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Bundesblatt

85. Jahrgang.

Bern, den 20. Dezember 1933.

Band II.

Erscheint wöchentlich. Preis 20 Franken im Jahr. AH franken im Halbjahr, zuzüglich Nachnahme- and Postbestellungsgebühr Einrückungsgebühr: 50 Rappen die Petitzeile oder (leren Raum. -- Inserate franko an Stämpfli & Cre. im Bern

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Förderung des Exportes durch staatliche Risikogarantie.

(Vom

15. Dezember 1983.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir unterbreiten Ihnen hiermit Bericht und Antrag über die Schaffung einer Grundlage für die Übernahme staatlicher Risikogarantien als weiteres Mittel zur Förderung des schweizerischen Exportes und zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit.

I. läge der Exportindustrie.

Die andauernden und zunehmenden Schwierigkeiten, mit denen unsere Exportindustrie zu kämpfen hat, bildeten schon lange eine grosse Sorge des Bundesrates sowohl als auch des Parlaments. Die schweizerische Gesamtausfuhr betrug: im Jahr Wert in Millionen Franken 1920 3,277 1921 2,1.40 1922 1,762 1923 1,760 1924 2,070 1925 2,039 1926 1,836 1927 2,018 1928 2,133 1929 2,098 1930 1,762 1931 1,349 1932 801 Bundesblatt. 85. Jahrg. Bd. II.

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Überstieg der Wert der schweizerischen Ausfuhr in den Jahren 1924--1929 (mit einziger Ausnahme des Jahres 1926) regelmässig die Höhe von 2 Milliarden Franken, so ging dieser Betrag 1980 auf 1,762,1931 auf 1,349 Millionen Pranken zurück und sank im Jahr 1932 auf den bis jetzt kaum für möglich gehaltenen Stand von rund 800 Millionen Franken (dies entspricht, verglichen mit dem Jahr 1929, einer Abnahme von 62 %).

Dieser gewaltige Buckgang in der Ausfuhr hat namentlich auch eine unserer wichtigsten Exportindustrien, die Maschinenindustrie, betroffen, deren besondere Verhaltnisse denn auch in der Hauptsache den Anstoss zu dieser Vorlage gegeben haben. Diese Industrie umfasst heute ·-- nach dem Baugewerbe --- die grosste Zahl der Beschäftigten aller industriellen Erwerbszweige und bildet eine der bedeutendsten Arbeits- und Ver dienst quellen des Landes. Nach der eidgenössischen Betriebszahlung vom Jahr 1929 betrug die Zahl der Beschäftigten rund 104,000, diejenige der Ernährten mehr als doppelt so viel. Dabei ist zu beachten, dass die Maschinenindustrie auch für verschiedene andere Erwerbszweige in weitgehendem Masse Arbeitsgelegenheit schafft, so für die Metallindustrie, das Baugewerbe und die Verkehrsanstalten, dass sie eine ·wichtige Abnehmerin für elektrische Kraft darstellt und dass erhebliche Teile des Volksvermògens in ihr investiert sind.

Über den Bückgang des Exports in der Maschinenindustrie geben folgende Zahlen näheren Aufschluss: Jahr

Wert in Millionen Franken')

1927 1928 1929 1930 1931 1932

284 294 810 291 200 116

Der Exportrückgang von 1929 bis 1932 belauf t sich auf 194 Millionen Franken = 62,6 %. Im gleichen Zeitraum -- auf Jahresende berechnet--ist dio Zahl der ganzlich Arbeitslosen in der Berui'sgruppe «Metall-, Maschinen- und elektrotechnische Industrie» von 760 auf 12,012 und die Zahl der von der Statistik erfassten Teilarbeitslosen von 315 (bei einem Bestand von 46,167 Kassenmitgliedern) auf 13,025 (bei einem Bestand von 55,497 Kassenmitgliedern) gestiegen.

Die Ursachen dieses starken Abfalles der schweizerischen Exportkurve sind bekannt. Hierher gehören die industrielle Verselbständigung früherer Absatzgebiete, die verminderte Kaufkraft der Kunden, zoll- und währungspolitische Massnahmen des Auslandes wie auch namentlich das durch Verschlechterung der Valuten und Gewährung von Exportprämien aller Art ermöglichte «dumping», ferner Schwierigkeiten im Zahlungsverkehr und nicht ') Zollpoeitionen Nrn. 879 bis 924, 937 bis 965.

879 zuletzt das zunehmende Kreditrisiko im Zusammenhang mit der unsichern politischen und -wirtschaftlichen Lage mancher Staaten. Leider besitzen wir nur geringe Möglichkeiten, um auf diese verschiedenen Erscheinungen, aus denen sich die Not unserer Exportindustrie erklärt, einen Einfluss auszuüben; vielmehr müssen sich unsere Anstrengungen in der Hauptsache darauf beschränken, ihre schlimmen Folgen für unsere Wirtschaft so weit als möglich zu lindern. Der Bückgang der schweizerischen Gesamtausfuhr ist im ersten Semester des laufenden Jahres allerdings zum Stillstand gelangt, doch kann eine eigentliche Belebung der Ausfuhrtätigkeit bis jetzt nicht festgestellt werden. Die Maschinenindustrie weist im ersten Halbjahr 1933, verglichen mit derselben Zeitspanne des Vorjahres, sogar ein weiteres Absinken der Ausfuhrwerte auf. Namentlich aber ist zu berücksichtigen, dass die schwierige Situation, in der sich unsere Exportindustrie befindet, nun schon längere Zeit anhält, dass zahlreiche Unternehmungen die Reserven aufgezehrt sowie starke Verluste erlitten haben und ihre Betriebe nur unter beträchtlichen Opfern bis dahin aufrechterhalten konnten. Bessern sich die Verhältnisse nicht, so ist mit Sicherheit damit zu rechnen, dass die hauptsächlich für die Ausfuhr arbeitenden Unternehmungen genötigt sein werden, weitere Entlassungen vorzunehmen. Unter diesen. Umständen gibt die Lage der schweizerischen Exportindustrie, besonders auch der Maschinenindustrie, für welche die Möglichkeiten einer Umstellung auf den Inlandsabsatz sehr gering sind, weiterhin zu ernsten Besorgnissen Anlass. Gleichzeitig bildet sie auch jetzt wieder den Grund zur Prüfung, durch welche Mittel sich gewisse Erleichterungen erzielen liessen.

II. Bisherige Hilfsmassnahmen.

Der Bund hat bereits auf verschiedenen Wegen versucht, der bedrängten Exportindustrie zu Hilfe zu kommen. Wir erinnern an die Clearingverträge und an den sogenannten Kompensationsverkehr, worüber wir Ihnen bereits mehrmals berichtet haben *). Wir verweisen insbesondere auch auf den Bundesbeschluss vom 14. Oktober 1933 über wirtschaftliche Massnahmen gegenüber dem Ausland, durch den der Bundesrat ermächtigt wurde, ausser den bisherigen Vorkehrungen im Rahmen des Kompensations- und Clearingverkehrs weitere ihm geeignet erscheinende wirtschaftliche oder finanzpolitische Hilfsmittel, wie namentlich die Beschränkung des Zahlungsverkehrs, im Interesse unserer Exportindustrie anzuwenden 2). Zu erwähnen sind ferner die in den letzten Jahren beschlossenen Aktionen für einzelne Industrien, wie die Uhren- und die *) Siehe IL, III., V. und TO. Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Massnahmen, die gemäss Bundesbeschluss vom 23. Dezember 1931 über die Beschränkung der Einfuhr erlassen worden sind, Bundesbl. 1932, Bd I, S. 933; Bundesbl. 1932, Bd. II, S. 467; Bundesbl. 1933, Bd. I, S, 437; Bundesbl. 1933, Bd. II, S. 365.

3 ) A. S. 49, 811.

880 Stickereiindustrie *), Wir denken endlich auch an den Bundesbeschluss vom 18. März 19322) über produktive Arbeitslosenfürsorge, der es ermöglicht, schweizerischen Unternehmern unter bestimmten Voraussetzungen Fabrikationszuschüsse an Exportaufträge zu bewilligen. Auch über diese Massnahme sind Ihnen sowie den hiefür bestellten parlamentarischen Kommissionen verschiedene Berichte zugegangen3).

Wir waren uns von Anfang an darüber klar und haben uns auch mehrfach dahin geäussert, dass von den genannten Mitteln keineswegs ein entscheidender Einfluss auf die Lage der schweizerischen Exportindustrie zu erwarten sei.

Man konnte lediglich hoffen, damit in beschränktem Rahmen eine gewisse Hilfe zu bieten und den um. ihre Existenz ringenden Unternehmungen das Durchhalten zu erleichtern. Es ist unter diesen Umständen begreiflich, dass nicht selten von einzelnen Esportunternehmungen Unterstützungsbegehren eingereicht wurden, die keine Berücksichtigung finden konnten, da dio geltenden gesetzlichen Bestimmungen hiezu keine Handhabe boten. Solche Falle legten die Frage nahe, ob die bestehenden Massnahmen irgendwie zu ergänzen oder zu erweitern seien. So hat denn der Nationalrat in der Frühjahrssession 1933 ein Postulat angenommen, das uns ersucht, zu prüfen, in welcher Weise die produktive Arbeitslosenfürsorge im Sinne der Krisenabwehr -wirksamer gestaltet werden könne. In der gleichen Session gaben die gesetzgebenden Räte diesem Gedanken praktisch Ausdruck, indem sie sich auf unseren Antrag hin damit einverstanden erklärten, dass von dem für die Durchführung der produktiven Arbeitslosenfürsorge zur Verfügung stehenden Kredit von 2% Millionen Franken rund eine Million zur Übernahme von Exportrisikon Verwendung finde. Den Anlass hierzu bildete die kollektive Eingabe dreier schweizerischer "Maschinenfabriken, die den Bund ersuchten, zur Ermöglichung einer grossen überseeischen Esportlieferung die teilweise Deckung eines allfälligen Verlustes zu garantieren, der sich für sie bei der Abwicklung des Geschäftes ergeben könnte. Obwohl dieser Auftrag in der Folge der schweizerischen Industrie verloren ging, kam das Problem der staatlichen Eisikodeckung als solches nicht zur Buhe. Vielmehr wurde, namentlich von Unternehmungen der Maschinenindustrie, immer wieder und in zunehmendem Masse das Begehren gestellt, ihnen
durch Beteiligung an der Tragung des Verlustrisikos den Abschluss gewisser Exportgeschäfte zu ermöglichen. Derartigen Gesuchen konnte nicht ') Siehe Bundesbeschluss vom 26. September 1931 über die Unterstützung der Uhrenindustrie, A. S. 47, 661, und Bundesbeschlüsse über die staatliche Hilfeleistung für die schweizerische Stickereiindustrie aus den Jahren 1922, 1926 und 1930, A. S. 38, 538, 42, 29, 46, 767, sowie Bundesbeschluss vom 23- Dezember 1932 über die Hilfeleistung für die schweizerische Schifflilohnstickerei, A. S. 48, 833.

a ) A S. 48, 148.

3 ) Botschaft vom H. März 1932, Bundesbl, 1932, Bd. l, S. 601; Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung vom 10. Juni 1932 betreffend produktive Arbeitslosenfursorge, Bundesbl. 1932, Bd. II, S. l, mit ergänzenden Mitteilungen des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements vom 12. November 1932 und 20. Februar 1933.

881 entsprochen werden, denn der Bundesbeschluss über produktive Arbeitslosenfürsorge sieht eine Hilfe dieser Art nicht vor. Wohl war mit besonderer Genehmigung des Parlamentes ein gewisser Betrag aus dein für die Gewährung von Fabrikationszuschüssen bereitgestellten Kredit zur Übernahme von Exportrisiken reserviert worden. Diese Summe wurde jedoch für einen ganz konkreten Fall ausgeschieden. Aber selbst angenommen, dass nunmehr, nachdem jenes Geschäft nicht zustandegekommen ist, -wiederum frei über den Betrag verfügt werden dürfte, so wäre er doch unzureichend, um der Bisikoübernahme durch den Bund in weiterem Umfang zu genügen. Soll durch das Mittel der Risikogarantie etwas Wirksames zustande kommen, so muss dafür eine besondere Grundlage von genügender Tragfähigkeit geschaffen werden.

III. Risiltogarantie.

1. Allgemeines und Massnahmen des Auslandes.

Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Nachkriegszeit zwangen die andern Exportländer, der Förderung ihres Aussenhandels besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Vor allem galt es, die Finanzierung des Exportes zu erleichtern und das mit dem Exportgeschäfte verbundene "Kreditrisiko zu verringern.

Die unaljgeklärten und wenig stabilen wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse in zahlreichen Absatzländern, die immer länger bemessenen Zahlungsfristen, die der Exporteur wohl oder übel in Kauf nehmen muss, da ohne dieses Zugeständnis ein Geschäftsabschluss oft gar nicht möglich wäre, das Erfordernis, infolge des Verlustes früherer Absatzgebiete neue, nicht selten kapitalschwache Absatzmärkte aufzusuchen, für welche geschäftliche Erfahrungen fehlten, sowie zahlreiche Erschwerungen, die der sich verschärfende Konkurrenzkampf den Exportunternehrnungen brachte, führten zu einer bedeutenden Erhöhung des Kreditrisikos, die selbst wiederum, die Finanzierung des Exportes sehr ungünstig beeinflusste. Da der Unternehmer seine Arbeiter und Lieferanten sofort oder innert kurzer Frist zu bezahlen hat, während er seinerseits auf die Bezahlung für. die von ihm ausgeführte Ware oft lange Zeit warten muss, ist er auf die Finanzierung seiner Exporte angewiesen. Erst dadurch wird es dem einzelnen Exporteur ermöglicht, Geschäfte abzuschliessen, auf die er sonst mangels genügender eigener Geldmittel verzichten müsste. Die Exportfinanzierung wird jedoch erschwert durch die vorhandenen Exportrisiken, unter denen das Kreditrisiko, das sich aus der Kreditgewährung des Exporteurs an den ausländischen Kunden ergibt, wohl an erster Stelle steht. Das starke Anwachsen dieses Bisikos und die damit verbundene Erschwerung der Exportfinanzierung veramassten die in ihrem Lebensinteresse immer stärker bedrohte Exportindustrie, staatliche Massnahmen zu verlangen, um damit den genannten Schwierigkeiten entgegenzutreten und den lahmgelegten Export zu beleben.

Zu diesem Zwecke haben die ineisten europäischen Länder ExportkreditVersicherungen, Exportkreditgarantien, Ausfallbürgschaften oder ähnlich bezeichnete staatliche Einrichtungen geschaffen. Das erste Land, das -- im

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Jahre 1919 -- ein derartiges System der Kreditsicherung schuf, war England.

Belgien, Holland, Frankreich, Deutschland, Österreich, Italien, die Tschechoslowakei, Dänemark, Norwegen, Finnland, Estland und Polen sind später (meist seit 1926) gefolgt. Die Formen dieser Hilfe sind sehr mannigfaltig. In gewissen Ländern ist die Organisation eine rein staatliche, in andern findet dagegen eine Zusammenarbeit des Staates mit der privaten Kreditversicherung statt in der Weise, dass eine private Versicherungsgesellschaft die direkte Versicherung des Exportkreditrisikos übernimmt, während der Staat die Eolle des Bückversicherers gegenüber der Versicherungsgesellschaf t spielt. Bei manchen Systemen, die sich der eigentlichen Versicherung nähern, hat der Exporteur für den ihm gewährten Schutz eine Prämie zu zahlen ; bei anderen Systemen wiederum fehlt diese Bedingung. Auch im übrigen sind die Voraussetzungen und Modalitäten der Garantieleistungen in den einzelnen Ländern sehr verschieden, und teilweise kommen sogar in einem und demselben Lande mehrere Systeme gleichzeitig zur Anwendung. Der Grundgedanke aber ist überall derselbe : durch die staatliche Übernahme eines Teiles des Kreditrisikos und die damit verbundene Erleichterung der Exportfinanzierung die Ausfuhr zu fördern und vermehrte Arbeitsgelegenheit zu schaffen.

Es ist schwer, über die Wirkung der staatlichen Exportkreditversicherung oder Bisikogarantie in den einzelnen Ländern ein sicheres Urteil abzugeben, da der Einfluss dieser ilassnahme auf die Exporttätigkeit sich nicht isoliert feststellen lässt. Doch scheint es, dass damit befriedigende Erfahrungen erzielt worden sind. Dafür spricht die Tatsache, dass zahlreiche Staaten nun bereits seit einer langen Beihe von Jahren davon Gebrauch machen und dass zurzeit fast alle europäischen Exportländer diese Art der Exporthilte ihrer Industrie in irgendeiner Form und vielfach mit Aufwendung grosser Mittel gewähren.

Häufig beläuft sich die staatliche Garantie bis zu 75 % des Lieferungswertes der Ware, und in Ausnahmefällen erreicht die Garantiequote sogar 90 %.

Dabei beträgt die Garantiesumme, für die sich der Staat insgesamt verpflichten darf, in gewissen Ländern Hunderte von Millionen Schweizerfranken. Es ist deshalb in Gesuchen schweizerischer Industrieller um Bewilligung von Bisikogarantien wiederholt
auch schon aui diese bedeutende Unterstützung hingewiesen worden, die das Ausland seiner Exportindustrie zuteil werden lässt, wobei betont wurde, dass unsere eigene Exportindustrie vergleichsweise um so mehr benachteiligt sei, als sie nicht nur einer ähnlichen Hilfe entbehre, sondern daneben noch naît höheren Produktionskosten rechnen müsse.

2. Das Problem in der Schweiz.

Im Anschluss an die im Ausland nach Beendigung des Krieges getroffenen Massnahmen wurde auch in der Schweiz die Frage der staatlichen Exportkreditversicherung oder Bisikogarantie wiederholt erörtert. Insbesondere hat die schweizerische Maschinenindustrie, seitdem die Wirtschaftskrise dem Export wachsende Schwierigkeiten bereitet, in verschiedenen Eingaben und Besprechungen eine Stützung ihrer Ausfuhr mit Hilfe staatlicher Sicherungen zur Ver-

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minderung des Kreditrisikos verlangt. So heisst es in der am 26. April 1932 vom Verein schweizerischer Maschinenindustrieller in seiner ausserordentlichen Generalversammlung beschlossenen Resolution: «Der Verein betrachtet eine Exportkreditversicherung unter Mitwirkung des Staates nach dem Beispiel anderer Länder als unerlasslich, um der Maschinenindustrie durch Teilung der Eisiken den Export nach Absatzgebieten zu ermöglichen, denen langfristige Zahlungsbedingungen eingeräumt werden müssen.» Dieses Postulat ist seither mehrmals wiederholt worden. Die Gewährung langer Zahlungsfristen (von 14, 18, 24 Monaten und noch länger) bietet nach der Überzeugung der schweizerischen Maschinenindustriellen noch eine der letzten Möglichkeiten, um neue Auftrage hereinzubringen und weitere Betriebseinschränkungen zu vermeiden.

Die einzelnen Firmen sind jedoch selten in der Lage, diesen Forderungen der ausländischen Käufer zu entsprechen, da ihnen einmal die hierzu nötigen finanziellen Betriebsmittel fehlen und anderseits das Verlustrisiko, sofern die Firma es allein tragen inuss, in keinem Verhältnis zu dem bei den gedrückten Preisen möglichen Geschäftsgewinn steht. In der Schweiz gibt es -- von vereinzelten Ausnahmen abgesehen -- keine Versicherungsgesellschaft, die das Exportkreditrisiko versichert, und die ausländischen Versicherungsgesellschaften verlangen derart hohe Prämien, dass es für die schweizerischen Exportfirmen unmöglich ist, den Prämienbetrag auf den Preis ihrer Produkte zu schlagen.

Daraus ergibt sich, dass die Bisikodeckung, die durch die Einräumung der vom ausländischen Käufer geforderten langen Kreditfristen zur Notwendigkeit wird, nur mit Hilfe des Staates durchführbar ist.

Auf kantonalem Boden hat das Postulat der Maschinenindustrie bereits eine gewisse Verwirklichung gefunden, indem Kanton und Stadt Zürich im Jahr 1988 die Übernahme von Ausfallburgschaften für Maschinenlieferungen in beschränkter Form beschlossen haben. Kanton und Stadt garantieren je 20 % der Lieferungssumme; der Gesamtbetrag der Garantiesumme ist von beiden auf je Fr. 500,000, zusammen also l Million Franken, im Maximum bemessen worden. Es ist aber von vorneherein klar -und ist auch von den Beteiligten ohne weiteres anerkannt worden, dass das Problem der Übernahme staatlicher Garantion zur Förderung der Ausfuhr von einer
Bedeutung und Tragweite ist, dass es sich im Gebiete eines einzelnen Kantons nur sehr unvollkommen lösen lässt und dass eine eidgenössische Regelung notwendig ist, um die Hilfe genügend umfassend und wirksam zu gestalten.

Wir sind bis dahin der Frage der staatlichen Eisikogarantio mit einer gewissen Zurückhaltung gegenübergestanden. Grundsätzliche Erwägungen wirtschaftlicher und politischer Art wie auch finanzielle Gesichtspunkte und die Auffassung mancher industriellen Kreise selbst, die sich nicht durchwegs mit dieser Form der Unterstützung befreunden konnten, bedingten diese Stellungnahme. Die andauernde Not unserer Exportindustrie zwingt uns aber, aus dieser Reserve herauszutreten und gewisse Bedenken, die bisher bestanden haben, in den Hintergrund zu stellen.

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Die grosse Bedeutung und die Vorzüge, die der staatlichen Eisikogarantie eigen sind, lassen sich nicht verkennen. So besitzt die Eisikogarantie vor den staatlich unterstützten Nötstandsarbeiten den Vorteil, dass sie dem Arbeiter in seinem Beruf an gewohnter Stelle weiterzuarbeiten gestattet und dass sie es dem Unternehmer erleichtert, den Betrieb fortzusetzen, .wertvolle alte Geschäftsbeziehungen aufrechtzuerhalten oder sogar neue anzuknüpfen.

Des weitern ist zu berücksichtigen, dass es sich bei Notstandsarbeiten um Inlandsaufträge handelt, für deren Bezahlung die Schweiz ausschliesslich selbst aufzukommen hat, während bei Aufträgen, für die eine Eiäikogarantie bewilligt wird, die Aufwendungen für Löhne und Gehälter letzten Endes durch den ausländischen Käufer bestritten werden und eine Belastung des Inlandes nur dann stattfindet, wenn der Käufer seine Zahlungsverpflichtungen nicht erfüllt.

Dazu kommt, dass die Bereitstellung geeigneter Xol.standaarbe.iten oft Schwierigkeiten begegnet, dass der praktische volkswirtschaftliche "Wert der auf diesem Wege ermöglichten Leistungen zuweilen nicht sehr gross ist und dass es im Grunde immer nur Arbeiten, sind, deren Ausführung auf Kosten der Zukunft vorweggenommen worden ist. Die Eisikogarantie ergänzt anderseits die produktive Arbeitslosenfürsorge dadurch, dass sie diejenigen nicht seltenen Eälle berücksichtigt, in denen nicht so sehr der niedrige Kaufpreis als das Kreditrisiko dem Abschluss des Geschäftes hindernd im Wege steht. Es liegt uns übrigens fern, eine Hilfsmassnahme gegen die andere auszuspielen. Jede kann auf ihre Weise Nützliches schaffen und zur Milderung der Krise beitragen. Keine kann die andere ersetzen und von keiner -- das gilt auch von der staatlichen Eisikogarantie -- dürfen umwälzende Wirkungen auf die durch die allgemeine Wirtschaftskrise bedingte Lage unserer Export-industrie erwartet werden. Je länger aber die wirtschaftliche Notlage andauert, desto mehr muss alles versucht werden, was geeignet erscheint, der Industrie gewisse Erleichterungen zu verschaffen und die Arbeitslosigkeit einzudämmen. Es scheint uns, dass nunmehr die Zeit gekommen ist, unter den verschiedenen Massnahmen, welche diesem gemeinsamen Zwecke dienen, auch der staatlichen Eisikogarantie einen Platz einzuräumen, und wir sind überzeugt, dass der Einsatz dieses
Mittels auch im Sinne des oben(Seite880)erwähntennationalrätlichenPostulates liegt. Übrigens ist eine sehr einfache Regelung geplant, deren Grundgedanke darin besteht, dass der Bund dem Exporteur die Deckung eines Teiles des Verlustes zusichert, der sich für diesen aus der Übernahme bestimmter, mit besondern Eisiken verknüpfter Exportaufträge ergeben kann. Es handelt sich also nicht um eine eigentliche Versicherung, noch um eine besondere Organisation, welche die Schaffung eines neuen Apparates notwendig machen würde. Dem Unternehmer aber, der allenfalls schon während der Fabrikationsperiode Geldmittel braucht, dürfte es auf Grund der vom Bund zugesicherten Garantieleistung verhältnismässig leicht sein, bei einer Bank den nötigen Kredit zu bekommen. Hervorzuheben ist auch, dass bei der vorgesehenen Regelung der Bund dem Land gegenüber, nach dem der Export stattfindet, in keinerlei rechtliche Beziehungen tritt; vielmehr handelt es sich um eine Angelegenheit rein interner Natur, die

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sich ausschliesslich zwischen dem Bund und dem schweizerischen Unternehmer abspielt.

3. Finanzielle Tragweite.

Bei dor Beurteilung der Tragweite der Risikogarantie für die Bundesfinanzen darf nicht übersehen worden, dass dem Bund nur dann eine Ausgabe erwachst, wenn der schweizerische Fabrikant auf einem durch dio Garantie geschützten Geschäft einen Zahlungsausfall erleidet. Ferner ist zu berücksichtigen, dass das Nichtzustandekommen solcher Geschäfte, dio nur mit Hilfe einer staatlichen Eisikogarantie durchführbar sind, oinc St eigerung der Arbeitslosigkeit zur Folge hätte, die dein Bund eine Belastung in Form von Beitragen an Arbeitsloscnkassen und Krisenunterstützung an Arbeitslose brächte. Nach zuverlässigen Schätzungen betragen in der Maschinen- und Metallindustrie dio direkten Lohnaufwendungen durchschnittlich 55 bis 60 % des gesamten Produktionswertes odor Umsatzes; dazu kommen indirekte Anzahlungen für Arbeitsleistungen, wie Lohne an Arbeiter inNebenbetrieben,, für Lichtund Kraftzufuhr, für Transporte u, a. m., die weitere 15 bis 20 % ausmachen, so dass wohl gesagt werden darf, dass die von der Maschinen- und Metallindustrie produzierten Guter im. Mittel zu ungefähr 70 bis 75 % inländische Arbeitswerte darstellen. Kann ein Auftrag nicht übernommen, müssen deshalb die dafür benötigten Arbeiter entlassen werden, und fallen diese zu Laston einer Arbeitslosenkasse, s o belaufen sich d i e Taggclder, welche ihnen d i e dienstes. Diese Taggelder betragen also, -nenn einLohnquotientt von CO % des Verkaufspreises zugrunde gelegt wird, 33 % dieses Verkaufspreises, Gelänge os somit, durch eine bis zu 35 % oder ausnahmsweise bis zu 50% des Verlustes deckende Garantieleistung dos Bundes im Umfang von 10 Millionen Franken Auftrage für einen Betrag von etwa 25 Millionen Franken erhältlich zu machen, so könnte dadurch eine Lohnsumme von ca. 14 Millionen Franken oder, unter Inbegriff der indirekten Auslagen für Arbeitsleistungen, eine solche von ca. 18 Millionen Franken im Lande zur Auszahlung gelangen.

Würden die Empfänger dieser Lohnbeträge -- wobei nur mit den direkten Lohnaufwendungen gerechnet werden mag -- zu Lasten einer Arbeitslosenversicherung fallen, so müsste ihnen ein Betrag von 7,7 Millionen Franken an Taggeldern ausbezahlt werden. An diese Taggelder hätte der Bund einen Betrag von durchschnittlich 35 %, also von 2,7 Millionen Franken zu bezahlen; der Rest fiele zu einem grossen Teil zu Lasten der
Kantone und Gemeindon.

Nimmt man an, dass der Bund nicht mehr als ein Viertel der verbürgten Garantiesumme ausrichten muss -- eine Annahme, dio wohl nicht übertrieben ist --, so hätte er von den genannten 10 Millionen höchstens 2,5 Millionen zu bezahlen, während die Arbeiter, die dadurch beschäftigt werden, im Fall der Arbeitslosigkeit -- sofern sio Taggelder aus der Arbeitslosenversicherung beziehen --- nach der oben angestellten Berechnung 7,7 Millionen erhalten

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würden, woran der Bund 2,7 Millionen Franken zu entrichten hätte. Somit wurde die vom Bund zu bezahlende Garantiesumme den Bundesbeitrag an die Arbeitslosenkassen nicht einmal ganz erreichen, während die Subventionen der Kantone und Gemeinden an die Taggelder der Arbeitslosen ganz eingespart würden.

Es darf eben nicht übersehen werden, dass die Garantieleistung des Bundes in der Höhe von 50 % des allfälligen Verlustes das äusserste theoretische Maximum darstellt, für das sich der Bund verpflichtet, während die wirkliche Beanspruchung des Kredites unter allen Umständen eine wesentlich geringere sein wird. Je weiter aber die erforderlichen Auszahlungen hinter dem verbürgten Garantiebetrag zurückbleiben, desto grösser ist im Verhältnis zu den effektiven Kosten des Bundes der Wert, der durch die Garantieleistung ermöglichten Aufträge und die für die Ausführung der Aufträge zu entrichtende Lohnsumme, desto grösser wäre aber auch bei Wegfall dieser Aufträge die Belastung des Bundes.durch die Arbeitslosenversicherung. Die tatsächliche Nutzwirkung, die sich mit einem für die Gewahrung von Bisikogarantien verfügbaren Kredit von 10 Millionen Franken erreichen lässt, ist somit in Wirklichkeit wesentlich grösser, als aus den oben angeführten Zahlen hervorgeht.

Die Übernahme von Eisikogarantien durch den Bund bedeutet also nach unseren Schätzungen gegenüber den mutmasslichen Aufwendungen für die Arbeitslosenversicherung und die Krisenhilfe, mit denen sonst zu rechnen wäre, keine besondere Belastung für die Bundesfinanzen. Aber selbst wenn diese Belastung eine grössere wäre, so müsste ein Vergleich in Anbetracht der bedeutenden moralischen Vorteile, welche die Weiterbeschäftigung der Arbeiter an ihrer Arbeitsstätte gegenüber der unproduktiven Arbeitslosenfürsorge aufweist, zugunsten der Risikogarantie ausfallen. Nun muss aber betont werden, dass namentlich bei langem Andauern der Arbeitslosigkeit aus ethischen und praktischen Gründen Arbeitsgelegenheiten geschaffen werden müssen. Zu diesem Zwecke werden von den Kantonen und Gemeinden mit Unterstützung des Bundes Notstandsarbeiten ausgeführt, die im allgemeinen nur Bauarbeiten sein können und dem Arbeiter keine Gelegenheit bieten, sieh in seinem Berufe zu betätigen, seme Fertigkeiten weiter auszubilden und einen ordentlichen Lohn zu verdienen. Solche
Notstandsarbeiten kommen aber die Öffentlichkeit weit teurer zu stehen als die hier von uns empfohlene Kisikogarantieleistung. Könnte dank der Bewilligung einer Garantiesumme von 10 Millionen Franken die Maschinenindustrie für ca. 25 Millionen Franken. Aufträge erhalten, so würden in diesen Aufträgen nach den oben gemachten Ausführungen etwa 14 Millionen direkte produktive und etwa 4 Millionen indirekte Löhne stecken. Wollte man Notstandsarbeiten ausführen, für die eine Lohnsumme von 14 Millionen Franken auszurichten wäre, so würden diese -- zum guten Teil unproduktiven -- Arbeiten Bund, Kantone und Gemeinden schätzungsweise etwa 40 Millionen kosten, wovon rund 10 Millionen zu Lasten des Bundes gingen. Dagegen betrüge die entsprechende Belastung des Bundes beim System der Bisikogarantie, wenn mit einem effektiven Verlust von 25 % der Garantiesumme

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gerechnet wird, nur 2,5 Millionen Franken. Noch wesentlich günstiger würden sich vergleichsweise Kantone und Gemeinden stellen, so dass, selbst wenn die Verlustquote tatsächlich höher ausfallen sollte, die Beschaffung von Exportaufträgen mit Hilfe der Bisikogarantie eine gewaltige Entlastung von Bund, Kantonen und Gemeinden und überdies eine rationellere Beschäftigung des Arbeiters zur Folge hätte. Im übrigen wird bei der Durchführung der staatlichen Bisikogarantie namentlich durch eine genaue Prüfung der einzelnen Gesuche und durch eine sorgfältige Verteilung der Bisiken nach Möglichkeit dafür gesorgt werden müssen, dass die tatsächlichen Verluste des Bundes aus den von ihm übernommenen Verpflichtungen eine angemessene Grenze nicht übersteigen.

Auch wird, wie hier nebenbei bemerkt werden mag, um nicht einzelne Firmen vor andern ungebührlich zu begünstigen, der Umfang der Garantiebewilligungen in ein angemessenes Verhältnis gebracht werden müssen zur bisherigen Grosse des Exportes der Unternehmungen, welche oine Bisikogarantie nachsuchen.

IV. Schlussfolgeruiig.

Zusammenfassend ist zu sagen, dass es -- abgesehen von den soeben angestellten finanziellen Erwägungen -- im Interesse unserer Volkswirtschaft liegt, alles daran zu setzen, um unserer Exportindustrie, insbesondere der stark gefährdeten Maschinenindustrie, das Durchhalten zu ermöglichen. Versagen wir ihr in der jetzigen schwierigen Lage die notwendige Hilfe, so wird sie mehr und mehr durch die ausländische Konkurrenz -- welche ihrerseits erhebliche Unterstützungen des Staates geniosst --- vom Weltmarkt verdrängt werden.

Dies würde aber nicht nur für die unmittelbare Gegenwart, sondern auch für die weitere Zukunft die schwersten Folgen haben. Wertvolle Geschäftsverbindungen würden dauernd verloren gehen. Die Industrie wurde ihre Fähigkeit, «ich weiter zu entwickeln und zu vervollkommnen, einbüssen. Sie wurde nicht mehr über die alte geschulte Arbeiterschaft verfugen und liefe Gefahr, technisch in .Rückstand zu geraten, so dass sie auch bei einer Wiederkehr günstigerer .Zeiten ihrer Aufgabe nicht mehr voll gewachsen wäre. Eine solche Entwicklung muss mit allen Kräften verhindert werden. Ferner ist zu berücksichtigen, dass die zahlreichen Schwierigkeiten, die sich unserem Exporte entgegenstellen, naturgemäss der Auswanderung der Industrio Vorschub leisten. Es ist nicht nötig, hier im einzelnen die schädlichen Folgen dieser Erscheinung für unsere Wirtschaft auseinanderzusetzen; es genügt, darauf hinzuweisen, dass die Expatriierung der Industrie Beschäftigungsmöglichkeiten, die big dahin in unserem iande bestanden haben, dauernd ausschaltet und die Arbeitslosigkeit dementsprechend erhöht. Auch die von dieser Seite her drohende Gefahr können und müssen wir bekämpfen, indem wir der Exportindustrie in ihrer schwierigen Lage nach Möglichkeit beistehen.

Als Mittel zu diesem Zwecke empfiehlt sich die staatliche Eisikogarantie als eine der rationellsten Massnahmen zur Beschaffung von Arbeit, Denn die auf diese Weise ermöglichte Beschäftigung kommt nicht nur dem Unternehmer

888 und dem Arbeiter in den unterstützten Betrieben selbst zugute. Sie hat, da essich um Auslandsaufträge handelt, für die nicht wir selber die Mittel aufbringen müssen, vielmehr noch den grossen Vorteil, dass sie zur Verbesserung unserer Handels- und Zahlungsbilanz beiträgt und damit für unsere ganze Volkswirtschaft einen effektiven Gewinn bedeutet, bleibt doch bis auf die Kosten für das Rohmaterial und dessen Transport vom Ursprungsland an die Schweizergrenze der gesamte Ertrag im eigenen Land. Man kann sich allerdings fragen, ob neben der Eisikogarantie nicht noch andere Massnahmen in den Dienst dieser Aufgabe zu stellen wären. Angesichts der ausserordentlich ernsten Lage unserer Industrie wäre es zweifellos gerechtfertigt, dafür noch weitere Hilfsmittel einzusetzen.

Durch die Befugnis des Bundes, unserer Exportindustrie unter gewissen Voraussetzungen" Risikogarantien zu bewilligen, würde der Bundesbeschluss vom 18. März 1932 über produktive Arbeitslosfürsorge, der die Ausrichtung von Fabrikationszuschüssen vorsieht, eine im Sinne des oben (S. 880) erwähnten nationalrätlichen Postulates liegende wertvolle Ergänzung erhalten. Der Bund könnte in manchen Fällen eine Hilfe gewähren, die er bis dahin, da die gesetzlichen Voraussetzungen hiezu fehlten, versagen musste, obgleich die Umstände eine Unterstützung als gerechtfertigt und wünschbar erscheinen Hessen. Meist wird im einzelnen Unterstützungsfall nur eine Form der Export hilfe anzuwenden sein. Es ist aber nicht aufgeschlossen, dass je nach den Umstanden in gewissen Fällen auch eine kombinierte Hilfe angebracht erscheine mag, z. B. so. dass die Gewährung eines Fabrikationszuschusses mit der Übernahme einer Eisikogarantie verbunden wird. Je nachdem käme auch noch die gleichzeitige Verwendung der durch den Clearing- und Kompensationsverkehr gegebenen Möglichkeiten in Frage.

Die Gewährung von Risikogarantien soll sich auf Exporte der Produktionsgüterindustrie, das bedeutet hier praktisch der Maschinenindustrie (einschliesslich des Baues von Instrumenten und Apparaten), beschränken. Diese Einschränkung ergibt sich aus den besonderen Bedürfnissen und Schwierigkeiten dieser Industrie wie auch aus der Eigenart der geplanten Massnahme. Die Einräumung derart langfristiger Zahlungsbedingungen, dass das daraus entstehende Kreditrisiko Deckung durch
staatliche Garantien benötigt, lässt sich offenbar überhaupt nur soweit rechtfertigen, als es sich um den Export von Gütern handelt, deren Herstellung und Ablieferung selbst oft beträchtliche Zeit in Anspruch nimmt und die nicht wie Verbrauchsgüter rasch aufgezehrt werden, sondern langdauernden Bestand haben. Sodann soll die geplante Bundeshilfe nur für Aufträge bewilligt werden, die in bedeutendem Umfang Arbeitsgelegenheit schaffen. Dabei wird unbedingt dafür gesorgt werden müssen, dass die Unterstützung nicht zu gegenseitigen Preisunterbietungen schweizerischer Firmen und zu einem verschärften internen Konkurrenzkampf führt. Auch aus diesen Gründen lässt sich diese Massnahme nicht auf Industriezweige mit zahlreichen kleinen und mittleren Betrieben ausdehnen, deren Verhältnisse schwor zu übersehen und zu kontrollieren sind und bei denen infolgedessen

889 eine volkswirtschaftliche rationelle Anwendung der Hilfe auf unüberwindliche Hindemisse stossen wurde.

Besonders zu erwähnen ist, dass die vorgeschlagene Massnahme und die im nachfolgenden Entwurf eines Bundesbeschlusses enthaltene Eegelung in zahlreichen Besprechungen mit don zuständigen Organen der schweizerischen ^laschinenindustrie eingehend erörtert -worden sind und ihre volle Billigung gefunden haben. Auch der Vorort des schweizerischen Handels- und Indu&tricverems hat, gestützt auf einen Beschluss der Schweizerischen Handelskammer, dazu seine ausdrückliche Zustimmung gegeben. Es handelt sich somit darum, den Bundesrat zu ermächtigen, in den Dienst der Arbeitsbeschaffung und der Knsenbekampfung ein bestimmtes weiteres Hilfsmittel zu stellen, dessen Anwendung die massgebenden Kreise der Industrie selber als notwendig, aber auch als geeignet bezeichnen, um die Konkurrenzfähigkeit zu heben und damit die bestehende Notlage zu mildern.

T. Erläuterungen zum Entwurf des Bundesbeschlusses.

Art. 1.

Dieso Bestimmung stellt den Grundsatz auf, wonach der Bund im Interesse der Arbeitsbeschaffung befugt ist, die Übernahme gewisser mit besonderen Bisiken verbundener Exportauftrage der Produktionsgüterindustrie -- d. h., wie schon ausgeführt wurde, der Maschinenindustrie mit Einschluss des Baues von Instrumenten und Apparaten -- dadurch zu erleichtern, dass er dem Exporteur die teilweise Deckung eines allfallig eintretenden Verlustes zusichert.

Diese besonderen Bisiken sind namentlich bedingt durch die langen Zahlungsfristen, innert deren allerlei wirtschaftliche oder politische Veränderungen in dem Lande, nach welchem der Export stattgefunden hat, möglich sind, die auf den Eingang der vom ausländischen Käufer geschuldeten Zahlung einen wesentlichen Einfluss ausüben können (wie Verschlechterung fremder Wahrungen, Transferschwierigkeiten u. dg].). Soweit es sich um private Schuldner handelt, wird der Schutz der staatlichen Bisikogarantie gegen Zahlungsunfähigkeit nur beansprucht werden können, wenn diese durch äussere Verhältnisse verursacht ist, für die der Schuldner persönlich nicht verantwortlich gemacht werden kann (z. B. politische Wirren) ; dagegen hat der schweizerische Exporteur das durch die persönliche Kreditwürdigkeit des Schuldners bedingte Bisiko nach wie vor allein zu tragen. Anders verhält es sich bei der Zahlungsunfähigkeit öffentlich-rechtlicher Institutionen, bei denen diese Unterscheidung nicht wohl anwendbar ist.

Grundsätzlich können Exportaufträge nach jedem Lande (gedacht ist insbesondere auch an überseeische Staaten), bei dem nach den gegebenen Umständen die Voraussetzung des besonderen Kreditrisikos als erfüllt zu betrachten ist, der Bisikogarantie teilhaftig werden. Das schliesst jedoch nicht aus, dass in jedem einzelnen Fall sorgfältig geprüft werden muss, ob aus bestimmten Gründen Abweichungen von der Norm notwendig sind.

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Art. 2.

Es entspricht dem Zweck und den Anforderungen an die technische Durchführung der vorgeschlagenen Massnahme, dass sie sich nur auf einzelne grössere Exportaufträge anwenden lasst, welche Arbeitsbeschaffung in erheblichem Umfange ermöglichen (Absatz 1). Die vom Bund zu gewährende Unterstützung wird im allgemeinen vor Abschluss des in Frage stehenden Auftrages nachgesucht und zugesichert werden müssen. Dabei wird es immerhin in besonderen Fällen möglich sein, dass die Gesuchstellung und die Zusage des Bundes zunächst in summarischer Form erfolgen und lediglich grundsätzlichen Charakter haben.

' Die Hilfe des Bundes bedingt naturgeraäss auch eine Kontrolle durch seine Organe. Die Prüfung der Gesuche wird eventuell einem kleinen Ausschuss zu übertragen soin, in welchem die Bundesverwaltung und die Industrie vertreten sind. Dazu wird -- ähnlich wie bei der Durchführung der produktiven Arbeitslosenfürsorge -- unter Umständen eine technische Expertise durch einen Sachverständigen im Betriebe des Gesuchstellers vorgenommen werden müssen. Wie die Erfahrung bei der Gewährung von Fabrikationszuschüssen gezeigt hat, lässt sich die notwendige Kontrolle ohne Schwierigkeit und Eeibung durchführen. Im übrigen werden die auf die Durchführung des Bundesbeschlusses bezüglichen mehr technischen Fragen im Verordnungswege oder in Form von Weisungen der mit dem Vollzug betrauten amtlichen Stelle ihre eingehende Eegelung finden.

Der vom Bund garantierte Betrag soll in der Eegel nicht mehr als 35 % und ausnahmsweise, d. h. namentlich wenn der Auftrag für unsere Wirtschaft und unsern Arbeitsmarkt von erheblichem Nutzen wäre und andernfalls der schweizerischen Industrie verloren ginge, bis höchstens 50 % des allfälligen Verlustes betragen (Absatz 1). Im übrigen würde die Quote, die der Bund an die Deckung des eingetretenen Verlustes bewilligt, steigen mit der Höhe der erlittenen Einbusse, gemessen arn geschuldeten Lieferungspreis (Absatz 2).

Die Leistung des Bundes wird somit nicht nur mit der absoluten Höhe des Verlustes wachsen; sie erfährt überdies und hiervon unabhängig eine Progression, die sich nach dem relativen Ausmass des Verlustes richtet, um dem Exporteur bei einem im Vergleich zum Lieferungspreis grössercn Zahlungsausfall auch eine verhältaismässig grössere Entschädigung zu bieten.

Der Unternehmer
muss selbst in jedem Fall, also auch wenn der Kanton oder die Gemeinde neben dem Bund einen weitern Teil der Verlustdeckung übernimmt, mindestens ein Drittel des Verlustes selber tragen (Absatz 8). Dass es dem Exporteur nicht gestattet sein soll, das ganze Bisiko von sich abzuwälzen, ist im Grunde selbstverständlich; seine Mitbeteiligung am Verlust verstärkt sein Interesse, bei den Geschäftsabschlüssen die nötige Vorsicht zu beobachten, und bietet von Anfang an eine gewisse Sicherung gegen allfälhge Versuchungen, die vom Staat gebotene Garantiehilfe in den Dienst allzu riskanter Geschäfte zu stellen.

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Dagegen ist eine obligatorische Beteiligung der Kantone nicht vorgesehen.

Immerhin muss mit allem Nachdruck darauf hingewiesen werden, dass eine Deckung des Eisikos innerhalb der auf 85--50 % des Verlustes begrenzten Bundesgarantie auf alle Fälle einen ungesicherten Anteil von 50--65 % übriglässt, den der Exporteur zu übernehmen hätte. Dazu ist dieser häufig nicht in der Lage, und es bestünde unter solchen Umständen, wie auch ausländische Erfahrungen es beweisen, eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass die Industrie auf eine nach ihrer Auffassung unzureichende Hilfe des Staates verzichten würde. Soll die Exportindustrie aus der vom Bunde dargebotenen Unterstützung einen wirklichen Nutzen ziehen, so ist in der Regel eine Mitwirkung der Kantone in der Weise, dass zu der Bundes- noch eine Kantonsgarantie kommt, sehr wünschbar. Wenn wir davon absehen, die Gewährung einer Risikogarantie durch den Bund von einer kantonalen Mithilfe abhängig zu machen, so geschieht dies, damit nicht in Fällen, in denen die finanzielle Beteiligung des Kantons -- ·wir denken beispielsweise an die Verhältnisse in kleineren, industriearmen Kantonen -- nicht oder nicht im wünschenswerten Umfang zu erlangen ist, auch dem Bund die Bewilligung der Garantie von vornherein verunmöglicht wird, der Exporteur somit vollständig leer ausginge.

Art. 8.

Dass der Unternehmer alle Sorgfalt aufwenden muss, die ihm nach den Umständen zugemutet werden kann, um Verluste zu vermeiden, ist ohne weiteres gegeben (Absatz 1), Er wird auch, falls es zu einer Erfüllung des Garantieversprechens durch den Bund kommt, alle zur Einbringung der Forderung geeigneten rechtlichen Massnahmen ergreifen müssen, sofern der Bund nicht die Abtretung des seiner Garantiezahlung entsprechenden Forderungsrechtes gegen den Besteller verlangt. Selbstverständlich ist ferner, dass, wenn entstandene Verluste nachträglich durch Zahlung des Auftraggebers ganz oder teilweise gedeckt werden, dem Bunde das seiner Leistung entsprechende Betreffnis abzuliefern wäre.

Was die Fälligkeit der Garantieleistung betrifft, so wird bestimmt, dass der Bund sein Versprechen einlöst, wenn es dem Unternehmer trotz allen Bemühungen nicht gelungen ist, vom Besteller innerhalb angemessener Frist nach Verfall der letzten Hauptzahlung Deckung zu erhalten (Absatz 2). Mit dem Ausdruck «Hauptzahlung» soll gesagt werden, dass diese Bestimmung sich nicht auch auf allfällige, oft erst sehr spät zahlbare Teilbeträge erstreckt, die der Lieferant als Garantiesumme für die gelieferte Ware bei seinen Kunden ausstehen hat.

Art. 4.

Es hält schwer, den voraussichtlich benötigten Gaiantiebetrag im voraus zu berechnen, da es unsicher ist, in welchem Masse die Industrie von der Eisikogarantie des Bundes Gebrauch machen wird und wie hoch sich die Verluste auf den Geschäften belaufen werden, bei denen eine Garantie übernommen

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·wurde. Nimmt man z. B. an, dass der Bund durchschnittlich 40 % des Kaufpreises sicherstellt, so -würde diese Unterstützung zunächst Aufträge im zweieinhalbfachen Betrage der von ihm eingegangenen Garantie ermöglichen.

Der vorgesehenen Garantiesumme von maximal 10 Millionen Franken würden somit Exportaufträge im Wert von 25 Millionen J?ranken entsprechen. Diese 10 Millionen dürften fürs erste ausreichen, umsomehr als es sich gewissermassen.

um einen Betriebsfonds (fonds de roulement) handelt, in dem nach Massgabe der beim Lieferanten eingehenden Zahlungen wieder Mittel frei werden und zur Übernahme neuer Bisikogarajitien verwendet werden können; auch ist, wie schon oben (S. 886) ausgeführt wurde, zu beachten, dass die Summe lediglich die Höchstgrenze der einzugehenden Verpflichtungen darstellt, während die tatsächlichen Auszahlungen in jedem Falle bedeutend geringer sein werden.

Art. 5.

Es sind schon verschiedene Gesuche um Bewilligung von Risikogarantien eingereicht worden für Geschäfte, die überhaupt nur unter der Voraussetzung, dass der Bund eine derartige Hilfe leistet, in Betracht kommen. Auch ist mit weiteren ähnlichen Gesuchen in nächster Zeit zu rechnen. Dazu kommt, dass die Maschinenindustriellen gerade in den letzten Besprechungen, die mit ihnen gepflogen wurden, nachdrücklich darauf hingewiesen haben, dass eine rasche Hilfe unbedingt nottue, wenn dem schweizerischen Maschinenexport nicht noch weitere Absatzmöglichkeiten endgültig verloren gehen und damit zahlreiche Arbeiter brotlos werden sollen. Dieselbe Auffassung vertritt der Vorort des schweizerischen Handels- und Industrievereins. Es ist deshalb notwendig, den Bundesbeschluss als dringlich «u erklären und die Vorlage angesichts der schwierigen Situation der .Maschinenindustrie möglichst bald zu behandeln und zu verabschieden.

* * * Wir bitten Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, unseren Ausführungen und dem nachstehenden Entwurf eines dringlichen Bandesbeschlusses zuzustimmen, und benutzen die Gelegenheit, Sie unserer vollkommenenHochachtung zu versichern.

Bern, den 15. Dezember 1933, Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Schulthess.

Der Bundeskanzler:

Kaesliu.

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Bundesbeschluss über

die Förderung des Exportes durch staatliche Risikogarantie.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 15. Dezember 1988, beschliesst :

Art. 1.

Der Bundesrat wird ermächtigt, im Interesse der Erhaltung und Schaffung einheimischer Arbeitsgelegenheit die Übernahme bestimmter Exportaufträge der Produktionsgüterindustrie, die mit besondern Eisiken verbunden sind, ·dadurch zu erleichtern, dass er von Bundes wegen dem Exporteur die teilweise .Deckung eines allfällig eintretenden Verlustes garantiert.

Art. 2.

Diese Eisikogarantie des Bundes wird bloss für Aufträge gewährt, die in ·erheblichem Masse Arbeitsgelegenheit schaffen, und soll in der Kegel 35 Prozent des eingetretenen Verlustes nicht übersteigen. Ausnahmsweise kann sie, wenn das Interesse am Zustandekommen des Auftrages und die Schwierigkeiten es rechtfertigen, auf 50 Prozent ausgedehnt werden.

Das Mass der Garantie richtet sich nach der Höhe des Verlustes, bezogen auf den vertraglich festgesetzten Lieferungspreis.

Der Exporteur hat unter allen Umständen, auch wenn ihm von anderer Seite Eisikogarantien geleistet werden, mindestens ein Drittel des eingetretenen Verlustes selbst zu tragen.

Art. 3.

Der Exporteur, welcher die Eisdkogarantie des Bundes nachsucht, ist verpflichtet, alle durch die Umstände gebotenen Sicherungsmassnahmen zu treffen, damit kein Verlust entsteht.

Die Garantieleistung des Bundes wird fällig, wenn es dem Exporteur trotz allen Bemühungen nicht gelungen ist, vom Besteller innerhalb angemessener Frist nach Verfall der letzten Hauptzahlung Deckung zu erhalten.

Bundeablatt. 85, Jahrg. Bd. II.

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Art. 4.

Der Bundesrat wird ermächtigt, Risikogarantien im Sinne dieses Bundesbeschlusses bis zum Höchstbetrag von insgesamt zehn Millionen Franken einzugehen.

Art. S.

Dieser Bundesbeschluss -wird dringlich erklärt und tritt sofort in Kraft.

Der Bundesrat wird mit seinem Vollzuge beauftragt.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Förderung des Exportes durch staatliche Risikogarantie. (Vom 15. Dezember 1933.)

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20.12.1933

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