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Bundesblatt

85. Jahrgang.

Bern, den 8, Februar 1933.

Band I.

-Erscheint wöchentlich. Preis 20 Franken im Jahr, W Franken im Halbjahr, zuzüglich Nachnahme- and Postbestellungsgebühr.

Einrückungsgebühr : 50 Happen die Petitzeile oder deren Raum. -- Inserate franko an Stumpft * de. in Bern.

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Bericht des

Bundesrates au die Bundesversammlung über die dreizehnte Völkerbundsversammlung.

:

(Vom 3.-Februar 1933.)

Herr Präsident, Hochgeehrte Herren, Wir haben die Ehre, Ihnen im folgenden über die dreizehnteVölkerbundsversammlung Bericht zu erstatten.

I. Einleitung.

Die dreizehnte Session der Versammlung wurde unter noch ungünstigeren Vorzeichen eröffnet als die vorhergehende. Seit letztem Jahr war die Krise weiter fortgeschritten. Ihre Folgen machten sich überall mit fast der gleichen Schärfe bemerkbar. Kein einziges Land blieb von ihr verschont. Da sich jeder bedroht fühlte, wurden überall Schutzmassnahmen ergriffen, wobei sich die allgemeine Lage nur noch verschlimmerte. Die Bemühungen des Völkerbundes auf wirtschaftlichem Gebiete waren am Entschluss der Staaten gescheitert, die Lage, aus der ihnen immer empfindlicherer Schaden erwuchs, durch einseitige Abwehrmassnahmen zu meistern. In Genf waren sich die Sachverständigen jeweilen darüber einig gewesen, das Heil in einem gemeinsamen Vorgehen zu suchen; ausserhalb Genfs hatte man-sich beeilt, in entgegengesetztem Sinne, d. h. im Sinne der individuellen Verteidigung zu handeln. Dass dieser Weg nicht zu einem befriedigenden Ergebnis führen würde, erkannte jedermann, aber bei dem. allgemeinen Misstrauen, in das die Welt versank, war nicht abzusehen, wie eine wirksame Verständigung über ein internationales Zusammenarbeiten in wirtschaftlicher Hinsicht Zustandekommen könne. Dieses Misstrauen ist nicht die nebensächliche oder unwesentliche Erscheinung einer beispiellosen wirtschaftlichen und finanziellen Depression.

Es -ist nach unserer Ansicht vielmehr der letzte Grund der gegenwärtigen Unordnung. Die Wirtschaftskrise wäre nicht so weit gediehen, wenn die Bundesblatt. 85. Jahrg. Bd. I.

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126 Welt nicht von einer politischen Krise heimgesucht würde, die vor allem eine Vertrauenskrise ist. Tatsache ist jedenfalls, dass seit 1919 nie so viel vom Kriege die Bede war wie heute. Der Gedanke an einen Krieg, der gestern noch jedermann mit Schrecken erfüllte, ruft heute schon nicht mehr die gleiche Abwehr wach. Die schreckliche Lehre des letzten Krieges ist bereits vergessen oder wenigstens scheint man sie vielfach zu vergessen. Es ist dies ein Zeichen der Zeit, das ausserordentlich bedauerlich ist. Der Krieg ist eine Geissel, die jeder vernünftige Mensch entschieden bekämpfen nms3. Mit Eecht ist er zum internationalen Verbrechen gestempelt worden. Jetzt heisst es, nicht wieder umzukehren. Im Gegenteil, die tatsächliche Verunmöglichung des Verbrechens ist vonnöten.

Der Völkerbund strebt diesem Ziele nach. Dass er dabei besondere Erfolge zu verzeichnen hätte, kann leider nicht behauptet werden! La Wirklichkeit bricht sich der Friedensgedanke nur langsam Bahn. Nur zu zahlreich sind die Anzeichen dafür, dass die Länder noch nicht ihr volles Vertrauen in die Methoden des Völkerbundes gesetzt haben. Es bleibt bei einem hinkenden Frieden; das ist aus den Schwierigkeiten ersichtlich, an denen im allgemeinen jede Initiative zur Verstärkung des Friedens zerschellt.

Man braucht nur an die Abrüstung zu denken. Sie ist gewiss nicht undurchführbar. Die Arbeit der Konferenz, die im Februar 1932 in Genf ziisammengetreten ist, hat den Nachweis dafür erbracht, dass eine erste Lösung sehr wohl denkbar wäre. Aber diese Lösung, dieser erste Schritt zur Herabsetzung der Eüstungen lässt auf sich warten, und entgegen allen berechtigten Hoffnungen sind die Hindernisse gewachsen, je mehr man sich dem Ziele näherte.

Als die Völkerbundsversammlung eröffnet wurde, hatte eine Grossmacht, wie bekannt, ihre Delegation von der Konferenz zurückgerufen. Nach monatelanger Mühe und Arbeit war die Abrüstungsfrage noch ungelöst.

Namentlich ein Faktor war es, der auf das Friedensproblem störend einwirkte: die Frage, welche Wendung der chinesisch-japanische Konflikt nehmen würde. Grundsätze des Völkerbundspaktes waren missachtet worden -- eine außerordentliche Versammlung hatte es einstimmig festgestellt. Wie würde man ihnen Nachachtung verschaffen können? Wenn dies nicht gelang, würde dann, nicht das einzige Friedenswerk,
das die Welt je aufgerichtet hatte, einzustürzen drohen?

Diese folgenschwere Frage lastete, mit derjenigen der Abrüstung, auf der Tätigkeit der dreizehnten Versammlung. Ein Gefühl, das nahe an Mutlosigkeit und Überdruss grenzte, hatte sich der Gemüter Vieler bemächtigt, die sich angesichts der Ereignisse begreiflicherweise wie aus vorgezeichneter Bahn geworfen vorkamen.. Die Versammlung musate gegen den Strom schwimmen.

Aber gerade indem sie sich trotz allen Enttäuschungen und Hindernissen ihrer verfassungsmässigen Aufgabe nicht entzog, legte sie von neuem Zeugnis ab für die Nützlichkeit des Völkerbundes als Einrichtung. Schon allein die Tatsache, dass sie zusammentrat, und das mitten in der Krise, widerlegte im voraus die Ansicht derer, die vielleicht versucht gewesen wären, allzu eilig .das Versagen der neuen Methoden internationaler Zusammenarbeit zu verkünden.

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II. Instruktionen der schweizerischen Delegation.

Auf Grund eines Berichts des Politischen Departements liber die auf der Tagesordnung stehenden Fragen und nach kurzem Meinungsaustausch zwischen der Delegation für auswärtige Angelegenheiten und der schweizerischen Delegation1), hat der Bundesrat folgende Instruktionen erteilt: 1. Allgemeine Haltung der Delegation. Die Delegation -wird sich die Grundsätze zur allgemeinen Richtschnur nehmen, die für die Politik der Schweiz im Völkerbunde bisher massgebend waren.

Sollte die Delegation über wichtige grundsätzliche Fragen keine Instruktionen besitzen., so wird sie die Entscheidung des Bundesrates einholen.

2. Fortschreitende Kodifizierung dea Völkerrechts. Nach dem eher mittelmässigen Ergebnisse der ersten Haager Konferenz vom Jahre 1930 ist in der fortschreitenden Kodifizierung des Völkerrechts ein Stillstand eingetreten. Die Zeit zur Wiederaufnahme des Werkes scheint noch nicht gekommen. Wenn jedoch die Staaten mehrheitlich die Wiederaufnahme der Arbeiten nicht allzu lange hinausschieben möchten, so soll die schweizerische Delegation ihrem Wunsche nicht entgegentreten. Sie hätte dann aber zu betonen, dass zur Kodifikation nur Fragen vorgeschlagen werden sollen, die tatsächlich hinreichend abgeklärt sind, um international geregelt werden zu können.

3. Revision des Statuts des Ständigen Internationalen Gerichtsiwf es. Die schweizerische Delegation wird sich jeder Massnahme anschliessen, durch die das Inkrafttreten des revidierten Statuts des Ständigen Internationalen Gerichtshofs beschleunigt werden könnte.

4. Anpassung des Völkerbundsvertrags an den Vertrag über den Verzicht auf den Krieg. Der Bundesrat bleibt der Aufnahme eines unbedingten Verbots aller Angriffskriege in den Völkerbundsvertrag günstig gesinnt ; er erneuert deshalb seine Instruk- ' tionen von 1930 und 1931. In Anbetracht der mit dieser Anpassung an den KelloggPakt verbundenen Schwierigkeiten hält er es für richtiger, die Lösung zu verschieben, bis die allgemeinen politischen Verhältnisse für eine so einschneidende Neuerung günstiger sind.

5. Der Ständige Internationale Gerichtshof als Revisionsinstanz für Schiedsurteile.

Es ist noch ungewiss, ob sich schon die nächste Versammlung von neuem mit dieser Frage, deren endgültige Regelung letztes Jahr verschoben worden war, beschäftigen
wird. Wenn dies der Pali sein sollte, könnte der Bundesrat, ohne sich zu verhehlen, dass eine internationale Abrede über die Beilegung von Streitigkeiten so besonderer Natur nur ein bedingtes Interesse bietet, dem Wunsche und dem Protokolle, die von 1 ) Der Bundesrat hat die schweizerische Delegation für die dreizehnte Versammlung folgendermassen bestellt : Delegierte : Herr Bundespräsident Giuseppe Motta, » Max Huber, Präsident des Internationalen Rotkreuzkomitees, » William Rappard, Direktor des Hochschulinstituts für höhere internationale Studien ; . Stellvertretende Delegierte: Herr Nationalrat Roger Dollfus » Ständerat J. Baumann, » Walter Stucki, Direktor der Handelsabteilung; Technischer Beirat und Generalsekretär: Herr Camille Gorgé, I. Sektionschef beim politischen Departement; Hilfssekretär : Herr Philippe Zutter juristischer Beamter beim politischen Departement.

128 der letztjährigen Versammlung entworfen worden sind, unter Vorbehalt der allenfalls noch anzubringenden sachlichen und redaktionellen Verbesserungen zustimmen.

6'. Staatsangehörigkeit der Frau. Mit den meisten Regierungen, die entsprechend einem Wunsche der letzten Versammlung dem Völlcerbundssekretariat von ihrer Auffassung Kenntnis gegeben haben, betrachtet auch der Bundesrat die Einberufung einer neuen internationalen Konferenz über die Frage der Staatsangehörigkeit der Prati als verfrüht. Es kann in der Tat nicht zweifelhaft sein, dass eine solche Konferenz gegenwärtig nicht über das Ergebnis der Haager Kodifikationskonferenz vom Jahre 1980 hinausgehen würde.

7. Beschränkung und Herabsetzung der Rüstungen. In Anbetracht dessen, dass die Beschränkung und Herabsetzung der Rüstungen Gegenstand einer andern Konferenz ist, wird sich die Versammlung wohl kaum ihrerseits damit beschäftigen. Der Bundesrat hat daher seiner Delegation hierüber keine besondern Instruktionen mitzugeben.

8. Ausbau des Flugplatzes für den Völkerbundssitz, Die zwischen den Vertretern des Bundesrates und denjenigen des Völkerbundes vorgesehenen Verhandlungen haben noch nicht stattgefunden. Denn einerseits hätte ein Problem dieser Art nicht wohl neben den Arbeiten für die Abrüstungskonferenz behandelt werden können und anderseits sollte, bevor irgendwelche Vereinbarung getroffen wird, das Ergebnis der Abrüstungskonferenz auf dem Gebiete des Flugwesens abgewartet werden. Es wird also von der Versammlung eine neue Verschiebung der Angelegenheit verlangt werden müssen.

9. Sklaverei. Der Bericht des besondern Komitees, das nach der letztjährigen Versammlung mit einer allgemeinen Erhebung über die Sldaverei betraut worden war, ist den Regierungen noch nicht mitgeteilt worden. Wie aber auch dieser Bericht lauten mag, ist der Bundesrat der Auffassung, dass die Schweiz sich nicht anders als zugunsten .einer möglichst strikten Durchführung des Sklavereiabkommens vom 25. September 1926 aussprechen könnte.

10. Minderheiten. Sollte die Rechtsstellung der Minderheiten im allgemeinen in der Versammlung wiederum zur Sprache kommen, so hat sich die schweizerische Delegation gemäss den frühern Instruktionen des Bundesrates zu den Grundsätzen zu bekennen, für die einzutreten sie schon Gelegenheit hatte und die wir letztes Jahr auf
folgende kurze Formel gebracht haben : Gerechtigkeit und Billigkeit den Minderheiten ; Treupflicht der Minderheiten dem Staate gegenüber, dem sie angehören.

11. Studienlcommiss-ion für die europäische Union. Der Bundesrat erneuert seine letztjährigen Instruktionen für den Fall, dass die Kommission, die seit September 1931 nicht mehr getagt hat, während der Versammlung ihre Tätigkeit wieder aufnimmt. Diese Instruktionen lauteten: «Die Delegation kann.den Massnahmen zustimmen, die zur Überwindung der Schwierigkeiten, in denen sich Europa gegenwärtig befindet, von der Kommission ergriffen oder in Aussicht genommen worden sind. Sie wird auch fernerhin im Rahmen des Völkerbundes und unter den vom Bundesrat in seine Antwort an die französische Regierung vom 4. August 1930 aufgenommenen Vorbehalten der engern Zusammenarbeit der europäischen Länder ihre Unterstützung angedeihen lassen».

12. Reform der Strafvollzugsverwaltung. Der Bundesrat widersetzt sieh der Schaffung eines besondern Organs des Völkerbundes für die Fragen des Strafvollzugs nicht.

Es muss aber zwischen der Tätigkeit dieses Organs und derjenigen der internationalen .Kommission für Strafrechts- und Gefängniswesen, die sich bisher mit der Reform des Strafvollzugs befasst hat, jede Doppelspurigkeit vermieden werden. Der Boden für ·eine fruchtbare Zusammenarbeit zwischen der neuen und der alten Organisation dürfte nicht schwer zu finden sein.

13. Mitarbeit der Frauen am Friedenswerk. Die Delegation kann Massnahmen zustimmen, durch die .gemäss der von der Versammlung letztes Jahr angenommenen Resolution «die nichtoffizielle Mitarbeit der Frauen im Dienste des Friedens und der Erhaltung des guten Einvernehmens unter den Völkern» verstärkt werden

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könnte. Wie die letzte Versammlung feststellte, liegt kein Anlass vor, die Frage der offiziellen Mitarbeit auf zuwerfen, da der Zutritt der Frauen zu den Völkerbundsämtern bereits im Artikel 7 des Vertrags geregelt ist und die Bestellung der Delegationen für die Versammlung und die vom Völkerbund einberufenen Konferenzen in die Zuständigkeit der einzelnen Regierungen fällt.

.·14: Rechnungsablegung und Voranschlag. Unter Vorbehalt der Aufschlüsse und Begründungen, die von den Verwaltungen des Völkerbundes zu verlangen, wären, wird die Delegation ermächtigt, die geprüften Abrechnungen für dag dreizehnte Rechnungsjahr zu genehmigen und dem Voranschläge für das fünfzehnte Rechnungsjahr, so wie er aus den Verhandlungen der Versammlung hervorgeht, zuzustimmen.

Nachdem der Rat auf Grund eines Antrags der britischen Regierung eine Resolution angenommen hat, mit der die Kontrollkommission beauftragt worden ist, jede mögliche Ersparnis in Betracht zu ziehen, wird sicher ernstlich versucht werden, die Ausgaben des Völkerbundes so weit zu vermindern, als mit den Anforderungen, denen erbefugtermassen zu genügen hat, vereinbar igt. Die schweizerische Delegation soll sich diesen durch die Krise gerechtfertigten Bemühungen anschliessen.

15. Rückständige Beiträge. Die nicht entrichteten Beiträge der Mitglieder des Völkerbundes haben eine bedenkliche Höhe erreicht. Die Delegation soll daher jede Vorkehrung zur Einbringung der Ausstände unterstützen, soweit sie mit der Krise vereinbar ist.

16. Bau der neuen Völkerbundsgebäulichkeiten. Die Delegation soll den vom Rat im Januar beschlossenen Massnahmen zustimmen, damit die Arbeiten entsprechend dem Bauprogramm, fortgesetzt werden. Sie wird nötigenfalls sogar für die Beschleunigung der Arbeiten eintreten,, da neue Erörterungen über die einmal genehmigten Pläne und neue Verzögerungen in der Ausführung dem Ansehen des Völkerbundes nur schaden können, 17. Reorganisation des Völlcerbundssekretariats. Die Delegation wird in Anbetracht der Wirtschafts- und Finanzkrise, wie in den letzten Jahren, für die Gehälter und Entschädigungen des Personals des Sekretariats nur denjenigen Ausgaben zustimmen, deren Notwendigkeit sie als unbedingt erwiesen betrachtet.

Was die Untergeneralsekretäre anbelangt, deren Stellung gemäss einem frühern Beschlüsse der Versammlung dieses Jahr
infolge des Rücktritts des Generalsekretärs zu überprüfen ist, so würde der Bundesrat sich einem Antrage nicht widersetzen, dem.zufolge die Oberleitung des Sekretariats aus Gründen der Vereinfachung und der Ersparnis nur aus einem Generalsekretär und nötigenfalls einem stellvertretenden Generalsekretär bestehen würde.

18. Technische Organisationen des Völkerbundes. Die Delegation hat, wie gewohnt den Gutachten der verschiedenen Zweige der Bundesverwaltung über die Tätigkeit dieser Organisationen Rechnung zu tragen.

19. Handel mit Betäubungsmitteln. Was die Bekämpfung des Schleichhandels mit Betäubungsmitteln anbelangt, so wird sich die schweizerische Delegation dafür einsetzen, dass die Regierungen alle Vorkehrungen treffen, um das Abkommen zur Beschränkung der Herstellung und zur Regelung der Verteilung der Betäubungsmittel vom 18. Juli 1931 im Jahre 1933 in Kraft zu setzen, damit die Beschränkung vom 1. Januar 1984 an in vollem Umfange durchgeführt werden kann.

20. Entwurf eines Protokolls 'über internationale Verkehrserleichterungen -für Lehrfilme. Der Bundesrat ist dem. Abschluss einer internationalen Vereinbarung zur Förderung von Lehrfilmen durch die Einräumung der Zollfreiheit nicht abgeneigt.

Er hält jedoch dafür, dass wegen der Schwierigkeiten in der Anwendung die Zollfreiheit nicht vom lehrhaften Charakter des Films, sondern von objektiven Kriterien (Bestimmung des Films für öffentliche Unterrichtsanstalten und Unentgeltlichkeit der Vorführung) abhängig gemacht werden sollte.

. 21. Aufnahme Iraks in den Völkerbund. Die Delegation hat für die Aufnahme Iraks in den Völkerbund zu stimmen; denn sowohl nach der Auffassung der Mandatar-

130 macht ala auch nach derjenigen der Mandatkommission und des Bats sind bei diesem Lande die zur Mitgliedschaft erforderlichen Voraussetzungen gegeben.

22. Chinesisch-japanischer Streitfall. Dieser Streitfall wird wahrscheinlich nicht vor die ordentliche Völkerbundsversammlung gebracht werden, sondern noch weiter die volle Aufmerksamkeit des Neunzehner-Ausschusses (dem auch die Schweiz angehört) beanspruchen, woraufhin dieser Ausschuss der ausserordentlichen Tagung der Versammlung Bericht zu erstatten hat. Der Bundesrat erinnert die Delegation gleichwohl daran, dass sie weiter auf der Forderung loyaler Anwendung der Grundbestimmungen des Völkerbundsvertrages beharren soll.

23. Ratswahlen. Die Delegation wird, wie immer, vor der Wahl der drei neuen nichtständigen Eatsrnitglieder um Instruktionen einkommen,

III. Die Eröffnung der Versammlung und die allgemeine Aussprache.

Gemäss einem. Bescliluss der ausserordentlichen Versammlung, die im Juli zur Behandlung der chinesisch-japanischen Streitigkeit1) und zur Aufnahme der Türkei in den Völkerbund zusammengetreten war, ist die dreizehnte ordentliche Session der Versammlung am 26. September, unter dem Vorsitze des irischen Delegierten und derzeitigen Ratspräsidenten de Vaierà eröffnet worden. Dreiundfünfzig Staaten, mit Einschluss der Türkei, waren vertreten.

Drei Länder, Argentinien, Honduras und die Tinminika.niHp.he Republik, fehlten.

Der griechische Delegierte Politis wurde Vorsitzender. Nachdem die Versammlung das Verzeichnis der Verhandlungsgegenstände angenommen, die verschiedenen Kommissionen 2) bestellt und Herrn Bundespräsident Motta sowie Herrn Hymans, Präsidenten der ausserordentlichen Völkerbundsversammlung, zu Ehrenmitgliedern ihres Bureaus 3 ) ernannt hatte, ging sie zur allgemeinen Erörterung des. Berichts über die Tätigkeit des Völkerbundes in den letzten zwölf Monaten über.

1 ) Wir glauben uns bei dieser Streitigkeit, die noch fortbesteht, nicht aufhalten zu sollen. Die Ereignisse seit dem 18. September 1931, wo die japanischen Streitkräfte ihre Offensive in der Mandschurei eröffneten, und die Massnahmen, die der Völkerbund zur Beilegung des Streites ergriff oder in Erwägung zog, würden uns zu Darlegungen zwingen, die den üblichen Rahmen dieses Berichts um ein Wesentliches überschreiten würden; überdies müssten wir auf politische Erörterungen eintreten, die zu heikel sind, als dass sie in einem Rechenschaftsbericht am Platze wären.

2 ) Dieses Jahr waren es nur fünf Kommissionen, da die dritte (Militärfragen) in Anbetracht dessen, dass die Abrüstungskonferenz noch nicht beendigt war, nicht gebildet wurde. Kommissionspräsidenten waren: I. Kommission (Rechtsfragen): Herr Beelaerts van Blokland (Niederlande), U. Kommission (technische Organisationen): Herr te Water (Südafrika), IV. Kommission (Voranschlag): Herr de Vasconcellos (Portugal), V. Kommission (soziale und humanitäre Prägen): Herr Carton de Wiart (Belgien), VI. Kommission (politische Fragen): Herr Lange (Norwegen).

3 ) Das Bureau bestand aus dem Präsidenten, den beiden Ehrenmitgliedern (HH. Motta und Hymans), den fünf Kommissionspräsidenten, den sechs besonders bezeichneten
Vizepräsidenten [HH. Aloisi (Italien), Herriot (Frankreich). Medina (Nikaragua), Nagaoka (Japan), von Neurath (Deutschland) und Sir John Simon (Grossbritannien)], und dem Präsidenten der Tagesordnungskornmission [Tewfik Rüstü Bey (Türkei)].

131 Die Aussprache war -verhältnismässig kurz. Vielen schien eben eine öffentliche Erörterung der grossen Tagesfragen nutzlos, da für deren Behandlung schon besondere Konferenzen bestanden. Die eine Konferenz beschäftigte sich seit Monaten mit der so schwierigen und verwickelten Frage der Herabsetzung und Beschränkung der Rüstungen; für die Wirtschafts- und Währungsfragen stand eine Weltkonferenz bevor, und was den chinesisch-japanischen Konflikt anbelangt, so war .eine .ausserordentliche Versammlung damit befasst. Doch durfte darüber kein Missverständnis aufkommen. Darum betonte Herr Motta, als sich mehrere Delegierte auf kurze Erklärungen über Fragen beschränkten, die ihr Land besonders berühren (chinesisch-japanischer Konflikt, Streitigkeit zwischen Bolivien und Paraguay), wie «wesentlich, ja unerlässlich» die allgemeine Aussprache ist, mit der die A7ersammlungsarbeiten alljährlich eingeleitet zu werden pflegen. Er gab zu. dass dieses Jahr für die Beschränkung der Erörterung besondere Gründe vorlägen, lehnte es aber ab, darin ein Beispiel für die Zukunft zu sehen. Der Vorsteher des Politischen Departements verhehlte sich durchaus nicht, dass man am Völkerbundswerk Kritik üben könne, eine andere Frage sei es aber, ob es vernünftig wäre, dem Völkerbunde Verantwortlichkeiten zuzuschieben, obwohl diese Verantwortlichkeiten Namen tragen, und zwar diejenigen der Mitgliedstaaten und ihrer Regierungen. Er verurteilte es auch, dass gewisse Kreise mit der Preisgabe des Völkerbundes drohen, «wenn diese oder jene Forderung, dieses oder jenes Postulat ihrer Politik nicht oder nicht sofort verwirklicht werden kann». Keine Regierung der Welt könne dem Einsturz dieser grossen Hoffnung ruhig zusehen. Für die kleinen Staaten wäre es der Verzicht auf die Geltendmachung ihres doch sicher wohltuenden Einflusses auf die internationalen Beziehungen, für die Grossmächte die zwangsläufige Rückkehr zur Politik der grossen Bündnisse, zu hartnäckigster Rivalität und Eifersucht. Selbst in seiner Schwäche und Unzulänglichkeit bleibe der Völkerbund ein Bollwerk des Friedens, und die Staaten seien es sich selbst schuldig, das Werkzeug der Zusammenarbeit nicht zu zerbrechen; sein Wert sei trotz allem unschätzbar und, einmal zerbrochen, könne es nicht wieder hergestellt werden. Diese Rede schien der allgemeinen Auffasenng zu
entsprechen. Die folgenden Redner, darunter die Vertreter Frankreichs, Grossbritannieiis und Italiens, bezeichneten es ihrerseits als durchaus unbillig, die Verantwortung für die Weltkrise und das Misstrauen, das die internationalen Beziehungen derzeit beherrscht, auf den Völkerbund abwälzen zu wollen. Man sei oft enttäuscht gewesen von dem, was der Völkerbund erreicht habe, seine Langsamkeit sei zuweilen vielleicht erstaunlich gewesen, «Aber», führte Herr Herriot aus, «wer hätte hiefür kein Verständnis, wenn er nur ein klein wenig Sinn für die Geschichte hat, wenn er bedenkt, dass die schreckliche Barbarei des Krieges so alt ist wie das Menschengeschlecht und dass es sich um die Ausrottung eines viel tausend Jahre alten "Übels handelt ?» Der Vertreter des Vereinigten Königreichs erklärte: «In den jüngsten Ereignissen vermag ich nichts EU erblicken, was in Zweifel zöge, dass der Völkerbund eine weise Schöpfung war und dass ihn die ihm zur Verfügung stehenden Mittel zur Verwirklichung

132 der Ziele, die ihm gesteckt sind, durchaus befähigen. So oft man sich dieser Mittel aufrichtig und ehrlich, ohne Furcht und Zaudern bedient hat, war da& Ergebnis bewundernswert». Viscount Cecil schrieb unsere Leiden zum grössten Teil «dem Nachlassen der Begeisterung für den Frieden» zu. Zum chinesischjapanischen Konflikt übergehend, bemerkte er, «dass, wenn die Grundsätze des Paktes rückhaltlos zur Anwendung gelangt wären, wir uns nicht über den hartnäckigen Streitfall zu beklagen hätten, der den Beziehungen im Fernen Osten eine solche Schärfe verlieh». Was die Abrüstung anbelangt, so sei ein Versagen gleichbedeutend mit der unvermeidlichen Bückkehr «zu den Vorkriegsverhältnissen». «Man täusche sich nicht», fügte er bei, «die Lage wäre unendlich schlimmer, als wenn wir gar keinen Abrüstungsversuch unternommen hätten. Wäre dieser Versuch unterblieben, so wäre die Lage gewiss bedauerlich; aber wenn unser Versuch fehlschlägt, so heisst dies, dass die Völker nicht auf den Krieg verzichten wollen». Der erste italienische Delegierte Aloisi ist bezüglich der Abrüstung ebenso kategorisch. Er gibt «dem aufrichtigsten und sehnlichsten Wunsch» Ausdruck, «dass man schliesshch zu einem Abrüstungsabkommen gelangen möge und dass damit diese bewegte und peinliche Phase europäischer Geschichte ihren Abschluss finde». Anderseits bedauert er es, dass ein Wirtschaftskrieg über die gesamte Welt hereingebrochen ist und sein Bedauern ist um so grösser, als der Wirtschaftskrieg in seinen Augen ein Unsinn ist. «Alle Länder», stellt er fest, «haben in ihrem eigenen Hoheitsbereich dieselben Massnahmen ergriffen; diese heben sich nicht nur gegenseitig auf, sondern verschlechtern die allgemeine Lage; durch sie wird die Lösung des Problems immer komplizierter und schwieriger». Der italienische Vertreter erblickt in dem allem einen völligen Widersinn. Nach ihm liegt der Ausweg in der internationalen Zusammenarbeit. Dieser Zusammenarbeit will die italienische Begierung «Dauer und Stabilität» verleihen helfen.

Nach Schluss der allgemeinen Aussprache schritt die Versammlung zur Wahl von drei neuen nichtständigen Batsmitgliedem auf drei Jahre. Drei Länder waren am Ende ihrer Amtszeit angelangt : Peru, Polen und Jugoslawien.

Polen verlangte die Erneuerung seines Mandats. Gemäss der Wahlordnung von 1926 reichte es ein
Wiederwählbarkeitsgesuch ein, das mit 41 vonöl Stimmen gutgeheissen wurde. Daraufhin wurden Polen, Mexiko und die Tschechoslowakei zu nichtständigen Batsmitgliedem ernannt 1).

*) Der Bat weist fortan folgende Zusammensetzung auf: Ständige Mitglieder: Nichtständige Mitglieder: Deutschland Guatemala Frantaeich Irland Grossbritannien Norwegen Italien China Japan.

Spanien Panama Mexiko Polen Tschechoslowakei.

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Der dreizehnten Versammlung war es auch vergönnt, dem Ideal der "Universalität um einen Schritt näher zu kommen. Nach Mexiko, das letztes Jahr aufgenommen worden war, nach der Türkei, deren Aufnahme im Sommer stattfand, war nun die Eeihe an Irak, in den Völkerbund einzutreten.

Zwölf Jahre nach der Unterstellung unter das Mandat emanzipierte sich dieses Land in vollem Einvernehmen mit der Mandatarmacht. Im November 1929 hatte Grossbritannien dem Völkerbundsrat den Wunsch angekündigt, demnächst seiner Verantwortlichkeit als Mandatarland enthoben zu werden.

Unter Mitwirkung der ständigen Mandatkommission hatte nun der Eat die zum ersten Male auftauchende Frage des Erlöschens eines Mandats *) zu prüfen.

Was Irak anbetrifft, so musste die Mandatkommission im allgemeinen auf die Meinung des Mandatars abstellen, der «seit den Anfängen des Mandatsystems die raschen Portschritte dieses Landes als Berater beständig beeinflusst und beobachtet hat». Immerhin bestimmte sie, welche Bedingungen der neue Staat, unabhängig von seinen vertraglichen Verpflichtungen gegenüber Grossbritannien, zu erfüllen habe, um von der britischen Vormundschaft losgesprochen zu werden. Ebenso wurden die Garantien für die auf irakischem Gebiete befindlichen Minderheiten festgesetzt, ferner solche für die Wahrung der Interessen der Ausländer in der Eechtspflege, für die Glaubens- und Kultusfreiheit, für die rechtmässig begründeten finanziellen Verpflichtungen, für den Schutz wohlerworbener Eeehte, für den Grundsatz der wirtschaftlichen Gleichberechtigung usw. Gestützt auf den Bericht der Mandatkommission erklärte sich der Eat in seiner Sitzung vom 28. Januar 1932 zur Aufhebung des Mandats über Irak bereit, unter der doppelten Bedingung, dass dieses Land eine Anzahl von Verpflichtungen über sein künftiges Verhalten als unabhängiger Staat eingehe und dass es in den Völkerbund aufgenommen werde.

Der ersten Bedingung wurde durch eine ratifizierte und dem Völkerbundssekretariat übermittelte Erklärung über alle jene Punkte, für die vom Königreich Irak Garantien verlangt worden waren, im vergangenen Juli Genüge getan. Der Wortlaut der Erklärung war vorher vom Völkerbundsrat geprüft und genehmigt worden. Die zweite Bedingung sollte nun im September, durch die ordentliche Versammlung, erfüllt werden, nachdem Irak um seine Aufnahme in den
Völkerbund nachgesucht hatte. Das Gesuch musste auf Grund von Artikel l des Völkerbundsvertrages geprüft werden, der bestimmt: «Alle sich selbst regierenden Staaten, Dominien und Kolonien, die nicht im Anhang aufgeführt sind, können Mitglieder des Völkerbundes werden, wenn ihre Aufnahme mit Zustimmung von zwei Drittem der Versammlung erfolgt und sofern sie wirksame Gewähr für ihre redliche Absicht bieten, ihren internationalen Verpflichtungen nachzukommen, und die vom Völkerbund in Ansehung ihrer Land-, See- und Luftstreitkräfte und Eüstungen festgesetzte Eegelung annehmen».

1 ) Bereits in unserm letzten Bericht haben wir die zu diesem Zwecke angestellten allgemeinen Untersuchungen und ihr Ergebnis erwähnt; es sei daher gestattet, auf jene Stelle (Bericht über, die zwölfte Versammlung, S. 102) zu verweisen.

134 Die mit dein Aufnahmegesuch befasste sechste Kommission der Versammlung beauftragte einen Unterausschuss. auf Grund des für die Aufnahmen üblichen Frageschemas zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Mitgliedschaft beim Gesuchsteller vorlägen. Der Unterausschuss sprach sich zugunsten der Aufnahme aus, und nachdem die ständige beratende Kommission für Heeres-, Marine- und Luftfahrtsfragen erklärt hatte, dass «der gegenwärtige Stand der Land-, See- und Luftstreitkräfte des Königreichs Irak kein Hindernis für den Eintritt in den Völkerbund» bilde, beschloss die Versammlung auf Antrag ihrer sechsten Kommission einstimmig und diskussionslos, Irak in den Völkerbund aufzunehmen.

Dieser Beschluss, durch den die Zahl der Völkerbundsmitglieder auf siebenundfünfzig erhöht wurde, war das hervorstechendste Ereignis der Versammlung. Der Vorsitzende bezeugte seine Genugtuung über diesen neuen Fortschritt «im steten Vordringen des Völkerbundes zur Universalität, die nicht nur seinem Ideal entspricht, sondern auch ein Postulat der Lebenserfahrung ist». «Das Ereignis beweist auch», fügte Herr Politis bei. «dass die Einrichtung der Mandate nicht die heuchlerische Maske verschleierter. Annexionen ist, als was sie ihren Verleumdern und denen des Völkerbundes erseheinen .mochte, sondern die notwendige Lehrzeit, die die Völker ablegen müssen, bevor sie zur Freiheit zurückkehren oder zu ihr gelangen, wenn sie daran nicht mehr oder noch nicht gewohnt sind».

IV. Kommissionsarbeiten1).

Wie in unserem letzten Bericht, teilen wir diesen Abschnitt in sieben Kapitel ein, die der Gliederung der normalen Tätigkeit des Völkerbundes entsprechen.

A. Studienkominission für die Europäische Union, Letztes Jahr hat die Studienkommission mit Zustimmung der Versammlung zwei Ausschüsse eingesetzt : einen für die Frage der Ausdehnung der präferenziellen Behandlung auf andere landwirtschaftliche Erzeugnisse als Getreide und den andern für den von der Sowjetdelegation eingebrachten Entwurf über einen wirtschaftlichen Nichtangriffspakt2).

Der erste dieser Ausschüsse trat im Oktober 1981 zusammen. Die Anträge, mit denen er sich zu befassen hatte, betrafen : Tabak, getrocknete Weintrauben, Feigen, Orangen, Erzeugnisse der Viehzucht, Holz, Mohairgarn, Baumwolle, 1 ) Die Vertretung der Schweiz in den Kommissionen der Versammlung war -wie folgt geordnet: Herr Motta führte den Vorsitz in der Delegation ; als Ehrenpräsident der Versammlung vertrat er die Schweiz im Bureau der Versammlung.

I. Kommission: Herr Huber (Stellvertreter: Herr Baumann) II.

» » StucM ( » » Dollfus) IV.

» » Rappard ( » » Gorgé) V.

» » Baumann ( » »· StucM) VI.

.» » Dollfus ( » » Huber).

-) Bericht über die zwölfte Versammlung, S. 35 u. 36.

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frische Trauben und Pflaumen. Bezüglich des Tabaks, der für die Volkswirtschaft einzelner Länder Osteuropas ausserordentlieh -wichtig ist, war das Komitee der Ansicht, dass über die Einräumung von Präferenzen zwischen Aus- und Einfuhrstaaten direkt verhandelt werden solle. Was die andern Erzeugnisse anbetrifft, deren Zahl vielleicht unverhältnismässig stark anschwellen würde, so empfahl der Ausschuss dem Wirtschaftskomitee, «alle Vorschläge beteiligter Staaten in Erwägung zu ziehen, damit geprüft werden kann, wie die Lage der durch die Produktionskrise hart betroffenen Bevölkerungen verbessert werden könnte». Die präferenzielle Behandlung allgemein auf andere landwirtschaftliche Erzeugnisse als Weizen auszudehnen, schien dagegen nicht .angängig, wenigstens so lange nicht, als die für Getreide zugestandenen Präferenzen ihre Probe noch nicht bestanden haben. Das Wirtschaftskomitee hat sich in seinem Bericht vom 20. Januar 1932 der Auffassung des Ausschusses angeschlossen.

Der Ausschuss für den wirtschaftlichen Nichtangriffspakt l ) hielt vom 2.--5. November 1931 eine erste Tagung ab. Nach ziemlich langwierigen Erörterungen stimmte er « dem allgemeinen Gedanken, der dem Vorschlag eines wirtschaftlichen Nichtangriffspaktes zugrunde liegt» bei, beschloss aber angesichts der Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung der Bestimmungen des Paktes a) (Angriff, unterschiedliche Behandlung usw.), den ganzen Entwurf in einer zweiten Session unmittelbar vor der nächsten Zusammenkunft der Studienkommission für die Europäische Union einer neuen Prüfung zu unterziehen. Da die Kommission bis zur Versammlung im September nicht zusammentrat, wurde auch die Session des Ausschusses verschoben.

In der Erörterung verhehlte unser Vertreter, Herr Stucki, nicht, dass zwar ein Abkommen zum Schutze der Schwachen gegen die Stärkeren und zur Wahrung des Friedens in allen seinen Erscheinungen unsere Unterstützung finde, dass wir aber gleichwohl ein gewisses Recht auf Abwehr zu bewahren wünschten.

«Könnte nicht vielleicht die Schweiz», so bemerkte er, «wenn sie durch die Unterzeichnung eines derartigen Paktes die Verpflichtung einginge, keinerlei unterschiedliche Behandlung einzuführen, nach der Unterzeichnung des Abkommens sich in die Zwangslage versetzt sehen, ausserordentlieh grossen Mengen von Waren aus einem andern Land
ohne Diskrimination Einlass gewähren «u 1 ) Die Schweiz war darin durch Herrn W- Stucki, Direktor der Handelsabteilung, vertreten.

2 ) Der Entwurf enthielt die beiden folgenden Bestimmungen : «1. Die vertragschliessenden Teile bekräftigen erneut feierlich den schon an der Weltwirtschaftskonferenz von 1927 verkündeten Grundsatz des friedlichen Nebeneinanderlebens aller Länder, gleichviel welche soziale und wirtschaftliche Verfassung sie haben mögen.

2. Die Parteien verpflichten sich, in ihren gegenseitigen Beziehungen auf jede unterschiedliche Behandlung, welcher Art sie auch sei, zu verzichten und die Einführung und Anwendung einer besondem Ordnung in ihren Ländern, die aioli gegen irgendeine oder mehrere der Signatarmächte des vorliegenden Protokoll» richtet oder nicht auf alle übrigen Länder Anwendung findet, als unvereinbar mit den Grundsätzen des vorliegenden Protokolls zu betrachten.»

136 müssen und damit einen Teil der eigenen Volkswirtschaft einer grossen Gefahr auszusetzen?» So gut gemeint der Gedanke auch sein möge, so könne er doch in den internationalen Wirtschaftsbeziehungen zu Komplikationen führen. Die Meistbegünstigung sei gewiss nicht über jede Kritik erhaben; weiter könne man aber schwerlich gehen. Das Bessere sei auch hier des Guten Feind.

Die Lausanner Eeparationskont'erenz hatte einen besondern Ausschuss mit der Aufgabe betraut, «der Studienkommission für die Europäische Union bis zu ihrer nächsten Tagung Vorschläge für den Wiederaufbau der Länder Zentral- und Osteuropas einzureichen», die sich namentlich auf folgende zwei Punkte beziehen sollten: «a. Massnahmen zur Überwindung der derzeitigen Transferschwierigkeiten dieser Länder und zur allmählichen Aufhebung -- mit den nötigen Sicherungen -- der gegenwärtigen Devisenzwangswirtschaft; lì. Massnahmen zur Wiederbelebung des Warenhandels dieser Länder sowohl unter einander als auch im Verhältnis zu andern Ländern und zur Behebung der Schwierigkeiten, die sich für die Agrarländer Zentral- und Osteuropas aus dem Sturze der Getreidepreise ergeben, wobei die Bechte anderer Länder vorbehalten bleiben».

Belgien, Bulgarien, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Grossbritannien, Italien, Jugoslawien, die Niederlande; Österreich, Polen, Bumänien,, die Schweiz, die Tschechoslowakei und Ungarn wurden eingeladen, je höchstens zwei Vertreter in das Komitee abzuordnen. Dieses tagte unter dem Vorsitze des Herrn Georges Bonnet vom 5.--20. September in Stresa. Wir waren durch Herrn Professor Bachmann, Präsidenten des Direktoriums der Schweizerischen Nationalbank, und durch Herrn W. Stucki, Direktor der Handelsabteilung, vertreten. Trotz dem engen Zusammenhang zwischen den Finanz-, Wähnmgs- und Wirtschaftsproblemen beschloss die Konferenz von Stresa, für das Studium der Prägen, die ihr zugewiesen worden waren -, zwei getrennte Kommissionen einzusetzen: eine Finanz- und Wahrungskommission und eine Kommission für Wirtschafts- und Agrarfragen. In der ersten führte Herr Bachmann den Vorsitz. Das Ergebnis der Beratungen, wurde von jeder der Kommissionen in einem besondern Berichte festgehalten.

Die Schlussfolgerungen, zu denen diese Berichte gelangten, können im Bahrnen der vorliegenden Darlegung nicht wohl wiedergegeben werden,
weshalb wir uns auf einige kurze Bemerkungen beschränken.

In wirtschaftlicher Hinsicht hat die Konferenz von Stresa festgestellt, dass die Krise, unter der Zentral- und Osteuropa leidet, unzweifelhaft eine Folge der Weltkrise ist, dass sie aber ausserordentlich verschärft wurde durch die Beschränkungen aller Art, die dem internationalen Güteraustausch auferlegt worden sind. Eine der wesentlichen Krisenursachen für diese Länder ist ihrer Meinung nach «der katastrophale Preissturz für landwirtschaftliche Erzeugnisse, der in gewissen Fällen 70 % der noch vor drei Jahren bezahlten Preise erreicht».

Um den unheilvollen Folgen des Preissturzes entgegenzutreten, entwarf die Konferenz ein Abkommen über die Getreiderevalorisation durch eine gemeinsame

137

europäische Aktion. Der Entwurf beschränkt die eingeräumten Vorteile auf die mittlere Exportmenge jedes Landes in den drei letzten Jahren. Die Vertragsländer müssten sich verpflichten, entweder Beiträge zur Bildung eines Bevalorisationsfonds einzuzahlen oder aber dem Getreide besondere vertragliche Vorteile einzuräumen. Der Eevalorisationsfonds soll bis auf 75 Millionen Schweizerfranken geäufnet werden. Ein besonderes Komitee hätte für jedes der Länder, denen der Fonds zugute kommen soll, den Anteil zu bestimmen, der ihm zugewiesen werden würde. Das Abkommen würde bis 1985 gelten, vorausgesetzt dass das Getreide nicht vorher schon auf dem Weltmarkt wieder einen lohnenden Preis erzielt.

In finanzieller und währungspolitischer Hinsicht nahm die Konferenz eine ganze Beihe von Empfehlungen über die kurzfristigen und die langfristigen Schulden an. Sie stellte fest, dass die kurzfristig geliehenen Gelder in langfristigen Anlagen immobilisiert sind und dass anderseits liquid gebliebene kurzfristige Kredite dem Auslande wegen des Mangels an Transfermitteln nicht zurückbezahlt werden können. Um hier Abhilfe zu schaffen, hat die Konferenz den Schuldnerstaaten angeraten, so bald als möglich zum progressiven Transfer .der kurzfristigen ausländischen Gelder zu schreiten.

Sie gab ausserdem den "Wunsch kund, dass den kurzfristigen ausländischen Krediten nach und nach, jedoch so rasch als möglich, im Landesinnern die nämliche Freizügigkeit zugestanden werde wie den nationalen Geldern.

Bezüglich der langfristigen Schulden betonte die Konferenz, es sei «Pflicht eines Schuldners, der seinen Verbindlichkeiten nicht in vollem Umfange nachkommen zu können glaubt, unmittelbar und rechtzeitig mit seinen Gläubigern in Verbindung zu treten und der Überprüfung seiner Lage durch geeignete Persönlichkeiten, die beiden Parteien genehm sind, zuzustimmen, wenn die Gläubiger eine solche für nötig halten». Vertragliche Verpflichtungen können " nach der einstimmigen Erklärung der Konferenz unter keinen Umständen einseitig abgeändert werden. Wenn sich aber die ausländischen Gläubiger " zu Zugeständnissen bezüglich der Schuldenlast selbst veranlasst sähen, so solle sich daraus nicht eine Besserstellung der inländischen Gläubiger im Verhältnis zu ihnen ergeben.

Die angegebenen Heilmittel reichen aber möglicherweise nicht aus. Vielleicht
gibt, es Verhältnisse, wo eine, wenn auch bescheidene Hilfe von aussen nötig scheint. Dieser Überlegung entsprang die Idee der Schaffung eines Fonds, der im gegebenen Zeitpunkte zur endgültigen «Normalisierung» oder Ordnung der Währungsverhältnisse in Zentral- und Osteuropa zu dienen hätte. Der unmittelbare Zweck des Fonds wäre nach den Erklärungen der Finanzkommission der, «den Zentralbanken eine Hilfe zu gewähren, die im geeigneten Augenblick zur Verstärkung ihrer eigenen Bestände verwendet würde». Es handelt sich also um einen Fonds währungspolitischen Charakters. Nach der Auffassung der Konferenz würde er «erst in der letzten Phase herangezogen, gewissermassen als Krönung des von den Beteiligten selbst durchgeführten Sanierungswerkes». Die Äufnung des sogenannten «Fonds für die Währungs-

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normalisierung» wäre Sache der Eegierungen; diese hätten unmittelbar oder mittelbar die nötigen Summen aufzubringen. Die Verwaltung des Fonds würde der Bank für internationalen Zahlungsausgleich anvertraut, während die Weltkonferenz zu prüfen hätte, inwieweit der so gebildete Fonds «in den Bahmen einer allgemeineren Aktion» eingefügt werden könnte.

Die St-udienkommission für die Europäische Union nahm am 30. September in einer ersten Sitzung von den Arbeiten der Konferenz von Stresa Kenntnis.

Nachdem unser erster Delegierter, der den Vorsitz führte, des Staatsmannes Aristide Briand gedacht hatte, wurde, auf Antrag von Herrn Motta selbst, Herr Herriot unter Beifall zum Präsidenten der Kommission gewählt. Herr Georges.

Bonnet trug ein allgemeines Exposé über das Ergebnis der Konferenz von Stresa vor, woraufhin, in einer zweiten Sitzung, die Kommission die in der Beilage abgedruckte Besolution annahm1). Mehrere Staaten machten Vorbehalte zur Frage, ob sie in der Lage sein würden, zur Äufnung des Fonds für die Getreiderevalorisation beizutragen oder, allgemeiner, sich Massnahmen anzuschliessen, die den Grundsatz der Meistbegünstigung beeinträchtigen würden. Indessen einigte man sich auf die erwähnte Besolution, nachdem der Präsident ausdrücklich hervorgehoben hatte: «1. dass dieBechte dritter Staaten unter allen Umständen gewahrt bleiben; 2. dass die Eegierungen zu den konkreten Entwürfen erst endgültig Stellung .zu nehmen haben, wenn sie ihnen zur Genehmigung unterbreitet werden; 3. dass alle erhobenen Vorbehalte ...

zu Protokoll genommen werden». Unter diesem dreifachen Vorbehalte verpflichtete die Besolution im Grunde genommen nicht eben zu viel. Die Zukunft wird lehren, ob etwas Positives dabei herauskommt.

Vorläufig sei bloss bemerkt, dass der Eat gemäss der oben erwähnten Besolution seinen Präsidenten zur Einsetzung «eines Komitees von qualifizierten Fachleuten» ermächtigte, « die das Proj ekt für einen Fonds zur Währungsnormalisierung zu prüfen und in allen Einzelheiten vollständig auszuarbeiten, haben». Die Experten haben ferner zu untersuchen, «ob und unter welchen Voraussetzungen der Fonds für die Getreiderevalorisation mit demjenigen für die Währungsnormalisierung verbunden werden könnte». Der Entwurf der Experten soll binnen kurzem den Begierungen unterbreitet werden -}, Ausserdem
ersuchte der Eat bei gleicher Gelegenheit das Bureau des Wirtschaftskomitees, ihm zur Bildung eines Ausschusses für die Tabakfrage, an der die drei osteuropäischen Staaten Griechenland, Bulgarien und die Türkei interessiert sind, Vorschläge zu unterbreiten.

Wie vor Jahresfrist wurde die Tätigkeit der Studienkommission im vergangenen Geschäftsjahre der sechsten Kommission der Versammlung zur Überprüfung vorgelegt. In Vertretung des Herrn Herriot, der verhindert war, legte Herr Motta über die europäischen Fragen, die auf der Tagesordnung der !) S. 201.

2

) Es war vorgesehen, dass die Studienkommission im Dezember wieder zusammen-treten würde, um sich eingehender mit dem Ergebnisse der Konferenz von Stresa zu befassen. lu der Folge wurde die Tagung verschoben.

139 Studienkonmnssion verbleiben, in aller Kürze Bericht ab. Im Anschlussdaran beantragte er, es sei der Versammlung eine Resolution zu unterbreiten, die den Auftrag der Kommission um ein weiteres Jahr verlängere. Dieser Besolutionsentwurf wurde gutgeheissen. Zum Berichterstatter bezeichnet, gab Herr Motta auch in der Versammlung eine gedrängte Darstellung dessen, was im letzten Jahre geleistet worden war, und welche Aufgaben noch der Lösung harren, worauf die von der sechsten Kommission vorgelegte Besolution ohne weitere Erörterung angenommen wurde T).

E. Rechtliche Fragen.

1

Diese Fragen, die in den Zuständigkeitsbereich der ersten Kommission fallen, waren dieses Jahr nicht zahlreich. Auf der Tagesordnung der Kommission standen namentlich das Inkrafttreten des Protokolls über dieRevision des Statuts des Ständigen Internationalen Gerichtshofs, eine Abänderung der Geschäftsordnung der Versammlung und die Staatsangehörigkeit der Frau.

1. Inkrafttreten des Protokolls vom 14. September 1929 über die Revision des Statuts des Ständigen Internationaleil Gerichtshofs. In unsern früheren Berichten haben wir über die Schwierigkeiten Aufschlags gegeben, auf die das Inkrafttreten dieses Brotokolls, das in der Organisation des internationalen Gerichtshofs gewisse Beformen verwirklichen sollte 2), gest-ossen ist; Das Inkrafttreten hängt von der Batifikation des Revisionsprotokolls durch alle am Protokoll vom 16. Dezember 1920 beteiligten Staaten ab 3) . Nun hatten aber im September trotz den zahlreichen Aufforderungen des Völkerbundes immer noch acht Staaten ihre Batifikationsurkunden nicht hinterlegt4).

Diese Lage beanspruchte die Aufmerksamkeit der ersten Kommission.

Der italienische Vertreter Pilotti stellte mit Befriedigung fest, dass der von.

Kuba ursprünglich an die Batifikation geknüpfte Vorbehalt zurückgezogen worden ist s) ; er wies nochmals auf die Wünschbarkeit des Inkrafttretens des.

neuen Statuts hin, namentlich wegen der Kammer für summarisches Verfahren, die nach der gegenwärtigen Ordnung tagen kann, ohne dass für eine gehörige Vertretung jeder Partei durch einen eigenen Staatsangehörigen auf der Bichterbank Gewähr geboten wäre. Er legte der Kommission einen Resolutionsentwurf vor, wonach die Versammlung «einen dringenden Mahnruf» an die Staaten T

) Beilage, S. 191.

-) Botschaft vom.27. Dezember 1929 betreffend die Bevision des Statuts des.

Ständigen Internationalen Gerichtshofs, Bundesbl. 1929, Bd. III, 974.

3 ) Die Schweiz hat das Revisionsprotokoll am 27. Juni 1930 ratifiziert.

3 ) Es handelt sich um Abessinien, Brasilien, Chile, Litauen, Panama, Peru, Uruguay und Venezuela. Bis heute haben ratifiziert: Albanien, Australien, Belgien,.

Bulgarien, China, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Grossbritannien und Nordirland, Haiti, Indien. Freistaat Irland, Italien, Japan, Jugoslawien, Kanada, Kolumbien, Kuba, Lettland, Liberia, Luxemburg, Neuseeland, Niederlande, Norwegen, Österreich, Persien, Polen, Portugal, Rumänien, Salvador, Schweden, Schweiz, Siam, Spanien, Südafrikanische Union, Tschechoslowakei,.

Ungarn.

5 ) Bericht über die zwölfte Versammlung, S. 42 f.

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lichten sollte, «die das Protokoll vom 16, Dezember 1920 ratifiziert und dasjenige vom 14. September 1929 unterzeichnet, aber noch nicht ratifiziert haben, diese Eatifikation so bald als möglich zu vollziehen». Die Staaten, die an der Ratifikation verhindert sein würden, sollten aufgefordert werden, dem Generalsekretär des Völkerbundes ihre Gründe bekanntzugeben.

Herr Max Huber unterstützte im Namen der schweizerischen Delegation den Antrag des italienischen Delegierten. Er unterstrich die Bedeutung des revidierten Statuts für das summarische Verfahren, für die Pflichten der Bichter und die Unvereinbarkeitsbestimmungen. Im Gegensatz zu gewissen Kollektivabkommen, die in Kraft treten können, ohne dass das ursprüngliche, durch sie abgeänderte Abkommen vorher für alle Parteien seine Geltung verlieren müsse, habe das Protokoll vom September 1929, das die Organisation eines Gerichts bestimme, in dem Sinne den Charakter der Ausschliesslichkeit, als seine Anwendbarkeit die Beseitigung des Protokolls vom Dezember 1920 voraussetze.

Das sei ein Grund mehr für die letzten Staaten, die das revidierte Protokoll noch nicht ratifiziert haben, sich dazu zu beeilen, um die Reformen, die in der Organisation des Völkerbundsgerichts einzuführen man 1929 einstimmig bereit gewesen sei, nicht zu verunmöglichen.

Die Kommission stimmte nach Anbringung einiger Änderungen dem vom italienischen Delegierten eingereichten Resolutionsentwurf zu. Der Generalsekretär soll den Staaten, die nicht ratifiziert haben, die Darlegungen der Herren Pilotti und Max Huber «über die Gründe, die dafür sprechen, dass das Protokoll von 1929 bald in Kraft gesetzt werden sollte», zur Kenntnis bringen 1).

2. Abänderung der Artikel 4 und 17 der Geschäftsordnung, IQ einem Antrag au die Versammlung hatte die norwegische Regierung darauf hingewiesen, dass es mit Nachteilen verbünden sei, wenn, wie nach geltendem Recht, Anträge im Namen einer ausserordenthch grossen Zahl von Delegationen eingereicht ·werden können. Denn nach ihrer Ansicht würde «ein von mehr als der Hälfte -der anwesenden Yölkerbundsmitglieder unterzeichneter Antrag im Grunde genommen die Präge im voraus entscheiden und namentlich die Mitghedstaaten des Völkerbundes der Möglichkeit berauben, der gründlichen Prüfung der betreffenden Angelegenheit genügend Zeit zu widmen». Diese
Staaten scheinen ihr sogar einem so grossen «moralischen Druck» ausgesetzt zu sein, dass sie «ihrer Unschlüssigkeit und ihrem Zweifel über die Zweckmässigkeit der vorgesehenen Massnahme» nicht mehr völlig unbefangen Ausdruck zu geben vermöchten. .

Nach Ansicht der norwegischen Regierung konnte-man den genannten llbelständen 'durch eine Zusatzbestinmiung zu den Artikeln 4 und 17 der Geschäftsordnung begegnen, derzufolge «Anträge über die Aufnahme eines neuen Verhandlungsgegenstandes in die Tagesordnung der Versammlung, Resolutionsentwürfe, Abänderungen oder Motionen nur von einer beschränkten Zahl von Mitgliedern unterzeichnet werden dürfen». Als solche Zahl schlug !) Resolution, Beilage S. 176.

141 sie zehn vor, was genüge, «damit die verschiedenen im Schosse des Völkerbundes und seiner Versammlung auftretenden Gruppierungen und Meinungen am Fusse eines Antrags vertreten sein können».

Der norwegische Vorschlag fand günstige Aufnahme. Doch beschloss die erste Kommission, die Zahl der zulässigen Unterschriften auf fünfzehn festzusetzen. Der kanadische, Delegierte bezeichnete es bei dieser Gelegenheit als sehr erwünscht, dass die Kommissionen und die Versammlung ihren Charakter als dehberierende Organe bewahrten. Es müsse mit den Gepflogenheiten gebrochen werden, die zur Annahme berechtigen würden, als ob die Entscheidungen der Versammlung dem Einfluss der Wandelgänge unterlägen.

Die Versammlung stimmte den Anträgen der ersten Kommission z u l ) .

3. Staatsangehörigkeit der Frau, Die Versammlung hat letztes Jahr den Eat ersucht, den Bericht, den der Generalsekretär über diese Frage erstattet hatte 2 ), den Völkerbundsmitgliedern zu übermitteln und die Eegierungen zur Stellungnahme aufzufordern. Zweiundzwanzig Staaten, worunter die Schweiz, antworteten auf die Umfrage. Fünfzehn Staaten -- auch solche, die sich der Frauenbewegung sehr gewogen zeigen -- sprachen sich gegen den Antrag aus, für die von den Frauenverbänden verlangte Revision des Haager Abkommens vom 12. April 1980 «über einzelne, aus mangelnder Übereinstimmung der Staatsangehörigkeitsgesetze sich ergebende Fragen» schon allernächstem eine Konferenz einberufen zu lassen. Die allgemeine Auffassung war die, dass dieses Abkommen das Äusserste sei, was sich derzeit verwirklichen lasse, und dass eine Konferenz, die dem "Grundsatz der Gleichheit der Geschlechter volle Nachachtung verschaffen wollte, einem sicheren Misserfolg entgegenginge. So erklärte die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika in ihrer Antwort : « In Anbetracht der tiefgreifenden, in den Gesetzgebungen verankerten Unterschiede, die in den verschiedenen Ländern bezüglich der Staatsangehörigkeit der verheirateten Frau bestehen, und in Ermangelung von Anzeichen, die für die nächste Zukunft auf eine Vereinheitlichung auf diesem Gebiete schliessen Hessen, inuss die Frage derzeit als ausserordentlich kompliziert und stark umstritten gelten». Die Vereinigten Staaten schlössen daraus, dass es gegenwärtig unzweckmässig wäre, eine neue Staatsangehörigkeitskonferenz
abzuhalten. Eine ähnliche Meinung vertrat auch der Bundesrat in seinem Antwortschreiben vom 18. August 1982: «Es ist kaum zweifelhaft, dass eine solche Konferenz auf dem Gebiete der Staatsangehörigkeit nicht über das Ergebnis der Haager Konferenz von 1930 hinausgehen könnte. Unter diesen Umständen wäre sie einem Misserfolg ausgesetzt, den es sowohl dem Völkerbund als auch der Kodifikation des Völkerrechts zu ersparen gilt.» Weiter wurde bemerkt, das schweizerische Recht beruhe auf dem !) Resolution S. 176.

-) Über den Inhalt dieses Berichts und die Veranlassung zu dessen Vorlegung gibt unser Bericht über die letzte Versammlung, S. 46 ff., Auskunft.

Bundesblatt. 85. Jahrg. Bd. I.

12

142

Grundsätze der Einheit des Bürgerrechts in der Familie und dieser Grundsatz werde sehr wahrscheinlich auch bei der bevorstehenden Neuregelung des Bürgerrechts übernommen. Im übrigen werde es Sache der eidgenössischen Eäte sein, hierüber endgültig zu befinden.

In der ersten Kominission gab die Frage zu ausgiebigen, ja zuweilen sogar erregten Erörterungen Anlass. Viele Staaten hatten sich, um ihren guten Willen gegenüber der Gleichberechtigungsbewegung besser zu zeigen, durch Frauen vertreten lassen; diese verteidigten nachdrücklich, was sie als ihr Eecht ansahen.

So zielte z. B. ein chilenisch-kolumbianischer Antrag darauf ab, den Eat mit der Ausarbeitung eines neuen, auf dem Grundsatze der absoluten Gleichberechtigung beider Geschlechter in Bürgerrechtsfragen beruhenden Abkommens zu beauftragen. Die chilenische Vertreterin, Frau Yergara. rechtfertigte diesen . Antrag mit der Begründung, «das Ehrgefühl der Frau» empöre sich «bei dem Gedanken, dass das erste auf diesem Gebiet abgeschlossene völkerrechtliche Abkommen das Siegel der Herrschaft des Mannes über die Frati trage». Chile und Kolumbien fanden Unterstützung bei der Türkei, China, Kuba, Irland und Norwegen, doch gelang es dieser kleinen Bundesgenossenschaft nicht, den starken Widerstand der andern Delegationen zu brechen. Man brauche die Eichtigkeit der von den Frauen angerufenen Gründe nicht in Zweifel zu zu ziehen, äusserte sich der spanische Delegierte Pedroso; vor erreichter Übereinstimmung der Gesetzgebungen -- der die bemängelten Bestimmungen des Haager Abkommens nicht im Wege stünden -- werde aber jedes neue Abkommen so sehr mit Vorbehalten belastet werden, dass es kaum einen wirklichen Wert hätte. Der niederländische Delegierte hatte einzuwenden, dass eine Überprüfung des Abkommens von 1930 nur dessen Ratifikation verzögere und damit die Vorteile aufs Spiel setze, die die Frauen, aus dem Inkrafttreten des Abkommens zögen. Für ihn ist.«der Widerstand gegen die Ratifikation gleichbedeutend mit einer rechtlichen Schlechterstellung der verheirateten Frau». Nicht auf internationalem, sondern auf nationalem. Boden müssten die Frauen derzeit ansetzen; sie.sollten zuerst zu erreichen suchen, dass «innerstaatlich die Bestimmungen über die. Staatsangehörigkeit der verheirateten Frau» geändert werden. Dessen ungeachtet schlug der belgische
Delegierte als Lösung vor, die Artikel 8 und 11 des Haager Abkommens durch ein Protokoll derart abzuändern, dass ihr Wortlaut bei gleichbleibendem Inhalt nicht mehr dem Verdacht einer ungleichen Behandlung der Geschlechter ausgesetzt sei. Diesem Antrag hielten die Vertreter Deutschlands und Dänemarks entgegen, dass er die Inkraftsetzung des Abkommens um mehrere Jahre verzögere, wenigstens in den Ländern, wo die Bevision der Gesetzgebung auf Grund der ursprünglichen Fassung des Abkommens bereits eingeleitet ist. Im übrigen wurde von verschiedener Seite dargetan, dass, entgegen den Behauptungen der Frauenverbände, nicht die Absicht bestanden habe, mit dem Haager Abkommen einem der Unabhängigkeit der verheirateten Frau zuwiderlaufenden Grundsatz im Völkerrecht zur Anerkennung zu verhelfen, und dass das Abkommen noch viel weniger diese Wirkung haben könne. Um der Verständigung

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willen verlangte die französische Delegation, dass dies in dem Besolutionsentwurf der Versammlung unterstrichen werde. Damit wollte man gewisse Delegationen gegenüber dem von ihnen verpönten Abkommen von 1980 einigermassen versöhnlich stimmen. Denn dieses Abkommen müsse -- worauf der kanadische Delegierte besonders drang -- von den Signatarstaaten ratifiziert werden; das sei für sie um so grössere moralische Pflicht, als das Abkommen ihnen keineswegs das Eecht nehme, in ihrem Bürgerrecht den Grundsatz der Gleichberechtigung bis zu seinen letzten Polgerungen durchzuführen.

Entsprechend den Instruktionen des Bundesrates beleuchtete in gleichem Sinne auch Herr Max Huber die Gefahren der Kevision vereinzelter Bestimmungen eines zwar unterzeichneten, aber noch nicht in Kraft getretenen Abkommens. Das Haager Abkommen unterhege gegenwärtig dem Eatifikationsverfahren; mit der ·-- rechtlich gesprochen -- verfrühten Revision des Abkommens leiste man höchstens der bereits vorhandenen Tendenz Vorschub, die Eatifikation der geschlossenen Abkommen auf die lange Bank zu schieben. Übrigens handle es sich nicht um die Gleichberechtigung; es gelte vor allem, sich zu entscheiden zwischen dem Unabhängigkeitsdrang des Individuums und der Erhaltung der rechtlichen Einheit der Familie. Eine solche Wahl müsse frei getroffen werden ; es sei nicht angängig, auf einem derartigen Gebiete den Willen eines Staates beeinflussen zu wollen. Der Artikel l des Haager Abkommens erkenne jedem Vertragsteil das Eecht zu, durch seine Gesetzgebung zu bestimmen, wer seine Staatsangehörigkeit besitze. Das sei 1980 von keiner Seite bestritten worden, und es sei ein müssiges unterfangen, heute die Staaten zu einem Verzicht auf dieses Eecht veranlassen zu wollen. Herr Huber trat also mit der Unterstützung anderer Delegierten für die Eatifikation des Haager Abkommens ein, wobei er sich den Voten der kanadischen und der französischen Delegation anschloss.

Da man von einer Einigung weit entfernt war. musste sich die Kommission dazu entschliessen, die ganze Frage einem ünterausschuss zu überweisen.

Auch die Schweiz war darin vertreten. Nach mühsamen Beratungen gelangte der Ünterausschuss zu einem Eesolutionsentwurf, der zunächst von der Kommission und sodann auch von der Versammlung angenommen wurde. Wie aus dem in der Beilage1) abgedruckten
Wortlaut dieser Besolution ersichtlich ist, sind den Frauen, was die "Form anbelangt, gewisse Zugeständnisse gemacht worden, während der Sache nach die Besolution den bestehenden Bechtszustand unangetastet lässt. Eine Änderung ist insofern zu verzeichnen, als die Staatsangehörigkeitsfrage von nun an auf der Tagesordnung des Völkerbundes bleibt, da der Generalsekretär «sich von Zeit zu Zeit bei den Eegierungen KU erkundigen hat, welche Folge sie dein Wunsche VI der Kodifikationskonferenz geben konnten» 2 ) und der Bat «die Wandlungen der öffentlichen.

!)2 S. 177.

) Dieser Wunsch-lautete : «Die Konferenz empfiehlt den Staaten, zu prüfen, ob es möglich sei : 1. innerstaatlich den Grundsatz der Gleichberechtigung der Geschlechter auf

144

Meinung in dieser wichtigen Frage» verfolgen soll, «damit er bestimmen kann, wann diese Wandlungen so weit fortgeschritten sind, dass auf internationalem G-ebiet andere gemeinsame Massnahmen getroffen werden können».

Die Frauenverbände fanden diese Resolution ungenügend, doch glaubten sie nicht bis zu einem Verwerfungsantrage gehen za sollen. Sie bekundeten der Versammlung ihre Enttäuschung, indem sie Abstimmung mit Namensaufruf verlangten und sich dami der Stimme enthielten. So kam es, dass die Resolution mit 30 Stimmen bei 9 Enthaltungen angenommen wurde, C. Technische Fragen.

1. Wirtschafts- und Finanzorganisation.

a. Die Krise. Seit der Versammlung von 1931 steht in wirtschaftlicher Hinsicht mehr denn je nur noch ein Gegenstand auf der Tagesordnung: die Krise. An zahlreichen internationalen Zusammenkünften, sowohl inner- als auch ausserhalb des Völkerbundes, hat man sich mit ihr beschäftigt. Alle diese Bemühungen stehen miteinander in Zusammenhang, weshalb wir unsere Rückschau nicht einzig und allein auf die Tätigkeit der "Wirtschafts- und FinanzOrganisation beschränken können, sondern einen Abschnitt vorausschicken müssen, der auch gewisse internationale Konferenzen berücksichtigt, welche an und für sich mit dem Völkerbund nur in losem Zusammenhange stehen.

Das Wirtschaftskomitee des Völkerbundes hatte in seinen Tagungen vom Oktober 1931, Januar und Juni 1932 erhaltenem Auftrage gemäss eine Eeihe von Untersuchungen über den bisherigen Verlauf und die Wirkung der Krise auf den Warenaustausch, die Zusammenhänge zwischen der Wirtschaftskrise und den Störungen im Zahlungsverkehr, die Schutz- und Abwehrmasanahmen der einzelnen Staaten, die Voraussetzungen für die Rückkehr za geordneten zwischenstaatlichen Wirtschafts- und Finanzbeziehungen unternommen und damit gewissermassen die theoretische Grundlage für gemeinsame Massnahmen der Regierungen geschaffen.

Inzwischen hatten sich die Mächte zu einer endgültigen Regelung der Réparations- und sonstigen politischen Schulden entschlossen, in der Hoffnung, so eine der Hauptquellen ständiger Störungen im Währungssystem der Schuldnerstaaten ein für allemal zu beseitigen. Zu diesem Zwecke wurde eine neue R e p a r a t i o n s k o n f e r e n z nach Lausanne einberufen. Man hatte ursprünglich sogar beabsichtigt, in Lausanne nicht nur das Reparationsproblem
zu regeln, sondern damit eine Weltwirtschafts- und -frnanzkonferenz zu verbinden, an der alle die Probleme, die heute das Wirtschaftsleben beherrschen, zur Behandlung kommen sollten. In der Folge musste man sich dann aber auf den ersten dem Gebiete der Staatsangehörigkeit zur Geltung zu bringen, wobei die Interessen der Kinder besonders zu berücksichtigen wären, und 2. besonders zu bestimmen, dass die Staatsangehörigkeit der Frau in Zukunft grundsätzlich nicht ohne ihre Zustimmung lediglich durch die Tatsache ihrer Eheschliessung oder durch die Tatsache berührt wird, dass der Ehemann seine Staatsangehörigkeit wechselt.»

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Teil des Programms, die Regelung der politischen Schulden, beschränken und die allgemeinen Wirtschafts- und Finanzfragen für eine weitere Konferenz zurückstellen.

Um den Zusammenhang mit dem Völkerhunde zu wahren, wurden die Einberufung der Konferenz, die Bestimmung des Tagungsortes und des Zeitpunktes für den Zusammentritt dem Völkerbundsrat anheimgegeben. Als Tagungsort ist London bestimmt worden. Der Zeitpunkt der Eröffnung ist noch nicht festgesetzt, doch ist damit zu rechnen, dass die Konferenz in der ersten Hälfte des Jahres 1933 zusammentreten kann. Die Einladungen zur Konferenz sind bereits ergangen, und zwar an alle Mitglieder des Völkerbundes sowie an zehn ausserhalb des Völkerbundes stehende Länder, insgesamt also an 67 Länder1).

In einer Resolution vom 9. Juli hat die Reparationskonferenz das Arbeitsprogramm der K o n f e r e n z v o n L o n d o n wie folgt umschrieben: 1. Finanzielle Fragen: Währungs- und Kreditpolitik, Devisenschwierigkeiten, Preisstand, Kapitalverkehr; 2. W i r t s c h a f t s f r a g e n : Hebung der Erzeugung und des Warenaustausches unter besonderer Berücksichtigung der Zolltarifpolitik, der Ein- und Ausfuhrverbote und -beschränkungen, der Kontingentierungen und anderer Handelshemmnisse und der Produzentenkartelle.

Im Gegensatz zur Genfer Wirtschaftskonferenz von 1927 wird die Londoner Konferenz nicht eine Zusammenkunft von Sachverständigen ohne Instruktionen sein, sondern eine solche von Regierungsvertretern, deren Bemühungen auf das Zustandekommen vertraglicher Bindungen abzielen.

An der Versammlung war die Stimmung eher gedrückt. Dementsprechend haben auch verhältnismässig wenig Delegierte in der zweiten Kommission, die sich u. a. mit den wirtschaftlichen Fragen zu befassen hat. das Wort ergriffen.

Einen optimistischen Einschlag hatte die Bede des schwedischen Delegierten, dessen Land unter der Krise und der abnormalen Verschiebung der Verhältnisse zwischen Ausfuhr und Einfuhr noch nicht- so sehr gelitten hat wie andere.

Auch der britische Delegierte sieht seit der Lausanner Konferenz und namentlich seit derjenigen in Ottawa, von der er eine Besserung der Lage erhofft -- die sich allerdings nur innerhalb des britischen Weltreichs auswirken dürfte -- der Zukunft mit mehr Vertrauen entgegen. Andere Delegierte sind weniger hoffnungsvoll. Ihrer Auffassung
hat der niederländische Vertreter Colijn in einer mutigen Bede offen, Ausdruck gegeben.

1 ) Mit der Vorbereitung der Konferenz ist eine Kommission betraut, die sich aus je zwei Vertretern Belgiens, Deutschlands, Frankreichs, Grossbritanniens. Italiens, Japans und der Vereinigten Staaten von Amerika, femer aus sechs vom Völkerbundsrat und zwei von der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich bezeichneten Mitgliedern zusammensetzt. Als vom Völkerbundsrate bezeichnetes Mitglied gehört der Kommission auch Herr Musy an ; der Bundesrat hat ihn ermächtigt, die Wahl anzunehmen, doch behielt sich Herr Musy vor, sich vertreten zu lassen, falls sich die Verhandlungen allzusehr in die Länge ziehen sollten. Die Kommission ist am 31. Oktober abbin zu ihrer ersten Sitzung zusammengetreten.

146

Wie schwarz man eben doch die Lage vielfach ansah, kann mit der Feststellung im Berichte der zweiten Kornmission an die Versammlung gekennzeichnet werden, dass anch nur die Wiederherstellung der Lage, wie sie vor einem Jahre bestand, bereits einen ersten Schritt auf dem Wege-zur Gesundung bedeuten würde. Allgemein war man sich aber darüber einig, dass die Londoner Konferenz einen Wendepunkt darstellen, werde entweder zur Bückkehr zu den alten ' Welthandelsgrundsätzen oder aber zu einem noch ausgesprocheneren Selbstschutzc der einzelnen Länder.

Eine wichtige Bolle spielten die Verhältnisse in Osteuropa. Mehrere Delegierte ergriffen das Wort, um an die Dringlichkeit einer Lösung zu erinnern und die Verwirklichung der Beschlüsse von Stresa x ) zu verlangen. Einen Antrag, in den Besolutionen der Versammlung in empfehlendem Sinne auf das Problem der Bevalorisation des osteuropäischen Getreides hinzuweisen, mussten die Vertreter der Oststaaten angesichts des Widerstandes der überseeischen Getreideländer zurückziehen. Auch sonst wurden Zweifel über die Durchführbarkeit der Beschlüsse von Stresa laut.

Der schweizerische Vertreter, Herr Stucki, hat darauf verzichtet, zum Problem der Krise und zu den Ergebnissen von Stresa das Wort zu ergreifen.

Die Haltung der Schweiz war aus frühern Konferenzen und Versammlungen zur Genüge bekannt. Ihr Vertreter hatte immer wieder vor der Preisgabe der liberalen Grundsätze gewarnt, die bisher für den Warenaustausch gegolten hatten. Letztes Jahr hatte dann der schweizerische Delegierte der Versammlung ankündigen müssen, dass die Schweiz durch die Absperrung ihrer Aussenmarkte und die Überschwemmung ihres eigenen Landes mit fremden Waren zwangsläufig zu Abwehrmassnahmen gedrängt werde. Im übrigen brauchte nicht ausdrücklich erwähnt zu werden, dass die Schweiz auch in London die Hand zu ehrlicher Mitarbeit anbieten, wird.

Was die Konferenz von Stresa anbelangt, so hat die Schweiz, ganz abgesehen von allen politischen Erwägungen, ein nicht unbeträchtliches unmittelbare?

Interesse daran, zur Sanierung von Osteuropa beizutragen, dies sowohl um die gegenwärtig gänzlich unerfreulichen Handelsbeziehungen zu beleben, wie auch um als Gläubigerin zu ihrem Gelde zu kommen. Sie ist denn auch zu gewissen Opfern bereit. Aber das osteuropäische Problem ist ein blosser Ausschnitt aus
dem gesamten Problem der Weltwirtschaftskrise und kann nicht völliglosgelöst werden von den grossen weltwirtschaftlichen Zusammenhängen, Das Haupthindernis für die Beseitigung der Handelsschranken ist in den gewaltigen 'Unterschieden in der Währungs- und Finanzlage der verschiedenen Länder zu suchen. Schon die Beparationskonferenz hat, gleich wie übrigens auch das Wirtschaftskoynitee des Völkerbundes, mit allem Nachdrucke darauf hingewiesen, dass die Gesundung der Währungen die erste Voraussetzung ist für die Wiederherstellung eines normalen Zahlungs- und folglich auch Handelsverkehrs. Nach dem Berichte der zweiten Kommission der Versammlung !) Vgl.oben, S. 136.

147 haben keine zehn Länder tatsächlich den Goldstandard beibehalten können, wenn er auch nominell noch vielerorts gilt. Auf die Nivelherung dieser Unterschiede imiss zunächst hingearbeitet werden. Solange hier keine positiven Ergebnisse erzielt werden," haben multilaterale Abkommen keine Aussicht auf O Erfolg und vermögen zweiseitige Abmachungen allein der Verschiedenartigkeit der Verhältnisse gerecht zu werden.

Der Bericht, den die zweite Kommission als Ergebnis ihrer Verhandlungen der Versammlung unterbreitete, räumt den oben dargelegten Fragen einen breiten Raum ein, ebenso die Resolution, die von der Versammlung auf Antrag der Kommission angenommen wurde 1).

In das Kapitel der Krise gehört auch das Problem der mit internationaler Finanzhilfe durchzuführenden grossen Ö f f e n t l i c h e n Arbeiten als Mittel zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Die Frage hat schon die letztjährige Versammlung beschäftigt 2 ). Ein Komitee der Verkehrs- und Transitorganisation sollte die Projekte auf ihre technische Durchführbarkeit und Produktivität prüfen. Es sind auch eine gewisse Anzahl von Projekten eingereicht worden, und zwar ausschliesslich von zentral- und osteuropäischen Staaten. Das Komitee glaubte mehrere derselben -- unter Vorbehalt der Finanzierungsfrage -- der Aufmerksamkeit des Rates empfehlen zu können. In der zweiten Kommission zeigte sich aber, dass die Durchführung solcher Arbeiten auf grosse Schwierigkeiten stossen dürfte. Der britische Vertreter hat offen erklärt, dass seine Regierung nicht bereit sei, sich am Programm der grossen öffentlichen Arbeiten zu beteiligen. Gleich äusserte sich, was die Niederlande anbelangt, der Delegierte Coüjn, der mit der Meinung nicht hinter dem Berge hielt, dass es in den gegenwärtigen Zeiten, wo die Staaten für ihre eigenen Notstandsarbeiten nicht genügend Mittel haben, unmöglich sein werde, das Geld für die Projekte aufzubringen. Der Völkerbundsrat hat übrigens bereits beschlossen, die Frage an die vorbereitende Kommission für die Londoner Konferenz und . auch an die Konferenz selber zu weisen. Die Versammlung begnügte sich damit, von diesem Beschlüsse Kenntnis zu nehmen 3 ).

b. W i r t s c h a f t s f r a g e n . Das Wirtschaftskomitee des Völkerbundes hat zwischen beiden Versammlungen drei Sitzungen abgehalten, eine im. Oktober 1981. die beiden andern
im Januar und Juni 1932. Einen beträchtlichen Teil seiner Zeit nahmen die bereits erwähnten Untersuchungen über die Krise in Anspruch. Schon aus diesem Grunde, dann aber auch, weil das Krisenproblem alle andern an Bedeutung weit überragt, traten die ordentlichen Arbeiten des Komitees etwas in den Hintergrund, Wir können diese Arbeiten hier nicht alle besprechen; es mag genügen, wenn wir einzelne von-ihnen erwähnen.

*) S. 180.

-) Bericht über die zwölfte Versammlung, S. 58 und 118.

) Beilage, S. 181.

3

148 Von den fragen, die schon seit längerer Zeit das Wirtschaftskomitee beschäftigen, konnte diejenige der V e t e r i n a r a b k o m m e n z u einem vorläufigen Abschlüsse gebracht "werden1). Es sind im Laufe des Berichtsjahres den Regierungen die Entwürfe zu drei Abkommen unterbreitet worden, die betreffen : 1. die Bekämpfung von Tierseuchen; 2. die Durchfuhr von Lebendvieh, Fleisch und andern tierischen Produkten ; 3. die Ein- und Ausfuhr von andern tierischen Brodukten als Fleisch, Eleischkonserven, frischen Pleischwaren, Milch und Milcherzeugnissen.

Den Bemerkungen der Regierungen 2) zu diesen Entwürfen ist Rechnung getragen worden. Nach der Londoner Konferenz, wenn möglich noch 1988.

soll eine Konferenz einberufen werden, deren Aufgabe es sein wird, den Wortlaut der drei Abkommen endgültig festzusetzen3). Ungelöst bleiben eine Reihe weiterer Fragen der Seuchenpolizei, die sich im Zusammenhange mit dem Vieh- und Fleischhandel stellen. Das Wirtschaftskomitee wird sich weiterhin damit beschäftigen.

Die erste Konferenz für einen Zollwaffenstillstand hatte im Februar 1980 ein «Protokoll über das Programm der spätem Verhandlungen» angenommen 4) v in dem auf französischen Vorschlag hin u. a. auch die Schaffung eines s tändigen Vermittlung»- und Schiedsorgans für Streitigkeiten über die Auslegung und Anwendung von Handelsverträgen, vorgesehen war. Der Völkerbundsrat beauftragte das Wirtschaftskomitee mit den Vorarbeiten. Dieses kam zum Schlüsse, dass es sich jedenfalls nicht empfehlen würde, ein neues selbständiges Organ in die Welt zu rufen. Dagegen empfahl es gewisse Abweichungen von den üblichen Grundsätzen für die Beilegung zwischenstaatlicher Streitigkeiten, insbesondere eine Beschleunigung des Verfahrens, eine geringere Zahl von Schlichtern oder Schiedsrichtern und die Aufstellung einer Liste von Sachverständigen, die als Schlichter oder Schiedsrichter bezeichnet werden könnten.

Auf Antrag des Wirtschaftskomitees genehmigte der Rat im Januar 1982 ein «Reglement über das Verfahren zur friedlichen und raschen Beilegung wirtschaftlicher Streitigkeiten», auf das sich die Staaten bei der Vereinbarung von Vergleichs- oder Schiedsklauseln, z. B. in ihren Handelsverträgen, berufen können. Später hat der Völkerbundsrat eine Liste von vierzehn Persönlichkeiten genehmigt, aus denen bei Anwendung des
Verfahrens die Schlichter oder Schiedsrichter auszuwählen sind8).

*·) Bericht über die zwölfte Versammlung, S. 32.

2 ) Die schweizerische Antwort lautete dahin, dass die in den drei Entwürfen enthaltenen ' Bestimmungen geeignet schienen, eine wesentliche Verbesserung des Veterinärdienstes in verschiedenen Staaten herbeizuführen, und daher sehr wohl als Verhandlungsgrundlage für eine internationale Konferenz dienen könnten. Das Inkrafttreten der drei Abkommen würde an unsern sanitäts- und seuchenpolizeilichen Einrichtungen nichts ändern.

3 ) Beilage, S. 181.

4 ) Botschaft vom 26. August 1930 über die internationale Handelsübereinkunft vom 524. März 1930, Bundesbl. 1930, Bd. II, S. 156.

) Die Wahl des Vülkerbundsrates ist u, a. auch auf Herrn Nationalrat Richard König, Professor an der Universität Bern, gefallen.

149

Der Entwurf für eine einheitliche Z o l l n o m e n k l a t u r ist, mitsamt den Erläuterungen des Expertenkomitees, das ihn ausgearbeitet hat *), den Regierungen zur Prüfung unterbreitet worden. Es wird diesen empfohlen, vor ihrer Antwort an den Völkerbund auch die wichtigsten Wirtschaftsorganisationen ihres Landes zu Rate zu ziehen. Nach der Anpassung des Entwurfs an die Wünsche der Eegierungen soll dann entschieden werden, ob eine internationale Konferenz einberufen wer den muss, oder ob die allgemeine Einführung der vereinheitlichten Nomenklatur auch auf anderem Wege möglich erscheint.

Die Wechselrechtsabkommen 2 ) konnten noch nicht in Kraft gesetzt werden, weil dazu n. a. die Beteiligung von drei ständig im Bäte vertretenen Mächten erforderlich ist und von diesen bisher einzig Italien und Japan ratifiziert haben. Doch bestehen berechtigte Hoffnungen, dass die Ratifikation durch eine dritte Ratsmacht im Laufe des neuen Jahres vollzogen werde. Man hat daher von der Einberufung der in den Schlussprotokollen za den Abkommen vorgesehenen Konferenz vorläufig noch abgesehen. Was die Checkrechtsabkommen anbelangt, so liegen auch für sie bereits ein halbes Dutzend Ratifikationen vor. Die für das Inkrafttreten festgesetzte Erist läuft übrigens erst am 1. September 1988 ab.

c. F i n a n z f r a g e n . Seit der zwölften Versammlung hat das Finanzkomitee eine rege Tätigkeit entfalten müssen.

Österreich hatte, wie im letztjährigen Bericht erwähnt wurde, kurz vor der zwölften Versammlung um die Prüfung seiner finanziellen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten nachgesucht. Mit einem Sanierungsprogramm, das unter Mitwirkung des österreichischen Bundeskanzlers im September 1981 zustandekam, wurde zunächst ein recht bemerkenswerter Erfolg erzielt. Wieder Bericht der zweiten Kommission an die diesjährige Versammlung erwähnt, gelang es, den Staatshaushalt, der noch vor Jahresfrist einen Ausfall von.

270 Millionen Schilling -- ein solcher von 76 Millionen bei den Staatsbahnen nicht mitgerechnet -- aufzuweisen drohte, dank den einschneidenden Masgnahmen der Regierung wieder ins Gleichgewicht zu bringen 3). Auf Wunsch Österreichs wurden ein ständiger Vertreter des Emanzkomitees bei der Regierung und ein Berater bei der österreichischen Nationalbank eingesetzt.

Leider hatte sich trotz dieser innern Erstarkung
die Zahlungsbilanz Österreichs mangels einer Hilfe von aussen, die vom Finanzkomitee wiederholt: empfohlen worden war, zusehends verschlechtert. Es kam so weit, dass Österreich die Beträge für den Zinsen- und Amortisationsdienst nicht mehr nach dem Ausland überweisen konnte, da alle verfügbaren Devisen der für das österreichische Volk lebensnotwendigen Einfuhr dienstbar gemacht werden mussten.

Inzwischen hatte der Bat beschlossen, einen aus Regieruugsvertretern lind einer Delegation des Einanzkomitees bestehenden Ausschuss mit der *) Ihm gehörte auch Herr Oberzollinspektor Comte an, Botschaft vom 27. Oktober 1931, Bundesbl. 1931, Bd. II, 341.

) Die Reorganisation der Staatsbahnen war Gegenstand einer besondern Prüfung, zu der Herr Dr. Robert Herold, Direktor der Kreiseieenbahndirektion III, berufen wurde.

2 ) 3

150

"weitern Behandlung der österreichischen Frage zu beauftragen. Die Schweiz wurde in diesem Komitee durch Herrn Bundesrat Musy vertreten, der mit Zustimmung des Bundesrates ein dahingehendes Mandat des Völkerbundsrats angenommen hatte.

Der Ausschuss nahm seine Tätigkeit sofort ani. Bereits Ende Mai tagte er, zunächst inParis, später in Lausanne und in Genf, unter dem Vorsitze von Herrn Bundesrat Musy. Er kam zum Schlüsse, dass durchgreifende Eeformen für Österreich unumgänglich seien, aber auch dass von aussen Hilfe gebracht werden müsse, wenn Österreich in der Lage sein solle, diese Eeformen durchzuführen.

Der Ausschuss entwarf ein Protokoll nebst drei Anlagen, in denen die Bedingungen für eine neue Finanzhilfe und, als notwendiges Gegenstück, die Eeformen festgelegt sind, zu denen sich Österreich verpfhöhten sollte.

Ungarn hatte sich wegen seiner Finanzlage im September 1931 ebenfalls an den Völkerbund gewandt. Im Bericht über das Ergebnis seiner Prüfung machte das Firianzkomitee besonders auf die grosse Aussenschuld Ungarns aufmerksam, beträgt doch der Zinsen- und Amortisationsdienst für die Auslandsanleihen allein bei 300 Millionen Pengö im Jahre. Anderseits ist die ungarische Handelsbilanz durch den Preissturz auf dem G-etreidenmrkt und für andere Ausfuhrerzeugnisse Ungarns stark gestört worden.

Seit Ende Oktober 1931 ist das Finanzkomitee, gleich wie in Österreich, auch in Ungarn durch einen ständigen. Delegierten vertreten, der der ungarischen Eegierung mit seinen Eatschlägen beisteht und das Komitee durch vierteljährliche Berichte über die Lage auf dem laufenden hält. Desgleichen ist ein Berater bei der ungarischen Nationalbank ernannt worden.

Im Dezember 1931 musste Ungarn den Transfer für den Anleihedienst einstellen. Die Völkerbundsarileihe von 1924 war zunächst von dieser Massnahme ausgenommen worden, doch konnte auch für sie die Fälligkeit vom 15. Juni 1932 den Treuhändern nicht mehr überwiesen werden. Li einem Mitgeteilt vom 4. August sprach die ungarische Eegierung immerhin die bestimmte Hoffnung aus, dass es ihr möglich sein werde, die im Februar und August 1933 fälligen Verpflichtungen aus der Völkerbundsanleihe zu erfüllen.

Bulgarien hat im Januar 1932 wieder um die Hilfe des Finanzkomitees nachgesucht. Dieses Land hat sozusagen .keine sogenannte «unsichtbare Ausfuhr» und
ist daher für die Beschaffung von Devisen ausschhesslich auf seinen Warenexport angewiesen. Die meisten Märkte in Ost- und Zentraleuropa sind aber den bulgarischen Erzeugnissen heute fast völlig verschlossen.

Die bulgarische Aussenschuld erfordert einen mittleren monatlichen Transfer von 91 Millionen Lewa.

Die Anstrengungen des Finanzkomitees galten auch in diesem Falle vor allem der Wiederherstellung des Budgetgleichgewichts. Der Völkerbundskommissär wurde in seinem Amte bestätigt, und es wurde ein neuer Berater bei der bulgarischen Nationalbank bestellt. Der Transfer für den Anleihedienst musste auf die Hälfte der geschuldeten Summen herabgesetzt werden.

151 Die Lage in Bulgarien beansprucht weiterhin die volle Aufmerksamkeit des Finanzkomitees.

Griechenland hat im April 1982 im Völkerbundsrat erklärt, dass es vorübergehend nicht nur den Amortisations-, sondern auch den Zinsendienst für seine Auslandschulden einstellen müsse. Der Vertreter Grossbritanniens im Rat und der Vertreter Frankreichs erhoben gegen eine solche, ohne vorgängige Fühlungnahme mit den Titelinhabern verfügte Massnahme Protest, Auf Grund einer Verständigung mit gewissen Gläubigergemeinschaften verpflichtete sich Griechenland in der Folge, die Zinsen bis zur Höhe von 60 % weiter zu entrichten.

Eiiirnänienhat die Mitwirkung des Finanzkomitees zur Ausarbeitung eines Sanierungsplans beansprucht. Spater wurden in Genf Verhandlungen über eine Völkerbundsanleihe aufgenommen. Sie schienen unmittelbar vor dem Abschluss, doch glaubte die rumänische Begierung in letzter Stunde ihre Zustimmung zu den Bedingungen, aa die der Völkerbund seine Hilfe knüpfte, nicht erteilen zu können.

Im Zusammenhange mit der Einstellung des Zinsen- und Amortisationsdienstes für die unter Mitwirkung des Völkerbundes zustande gekommenen Anleihen ist auch die Frage aufgeworfen worden, inwieweit derVölkerbund selbst gegenüber den Titelinhabern für die Nichterfüllung hafte. Ein in London bestehendes «League Loans Committee» zur Wahrung der Gläubigerinteressen au» den Völkerbundsanleihen hat die Frage sogar durch Vermittlung der britischen Eegierung vor den Bat gebracht. Dieser stellte nach Anhörung des Wortführers des Londoner Gläubigersehutzkomitees, Sir Austeri Chamberlain, in einer Eesolution vom 7. Oktober 1932 fest, dass «die Zustimmung und die Unterstützung seitens des Bates für die Emission (der Völkcrbundsanleihen) ausschlaggebend waren» und «dass dieser sich der besondern Verantwortung bemisst ist, die ihm aus den Anleihen erwächst». Er beauftragte das Finamkomiteo, der Verantwortlichkeit des Völkerbundes besondere Aufmerksamkeit zu widmen und zu prüfen, ob gegenwärtig neue Vorkehrungen zur Verbesserung der Lage getroffen werden könnten. Ferner erklärte er es als Pflicht der Schuldnerstaaten, «sich in vollem Umfange die Hilfe technischer Beiräte des Völkerbundes zu sichern und den Bat durch Vermittlung des Finanzkoraitees über die Lage genau auf dem laufenden zu halten».

Einzelne Tranchen der
Völkerbundsanleiheii sind bekanntlich in der Schweiz begeben worden. Die Verhandlungen im Eate sind daher, in Anbetracht der auch für die Schweiz auf dem Spiele stehenden Interessen, von den Bundesbehörden mit aller Aufmerksamkeit verfolgt worden.

Wir haben bisher lediglich von der Krisentätigkeit des Finanzkomitees berichtet, die allerdings, noch stärker als im Falle des Wirtschaftskomitees, das ordentliche Arbeitsprogramm fast völlig überwuchert hat. Immerhin wären, der Vollständigkeit halber, über letzteres ein paar Worte beizufügen.

152

Die litauische Regierung hatte um die Beihilfe des Finanzkomitees für die Durchführung des Finanzausgleichs zwischen der Zentralregierung und den autonomen Memeler Behörden nachgesucht. Diese ist ihr gewährt worden.

Unter der Mitwirkung des Finanzkomitees kam eine Vereinbarung zustande, Die Golddelegation des Finanzkomitees hat ihre Untersuchungen «über die Ursachen von Schwankungen in der Kaufkraft des Goldes und den Einfluss dieser Schwankungen auf die Volkswirtschaft» beendet. Sein Schlussbericht ist dem Eate vorgelegt und von diesem gebilligt worden. Nach der Delegation bleibt die Goldwährung das beste Währungssystem; wo sie verlassen wurde, sollte man zu ihr zurückkehren.

Das Abkommen, über die Errichtung einer internationalen Gesellschaft für l a n d w i r t s c h a f t l i c h e H y p o t h e k a r k r e d i t e 1 ) konnte noch nicht in Kraft gesetzt werden, da die Beiträge der beteiligten Staaten zu der Spezialreserve die für das Inkrafttreten vorgesehene Summe von 25 Millionen bisher nicht erreicht haben.

Das S t e u e r k o m i t e e ist seit Mai 1931 nicht mehr zusammengetreten.

Eine neue Session ist für den Beginn von 1933 vorgesehen.

Die Tätigkeit des Finanzkomitees gab weder in der zweiten Kommission noch in der Versammlung selbst zu Erörterungen Anla.ss. Die Versammlung beschränkte sich darauf, dem Finanzkomitee für seine schwere und undankbare Aufgabe den wohlverdienten öffentlichen Dank auszusprechen und den Bericht der Golddelegation zur Kenntnis zu nehmen 2).

2. Organisation für die Verkehrswege und den Durchgangsverkehr. Unmittelbar nach der zwölften Versammlung hat vom 12.--24. Oktober 1931 in Genf die vierte allgemeine Verkehrskonferenz stattgefunden. Über ihr Ergebnis ist im letztjährigen Geschäftsbericht 3) einiges mitgeteilt worden.

Die ständige beratende Kommission trat am 1. Juni 1932 zu ihrer siebzehnten ordentlichen Session zusammen. Sie war von der allgemeinen Verkehrskonferenz neu bestellt worden; die Schweiz hat ihren Sitz beibehalten4). Die Kommission schritt ihrerseits zur Erneuerung ihrer ständigen Ausschüsse.

Dabei hat sie aus Gründen der Sparsamkeit die Mitgliederzahl überall eingeschränkt. Die Schweiz ist, wie bisher, im Ausschusse für den Eisenbahntransport 5) sowie im Strassenverkehrsauschuss6) vertreten, während ihr die Mitgliedschaft im Ausschusse
für elektrische Fragen verloren ging.

') Botschaft vom 15. Juni 1931, Bundesbl. 1931, Bd. II, 953.

2 ) Beilage, S. 180.

3 ) S. 50.

4 ). Der Bundesrat hat für die neue vierjährige Amtsdauer der Kommission die Wahl des Herrn Dr. Robert Herold, Direktors des Kreises III der S. B. B., zum schweizerischen Delegierten bestätigt.

5 ) Durch Herrn Direktor Herold, der Vorsitzender des Ausschusses ist.

6 ) Durch Herrn Dr. H. Rothmund, Chef der Polizeiabteilung.

153 In der Tätigkeit der Verkehrsorganisation des Völkerbundes ist im Berichtsjahr eine Buhepause eingetreten. Die allgemeinen Verkehrskonferenzen bedeuten immer einen gewissen Abschluss, so dass für die beratende Kommission jeweilen eine Eeihe von Fragen aus Abschied und Traktanden fallen. Überdies war 1982 ohnehin ein Ausnahmejahr, in dem wegen der Abrüstungskonferenz die Tätigkeit der übrigen Zweige des Völkerbundes stark eingeschränkt werden musste.

Auf Grund der Beschlüsse der allgemeinen Verkehrskonferenz hatte sich die beratende Kommission mit der Frage der Einführung einer b e g e b b a r e n Frachturkunde für den internationalen Güterverkehr zu befassen. Nach einer neuen Prüfung im Benehmen mit der internationalen Handelskammer und dem internationalen Eisenbahnverband wurde die Frage den Begierungen zu besonderer Aufmerksamkeit empfohlen, damit bei der nächsten Eevision des internationalen Übereinkommens über den Eisenbahnfrachtverkehr (I. Ü. G.)

eine die Handelswelt befriedigende Lösung gefunden werden könne.

Seit Jahren beschäftigt sich die Verkehrsorganisation mit den Fragen des Strassciiverkehrs. Im März 1981 hat die vom Völkerbund einberufene europäische Strassenverkehrskonfereuz zwei internationale Abkommen (über die .Vereinheitlichung der Strassensignalisation und über die fiskalische Behandlung fremder Motorfahrzeuge) und eine Vereinbarung (über die Bereinigung der Triptyks) ausgearbeitet1). Seither hat- die beratende Kommission ihren Strassenverkehrsausschuss mit dem Studium weiterer Probleme, wie die Automobiltransporte zu Handelszwecken, die Levichtsignale, die Zeicheugebung durch die Verkehrspolizei usw., beauftragt.

Obwohl die Konferenz zur Vereinheitlichung des Flussrechtes vom Jahre 1930 2) mehrere Institute dieses besondern Eechtsgebiets durch internationale Abkommen kodifiziert hat, bleiben zahlreiche Probleme zu regeln.

Insbesondere müssen noch gewisse Verfahrensfragen geordnet werden, bevor sich das Ergebnis der Konferenz von 1930 voll auswirken kann. Die beratende Kommission hat daher ihren Unterausschuss für Flussrecht zur Fortsetzung seiner Arbeiten aufgefordert. Diese sollen sich namentlich auf die Fragen der Arrestlegung, der Hilfeleistung und des Bettimgswesens erstrecken.

Im Mai hatte auf Wunsch der Abrüstungskonferenz das «Komitee für Zusammenarbeit in der
Z i v i l l u f t f a h r t » seine Meinung über gewisse die Konferenz beschäftigende Fragen (Internationalisierung der Zivilluftfahrt und andere Vorkehrungen, um die Benutzung der Zivilaviatik für militärische Zwecke zu verhindern) abzugeben.

Einen wesentlichen Fortschritt weisen die Arbeiten zur Vereinheitlichung der T r a n s p o r t s t a t i s t i k auf. Der Bericht des für diese Frage eingesetzten Unterausschusses konnte samt dem Entwurf zu einem Abkommen und Aus1 a

) Bericht über die zwölfte Versammlung, S. 6li.

) a.a.O., S. 63.

154 führungsbestimmungen den Regierungen unterbreitet werden. Diese haben nun dazu Stellung zu beziehen.

.Der chinesischen Regierung wird auch weiterhin die volle Unterstützung der .Kommission zuteil. Zwei Ingenieure sind als ständige Vertreter der Verkehrsorganisation nach dem Fernen Osten entsandt worden. Sie sollen die chinesische Begierung bei der Ausführung grosser Werke beraten.

Die zweite Kommission der Versammlung nahm von der Tätigkeit der Verkehrsorganisation zustimmend Kenntnis. Für die Eesolution der Versammlung wird auf die Beilage verwiesen 1).

3. Hygieneorganisation. Wir können, wiederum nicht daran denken, hier die Tätigkeit der Hygieneorganisation in ihrer ganzen Vielgestaltigkeit vor Augen zu führen, und müssen uns, wie früher schon, darauf beschränken, einzelne besondere Fragen herauszugreifen.

Es ist im letztjährigen Bericht bereits erwähnt worden, dass der Völkerbund im Jahre 1931 eine europäische Konferenz über die « G e s u n d h e i t s p f l e g e auf dem Lande» nach Genf einberufen hatte. Diese Konferenz hat sich mit drei Gruppen von Fragen beschäftigt: ärztliche Hilfe für die Landbevölkerung, Organisation des öffentlichen Gesundheitswesens in ländlichen Bezirken und Hebung der gesundheitlichen Verhältnisse auf dem Lande. Die Ergebnisse der Konferenz wurden allgemein als sehr ermutigend anerkannt, und das Hygienekomitee hatte sich seither weiter mit diesen Gegenständen zu befassen. Bereits ist von verschiedenen Regierungen angeregt worden, die gleichen Fragen auch für andere Brdteile in Angriff zu nehmen, sobald nach Überwindung der Krise neue Initiativen wieder möglich sind.

In der Schweiz kann ein so scharfer Trennungsstrich wie in andern Lä,ndern zwischen der allgemeinen Gesundheitspflege und derjenigen in ländlichen Gegenden nicht gezogen werden. Einzelne Empfehlungen der Genfer Konferenz gehen daher von Voraussetzungen aus, die für unser Land nicht zutreffen. Trotzdem ist das Ergebnis der Genfer Tagung auch für uns in mancher Beziehung wertvoll.

Bei der Behandlung der Motion Baumberger hat sich zur Genüge gezeigt,, welche Rolle das Gesundheitswesen (Wohnverhältnisse, Trinkwasserversorgung,, ärztliche Hilfe, Krankenpflege usw.) in der Entvölkerung der Berggegendeii spielen kann.

Eine ihrer Hauptaufgaben erblickte die I-Iygieneorganisation in der Schaffung einer
engen Fühlung unter den Sanitätsverwaltungen der verschiedenen Länder. Zu diesem Zwecke sind Austausche von Beamten der Sanitätsverwaltungen veranstaltet und Stipendien für Studienaufenthalte in ausländischen Lehranstalten für das öffentliche Gesundheitswesen verteilt worden. Das Zier darf heute als erreicht gelten. An Stelle der gruppenweise durchgeführten Austausche treten nun mehr und mehr Einzelabordnungen zum Studium bestimmter Einrichtungen in andern Ländern. So ist z. B. Herr J

) S. 1.79.

155

Professor Burri, Vorstand der milchwirtsehafthehen und bakteriologischen Anstalt im Liebefeld, mit dem Auftrage nach den Vereinigten Staaten entsandt worden, die dortigen Verhältnisse in der Milchwirtschaft zu studieren, während ein Beamter der Hygieneorganisation- die gleiche Untersuchung für die Schweiz durchzuführen hat und analoge Arbeiten für andere Länder, insbesondere für die Niederlande und Dänemark, noch bevorstehen. Auch unsere Milchwirtschaft wird zweifellos aus diesen Studien mancherlei Gewinne ziehen können.

Die epidemiologischen Nachrichtenstellen in Genf und Singapore leisten fortgesetzt ausserordentlich wertvolle Dienste. In Genf laufen epidemiologische und demographische Nachrichten zusammen, die eine Bevölkerung von 1,435,000,000, d. h. rand 72 % der gesamten Erdbevölkerung erfassen.

Die Eegierungen werden vom Auftreten von Epidemien in irgendwelcher Gegend unverzüglich benachrichtigt, was ihnen ermöglicht, rechtzeitig Abwehrmassnahmen zu treffen.

Das Hygienekomitee hat auch im Berichtsjahr mehreren Eegierungen für die Reorganisation ihrer Sanitätsverwaltungen Beistand gewährt, In China sind in den meisten wichtigen Seehäfen man Quarantänestationen eingerichtet, was den Ansehluss Chinas an den epidemiologischen Nachrichtendienst in Singapore ermöglichte. Daneben ist dem Hygienekornitee in der Zusammenfassung der ausländischen Hilfe1) für die von der letztjährigen.

Überschwemmungskatastrophe betroffenen Gegenden eine neue, ausserordentlich wichtige Aufgabe zugefallen. Auch in Griechenland schreitet die BeOrganisation der Sanitätsverwaltung rüstig fort. Chile hat um die Mitwirkung des Völkerbundes bei einer Erhebung über den Ernährungsstand des chilenischen Volkes nachgesucht, und in Kapstadt ist am 15. November abbin ein Sanitätskongress eröffnet worden, um sich mit einigen spezifischen Fragen zu befassen, vor die sich die Sanitätsverwaltungen dieses Kontinents gestellt sehen.

In der zweiten Kommission der Versammlung fand das "Werk der Hygieneorganisation sehr lobende Anerkennung. Die von der Versammlung angenommene Eesolution bedarf keiner Erläuterung2).

4. Organisation für geistige Zusammenarbeit, Übungsgemäss ist das Werk der Organisation für geistige Zusammenarbeit von der ständigen Kommission in ihrer im Juli stattfindenden Jahressession überprüft worden. Es ist nicht
wohl möglich, es hier in seiner Gesamtheit zu besprechen. Wir müsse« uns darauf beschränken, die beträchtliche, seit der letzten Versammlung geleistete Tätigkeit in ihren wesentlichen Zügen, dazu notwendigerweise unvollständig, zu urnreissen.

Mit der ständigen Kommission sei zunächst festgestellt, dass das Berichtsjahr «ein Jahr der Arbeit und der Tat» war. Herr de Keynold schrieb hierüber *) lìber die Beteiligung der Schweiz vgl, den Geschäftsbericht für 1931, S. 49.

) Beilage, S. 179.

8

156

aïs Berichterstatter der Kommission: «Zwei Tendenzen haben das letzte Geschäftsjahr namentlich ausgezeichnet : einerseits das Bestreben, von den Spezialfragen und technischen Problemen auf gewisse allgemeinere Ideen zu schliessen, die das geistige Leben von heute mit am meisten beschäftigen; anderseits die immer engere Fühlung zwischen der Organisation für geistige Zusammenarbeit und den verschiedenen vom Völkerbund abhängigen Organisationen.» Zu den Hauptsorgen der Organisation für geistige Zusammenarbeit gehörten die Unterrichtsfragen. In einer Zusammenkunft von sechs Direktoren für das höhere Unterrichtswesen wurden die Möglichkeiten, besprochen, den bisherigen Massnahmen der Universitäten und Studentenverbände durch internationale Zusammenarbeit vermehrte Wirksamkeit zu verleihen und unter den nationalen Verwaltungen für den öffentlichen Unterricht einen regelmässigen Verkehr herzustellen. Ausserdem befürwortete ein aus einigen Direktoren tur den Primarschulunterricht bestehendes Expertenkomitee die Schaffung nationaler Zentralstellen für Erziehungsfragen und die Aufnahme unmittelbarer Beziehungen unter diesen Stellen.

Auch die Delegation des Expertenausschusses für den Jugendunterricht über die Ziele des Völkerbundes hat sich mit verschiedenen Fragen befasst, worunter wir das wissenschaftliche Studium der internationalen Beziehungen, die internationalen Angelegenheiten als Lehrgegenstand im Fortbildungsunterricht, die Eevision der Schulbücher, die Produktion von Lehrfilmen und die erzieherische Aufgabe des Bundfunks erwähnen wollen. Der Genfer Zweig der zentralen Nachrichtenstelle für das Schulwesen hat zwei. Erhebungen eingeleitet: die erste richtet sich an die Eegierungen und betrifft den Unterricht über die Ziele des Völkerbundes in den Lehrerseminarien, die andere, bei den wissenschaftlichen Instituten für die Politik, bezieht sich auf die Dienste, die diese Institute leisten können.

Das ständige Komitee für Literatur und Kunst hielt seine Jahressitzung in Frankfurt am Main ab, wohin es von dieser Stadt bei Anlass der hundertsten "Wiederkehr von Goethes'Todesjahr eingeladen worden war. Die Tagung war dem Andenken des deutschen Dichterfürsten und den europäischen und weltbürgerlichen Äusserungen seines Geistes gewidmet. Es ist dies das erste der ·« Gespräche», die zu veranstalten man 1931
beschlossen hatte. In gleichem Sinne soll nach dem Beschlüsse des Komitees auch ein Briefwechsel über «lateinischen und nordischen Geist» durchgeführt werden. Diese «Gespräche» und Briefwechsel werden in mehreren Veröffentlichungen gesammelt werden. In der nämlichen Session hat sich das Komitee noch mit verschiedenen Gegenständen aus dem Gebiete der Literatur, der Kunst und der Wissenschaft befasst, so z. B. mit der Förderung des Verständnisses für die Dichtkunst, mit der Aufgabe des Theaters, mit der Zusammenarbeit auf dem Gebiete der Kunst und der Altertumskunde, mit der Schaffung von nationalen Schallplattensammlungen, mit dem Lehrfilmwesen und mit dem Schutze der Urheberrechte. Was die Bibliographie der Übersetzungen anbelangt, so hat das Komitee von der Herausgabe einer neuen Zeitschrift, « I n d e x

157 t r a n s l a t i o n u m » , deren erstes Heft im vergangenen Juli erschienen ist, Kenntnis genommen.

Von den zahlreichen Zusammenkünften, die auf Veranlassung des Instituts für geistige Zusammenarbeit stattfanden, sind zu erwähnen: diejenigen des Exekutivkomitees, des Direktionskomitees und des Verwaltungsrates des Instituts, die vom internationalen Museumsamt durchgeführte Athener Konferenz zum Schutze und zur Erhaltung der Kunst- und Geschichtsdenkmäler sowie die Konferenz der Institute zur wissenschaftlichen Erforschung der internationalen Beziehungen, die in Mailand tagte und ausser der Erledigung ihrer administrativen Geschäfte eine gründliche Erörterung des Themas « Staat und Wirtschaftsleben» veranstaltete.

Die Kommission für geistige Zusammenarbeit hat in ihrer Juli-Session den Gesamtbericht des Direktors des Pariser Instituts genehmigt, ebenso denjenigen des Präsidenten des Verwaltungsrats des Kömer Instituts, das seme Bestrebungen auf dem Gebiete des Lehrfilms fortsetzt.

Ausserdem hat die Kommission zwei der Sachverständigen für das Unterrichtswesen angehört, die sie auf Verlangen der chinesischen Eegierung nach China entsandt hatte, damit sie bei der Eeform des dortigen öffentlichen Unterrichts mitwirkten. Diese Mission, die vom September 1931 bis zum Januar 1932 im Fernen Osten weilte, hat trotz der schwierigen politischen Verhältnisse ein günstiges Ergebnis gezeitigt.

Während der Abrüstungskonferenz kam die Organisation für geistige Zusammenarbeit in die Lage, die Arbeiten der Konferenz durch einen wertvollen Beitrag zu fördern. Um einer von der polnischen Delegation eingereichten Denkschrift über die moralische Abrüstung Folge zu geben, hatte nämlich die Konferenz für das Studium dieses wichtigen Problems ein besonderes Komitee eingesetzt1). Die Organisation für geistige Zusammenarbeit, die durch jahrelange Erfahrung zu einer solchen Aufgabe besonders befähigt war, entwarf einen vorläufigen Text. Das Komitee bezeugte lebhaftes Interesse für diese Arbeit und nahm sie als Verhandlungsgrundlage an.

Mit Bedauern nahm die Kommission vom Beschlüsse der schweizerischen Behörden Kenntnis, die Durchführung der ersten internationalen Volkskunstausstellung, die im Jahre 1934 in Bern hätte stattfinden sollen, wegen der Wirtschaftskrise auf 1939 zu verschieben. Sie liess es sich nicht
nehmen, die Veranstalter der Ausstellung ihrer Unterstützung auch für die spätem Vorbereitungen zu versichern. Die Konferenz der nationalen Kommissionen für geistige Zusammenarbeit, die mit der Berner Ausstellung hätte zusammenfallen sollen, musste ebenfalls verschoben werden.

Das Werk der geistigen Zusammenarbeit gab im Schosse der sechsten Kommission der Versammlung zu keinen wichtigen Erörterungen Anlass. Indessen entspann sich über die Eeform der Schulbücher ein interessanter Meinungsaustausch zwischen mehreren Delegationen. Der deutsche Vertreter 1

) Den Vorsitz in diesem Ausschuss hatte Herr Nationalrat Perrier inné.

Bandesblatt. 85. Jahrg. Bd. I.

13

158 erklärte, dass er es vorzöge, wenn dieser Gegenstand der Initiative und dem Verständigungswillen der nationalen Kommissionen anheimgegeben bliebe, ohne dass die Berufung an internationale Instanzen vorgesehen werden müsste ; er fand einige Unterstützung beim Delegierten des Vereinigten Königreichs.

Unser Vertreter. Herr Nationalrat Dollfus, benutzte die Gelegenheit, um die Kommission an das grosse Interesse zu erinnern, das man der geistigen Zusammenarbeit in unserem Lande entgegenbringt.

Auf Grund der Darlegungen des zum Berichterstatter bezeichneten .luxemburgischen Delegierten Bech stimmte die Versammlung den ihr vorgelegten Resolutionen zu1).

Ein Ausschuss der zweiten Kommission hatte auch den Entwurf eines Abkommens zu prüfen, den das Weltlehrfilminstitut in Born bezüglich deiintèrna tionalen Verkehrserleichterungen für die Lehrfilme vorbereitet hat.

Der Entwurf wurde unter Berücksichtigung der Bemerkungen verschiedener Delegationen stark geändert. Die zweite Kornmission sprach sich daraufhin für die Überweisung des 'bereinigten Entwurfs an. die Regierungen aus. Sie legte der Versammlung eine in diesem Sinne verfasste Resolution vor 2), worin der Rat ersucht wurde, in dem ihm am geeignetsten erscheinenden Zeitpunkt eine Konferenz von Regierangsvertretern einzuberufen.

D. Sicherheit und Abrüstung.

Die Fragen der Sicherheit und Abrüstung, die gewöhnlich von der dritten Kommission behandelt- werden, standen dieses Jahr nicht auf dem Verzeichnis der Verhandlungsgegenstände. Denn die Versammlung hielt es nicht für sehr angezeigt, sie zur Erörterung zu stellen,.da sich mit ihnen bereits die Abrüstungskonferenz beschäftigt.

E. Budget- und Verwaltungsîragen.

Dieser Ausschnitt a-us der Tätigkeit des Völkerbundes ist sehr umfangreich, so umfangreich, dass es uns, wie schon oft bemerkt, unmöglich wäre, im vorliegenden Bericht einen umfassenden Überblick zu vermitteln. Wir werden uns daher lediglich -- übrigens auch nur kurz -- mit den Hauptfragen abgeben, nämlich mit der Abrechnung für 1931 und dem Voranschläge für 1983, mit den rückständigen Beiträgen sowie mit der Reorganisation des Völkerbundssekretariats.

1. Abrechnung über das dreizehnte und Voranschlag für das fünfzehnte Rechnungsjahr. Das Bechnungsergebnis. von 1931 war nicht besonders günstig. Von den 31,687,501 Goldfranken, die die
Staaten als Mitgliederbeitrag schuldeten, waren nur 27,062,019 Pranken eingegangen. Am 31. Dezember 1981 blieben also noch 4,575,482 Franken für das abgelaufene Rechnungsjahr zu erheben..

!) Beilage, S. 194.

) Beilage, S-. 181.

2

159 Dank den in verschiedenen Dienst zweigen erzielten Ersparnissen und namentlich, weil für die Abrüstungskonferenz weniger ausgegeben wurde, als vorgesehen war, erreicht der Ausgabenüberschuss indessen bloss etwas mehr als zweieinhalb Millionen. Ganz allgemein betragen die Ausgaben 91,03% der bewilligten Kredite. Diese Spanne war in frühern Jahren grösser.

Die Vermögensrechnung des Völkerbundes wies am 81. Dezember 1931 auf der Aktivseite 64,256,688 Goldfranken, auf der Passivseite 81,721,739 Goldfranken auf. Das reine Vermögen belief sich also auf rund 32% Millionen Franken.

Als verfügbarer Saldo des Baukontos waren am 31. Dezember 1931 18,808,463 Goldfranken ausgewiesen. Im Jahre 1931 sind annähernd 2 Millionen und seit der Anlegung des Kontos 6% Millionen Franken ausgegeben worden. Nach den Berechnungen der Architekten sollen die Baukosten, höhere Gewalt vorbehalten, innerhalb der Grenze von 25,577,150 Franken bleiben1).

Am 81. Dezember 1981 bezifferte sich das Vorschusskonto (Betriebsfonds) auf 5,564,844 Goldfranken. Es war im Jahre 1981 stark in Anspruch genommen worden. Die Vorschüsse erreichten mehr als 2 Millionen, wovon in der Folge bloss ein Teil zurückbezahlt werden konnte. Diese Schwierigkeiten, die auf die unregelmässige Entrichtung der Beiträge zurückzuführen sind, werden sich mit der Zeit möglicherweise noch verschärfen. Der Bericht des Rechnungsprüfers legte daher einen gewissen Pessimismus an den Tag.

Die Kontrollkommission empfahl der Versammlung die Annahme der Abrechnung, unterstrich aber mit besonderin Nachdruck, dass sich am 81. Dezember 1981 die rückständigen Beiträge auf nahezu 19 Millionen Goldfranken beliefen und dass damals vierundzwanzig Staaten dem Völkerbund mehr oder weniger bedeutende Summen schuldeten.

Der provisorische Voranschlag für 1933 erreichte 32,849,875 Franken.

Nach Hinzufügung des unmittelbar vor der Versammlung vorgelegten Zusatzbudgets von 517,273 Franken gelangte man zu einer Gesamtsumme von 33,367,148 Franken. Dieser provisorische Voranschlag beruhte nach den Erklärungen des Generalsekretärs «auf der Annahme, dass die Tätigkeit des Völkerbundes mit Beginn des neuen Rechnungsjahrs wieder ihren ordentlichen Verlauf nehmen würde». Die Kontrollkommission vermochte sich dieser Auffassung nicht anzuschliessen, weil sie voraussehen zu können glaubte,
«dass die Versammlung von 1982 die vorsichtige und auf Einschränkungen bedachte Haltung nicht verleugnen würde, die von der vorhergehenden Versammlung vorgezeichnet worden war». Gleichwohl hatte es auch die Kontrollkommission im .allgemeinen der Versammlung überlassen, die Abstriche zu bestimmen. Es blieb ihr allerdings nicht viel anderes übrig. Eine fühlbare *) Für die Gebäudefrage verweisen wir auf unsere Botschaft vom 12. Mai 1932 über die Ausrichtung eines Bundesbeitrages an den Kanton Genf für die infolge der Errichtung der -Völkerbundsgebäulichkeiten notwendigen Arbeiten, Bundesbl. 1932, Bd. I, 725 ff.

160

Herabsetzung des Voranschlages war in der Tat nur denkbar bei einer Kürzung der Besoldungen, die für sich allein mehr als 50% des gesamten Völkerbundsbudgets beanspruchen, oder durch die Streichung gewisser Ausgabeposten, deren Notwendigkeit nicht erwiesen schien. Entscheidungen dieser Art lagen aber ausserhalb der Befugnis der Kontrollkommission. Die Versammlung allein konnte sie fassen. Dafür war übrigens bereits ein besonderes Verfahren eingeleitet, dem wir nun einige Worte widmen müssen.

Im Mai ordnete der Völkerbundsrat nach einem Vorstosse der britischen Eegierung die Überprüfung der gesamten Organisation des Völkerbundes durch die Kontrollkonunission an, mit dem Zwecke, Ersparnisse durchzuführen und die Besoldungsansätze zu revidieren. Erhaltenem Auftrage gemäss und nach Einholung des Gutachtens eines britischen Experten, Sir Malcohn Bamsay, legte die Kontrollkommission einen Bericht vor. der sich auf folgende Fragen bezog: 1, Verwaltungsreform, 2, Personalausgaben, S. Ausgabenkontrolle und Budgetbeschränkung.

Was den ersten Punkt betrifft, so ging die Kommission von der Auffassung aus, dass man von ihr nicht erwarte, sie werde die von der Versammlung von 1980 bereits geregelten Organisationsfragen wieder aufrollen; vielmehr habe sie alle Mittel in Erwägung zu ziehen, durch die der Arbeitsertrag des gegenwärtig im Dienste stehenden Personals erhöht werden könne, damit auf diese Weise eine progressive Verminderung des Personals oder eine Änderung der Ämtereinteilung möglich werde: Die Kommission konnte ihre Untersuchung bis zur Versammlung noch nicht abschliessen; sie wird sie fortsetzen und das Ergebnis nächstes Jahr bekanntgeben.

Zu den Personalausgaben äusserte sich der britische Experte, der beigezogen worden war, dahin, dass «in zahlreichen Fällen zwischen den Besoldungsansätzen und der dem betreffenden Beamten zugewiesenen Aufgabe ein Missverhältnis besteht» und dass, «sogar wenn in dieser Hinsicht Abhilfe geschafft ist, der allgemeine Stand der Besoldungen gegenwärtig als zu hoch erscheint». Sir Malcolm Eamsay glaubte, dass «ohne Beeinträchtigung des Geschäftsgangs oder der Anforderungen des Völkerbundes und ohne dass dem Personal ein Unrecht geschähe», die Besoldungen durchschnittlich um 10 bis 15% abgebaut werden könnten. Demgegenüber meinte die Kontrollkommission unter Berufung
auf die besondern Eignungen, die von einem internationalen Personal verlangt werden, dass sich die Behauptung, die Gehälter seien übermässig hoch, durch nichts rechtfertigen lasse. Sie anerkannte zwar, dass die Kosten der Lebenshaltung zurückgegangen seien, erklärte aber, dass man unter Berücksichtigung der Ansätze vom Jahre 1920 die Besoldungen höchstens um 2% abbauen könnte. Die Kommission machte überdies geltend, dass nach ihrer Auffassung die Anstellungsverträge der Beamten unantastbar seien und dass der Versammlung die Befugnis abgehen würde, die vertraglich

161 vereinbarten Ansätze durch einen Machtspruch herabzusetzen. Uni sich.nicht allzu unnachgiebig zu zeigen und nicht den Anschein zu erwecken, als zöge sie aus den Erfahrungen des unter Krisendruck stehenden Alltags gar keine Lehre, schlug die KommisBion jedoch vor, es seien «vom 15, Oktober 1932 an, die Anstellungsbedingungen für alle neueingestellten Beamten um 10% unter den bisherigen Ansätzen (für Anfangsbesoldung, jährliche Erhöhungen und Höchstbetrag) » festzusetzen. Zunächst sollten zwei Jahre lang Erfahrungen gesammelt werden, woraufhin die Versammlung endgültig Beschluss fassen könne.

Über die Kontrolle der Ausgaben machte die Kommission eine Eeihe von Feststellungen, bei denen zu verweilen uns aber nicht nötig scheint. Es handelt sich vorwiegend um eine blosse Verbesserung des Verwaltungsdienstes, was die Ausgabenkompetenz anbelangt.

Der Bericht der Kontrollkommission wurde im Schosse der vierten Kommission ausführlich erörtert. Die Organisationsfragen konnten zu Meinungsverschiedenheiten nicht wohl Anlass geben. In der Frage der Ausgabenkontrolle war jedermann einverstanden, desgleichen auch was die Verwaltungsreform im Sekretariat und die Zusammenlegung von Dienstzweigen anbelangt. Die Kontrollkommission wurde dementsprechend aufgefordert, der nächsten Versammlung über diesen letztern Punkt Bericht zu erstatten, wobei es die Meinung haben sollte, dass Beamtungen, die sich im Laufe der Untersuchung als überflüssig erweisen würden, ohne weiteres aufgehoben werden könnten. Soweit aber Umstellungen grössern Umfanges in Frage kämen, sollte der Generalsekretär nach dem von der vierten Kommission angenommenen Eesolutionsentwurf vorher die Genehmigung des Bates einholen.

Blieb noch das Hauptstück, die Besoldungsfrage. Hier waren die Meinungen offen geteilt. Die einen huldigten bezüglich der Besoldungen den nämlichen Ansichten wie die Kontrollkommission; andere, vor allem der Vertreter Grossbritanniens, verfochten-- mit Unterstützung der Delegierten von Finnland, Australien, Deutschland, der Niederlande, von Japan, Dänemark, Österreich, Schweden und Neuseeland -- Auffassungen, die den Lehren aus der scharfen Krise, der die Welt derzeit ausgesetzt ist, besser Bechnung trugen. «Genf soll nicht den Eindruck einer Insel der Glückseligkeit mitten in einer aus den Fugen geratenen Welt erwecken»,
meinte der deutsche Delegierte.

Anderseits war die Kommission auch in der Frage, ob die Herabsetzung der Gehälter zulässig sei, geteilter Meinung. Mehrere Delegationen, mit der Kontrollkommission an der Spitze, vertraten die Ansicht, die Anstellungsverträge seien unantastbar und der Versammlung gehe infolgedessen die Befugnis ab, ohne Zustimmung der Begünstigten eine wesentliche Bestimmung der Verträge abzuändern. Andere Delegierte konnten sich nicht damit einverstanden erklären, dass jene Verträge die Besoldungen für immer den Schwankungen der Lebenskosten entzögen. Eine dritte Gruppe von Delegierten zog es vor, sich über diese Bechtsfrage nicht zu äussern und setzte ihre ganze Hoffnung

162 auf ein freiwilliges Opfer des Personals. Herr Bappard sprach sich im Namen der schweizerischen Delegation für einen innerhalb vernünftiger Grenzen bleibenden Besoldungsabbau aus, der in erster Linie in der Senkung der Lebenskosten in Genf seit der Festsetzung der Besoldungsskala und sodann auch in den neuen Sicherheiten für das Personal (Pensionskasse) seine Bechtfertigung finde. Der Berieht der Kontrollkommission veranlasste ihn zu verschiedenen Aussetzungen; namentlich übte er Kritik am Gedanken, in bezug auf die Besoldungen zwei Kategorien von Beamten zu schaffen. Dieser Vorschlag sei nicht folgerichtig; denn müssten für die Zukunft die Besoldungsansätze herabgesetzt werden, so seien die derzeitigen Ansätze eben za hoch, seien die geltenden Ansätze aber richtig, so würden die künftigen zu niedrig sein. Im übrigen gab der schweizerische Delegierte die Meinung kund, dass mit Leichtigkeit grössere Ersparnisse zu erzielen wären, wenn man die Zahl der Beamten vermindern würde.

Da der Besoldungsabbau von der Frage der «Kündbarkeit» der Anstellungsverträge abhing, drangen mehrere Delegationen auf die Abklärung dieses Problems, bevor weiterberaten werde. Dieser Antrag wurde ausser vom französischen Delegierten, der sich als Anhänger des bestehenden Zustandes bekannte, kaum bekämpft und fand weitgehende Zustimmung. Wessen Gutachten sollte aber eingeholt werden? Vereinzelte Vorschläge, so namentlich derjenige des Vertreters von Frankreich, gingen dahin, das Verwaltungsgericht des Völkerbundes solle mit einem fiktiven Fall befasst werden. Das hiess nicht viel anderes als die Frage auf die lange Bank schieben. Dagegen vereinigte ein von Polen und Grossbritannien eingebrachter Vorschlag die Mehrheit der Stimmen auf sich; er ging dahin, die Frage einem kleinen Juristenkomitee zu unterbreiten, das der Vorsitzende der ersten Kommission einsetzen sollte. Das Juristenkomitee, unter dem Vorsitze des Herrn Max Huber, kam zum Schlüsse, «dass die Versammlung nicht das Becht hat, die Besoldungen der Beamten des Sekretariats, des internationalen Arbeitsamtes und der Gerichtsschreiberei herabzusetzen, sofern ihr dieses Becht in den Anstellung»verträgen nicht ausdrücklich zuerkannt worden ist». Als man einmal so weit war, beantragte die Kommission, die Versammlung möge für die Dauer von zwei Jahren ab 15. Oktober
1982 folgendes beschliessen : 1. alle künftigen Anstellungsverträge, und zwar gleichviel ob es sich um die Erneuerung abgelaufener Verträge für Beamte des Sekretariats, des internationalen Arbeitsamtes oder der Gerichtsschreiberei des Ständigen Internationalen Gerichtshofs oder um Neueinstelluugen handle, sind unter Zugrundelegung eines zehnprozentigen Abbaus der geltenden Besoldungsansätze für die betreffenden Kategorien (mit Einschluss der Erhöhungen) abzuschhessen und müssen der Versammlung das Kecht vorbehalten, die Besoldungen durch einseitige Verfügung zu ändern; 2. die Mitglieder des Personals der genannten Völkerbundsverwaltungen werden bei der Beförderung in eine höhere Kategorie auf Grund von Besoldungsansätzen oder -stufen ernannt, die um 10 % unter den für die

163 betreffenden Kategorien derzeit geltenden Ansätzen oder Stufen stehen, unter dem Vorbehalte, dass die Anfangsbesoldung nach, der Beförderung nicht niedriger sein darf als die vor der Beförderung bezogene Besoldung ; 3. es hat die Meinung, dass die obigen Bestimmungen weder für das vorübergehend eingestellte Personal mit kurzfristigen Anstellungsverträgen gilt, dessen Bezüge bereits wesentlich herabgesetzt worden sind, noch für das Personal mit einer Jahresbesoldung von höchstens 6500 Franken.

Das waren alles Mässnahmen, die zur Hauptsache eine Ersparnis erst für die Zukunft verhiessen. Sie mögen nicht ausseracht zu lassen sein, aber sofort ·wirken sie nicht. Um den Forderungen der Gegenwart gleichwohl Eechnung zu tragen, machten sich daher der Generalsekretär des Völkerbundes und der Direktor des internationalen Arbeitsamtes anheischig, «auf dem Gesamtbudget für die Besoldungen des Sekretariats und des internationalen Arbeitsamtes eine Minderausgabe von 150,000 Franken zu erzielen, die Ersparnisse aus der Herabsetzung der Besoldungen für die obern Beamten, mit Einschluss der Direktoren, nicht miteingerechnet». Das ist alles, was im Kapitel der Personalausgaben an Ersparnissen zu erzielen war, nachdem die Kommission die Idee eines Appells an die Beamten, um sie zu einer freiwilligen Preisgabe einiger ihrer Vorteile zu bewegen, verworfen hatte.

Was das vorläufige Budget, abgesehen von der Besoldungsfrage, anbelangt, so hat die Kommission bei ihrer Nachlege nicht allzu grosse Ersparnisse ausfindig gemacht. Sie musste im Gegenteil einige neue Kredite zugestehen, deren Betrag denjenigen ihrer Sparmassnahmen überstieg. So behef sich schliesslich der Voranschlagsentwurf insgesamt auf 33,429,182 Franken. Berichterstatter war Herr Eappard, der bei dieser Gelegenheit ein bemerkenswertes Exposé über die finanzielle Lage des Völkerbundes gab. Daraufhin wurde der revidierte Voranschlag von der Versammlung unverändert angenommen.

Er setzt sich wie folgt zusammen: Goldfranken

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

Sekretariat und besondere Organisationen des Völkerbundes Internationale Arbeitsorganisation Ständiger Internationaler Gerichtshof Internationales Flüchthngsamt Nansen Liegenschaften in Genf Pensionen Vorschusskonto Insgesamt

17,322,459 8,851,972 2,660,196 297,763 2,034,659 1,829,906 432,177 33,429,132

2. Bückständige Beiträge, Die Frage der rückständigen Beiträge lenkt schon lange die Aufmerksamkeit auf sich. Sie erfüllt die Völkerbundskreise mit um so grosserer Besorgnis, als die von den Staaten geschuldeten Summen beständig ansteigen. Dieser Zustand findet allerdings zu einem guten Teil seine Erklärung in der Krise, aber die Lage ist gleichwohl beunruhigend, denn

164 der Beitrag an den Völkerbund bildet im allgemeinen, wie bemerkt wurde, nur einen ausserordentlich geringen Teil des Haushalts eines Landes (ungefähr ein Tausendstel).

Am 81. August 1982 bezifferten sich die rückständigen Beiträge auf 17,049,159 Goldfranken. Neunzehn Staaten waren mit ihren Beiträgen im Eückstand. Ein Land schuldete allein mehr als neun Millionen, Bin von Herrn Eaphael (Griechenland) geleiteter Unterausschuss erhielt von der vierten Kommission Auftrag, die Lage zu prüfen. Er musste sich auf die Feststellung beschränken, dass eine gewisse Zahl von Staaten Mühe haben, ihren Verbindlichkeiten nachzukommen. Mehrere Länder machten übrigens geltend, dass ihr Beitrag zu hoch angesetzt worden sei. Auf diesen Einwand antwortete das Komitee nicht ohne Grund, dass der Verteilungsschlüssel an der Versammlung von 1925 einstimmig angenommen worden sei.

Die vierte Kommission und nach ihr auch die Versammlung stimmten der Eesolution, die ihnen vom Unterausschuss vorgelegt wurde, zu; es wird darin an alle Mitgliedstaaten die Mahnung gerichtet, «ihre Bückstände unverzüglich zu tilgen und damit ihre Wertschätzung für die Ziele des Völkerbundes zu beweisen»1).

F. Soziale und humanitäre Fragen.

Diese Fragen wurden, wie gewohnt, der fünften Kommission zur Prüfung zugewiesen. Sie betrafen den Kinderschutz, den Frauen- und Kinderhandel, die Verbesserung des Strafvollzugs und den Handel mit Opium und andern Betäubungsmitteln.

1. Kindersclmtz. Das Komitee für den Kinderschutz hielt anfangs April seine achte Session ab- Es befasste sich besonders mit den Problemen der ausserehehchen Kinder, der Jugendgerichte sowie der moralischen und sozialen Gefährdung der Jugend.

Die Frage der Vormundschaft über aussereheliche Kinder war Gegenstand einer Erhebung des Sekretariats bei den Staaten, die die Einrichtung .der obligatorischen Vormundschaft kennen 2 ). Auf Grund der erhaltenen Auskünfte ersuchte das Komitee für den Kinderschutz den Bat, den Begierungen die Einrichtung der obligatorischen Vormundschaft zur Prüfung zu empfehlen und sie darauf aufmerksam zu machen, dass die Ermittlung der Vaterschaft eine Hauptbedingung für die Besserung des Loses des unehelichen Kindes sei.

Bezüglich der Heirat der Eltern zwecks Ehehcherklärung der Kinder, die Gegenstand einer Empfehlung der Versammlung von 1981 gewesen
war, hat sich gezeigt, dass in gewissen Ländern der Heirat mittelloser Ausländer ernsthafte Schwierigkeiten entgegenstehen, die im Formalismus der Verwaltungsvorschriften begründet sind. Das Komitee hat daher den Abschluss von internationalen Vereinbarungen zur Vereinfachung der Formalitäten und zur Ermässigung der Heiratsgebühren für Ausländer befürwortet, J ) 2

Resolution, S. 188.

) Deutschland, Pinnland, Österreich, Schweden und die Schweiz.

165 Das gesamte seit 1924 von der internationalen Kommission für Strafrechtsund Gefängniswesen und seit 1928 vom Völkerbunds Sekretariat gesammelte Material über die Jugendgerichte ist anfangs 1982 den Eegierungen unterbreitet worden. Das Komitee untersuchte vor allem die Organisation und die Tätigkeit der Nebenstellen dieser Gerichte. Im weiteren arbeitete es einen an die Kegierungen gerichteten Fragebogen über die Anstalten aus, denen die verwahrlosten oder verbrecherischen Minderjährigen zugewiesen werden.

Die Sachverständigenkommission zum Studium der Unterstützung ausländischer Minderjähriger und der Ausländer im allgemeinen1) wird sich versammeln, sobald es die Umstände erlauben. Die Schweiz wird darin vertreten sein.

Die fünfte Kommission nahm den Bericht des Komitees für den Kinderschutz zur Kenntnis. Im Verlaufe der Beratungen wurden ihr neue Vorschläge eingereicht. Vor allem verlangte und erreichte die rumänische Delegation, daas die Frage der Vernachlässigung familienrechtlicher Pflichten in das Programm des Komitees für den Kinderschutz aufgenommen werde. Ferner machte sich die Kommission einen von der türkischen Delegation unterbreiteten Besolutionsentwurf zu eigen, worin alle Mitgliedstaaten des Völkerbundes aufgefordert werden, «ihre Anstrengungen zu verdoppeln, um den von den Folgen der Wirtschaftskrise besonders heimgesuchten Kindern sowohl durch das Eingreifen der öffentlichen Gewalt als durch dasjenige der privaten Wohltätigkeit zu Hilfe zu kommen» 2 ), Verschiedene Delegierte bezeichneten es als ausserordentlich wichtig, dass man die unheilvollen Bückwirkungen der wirtschaftlichen Schwierigkeiten auf die Kinder und demgemäss auf die Zukunft des menschlichen Geschlechts überhaupt nicht aus den Augen verliere.

2. Frauen- und Kinderhandel. Das ständige Komitee zur Bekämpfung des Frauen- und Kinderhandels, das im April seine Jahresversammlung abhielt, richtete seine Bemühungen hauptsächlich auf die Erhöhung der Beteiligung am Abkommen von 1921 über den Frauen- und Kinderhandel3). Im weitern setzte es seirie Untersuchungen über die Abschaffung der in den Abkommen von 1910 und 19214) vorgesehenen Altersgrenze fort und ersuchte den Bat, bei den Begierungen zwecks Änderung ihrer nationalen Gesetzgebung vorstellig zu werden.

Beim Studium dieses Problems kam die fünfte Kommission zum
Ergebnis, dass sich die günstigste Gelegenheit zur Abschaffung jeder Altersgrenze in den internationalen Übereinkünften beim Abschluss eines die Bekämpfung des Zuhältertums bezweckenden Zusatzprotokolls zum Abkommen von 1921 bieten werde. Weiter beschäftigte sie sich mit der Beorganisation der beratenden Kommission für Kinder- und Jugendschutz und seiner beiden Komitees. Sie nahm 1

) Bericht über die zwölfte Versammlung, S. 95.

) Beilage, S. 191.

3 ) Bericht über die zwölfte Versammlung, S. 96.

4 ) Bericht über die zehnte Versammlung, S. 65.

2

.

.'.

166 davon Vormerkung, dass ein im Januar 1988 zusammentretender Unterausschuss diesbezüglich bestimmte Vorschläge einreichen werde. Da in den beiden Komitees nicht alle Staaten vertreten sein können, fand die Besetzung in einer bestimmten Kehrordnung schon jetzt Anhänger in der Kommission1).

3. Handel mit Betäubungsmitteln. Die Bekämpfung des Schleichhandels mit Betäubungsmitteln erfolgt bekanntlich vor allem auf Grund des Haager Abkommens von 1912 und des Genfer Abkommens von 1925. Diese Übereinkünfte sind durch das Abkommen von 1931 über die Beschränkung der Herstellung ergänzt worden, das -- so hoffen wir wenigstens -- demnächst in Kraft treten wird. Die Zahl der an den beiden ersten Abkommen beteiligten Staaten ist schon beträchtlich; siebenundvierzig, zwei mehr als 1931, sind heute an das Abkommen von 1925 2) gebunden. Dasjenige von 1931 muss zum Inkrafttreten erst noch gemäss einer seiner Schlussklauseln eine Mindestzahl von Eatifikationen oder Beitritten auf sich vereinigen3). Bis jetzt haben ratifiziert oder sind beigetreten: Vereinigte Staaten von Amerika, Indien, Kanada, Nikaragua, Persien, Peru, Portugal, der Sudan und Schweden.

In den gesetzgeberischen Vorkehrungen gegen die Bauschgifte konnte die beratende Kommission für den Verkehr mit Opium und andern Betäubungsmitteln im Verlauf ihrer Frühjahrssession für verschiedene Länder einen merklichen Fortschritt feststellen. Die Verbote wurden ausgedehnt. So ist z. B. in Frankreich für jede gewerbliche und kommerzielle Beschäftigung mit Betäubungsmitteln eine Lizenz erforderlich, die gestützt auf das Gutachten einer Spezialkommission durch ministeriellen Erlass erteilt wird. In der Schweiz sind das Eucodal, das Dicodid, das Dilaudid, das Benzoylmorphin, das Acetytpropionylmorphin und die andern Ester des Morphins, das Peronin, das Ecgonin und seine Ester, das Acedicon, das Kodein und das Dionin unter Kontrolle gestellt worden, ebenso die diese Substanzen enthaltenden Präparate.4) Diese Ausdehnung der Kontrolle blieb nicht ohne Einfluss auf die Herstellung, die in den hauptsächlichsten Erzeugungsländern5) im Bückgang begriffen ist.

Im Jahre 1930 ist in der Tat in diesen Ländern im Vergleich zu 1928 die Gesamt*) Der beratenden Kommission für Kinder- und Jugendschutz gehören gegenwärtig folgende Länder an: Belgien, Britisches Beich, Dänemark,
Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, Polen, Rumänien, Spanien, Uruguay und die Vereinigten Staaten von Amerika.

2 ) Bericht über die zwölfte Versammlung, S. 98.

3) Für das Inkrafttreten des Abkommens sind die Ratifikationen oder Beitritte von 25 Mitgliedern des Völkerbundes oder Nichtmitgliedstaateii erforderlich, unter -denen sich vier der folgenden Staaten befinden müssen: Deutschland, Vereinigte Staaten von Amerika, Vereinigtes Königreich von Grossbritarimen und Nordirland, Frankreich, Japan, Niederlande, Schweiz und Türkei. Botschaft des Bundesrates vom 19. September 1932 betreffend die Genehmigung des Abkommens, Bundesbl. 1932, Bd. II, 523 ff.

4

) Mit Ausnahme der Präparate, die Peronin, Kodein und Dionin enthalten sowie der Ester des Morphins und des Ecgonins, die die Eigenschaften zur Erzeugung der Toxikomame nicht besitzen.

5 ) Deutschland, Vereinigte Staaten, Frankreich, Grossbritannien, Japan, die Niederlande und die Schweiz.

167

herstellung von Morphin um ungefähr 9000 kg, diejenige von Heroin um 4000 kg und diejenige von Kokain um 2000 kg gesunken.

Trotz verminderter Herstellung dauert aber der Schleichhandel in ziemlich grosÊem Massstab an. Die beratende Kommission hat in dieser Hinsicht einen Bericht des Unterausschusses für die Beschlagnahmen geprüft und von zahlreichen im Laufe des Jahres erhaltenen Auskünften über Personen, die sich dem unerlaubten Handel hingaben, Kenntnis genommen. Nach den der beratenden Kommission vorliegenden Angaben wickelt sich der Schleichhandel hauptsächlich nach Nordamerika, dem Fernen Osten und Ägypten ab. Über den Fall Müller-Rauch in Basel berichtete Herr Dr. Carrière der Kommission ausführlich. Er erklärte, dass die Hintergehungen namentlich deshalb möglich gewesen seien, weil sich die behördliche Kontrolle nicht auf die Fabrikationsräume erstreckt. Diese Lücke wird demnächst durch die Eevision des Bundesgesetzes ausgefällt werden.

Der Bericht der beratenden Kommission wurde von der fünften Kommission geprüft. Diese widmete einen grossen Teil der Verhandlungen dem Inkrafttreten des Abkommens von 1981. Mehrere Delegationen unterstrichen die Vorzüge des Abkommens und verlangten mit Nachdruck, dass es binnen kurzem in Kraft gesetzt werde. Die Delegationen Chinas, Frankreichs, Grossbritanniens, Österreichs, Japans, der Niederlande und der Tschechoslowakei kündigten die baldige Eatifikation durch ihre Begierungen an. Unser Vertreter, Herr Baumann, erklärte, dass die Schweiz ihrerseits voraussichtlich in der Lage sein werde, innerhalb der vorgesehenen Frist zu ratifizieren, da der Bundesrat das Abkommen den eidgenössischen Bäten bereits zur Genehmigung unterbreitet habe.

Nach Beendigung der Aussprache nahm die fünfte Kommission eine Besolution an, um die über die Eatifikation abgegebenen Erklärungen mit Befriedigung entgegenzunehmen und die Länder, « die ihre Absicht bezüglich der Ratifikation nicht kundgegeben haben, eindringlich zu ernstlichen Anstrengungen» aufzufordern, damit sie möglichst bald in der Lage seien, das Abkommen zu ratifizieren oder ihm beizutreten 1).

Das Ergebnis der Konferenz zur Unterdrückung des Opiumrauchens, die im November 1981 in Bangkok stattfand, bildete einen weitern Gegenstand dei Kommissionsberatungen. Die von sieben Ländern ä ) unterzeichnete Vereinbarung
gab der chinesischen Delegation zu gewissen Einwendungen grundsätzlicher Natur Anlass.

Die Kommission nahm von den neuen Massnahmen gewisser Regierungen zur Verschärfung der Kontrolle Kenntnis und betonte zum Schluss, dass der Völkerbund angesichts des immer noch so bedeutenden Umfangs des Schleichhandels unbedingt noch. grössere Anstrengungen machen müsse, da jedes Nachlassen in dieser Tätigkeit «einem Verzicht gleichkäme und die Hoffnungen enttäuschen würde, die die Völker des Morgen- wie des Abendlandes auf Genf gesetzt haben».

^Beilage, S. 189.

-) Frankreich, Grossbritannien, Indien, Japan, die Niederlande, Portugal und Siain.

168 4, Strafrechts- und Gefangnïswesen. Gemäss dem Beschluss der Versammlung von 1981 hat das Völkerbundssekretariat der internationalen Kommission für Gefängniswesen die Stellungnahme der Eegierungen zu der von der Kommission ausgearbeiteten Wegleitung für die Gefangenenbehandlung1) zur Kenntnis gebracht. Anderseits hatte das Sekretariat gewisse internationale Organisationen 2) um Mitteilung ersucht, «in welcher Form der Völkerbund ah der fortschreitenden Vereinheitlichung des Strafrechts und der Zusammenarbeit der Staaten bei der Verhütung und Bekämpfung des Verbrechertums mitwirken könnte». Die Vertreter der zu Ea.te gezogenen Organisationen traten im Mai in Genf zusammen und setzten in einer Resolution die Fragen fest, für die eine Vereinheitlichung erwünscht und durchführbar wä,re, wie auch die Mittel, mit denen auf internationaler Grundlage die Verhütung und Bekämpfung des Verbrechertums erreicht werden könnte.

In der fünften Kommission sprachen sich mehrere Delegationen, worunter besonders die deutsche und diejenige von Grossbritannien, dahin aus, dass es besser" sei, für den Augenblick auf die Schlusst'olgerungen der erwähnten Organisationen materiell nicht einzutreten und statt dessen das Sekretariat mit, der Übermittlung dieser Schlussfolgerungen mitsamt dem Bericht der Kommission an die Staaten zu beauftragen, damit sich die Begierungen über die Ansichten der Delegationen Rechenschaft geben könnten. Die Versammlung schloss sich dieser Auffassung an 3 ).

· G. Politische Fragen.

Diese der sechsten Kommission zugewiesenen Fragen umfassen in der Begel ausser den bereits weiter oben besprochenen Arbeiten der Studienkommission für die europäische Union und der Organisation für geistige Zxisammenarbeit alles, was die Sklaverei, die Mandate, das Flüchtlingswesen und die Minderheiten betrifft. Dieses Jahr befasste sich die sechste Kommission ausserdem mit der Mitarbeit der Frauen und der Presse am Friedenswerk sowie mit der Zulassung Iraks zum Völkerbund 4).

7. Sklaverei. Das Expertenkomitee, das auf Beschluss der letzten Versammlung eingesetzt worden ist 5), hat.in zwei Sessionen den Stand der Sklaverei in der ganzen Welt und die Mittel und Wege zu ihrer Bekämpfung untersucht und sodann dem Bat seine Anträge unter breitet. Es handelte sich namentlich darum.

*) Bericht über die zwölfte
Versamtnlung, S. 99; die Schweiz hat im Februar 1982 geantwortet.

2 ) Internationale Vereinigung für Straf recht, internationales Bureau für die Vereinheitlichung des Strafrechts, internationale Kommission für Kriminalpolizeiwesen, internationale Kommission für Strafrechts- und Gefängniswegen, «Howard League for Penai Reform», «International Law Association», internationaler Strafrechtsverband.

") Resolution, Beilage, S. 191.

4 ) Vgl.oben, S. 133.

6 ) Bericht über die zwölfte Versammlung, S. 1O2.

169 ob die Abschaffung der Sklaverei durch eine Änderung «der Einrichtungen, über die der Völkerbund derzeit verfügt», beschleunigt werden könne. Es schien dem Komitee nach den Umständen geboten, dass zur Sammlung und Ordnung der Unterlagen über die Sklaverei innerhalb des Völkerbundssekretariats eine besondere Dienststelle geschaffen werde. Was das Studium dieses Materials und die Vorprüfung der Massnahmen zur Bekämpfung der Sklaverei anbelangt, so kam das Komitee auf den bekanntlich auch von der Schweiz1) unterstützten britischen Antrag zurück, indem es die Einsetzung einer ständigen beratenden Kommission empfahl. Über die Zusammensetzung und Befugnisse der Kommission unterbreitete es bestimmte Vorschläge, wobei es bemüht war, ein Verwaltungs- und Kontrollsystem zu schaffen, das den an frühern Versammlungen vorgebrachten Bemerkungen und Aussetzungen nach Möglichkeit Rechnung trug.

Überraschenderweise fand das Projekt des Expertenkomitees in der sechsten Kommission die beste Aufnahme. Der zähe Widerstand,, auf den die Bildung eines ständigen Kontrollorgans bis dahin gestossen war, war verschwunden.

Vor allem schloss sich der portugiesische Delegierte de Penha-G-arcia, der noch letztes Jahr jede neue Initiative bekämpft hatte, der Ansicht des Komitees an. Auch der französische und der indische Delegierte liessen die früher über die Zuständigkeit der zu schaffenden Kommission erhobenen Vorbehalte fallen. Dementsprechend war es der sechsten Kommission möglich, eine Eesolution anzunehmen, mit der die Schaffung einer ständigen Expertenkommission 2) -beschlossen wurde. Eine solche Kommission war von mehreren Staaten seit langem gefordert worden, insbesondere von Grossbritannien, das anerkanntermassen immer an der Spitze der Bewegung zur Abschaffung der Sklaverei stand.

2. Mandate. Die sechste Kommission hat unter anderm die Frage der Aufnahme Iraks in den Völkerbund mit der verdienten Aufmerksamkeit behandelt.

Da wir diese Angelegenheit schon oben berührt haben, glauben wir hier nicht weiter darauf eintreten zu sollen.

Die Kommission erörterte ferner gewisse Probleme der Verwaltung von Mandatgebieten. Im Verlaufe der Aussprache gab der norwegische Delegierte der Beunruhigung über den Eückgang der Eingeborenen auf den unter japanischem Mandate stehenden Südseeinseln Ausdruck. Der japanische Vertreter
antwortete, dass die Behörden in Tokio alles Nötige zur Bekämpfung dieses besorgniserregenden demographischen Vorganges vorgekehrt hätten.

Die Delegationen bekundeten ihre Befriedigung über die Ergebnisse des Berichtsjahrs, besonders aber über die Mündigerklärung Iraks. Sie sahen einstimmig von der Erneuerung jenes Beschlusses der zwölften Versammlung 1 ) Bericht über die zwölfte Versammlung, S. 101.

') Beilage, S. 192.

170 ab, durch den die jährlichen Tagungen der ständigen Mandatkommission von zwei auf eine herabgesetzt worden . waren 1.

3. Flüchtlingswesen. Dank dem internationalen Flüchtlingsamt Nansen haben seit 1931 über 14,000 Flüchtlinge Unterkunft, Land oder Arbeit erhalten. Darin Inbegriffen sind ungefähr 4000 armenische Flüchtlinge in Syrien, über 6000 von Griechenland nach Sowjetarmenien umgesiedelte Armenier -), sowie lutherische und mennonitische Flüchtlinge aus Russland, die von der Mandschurei- nach- Südamerika verbracht wurden. Ausserdem sind mehr als 3000 andere Personen verschiedener Staatsangehörigkeit neuangesiedelt und 59,000 Flüchtlinge direkt unterstützt worden.

Die : sechste Kommission nahm von den. Erfolgen des Nansen-Amtes mit Befriedigung Kenntnis 3) und begrüsste vor allem die -- zum Teil dank der Mitwirkung Griechenlands möglich gewordene -- Überführung von Armeniern nach der Republik Eriwan. Mehrere Delegierte verlangten, dass zugunsten von weitern 20,000 hauptsächlich in Griechenland und Bulgarien lebenden Armeniern ähnliche Übersiedlungsmassnahmen ergriffen würden. Das NansenAmt studiert diesbezüglich verschiedene Pläne; ihre Verwirklichung stösst aber auf finanzielle Schwierigkeiten. In einem mündlichen Bericht über den Stand der Arbeiten wies der Präsident des Verwaltungsrates des Amtes, Herr Max Huber, in der Kommission auf die verhältnismässig geringen Mittel hin.

die dem Amte für seine Tätigkeit zur Verfügung stehen, wobei die Kontrollkommission erst noch eine Herabsetzung von 10% auf dem Voranschläge verlange. Mehrere Delegationen, vorab die britische und polnische, sprachen daher die Hoffnung aus, dass die Regierungen dem Amte die vordem Dr. Nansen versprochene finanzielle und andere Hilfe gewährten. Zu diesem Zwecke richtete die Kommission an die Regierungen der Länder, wo noch keine nationalen Komitees zur Sammlung von, Mitteln für die Besiedlung der Republik Eriwan bestehen, die Aufforderung, diese Lücke möglichst bald auszufüllen. Um dem Amte vermehrte Mittel zuzuführen, wurden die MitgliedStaaten ferner ersucht, das System der Nansenmarken in vollem Umfang anzuwenden und auf ihrem Gebiete Landeskomitees für den Nansengedenkfonds *) ins Leben zu rufen.

Die Versammlung zollte dem Werke des Nansen-Amtes alle Anerkennung und dankte den Organen des Amtes «insbesondere
seinem Präsidenten, Herrn Max Huber, für ihre uneigennützigen Bemühungen».

4. Minderheiten. Diese Frage, eine der heikelsten, gab zu einer Aussprache Veranlassung, die in verschiedener Hinsieht der letztjährigen3) glich. Der 1

) Resolution, S. 192. : .

) Bericht über die zwölfte Versammlung, S. 103 ff.

3 ) Resolution, S. 197.

4 ) Dieser Fonds wurde auf einen im Mai 1931 erlassenen Aufruf zur Vollendung des humanitären Werkes von Dr. Nansen hin gegründet. Der Aufruf wurde von verschiedenen Persönlichkeiten, u. a. von Briand, Henderson, Curtius und Grandi, unterzeichnet.

5 ) Bericht über die zwölfte Versammlung, S. 105 ff.

3

171

deutsche "Delegierte beklagte sich darüber, dass sich die Petitionäre im Laufe des Verfahrens kein Gehör verschaffen können und es ihnen nicht möglich ist, sich nach der Antwort der beteiligten Regierung nochmals zu äussern.

Auch betonte er, dass grössere Öffentlichkeit in Petitionsangelegenheiten nur von Nutzen wäre. Weiter veranlassten ihn die bei einigen Verfahren festgestellten Verzögerungen zur Kntik. Auf eine kürzlich von seiner Regierung ausgegangene Initiative zurückkommend, verlangte der Vertreter Deutschlands, dass der Rat jederzeit mit den vor einem «Dreierausschuss» hängigen Fragen befasst werden könne. Dieses Begehren führte zu einem interessanten Meinungsaustausch. Andere Delegierte, namentlich diejenigen Frankreichs, Polens und der Kleinen Entente, verteidigten einen entgegengesetzten Standpunkt. Mehrere Delegationen schlössen sich aber der deutschen Auffassung an. Unter andern erklärte der norwegische Delegierte, dass nach seinem Dafürhalten die Batsmitglieder das Recht, vor allem aber auch die Pflicht hätten, die Minderheitenfragen vor den Rat zu bringen. Er verlangte, dass zwischen dem Rat und den «Dreierausschüssen» eine engere Fühlung hergestellt werde.

Was. 'das Minderhoitenproblem im allgemeinen anbelangt, so erneuerte der jugoslawische Delegierte, der ausser im Namen seines eigenen Landes, auch in demjenigen Rumäniens, der Tschechoslowakei, Polens und Griechenlands sprach, die letztes Jahr vom rumänischen Vertreter namens der gleichen Staaten abgegebene Erklärung bezüglich der Zuständigkeit der Völkerbundsorgane in Minderheitenfragen1), Er sprach sich dahin aus, dass zwar die Minderheitenverträge «unter der Garantie des Völkerbundes stehen», dass «sie aber die Frage ihrer Anwendbarkeit ausschliesslich dem Ermessen des Eates vorbehalten». Im Bestreben, die gegensätzlichen Meinungen auszugleichen, sprach Viscount Cecil den Wunsch aus, dass der Völkerbund von seinen Rechten «einen väterlichen Gebrauch» machen möge. Man müsse sich vor Augen halten, sagte er, dass sich die Aufgabe des Völkerbundes darauf beschränke, für Frieden, Ordnung und eine befriedigende Verwaltung der Völker zu sorgen. Im allgemeinen anerkannten alle Delegationen, dass es zu einer gerechten Lösung des Minderheitenproblems einer engen Zusammenarbeit der Regierungen bedarf. Herr Benesch fasste dies dahin
zusammen, dass, wie er mit Nachdruck bemerkte, «die Minderheitenprobleme nicht ohne eine aufrichtige Zusammenarbeit zwischen Mehrheit und Minderheit gelöst werden können».

Die Versammlung begnügte sich damit, den Kommissionsbericht zur Kenntnis zu nehmen.

5. Mitarbeit der Presse am Friedenswerlc. Die Frage der Mitarbeit der Presse am Völkerbundswerk ist schon letztes Jahr, und zwar vou der dritten Kom1

) Bericht über die zwölfte Versammlung, S. 106.

172

mission 1), einer ersten Prüfung unterzogen worden. Der Eat hatte daraufhin zu untersuchen, inwieweit es möglich sei, «an das heikle Problem der Verbreitung falscher Nachrichten, die die Aufrechterhaltung des Friedens und das gute Einvernehmen unter den Völkern stören könnten», heranzutreten. Um den Eegierungs-Presseämtern Gelegenheit zur Anknüpfung dauernder gegenseitiger Beziehungen zu bieten, hatte sich die dänische Eegierung ausserdem anerboten, in Kopenhagen eine Konferenz der Vorsteher dieser Presseämter zu organisieren. Der Eat stimmte diesem Vorschlag gerne zu. Die Konferenz trat im Januar zusammen und fasste mehrere Eesolutionen betreffend falsche oder tendenziöse Nachrichten. Die Schweiz, die kein offizielles Pressebureau besitzt, war nicht vertreten.

Anderseits hatte das Völkerbundssekretariat die wichtigsten nationalen und internationalen Pressevereinigungen über das Problem der internationalen Zusammenarbeit der Presse zu Eate gezogen. Auch das von der Abrüstungskonferenz eingesetzte Komitee für moralische Abrüstung hatte diesem Problem inzwischen seine Aufmerksamkeit geschenkt.

Das Ergebnis der Konferenz von Kopenhagen und dio Antworten der Pressevereinigungen auf die Umfrage des Völkerbundssekretariats bildeten für die sechste Kommission, der das Problem dieses Jahr zugewiesen war, eine genügende Diskussionsgrundlage. Im allgemeinen waren die Experten der Ansicht, dass möglichst vollständige und freie Nachrichtenverbreitung die beste Abwehr gegen Falschmeldungen sei. In der Kommission wurden ·mehrere Erklärungen in diesem Sinne abgegeben. Einige Delegierte glaubten, dass die Frage der Herstellungskosten der Zeitungen in dieser Beziehung eine wichtige Eolle spiele. Das Publikum verlange Nachrichten zu einem Preise, der die Beschaffungskosten nicht decke. Der Ausfall könne auf verschiedene Weise wettgemacht werden, unter anderm durch Subventionen. Aber dieses Mittel erweise sich in gewissen Ländern oft als gefährlich, da die damit bedachten Zeitungen zum Werkzeug von Grosskapitalisten würden, die nicht zögerten, tendenziöse Nachrichten zu eigennützigen Zwecken erscheinen zu lassen.

Andere meinten, dass man die Verbreitung unwahrer Nachrichten auch durch eine schärfere Kontrolle verhindern könne. Wie der Vertreter Grossbritanniens hervorhob, ist aber die Abneigung der Presseleute
gegen jede Art der Überwachung allgemein. Mehrere Delegationen hielten dafür, dass eine neue internationale Pressekonferenz der beste Weg zur Erreichung des gesteckten Zieles wäre. Diese Idee wurde vorab von dem polnischen und dem spanischen Delegierten verfochten.

Die gesamten Wünsche und Empfehlungen der sechsten Kommission sind in einer Eesolution2) züsammengefasst, die den Presseorganisationen sowie dem Komitee für moralische Abrüstung der Abrüstungskonferenz mitgeteilt werden soll.

*) Bericht über die zwölfte Versammlung, S. 76.

a ) Beilage, S. 199.

173 6. Mitarbeit der Frauen am Friedenswerk, Auf Grund der letztes Jahr1) von der Versammlung angenommenen Resolution richtete das Völkerbundssekretariat an mehrere Frauenorganisationen eine Umfrage über die Möglichkeit, die praktische Zusammenarbeit der Frauen mit dem Bunde zu verstärken.

Die eingelangten Antworten ergaben, dass die Frauenorganisationen einer nicht nur offiziösen, sondern offiziellen Mitarbeit die grösste Bedeutung beimessen.

Artikel 7 des Völkerbundsvertrags bestimmt, dass alle Beamtungen des Bundes Männern und Frauen in gleicher Weise zugänglich sein sollen. Gestützt darauf machten mehrere Delegationen im Schosse der sechsten Kommission geltend, dass die Regierungen in der Auswahl ihrer Vertreter an den internationalen Zusammenkünften der Gleichberechtigung der Geschlechter besser Rechnung tragen sollten. Nach Ansicht der dänischen Vertreterin bekunden diejenigen Länder, in denen sich die Frauen in amtlicher Eigenschaft am Völkerbundswerk beteiligen, ein besonders lebhaftes Interesse und besondere Sympathie für die Arbeiten in Genf. In den Augen der ungarischen Vertreterin könnten die Regierungen aus einer engeren Fühlung mit der öffentlichen Meinung nur Nutzen ziehen; in zahlreichen Ländern lasse sich diese Fühlung verstärken, wenn man die Frauenorganisationen über die dem Völkerbund unterbreiteten Probleme offiziell zu Worte kommen lasse. Indessen übersah die Kommission nicht, dass man auf die Regierungen wegen der Zusammensetzung ihrer Delegationen an den internationalen Konferenzen nicht wohl irgendwelchen Druck ausüben könne. Der niederländische Vertreter unterstrich namentlich, dass es nicht angehe, den Regierungen Massnahmen aufzudrängen, die ausschhesslich in ihrer Zuständigkeit liegen. Die Kommission begnügte sich infolgedessen damit, in der hierüber angenommenen und von der Versammlung bestätigten Resolution 2) in Erinnerung zu rufen, dass gestützt auf Artikel 7 d'es Völkerbundsvertrags die Regierungen ihren Delegationen Frauen zuteilen können, der Rat Frauen als Beisitzer und Experten in die technischen Kommissionen ernennen und der Generalsekretär des Völkerbundes Frauen mit der nötigen Eignung in die obern Beamtungen des Sekretariats berufen kann.

V. Schluss.

Diese Versammlung wird in den Annalen des Völkerbundes kaum tiefe Spuren hinterlassen. -Es fehlte ihr an Stosskraft und Begeisterung; aber niemand wird ihr daraus ernstlich einen Vorwurf machen dürfen. Was hätte sie unternehmen können, mitten in einer ausserordentlich ernsten Weltkrise, deren Ende noch gar nicht abzusehen ist ?

Die dreizehnte Versammlung hat gleichwohl ihre schlichte Pflicht getan.

Sie hat ihr Arbeitsprogramm Punkt für Punkt durchgeführt. Das Werk der l ) a

Bericht über die zwölfte Versammlung, S. 76.

) Beilage, S. 198.

Bundesblatt. 85. Jahrg. Bd. I,

14

174 frühem Versammlungen ist fortgesetzt worden, wenn auch natürlich unter schwierigeren Verhältnissen. Sie hat das Ihrige beigetragen zur ^Reorganisation des Sekretariats, indem sie das Amt eines zweiten stellvertretenden Generalsekretärs schuf, das einem Vertreter der kleinen Länder vorbehalten bleibt ; diesen ist so die Möglichkeit geboten, in der Leitung des Sekretariats vertreten zu sein. Wir versprechen uns von dieser Eeform nicht mehr als nötig, aber unterschätzen soll man sie auch nicht. Jedenfalls hat man den Weg gefunden, um sich erneut zum Grundsätze der Gleichheit der grossen und kleinen Länder zu bekennen und dabei doch der besondern Stellung der Grossmächte, ohne die dem Völkerbund jeder tatsächliche Einfluss auf die Weltgeschehnisse abginge, Bechnung zu tragen. Die Versammlung hat ausserdem das Verdienst gehabt, die Zahl der Völkerbundsmitglieder um eines zu vermehren. Der Universalität, jenem Ideal, das der Völkerbund beständig vor Augen haben muss, wenn der Friede wirklich Gemeingut der ganzen Menschheit werden soll, hat. sich die Versammlung mit der Aufnahme Iraks wieder n-m einen Schritt genähert.- In dieser Beziehung wäre man versucht, in der Aufnahme Iraks, die auf diejenige Mexikos und der Türkei folgt, den schönsten Titel dieser ruhigen und bescheidenen Versammlung zu erblicken. Aber unserer Meinung nach ist ihr höchstes Verdienst doch das, dass sie, in einer Zeit, wo Zweifel wohl erlaubt gewesen wären, trotz der Zurückhaltung der Delegationen und trotz den etwas enttäuschten Beden, die gehalten wurden, dem Völkerbund, den Grundsätzen seines Paktes und seiner Organisation treu ergeben blieb. In gewissen Delegationen mag manch einer der durch unsere Wirtschaitsnöte erzeugten Welle von Zweifel und Pessimismus nicht völlig standgehalten haben, aber keiner hat sich dem Völkerbunde gegenüber dem «Defaitismus» ergeben. Der Völkerbund ist, wie der Leiter der schweizerischen Delegation in der Versammlung bemerkte, an unseren Leiden nicht schuld; die Verantwortung lastet vor allem auf den Mitgliedern, aus denen er besteht. Gewiss gelingt ihm nicht alles, was er unternimmt ; wird man darum aber seinen Bemühungen um Aufbau und Befriedung das Nichts vorziehen?

Der Friede ist vielleicht die Sehnsucht der gesamten Menschheit, und trotzdem ist er, wegen der zahlreichen Voraussetzungen,
von denen man ihn in den verschiedenen Ländern abhängig macht, schwer zu verwirklichen. Diese Voraussetzungen -- der Ausdruck von Wünschen und Interessen, die oft nur zu sehr, bisweilen in gefährlicher Gegensätzlichkeit, auseinanderstreben -- widersprechen und durchkreuzen sich mit Notwendigkeit. Es entsteht daraus ein Zustand, der 'gewiss nicht Krieg, aber auch kein wahrhaftiger Friede ist.

Dieser Übergang zwischen Krieg und Frieden kann jederzeit in einen Streit ausarten. Die Welt ist in einem unbeständigen Gleichgewicht. Jeder vernünftige Mensch wird darum einsehen, dass eine Einrichtung wie der Völkerbund nie nötiger war als zur gegenwärtigen Stunde.

Der Völkerbund hält, so wie er ist, auch ohne unmittelbare Macht, manchen, Wunsch und manches Gelüste in Schach. Er bremst schlechte Launen, Gereiztheiten und Groll ab. Er beschwichtigt, beruhigt, sucht auszugleichen

175 und zu schlichten. Wo wären wir heute ohne ihn, ohne dieses beständige Streben nach Beschwichtigung und Schlichtung? Wer den Völkerbund mit billigem Spott -aberzieht, weil keine Wunder vollbracht werden, sollte etwas mehr an diese heikle, schwierige, zuweilen verborgene und undankbare, oft verhöhnte, immer bekrittelte, aber unendlich wertvolle Arbeit denken, die jeden Tag in Genf zugunsten des Friedens geleistet wird.

Diese Tadler würden übrigens bei näherem Zusehen und etwas Über legung nicht bloss die negative Seite der neuen internationalen Organisation, sondern auch das Positive daran sehen. Der Völkerbund ist nicht nur eine Einrichtung zur Verhütung von Kriegen, er ist auch da, um den Frieden aufzurichten und zu befestigen. Er ist ein vortreffliches Werkzeug der internationalen Zusammenarbeit. Wenn das Verhängnis es wollte, dass ein neuer Krieg ausbräche, wenn der Völkerbund also in einer seiner wesentlichen Aufgaben versagen würde, so könnte man nach Friedensschluss des Werkzeugs doch nicht mehr entrateli, das er geformt, vervollkommnet hat und dessen man sich auf den verschiedensten Gebieten des internationalen Lebens tagtäglich bedient.

Der Völkerbund hat eine Friedeiistechnik geschaffen, die nicht mehr verschwinden wird, weil sie eben unentbehrlich geworden ist.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 3. Februar 1983.

Im. Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident : Schulthess.

Der Vizekanzler: Leimgrufoer.

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176

Resolutionen und Wünsche der Versammlung1), A. Resolutionen zur Berichterstattung

der ersten. Kommission.

1. Antrag der norwegischen Regierung Über die Abänderung der Artikel 4 und 17 der Geschäftsordnung der Versammlung.

Die Versammlung beschliesst, ihre Geschäftsordnung durch die Einfügung folgender Bestimmungen zu ergänzen: Artikel 4, neuer Absatz 4>'3: Ein Antrag über die Aufnahme eines neuen Verhandlungsgegenstandes in die Tagesordnung der Versammlung darf nicht von mehr als fünf zehn Völkerbundsmitgliedern unterzeichnet werden.

Artikel 17, neuer Absatz l biB : Die Eesolutionsentwürfe, Abänderungsanträge und Motionen dürfen nicht von mehr als fünfzehn Völkerbundsmitgliedern unterzeichnet werden.

(Resolution vom 11. Oktober 1932.)

2. Antrag des Bureaus der Versammlung über die Streichung des Artikels 12 der Geschäftsordnung der Versammlung.

Die Versammlung beschliesst, den Artikel 12 ürer Geschäftsordnung BU streichen.

(Resolution vom 11. Oktober 1932.)

3. Inkrafttreten des Protokolls vom U.September 1929 betreffend die Revision des Statuts des Ständigen Internationalen Gerichtshofs.

Die Versammlung hat vom Bericht des Generalsekretärs (Druckschrift A 27, 1932, V) über den Stand der Ratifikationen zum Protokoll vom 14. September 1929 betreffend die Revision des Statuts des Ständigen Internationalen Gerichtshofs Kenntnis genommen ; stellt mit Befriedigung fest, dass die kubanische Eegierung die Vorbehalte, die sie an die Ratifikation des Protokolls geknüpft hatte, zurückziehen zu können 1 ) Übersetzung aus dem Französischen. Die Resolutionen und Wünsche der Versammlung -werden hier in der Keihenfolge wiedergegeben, in der sie vom Völkerbunde veröffentlicht worden sind.

177 glaubte, und dass damit das Hindernis, das letztes Jahr dem Inkrafttreten des Protokolls entgegenzustehen schien, beseitigt ist; richtet den dringenden Mahnruf an die Staaten, die das Protokoll vom 16. Dezember 1920 ratifiziert und dasjenige vom 14. September 1929 unterzeichnet, aber noch nicht ratifiziert haben, diese Eatifikation sobald als möglich zu vollziehen; sollten sie der Auffassung sein, dass zwingende Gründe sie an der Eatifikation bindern, so ergeht das Ersuchen an sie, dem Generalsekretär die Natur dieser Gründe sofort bekanntzugeben; fordert den Generalsekretär auf, von der Hinterlegung jeder neuen Batifikationsurkunde sowie von Mitteilungen über die Gründe, die einen Staat an der Eatifikation verhindern, den Mitgliedern des Völkerbundes sofort Kenntnis zu geben; .

fordert den Generalsekretär auf, bei Empfang der letzten für das Inkrafttreten des Protokolls notwendigen Eatifikationsurkunde die Eegierungen der beteiligten Staaten und den Gerichtsschreiber des Ständigen Internationalen Gerichtshofs vom Inkrafttreten zu unterrichten; fordert den Generalsekretär auf, den im Absatz 3 erwähnten Staaten von dieser Besolution sowie von den Darlegungen des Berichterstatters, Herrn Massimo Pilotti, und des ehemaligen Präsidenten des Ständigen Internationalen Gerichtshofs, Herrn Max Huber, über die Grunde, die dafür sprechen, dass das Protokoll von 1929 bald in Kraft gesetzt werden sollte, abschriftlich Kenntnis zu geben.

(Resolution vom 14. Oktober 1932.)

4. Staatsangehörigkeit der Frau.

Die Versammlung hat vom Bericht des Generalsekretärs mitsamt den Bemerkungen, die die Eegierungen gemäss der Eesölution der zwölften Versammlung über die Erage der Staatsangehörigkeit der Erauen eingereicht haben (Druckschriften A 15, A 15 (a), A 15 (b) 1932 V und A 1/12 1982), mit lebhaftestem Interesse Kenntnis genommen; ebenso von den Bemerkungen des Delegiertenkomitees der internationalen Frauenverbände (Druckschrift A 28 1982 V und A 1/5 1932) und von den Eingaben der «Katholischen Frauen und der Katholischen Männer» (Druckschrift A 88, 1932, V); in der Erwägung, dass es nicht in der Absicht der Haager Kodifikationskonferenz lag, im «Abkommen über einige aus fehlender Übereinstimmung der Staatsangehörigkeitsgesetüe sich ergebende Fragen» einen mit der Unabhängigkeit der Staatsangehörigkeit der verheirateten Frau in Widerspruch stehenden Grundsatz festzulegen, sondern gewisse aus der,Verschiedenheit der Gesetzgebungen der einzelnen Länder über diesen Gegenstand herrührende Schwierigkeiten zu beseitigen (Art. 8, 9 und 11) ; in der Erwägung, dass der Artikel 10

178

sogar einen ausdrücklichen Anwendungsfäll dieser Unabhängigkeit gutgeheissen hat und dass die Haager Kodifikationskonferenz; in ihrem VI. Wunsche den Staaten empfohlen hat, sie möchten «prüfen, ob es möglich sei: 1. innerstaatlich den Grundsatz der Gleichberechtigung der Geschlechter auf dem Gebiete der Staatsangehörigkeit zur Geltung zu bringen, wobei die Interessen der Kinder besonders zu berücksichtigen wären, und 2. besonders zu bestimmen, dass die Staatsangehörigkeit der Frau in Zukunft grundsätzlich nicht ohne ihre Zustimmung lediglich durch die Tatsache ihrer Eheschliessung oder durch die Tatsache berührt wird, dass der Ehemann seine Staatsangehörigkeit wechselt», in der Erwägung, dass zahlreiche Eegierungen in ihren Bemerkungen die Meinung ausgesprochen haben, die Artikel 8 bis 11 des Haager Abkommens verwirklichten denjenigen Fortschritt, der gegenwärtig durch eine allgemeine internationale Vereinbarung für die Staatsangehörigkeit der Frau überhaupt erreichbar sei, in der Erwägung, dass jede Änderung auf anderem Weg als auf dem der ordentlichen Eevision tatsächlich auf unüberwindliche Schwierigkeiten stossen würde und dass es infolgedessen nicht einmal möglich ist, die Stellen auszumerzen, die zu einem Missverständnis über die ungleiche Behandlung beider Geschlechter in Staatsangehörigkeitsfragen geführt zu haben scheinen, in der Überzeugung, dass das Inkrafttreten jener Artikel einem späteren gemeinsamen Vorgehen auf internationalem Gebiet keineswegs abträglich sein kann, sobald ein derartiges Vorgehen möglich ist, in der Erwägung, dass bis dahin das Inkrafttreten jener .Artikel die Bewegungsfreiheit der Staaten, die in ihrem Staatsangehörigkeitsrecht dem Grundsatze der Gleichheit beider Geschlechter grössere Geltung zu verschaffen wünschen, durchaus nicht einschränkt, in der Überzeugung schliesslich, dass die Frage der Staatsangehörigkeit der Frauen in voller Entwicklung begriffen ist und mit den Veränderungen zusammenhängt, die in der Stellung der Frau im sozialen, wirtschaftlichen und politischen Leben vor sich gehen, gibt dem Wunsche Ausdruck, dass die Staaten, die das erwähnte Staatsangehörigkeitsabkommen bereits unterzeichnet haben, alle gesetzgeberischen Massnahmen treffen, um. es in Wirksamkeit zu setzen, und dass sie demnächst ihre Batifikationsurkunden hinterlegen; macht die
Staaten, die die gesetzgeberischen Massnahmen zur Durchführung des Abkommens noch nicht getroffen haben, auf die Gelegenheit aufmerksam, ihre Landesgesetzgebung so zu gestalten, dass sie den Wünschen der Prauenverbände besser entspräche ; fordert den Generalsekretär auf, sich von Zeit zu Zeit bei den Regierungen zu erkundigen, welche Folge sie dem VI. Wunsche der Ködifikationskonferenz geben konnten;

179

ersucht den Eat, den erhaltenen Aufschlüssen Bechnung zu tragen und die Wandlungen der öffentlichen Meinung in dieser -wichtigen Frage zu verfolgen, damit er bestimmen kann, wann diese Wandlungen so weit fortgeschritten sind, das« auf internationalern Gebiet andere gemeinsame Massnahmen getroffen werden können.

(Resolution vom 12. Oktober 1932.)

B. Resolutionen zur Berichterstattung der zweiten Kommission.

1. Tätigkeit der Hygieneorganisation.

Die Versammlung stellt mit Befriedigung fest, dass zahlreiche Eegierungen dem Aufruf entsprochen haben, den sie letztes Jahr zugunsten der Opfer der Überschwemmungen in China erliess, und dankt diesen Eegierungen für ihre hochherzige Gabe, mit der sie einen sichtbaren Beweis ihrer'internationalen Solidarität gegeben haben; begrüsst es, dass die Eegierungen und ihre Sanitätsverwaltungen an den Arbeiten der Hygieneorganisation immer häufiger mitwirken und die Erfahrungen dieser Organisation immer stärker in Ansprach nehmen, wenn es sich um Fragen handelt, für deren Förderung die durch diese Organisation vermittelte internationale Zusammenarbeit unentbehrlich ist; sie schätzt insbesondere das Verfahren hoch ein, das es diesen Eegierungen ermöglicht, bei der Organisation Gutachten einzuholen und ihre technische Mitwirkung zu gewinnen; stellt fest, dass die Hygieneorganisation mit ihren technischen Studien, ihrem epidemiologischen Nachrichtendienst, mit Einschluss desjenigen ihres ostasiatischen Bureaus, und mit den unter ihrem Beistande durchgeführten Missionen die im Artikel 28 des Völkerbundsvertrages vorgesehenen Aufgaben erfüllt, wonach der Völkerbund sich bemühen soll, auf internationalem Boden Massnahmen zur Verhütung und Bekämpfung von Krankheiten zu ergreifen; nimmt den Bericht (A 28, 1932, III) über die Tätigkeit der Hygieneorganisation zur Kenntnis und bilh'gt die Tätigkeit dieser Organisation seit der letzten Versammlung.

(Resolution vom 10.0ktob&r 1932.)

2. Tätigkeit der Organisation für die Verkehrswege und den Durchgangsverkehr.

Die Versammlung nimmt von der Tätigkeit der Organisation für die Verkehrswege und den -Durchgangsverkehr zwischen der zwölften und der dreizehnten ordentlichen Session der Versammlung Kenntnis; weiss die Erfolge der Organisation auf den verschiedenen Gebieten ihrer Tätigkeit vollauf zu würdigen;

180

gibt insbesondere ihrer Befriedigung über das Ergebnis der vierten allgemeinen Konferenz für die Verkehrswege und den Durchgangsverkehr Ausdruck und hofft, dass es fruchtbringend sein werde; misst der Tätigkeit des Studienausschusses für öffentliche Arbeiten und nationale Ausrüstung besondere Bedeutung bei; nimmt mit Befriedigung von der engen Zusammenarbeit sfwischen der Organisation und der chinesischen Nationalregierung Kenntnis und gibt ihre Überzeugung kund, dass dieser Zusammenarbeit ein voller Erfolg beschieden sein wird.

(Resolution vom lO.OUober 1932.)

3. Wirtschafts- und Finanzfragen. -- Währungs- und Wirtschaftskonferenz.

Die Versammlung 1. genehmigt den Bericht, den ihr die zweite Kommission vorgelegt hat (Druckschrift A 56, 1932, II); 2. verleiht ihrer Überzeugung Ausdruck, dass die durch die Krise aufgeworfenen schweren Gegenwartsfragen nur in einer wirksamen und unmittelbaren Zusammenarbeit aller Länder, sowohl auf dem Gebiete des Warenaustausches als auf dem des Finanzwesens, ihre Lösung finden können; ist der Auffassung, dass die dringlichste Auf gäbe der künftigen «Währungsund Wirtschaftskonferenz» darin besteht, alle praktisch in Beträcht fallenden Mittel zur möglichst raschen Beseitigung der Hemmnisse aller Art, in denen der internationale Handel erstickt, zu prüfen und die für die Währungsstabilität und die Wiederherstellung des Kredites notwendigen Anpassungen zu erleichtern; richtet an alle Eegierungen, die sich an der Konferenz vertreten lassen, die eindringliche und feierliehe Mahnung, mit allen ihren Kräften zur Lösung der bestehenden Schwierigkeiten und ebenso zur Aufklärung der öffentlichen Meinung über die Unerlässlichkeit von Zugeständnissen an die internationale wirtschaftliche Verständigung als einzigem Mittel zur Bückkehr zu einem normalen Zustande beizutragen; lenkt die Aufmerksamkeit der «Währungs- und Wirtschaftskonferenz» und der mit ihrer Vorbereitung betrauten Stellen auf die Resolution hin, die am 80. April 1982 von der internationalen Arbeitskonferenz angenommen und vom Eate der Versammlung überwiesen worden ist, sowie auch auf das Ergebnis der Konferenz von Stresa; 3. dankt dem Finanzkomitee für die grossen Bemühungen, die es auf die schwere und mühevolle Aufgabe verwendet hat, welche ihm während des verflossenen Jahres zugefallen ist; nimmt mit Befriedigung
davon Vormerkung, dass der Goldausschuss des Finanzkomitees seine Arbeit beendigt und seinen Schlussbericht, auf den sie von neuem alle für die Währungspolitik verantwortlichen Behörden aufmerksam zu machen wünscht, veröffentlicht hat;

181

4. macht die Eegierungen aller Länder auf das neue Verfahren aufmerksam, das der Rat für die friedliche Beilegung von zwischenstaatlichen Streitigkeiten wirtschaftlicher Natur geschaffen hat und das sie sich vom kommenden 1. Januar an zunutze machen können; 5. a. hat davon Kenntnis, dass die drei Veterinärabkommen, die auf Veranlassung des Wirtschaftskomitees entworfen worden sind, von zahlreichen Eegierungen als brauchbare Verhandlungsgrundlage für eine internationale diplomatische Konferenz betrachtet werden, und drückt den Wunsch aus, dass diese diplomatische Konferenz im Laufe des Jahres 1983 einberufen werde; b. hat davon Kenntnis, dass das Wirtschaftskomitee seine Untersuchungen über die seuchenpolizeihchen Probleme, die sich im Zusammenhang mit dem Vieh- und Fleischhandel.stellen, eifrig fortsetzt; sie hofft, dass die beteiligten Staaten über den Fortgang der Arbeiten, deren letztes Ziel die Aufstellung eines Abkommens oder auch mehrerer Abkommen über die Einfuhr von Lebendvieh und Fleisch ist, fortlaufend unterrichtet werden; 6. drückt die Hoffnung aus, dass die Länder, von denen die Inkraftsetzung der drei Wechselrechtsabkommen tatsächlich abhängt, Wert darauf legen werden, durch ihre baldige Beteiligung zur fortschreitenden Vereinheitlichung dieses wichtigen Teils des internationalen Privatrechts beizutragen; 7. spricht den Wunsch aus, dass die Wirtschaftsorganisation des Völkerbundes die Tätigkeit des internationalen zwischengenossenschaftlichen Komitees weiterhin genau verfolge und fördere und dass sie im Vereine mit dem internationalen Arbeitsamt prüfe, auf welche Weise die vom Komitee gesammelten Nachrichten über die Fortschritte des Genossenschaftswesens in den verschiedenen Ländern den beteiligten Kreisen am besten zugänglich gemacht werden könnten; 8. vernimmt mit Befriedigung, dass der Völkerbundsrat beschlossen hat, die Frage der grossen öffentlichen Arbeiten der vorbereitenden Kommission der «Währungs- und Wirtschaftskonferenz» zu unterbreiten.

(Besolutiomn vom 12. Oktober 1932).

4. Entwurf eines Abkommens über internationale Verkehrserleichterungen für Lehrfilme.

Die Versammlung verzeichnet mit Befriedigung das Ergebnis der Arbeiten des Unterausschusses 1), den sie damit beauftragt hat, den Entwurf zu einem Abkommen über internationale Verkehrserleichterungen für Lehrfilme
zu prüfen; 1 ) Der betreffende Unterausschuss ist auf Grund eines Beschlusses der zweiten Kommission eingesetzt worden ; er bestand aus drei von der zweiten Kommission und drei auf deren Wunsch von der ersten Kommission bezeichneten Mitgliedern.

182 ist der Ansicht, dass die vom Unterausschuss vorgeschlagenen Änderungen mehreren Staaten die Beteiligung an diesem Abkommen, das in seinen Grundzügen die Billigung zahlreicher Delegationen gefunden hat, erleichtern werden; sie glaubt jedoch, dass infolge dieser Änderungen eine neue Prüfung durch die beteiligten Regierangen nötig wird; ersucht anderseits den Bat, in Anbetracht der Wünschbarkeit einer raschen Regelung der Frage, in dem ihm am geeignetsten erscheinenden Zeitpunkt, wenn möglich während der kommenden ausserordentlichen Session der Versammlung, eine Konferenz von Eegierungsdelegierten einzuberufen, insofern bis dahin alle Eegierungen vom neuen Entwurf eines Abkommens Kenntnis nehmen können. In dieser Zusammenkunft hätten sich die mit Vollmachten versehenen Delegierten darüber auszusprechen, ob das in Aussicht genommene Abkommen -- mit oder ohne Änderungen -- allen Mitgliedern des Völkerbundes und den ihm nicht angehörenden Staaten zur Unterschrift vorgelegt werden soll. Bis dahin stände es den beteiligten Regierungen frei, dem Generalsekretär des Völkerbundes ihre Bemerkungen bekannt zu geben.

(Resolution vom 12, OHober 1932.)

C. Resolutionen zur Berichterstattung der vierten Kommission.

1. Finanzielle Fragen.

I. Allgemeines.

1. Auf Grund des Artikels 38 des Reglements über die Finanzverwaltung des Völkerbundes erteilt die Versammlung den geprüften Abrechnungen des Völkerbundes für das am 31. Dezember 1931 abgelaufene dreizehnte Bechnungsjahr die endgültige Genehmigung.

2. Auf Grund des Artikels 17 des Beglements über die Finanzverwaltung des Völkerbundes genehmigt die Versammlung den Voranschlag des Völkerbundes für das Rechnungsjahr 1933, im Gesamtbetrag von 33,429,132 Goldfranken, und beschliesst die Veröffentlichung des Voranschlages im Journal officiel.

3. Die Versammlung weist entsprechend der Empfehlung der Kostenverteilungskommission im Verteilungsschlüssel für die Ausgaben des Völkerbundes der Türkei zehn Einheiten und Irak drei Einheiten für das Jahr 1933 zu.

4. Die Versammlung genehmigt die Schlussfolgerungen der verschiedenen ihr zur Prüfung vorgelegten Berichte der Kontrollkommission, ausser bezüglich der im Kapitel V des vorliegenden Berichts (Druckschrift A 69 [1], 1932, X) behandelten Frage.

5. Die Versammlung ernennt zum ordentlichen Mitgliede der Kontrollkommission für die am 31. Dezember 1935 ablaufende Amtsdauer Seine Exzel-

183 lenz Herrn C. Parra-Pérez, zu Ersatzmitgliedern Herrn G. von Ottlik und Seine Exzellenz Herrn Jean de Modzelewski.

6. Die Versammlung genehmigt den vorliegenden Bericht der vierten Kommission (Druckschrift A 69 [1], 1982, X).

II. Rationalisierung und Zusammenlegung der Dienstzweige des Sekretariats und des internationalen Arbeitsamtes.

Die Versammlung, gestützt u. a. auf die Vorschläge, die ihr die Kontrollkommission unterbreitet hat, fordert diese Kommission zu einer eingehenden Prüfung der Frage auf, inwieweit durch eine verwaltungstechnische Konzentrierung der Tätigkeit des Völkerbundes und durch irgendwelche andere Eeorganisations- und Eationalisierungsmassnahmen in den Dienstzweigen des Sekretariats und des internationalen Arbeitsamtes Ersparnisse erzielt werden könnten, unter dem Vorbehalt jedoch, dass diese Massnahmen die wesentlichen Aufgaben des Völkerbundes in keiner Weise beeinträchtigen dürfen.

Die Versammlung ersucht den Verwaltungsrat des internationalen Arbeitsamtes, der bereits dahingehende Untersuchungen angestellt und Massnahmen getroffen hat, insoweit das internationale Arbeitsamt und seine Zusammenarbeit mit dem Sekretarial; in Frage steht, seine Mitwirkung zu leihen.

Die Kontrollkommission kann für die ihr obliegende Prüfung besondere Sachverständige heranziehen.

Die Kontrollkommission wird aufgefordert, der nächsten ordentlichen Session der Versammlung über das Ergebnis ihrer Untersuchung Bericht zu erstatten.

Es hat aber die Meinung, dass der Generalsekretär Beamtungen, die sich auf Grund dieser Untersuchungen als überflüssig erweisen, schon vordernächsten Session aufheben kann.

Soweit es sich jedoch um Änderungen grössern Umfangs handelt, soll der Generalsekretär vorher die Genehmigung des Eates einholen.

Die Versammlung ersucht den Generalsekretär, sooft ein Anstellungsvertrag abläuft oder eine Stelle aus einem andern Grunde frei wird, die Verschiebung der Wahl neuer Beamten in Betracht zu ziehen, damit gründlich geprüft werden kann, ob die betreffende Beamtung für die Tätigkeit des Völkerbundes unentbehrlich ist.

m. Besolduogsabbau in künftigen Anstellungsvertragen1).

Die Versammlung beschliesst, für die Dauer von zwei Jahren ab 15. Oktober 1932: . *) Aus Billigkeitserwägungen wurde bestimmt, dass der oben ins Auge gefasste zehnprozentige Abbau, abgesehen vom Falle der Beförderung, auf die Beamten nicht Anwendung finde, die vor dem 15. September 1931 in den Dienst des Völkerbundes eingetreten sind.

184 1. alle künftigen Anstellungsverträge, und. zwar gleichviel ob es sich um die Erneuerung abgelaufener Verträge für Beamte des Sekretariats, des internationalen Arbeitsamtes oder der Gerichtsschreiberei des Ständigen Internationalen Gerichtshofs oder um Neueinstellungen handle, sind unter Zugrundelegung eines zehnprozentigen Abbaus der geltenden Besoldungsansätze für die betreffenden Kategorien (mit Binschluss der Erhöhungen) abzuschliessen und müssen der Versammlung das Becht vorbehalten, die Besoldungen durch einseitige Verfügung zu ändern ; 2. Die Mitglieder des Personals der genannten Völkerbundsverwaltungen werden bei der Beförderung in eine höhere Kategorie auf Grund von Besoldungsansätzen oder -stufen ernannt, die um 10 Prozent unter den für die betreffenden Kategorien derzeit geltenden Ansätzen oder Stufen stehen, unter dem Vorbehalte, dass die Anfangsbesoldung nach der Beförderung nicht niedriger sein darf als die vor der Beförderung bezogene Besoldung.

3. Es hat die Meinung, dass die obigen Bestimmungen weder für das vorübergehend eingestellte Personal mit kurzfristigen Anstellungsverträgen gilt, dessen Bezüge bereits wesentlich herabgesetzt worden sind, noch für das Personal mit einer Jahresbesoldung von höchstens 6500 Franken.

IV. Pensionskasse des Personals.

Die Versammlung nimmt den Bericht des Verwaltungsrates der Pensionskasse für das Personal über das Jahr 1932 (Druckschrift A 14, 1982) zur Kenntnis; erteilt gemäss der Empfehlung des Verwaltungsrates der Aufnahme von acht Beamten des Sekretariats, die nach dem 81. Dezember 1981 darum nachgesucht haben, ihre Genehmigung; nimmt den Bericht des versicherungstechnischen Beraters der Kasse über die technische Bilanz der Kasse an (Druckschrift A 8, 1982) und beschliesst: dass der Überschuss der Fürsorgekasse an die Pensionskasse übergeht, wobei die Fürsorgekasse einen den Saldi der Konten ihrer Mitglieder gleichkommenden Barbetrag sowie einen angemessenen Teil des Sterbe- und Invaliditätsfonds behält; dass ein Ausfall infolge der Entwertung des von der Fürsorgekasse stammenden Überschusses nach der im Artikel 7 fe des Reglements festgesetzten Frist von dreissig Jahren nötigenfalls zu amortisieren ist; dass der Beitrag des Völkerbundes an die Pensionskasse für das Jahr 1933 neun Prozent der abzugspflichtigen Gehälter der Kassenangehörigen
beträgt ; dass der Beitrag des Völkerbundes an die Nachzahlungen für die vor dem 1. Januar 1931 hegende Dienstzeit nach dem Ansätze von 1931 zu berechnen ist ; dass in den Voranschlag von 1983 kein Kredit zur Ergänzung der in entwerteter Währung geleisteten Beiträge von Beamten der Hilfsstellen einzusetzen ist;

185 und dass der Anteil des Völkerbundes an der gemäss Artikel 7 b des Keglements durchzuführenden Amortisation des Ausfalls der Pensionskasse infolge der Anwendung des Beglements auf die Beamten, die am 1. Januar 1981 bereite im Dienste standen, für 1988 auf 400,000 Schweizerfranken festgesetzt wird, (Resolutionen vom 17. Oktober 1932.)

2, Oberleitung des Sekretariats und verwandte Fragen.

I. Treugelöbnis.

Die Versammlung beschliesst, dass der Generalsekretär und alle Beamten von den Direktoren an aufwärts inskünftig vor dem Bat m öffentlicher Sitzung folgende Erklärung abzugeben haben: «Ich übernehme die feierliche Verpflichtung, die Amtsbefugnisse, die mir in meiner Eigenschaft als (Generalsekretär) des Völkerbundes anvertraut sind, in aller Treue, Verschwiegenheit und nach bestem Gewissen auszuüben, mich in meinem Amt und meinem Verhalten ausschliesslich nur nach dem Wohl des Völkerbundes zu richten und von einer Regierung oder andern Behörde ausserhalb (für den Generalsekretär): des Völkerbundes .(für die übrigen Beamten): des Völkerbundssekretariats Weisungen weder zu verlangen noch entgegenzunehmen.» dass die Beamten der ersten Abteilung, die nicht mindestens Direktorsrang haben, eine ähnliche Erklärung vor dem Wahlausschuss und die Beamten der zweiten und dritten Abteilung vor dem Wahlunterausschuss abzugeben und zu unterzeichnen haben; dass die obige Bestimmung indessen auf Angestellte in vorübergehendem, nicht mindestens einjährigem Dienstverhältnis nicht Anwendung findet.

Sie ersucht den Verwaltungsrat des internationalen Arbeitsamtes um einen Beschluss, wonach der Direktor, der stellvertretende Direktor und die Abteilungsleiter des internationalen Arbeitsamtes in öffentlicher Sitzung vor ihm eine gleiche Erklärung abzugeben haben und für die Beamten der niedrigeren Bangklassen das für das Sekretariat gewählte Verfahren entsprechend auch auf das internationale Arbeitsamt Anwendung finden soll.

n. Oberleitung.

1. Die Versammlung bekräftigt von neuem den Grundsatz, dass die Inhaber der höchsten Stellen im Sekretariat, bis hinauf zum Generalsekretär, wie alle Völkerbundsbeamten, auf Grund ihrer Eignung, ihrer persönlichen Verdienste und der Leistungen, die von ihnen in Erfüllung der Aufgaben des Völkerbundes zu erwarten sind, ausgewählt werden sollen.

186 Um die Durchführung dieses Grundsatzes zu erleichtern und um den nicht ständig im Eate vertretenen Mitgliedern einen grössern Anteil an der Verantwortung einzuräumen, die der Oberleitung des Sekretariats zukommt, beschliesst sie, zwei stellvertretende Generalsekretäre vorzusehen. Auf diese Weise könnte eine der beiden Stellen einem Angehörigen eines nicht ständig im Eate vertretenen Mitgliedes anvertraut werden, falls der Generalsekretär einem der ständig im Eate vertretenen Mitglieder angehört.

Aus Eticksicht auf den Grundsatz der Universalität des Völkerbundes sollte für die Oberleitung des Sekretariats auch auf die wichtigsten geographischen Einteilungen geachtet werden, wie dies auch bei der Bestellung anderer leitender Organe des Völkerbundes geschieht.

2, a. Es werden drei Untergeneralsekretäre vorgesehen.

b. In Anbetracht der unpolitischen Natur der Obliegenheiten des Eechtsbeirats erscheint eine Änderung für dieses Amt unerwünscht. Indessen erhält der Eechtsbeirat den Bang eines Untergeneralsekretärs : er ·wird zur Oberleitung des Sekretariats gezählt, 8. Der Beschluss unter Ziffer l ist durch das Zustandekommen einer Vereinbarung sehr erleichtert- worden, wonach der Beamtenstab des Generalsekretärs und der stellvertretenden Generalsekretäre nicht mehr als einen Sektionsbeamten zählen sollte, der dem gleichen Völkerbundsmitgliede angehört wie die betreffenden hohen Beamten selbst.

4. Die Amtsdauer des Generalsekretärs beträgt zehn Jahre, diejenige der stellvertretenden Generalsekretäre acht Jahre und die der Untergeneralsekretäre sieben Jahre. Die Amtsdauer des Generalsekretärs darf nur um drei Jahre, die der stellvertretenden Untergeneralsekretäre um fünf Jahre und die der Untergeneralsekretäre um sieben Jahre verlängert werden.

5. Um dem von der Versammlung schon früher geäusserten Verlangen nach einer gerechteren Vertretung der Staatsangehörigkeiten im Sekretariat zu entsprechen, gilt als vereinbart, dass die obere Beamtenschaft (Generalsekretär, stellvertretende Generalsekretäre, Eechtsbeirat und Untergeneralsekretäre, Direktoren) nicht mehr als zwei Angehörige des gleichen Völkerbundsmitgliedes aufweisen sollte und dass dieser Grundsatz ohne Verletzung bestehender Verträge binnen möglichst kurzer Zeit zur Anwendung gelangen soll.

m. Kanzleien des Generalsekretärs und der
stellvertretenden Generalsekretäre.

Beamtenstab der Untergeneralsekretäre.

Die Versammlung beschliesst, dass inskünftig nur noch d.er Generalsekretär und die stellvertretenden Generalsekretäre eigene Kanzleien haben sollen; diese dürfen nicht aus mehr als zwei Sektionsbeamten bestehen.

Die in den vorstehenden Ziffern erwähnte Vereinbarung sah u. a. vor.

dass jedem Untergeneralsekretär das Eecht zuerkannt werden solle, sich im

187 Beamtenstabe der Sektion, der er vorsteht, einen Landsmann vom Bang eines Sektionsbeamten als Mitarbeiter zuteilen zu lassen.

IV. Besoldungen und Repräsentationskosten des Generalsekretärs, dei stellvertretenden Generalsekretäre und der TTntergeneralsekretäre.

Die Versammlung setzt die Besoldung, und die Repräseiitationskosten der obern Beamtenschaft -wie folgt fest: Besoldung

Repräsentationskosten

Schweizerfranken

Generalsekretär Stellvertretende Generalsekretäre . . . .

Untergeneralsekretäre -

90,000 60,000 60,000

50,000 25,000 10,000

Alle künftigen Verträge müssen auf Schweizerfranken lauten.

V. Besoldungen des Direktors und des stellvertretenden Direktors des internationalen Arbeitsamtes.

Die Versammlung, A. in der Erwägung, dass zwischen den oberen Beamtungen des Völkerbundes eine enge Beziehung besteht und dass es ihre Pflicht ist, die Frage der Besoldungen des Direktors und des stellvertretenden Direktors der internationalen Arbeitsorganisation zu prüfen, in der Erwägung, anderseits, dass es angebracht ist, obwohl die Versammlung über Budgetfragen endgültig befindet, dem Verwaltungsrate des internationalen Arbeitsamtes Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, beschliesst, in den Voranschlag für 1933 eine Gesamtsumme von Fr. 105,000 einzusetzen, die sowohl für die Besoldung als auch für die Kepräsentationskosten des Direktors des internationalen Arbeitsamtes während des erwähnten Jahres «Ut..

B. In der Erwägung, dass der Verwaltungsrat des internationalen Arbeitsamtes noch nicht entschieden hat, ob die offene Stelle des stellvertretenden Direktors beibehalten oder abgeschafft wird, ist sie der Ansicht, dass man sich im Falle der Wiederbesetzung, wie früher, an den Grundsatz halten sollte, dass für den stellvertretenden Direktor des internationalen Arbeitsamtes die gleiche Besoldungsordnung zu gelten hat wie für die Untergeneralsekretäre; für die Besoldung des stellvertretenden Direktors wären infolgedessen 60,000 Schweizerfranken, für seine Bepräsentationskosten 10,000 Schweizerfranken vorzusehen; demnach beschliesst sie, hiefür in den Voranschlag eine Gesamtsumme von 70,000 Schweizeffranken einzusetzen.

188 VI. Besoldungen dei Direktoren, Die Versammlung beschliesst, dass die Besoldungen der derzeit im Amte stehenden Direktoren des Sekretariats nicht geändert werden; dass aber der allgemeine zehnprozentige Abbau, der während zwei Jahren bei Neuernennungen von Völkerbundsbeamten durchzuführen ist, auch auf die während dieser Frist ernannten Direktoren Anwendung findet; in der Erwägung, dass aus Gründen der Billigkeit diese Eegel sich nicht auf Beamte erstrecken darf, die am 15, September 1931 bereits im Dienste des Völkerbundes standen, soll; sie auf die derzeit im Amte stehenden Direktoren, deren Verträge während dieser Frist erneuert werden, nicht Anwendung finden.

VU. Repräsentationskosten. -- Gesamtkredit.

A. Die Versammlung, in der Erwägung, dass der Abbau, der für die Eepräsentationskosten der oberen Sekretariatsbeamten gilt, gleicherweise auch für den Gesamtkredit durchgeführt werden sollte, beschliesst, die hiefür im Voranschlag für 1933 vorgesehene Summe von 86,620 auf 80,000 Pranken herabzusetzen.

B. Die Versammlung hält einen entsprechenden Abbau des Gesamtkredites für Eepräsentationskosten auch beim internationalen Arbeitsamt für angebracht und beschliesst, die dafür im Voranschlage für 1933 vorgesehene Summe von 30,000 auf 25,000 Franken herabzusetzen.

C. Die Versammlung beauftragt die Kontrollkommission mit der Überprüfung der Grundsätze, nach denen die aus dem Gesamtkredit bestrittenen Eepräsentationskosten verteilt werden.

(Resolutionen vom 17. Oktober 1932.)

3. Rückständige Beiträge Die Versammlung stellt mit Bedauern und Besorgnis fest, dass eine gewisse Anzahl von Staaten ihren finanziellen Verpflichtungen gegenüber dem Völkerbunde nicht nachgekommen sind ; richtet an alle Mitgliedstaaten die Mahnung, ihre Bückstände unverzüglich zu tilgen und damit ihre Wertschätzung für die Ziele des Völkerbundes zu beweisen; fordert den Generalsekretär auf, seine Bemühungen zur Einbringung der Eückstände fortzusetzen, über seine Vorkehrungen dem Eate vor der nächsten

189 ordentlichen Session der Versammlung zu berichten und diese selbst vom Ergebnis seiner Schritte zu unterrichten; beschliesst in Übereinstimmung mit der von der zwölften Versammlung angenommenen Resolution, Nikaragua die Hälfte seines Beitrags an den Voranschlag des Eechnungsjahreä 1933 zu erlassen und den Eestbetrag zu stunden.

(Resolution vom 17. Oktober 1932.)

D. Resolutionen zur Berichterstattung der fünften Kommission.

1. Handel mit Opium und andern Betäubungsmitteln.

. I. In Anbetracht dessen, dass an der im Mai, Juni und Juli 1.931 in Genf abgehaltenen Konferenz ein Abkommen abgeschlossen, worden ist, damit die Beschränkung der Herstellung der Betäubungsmittel auf den recht-massigen Weltbedarf für medizinische und wissenschaftliche Zwecke durch internationale Vereinbarung wirksam gemacht und die Verteilung der Betäubungsmittel geregelt werden kann, dass die hiezu beauftragten Bevollmächtigten von .zweiundvierzig der vierundfünfzig an der Konferenz vertretenen Staaten das Abkommen vor dem 31. Dezember 1981 im Namen ihrer Regierungen unterzeichnet haben, dass das Abkommen, wie in seinem Artikel 80 vorgesehen, am neunzigsten Tage in Kraft tritt, nachdem der Generalsekretär des Völkerbundes die Ratifikations- oder Beitrittsurkunden von fünfundzwanzig Mitgliedern des Völkerbundes oder Nichtmitgliedstaaten empfangen hat, unter denen sich vier der folgenden Staaten befinden-müssen: Deutschland, Vereinigte Staaten von Amerika, Vereinigtes Königreich von Grossbritannien und Nordirland, Frankreich, Japan, Niederlande, Schweiz, Türkei, dass bis jetzt erst sechs Staaten, nämlich die Vereinigten Staaten von Amerika, Persien, Peru, Portugal, Sudan und Schweden, das Abkommen ratifiziert haben oder ihm beigetreten sind, dass das Abkommen gemäss seinem Zeichnungsprotokoll spätestens am 13. Juli 1988 ratifiziert sein sollte, nimmt die Versammlung die während dieser Session über die Ratifikation abgegebenen Erklärungen mit Befriedigung entgegen und fordert die Länder, die ihre Absicht bezüglich der Ratifikation nicht kundgegeben haben, eindringlich zu ernstlichen Anstrengungen auf, damit sie möglichst bald, jedenfalls aber bis spätestens am 13. April 1988 in der Lage sind, das Abkommen zu ratifizieren oder ihm beizutreten.

II. Die Versammlung genehmigt den Bericht der fünften Kommission (Druckschrift A 64, 1932, XI).

(Resolutionen vom 14. Oktober 1932.)

Bundeablatt. 85. Jahrg. Bd. I.

15

190 2. Frauen- und Kinderhandel.

I. Die Versammlung hat mit grossem Interesse und lebhafter Befriedigung von der Tätigkeit des Komitees für den Frauen- und Kinderhandel während des vergangenen Jahres Kenntnis genommen; teilt die Auffassung des Komitees, dass der Frauenhandel immer und unter allen Umständen eine unbedingt unmoralische und gemeinschädliche Handlung ist und dass er auch dann bestraft werden soll, wenn die Opfer mündig sind und einwilligen; fordert die Eegierungen auf, in ihren Gesetzgebungen die hiefür nötigen Änderungen so bald als möglich zu treffen; beschliesst, die Eevision der internationalen Abkommen über den Frauenund Kinderhandel von 1910 und 1921 im Sinne der Beseitigung der in diesen Abkommen vorgesehenen Altersgrenze anzustreben; ersucht das Komitee für Frauen- und Kinderhandel, unter Mitwirkung seines Unterausschusses für Eechtsfragen zu prüfen, wie die oben erwähnten Abkommen bezüglich der Altersgrenze revidiert werden könnten, wobei gleichzeitig die Abänderungen über die Bestrafung der Zuhälter einzuführen wären.

II. Die Versammlung1) stellt fest, dass die Komitees für Frauen- und Kinderhandel und für Kinderschutz in den Berichten über die im Jahre 1932 abgehaltenen Sessionen besonders die Notwendigkeit der Aufklärung der Öffentlichkeit über ihre Arbeit hervorheben : 1. Erkennt die Bemühungen des Weltverbandes der Völkerbundsvereinigungen zur Aufklärung der Öffentlichen Meinung aller Länder durch seine Werbetätigkeit für den Völkerbund dankbar an; fordert den Verband auf, möglichst bald Mittel und Wege ausfindig zu machen und sich ihrer zu bedienen, um den Völkerbundsberichten über den Frauen- und Kinderhandel und den Kinderschutz grössere Verbreitung zu verschaffen; 2. In Anerkennung der wertvollen Dienste, die in den beiden Komitees, aus denen die beratende Kommission für Kinder- und Jugendschutz besteht, von den internationalen Vereinigungen geleistet werden, welche in diesen Komitees durch Beisitzer vertreten sind, ersucht die Versammlung diese privaten Vereinigungen dringend, mit allen ihnen zur Verfügung stehenden oder zugänglichen Mitteln, die Tätigkeit der beiden Komitees, in denen sie mit so viel Sachkenntnis und Erfolg mitwirken,, in weiteren Kreisen bekannt zu machen.

(Resolutionen vom 11. Oktober 1932.)

*) Diese Resolution ist auch im Berichte der fünften Kommission an die, Versammlung über den Kinde-schutz enthalten.

191 3. Kinderschutz1).

I. Tiefbewegt über die Leiden, denen infolge des Andauerns und der Ausbreitung der Arbeitslosigkeit Millionen von Kindern in allen Ländern ausgesetzt sind, beunruhigt über die offenkundige körperliche und geistige Beeinträchtigung dieser Kinder, die an die unheilvollen Verhältnisse in mehreren Ländern während der ersten Nachkriegsjahre gemahnt, unter dem Eindrucke der schweren Folgen, die sich daraus für die Zukunft der Menschheit ergeben können, voll eingedenk der Pflichten, die sich aus der Genfer Erklärung ergeben, welche der Völkerbund in der fünften Versammlung gutgeheissen hat, fordert die dreizehnte Versammlung alle Mitgliedstaaten des Völkerbundes eindringlichst auf, ihre Anstrengungen zu verdoppeln, um den von den Folgen der Wirtschaftskrise besonders heimgesuchten Kindern sowohl durch das Eingreifen der öffentlichen Gewalt als durch dasjenige der privaten Wohltätigkeit zu Hilfe zu kommen.

II. Die Versammlung billigt die Schlussfolgerungen im Berichte der fünften Kommission über den Kinderschlitz (Druckschrift A 48, 1982, IV).

(Resolutionen vom 11. Oktober 1932.)

4, Strafrechts- und Strafvollzugsfragen.

I. Die Versammlung macht die Begierungen ganz besonders auf die gemeinsame Antwort (Druckschrift A P 4, 1982) der sieben Fachverbände aufmerksam, die vom Völkerbund über die fortschreitende Vereinheitlichung des Strai'rechts und die Zusammenarbeit der Staaten zur Verhütung und Bekämpfung des Verbrechertums zu B,ate gezogen worden sind.

II. Die Versammlung genehmigt den Bericht der fünften Kommission (Druckschrift A 58, 1932, IV).

(Eesolutionen vom 11. Oktober 1932.)

E. Resolutionen zur Berichterstattung der sechsten Kommission.

1. Aufnahme Iraks in den Völkerbund.

Die Versammlung beschliesst, das Königreich Irak in den Völkerbund aufzunehmen.

(Sitzung vom 3. Oktober 1932.)

2. Tätigkeit der Studienkommission für die Europäische Union.

Die Versammlung nimmt den Bericht des Generalsekretärs (Druckschrift A 16, 1932, VII) über die von der Studienkommission für die Europäische Union im vergangenen Jahre geleistete Arbeit zur Kenntnis; *) Vgl. auch oben, Resolution II.

192 sie fordert die Kommission auf, das begonnene "Werk in Übereinstimmung mit den in der Resolution vom 1.7. September 1930 enthaltenen Grundsätzen fortzusetzen ; sie ersucht die Kommission, an der nächsten ordentlichen Session der Versammlung erneut über ihre Tätigkeit zu berichten.

(Resdlution vom W. Oktober 1932.)

3. Mandate.

Die Versammlung, die von den Massnahmen der Mandatarmächte, der ständigen Mandatkommission und des Rates zur Durchführung des Artikels 22 des Völkerbundsvertrages Kenntnis genommen hat: a. spricht diesen Organen, vorab das Vertrauen aus. das schon die früheren.

Versammlungen bekundet haben, und zollt ihnen. Anerkennung für die Ergebnisse, die dank dem auch in. Zukunft unerläßlichen Willen zur Zusammenarbeit erzielt werden konnten; b. ist über die in Irak unter der Mandatordnung verwirklichten Fortschritte, dank denen dieses Land zur vollen Unabhängigkeit gelangen und. in den Völkerbund aufgenommen werden konnte, besonders erfreut: c. betrachtet es als höchst erwünscht, dass der Beschluss der zwölften Versammlung, die ordentlichen Tagungen der ständigen Mandatkommissio von jährlich zwei auf eine herabzusetzen, inskünftig nicht mehr, auch nicht ausnahmsweise erneuert werde, da ein solcher Beschluss der wirksamen und ordnungsgemässen Erfüllung der wichtigen Aufgaben, die der Artikel 22 der Satzungen dem Völkerbund auferlegt, sehr hinderlich wäre.

(Resolution vom 10. Oktober 1932.)

4, Sklaverei.

Die Versammlung nimmt den Bericht des Expertenkomitees für die Sklaverei (Druckschrift A 34, 1932, VI), der ihr durch Resolution dés Rates vom 23. September 1932 überwiesen worden ist. zur Kenntnis; zollt der bemerkenswerten Arbeit des Expertenkomitees ihre Anerkennung; macht die Regierungen der Völkerbundsmitglieder und der am Abkommen von 1926 beteiligten Staaten auf die im Bericht des Expertenkomitees enthaltene Ansichten und Anregungen aufmerksam und hofft, dass die Organe des Völkerbundes auch über künftige Massnahmen der Regierungen zur völligen Abschaffung des Menschenhandels und der Sklaverei in allen ihren Erscheinungsformen fortlaufend unterrichtet werden; beschliesst, dass eine beratende Expertenkommission, deren Zusammensetzung, Zuständigkeit und Aufgaben in der Anlage zu dieser Resolution bestimmt werden, einzusetzen sei;

193

ersucht den Generalsekretär, in den Voran Schlagsentwurf für 1934 den für diese Kommission nötigen Kredit aufzunehmen; bittet den Rat, bis dahin zur Verwirklichung der Vorschläge, die gemacht worden sind, a-lle die Massnahmen zu treffen, die keine Kredite orfordern.

Anlage.

A. Die Kommission besteht aus sieben Mitgliedern, die ausschhesslich wegen ihrer besondern Kenntnisse auf dem Gebiete der Sklaverei auszuwählen sind, aber verschiedenen Staaten angehören sollen. Sie werden auf unbestimmte Zeit ernannt, wobei es jedoch dem Rat anheimgegeben bleibt, die Zusammensetzung der Kommission alle sechs Jahre zu erneuern. Die Kommission, die sich, soweit nötig, alle zwei Jahre versammelt, ist ausschliesslicli beratendes Organ ohne Aufsichtsbefugnis ; sie hat folgende Aufgaben: 1. sie studiert und prüft die Unterlagen, die die Regierungen dem Sekretariat einreichen oder übermitteln: 2. sie studiert auf Grund dieser Unterlagen und der besoudern Kenntnisse ihrer Mitglieder die im Artikel l des Sklavereiabkommens von 1926 erwähnten Tatsachen und Einrichtungen und untersucht die soziale Bedeutung dieser Einrichtungen: 3. sie prüft,' wie diese Einrichtungen oder Gebräuche allmählich beseitigt . oder derart umgewandelt werden könnten, dass sie zu Beanstandungen nicht mehr Anlass geben; 4. falls ein Land, in dem die Sklaverei fortbesteht, den Völkerbund um seine finanzielle Hilfe zur Lösung von Fragen angeht, die mit der Aufhebung der Sklaverei in Zusammenhang stehen, so hat die Kommission auf Begehren des Rats zu prüfen, für welche Zwecke diese finanzielle Hilfe verlangt wird, wie hoch sie mindestens zu bemessen ist und welche Sicherheiten geboten werden; 5. die Kommission hat sich mit den Fragen, die Gegenstand des Artikels 5 des Sklavereiabkommens von 1926 sind, nicht zu befassen.

Die Verhandlungen der Kommission sind vertraulich.

Nach jeder Session hat die Kommission dein Rate Bericht zu erstatten, Der Rat befindet darüber, ob dieser Bericht zu veröffentlichen sei, ob vollinhaltlich oder im Auszuge.

Die Kommission gibt sich selbst ihre Geschäftsordnung, in der ihre Arbeitsweise genauer bestimmt wird ; diese Geschäftsordnung bedarf der Genehmigung des Rates.

In Erfüllung ihrer Aufgabe hat die Kommission folgende Grundsätze zu beachten : 1. es ist der Kommission nicht gestattet, Organisationen oder Personen
über Tatbestände betreffend die Sklaverei zu vernehmen. Diese Organisationen öder Personen haben ihre Beschwerden oder Bemerkungen durch Vermittlung ihrer Regierung anzubringen:

194 2. wenn eine Mitteilung über ein Land von der Eegierung eines andern Staates an die Kommission gerichtet -wird, so hat diese die Mitteilung durch Vermittlung des Rates der Eegierung des betreffenden Landes zur Stellungnahme zu übermitteln; 8. die Kommission ist zur Zeugeneinvernahme nicht befugt.

Es besteht Einverständnis darüber, dass die am Sklavereiabkommen von 1926 beteiligten Eegierungen mit ihrer Zustimmung zur Einsetzung dieser Kommission keine Pflichten übernehmen, durch die ihre Verbindlichkeiten aus jenem Abkommen eine Änderung erfahren würden.

B. Das Völkerbundssekretariat besorgt die Sekretariatsgeschäfte der Kommission. Seine Aufgaben bestehen darin, 1. die Druckschriften, die auf Grund von Artikel 7 des Sklavereiabkommens an :den Völkerbund gerichtet werden, ebenso wie allfällige andere Unterlagen, die die Eegierungen über Sklavereiangelegenheiten einreichen, entgegenzunehmen; 2. zuhanden der Kommissionsmitglieder die zur Veröffentlichung gelangenden Nachrichten und Studien über die Sklaverei zu sammeln; 8. alle Akten und Nachrichten planmässig zu verwahren.

(Besolution vom 12. Oktober 1932.)

*

5. Schutz der Minderheiten.

-Die Versammlung nimmt den Bericht der sechsten Kommission (Druckschrift A 60, 1982, I) zur Kenntnis.

(Resolution- vom 11. Oktober 1932.)

6. Tätigkeit der internationalen Organisation für geistige Zusammenarbeit.

Allgemeine Resolution.

Die Versammlung hat vom Bericht der internationalen Kommission für geistige Zusammenarbeit über ihre vierzehnte Session (Druckschrift A 11, 1982, XII) und vom Bericht des Verwaltungsrates deä internationalen Instituts für geistige Zusammenarbeit (Druckschrift A 19, 1932, XII) Kenntnis genommen: nimmt Vormerkung vom Inhalt der Berichte, die der Vertreter Frankreichs dem Eat iii der letzten Session sowohl über die Tätigkeit der Organisation für geistige Zusammenarbeit als auch über deren Arbeitsweise und Dienstgang erstattet hat; · 1. stellt mit Befriedigung fest, dass im letzten Geschäftsjahr-wichtige Erfolge erzielt worden sind; billigt den Arbeitsplan der Organisation für 1932/88 in seiner Gesamtheit;

195 Unterricht.

2. weist auf die Bedeutung hin, die der Schaffung nationaler Zentralstellen für Erziehungsfragen und der Aufnahme unmittelbarer Beziehungen zwischen diesen -Stellen unter Mitwirkung der beim Institut für geistige Zusammenarbeit bestehenden internationalen Zentralstelle beizumessen ist, und hofft, dass sich die bereits eingeleitete internationale Zusammenarbeit für das Unterrichtswesen auf allen seinen Stufen auch sonst weiter entwickle ;

Revision der Schulbücher.

3. drückt über das Ergebnis der Vorarbeiten für ein Verfahren, durch das die Revision der Schulbücher erleichtert werden soll, ihre Befriedigung aus und misst den hierüber vom Institut gesammelten Unterlagen sehr grossen Wert bei; genehmigt unter Vorbehalt der im Koramissionsbericht enthaltenen Angaben die von der Kommission empfohlene ausgedehntere Anwendung der Resolution Casares;

Unterricht über den Völkerbund.

4. betont, wie grosse Bedeutung sie allen Fragen beimisst, die sich auf den Jugendunterricht über die Ziele des Völkerbundes und auf die Pflege internationaler Gesinnung beziehen; ist erfreut über die Arbeiten, die sowohl von der zentralen Nachrichtenstelle für das Schulwesen in Genf als auch von derjenigen in Paris auf diesem Gebiet unternommen worden sind, und macht die Regierungen besonders auf die Erhebung aufmerksam, die gegenwärtig über die den Lehrkräften in den Lehrerseminarien zuteil werdende Vorbereitung auf den Unterricht über den Völkerbund durchgeführt wird;

Reorganisation des öffentlichen Erziehungswesens in China.

5. möchte besonders auf die Bedeutung hinweisen, die der Mitwirkung der Organisation für geistige Zusammenarbeit bei der Untersuchung über das Erziehungswesen in China und bei der von der chinesischen Eegierung beabsichtigten Reorganisation desselben zukommt; dankt den Persönlichkeiten, die diesem so wichtigen "Werke ihre Mitarbeit liehen und ihm durch ihre Hingabe zum Erfolg verhalfen; gibt der Hoffnung Ausdruck, dass sich diese Mitarbeit, die so gut begonnen hat, im gleichen Geiste gegenseitigen Verständnisses und praktischer Betätigung weiter entwickle;

Rundfunk.

6. erkennt an, dass die Organisation den Wünschen der letztjährigen Versammlung über die internationalen Auswirkungen des Rundfunks Polge gegeben hat;

196 misst der Zusammenkunft von Experten, die zu untersuchen haben, welchen Bedingungen die internationalen Verständigungen über den Bundfunk zu entsprechen hätten, besondere Wichtigkeit bei; Moralische Abrüstung.

7. ist erfreut über die nützliche Mitwirkung, die die Organisation für geistige Zusammenarbeit der Konferenz zur Beschränkung und Herabsetzung der Eüstungeu beim Studium des Problems der moralischen Abrüstung leihen konnte; hofft, dass es der Konferenz beim Abgchluss ihrer Tätigkeit möglich erscheine, in einer noch festzusetzenden Form in die Urkunden, die ihr Ergebnis enthalten, eine Akte aufzunehmen, die die Bemühungen zur Annäherung der Völker auf geistigem Gebiet erleichtern würde; ist überzeugt, dass die Organisation für geistige Zusammenarbeit den Regierungen auf diesem Gebiete ein Eüstzeug zur Verfügung zu stellen vermag, das die Probe bestanden hat; Wissenschaftliches Staditim der internationalen Beziehungen.

8. In der Frage des wissenschaftlichen Studiums der internationalen Beziehungen ist es der Wunach der Versammlung, dass die Organisation für geistige Zusammenarbeit ihre Tätigkeit auf diesem Gebiete noch ausdehne und für die weite Verbreitung der Ergebnisse von Veranstaltungen von der Art der Mailänder Konferenz besorgt sei; Geistige Aufgabe der Presse.

9. In Anbetracht der wichtigen Aufgabe, die der Presse in der Erziehung der Völker zufällt, und der mächtigen Hilfe, die mau von ihr für die Hebung der geistigen Höhe der Völker erwarten darf, ersucht die Versammlung die Organisation für geistige Zusammenarbeit, zu prüfen, durch welche Massnahmen dieses Ziel am wirksamsten erreicht werden kann ; fordert sie auf, nach Einholung der Gutachten der nationalen Kommissionen für geistige Zusammenarbeit und von Vertretern des Journalismus zu prüfen, welche Methoden angewandt werden könnten, damit die Presse durch die Vervollkommnung ihres Nachrichtendienstes den Völkern eine bessere Kenntnis von einander vermittle. Das Ergebnis dieser Untersuchung soll der vierzehnten Versammlung unterbreitet werden; Nationale Kommissionen.

10. erkennt einmal mehr an, welch wichtige Eolle den nationalen Kommissionen für geistige Zusammenarbeit zufällt und wie notwendig es ist, die bestehenden Kommissionen zu fördern und ihnen vermehrte Mittel zur Erfüllung ihrer immer zahlreicheren, und wichtigeren Aufgaben zu verschaffen:

197 Erhaltung von Geschichtsdenkmälern.

11. die Versammlung billigt die Besolutioii der internationalen Kommission für geistige Zusammenarbeit und entspricht déni darin ausgesprochenen Wünsche, dass die Empfehlungen der Athener Konferenz über die Erhaltung der Kunst- und Geschichtsdenkmäler den Mitgliedstaaten des Völkerbundes zugestellt -werden möchten; . .

beauftragt die Organisation für geistige Zusammenarbeit, den Regierungen die erwähnten Empfehlungen im Namen der Versammlung zu übermitteln: Verwaltungsfragen, 12. nimmt Kenntnis von der Geschäftsführung des Instituts für geistige Zusammenarbeit, wie sie im Berichte des Verwaltungsrates dieses Instituts dargelegt ist; ist erfreut darüber, dass dank der vorzüglichen Arbeitsweise die Tätigkeit des Instituts erweitert, seine finanzielle Lage aber gleichwohl gefestigt werden konnte ; Weltlehrfirminstitut.

13. hat vom Berichte des Verwaltungsrats des Weltlehrfilminstituts Kenntnis genommen; gibt ihrer Genugtuung Ausdruck über den planmässigen Ausbau der Tätigkeit dieses Instituts und namentlich über das Ergebnis der zahlreichen bereits beendeten oder noch in Durchführung begriffenen Erhebungen; erkennt erneut mit Befriedigung an, wie wertvoll die vom Institut herausgegebene i n t e r n a t i o n a l e Lehrfilmschau ist und wie günstige Aufnahme sie sowohl in den Kreisen des Lehrfachs als in denen der Filmtechnik findet; gibt dem Wunsch Ausdruck, dass das Institut seine. Tätigkeit auf diejenigen Gebiete ausdehne, die den Völkerbund schon anderweitig beschäftigen, und damit die Benützung des Films, dieses wirksamen Werbemittels, im Dienste des Völkerbundes erleichtere.

(Resolutionen vom lO.Olilober 1932.)

7. Russische, armenische, assyrische, assyrisch-chaldäische und türkische Flüchtlinge.

Die Versammlung nimmt vom interessanten Bericht des Verwaltungsrats des internationalen Flüchtlingsamtes Nansen (Druckschrift A 24, 1982) und von der bedeutsamen Arbeit, die das Amt im vergangenen Jahre trotz der Wirtschaftskrise zugunsten der mittellosen. Flüchtlinge in der ganzen Welt geleistet hat, mit Befriedigung Kenntnis und

198

drückt den Organen des Amtes, insbesondere seinem-Präsidenten, Herrn Max Huber, für die uneigennützigen Bemühungen, durch die sie so sehr zu diesem Ergebnisse beitrugen, ihren Dank aus; hofft, dass zwischen dem Verwaltungsrat und der Mandatarmacht über die künftige Unterstützung der Flüchtlinge in Syrien bald-eine zufriedenstellende Abrede zustande komme; das Amt hätte zu prüfen, ob in der armenischen Republik (Eriwan) ein neues Kontingent von 20,000 in andern Ländern zerstreuten armenischen Flüchtlingen, die sich in Eriwan niederzulassen wünschen, untergebracht werden könnte ; die Versammlung erinnert an die finanzielle und andere Hilfe, die verschiedene Regierungen bei Anlasa des Nansenschen Besiedlungsplanes für Eriwan angeboten haben; diese Regierungen mögen erwägen, ob sie die finanzielle und andere Hilfe, die sie früher Dr. Nansen versprochen haben, nun dem Amte gewähren können; die Versammlung empfiehlt den von den Regierungen ernannten nationalen Komitees zur Sammlung der Mittel für die Besiedlung von Eriwan ihre Tätigkeit wieder aufzunehmen, und fordert die übrigen Regierungen auf, ebenfalls derartige- Komitees einzusetzen; ersucht das Amt, auf die Verbesserung des traurigen Loses der 20,000 russischen Flüchtlinge in China, die durch die letzten Überschwemmungen in Not geraten sind, bedacht zu sein; spricht die Hoffnung aus, dass die privaten Organisationen, die am Flüchtlingswerke beteiligt sind, zu möglichst enger Zusammenarbeit mit dem Amte bereit sein werden, und fordert dieses auf, dem Rate demnächst darüber Bericht zu erstatten; damit das Amt über grössere Mittel verfügen kann, empfiehlt die Versammlung den Regierungen erneut lebhaft, das System der Nansenmarken in vollem Umfang anzuwenden und auf ihrem G-ebiete Landeskomitees für den Nansengedenkfonds ins Leben zu rufen; ersucht die Regierungen eindringlich, keinen Flüchtling auszuweisen, bevor er die Einreisebewilligung eines Nachbarlandes erhalten hat; beauftragt den Rat mit der Vollziehung der vorliegenden Resolution.

(Eesolution vom 10. Oktober 1932.)

8. Mitarbeit der Frauen am Friedenswerk.

Die Versammlung zollt dei- Tätigkeit der Frauen im Dienste des Völkerbundes (Druckschrift A 10, 1982) ihre Anerkennung und stimmt den Bestrebungen zur Verstärkung dieser Mitarbeit lebhaft bei; stellt fest, dass die um ihre Meinung befragten
Frauenverbände einhellig erklären, wesentliche Voraussetzung einer wirksamen Mitarbeit der Frau am Völkerbundswerk sei ihre Gleichberechtigung mit dem Mann und am besten

199 komme diese Mitarbeit in. den offiziellen Organen des Völkerbundes und der Eegierungen zur Wirkung; erinnert alle Mitgliedstaaten des Völkerbundes an Artikel 7 des Völkerbundsvertrages, gestützt auf den a. die Eegierungen der Mitgliedstaateii sachkundige Frauen in ihre Delegationen für die.Versammlung und die Begierungskonferenzen und -kommissionen des Völkerbundes ernennen können, fe. der Eat sachkundige Frauen als Beisitzer und Experten in die technischen Kommissionen dos Völkerbundes ernennen kann.

c, der Generalsekretär sachkundige Frauen in die obern Beaintungen des Sekretariats berufen kann.

. .' · (Resolution vom 10. Oktober 1932.) .

9. Mitarbeit der Presse am Friedenswerk.

Die dreizehnte Versammlung 1. dankt den internationalen und nationalen Pressevereinigungen für ihre Stellungnahme zum Problem der «Verbreitung falscher Nachrichten, die die Aufrechterhaltung des Friedens und das gute Finvernehmen unter den Völkern stören könnten»; 2. dankt der dänischen Regierung für die Einberufung einer Konferenz der Eegierüngs-Presaeämter und von Pressevertretern nach Kopenhagen ini Januar 1982 und nimmt von den Eesolutionen dieser Konferenz mit lebhaftem Interesse Kenntnis; 8. hofft, dass in einer neuen, in demselben Geiste organisierten Konferenz konkrete Vorschläge zur Verwirklichung einiger der wichtigsten Empfehlungen gemacht werden können, insbesondere was die Notwendigkeit einer grössern Fülle richtiger Meldungen, wirkliche Pressefreiheit und das Zusammenarbeiten unter den Pressevereinigungen der verschiedenen Länder anbelangt; .

4. befürwortet möglichst weitgehende Öffentlichkeit der Völkerbundsverhandlungen; 5. empfiehlt denVorsitzenden aller Völkerbundsausschüsse die Vorschläge über die raschere und vollständigere Verteilung der Drucksachen zu wohlwollender Prüfung; 6. wünscht, dass das Sekretariat auch fernerhin darnach trachte, durch alle verfügbaren Mittel die rasche und vollständige Aufklärung der Presse über die Tätigkeit des Völkerbundes noch zu verbessern; 7. fordert den Eat zur Prüfung der Frage auf, inwieweit unter Berücksichtigung bestehender Interessen den Journalisten ermöglicht werden könnte, für die Übermittlung von Nachrichten an ihre Zeitungen die Eadiostation des Völkerbundes zu verbilligtem Tarif zu benützen: 8. ersucht den Generalsekretär, den zu Eate gezogeneu Pressevereinigungen und der Abrüstungskonferenz von der vorliegenden Eesolution sowie von den

200

Verhandlungsprotokollen der sechsten Kommission Kenntnis zu geben und der nächsten Versammlung über allfällige neue Ereignisse zu berichten.

(Resolution wm 11. Oktober 1932.)

F. Auf Grund der Anträge des Bureaus angenommene Resolutionen.

1. Organisation der Versammlung.

Die Versammlung stimmt dem vom Fünferkomitee für die Durchführung der Versammlung am 30. September 1932 eingereichten Bericht (Druckschrift A 63, 1982) zu und dankt dem Komitee für die seit seiner Schaffung im Jahre 1929 geleistete Arbeit.

- (Resolution wm 12. Oktober 1932.)

2. Bezeichnung eines Mitgliedes für den von der ausserordentlichen Versammlung bestellten Neunzehnerausschuss.

I.

Die Versammlung, in Anbetracht des Gesuchs um die Bezeichnung eines neuen .Mitgliedes, das der Vorsitzende des von. der ausserordentlichen Versammlung eingesetzten Neunzehnerausschusses gestellt -hat, hält dafür, dass diesem Begehren zu entsprechen sei, damit den Absichten der Versammlang, die in ihrer Ëesolution vom 11. März 1932 die Mitgliedevzahl des Ausschusses festgesetzt hat, nachgelebt werde: beschliesst infolgedessen, in Anwendung der Artikel 4, Abs. 4, und 14, Abs. 2, der Geschäftsordnung der Versammlung die Frage auf die Tagesordnung der dreizehnten ordentlichen Tagung der Versammlung zu setzen und ohne weitere Förmlichkeiten oder Fristen zur Wahl eines Mitgliedes zu schreiten.

(Resolution vom 14. Oktober 1932.)

II.

G-emäss obiger Resolution hat die Versammlung in ihrer elften Sitzung die Türkei als Mitglied des Neunzehnerausschusses bezeichnet.

(Sitzung vom U. Oktober 1932.)

0. Bezeichnung von drei nichtständigen Ratsmitgliedern.

'einigten Staaten von Mexiko, PI Die Versammlung bezeichnet die Vereinigten Polen und die Tschechoslowakei als nichtständige ige Eatsmitglieder.

Eatsmitglieder.

(Sitzung vom 3. Oktober 1932.)

201

Resolutionen der Studienkommission für die Europäische Union.

Fünfte Session.

(26. September 1931.)

Keine eigentlichen Resolutionen..

Sechste Session.

(30. September/l. Oktober 1932.)

Die Mitgliedstaaten der Studienkommission für die Europäische - Union, nachdem sie von dem Beschlüsse der Konferenz von Lausanne, ein besonderes Komitee mit der Ausarbeitung von Vorschlägen für den Wiederaufbau der Länder Zentral- und Osteuropas zu beauftragen, Kenntnis genommen haben, nachdem ihnen die Berichte und Schlussfolgerungen der Konferenz von Stresa, die in Ausführung des genannten Beschlusses unter dem Vorsitze des Herrn Georges Bonnet (Frankreich) einberufen wurde, vorgelegt worden sind, in der Überzeugung, dass die bedrohliche Krise, der Europa ausgesetzt ist und die in Zentral- und Osteuropa ihre empfindlichste Schärfe erreicht, nur durch das tätige Zusammenwirken der europäischen Staaten bemeistert werden kann, in vorbehaltloser Bekräftigung ihres Willens, dieses unentbehrliche Zusammenwirken mit allen ihnen zu Gebote stehenden Mitteln anzustreben, 1. halten dafür, dass die Berichte, Schlussfolgerungen und Projekte der Konferenz von Stresa die wesentlichen Elemente für eine Politik der Wiederherstellung der europäischen Wirtschafts- und Finanzlage und insbesondere derjenigen der zentral- und osteuropäischen Länder enthalten; 2. erklären, jeder was ihn anbelangt und unter dem einzigen, Vorbehalte der besondern-Bemerkungen, zu denen er sich veranlasst sehen mochte, dass sie bereit sind, die allgemeinen Richtlinien, die sich daraus. ergeben, soweit als irgend möglich sofort zur Anwendung zu bringen; 3. beschliessen : a. die erwähnten Berichte, Schlussfolgerungen und Projekte dem Völkerbundsrate, der vorbereitenden Expertenkommission für die Weltwirtschaftsund -finanzkonferenz sowie der Konferenz selber zur Kenntnis zu bringen; b. den Rat zu ersuchen, das in den Resolutionen der Konferenz von Stresa erwähnte Projekt für einen Fonds zur Währungsnormalisierung unter Mitwirkung der zuständigen Organe des Völkerbundes und anderer qualifizierter Fachleute prüfen und in allen Einzelheiten vollständig ausarbeiten zu lassen.

Diese Experten hätten ferner zu untersuchen, ob und unter welchen Voraussetzungen der Fonds für die Getreider evalorisation mit demjenigen für die Währungsnormalisierung verbunden
werden könnte.

Der Entwurf der Experten sollte den beteiligten Regierungen bis spätestens ani 15. November 1982 mitgeteilt werden, da er der Studienkommission an ihrer nächsten Tagung vorgelegt werden rnuss;

202 c. Herrn Georges Bormet, Vorsitzenden der Konferenz von Stresa, "zu ersuchen, für die nötige Verbindung zwischen der Studienkommission für die Europäische Union und dem irn vorhergehenden Absatz erwähnten Komitee besorgt sein zu wollen; d. den Bat ausserdem zu ersuchen, er möge, unter Mitwirkung der zuständigen Organe des Völkerbundes und anderer qualifizierter Fachleute, das Tabakproblem, an dem drei osteuropäische Staaten interessiert sind und über das die Konferenz von Stresa einen Wunsch angenommen hat, einer auf durchführbare Lösungen bedachten Untersuchung unterziehen.

Insbesondere erklären sich die Mitgliedstaaten der Studienkominiasion für die Europäische Union, die für zweiseitige Verträge im Sinne der von der Konferenz von Stresa aufgestellten Grundsätze eintreten, jetzt schon bereit, jeder was ihn anbelangt, den Abschluss solcher Abreden entweder anzustreben oder zu begünstigen, damit sie in dem Eahmen des von der genannten Konferenz ausgearbeiteten Abkommens Platz finden. In dieser Beziehung rechnet die Studienkommission für die Europäische Union damit, dass sie in ihrer Dezembersession über den Fonds zur Währungsnorrnalisierung und denjenigen zur Getreiderevalorisation Beschluss fassen kann, damit möglichst bald der Abkommensentwurf tunlichst verwirklicht werden kann.

Der Studienkommission für die Europäische Union wird es zur Genugtuung gereichen, wenn sie in ihrer Dezembersessiou Mitteilung über die Massnahmen entgegennehmen kann, die ihre Mitglieder inzwischen in Durchführung der Empfehlungen der Konferenz von Stresa vorgekehrt haben mögen,

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über die dreizehnte Völkerbundsversammlung. (Vom 3.Februar 1933.)

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1933

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