuge.

Für die Beschaffung der Flugzeuge können verschiedene Wege beschritten werden. Die Entwicklung von Musterflugzeugen kann nach dem gegenwärtigen Stand unserer Flugzeugindustrie nicht in Frage kommen. Es fehlen hierfür der Wettbewerb einer grossen Industrie, die staatlichen Versuchslaboratorien und besonders ausgebaute Prüfstellen. Ausserdem müssten beträchtliche Mittel bereitgestellt werden, um den Fabriken die Entwicklung von Musterflugzeugen bezahlen zu können auch dann, wenn das Baumuster ssur Serienfabrikation zugelassen wird.

Wenn die Musterflugzeuge im Ausland bezogen werden, ist noch die Frage zu prüfen, ob die serienmässige Herstellung im Ausland oder Inland erfolgen soll. Die Herstellung im Ausland hat den Vorteil rascher Lieferung für sich.

Wir könnten derart in kurzen Zeitabschnitten kleinere Serien der jeweiligen neuesten Flugzeuge beschaffen und so mit der Entwicklung Schritt halten.

Der Ankauf der Flugzeuge im Ausland hat aber -- abgesehen von der Frage der Arbeitsbeschaffung -- den Nachteil, dass wir im Mande über keine Industrie verfügen würden, die im Kriegsfalle imstande wäre, der Armee Flugzeuge zu liefern. Das wäre um so bedenklicher, als wir keine Beserveflugzeuge hätten und vom Auslande in jenem Zeitpunkt keine Lieferungen erwarten könnten; denn auch der befreundete Staat musate seine Industrie für sich selbst voll beanspruchen.

Die Frage der Inlandt'abrikation könnte vorläufig noch offen gelassen werden, wenn dieser Fabrikationszweig erst aufgerichtet werden müsste.

Wir verfügen aber bereits über eine, wenn auch kleine Flugzeugindustrie, die bewiesen hat, dass sie den hohen Anforderungen in bezug auf die Zuverlässigkeit des Flugzeugmaterials zu genügen vermag. Flugzeuge und Motoren werden in schweizerischen Fabriken erfolgreich hergestellt. Der Schweizer Qualitätsarbeiter ist zum Bau von Flugzeugen und Motoren sehr wohl befähigt.
Die Fabrikation der Flugzeuge im Inland ist mit Bücksicht auf die Arbeitsbeschaffung wie auch aus militärischen Gründen gegeben.

Um eine Flugzeugindustrie lebensfähig zu erhalten, bedarf sie regelmässiger Aufträge. Eine solche Begelmässigkeit in den Bestellungen könnte dadurch erreicht werden, dass die Erneuerung des Flugmaterials nicht insgesamt, sondern in verschiedenen Abschnitten erfolgt, was aber zur Folge hat, dass der Grundsatz der einheitlichen Ausrüstung unter Umständen verlassen und gleichzeitig verschiedene Flugzeugtypen in Gebrauch genommen werden

575 müssten. Die Gründe, die für die Erhaltung einer eigenen Flugzeugindustrie sprechen, sind aber wichtig genug, um alle Möglichkeiten zu berücksichtigen, eine solche Industrie lebensfähig zu erhalten. Eine dieser Möglichkeiten ist die erwähnte zeitweilige Teilerneuerung der Militärflugzeuge, eine andere Möglichkeit ist gegeben durch den Bau der Zivilflugzeuge im Inland.

Während nach dem Kriege die Luftwaffe, auch der Siegerstaaten, zunächst einen zahlenmässigen Abbau erfahren hat, wurde das Zivilflugwesen mehr und mehr ausgebaut. Dieser Ausbau der Verkehrs- und Sportaviatik ist in andern Staaten vornehmlich von militärischen Gesichtspunkten geleitet.

Solche Gesichtspunkte sind: Schaffung einer personellen Kriegsreserve (technisches Personal, Besorvefh'eger); Militärische Verwendung der Zivilflugzeuge im Kriegsfalle; Ausbau der Flugplätze und Bodenorganisationen; Industriemobilmachung.

Unter diesen Faktoren ist der letztgenannte der wichtigste. Die Industriemobilmachung ersetzt die bei der Luftwaffe fehlenden Frontbestände und Keserven. Frankreich erhält etwa 80 bis 40 Flugzeug- und Motorenfabriken neben den Militäraufträgen durch Subventionierung der Sport- und Verkehrsaviatik lebensfähig, um im Kriegsfälle mit ihrem Einsatz rechnen zu können.

Wenn an der Abrüstungskonferenz gesagt wurde: «que la non-rentabilité au titre civil doit être considérée comme une présomption d'utilité militaire», dann bestätigt das die Eichtigkeit unserer Auffassung und beweist ferner, dass in andern Ländern der Zivilaviatik eine grosse militärische Bedeutung beigemessen wird. Wenn einzelne Luftverkehrsgesellschaften zu einem Betriebsüberschuss gelangen, ist das darauf zurückzuführen, dass die Ausbildung des Personals, der Ausbau und Unterhalt der Flugplatzanlagen und technischen Einrichtungen ganz oder teilweise von Staatskrediten bestritten wird. Wir finden in mehreren Staaten die Unterstellung der Zivil- und Militäraviatik unter ein Ministerium. Diese Organisation hat den Zweck, die verschiedenartigen Bestrebungen auf dem Gebiete dea Gesamtflugwesens im Sinne der Landesverteidigung zusammenzufassen. So ist es möglich, durch entsprechende Verteilung der Bauaufträge an die Flugzeugindustrie diese in möglichst grossein Umfange lebensfähig zu erhalten.

Wir glauben, dass auch bei unserer getrennten Organisation ein
Weiteres getan werden kann. Die Ziele der Landesverteidigung und der Wirtschaft laufen auch hier zusammen. Wenn bei dem kleinen Bedarf unseres Landes der Einfluss der jährlich zu bauenden Flugzeuge weniger fühlbar ist als in einem Grossstaat, so muss er sich doch verhältnismässig ähnlich auswirken. Die Industriemobilmaohung ist gerade für den Kleinstaat ohne grosse Materialreserven von Wichtigkeit.

Unter der Voraussetzung, dass auch in Zukunft die Militärflugzeuge im eigenen Lande zu bauen sind, sollten Mittel und Wege gefunden werden, um

576

auch die Aufträge der Zivilaviatik den eigenen Flugzeugfabriken zuzuiühren und dadurch deren Lebensfähigkeit zu steigern.

4. Erfindungspatente.

Es muss rechtzeitig Vorsorge getroffen werden für den Fall, dass es nicht gelingt, mit den beteiligten Patentinhabern Lizenzverträge abzuschliessenwir haben deshalb in Art. 4 des Beschlussesentwurfes eine Bestimmung vor; gesehen, wonach wir ermächtigt werden, nötigenfalls von dem nach Art. 28 des Bundesgesetzes vom 21. Juni 1907 betreffend die Erfingungspaten'te zur Verfügung stehenden Enteignungsrecht an Stelle der Bundesversammlung Gebrauch zu machen.

Es handelt sich bei diesem Vorgehen um eine Delegation der nach der erwähnten Gesetzesbestimmung der Bundesversammlung zustehenden Befugnis der Enteignung von Erfingungspatenten an uns. Wie sich aus dem Wortlaut der im Beschlussentwurfe vorgeschlagenen Bestimmung ergibt, verlangen wir diese Delegation nur mit Bezug auf das Material, dessen Beschaffung wir Ihnen durch die vorhegende Botschaft vorschlagen. Die Delegation der Befugnisse aus Art. 28 des Bundesgesetzes vom 21. Juni 1907 an uns soll nur für diesen Fall Gültigkeit haben und es sollen nur diejenigen Patente davon betroffen werden, die einer Herstellung des betreffenden Materials im Inlande entgegenstehen.

Die Gründe zu unserem Vorgehen sind die folgenden: Unter dem Armeematerial, das hier in Frage steht, befindet sich eine ganze Anzahl von Gegenständen, die durch Patente geschützt sind. Wir unterlassen es absichtlich, diese Patente im einzelnen zu bezeichnen. Würden sie in der gegenwärtigen Botschaft oder im Beschlüsse aufgeführt und würden sich in der Folge weitere Patente, die uns nicht bekannt waren, zeigen, so müsste dafür ein neuer Bundesbeschluss erwirkt werden. Aus diesem Grunde haben wir die in der vorgeschlagenen Bestimmung enthaltene allgemeine Fassung gewählt.

Wir beabsichtigen sozusagen das gesamte in Frage kommeade Material im Inlande herstellen zu lassen. Diese Absicht bedingt notwendigerweise eine Auseinandersetzung mit den Inhabern der in Betracht fallenden Patentrechte über die Benützung ihrer Patente. Die Auseinandersetzung kann naturgemäss erst stattfinden, nachdem der Kredit für die Beschaffung des Materials von Ihnen bewilligt sein wird. Wenn wir auch hoffen, uns dabei mit den Patentinhabern auf gütlichem Wege verständigen
zu können, so nmss doch auch die Möglichkeit ins Auge gefasst werden, dass uns eine derartige Verständigung nicht gelingt. In diesem Falle wird es notwendig sein, die betreffenden Patente zu enteignen. In Anbetracht, dass es sich um die Beschaffung von Material für die Landesverteidigung handelt und somit eine Massnahme ini öffentlichen Interesse in Frage steht, sind die Voraussetzungen für die Anwendung VOD Art. 28 des Bundesgesetzes vom 21. Juni 1907 betreffend die Erfindungspatente ohne weiteres gegeben.

577 Unser Begehren, die Enteignungsbefugnis, die nach Art. 28 des zitierten Bundesgesetzes der Bundesversammlung zusteht, in diesem Falle der Beschaffung von Armeematerial an uns zu delegieren, hat seinen Grund darin, dass wir erst nach Bewilligung der Kredite, wenn wir mit den betreffenden Patentinhabern endgültige Verhandlungen über die Benützung ihrer Patente führen, sehen werden, ob wir uns mit ihnen verständigen können. Für den Fall, dass eine solche Verständigung nicht erzielt werden kann, soll durch die anbegehrte Delegation vermieden werden, nochmals an die Bundesversammlung gelangen zu müssen, um die Enteignung der betreffenden Patente aussprechen zu lassen.

Es würde dadurch in der Abwicklung der ganzen Angelegenheit eine unnötige Doppelspurigkeit entstehen. Beschliesst die Bundesversammlung die verlangten Kredite, so erhalten wir damit von ihr auch den. Auftrag, die erforderlichen Massnahmen zur Beschaffung des in Frage stehenden Materials anzuordnen.

Die Delegation der Befugnis aus Art. 28 des Bundesgese.tzes vom 21. Juni 1907 stellt dementsprechend in ihrer "Wirkung nichts anderes dar als eine Vollzugsbestimmung.

Wir haben geprüft, ob Bedenken rechtlicher Natur einer solchen Delegation entgegenstehen würden und sind zum Schlüsse gelangt, dass dies nicht der Fall ist. Schutzwürdige Interessen werden dadurch nicht verletzt. Ob die Enteignung gegebenenfalls von der Bundesversammlung oder vom Bundesrat ausgesprochen wird, ist für die davon betroffenen Patentinhaber ohne Belang, zumal sie ja ohnehin einmal keine Mittel besitzen, um sich der Enteignung zu widersetzen und sodann nach Art. 28 des zitierten Bundesgesetzes für die Enteignung ihrer Patente entschädigt werden müssen, wobei diese Entschädigung weder von der Bundesversammlung noch vom Bundesrat, sondern vom Bundesgericht festgesetzt wird. Auch der Standpunkt, es könne immerhin dem Patentinhaber nicht gleichgültig sein, ob die Frage der Enteignung seiner Patente vor dem grössern Forum der Bundesversammlung behandelt und entschieden werde, vermag nicht gegen die Delegation zu sprechen. Denn es ist ganz selbstverständlich und liegt in der Natur der Sache, dass die Bundesversammlung in denjenigen Fällen eine Delegation der Befugnisse aus Art. 23 des Patentgesetzes an den Bundesrat nicht beschliessen wird, wo sie ihrerseits der Auffassung
ist, dass das öffentliche Interesse für die Enteignung nicht angerufen werden kann. Der materielle Entscheid über die Anwendbarkeit von Art. 28 des Patentgesetzes liegt daher in Wirklichkeit auch im Falle der Delegation bei der Bundesversammlung, Über die Bechtsfragen gibt im übrigen ein bei den Akten liegendes Gutachten nähere Auskunft.

VI. Organisation und Kosten.

1. Allgemeines.

Die Kostenberechnung muss vernünftigerweise aufgestellt werden auf Grund der in Aussicht genommenen neuen Truppenordnung. Ohne hier auf die Frage .der Eeorganisation der Armee näher einzutreten, ist es in dem Zusammenhange

578 doch nötig zu erwähnen, dass unter anderem schon wegen des Rückganges der Bestände infolge kleinerer Geburtenzahlen eine Herabsetzung der AuszugBataillone von 110 auf 84 vorgesehen ist. Die Zahl der Landwehrbataillone (87) soll gleich bleiben, doch ist eine Zuteilung von Infanteriegeschützen und Minenwerfern nur für die Landwehrbataillone I. Aufgebots (28) vorgesehen. Das I. Aufgebot soll aus den fünf jüngsten Landwehrjahrgängeii (88--37. Altersjahr) gebildet und im Eahmen der Divisionen verwendet werden; deshalb ist auch die Organisation und Ausrüstung die nämliche wie beim Auszug.

Die Vermehrung der Waffen (leichte und schwere Maschinengewehre) wird also zum Teil dadurch erhältlich, dass heute vorhandene Einheiten aufgelöst werden entsprechend der Verminderung der Bataillone: deshalb konnte auch die Berechnung nicht so gemacht werden, dass die Kosten pro Einheit, errechnet wurden, sondern es musste der Bedarf nach neuer Organisation aufgestellt und diesem das heute vorhandene Material gegenüber gestellt werden, woraus sich dann der durch die Neubewaffnung zu deckende Bedarf ergab.

Die beabsichtigte Organisation der Einheiten ist graphisch dargestellt in den Tabellen Nrn. 5553, 5564 und 5555 (die den Akten beiliegen), und die entsprechenden Kostenberechnungen mit den Angaben im einzelnen liegen vor in den Tabellen I bis IV, Nr. 5595 bis 5598. Es sind vier Tabellen für die Kostenberechnung aufgestellt, weil man die Transportmittel, die zum grossen Teil der gesamten Armee gemeinsam sind, nicht ohne weiteres auf die drei in Frage stehenden Bewaffnungsarten verteilen konnte, sondern eine übersichtlichere Darstellung erhielt bei vollständiger Abtrennung der Transportmittel, wie Karren, Gebirgsfourgons und zugehörige Beschirrung.

Ebenfalls gesondert ist die Frage der Munition der schweren Infanteriewaffen behandelt ; die Einzelheiten ergeben sich wiederum aus einer bei den Akten liegenden Aufstellung.

2. Leichte Maschinengewehre.

Wie unter Ziff. II ausgeführt wurde, soll die Zahl der jeder Kompagnie zugeteilten leichten Maschinengewehre von 9 auf 12 erhöht werden. Gleichzeitig soll einem Teil dieser Waffen dadurch eine höhere Kampfkraft gegeben werden, dass man sie mit einer leichten Lafette ausrüstet. Derart sind S Gewehre auszurüsten, wodurch diese eine Leistungsfähigkeit erhalten, die an
diejenige der schweren Maschinengewehre heranreicht.

Anderseits soll der Train der Kompagnie nach Möglichkeit entlastet werden.

Wenn nach der heutigen Organisation, auf je 2 leichte Maschinengewehre sowohl bei den Feld- wie bei den Gebirgskompagnien je l Gebirgskarren vorgesehen ist, so will man in Zukunft bei der Feldinfanterie auf diese Karren verssichten, dagegen einen Gebirgsfourgon mehr zuteilen in der Meinung, dass die Fourgons nur für den Munitionstransport gedacht sind, währenddem die Waffe grundsätzlich vom Mann getragen wird. Bei den Gebirgseinheiten hat man die Karren beibehalten, die aber wiederum nur als Munitionsträger für die Kompagnien gedacht sind.

579

Die neue Ausrüstung bedingt eine erhebliche Vermehrung der leichten Maschinengewehre mit gleichzeitiger Beschaffung von Lafetten für solche und entsprechenden Tragreffen, wobei als Ergänzung der Patronenmagazine zu 30 Patronen eine Anzahl Magazine zu 48 Patronen zugeteilt werden sollen, letztere inshesonders berechnet für die Flugabwehr.

Die Gesamtkosten der Vermehrung an Waffen einschliesslich Lafetten, Tragreffe, Magazine und Munitionstornister, aber ohne Berücksichtigung der Transportmittel, Gebirgsfourgons und Gebirgskarren (vgl. unten Ziff. 6) belaufen sich auf Fr, 3,500,000.

3. Schwere Maschinengewehre.

Die Zahl der schweren Maschinengewehre soll, wie erwähnt, bei allen Bataillonen auf 16 gebracht werden, und zwar sowohl beim Auszug wie bei der ganzen Landwehr und als Neuzuteilung bei den Eadfahrern. Da die Anzahl der Einheiten gegenüber der heutigen Organisation wesentlich vermindert und die fahrenden Mitrailleurabteilungen überhaupt aufgehoben werden sollen, so ist nur eine geringfügige Vermehrung der Waffen selbst notwendig, dagegen raus» ein erheblicher Posten eingerechnet werden, um die Transportmittel für das schwere Maschinengewehr bei den Badfahrereinheiten beschaffen zu können, ferner für die neu zu beschaffenden Fliegerabwehrstützen.

Die organisatorische Einteilung wird bei den Feldmitrailleurkompagnien des Auszuges und der Landwehr I nicht geändert, dagegen ist vorgesehen, für die Vermehrung einen Zug zu bilden, der nicht Karren als Transportmittel hat, sondern für je 2 schwere Maschinengewehre einen Gebirgsfourgon. Bei den Gebirgsmitrailleurkompagnien beabsichtigt man die Anzahl der Karren zu vermindern und nicht für jedes Gewehr einen besonderen Munitionskarren mitzuführen, vielmehr die nicht auf den heute schon vorgesehenen Munitionstieren verladene Munition auf 8 Gebirgsfourgons zu verladen.

Für die Infanterieeinheiten des Auszuges und der Landwehr I ist grundsätzlich die gleiche Organisation vorgesehen und die gleiche Ausrüstung mit Transportmitteln, wogegen für die Mitrailleurkompagnien der Landwehr II grundsätzlich angenommen ist, dass man sich mit Eequisitionsfuhrwerken behelfen muss.

Die Gesamtkosten für Waffen, Fliegerabwehrstützen und Transporteinrichtungen für die Badfahrerkompagnien, aber ohne die Gebirgsfourgons und Gebirgskarren mit zugehöriger Beschirrung,
belaufen sich auf Fr. 1,800,000.

4. Schwere Infanteriewaffen.

Die schweren Infanteriewaffen, der Minenwerfer und die Infanteriekanonen, sind neue Waffen, für die eine besondere Organisation notwendig wird.

Es ist, wie schon oben angedeutet, vorgesehen, dass man in jedem Bataillon zu den 3 Füsilier- und l Mitrailleurkompagnie eine 5. Kompagnie (Stabskompagnie) bildet, die neben dem Stabspersonal, den Bataillonstelephonisten usw. die schweren Infanteriewaffen erhält. Es ist ferner vorgesehen, jede

580

dieser Kompagnien mit vier Minenwerfern in 2 Zügen und 2 Infanteriekanonen in einem Zug auszurüsten. Die Einzelheiten der Organisation sind ersichtlich aus der den Akten beiliegenden Tabelle Nr. 5558, die gleichzeitig neben den Waffen die gesamte Ausrüstung mit Spessialmaterial und mit, Karren und Fourgons cnhält.

Für sämtliche Bataillone des Auszuges und der Landwehr I ist eine vollständig gleichartige Ausrüstung vorgesehen, dagegen verzichtet man darauf, die Landwehr II ebenfalls mit diesen Waffen auszurüsten.

Ausser den erwähnten Infanterieeinheiten soll eine Anzahl Spezialtruppen, wie Radfahrer usw. mit diesen Waffen ausgerüstet werden, zum Teil nur mit Minenwerfern, zum Teil nur mit Infanteriekanonen, und im weiteren ist die Ausscheidung eines genügenden Schulmaterials, ausreichend für alle Divisionen, vorgesehen.

Als Spezialmaterial. das zu der Ausrüstung gehört, erwähnen wir Entfernungsmesser, leistungsfähige Feldstecher, Sitometer, Kartenwinkelmesser und Kartentaschen (graphisch auf der Tabelle N"r. 5553 angegeben).

Von ganz besonderer Wichtigkeit sind die Entfernungsmesser, denn mit ihrer Hilfe ist es möglich, sowohl bei den Minenwerfern wie besonders bei den Infanteriekanonen ein wirksames Feuer in raschester Zeit eröffnen zu können.

Wenige Schuss der Infanteriekanone z. B. genügen, um ein Punktziel in Entfernungen von 2 bis 3000 m mit Sicherheit erfassen zu können. Ohne die Entfernungsmesser wäre man in den meisten Fällen gezwungen, sich einzuschiessen, was abgesehen vom erheblich grösseren Munitionsverbrauch zu einer oft verhängnisvoll werdenden Verzögerung der Wirkung am Ziel führen kann. Aus diesem Grund ist für jede Infanteriekanone und für je 2 Minenwerfer ein Entfernungsmesser vorgesehen.

Die Gesamtkosten des zu beschaffenden Materials einschliesslich Schulmaterial und einer bescheidenen Eeserve für die Waffen selbst, aber ohne die notwendigen Gebirgsfourgons und Karren mit ihrer Beschirrung, belaufen sich auf Fr. 9,700,000.

5. Munition für die schweren Infanteriewaffen.

Für die Minenwerfer sind die in einem früheren Abschnitt erwähnten Munitionssorten, und zwar Wurfgranaten einerseits und Wurfminen anderseits, vorgesehen.

Für die Infanteriekanoneh sind die ebenfalls früher erwähnten Munitionsarten, nämlich Panzergranaten und Langgranaten in Aussicht genommen.
Der Munitionsverbrauch für die schweren Infanteriewaffen, die eine wesentliche Entlastung für die Artillerie bilden werden, dürfte ziemlich hoch sein und aus diesem Grund ist eine entsprechende Zuteilung für jedes Eohr angenommen.

Um anderseits in einem Mobilmachungsfall die Fabrikation fertiger Munition sehr rasch fördern zu können,, ist vorgesehen, noch eine weitere Ausstattung von Munition als Einzelbestandteile auf Lager zu legen, so dass die Munitions-

581 fabriken jederzeit in der Lage sind, in grossem Umfang die Fabrikation in Gang zu bringen, ohne erst auf die Lieferungen durch die Privatindustrie angewiesen zu sein.

Für 25 % der fertig laborierten Munition ist eine feldmässige Packung vorgesehen, so wie sie die Einheiten in der Kampffront benötigen, für die übrigen 75 % einfache,' billige Transportkisten für den Nachschub; für die als Bestandteilreserve gedachte Ausstattung würde die Verpackung erst im Mobilmachungsfall beschafft.

Die Gesamtkosten der zu beschaffenden Munition, über die in den Akten eine besondere Aufstellung vorliegt, belaufen sich auf Fr. 86,500,000.

6. Fuhrwerke und Beschirrung.

Die Beschaffung der Transportmittel musste aus den weiter oben angegebenen Gründen der Übersicht halber zusammengef asst werden ; in Tafel IV, .Zeichnung Nr. 5598, die den Akten beiliegt, sind die Einzelheiten angegeben.

An Karren verfugt die Armee heute schon über einen genügenden Bestand, um die Ausrüstung bei der neuen Organisation durchführen zu können. Dagegen ist eine grossere Anzahl Beschirrungen notwendig, ferner Gebirgs-Fourgons mit Geschirren, eine, kleinere Anzahl Fahrküchen und ferner Saumtierauslüstungen. Dort wo der neu eingeführte Hijfsbastsattel, der sich zur Anwendung sowohl für Saumtiere wie an mehrspännigen Fuhrwerken eignet, notwendig wird, ist angenommen, dass der Bedarf aus derjenigen Fabrikation gedeckt wird, die seit zwei Jahren mit normalen Budgetposten in Gang gebracht wurde, so dass für diese Sättel ein Kreditposten nicht eingerechnet ist, Die Gesamtkosten für die zu beschaffenden Transportmittel belaufen sich auf Fr. 4,700,000.

7. Gebirgsgeschütze.

Um die gesamte Gebirgsartillerie neu zu bewaffnen, ist Material für 12 Batterien notwendig; eine Vermehrung der vorhandenen Einheiten ist nicht beabsichtigt. Im weiteren sind nötig eine Anzahl Geschützrohre, Schussbremsen, Schutzschilde usw. als Eeservebestandteile, wofür ein Betrag in der Höhe der Anschaffungskosten für eine Batterie einzusetzen ist.

Die Kostenberechnungen werden gemacht in dem Sinne, dass das bisherige Material soweit als möglich verwendet werden soll. Insbesondere können die Bastsättel, das Verbindungsmaterial, Beobachtungsgerät, das Schanzwerkzeug und das gesamte übrige Korpsmaterial weiter verwendet werden. Die vorhandenen Bastsättel, Modell
Artillerie, sind mit geringen Kosten umzuarbeiten. Die Schusszahl in der Batterie wird von 576 auf 580 erhöht, bleibt also praktisch gleich. Dagegen ist eine Vermehrung der Munitionstiere um 10 für jede Batterie : notwendig; für jedes Geschütz ist die Zahl der Basttiere um drei zu erhöhen, insgesamt erfordert die neue Batterie einen Zuwachs von 28 Bastgeschirren.

Die Kosten der Gebirgsbatterie, umfassend 4 Geschütze mit Eicht Instrumenten und Eeserveteilen, Umänderung von 105 Bastsätteln, 28 neue Bundenblatt 85. Jahrg. Bd. U.

47

582

Bastgesehirre, Küchenausrüstung, Gefechtsdraht und Munitionskörbe, belaufen sich auf Fr. 204,000, mithin für 12 Batterien auf Fr. 2,448,000 für die Vermehrung des Gefechtsdrahtes der Abteilungsstäbe sind » 8,120 zu berechnen, für die Munitionskörbe der 6 Artilleriesaurn- .

kolonnen » 34^440 Im übrigen bleibt der Bestand der Saumkolonnen an Mannschaften und Tieren derselbe, ebenso können die dort schon vorhandenen Bastsättel Unverändert beibehalten werden.

Für Beservematerial sind, wie oben bemerkt, » 200,000 einzusetzen, und schliesslich entfällt ein weiterer Betrag von » 1,880,000 auf die Umänderung der heute vorhandenen Gebirgsartilleriemunition.

Der Gesamtkostenaufwand für die Einführung der neuen Gebirgsgeschütze beträgt somit Fr. 4,515,560 8. Motorkanonen.

Die Kosten einer 10,5 cm-Batterie, bestehend aus 4 Geschützen mit den nötigen Beserveteilen, belaufen sich auf Fr. 520,000. 8 Batterien, also rund l /s des Bestandes des Korpsmaterials, kosten somit . . . . Fr. 4,160,000 Material für eine Schulbatterie » 470,000 Mehrkosten für die Munition der 10,5 cm-Geschütze bei schrittweisem Ersatz der 12 cm Kanonenmunition » 1,120,000 Die Gesamtkosten für 8 Batterien, l Schulbatterie und die Munitionsänderung betragen somit Fr. 5,750,000 Dabei ist zu bemerken, dass sich die Auslagen für Munition auf mehrere Jahre verteilen werden, indem jeweilen nur die alte, verschossene 12 cm-Munition durch neue 10,5 cm-Geschosse ersetzt wird, bis der volle Stand erreicht ist.

9. Flugzeuge.

-Über die Kostenfrage betreffend Flugzeuge ist oben in anderem Zusammen* hange das Wesentliche bereits gesagt. Wir können uns darauf beschränken, auf die Ausführungen des von der Beschaffung und Erneuerung von Flugzeugen handelnden Abschnittes des Kapitels IV der vorliegenden Botschaft zu verweisen: Nur eines sei noch hervorgehoben; Die steten Fortschritte der Technik, die zu immer neuen verbesserten Modellen führen, nötigen nicht nur zu verhältnismässig kurzfristiger Erneuerung des Flugzeugparkes, sondern sie machen auch die Flugzeuge von Typ zu Typ teurer; natürlicherweise, denn je besser und vollkommener ein Flugzeug ausgebaut und ausgerüstet ist, desto höher muss sein Gestehungspreis sein. Wir müssen daher, wie schon früher angedeutet, für die Zukunft mit einem erheblich höhern Einheitspreis : rechnen als bisher.

583

Wie erwähnt, belaufen sich die für Plugzeuge benötigten Mittel auf den Betrag von rund 12 Millionen Franken.

:

10. Bauliches.

Wegen der Ergänzung der Bewaffnung und der damit zusammenhängenden Vermehrung werden verschiedene Zeughausanlagen zu erweitern sein. Der Umfang dieser Erweiterungsbauten ist heute bloss schätzungsweise festzusetzen, weil diese Frage in engem Zusammenhang steht mit der Beorganisation der Armee und der neuen Truppenordnung, Erst wenn die neue Belegung der Korpssammelplätze feststeht, kann man sich hierüber ein klareres Bild machen.

Der Bedarf an neuen Fuhrwerken wird zum Teil durch das freiwerdende Material aufzulösender Stäbe und Einheiten gedeckt werden können.

Die Munition der schweren Infanteriewaffen enthält so starke Sprengladungen, dass eine Magazinierung in den Zeughäusern in den meisten Fällen nicht verantwortet werden könnte. Es wird daher die Erstellung neuer Munitionsmagazine in gewissem Umfange nötig sein.

Wir schätzen die Gesamtkosten für die bauliehen Arbeiten (Neubauten und innere Einrichtungen) auf Fr. 3,500,000.

11. Die Gesamtkosten.

Der Zusammenzug sämtlicher Kosten für die Neubewaffnung ergibt folgendes Bild: 1. Leichte Maschinengewehre Fr. 8,500,000 2. Schwere Maschinengewehre . - . - . . » 1,800,000 3. Schwere Infanteriewaffen » 9,700,000 4. Munition für die schweren Infanteriewaffen..

»,36,500,000 5. Fuhrwerke und Beschulungen .

» 4,700,000 6. Gebirgsgeschütze .

» 4,515,560 7. Motorkanonen , » 5,750,000 8. Flugzeuge .

' , . , , .

» 12,000,000 9. Bauten und Einrichtungen » 3,500,000 10. Für Unvorhergesehenes » 34,440 Wir kommen derart auf eine Gesamtausgabe von. . . . . Fr. 82,000,000

Wir schlagen vor, mit dieser Summe nicht auf einmal und unmittelbar die laufende Verwaltungsrechnung zu belasten, sondern einen besondern Kredit zu bewilligen, diesen aber binnen längstens 25 Jahren durch die Verwaltungsrechnungen zu tilgen. Die jährlichen Katen wären -- beginnend mit dem Jahre 1985 -- in den Voranschlag des eidgenössischen Militärdepartements aufzunehmen.

.

Es ist dies das Verfahren, das regelmässig bei grössern einmaligen Anschaffungen eingeschlagen wurde und das erlaubt, eine gewisse Stetigkeit in

584 Budget und Rechnung beizubehalten. In dieser Weise wurde insbesondere auch vorgegangen bei der Kreditbewilligung für Flugzeugbeschaffung im Jahre 1980 mit dem Unterschied, dass damals die Tilgungsquoten nicht dem Militärdepartement, sondern dem ersten Abschnitt der Ausgabenrechnung «Verzinsung und Tilgung» belastet wurden (vgl. A. S. 46, 808 ff. Die Zahlungen aus dem zu bewilligenden Kredit werden sich übrigens naturgemäss auf einige Jahre verteilen. Unter der Voraussetzung, dass der Kredit im Frühjahr 1984 bewilligt würde, wäre der Geldbedarf, unter Ausschluss der für die Erneuerung und Vermehrung des Flugzeugbestandes vorgesehenen 12 Millionen, in den einzelne Jahren ungefähr folgender: für 1984 . . . . 12 Millionen » 1935 . . . . 22 » » 1986 . . . . 22 » » 1937 . . . . . . . 7 » » 1988 . . . . 7 » Wann die 12 Millionen für Flugzeuge in Anspruch genommen werden müssen, lässt sich nach dem im Kapitel IV, Abschnitt 8 der vorliegenden Botschaft Gesagten zurzeit nicht voraussehen.

Endlich wäre der Bundesrat zu ermächtigen, den Geldbedarf, soweit er nicht aus den laufend verfügbaren Kassenbeständen gedeckt werden kann, auf dem Anleihenswege zu beschaffen.

Wir sind uns der Tragweite dieses Kreditbegehrens in einer Zeit schwerer wirtschaftlicher Not wohl bewusst. Aber schwerer würde die Verantwortung wiegen, nicht alles das getan zu haben, was für die Sohlagfertigkeit unseres Volksheeres notwendig ist. Solange der Wille zur Abwehr jedes Angriffes gegen unser Land besteht, solange müssen auch die dafür nötigen Mittel bereit sein. Gerade für unser kleines Land lässt sich diese Bereitschaft, wenn einmal versäumt, in der Stunde der Gefahr nicht mehr nachholen. Und es ist eine Erfahrungstatsache, dass die ersten Operationen eines Krieges in der Regel für dessen ganzen weitern Verlauf von ausschlaggebender Bedeutung sind, nicht zum mindesten auch mit Bezug auf die moralische Widerstandskraft des Volkes. Wir dürfen es nicht verantworten, dass die schweizerische Armee unter dem Eindruck der Minderwertigkeit ihrer Bewaffnung ins Feld ziehen müsste. Diese Unterlegenheit besteht aber heute, und wir haben die Pflicht, sie zu beheben, soweit das unsere Kräfte erlauben.

Wir müssen uns übrigens immer wieder bewusst sein, dass unsere Armee in hohem Masse geeignet ist, kriegerischen Verwicklungen vorzubeugen; es kommt bei uns in erster Linie darauf an, unsern Nachbarn die Lust zu derartigen Unternehmungen zu nehmen. Das können wir nur, wenn unsere Armee so ausgebildet, organisiert und auch so bewaffnet ist, dass jedes Nachbarland

583

von der Möglichkeit eines nachhaltigen und für unseren Gegner verlustreichen Widerstandes überzeugt ist. In einer gut ausgerüsteten Armee liegt für unser Land die beste Gewährleistung für den Frieden; wenn durch sie dieses Ziel, den Frieden zu erhalten, auch fernerhin erreicht werden kann, ist der Preis nicht zu hoch.

Gestützt auf die vorstehenden Ausführungen und unter Hinweis auf Art. 87 der Militärorganisation empfehlen wir Ihnen den nachstehenden Bundesbeschluss zur Annahme.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, geehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 8. November 1983.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Schultliess.

Der Bundeskanzler: Kaeslin.

586

(Entwurf.)

Bundesbeschluss über

die Ergänzung der Bewaffnung und Ausrüstung der Armee,

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 8. November 1933, beschliesst :

'Ait. 1.

Für die Ergänzung der Bewaffnung und Ausrüstung der Armee werden die folgenden Kredite bewilligt : · a. Leichte Maschinengewehre Er. 3,500,000 &. Schwere Maschinengewehre » 1,800,000 0. Schwere Infanteriewaffen » 9,700,000 d. Munition für die schweren Infanteriewaffen » 36,500,000 e. Fuhrwerke und Beschirrungen » 4,700,000 /. Gebirgsgeschütze » 4,515,560 g. Motorkanonen » 5,750,000 Ä. Flugzeuge » 12,000,000 1. Bauten und Einrichtungen » 3,500,000 fc. Unvorhergesehenes » 34,440 Fr.. 82,000,000

Art. 2.

Der Gesamtkredit von Fr. 82,000,000 ist durch die Verwaltungsrechnungen des Jahres 1985 und der folgenden Jahre, längstens aber innert 25 Jahren, zu tilgen. Die jährlichen Baten sind im Voranschlag des eidgenössischen Militärdepartements aufzunehmen.

587

Art. 3.

Der Bundesrat wird ermächtigt, dio erforderlichen Mittel soweit. nötig durch Aufnahme von Anleihen zu beschaffen.

Art. 4, Der Bundesrat wird ermächtigt, nötigenfalls die in Art. 23 des Bundesgesetzes vom 21. Juni 1907 betreffend die Erfindungspatente im öffentlichen Interesse vorgesehene Enteignung solcher Patente auszusprechen, die sich auf das in diesem Bundesbeschluss erwähnte Kriegsmaterial beziehen.

Art. 5.

Dieser Beschluss tritt, weil nicht allgemein verbindlicher Natur, sofort in Kraft.

Art. 6.

Der Bundesrat wird mit dessen Vollzug beauftragt.

-$K>>^-

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Ergänzung der Bewaffnung und Ausrüstung der Armee. (Vom 8. November 1933.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1933

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

46

Cahier Numero Geschäftsnummer

3030

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

08.11.1933

Date Data Seite

549-587

Page Pagina Ref. No

10 032 140

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.