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Bundesblatt

85. Jahrgang.

Bern, den 26. April 1933.

Band I.

Erscheint wöchentlich. Preis 20 Franken im Jahr, 10 Franken im Salbjahr, zuzüglich Nachnahme- and Postbestellungsgebühr Einrückungsgebühr : 50 Kappen die Petitzeile oder deren Baum. -- Inserate franko an Stämpfli & Cie. In Bern.

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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die sechzehnte Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz.

(Vom 25. April 1933.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Der Bundesrat erstattet Ihnen hierdurch Bericht über die sechzehnte Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz, die vom 12.--80. April 1932 in Genf stattfand.

I. Einleitung.

Die Tagesordnung der Konferenz umfasste folgende Gegenstände: 1. Aufhebung der gewerbsmässigen Arbeitsvermittlungsstellen, 2. Invaliden-, Alters- und HinterbliebenenVersicherung, 3. Mindestalter für die Zulassung von Kindern zur Arbeit in nichtgewerb lichen Berufen, 4. Teilweise Abänderung des Übereinkommens über den Schutz der mit dem Beladen und Entladen von Schiffen beschäftigten Arbeitnehmer gegen Unfälle.

Dazu kamen verschiedene weitere Geschäfte, An der Konferenz waren 49 Staaten mit 887 bevollmächtigten Teilnehmern vertreten; davon waren 148 Delegierte und 189 technische Eatgeber.

Die schweizerische Delegation setzte sich wie folgt zusammen: Begierungsvertreter: Herr Fürsprech P. Renggli, Direktor des Bundesamtes für Industrie, Gewerbe und Arbeit, und Herr Dr. H. Giorgio, Direktor des Bundesamtes für Sozialversicherung; Arbeitgebervertreter: Herr Ch. Tzaut, Ingenieur, Genf; Arbeitnehmervertreter: Herr Ch. Schürch, Sekretär des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes. Ausserdem war die Delegation von einer Anzahl technischer Ratgeber begleitet.

Bundesblatt. 85. Jahrg. Bd. I.

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686 Den Vorsitz der Konferenz führte Herr Gideon D. Kobertson, Kegierungsdelegierter und ehemaliger Arbeitsminister von Kanada. Zu stellvertretenden Vorsitzenden wurden gewählt die Herren Hammarskjöld, schwedischer Begierungsvertreter, Schmidt, Arbeitgebervertreter Österreichs, und Kupers, Arbeitnehmervertreter der Niederlande.

IT. Traktanden und Beschlüsse der Konferenz, l, Aufhebung der gewerbsmäßigen Arbeitsvermittlungsstellen.

Obgleich die Frage der Aufhebung der gewerbsmässigen Stellenvermittlung als selbständiges Traktandum die Konferenz zum erstenmal beschäftigte, war sie für diese doch nicht neu. Schon an ihrer ersten Tagung von 1919 in Washington hatte die Internationale Arbeitskonferenz in der Empfehlung betreffend die Arbeitslosigkeit angeregt, die Mitgliedsstaaten sollten die Errichtung von Arbeitsvermittlungsstellen, welche Gebühren erheben oder die Vermittlung gewerbsmässig betreiben, untersagen und die bestehenden Vermittlungsstellen dieser Art so bald wie möglich aufheben 1). An ihrer zweiten Tagung, die im folgenden Jahr in Genua stattfand und sich ausschliesslich mit dem Arbeiterschutz der Seeleute befasste, stellte die Konferenz sodann im Übereinkommen über Arbeitsvermittlung für Schiffsleute den Grundsatz auf, dass diese Vermittlung nicht gewerbsmässig betrieben werden dürfe 2). Da inzwischen weitere Erfahrungen mit der Beseitigung der privaten Stellenvermittlung gemacht worden waren und verschiedene Staaten den Wunsch hatten, diese allgemein abzuschaffen, dabei jedoch nicht vereinzelt vorgehen wollten, beschloss der Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes auf Antrag der deutschen Eegierung, die Frage der Konferenz von 1982 zur ersten Beratung zu unterbreiten. Die Konferenz stellte wie üblich die Eichtlinien für den Fragebogen auf, den das Internationale Arbeitsamt den Eegierungen zu unterbreiten hat,, und sprach sich einstimmig dafür aus, den Gegenstand zum Zwecke der endgültigen Beratung und Beschlussfassung auf die Traktandenliste ihrer nächsten Tagung zu setzen. Da somit die Internationale Arbeitskonferenz erst dieses Jahr über die Frage beschliessen wird, kann die weitere Erörterung bis zur Berichterstattung über die Konferenz von 1933 verspart werden.

2. Invaliden-, Alters- und Hinterbliebenenversicherung.

Die Präambel zu demjenigen Teil der Friedensverträge, der die Bestimmungen über die Arbeit enthält und die Grundlage der Internationalen Arbeitsorganisation bildet, bezeichnet als eines der Ziele dieser Organisation den «Schutz der Arbeitnehmer gegen allgemeine und Berufskrankheiten sowie gegen Betriebsunfälle» und die «Vorsorge für Alter und Invalidität». Die Internationale1) Bundésbl. 1920, V, 549.

2 ) Bundesbl. 1921, Hl, 633.

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Arbeitskonferenz hat bereits an frühern Tagungen eine Eeihe von Beschlüssen gefasst, welche die beiden erstgenannten Postulate zum Gegenstand haben.

Erinnert sei nur an die zwei Übereinkommen über die Entschädigung bei Betriebsunfällen und bei Berufskrankheiten von 1925 *) und an die beiden Übereinkommen über die Krankenversicherung von 1927 a). Zum Zwecke des weitern Ausbaues dieser Seite der internationalen Sozialpolitik hatte der Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes beschlossen, die Frage der Invaliden-, Alters- und Hinterbliebenenversicherung auf die Tagesordnung der Konferenz von 1332 zu setzen. Da dies zum erstenmal geschah, fand geraäss dem System der «doppelten Beratung» an der vergangenen Tagung über diesen Gegenstand ebenfalls bloss eine allgemeine Aussprache statt, wobei die Konferenz wiederum die Punkte festsetzte, die der vom Internationalen Arbeitsamt an die Mitgliedstaaten zu richtende Fragebogen enthalten soll. Sodann beschloss sie mit 108 gegen 2 Stimmen bei zahlreichen Enthaltungen, das Traktandum zum Zwecke der definitiven Beschlussfassung auf die Tagesordnung der Konferenz von 1933 zu setzen. Da der Bundesrat somit ohnehin in einem spätem Bericht auf die Frage zurückkommen wird, erübrigen sich zurzeit weitere Ausführungen. Lediglich so viel sei gesagt, dass die Verhandlungen an der Konferenz von 1932 und insbesondere die Kommissionsberatungen neuerdings gezeigt haben, wie ausserordentlich vielseitig und schwierig das Problem ist.

3. Mindestalter ìur die Zulassung von Kindern zur Arbeit in nichtgewerblichen Berufen.

Dieses Traktandum war bereits an der Tagung von 1931 Gegenstand einer ersten Beratung gewesen3). Nunmehr hatte die Konferenz endgültig darüber zu beschliessen. Das Ergebnis war die Aufstellung eines Übereinkommens über das Alter für die Zulassung von Kindern zu nichtgewerblichen Arbeiten, sowie einer Empfehlung über denselben Gegenstand. Der Wortlaut dieser beiden Beschlüsse findet sich im Anhang.

Der Inhalt des Übereinkommens ist im wesentlichen folgender : Das Übereinkommen findet Anwendung auf jede Arbeit, die nicht Gegenstand eines der frühern von der Internationalen Arbeitskonferenz angenommenen Übereinkommen über Kinderschutz bildet, somit nicht entweder gewerbliche Arbeit4) oder Arbeit auf See 6) oder in der Landwirtschaft6) ist. Es gilt nicht für die Seefischerei, ebenso im allgemeinen nicht für die Arbeit in Fach- und Berufsi) Bundesbl. 1926, I, 839, 847.

Bundesbl. 1928, II, 1168, 1173.

) Siehe Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung vom 80. März 1982 über die fünfzehnte Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz, Bundesbl.

1932, 4 I, 667.

) Bundesbl. 1920, V, 564.

5 ) Bundesbl. 1921, III, 626.

«) Bundesbl. 1923, II, 92.

a ) 8

688 "schulen. Zudem kann jeder Staat Ausnahmen vorsehen für die Beschäftigung in reinen Familienbetrieben, soweit es sich nicht um schädliche oder gefährliche Beschäftigungen handelt, ferner für die haus-wirtschaftliche Arbeit in der Familie, die von Mitgliedern der Familie verrichtet wird. Grundsätzlich gilt das Arbeitsverbot für Kinder unter 14 Jahren und solche, die das 14. Lebensjahr zwar überschritten haben, aber noch der gesetzlichen Primarschulpflicht unterstehen.

Nach vollendetem 12. Lebensjahr können Kinder ausserhalb der für den Schulbesuch vorgesehenen Stunden unter bestimmten Voraussetzungen bei leichten Arbeiten beschäftigt werden. Von diesen der Kinderarbeit im allgemeinen gezogenen Grenzen kann die Gesetzgebung im Interesse der Kunst, der Wissenschaft oder des Unterrichts im Wege der Einzelermächtigung mit gewissen Einschränkungen Ausnahmen zulassen. Anderseits hat sie die Altersgrenzen zu erhöhen bei Arbeiten, welche Leben, Gesundheit oder Sittlichkeit der dabei beschäftigten Personen gefährden, sowie bei ambulanten Beschäftigungen, namentlich im Strassenhandel oder in Wanderberufen, falls sich diese Erhöhung der Altersgrenzen nach den Umständen rechtfertigt. Für Indien sieht das Übereinkommen eine von den allgemeinen Bestimmungen abweichende Sonderregelung mit niedereren Altersgrenzen vor.

Das Übereinkommen wurde ergänzt durch eine Empfehlung, die darauf abzielt, eine möglichst gleichartige Durchführung des Übereinkommens in den verschiedenen Ländern zu gewährleisten, und zu diesem Zwecke gewisse Eichtlinien aufstellt. Diese Eichtlinien beziehen sich auf die Abgrenzung der «leichten» und der «gefährlichen» Arbeiten, die Beschäftigung bei öffentlichen Aufführungen, die Beschäftigung durch Personen, die vom moralischen Gesichtspunkt zu Bedenken Anlass geben, und die Kontrolle der Durchführung des Übereinkommens.

4. Revision des Übereinkommens über den Schutz der Hafenarbeiter.

Das Übereinkommen über den Unfallschutz beim Beladen und Entladen von Schiffen, das die Internationale Arbeitskonferenz an ihrer zwölften Tagung vom Jahr 1929 aufgestellt hatte, enthielt, wie der Bundesrat schon in seinem Bericht über diese Tagung ausgeführt hat, eine ausserordentlich grosse Zahl bis in alle Einzelheiten sich erstreckender technischer Vorschriften1).

Diese allzu minutiöse Eegelung war
nicht ohne Nachteile; einige Bestimmungen erwiesen sich -- kaum dass das Übereinkommen beschlossen war -- ab erhebliche Hindernisse für die Eatifikation, so dass gewisse schiffahrttreibende Länder, vorab Grossbritannien und Deutschland, für die teilweise-AMn-deruag der Konvention eintraten. Der Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes gab diesem Begehren Folge, indem er den Gegenstand auf die Tagesordnung der Konferenz von 1932 setzte. Die Verhandlungen der Konferenz *) Siehe Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung vom 8. Dezember 1930 über die zwölfte Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz, Bundesbl. 1930, II, 817.

689 führten zu einer vollständigen Übereinstimmung der Meinungen aller Beteiligten, so dass das revidierte Übereinkommen einstimmig angenommen wurde. Da dieses für die Schweiz jedoch gegenstandslos ist und die Revision sich zudem zur Hauptsache auf Einzelheiten technischer Natur erstreckt, scheint es unnötig, des nähern darauf einzugehen.

Dio Aufstellung des revidierten Dockerübereinkommens wurde ergänzt durch Annahme einer Empfehlung, die sich auf die im Übereinkommen vorgesehenen zwischenstaatlichen Gegenseitigkeitsverträge bezieht und beschleunigte Herbeiführung möglichst weitgehender Übereinstimmung bei der Verwirklichung des Übereinkommens durch die einzelnen Staaten bezweckt.

Der Text des Übereinkommens und der Empfehlung ist ebenfalls im Anhang wiedergegeben.

5. Die übrigen wichtigeren Traktanden der Konferenz.

Bericht des Direktors. Nach einem bereits im Vorjahr eingeschlagenen neuen Verfahren sollte der jährliche Bericht des Direktors künftig nicht mehr das gesamte Tätigkeitsgebiet der Internationalen Arbeitorganisation umfassen, sondern sich auf eine oder einige wenige ausgewählte, für die internationale Arbeitspolitik jeweils besonders aktuelle Fragen beshränken. So bestand ursprunglich die Absicht, im Bericht für 1982 das Problem der Beziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu behandeln. Die wachsende Wirtschaftskrise und die sich daraus ergebenden brennenden wirtschaftlichen und sozialpolitischen Fragen veranlassten jedoch den Direktor, den Inhalt seines Berichtes allgemeiner zu gestalten und ihn in die folgenden vier Teile zu gliedern: 1. Überblick über die Entwicklung der Itìternationalen Arbeitsorganisation im Jahr 1931, 2. Wirtschaftskrise und soziale Gesetzgebung, 3. Bekämpfung der Arbeitslosigkeit durch die Internationale Arbeitsorganisation, 4. Planwirtschaft, Beziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, internationale Zusammenarbeit. Wie in früheren Jahren, widmete die Konferenz der Behandlung des Berichtes des Direktors zahlreiche Sitzungen, an denen etwa 60 Delegierte das Wort ergriffen. Ini Mittelpunkt der Debatte standen wie im Vorjahr die Erörterungen über die Wirtschaftskrise und ihre Bekämpfung.

Resolutionen. Wie üblich sind auch der Konferenz von 1932 eine Anzahl Besolutionen unterbreitet und von ihr angenommen worden. Es mag hier genügen, zwei
von ihnen, die sich auf die Bekämpfung der Krise und der Arbeitslosigkeit beziehen, ausdrücklich zu nennen. Die eine davon wendet sich an den Völkerbundsrat und die dem Völkerbund angehörenden Begierungen, um sie zu veranlassen, zu dem genannten Zweck eine Beihe praktischer Massnahmen zu prüfen und durchzuführen (grosszügige internationale und nationale Notstandsarbeiten, endgültige Eegelung der internationalen Réparations- und Schuldenprobleme, Begelung der allgemeinen Währungs- und Kreditfragen

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sowie Schaffung der Grundlagen für ein stabiles internationales Währungssystem, internationale Zusammenarbeit für eine rationellere und planmässigere Gestaltung der Gütererzeugung und -Verteilung). Die zweite hier zu erwähnende Eesolution ersuchte den Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes, die Frage der Einführung der gesetzlichen 40-Stundenwoche in allen Industriestaaten im Hinblick auf eine baldige internationale Eegelung zu prüfen. Der Gedanke, die Arbeitslosigkeit durch Herabsetzung der Arbeitsdauer zu bekämpfen, ist nach der Konferenz vom italienischen Eegierungsdelegierten im Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes aufgegriffen worden und hat zur Einberufung einer vorbereitenden technischen Konferenz geführt, die im Januar 1988 in Genf stattfand. Die Präge steht nunmehr auf der Traktandenliste der ordentlichen Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz vom Juni 1933. Der Bundesrat wird somit später Gelegenheit haben, darauf zurückzukommen.

A r t . 408. Die Konferenz setzte wie in den vorausgehenden Jahren eine besondere Kommission ein zur Prüfung der von den Mitgliedstaaten auf Grund von Art. 408 des Versailler Vertrages alljährlich zu erstattenden Berichte über die Durchführung der von ihnen ratifizierten "Übereinkommen. Die Kommission anerkannte in ihrem Bericht einige Portschritte, die erzielt worden waren, insbesondere in der Anwendung der Übereinkommen auf die Kolonien. Anderseits musste wiederum festgestellt werden, dass gewisse Staaten ihre Berichte nicht einschicken oder es unterlassen, ihre nationale Gesetzgebung mit der ratifizierten Konvention in Übereinstimmung zu bringen, in etlichen Fällen ungeachtet dessen, dass dies von der Kommission und durch Genehmigung ihrer Berichte auch von der Konferenz selber schon an früheren Tagungen beanstandet worden war. Auch das Problem der Auslegung von Übereinkommen hat die Kommission nach wie vor eingehend beschäftigt, zeigt es sich doch immer wieder, dass wichtige Bestimmungen von einzelnen Staaten verschieden interpretiert werden.

III. Stellungnahme der Schweiz zu den angenommenen Übereinkommen und Empfehlungen.

1. Übereinkommen and Empfehlung betreffend das Alter für die Zulassung von Kindern zu nichtgewerblichen Arbeiten.

Der Bundesrat begrüsst grundsätzlich die in den beiden Beschlüssen niedergelegten Ziele und Grundgedanken, von denen bei uns viele teils durch die Gesetzgebung des Bundes, teils durch die der Kantone, nicht zuletzt aber auch ohne gesetzlichen Zwang durch alteingelebte Übung und Gewohnheit verwirklicht sind. Eine Ratifikation des Übereinkommens kann allerdings auch hier erst in Betracht gezogen werden, wenn die gesetzliche Grundlage geschaffen ist, welche seine Durchführung in vollem Umfange sicherstellt. Es

691 wird Sache der weitem Ausgestaltung der eidgenössischen Gewerbegesetzgebung sein, diese zum Teil noch fehlende Grundlage herzustellen. Eine besondere Schwierigkeit bildet die Tatsache, dass auch die hauswirtschaftliche Arbeit unter das Übereinkommen fällt und nur diejenige Art von Hausdienst ausgenommen ist, die in der Familie von Familienmitgliedern selbst ausgeübt wird. Wollte man dieser Bestimmung durch die eidgenössische Gesetzgebung genügen, so wäre wahrscheinlich vorerst eine Änderung der Bundesverfassung notwendig. An eine Verfassungsänderung eigens zu diesem Zwecke ist nicht zu denken. Dagegen wird die Frage in anderem Zusammenhange nächstens geprüft werden müssen. Erinnert sei hier an die bei anderer Gelegenheit abgegebenen Erklärungen bezüglich einer Ausgestaltung der Bestimmungen der Bundesverfassung, welche die Regelung der Beziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zum Gegenstand haben, sowie an das vom Nationalrat am 1. Oktober 1980 angenommene Postulat betreffend Schaffung eines Verfassungsartikels, der die Gesetzgebung über den Schutz der Arbeitnehmer, über das Arbeitsverhältnis und über das Arbeitsrecht als Sache des Bundes erklärt. Sobald die verfassungsrechtliche Grundlage vorhanden ist und die notwendigen gesetzlichen Vorschriften vorliegen, die den im Übereinkommen aufgestellten Forderungen entsprechen, wird der Augenblick gekommen sein, dessen Eatifikation zu erwägen.

2. Übereinkommen und Empfehlung betreffend den Schutz der Hafenarbeiter.

In seinem Bericht über die zwölfte Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz x) sagte der Bundesrat, dass die Bestimmungen des Übereinkommens über den Schutz der Hafenarbeiter von 1929 sich nicht auf die schweizerische Schiffahrt anwenden Hessen, sondern ausschliesslich auf die Verhältnisse in den grossen See- und Binnenhäfen zugeschnitten seien. Das Übereinkommen selbst lasse denn auch ausdrücklich gewisse Ausnahmen zu in Fällen, wo der Verkehr unerheblich ist und sich auf kleine Schiffe beschrankt. Würde die Schweiz -- erklärte dort der Bundesrat -- das Übereinkommen ratifizieren, so müsste sie für sich durchgehend von dieser Ausnahmebestimmung Gebrauch machen, so dass der Eatifikation nur eine rein äusserliche, formale Bedeutung zukäme.

Der Bundesrat sah infolgedessen davon ab, die Eatifikation des Übereinkommens · zu
beantragen, und die Bundesversammlung hat sich seiner Auffassung angeschlossen.

Was damals gesagt wurde, gilt auch für das Verhältnis der Schweiz zum neugefassten Dockerübereinkommen von 1982. Dieses Übereinkommen ist für die Schweiz gegenstandslos, so dass der Bundesrat wiederum von einem Antrag auf Eatifikation Umgang nimmt. Ebenso fehlen für die Schweiz die Voraussetzungen, um der dazugehörigen Empfehlung Folge zu geben.

*) Bundesbl. 1930, II, 817.

692 Der Vollständigkeit halber mag noch beigefügt werden, dass dem Übereinkommen über den Schutz der Hafenarbeiter dadurch eine besondere Bedeutung: zukommt, dass hier zum erstenmal eine frühere Konvention der Internationalen Arbeitskonferenz revidiert wurde. Zwar hatte sich schon die Konferenz des Jahres 1931 mit der Abänderung eines Übereinkommens zu beschäftigen, nämlich mit dem Übereinkommen über die Nachtarbeit für Frauen vom Jahr 1919. Die Revision dieses Übereinkommens wurde aber damals von der Konferenz nicht gutgeheissen 1). Mit der Abänderung des Dockerubereinkommens, die von der Konferenz von 1932 beschlossen worden ist, hat nun die schwierige Eechtsfrage über das Verhältnis zwischen einem früheren und einem neugefassten Übereinkommen, welche beide den gleichen Gegenstand betreffen, erstmals praktische Bedeutung bekommen. Da die vorliegende Konvention für die Schweiz gegenstandslos ist, kann davon abgesehen werden, hier näher auf diese grundsätzliche Frage einzutreten. Der Bundesrat wird darauf zurückkommen, sobald die Konferenz die Neufassung eines Übereinkommens beschliesst, das von der Schweiz ratifiziert worden ist.

Nach Art. 405, Abs. 5, des Vertrages von Versailles sind die Mitgliedstaaten der Internationalen Arbeitsorganisation verpflichtet, nicht später als ein Jahr oder ausnahmsweise spätestens 18 Monate nach Schluss der Konferenz die Entwürfe von Übereinkommen und die Empfehlungen der zur Entscheidung darüber berufenen Behörde zu unterbreiten zum Zwecke der Verwirklichung durch die Gesetzgebung oder zwecks sonstiger Massnahmen.

Der Bundesrat legt Ihnen demgemäss die Übereinkommen und Empfehlungen der sechzehnten Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz vor und b.ittet Sie, von den vorstehenden Ausführungen in zustimmendem Sinne Kenntnis zu nehmen.

* * * Die Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz, welcher der vorliegende Bericht gilt, war die letzte, an der Albert Thomas, Direktor des Internationalen Arbeitsamtes, teilgenommen hat. Wenige Tage nach Konferenzschluss, am 7. Mai 1932, ist er einem Schlaganfall erlegen. Albert Thomas war ein Mann von aussergewöhnlichen Gaben des Geistes und des Charakters, der als erster Direktor des Internationalen Arbeitsamtes diesem in den zwölf Jahren seines Wirkens den Stempel seiner starken Persönlichkeit aufgedruckt hat.
Eine Kämpfernatur von unermüdlicher Energie, von hinreissendem idealem Schwung und glänzender Beredsamkeit, gleichzeitig aber auch ausgestattet mit klarem Wirklichkeitssinn und einem zähen Verständigungswillen, hat er seine Kräfte rückhaltlos und bis zum letzten Augenblick eingesetzt für die *) Siehe Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung vom 30. März 1932 über die fünfzehnte Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz, Bundesbl.

1932, I, 668.

693 Idee, welche der Leitstern seines Lebens und Wirkens war : die soziale Gerechtigkeit. Die Entwicklung der Internationalen Arbeitsorganisation und ihres.

Werkes in den Jahren 1919--1982 ist zum guten Teil dem starken Antrieb und der nie verzagenden Ausdauer Albert Thomas za verdanken. Die internationaleSozialpolitik wird in ihren Annalen seiner stets als eines ihrer grössten Ponieregedenken.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung: unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 25. April 1983.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Schulthess.

Der Bundeskanzler:

Kaeslin.

Beilaffe,

694 Beilage.

Sechzehnte Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz.

(Genf, 12. bis 30. April 1932.)

Entwürfe YOU Übereinkommen und Empfehlungen der Konferenz.

Seite

1. Entwurf eines Übereinkommens über den Schutz der mit dem Beladen und Entladen von Schiffen beschäftigten Arbeitnehmer gegen Unfälle (abgeänderter Wortlaut vom Jahre 1932) $. Empfehlung betreffend beschleunigte Herbeiführung der Gegenseitigkeit, die in dem im Jahre 1932 angenommenen Übereinkommen über den Schutz der mit dem Beladen und Entladen von Schiffen beschäftigten Arbeitnehmer gegen Unfälle vorgesehen ist $. Entwurf eines Übereinkommens über das Alter für die Zulassung von Kindern zu nichtgewerblichen Arbeiten 4. Empfehlung betreffend das Alter für die Zulassung von Kindern zu nichtgewerblichen Arbeiten

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706 707 713

Die nachfolgend abgedruckten deutschen Texte der Entwürfe von Übereinkommen und der Empfehlungen bilden die auf Wunsch der Begierungen Deutschlands, ·Österreichs und der Schweiz in Übereinstimmung mit dem § 17 des Artikels 6 der Geschäftsordnung der Internationalen Arbeitskonferenz angefertigten offiziellen Übersetzungen der französischen und englischen Urtexte.

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l.

Entwmf eines Übereinkommens über den Schatz der mit dem Beladen und Entladen von Schiffen beschäftigten Arbeitnehmer gegen Unfälle (abgeänderter Wortlaut vom Jahre 1932).

Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation des Völkerbundes, die vom Verwaltungsrate des Internationalen Arbeitsamtes nach Genf einberufen wurde und am 12. April 19S2 zu ibrer sechzehnten Tagung zusammengetreten ist, hat beschlossen, verschiedene Anträge anzunehmen betreffend die teilweise Abänderung des von der Konferenz auf ihrer zwölften Tagung angenommenen Übereinkommens über den Schutz der mit dem Beladen und Entladen von Schiffen beschäftigten Arbeitnehmer gegen Unfälle, eine Frage, die den vierten Gegenstand ihrer Tagesordnung bildet, und hat dabei berücksichtigt, dass diese Anträge die Form eines Entwurfes eines internationalen Übereinkommens erhalten müssen.

Die Konferenz nimmt heute, am 27. April 1982, den folgenden Entwurf eines Übereinkommens an, zwecks Eatifikation durch die Mitglieder der Internationalen Arbeitsorganisation, gemäss den Bestimmungen des Teiles XIII des Vertrages von Versailles und der entsprechenden Teile der anderen Friedensverträge: Artikel 1.

Im Sinne dieses Übereinkommens gelten: 1. als »Arbeiten» alle Tätigkeiten oder Teile von solchen an Land oder an Bord zu Zwecken des Beiadens und Entladens irgendeines in der See- oder Binnenfahrt in Dienst stehenden Schiffes in See- oder Binnenhäfen, in Hafenbecken und an Liegeplätzen, Kais oder ähnlichen Plätzen, wo diese Arbeit vor sich geht; Kriegsschiffe sind ausgeschlossen; 2. als «Arbeitnehmer» alle bei diesen Arbeiten beschäftigten Personen.

Artikel 2.

Die regelmässigen Zugänge über Hafenbecken, Liegeplätze, Kais und ähnliche Plätze, welche die Arbeitnehmer benützen müssen, um zu ihrer Arbeitsstätte und zurück zu gelangen, sowie diese Plätze an Land selbst sind unter angemessener Bücksicht auf die Sicherheit der Arbeitnehmer, die sie benützen, instand zu halten.

Dabei gilt insbesondere folgendes: · 1. alle die genannten Arbeitsplätze an Land und alle gefährlichen Stellen der bezeichneten Zugänge zu ihnen vom nächstgelegenen öffentlichen Wege her müssen wirksam und gefahrsioher beleuchtet sein;

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2. auf Liegeplätzen undKais dürfen Güter nur soweit aufgestapelt werden, dass ein freier Weg zu den in Artikel 3 bezeichneten Zugängen besteht; 8. sofern an den Bändern von Liegeplätzen und Kais ein Gang gelassen wird, muss er mindestens 90 cm (8 engl. FUSS) breit und frei von allen Hindernissen sein; in Gebrauch befindliche feste Einrichtungen, Maschinen und Werkzeuge sind ausgenommen; 4. soweit die Bücksicht auf den Güterverkehr und die Arbeiten es erlaubt, müssen: a. alle gefährlichen Teile dieser Zugänge und Arbeitsplätze (z. B. gefährliche Öffnungen, Ecken und Bänder) mit einem Geländer in der Höhe von mindestens 75 cm (2 engl. FUSS 6 Zoll) versehen sein; l. gefährliche Wege über Brücken, Caissons und Dockschleusen auf beiden Seiten bis zu einer Höhe von mindestens 75 cm (2 engl. Fuss 6 Zoll) mit einem Geländer versehen sein. Dieses Geländer ist an beiden Enden der bezeichneten Einrichtungen auf eine angemessene Strecke weiterzuführen, die aber nicht mehr als 4,50 m (5 Yards) zu betragen braucht.

5. Die Massbestimmungen in Ziffer 4 dieses Artikels gelten bei den zur Zeit der Batifikation dieses "Übereinkommens in Gebrauch stehenden Einrichtungen als erfüllt, wenn die tatsächlichen Abmessungen um nicht mehr als 10 v. H. unter den in Ziffer 4 bezeichneten Massen hegen.

Artikel 8.

1. Falls zur Durchführung von Arbeiten ein Schiff langseit am Kai oder an einem anderen Schiffe liegt, müssen zur Zeit des Zu- und Abganges der Arbeitnehmer sichere Verbindungswege für sie vorhanden sein, es sei denn, dass die Arbeitnehmer dabei auch ohne besondere Vorkehrungen vermeidbaren Gefahren nicht ausgesetzt sind.

2. Die Verbindungswege müssen bestehen, a. wenn vernünftigerweise durchführbar, aus einer Fallreepstreppe, einer Laufplanke oder einer ähnlichen Einrichtung; &. in anderen Fällen aus einer Leiter.

3. Die in Absatz 2 a dieses Artikels bezeichneten Einrichtungen müssen mindestens 55 cm (22 engl. Zoll) breit sein. Sie müssen derart befestigt sein, dass Lageveränderungen unmöglich sind. Bire Neigung darf nicht zu stark, der zu ihrer Herstellung verwendete Baustoff muss gut und angemessen instand gehalten sein. Auf beiden Seiten und über ihre ganze Länge sind wirksame Geländer bis zu einer Hohe von mindestens 82 cm (2 engl. FUSS 9 Zoll) anzubringen. Bei Fallreepstreppen genügt ein einseitiges Geländer
in derselben Höhe, ujiter der Voraussetzung, dass die andere Seite der Treppe durch die Schiffswand angemessen gesichert ist.

Alle bezeichneten Einrichtungen, die im Augenblicke der Eatifikation dieses Übereinkommens schon in Gebrauch stehen, können weiter benützt werden :

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a. bis zum Augenblicke der Erneuerung der Geländer, wenn dieEinrichtungen auf beiden Seiten mit Geländern von mindestens 80 cm (2 engl. FUSS 8 Zoll) Hohe versehen sind und &. für die Dauer von zwei Jahren von der Eatifikation dieses Übereinkommens an, wenn die Einrichtungen auf beiden Seiten mit Geländern von mindestens 75 cm (2 engl. FUSS 6 Zoll) Höhe versehen sind.

4. Die in Absatz 2 6 dieses Artikels bezeichneten Leitern müssen genügend lang und fest und angemessen gesichert sein.

5. a. Die zuständigen Behörden können Ausnahmen von den Bestimmungen dieses Artikels gewähren, wenn sie die bezeichneten Einrichtungen als nicht erforderlich für den Schutz der Arbeitnehmer erachten.

b. Die Bestimmungen dieses Artikels gelten nicht für Ladebühnen oder Laufplanken, die ausschliesslich zu Zwecken des Beiadens und Entladens verwendet werden.

6. Die Arbeitnehmer dürfen andere Zugänge als die in diesem Artikel bezeichneten nicht benützen noch zu ihrer Benützung angehalten werden.

Artikel 4.

Falls die Arbeitnehmer sich zu Arbeiten auf dem Wasserweg auf ein Schiff oder zurück begeben müssen, sind angemessene Massnahmen vorzusehen, ·um eine gefahrsichere Beförderung zu gewährleisten. Diese Massnahmen müssen auch die Voraussetzungen regeln, denen die zur Beförderung verwendeten Fahrzeuge zu entsprechen haben.

Artikel 5.

1. Falls die Arbeitnehmer bei den Arbeiten einen Schiffsraum zu betreten haben, dessen Boden mehr als l,so m (5 engl. FUSS) unter der Deckoberfläche liegt, müssen zu diesem Zwecke sichere Zugangsmittel vom Deck zum Schiffsräume verfügbar sein.

2. Gewöhnlich werden diese Zugangsmittel in Leitern bestehen. Sie können als sicher nur gelten, wenn: a. sie den Füssen einen Stützraum von mindestens 11% cm (4% engl. Zoll) Tiefe, einschliesslich des hinter der Leiter befindlichen freien Baumes, über eine Breite von mindestens 25 cm (10 engl. Zoll) hin sowie einen sicheren Halt für die Hände bieten; i>, sie nicht weiter hinter den Band der Lukenöffnung gerückt sind, als vernünftigerweise notwendig ist, um die Lukenöffnung freizuhalten; c. sie in gerader Linie die festen Hand- und Fusstützen (z. B. Klampen oder Handgriffe) fortsetzen, die im Lukensüll angebracht sind;

698 d. die unter e bezeichneten Vorrichtungen an den Lukensüllen den Füssen «inen Stützraum von mindestens 11% cm (4% engl. Zoll) Tiefe, einschliesslich des hinter den Vorrichtungen befindlichen freien Baumes, über eine Breite von mindestens 25 cm (10 engl. Zoll) hin bieten ; e. für den Fall, dass getrennte Leitern zwischen den Zwischendecks vorhanden sind, diese Leitern soweit wie möglich in gerader Linie mit der vom Toppdeck ausgehenden Leiter aufgestellt sind.

Falls wegen der Bauart des Schiffes vernünftigerweise nicht gefordert werden kann, dass eine Leiter angebracht wird, können die zuständigen Behörden andere Zugangsmittel zulassen, die aber soweit wie möglich den Erfordernissen genügen müssen, die in diesem Artikel für Leitern vorgeschrieben sind.

An Schiffen, die im Zeitpunkte der Eatifikation dieses Übereinkommen» vorhanden sind, gelten bis zur Ersetzung der Leitern und Vorrichtungen die Massbestimmungen unter a und fc dieser Ziffer als erfüllt, wenn die tatsächlichen Masse um nicht mehr als 10 v. H. unter den in a und d angeführten Zahlen liegen.

8. An den Lukensüllen ist genügend freier Baum zum Betreten der Zugangsmittel vorzusehen.

4. An den Wellentunneln müssen an beiden Seiten Hand- und Fussstützen angebracht sein.

5. Falls eine Leiter in einem nicht gedeckten Schiffe verwendet werden muss, ist sie von dem Unternehmer der Arbeiten bereitzustellen. Sie muss an ihrem oberen Ende mit Haken oder mit anderen Vorrichtungen, die ihr festes Aufstellen ermöglichen, versehen sein.

6. Die Arbeitnehmer dürfen andere Einrichtungen als die in diesem Artikel bezeichneten nicht benützen, noch zu ihrer Benützung angehalten werden.

7. Für Schiffe, die zur Zeit der Batifikation dieses Übereinkommens bereits vorhanden sind, gelten die Bestimmungen der Absätze 2 a und d und 4 diesesArtikels erst nach einem Zeiträume von nicht über vier Jahren, von der Eatifikation dieses Übereinkommens an gerechnet.

Artikel 6.

1. Solange die Arbeitnehmer sich zu Arbeiten an Bord befinden, müssen alle ihnen zugänglichen Ladeluken zu Bäumen, die, von der Deckoberflächebis zum Boden des Baumes gerechnet, mehr als 1,60 m (5 engl. FUSS) tief und.

nicht mit einem Süll von 75 cm (2 engl. FUSS 6 Zoll) freier Höhe versehen sind, durch ein Geländer von 90 cm (3 engl. FUSS) Höhe gesichert oder zuverlässig; geschlossen
sein, solange sie nicht für den Durchgang von Ladung, Kohle oder anderen Gegenständen benutzt werden. Die Gesetzgebung regelt die Frage, ob die Bestimmungen dieses Absatzes auch während der Mahlzeiten und anderer kurzer Arbeitsunterbrechungen einzuhalten sind.

2. Falls notwendig, sind entsprechende Massnahmen zur Sicherung aller anderen für Arbeitnehmer gefährlichen Öffnungen des Decks vorzusehen.

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Artikel 7.

Müssen Arbeiten auf einem Schiffe verrichtet werden, so sind alle Zugänge und alle Stellen an Bord, an denen Arbeitnehmer beschäftigt sind,, oder die sie während ihrer Beschäftigung etwa betreten müssen, ausreichend zu beleuchten.

Die Beleuchtungseinrichtungen dürfen die Sicherheit der Arbeitnehmer nicht gefährden und die Fahrt anderer Schiffe nicht stören.

Artikel 8.

Zur Sicherung der Arbeitnehmer beim Entfernen und Auflegen der Lukendeckel und der Lukenbalken müssen 1. Lukendeckel und Lukenbalken gut instand gehalten werden; 2. Lukendeckel Handgriffe aufweisen, die ihrer Grosse und ihrem Gewicht, angemessen sind, sofern nicht die Bauart der Luke oder der Luken deckel.

derart ist, dass sie Handgriffe überflüssig macht; 8. Lukenbalken mit geeigneten Vorrichtungen zum Entfernen und Auflegen versehen sein, so dass die Arbeitnehmer dabei nicht auf die Lukendeckel und Lukenbalken zu treten brauchen; 4. Lukendeckel und Lukenbalken, soweit sie nicht auswechselbar sind, die deutliche Bezeichnung des Decks und der Luke tragen, zu der sie gehören,, wie auch ihrer Lage auf dem Deck und auf der Luke; 5. Lukendeckel dürfen nicht verwendet werden zum Aufbau von Ladebühnen auf dem Deck oder in Laderäumen noch zu anderen Zwecken, bei denen sie beschädigt werden könnten.

Artikel 9.

Durch geeignete Massnahmen ist dafür zu sorgen, dass Hebezeuge und ihr Zubehör, mögen sie fest oder beweglich sein, an Land oder an Bord zu Arbeiten nur verwendet werden, wenn sie in gefahrsicherem Betriebszustande sind.

Insbesondere müssen 1. die genannten Hebezeuge, die festen Einrichtungen an Bord, die durch, die Gesetzgebung als Zubehör gekennzeichnet werden, und die dabei benützten Ketten und Drahtseile vor ihrer Inbetriebnahme gehörig untersucht und ausgeprobt sowie ihre zulässige Höchstbelastung durch Zeugnisse festgestellt werden, und zwar in vorschriftsmässiger Weise und durch eine sachverständige,, behördlich zugelassene Person; 2. nach ihrer Inbetriebnahme alle Hebezeuge an Land und an Bord und.

die festen Einrichtungen an Bord, die durch die Gesetzgebung als Zubehör gekennzeichnet werden, den folgenden Bestimmungen gemäss überholt oder untersucht werden:

700 a. Ladebäume, Lümmel und Bänder der Masten und Ladebäume, Augbolzen, Halterungen und andere feste Einrichtungen, deren Abnahme besonders schwierig ist, sind alle vier Jahre zu überholen und alle zwölf Monate zu untersuchen; b. alle Hebezeuge (wie Krane und Winden), Blöcke, Schäkel und anderes unter a nicht erfasstes Zubehör sind alle zwölf Monate zu überholen.

Bewegliche Geräte (z. B. Ketten, Drahtseile, Einge, Haken) sind vor jedesmaligem Gebrauche zu untersuchen, es sei denn, die letzte Untersuchung hätte vor weniger als drei Monaten stattgefunden.

Ketten dürfen nicht durch Knoten verkürzt werden. Es ist dafür zu sorgen, ·dass Ketten nicht durch Eeibung gegen harte Kanten beschädigt werden.

Bei Augspleissungen oder Kauschen von Drahtseilen müssen die ganzen Litzen mindestens dreimal miteinander verspleisst werden und die auf die Hälfte verjüngten Litzen dann noch mindestens zweimal. Es dürfen aber auch -andere Spleissungen verwendet werden, falls sie ebenso wirksam sind wie die vorstehend bezeichnete Porm.

3. Ketten und ähnliche durch die Gesetzgebung bezeichnete Geräte (z. B.

Haken, Einge, Schäkel, Kcttenwirbel) müssen, wenn nicht von der Gesetzgebung ein anderes, ebenso wirksames Verfahren vorgeschrieben ist, unter Aufsicht einer sachverständigen, behördlich zugelassenen Person in folgender Weise ausgeglüht werden: a. die bezeichneten Ketten und Geräte an Bord: 1. Ketten und Geräte von 12,5 mm (% engl. Zoll) oder weniger Durchmesser, die regelmässig verwendet werden: einmal in sechs Monaten; 2. alle anderen Ketten und Geräte (einschliesslich der Halteketten, aber mit Ausnahme der Hangerketten an Masten und Ladebäumen), die regelmässig verwendet werden: einmal alle zwölf Monate.

Soweit die bezeichneten Geräte ausschliesshch bei Kranen und anderen Hebezeugen mit Handantrieb verwendet werden, beträgt der unter l bezeichnete Zeitraum zwölf statt sechs Monate und der unter 2 bezeichnete Zeitraum zwei Jahre statt zwölf Monate.

Falls die zuständige Behörde der Ansicht ist, dass wegen der Grosse, Gestaltung, Materialbeschaffenheit oder seltenen Verwendung der bezeichneten Geräte für den Schutz der Arbeitnehmer die Bestimmungen über das Ausglühen nicht eingehalten zu werden brauchen, kann sie durch ein jederzeit widerrufliches schriftliches Zeugnis die Geräte von den obengenannten Bestimmungen
unter den Bedingungen ausnehmen, die in dem Zeugnis etwa bezeichnet werden.

b. Die bezeichneten Ketten und Geräte, die nicht an Bord gehalten werden: Es sind Massnahmen vorzusehen, um das Ausglühen dieser Ketten und Geräte sicherzustellen.

701 c. Ketten und Geräte der bezeichneten Art, gleichviel ob sie an Bord gehalten werden oder nicht: Die Ketten und Geräte, die verlängert, geändert oder durch Schweissen ausgebessert worden sind, müssen erneut geprüft und untersucht werden.

4. An Land und an Bord sind angemessen beglaubigte Zeugnisse bereitzuhalten, die sogleich erkennen lassen, dass die bezeichneten Geräte betriebssicher sind. Sie müssen die zulässige Höchstbelastung sowie Zeitpunkt und Ergebnisse der Proben und Untersuchungen gemäss Absatz l und 2 dieses Artikels und des Ausglühens oder anderer Behandlung gemäss Absatz 3 dieses Artikels angeben.

Die Zeugnisse müssen von der Person, die damit betraut ist, jedem dazu Berechtigten auf Verlangen vorgelegt werden.

5. Auf allen Kranen, Ladebäumen, Kettenschlingen sowie an allen ähnlichen an Bord verwendeten Hebezeugen, wie sie die Gesetzgebung näher bezeichnet, muss die zulässige Höchstbelastung deutlich angegeben sein. Die Angabe an Kettenschlingen geschieht in sichtbaren Ziffern oder Buchstaben an den Ketten selbst oder auf einem haltbaren, fest an der Kette angebrachten Schildchen oder Einge.

6. Motoren, Zahnräder, Kraftübertragungen durch Kette oder Eeibung, spannungsführende elektrische Leitungsdrähte und Dampf leitungsrohren müssen, soweit hierdurch die Manövrierfähigkeit des Schiffes nicht beeinträchtigt wird, mit Schutzvorrichtungen umkleidet sein, sofern nicht festgestellt wird, dass sie, vermöge ihrer Anlage oder Bauart, für die Sicherheit der beschäftigten Arbeitnehmer dieselbe Gewähr bieten, wie wenn sie mit angemessenen Schutzvorrichtungen umkleidet wären.

7. Krane und "Winden müssen mit geeigneten Vorkehrungen versehen sein, um die Gefahr plötzlichen Niedergehens einer Last während des Hievens und Fierens auf ein Mindestmass herabzusetzen.

8. Es müssen geeignete Massnahmen getroffen sein, um sicherzustellen, dass Abdampf und -- soweit möglich --· auch der frische Dampf uum Antriebe der Krane und Winden nirgends die Sicht an der Arbeitsstätte beeinträchtigen, an der gearbeitet wird.

9. Es sind geeignete Massnahmen zu treffen, um zu verhindern, dass der FUSS eines Ladebaumes sich etwa aus seiner Befestigung oder seinem Lager löst.

Artikel 10.

Nur hinlänglich sachkundige und verlässliche Personen dürfen dazu verwendet werden, Hebezeuge und sonstige Beförderungsgeräte
mit mechanischem Antrieb oder ohne solchen zu fuhren, Signale an das mit der Führung dieser Einrichtungen verwendete Personal zu erteilen oder Hubseile an den Trommeln oder Windenköpfen zu überwachen.

Bundesblatt, 85. Jahrg. Bd. I.

51

702 Artikel 11.

.1. An Hebezeugen dürfen Lasten schwebend nur belassen werden, wenn die betreffende Einrichtung von einer sachkundigen Person wirksam überwacht wird, solange die Last aufgehängt ist.

2. Durch geeignete Massnahmen ist dafür zu sorgen, dass ein Signalmann vorhanden ist, wenn die Sicherheit der Arbeitnehmer dies erfordert.

8. Durch geeignete Massnahmen ist dafür zu sorgen, dass gefährliche Arbeitsverfahren beim Auf- und Abstapeln, Stauen und Umstauen der Ladung und den damit zusammenhängenden Vorgängen vermieden werden.

4. Vor Aufnahme der Arbeit an einer Luke sind die Lukenbalken zu entfernen oder gegen Lageveränderungen zu sichern.

5. Bei Arbeit an Kohle oder anderen Massengütern ist durch geeignete Vorkehrungen dafür zu sorgen, dass die Arbeitnehmer aus den Schiffsräumen und dem Zwischendecke leicht herausgelangen können.

6. Ladebühnen dürfen bei Arbeiten nur verwendet werden, wenn sie stark und widerstandsfähig gebaut, gut gesichert und erforderlichenfalls angemessen befestigt sind.

Pur die Güterbeförderung zwischen Schiff und Land dürfen Handkarren nicht verwendet werden, wenn die Neigung der Laufplanke so gross ist, dass dadurch eine Gefahr entstehen könnte.

Wenn notwendig, müssen die Ladebühnen in geeigneter Weise behandelt werden, um das Ausgleiten der Arbeitnehmer zu verhindern.

7. Wenn die Arbeitsstelle auf den Baum unter dem Lukenvierecke begrenzt ist, dürfen ausser zum Ausbrechen der Ladung oder zur Vereinigung der Ladung in der Schlinge: o. Haken an den Bändern oder an den Verschnürungen von Baumwoll-, Woll- oder Korkballen, Jutesäcken oder ähnlichen Gütern nicht befestigt werden; 6. Fasshaken beim Hieven oder Fieren von Fässern nicht verwendet werden, wenn dies infolge der Bauart oder sonstigen Beschaffenheit der Fässer oder der Haken Gefahr mit sich bringen kann.

8. Hebezeuge irgendwelcher Art dürfen über die vorgesehene Höchstbelastung hinaus nicht beansprucht werden, es sei denn in Ausnahmefällen und nur, soweit es die Gesetzgebung zulässt.

9. Krane an Land mit veränderlicher Tragfähigkeit (wie dies beim Heben Oder Senken des Auslegers je nach dem Neigungswinkel der Fall sein kann) müssen einen selbsttätigen Anzeiger oder eine Merktafel tragen, welche die bei jedem Neigungswinkel zulässige Höchstbelastung angibt.

Artikel 12.

Falls Arbeitnehmer an oder in
der Nähe von Ladungen arbeiten müssen, die infolge ihrer Beschaffenheit überhaupt oder nach Lage der Umstände für Leben oder Gesundheit gefährlich sind, oder an Stellen, an denen solche La-

703

düngen aufgestapelt waren, hat die Gesetzgebung die für den angemessenen Schutz der Arbeitnehmer uuerlässlichen Vorsichtsmassnahmen vorzusehen, wobei den Umständen jedes Falles Rechnung zu tragen ist.

Artikel 18.

An Hafenbecken, Liegeplätzen, Kais und anderen zu Arbeiten häufig benutzten Stellen sind von der Gesetzgebung den örtlichen Verhältnissen angepasste Mittel zu erster Hilfe vorzusehen. Diese Mittel sind derart zu verwahren, dass rasch erste Hilfe geleistet und bei einem ernsthaften Unfälle der Verunglückte nach dem nächstgelegenen Krankenhause gebracht werden kann.

Auf den Arbeitsstätten müssen stets Mittel zu erster Hilfe in ausreichender Menge in einem solchen Zustand und an solchen Plätzen vorhanden sein, dass sie jederzeit leicht erreichbar und während der Arbeitsstunden augenblicklich gebrauchfähig sind. Diese Mittel müssen einer oder mehreren verantwortlichen Personen anvertraut sein, von denen eine oder mehrere Personen für die Leistung erster Hilfe vorgebildet und während der Arbeitsstunden stets alsbald verfügbar sein müssen.

Auch sind an den betreffenden Hafenbecken, Liegeplätzen, Kaie und ähnlichen Plätzen geeignete Massnahmen vorzusehen, um Arbeitnehmer retten zu können, die ins Wasser gefallen sind.

Artikel 14.

Schutzgeländer, Laufplanken, Geräte, Leitern, Eettungsapparate, Beleuchtungskörper, Aufschriften, Ladebühnen und andere durch dieses Übereinkommen vorgesehene Einrichtungen dürfen nur dann entfernt oder verlegt werden, wenn eine Ermächtigung von zuständiger Seite oder eine Notwendigkeit dazu vorliegt. Die bezeichneten Gegenstände müssen nach Ablauf der Zeit, für die ihre Entfernung notwendig war, wieder an Ort und Stelle gebracht werden.

Artikel 15.

Jedes Mitglied kann ganz oder teilweise Ausnahmen von den Bestimmungen dieses Übereinkommens zulassen für Hafenbecken, Liegeplätze, Kais oder sonstige ähnliche Plätze, auf denen nur gelegentlich gearbeitet wird oder an denen der Verkehr unerheblich ist und sich auf kleine Schiffe beschränkt!

Gleiches gilt für gewisse besondere Schiffe oder bestimmte Sonderklassen von Schiffen oder für Schiffe mit einem Baumgehalt unter einer gewissen Grenze.

Gleiches gilt endlich in Fällen, in denen nach den klimatischen Verhältnissen die Beobachtung der Bestimmungen dieses Übereinkommens tatsächlich nicht verlangt werden kann.

Dem Internationalen Arbeitsamte sind die Vorschriften mitzuteilen, die in dieseih Sinn Ausnahmen ganz oder teilweise zulassen.

704

Artikel 16.

Vorbehaltlich der in anderen Artikeln vorgesehenen Ausnahmen treten die Bestimmungen dieses Übereinkommens, soweit sie den Bau und die Ausrüstung von Schiffen berühren, für solche Schiffe sofort in Kraft, deren Bau nach der Eatifikation dieses Übereinkommens in Angriff genommen wird, für andere Schiffe nach Verlauf von vier Jahren vom Zeitpunkte der Eatifikation an. Die Bestimmungen des Übereinkommens sollen aber auch in bezug auf diese anderen Schiffe schon vorher durchgeführt werden, soweit dies vernünftig und tunlich ist.

Artikel 17.

Um die angemessene Durchführung aller Bestimmungen zum Schutze der Arbeitnehmer gegen Unfälle zu sichern, müssen 1. die Vorschriften die Personen oder Stellen klar bezeichnen, die für die Durchführung verantwortlich sind; 2. angemessene Aufsicht und Strafen für Übertretung der Vorschriften vorgesehen werden; 8. die Vorschriften oder zusammenfassende Auszuge daraus an Hafenbecken, Liegeplätzen, Kais und sonstigen bei den Arbeiten häufig benutzten Plätzen an gut sichtbaren Stellen angeschlagen werden.

Artikel 18.

Jedes Mitglied verpflichtet sich, mit den anderen Mitgliedern, die dieses Übereinkommen ratifiziert haben, Gegenseitigkeitsverträge auf der Grundlage dieses Übereinkommens einzugehen. In diese Verträge soll insbesondere die gegenseitige Anerkennung der Eegelung aufgenommen werden, die in den betreffenden Staaten in bezug auf die Erprobung, die Untersuchung und das Ausglühen sowie auf die darauf sich beziehenden Zeugnisse und Bescheinigungen getroffen worden ist.

Dabei ist vorausgesetzt, dass, soweit es sich um den Bau der Schiffe und um das an Bord gebrauchte Gerät sowie um die Beseheinigungen und sonstigen nach diesem Übereinkommen an Bord zu treffenden Vorkehrungen handelt, jedes Mitglied die Gewähr gegeben sieht, dass die von dem anderen beteiligten Mitgliede getroffenen Vorkehrungen für die Arbeitnehmer ein Gesamtmass von Sicherheit bieten, das der von der eigenen Gesetzgebung des Mitgliedes verlangten Sicherheit gleichkommt.

Ferner ist vorausgesetzt, dass die Eegierungen auf die Verpflichtungen aus Artikel 405, Ziffer 11, des Vertrages von Versailles und aus den entsprechenden Artikeln der anderen Friedensverträge angemessene Bucksicht nehmen.

Artikel 19.

Die förmlichen Batifikationen dieses Übereinkommens sind nach den Bestimmungen des Teiles XIII des Vertrages von Versailles und der ent-

705 sprechenden Teile der anderen Friedensverträge dem Generalsekretär des Völkerbundes zur Eintragung mitzuteilen.

Artikel 20.

Dieses Übereinkommen bindet nur diejenigen Mitglieder der Internationalen Arbeitsorganisation, deren Eatifikation beim Sekretariat eingetragen ist.

Es tritt in Kraft ein Jahr, nachdem die Ratifikationen zweier Mitglieder durch den Generalsekretär eingetragen worden sind.

In der Folge tritt dieses Übereinkommen für jedes andere Mitglied ein Jahr nach der Eintragung seiner Ratifikation in KraftArtikel 21.

Sobald die Ratifikationen zweier Mitglieder der Internationalen Arbeitsorganisation beim Sekretariat eingetragen worden sind, teilt der Generalsekretär des Völkerbundes dies sämtlichen Mitgliedern der Internationalen Arbeitsorganisation mit. Auch gibt er ihnen Kenntnis von der Eintragung der Ratifikationen, die ihm später von anderen Mitgliedern der Organisation mitgeteilt werden.

Artikel 22, Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat, kann es nach Ablauf von zehn Jahren, gerechnet von dem Tag, an dem es zum erstenmal in Kraft getreten ist, durch Anzeige an den Generalsekretär des Völkerbundes kündigen. Die Kündigung wird von diesem eingetragen. Ihre Wirkung tritt erst ein Jahr nach der Eintragung beim Sekretariat ein.

Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat und innerhalb eines Jahres nach Ablauf des im vorigen Absätze genannten Zeitraumes von zehn Jahren von dem in diesem Artikel vorgeseheneu Kündigungsrechte keinen Gebrauch macht, bleibt für einen weiteren Zeitraum von fünf Jahren gebunden. In der Folge kann es dieses Übereinkommen jeweils nach Ablauf eines Zeitraumes von fünf Jahren nach Massgabe dieses Artikels kündigen.

Artikel 23.

Der Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes hat nach Inkrafttreten dieses Übereinkommens jeweils bei Ablauf eines Zeitraumes von zehn Jahren der Allgemeinen Konferenz einen Bericht über die Durchführung dieses Übereinkommens zu erstatten und darüber zu entscheiden, ob die Frage seiner gänzlichen oder teilweisen Abänderung auf die Tagesordnung der Konferenz gesetzt werden soll.

Artikel 24.

Nimmt die allgemeine Konferenz ein Übereinkommen an, welches das vorliegende Übereinkommen ganz oder teilweise abändert, so schliesst die"

706

Batifikation des neugefassten Übereinkommens durch ein Mitglied ohne weiteres die Kündigung des vorliegenden Übereinkommens in sich, ohne Bücksicht auf die in Artikel 22 vorgesehene Frist. Voraussetzung ist dabei, dass das neugefasste Übereinkommen in Kraft getreten ist.

Vom Inkrafttreten des neugefassten Übereinkommens an kann das vorliegende Übereinkommen von den Mitgliedern nicht mehr ratifiziert werden.

Indessen bleibt das vorliegende Übereinkommen nach Form und Inhalt in Kraft für die Mitglieder, die dieses, aber nicht das neugefasste Übereinkommen ratifiziert haben, Artikel 25.

Der französische und der englische Wortlaut dieses Übereinkommens sind in gleicher Weise massgebend.

2.

Empfehlung betreffend beschleunigte Herbeiführung der Gegenseitigkeit, die in dem im Jahre 1932 angenommenen Übereinkommen über den Schutz der mit dem Beladen und Entladen von Schiffen beschäftigten Arbeitnehmer gegen Unfälle vorgesehen ist.

Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation des Völkerbundes, die vom Verwaltungsrate des Internationalen Arbeitsamtes nach Genf einberufen wurde und am 12. April 1932 zu ihrer sechzehnten Tagung zusammengetreten ist, hat beschlossen, verschiedene Anträge anzunehmen betreffend die teilweise Abänderung des im Jahre 1929 angenommenen Übereinkommens über den Schutz der mit dem Beladen und Entladen von Schiffen beschäftigten Arbeitnehmer gegen Unfälle, eine Frage, die den vierten Gegenstand ihrer Tagesordnung bUdet.

Nach Annahme eines Entwurfes eines Übereinkommens über die Abänderung des bezeichneten Übereinkommens hat die Konferenz beschlossen, das abgeänderte Übereinkommen durch eine Empfehlung zu ergänzen.

Die Konferenz nimmt heute, am 27. April 1932, die folgende Empfehlung an, die den Mitgliedern der Internationalen Arbeitsorganisation vorzulegen ist zur Prüfung, ob sie sich durch die Gesetzgebung oder in anderer Weise verwirklichen lässt, gemäss den Bestimmungen des Teiles XIII des Vertrages von Versailles und der entsprechenden Teile der andern Friedensverträge: Im Hinblick darauf, dass das abgeänderte Übereinkommen über den Schutz der mit dem Beladen und Entladen von Schiffen beschäftigten Arbeitnehmer gegen Unfälle einen Artikel über die Gegenseitigkeit zwischen den Mitgliedern enthält, die dieses Übereinkommen ratifiziert haben, empfiehlt die Konferenz, dass zwecks beschleunigter Herbeiführung der in jenem Artikel vorgesehenen Gegenseitigkeit die folgenden Massnahmen "ergriffen werden:

707

1. Möglichst bald nach Annahme des abgeänderten Übereinkommens sollen die Regierungen der hauptbeteihgten Staaten Verhandlungen in die Wege leiten, um eine sinngemässe Übereinstimmung bei der Durchführung des Übereinkommens herbeizuführen, insbesondere in bezug auf die in jenem Artikel ausdrücklich erwähnten Punkte und die Vorbereitung einheitlicher Muster international zu gebrauchender Zeugnisse.

2. Über die auf Grund des vorstehenden Absatzes getroffenen Massnahmen soll dem Internationalen Arbeitsamt alljährlich Bericht erstattet werden.

8.

Entwnrf eines Übereinkommens über das Alter für die Zulassung von Kindern zu nichtgewerblichen Arbeiten.

Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation des Völkerbundes, die vom Verwaltungsrate des Internationalen Arbeitsamtes nach Genf einberufen wurde und am 12. April 1982 zu ihrer sechzehnten Tagung zusammengetreten ist, hat beschlossen, verschiedene Anträge anzunehmen betreffend das Alter für die Zulassung von Kindern zu Arbeit in nichtgewerblichen Berufen, eine Frage, die den dritten Gegenstand ihrer Tagesordnung bildet, und dabei bestimmt, dass diese Anträge die Form eines Entwurfes eines internationalen Übereinkommens erhalten sollen.

Die Konferenz nimmt heute, am 30. April 1932, den folgenden Entwurf eines Übereinkommens an, zwecks Eatifikation durch die Mitglieder der Internationalen Arbeitsorganisation, gemäss den Bestimmungen des Teiles XIII des Vertrages von Versailles und der entsprechenden Teile der anderen Friedensverträge: Artikel 1.

1. Dieses Übereinkommen findet Anwendung auf jede Arbeit, die nicht den Gegenstand der Begelung durch die folgenden von der Internationalen Arbeitskonferenz auf ihrer ersten, zweiten und dritten Tagung angenommenen Übereinkommen bildet: Übereinkommen über das Mindestalter für die Zulassung von Kindern zur gewerblichen Arbeit (Washington, 1919) ; Übereinkommen über das Mindestalter für die Zulassung von Kindern zur Arbeit auf See (Genua, 1920) ; Übereinkommen über das Alter für die Zulassung von Kindern zur Arbeit in der Landwirtschaft (Genf, 1921).

In jedem Staate bestimmt die zuständige Behörde nach Anhörung der wichtigsten beteiligten Berufsverbände der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer die Grenze zwischen dem Geltungsbereiche dieses Übereinkommens und dem der vorstehend bezeichneten drei Übereinkommen.

708 2. Dieses Übereinkommen findet keine Anwendung: a. auf die Seefischerei; 6. auf die Arbeit in Fach- und Berufsschulen, sofern sie im wesentlichen erzieherischer Art ist, nicht geschäftlichen Gewinn anstrebt, und sofern sie durch die Behörde begrenzt, genehmigt und beaufsichtigt wird.

3. In jedem Staat ist die zuständige Behörde befugt, von der Anwendung dieses Übereinkommens auszunehmen: a. Beschäftigung in Betrieben, in denen nur Mitglieder der Familie des Arbeitgebers beschäftigt werden, sofern es sich nicht um eine schädliche, nachteilige oder gefährliche Beschäftigung im Sinne der Artikel 3 und 5 dieses Übereinkommens handelt; b. hauswirtschaftliche Arbeit in der Familie, die von Mitgliedern dieser Familie verrichtet wird.

Artikel 2.

Soweit im folgenden nichts anderes bestimmt ist, dürfen Kinder unter vierzehn Jahren sowie solche, die das vierzehnte Lebensjahr zwar überschritten haben, aber noch der gesetzlichen Grund-(Primär-)Schulpflicht unterstehen, bei den durch dieses Übereinkommen erfassten Arbeiten nicht beschäftigt werden, Artikel 3.

1. Kinder, die das zwölfte Lebensjahr vollendet haben, können ausserhalb der für den Schulbesuch vorgesehenen Stunden bei leichten Arbeiten beschäftigt werden, sofern diese Arbeiten: a. für die Gesundheit oder die normale Entwicklung der Kinder nicht schädlich sind; fe. nicht durch ihre Art den Besuch der Schule oder die Möglichkeit, dem Schulunterrichte mit Nutzen zu folgen, beeinträchtigen; c. sowohl an Schultagen wie an schulfreien Tagen zwei Stunden täglich nicht überschreiten; wobei die Gesamtzahl der dem Schulunterricht und den leichten Arbeiten gewidmeten Stunden täglich keinesfalls mehr als sieben betragen darf.

2. Leichte Arbeiten sind verboten: a, an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen; 6. während der Nacht, d. h, während eines Zeitraumes von mindestens zwölf aufeinander folgenden Stunden, welcher die Zeit zwischen acht Uhr abends und acht Uhr morgens in sich schliesst.

3. Die Gesetzgebung wird nach Anhörung der wichtigsten beteiligten Berufsverbände der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer: a. bestimmen, welche Arten von Arbeit als leichte Arbeiten im Sinne dieses Artikels angesehen werden können;

709 b. vorschreiben, welche Sicherungen gegeben sein müssen, bevor Kinder mit leichten Arbeiten beschäftigt werden dürfen, 4. Vorbehaltlich der Bestimmungen des Absatzes l a dieses Artikels: a. kann die Gesetzgebung bestimmen, welche Arbeiten während der Ferien von den über vierzehn Jahre alten Kindern im Sinne des Artikel 2 geleistet werden dürfen, und welches die tägliche Höchstdauer dieser Arbeiten ist; 6. darf in Staaten, in denen Bestimmungen über eine gesetzliche Schulpflicht nicht bestehen, die Dauer der Beschäftigung mit leichten Arbeiten viereinhalb Stunden täglich nicht überschreiten.

Artikel 4.

Die Gesetzgebung kann im Interesse der Kunst, der Wissenschaft oder des Unterrichtes Ausnahmen von den Bestimmungen der Artikel 2 und 8 dieses Übereinkommens im Wege der Einzelermächtigung zulassen, um das Auftreten von Kindern bei off enthoben Aufführungen jeder Art oder ihre Teilnahme als Schauspieler oder Statisten bei Filmaufnahmen zu ermöglichen.

Jedoch gelten folgende Einschränkungen: a. solche Ausnahmen dürfen nicht zugelassen werden, wenn es sich um eine Beschäftigung handelt, die gefährlich im Sinne des Artikel 5 dieses Übereinkommens ist, insbesondere um Darbietungen in Zirkus, Variété oder Kabarett ; 6. es sind strenge Sicherungen zu treffen, um Gesundheit, körperliche Entwicklung und Sittlichkeit der Kinder zu schützen und ihnen gute Behandlung, angemessene Ruhezeit und Fortsetzung des Unterrichtes zu gewährleisten; c. Kinder, deren Arbeit unter den in diesem Artikel vorgesehenen Voraussetzungen zugelassen ist, dürfen nicht nach Mitternacht beschäftigt werden, Artikel 5.

Die Gesetzgebung schreibt eine höhere Altersgrenze oder höhere Altersgrenzen als in Artikel 2 dieses Übereinkommens vor für die Zulassung von jungen Leuten und Jugendlichen zu Arbeiten, die wegen ihrer Beschaffenheit oder der Verhältnisse, unter denen sie ausgeführt werden, für Leben, Gesundheit oder Sittlichkeit der dabei beschäftigten Personen gefährlich sind.

Artikel 6.

Die Gesetzgebung schreibt eine höhere Altersgrenze oder höhere Altersgrenzen als in Artikel 2 dieses Übereinkommens vor für die Zulassung von jungen Leuten und Jugendlichen zur Beschäftigung beim Handel im Umherziehen auf Strassen oder an allgemein zugänglichen Orten, zu ständiger

710 Beschäftigung bei Auslagen ausserhalb der Läden und zur Beschäftigung in Wanderberufen, sofern diese Tätigkeiten unter Verhältnissen ausgeübt werden, welche die Festsetzung einer höheren Altersgrenze rechtfertigen, Artikel 7.

Um die wirksame Durchführung der Bestimmungen dieses Übereinkommens zu gewährleisten, wird die Gesetzgebung vorsehen: a. ein geeignetes Verfahren amtlicher Aufsicht und Überwachung; &. geeignete Massnahmen, um die Feststellung und Überwachung der Personen unter einem bestimmten Alter zu erleichtern, welche bei den in Artikel 6 bezeichneten Beschäftigungen und Berufen verwendet werden; c. Strafen für die Verletzung der gesetzlichen Vorschriften, welche der Durchführung der Bestimmungen dieses Übereinkommens dienen.

Artikel 8.

Die Jahresberichte gemäss Artikel 408 des Vertrages von Versailles und den entsprechenden Artikeln der anderen Friedensverträge sollen vollständige Mitteilungen enthalten über die Massnahmen der Gesetzgebung zur Durchführung dieses Übereinkommens. Diese Mitteilungen sollen insbesondere einschliessen: a. ein Verzeichnis der Arten von Arbeit, welche die Gesetzgebung als leicht im Sinne des Artikel 3 bestimmt; 6. ein Verzeichnis der Arten von Arbeit, für welche die Gesetzgebung gemäss Artikel 5 und 6 höhere Altersgrenzen als in Artikel 2 vorschreibt; c. vollständige Angaben über die Voraussetzungen, unter denen auf Grund des Artikel 4 Ausnahmen von den Bestimmungen der Artikel 2 und 8 gewährt werden.

Artikel 9.

Die Bestimmungen der Artikel 2, 3, 4, 5, 6 und 7 dieses Übereinkommens finden keine Anwendung auf Indien. Statt dessen gilt für Indien folgendes: 1. Die Beschäftigung von Kindern unter zehn Jahren wird untersagt.

Doch kann die Gesetzgebung im Interesse der Kunst, der Wissenschaft oder des Unterrichtes im Wege der Einzelermächtigung Ausnahmen von der vorstehenden Bestimmung zulassen, um das Auftreten von Kindern bei Öffentlichen Aufführungen jeder Art oder ihre Teilnahme als Schauspieler oder Statisten bei Filmaufnahmen zu ermöglichen.

Ferner hat, falls die Gesetzgebung für die Zulassung der Kinder zu Betrieben ohne Kraftantrieb, die nicht dem indischen Fabrikgesetz unterstehen, eine höhere Altersgrenze als zehn Jahre vorschreiben sollte, für die Durchführung dieser Ziffer die so festgesetzte Grenze für die Zulassung zur Arbeit in jenen Betrieben an Stelle der Grenze von zehn Jahren zu treten.

711

2. Personen unter vierzehn Jahren dürfen nicht beschäftigt werden hei nichtgewerblichen Arbeiten, welche die zuständige Behörde nach Anhörung der wichtigsten beteiligten Berufsverbände der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer als gefährlich für Leben, Gesundheit oder Sittlichkeit erklärt.

8. Die Gesetzgebung wird eine höhere Altersgrenze als zehn Jahre vorschreiben für die Zulassung von jungen Leuten und Jugendlichen zur Beschäftigung beim Handel im Umherziehen auf Strassen oder an allgemein zugänglichen Orten, zu ständiger Beschäftigung bei Auslagen ausserhalb der Läden und zur Beschäftigung in Wanderberufen, sofern diese Tätigkeiten unter Verhältnissen ausgeübt werden, welche die Festsetzung einer höheren Altersgrenze rechtfertigen.

4. Die Gesetzgebung wird Massnahmen zur Durchführung der Bestimmungen dieses Artikels treffen und insbesondere Strafen für die Verletzung der gesetzlichen Vorschriften festsetzen, die der Durchführung der Bestimmungen dieses Artikels dienen.

5. Die zuständige Behörde wird fünf Jahre nach Erlass der Gesetze, die der Durchführung der Bestimmungen dieses Übereinkommens dienen, die gesamten Verhältnisse im Hinblick auf eine Erhöhung der in diesem Übereinkommen vorgesehenen Altersgrenzen nachprüfen; diese Nachprüfung hat sich auf alle Bestimmungen dieses Artikels zu erstrecken.

Sollte in Indien die Pflicht zum Schulbesuche bis zum Alter von vierzehn Jahren durch die Gesetzgebung eingeführt werden, so würde dieser Artikel ausser Kraft treten und die Artikel 2, 8, 4, 5, 6 und 7 würden dann auf Indien Anwendung finden.

Artikel 10.

Die förmlichen Eatifikationen dieses Übereinkommens sind nach den Bestimmungen des Teiles XIII des Vertrages von Versailles und der entsprechenden Teile der anderen Friedensverträge dem Generalsekretär des Völkerhundes zur Eintragung mitzuteilen.

Artikel 11.

Dieses Übereinkommen bindet nur diejenigen Mitglieder der Internationalen Arbeitsorganisation, deren Eatifikation beim Sekretariat eingetragen ist.

Es tritt in Kraft ein Jahr nachdem die Eatifikationen zweier Mitglieder durch den Generalsekretär eingetragen worden sind, In der Folge tritt dieses Übereinkommen für jedes andere Mitglied ein Jahr nach der Eintragung seiner Eatifikation in Kraft.

Artikel 12.

Sobald die Katifikationen zweier Mitglieder der Internationalen Arbeitsorganisation beim Sekretariat eingetragen sind, teilt der Generalsekretär des

712 Völkerbundes dies sämtlichen Mitgliedern der Internationalen Arbeitsorganisation mit. Auch gibt er ihnen Kenntnis von der Eintragung der Ratifikationen, die ihm später von anderen Mitgliedern der Organisation mitgeteilt werden, Artikel 13.

Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat, kann es nach Ablauf von zehn Jahren, gerechnet von dem Tag, an dem es zum erstenmal in Kraft getreten ist, durch Anzeige an den Generalsekretär des Völkerbundes kundigen. Die Kündigung 'wird von diesem eingetragen. Ihre Wirkung tritt erst ein Jahr nach der Eintragung beim Sekretariat ein.

Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat und innerhalb eines Jahros nach Ablauf des im vorigen Absätze genannten Zeitraumes von zehn Jahren von dem in diesem Artikel vorgesehenen Kundigungsrechte keinen Gebrauch macht, bleibt für einen weiteren Zeitraum von fünf Jahren gebunden.

In der Folge kann es dieses Übereinkommen jeweils nach Ablauf eines Zeitraumes von fünf Jahren nach Massgabe dieses Artikels kundigen.

Artikel H.

Der Verwaltungsrat dos Internationalen Arbeitsamtes hat nach Inkrafttreten dieses Übereinkommens jeweils bei Ablauf eines Zeitraumes von zehn Jahren der Allgemeinen Konferenz einen Bericht über die Durchführung dieses Übereinkommens zu erstatten und darüber zu entscheiden, ob die Frage seiner gänzlichen oder teilweisen Abänderung auf die Tagesordnung der Konferenz gesetzt werden soll.

Artikel 15.

Nimmt die Allgemeine Konferenz ein Übereinkommen an, welches das vorliegende Übereinkommen gänzlich odor teilweise abändert, so schliesst die Ratifikation des neugefassten Übereinkommens durch ein Mitglied ohne weiteres die Kündigung des vorliegenden Übereinkommens in sich, ohne Rücksicht auf die in Artikel 13 vorgesehene Frist. Voraussetzung ist dabei, dass das neugefasste Übereinkommen in Kraft getreten ist.

Vom Inkrafttreten des neugefassten Übereinkommens an kann das vorliegende Übereinkommen von den Mitgliedern nicht mehr ratifiziert werden.

Indessen bleibt das vorliegende Übereinkommen nach Form und Inhalt in Kraft für die Mitglieder, die dieses, aber nicht das neugefasste Übereinkommen ratifiziert haben.

Artikel 16.

Der französische und der englische Wortlaut dieses Übereinkommens sind in gleicher Weise massgebend.

713 4.

Empfehlung betreffend das Alter für die Zulassung von Kindern zu nichtgewerblichen Arbeiten.

Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation dea Völkerbundes, die vom Verwaltungsrate des Internationalen Arbeitsamtes nach Genf einberufen wurde und am 12. April 1932 zu ihrer sechzehnten Tagung zusammengetreten ist, hat beschlossen, verschiedene Anträge anzunehmen betreffend das Alter für die Zulassung von Kindern zur Arbeit in nichtgewerblichen Berufen, eine Präge, die den dritten Gegenstand ihrer Tagesordnung bildet, und dabei bestimmt, dass diese Anträge die Form einer Empfehlung erhalten sollen.

Die Konferenz nimmt heute, am 80. April 1982, folgende Empfehlung an, die den Mitgliedern der Internationalen Arbeitsorganisation vorzulegen ist zur Prüfung, ob sie sich durch die Gesetzgebung oder in anderer Weise ver·wirklichen lässt, gemäss den Bestimmungen des Teiles XIII des Vertrages von Versailles und der entsprechenden Teile der anderen Friedensverträge : Die Konferenz hat den Entwurf eines Übereinkommens über das Alter für die Zulassung von Kindern zu nichtgewerblichen Arbeiten angenommen, um so die internationale Eegelung zu vervollständigen, die auf früheren Tagungen durch die Annahme der drei Übereinkommen über das Alter für die Zulassung von Kindern zur gewerblichen Arbeit, zur Arbeit auf See und zur Arbeit in der Landwirtschaft geschaffen worden ist.

Sie wünscht eine möglichst gleichartige Durchführung des neuen Entwurfes eines Übereinkommens sicherzustellen, der die Eegelung gewisser Einzelheiten der Gesetzgebung überlässt.

Sie verkennt nicht die Verschiedenartigkeit der von dem bezeichneten Entwurf eines Übereinkommens erfassten Arbeiten und die Notwendigkeit, auch verschiedenartige Durchführungen zuzulassen, je nach dem Klima, den Gebräuchen, der Überlieferung und den sonstigen besonderen Verhältnissen des einzelnen Landes. Aber sie hält dafür, dass gewissen Arten der Durchführung, die befriedigende Ergebnisse gezeitigt haben und die den Mitgliodstaaten als Richtlinien dienen können, Rechnung getragen werden sollte.

Die Konferenz empfiehlt demgemäss den Mitgliedern, die folgenden Regeln und Verfahren in Erwägung zu ziehen: /. Leichte Arbeiten.

1. Um den Kindern den vollen Nutzen des Schulunterrichtes zuzuwenden und um ihre körperliche, geistige und sittliche Entwicklung
sicherzustellen, ist es erwünscht, ihre Beschäftigung, solange sie der Schulpflicht unterstellt bleiben, möglichst einzuschränken.

2. Bei der Bestimmung der Arten von leichter Arbeit, zu denen Kinder ausserhalb der Stunden des Schulbesuches zugelassen werden können, wären

714 Beschäftigungen und Arbeiten ·wie Botengänge, Austragen von Zeitungen, gelegentliche kleine Dienstleistungen auf Sport- und Spielplätzen, Pflücken und Verkauf von Blumen und Früchten in Erwägung zu ziehen.

8. Die zuständigen Behörden sollten als Voraussetzung für die Zulassung von Kindern zu leichten Arbeiten das Einverständnis der Eltern oder des Vormundes, ein ärztliches Zeugnis über die körperliche Eignung für die beabsichtigte Beschäftigung und erforderlichenfalles vorher eine gutachtliche Äusserung der Schulbehörden verlangen.

4. Die Begrenzung der täglichen Arbeitsstunden der Kinder bei leichten Arbeiten ausserhalb der Schulstunden sollte einerseits dem Stundenplane der Schule, andererseits dem Alter des Kindes angepasst werden. Findet Unterricht vormittags und nachmittags statt, so sollte dem Kind eine ausreichende Kuhezeit vor dem Vormittagsunterrichte, zwischen dem Vormittags- und dem Nachmittagsunterricht und unmittelbar nach letzterem gesichert werden.

II. Beschäftigung bei öffentlichen

Aufführungen.

5. Die Beschäftigung von Kindern unter zwölf Jahren bei öffentlichen Aufführungen jeder Art wie auch die als Schauspieler oder Statisten bei Filmaufnahmen sollte grundsätzlich verboten seni. Ausnahmen von dieser Regel sollten nur in ganz geringem Umfang und nur in dem Masse zugelassen werden, als es im Interesse der Kunst, der Wissenschaft und des Unterrichtes liegtDie zuständigen Behörden sollten die Einzelermächtigung nur erteilen, wenn die Beschaffenheit und Eigenart der betreffenden Beschäftigung es rechtfertigt, Eltern oder Vormund zugestimmt haben, und die körperliche Eignung des Kindes für die Beschäftigung festgestellt ist- Im Falle der Beschäftigung bei Lichtspielaufnahmen wäre dafür zu sorgen, dass die Kinder augenärztlicher Aufsicht unterstellt werden. Auch wäre dem Kinde gute Behandlung und die Möglichkeit der Fortsetzung des Unterrichtes zu gewährleisten.

Jede Ermächtigung sollte die Zahl der Stunden bezeichnen, während deren, das Kind beschäftigt werden darf, -wobei auf die Arbeit bei Nacht, an Sonnund gesetzlichen Feiertagen besonders Bücksicht zu nehmen wäre. Die Bewilligung wäre entweder für eine bestimmte Aufführung zu gewähren oder für einen begrenzten Zeitraum vorbehaltlich der Erneuerung.

III. Gefährliche Arbeiten.

6. Vor Bezeichnung der Arbeiten, die für Leben, Gesundheit oder Sittlichkeit der beschäftigten Personen gefährlich sind, sollte die zuständige Behörde die wichtigsten beteiligten Verbände der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer befragen; sie sollte dasselbe tun, bevor sie die höhere Altersgrenze oder die höheren Altersgrenzen bestimmt, welche die Gesetzgebung für solche Arbeiten vorzuschreiben hat.

Unter die Arbeiten der bezeichneten Art sollten beispielsweise einbezogen werden: gewisse Beschäftigungen bei öffentlichen Aufführungen wie Akro-

715 batik, gewisse Arbeiten in Heilanstalten, beispielsweise solche, die mit Ansteckungs- oder Infektionsgefahr verbunden sind, ferner in Gastwirtschaften, in denen alkoholische Getränke zum Ausschank gelangen, insbesondere die Bedienung der Gäste.

Je nach der besonderen Gefährdung sollten für einzelne Beschäftigungen verschiedene Altersgrenzen festgesetzt werden, wobei in gewissen Fällen die Altersgrenze für junge Mädchen höher angesetzt werden könnte als die für Jugendliche männlichen Geschlechtes.

IV. Verbot der Beschäftigung von Kindern durch bestimmte Personen.

7. Zum Schutze der Sittlichkeit der Kinder sollte Personen, die wegen bestimmter schwerer Straftaten verurteilt oder die notorische Trunkenbolde sind, die Beschäftigung anderer Kinder als der eigenen verboten sein, und zwar auch dann, wenn diese Kinder mit jenen Personen im gleichen Haushalte leben.

V. Überwachung der Durchführung.

8. Um die Durchführung der Bestimmungen des Entwurfes eines Übereinkommens zu erleichtern, ist es erwünscht, für die zur Beschäftigung zugelassenen Kinder ein Verfahren amtlicher Eintragung sowie Arbeitsbücher oder Personalausweise einzuführen.

Die bezeichneten Belege sollten insbesondere Angaben über das Alter des Kindes, die Art der Beschäftigung, die Zahl der zugelassenen Arbeitsstunden sowie den Zeitpunkt des Beginnes und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Kindes enthalten.

Für die Beschäftigung im Strassenhandel sollte das Tragen besonderer Abzeichen vorgeschrieben werden.

Werden Kinder bei öffentlichen Aufführungen beschäftigt, so sollten die Uberwachungs- und Aufsichtsbeamten das Eecht des Zutrittes zu den Bäumen haben, in denen solche Aufführungen vorbereitet oder durchgeführt werden.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über die sechzehnte Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz. (Vom 25. April 1933.)

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1933

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