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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über das Volksbegehren um Aufnahme einer Übergangsbestimmung zu Art. 34quater der Bundesverfassung über die Alters- und Hinterlassenenversicherung.

(Vom 16. Januar 1933.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Am 6. Dezember 1925 haben Volk und Stände den Art. 34quater der Bundesverfassung angenommen. Dieser lautet folgendennassen: «Der Bund wird auf dem Wege der Gesetzgebung die Alters- und die Hinterlassenenversicherung einrichten; er ist befugt, auf einen spätem Zeitpunkt auch die Invalidenversicherung einzuführen.

Er kann diese Versicherungszweige allgemein oder für einzelne Bevölkerungsklassen obligatorisch erklären.

Die Durchführung erfolgt unter Mitwirkung der Kantone; es können öffentliche und private Versicherungskassen beigezogen werden.

Die beiden ersten Versicherungszweige sind gleichzeitig einzuführen.

Die finanziellen Leistungen des Bundes und der Kantone dürfen sich zusammen auf nicht mehr als die Hälfte des Gesamtbedarfes der Versicherung belaufen.

Vom 1. Januar 1926 an leistet der Bund einen Beitrag in der Höhe der gesamten Einnahmen aus der fiskalischen Belastung des Tabaks an die Altersand Hinterlassenenversicherung.

Der Anteil des Bundes an den Reineinnahmen aus einer künftigen fiskalischen Belastung gebrannter Wasser wird für die Alters- und Hinterlassenenversicherung verwendet.» Diese Verfassungsbestimmung diente als Grundlage für das Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung. das am 6. Dezember 1931 vom Volke verworfen wurde.

54 Wenige Tage vor der Volksabstimmung, ani 30. November 1931, reichte das Eef erendumskomitee, das sich zur Bekämpfung des Gesetzes gebildet hatte, dem Bundesrat ein Volksbegehren um Aufnahme einer Übergangsbestimmung zu Art. 34iuater der Bundesverfassung ein. Dieses Begehren hat folgenden Wortlaut : « Ab l. Januar 1932 und bis zur Wirksamkeit der Alters- undHinterlassenenversicherung verwendet der Bund aus den Einkünften und Erträgnissen des Fonds für die Altersversicherung jährlich einen Betrag von 25 Millionen Franken für die Alters- und Hinterlassenenfürsorge.

Dieser Betrag -wird unter sämtliche Kantone verteilt im Verhältnis der durch die eidgenössische Volkszählung ermittelten Anzahl Personen schweizerischer Nationalität im Alter von über 65 Jahren.

Die Kantone haben die ihnen zufliessenden Beträge für die Ausrichtung von Altersrenten an Greise und Greisinnen von über 65 Jahren, sowie von Beihilfen an Witwen und Waisen zu verwenden. Die Leistungen sind an Personen schweizerischer Nationalität auszurichten, die aus eigenen Mitteln und Pensionen ihren Lebensunterhalt in auskömmlicher Weise nicht bestreiten können.

Die Kantone führen diese Fürsorge unentgeltlich durch. Sie können dabei a,uch gemeinnützige Institutionen zur Mitwirkung heranziehen.

- Der Bundesrat und die Kantonsregierungen bestimmen das Nähere auf dem Verordnungsweg.» Auf Grund eines Berichtes des Bundesrates vom 12. Januar 1982 stellten die gesetzgebenden Bäte am 17. Mär?; 1982 fest, dass das Volksbegehren von 51,011 gültigen Unterschriften unterstützt und somit zustandegekommen sei.

Gleichzeitig beauftragten sie den Bundesrat, ihnen in der Sache Bericht und Antrag zu unterbreiten. Wir beehren uns, diesem Auftrag hiermit nachzukommen.

I. Inhalt des Volksbegehrens.

1. Zweck. Das Volksbegehren bezweckt die Schaffung einer vorübergehenden unentgeltlichen Fürsorge, mit andern Worten eine Unterstützung von über 65 Jahre alten Greisen und Greisinnen, sowie von Witwen und Waisen schweizerischer Nationalität.

2. Anwendungsgebiet. Die Initiative möchte diese Unterstützung nicht, nur den bedürftigen Alten, Witwen und Waisen, sondern allen denjenigen zukommen lassen, « die aus eigenen Mitteln und Pensionen ihren Lebensunterhalt in auskömmlicher Weise nicht bestreiten können». Diese Ausdrucksweise ist dem am '6. Dezember 1931 verworfenen Versicherungsgesetz entnommen.

Gemäss Art. 29, Absatz 3, dieses Gesetzes hätten diejenigen Personen Anspruch auf den sogenannten «Sozialzuschuss», d. h. eine Zusatzleistung zu den eigentlichen Versicherungsleistungen, gehabt, «die aus eigenen Mitteln, wie Vermögen, Erwerbseinkonmien, Pensionen, ihren Lebensunterhalt nicht in auskömmlicher Weise bestreiten können». Bei der Ausarbeitung des Gesetzes wurde

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berechnet, dass diese Voraussetzungen ungefähr auf zwei Drittel der Greise, "Witwen und Waisen zutreffen1). Man ging nämlich von der Ansicht aus, dass die Bestimmung nicht allzu enge ausgelegt werden sollte und hatte den Wunsch, die Sozialzuschüsse dem Grossteil der Bevölkerung zukommen zu lassen. Die Initianten hatten Kenntnis von der Auslegung der in Frage stehenden Gesetzesbestimmung, und man muss also annehmen, dass sie, mit Bücksicht auf die Anlehnung des vorgeschlagenen Verfassungstextes an die Vorschrift des verworfenen Gesetzes, den gleichen Personenkreis in den Genuss der Fürsorgeeinrichtung setzen wollten.

Nach den vorläufigen Ergebnissen der Volkszählung von 1980, wie sie uns vom eidgenössischen Statistischen Amt mitgeteilt worden sind, umfasst die Schweiz etwa 265,000 über 65 Jahre alte Greise und Greisinnen, sowie 165,000 Witwen und 95,000 Waisen schweizerischer Staatsangehörigkeit. Ungefähr zwei Drittel, d. h. ungefähr 177,000 Greise und Greisinnen von mehr als 65 Jahren, 110,000 Witwen und 63,000 Waisen hätten somit Anspruch auf UnterStützung im Sinne der Initiative.

Bei gleichmässiger jährlicher Verteilung von 25 Millionen unter die 350,000 nach der Initiative fürsorgeberechtigten Alten, Witwen und Waisen schweizerischer Nationalität erhielte jede Person ungefähr Fr. 70. Wir führen diesen Betrag nur zur Veranschaulichen g an; eine solche Verteilung ist natürlich nicht in Aussicht genommen.

3. Dauer der Fürsorgetätigkeit. Diese hätte sich nach dem Willen der Initianten bis zur «Wirksamkeit der Alters- und Hinterlassenenversicherung» zu erstrecken. Zudem wären die Unterstützungen, rückwirkend auf den 1. Januar 1982 auszurichten.

4. Die Mittel. Die für das Hilfswerk nötigen Büttel sollen durch jährlicheEntnahme einer Summe von 25 Millionen Franken aas den Einkünften und Erträgnissen des Fonds für die Alters- und Hinterlassenenversicherung beschafft werden. Dieser beläuft sich zurzeit auf ungefähr ] 80 Millionen Franken.

Weder Fürsorgeberechtigte noch Arbeitgeber hätten irgendwelchen Beitrag an die Unterstützungen zu leisten. Ebenso wären Kantone und Gemeinden von jeglicher Beitragspflicht frei.

Die derzeitigen Einnahmen aus der fiskalischen Belastung des Tabaks belaufen sich auf jährlich 22--24 Millionen Franken. Diese Belastung stützt sich auf einen Beschluss des Bundesrates
vom 10. Dezember 1923, der durch Bundesbeschluss vom 4. April 1924 genehmigt wurde. Das Bundesgesetz über die Besteuerung des Tabaks bezweckte in der Hauptsache die Verankerung der bisherigen Belastung, sowie die Einführung einer Zigarettensteuer. Es wurde aber am gleichen Tage wie dasVersicherungsgesetzü vom Volke verworfen. Der Entwurf für ein neues Gesetz liegt zurzeit bei den eidgenössischen *) Vgl. Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurf eines Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung, vom 29. Angus t 1929, Bundesbl. 1929, Bd. II. S. 265.

56 Bäten. Im Palle seiner Annahme wird die fiskalische Belastung des Tabaks nach Schätzung des eidgenössischen Finanz- und Zolldepartements dem Bund jährlich eine Summe von rund 32 Millionen Franken einbringen.

Aus der Besteuerung der gebrannten Wasser wird dem Fonds für Altersund Hinterlassenenversicherung in der ersten Zeit jährlich eine Summe von ungefähr 10 Millionen Franken zufliessen, die sich indessen im Laufe der Jahre erhöhen wird und, nach den Mitteilungen des Finanzdepartements, in der Folge auf 12--15 Millionen Franken im Jahre ansteigen dürfte.

Die Summe von 25 Millionen Franken, die die Initiative jährlich für die Fürsorge ausgeben will, betrüge also zunächst annähernd % der gegenwärtigen jährlichen Einnahmen des Bundes aus der Belastung des Tabaks und des Alkohols (22 -(- 10 Millionen). Fhessen, wie zu erwarten, aus den erwähnten Finanzquellen nach einigen Jahren 44 Millionen Franken, so würden die für die Fürsorge im Sinne der Initiative aufzubringenden 25 Millionen immer noch mehr als die Hälfte jener Eingänge^ ausmachen. Die restlichen 19 Millionen ·würden weiter dem Versicherungsfonds zufliessen.

5. Verteilungsgrundlage. Die 25 Millionen Franken wären, im Verhältnis der durch die eidgenössische Volkszählung ermittelten Anzahl Personen schweizerischer Nationalität im Alter von über 65 Jahr en, imfcer sämtliche Kantone zu verteilen.

6. Ausführung. Die Kantone hätten das Fürsorgewerk unentgeltlich auszuführen. Sie könnten dabei gemeinnützige Einrichtungen zur Hilfe heranziehen.

Die Ausführungsvorschriften würden vom Bundesrat und den Kantonsregierungen erlassen. Die Initiative schliesst also jegliches Mitspracherecht der eidgenössischen wie der kantonalen gesetzgebenden Behörden aus.

Nach gründlicher Prüfung aller mit dem Volksbegehren zusammenhängenden Fragen müssen wir beantragen, es sei dem Volke und den Ständen die Verwerfung der Initiative und gleichzeitig die Annahme eines Gegenvorschlages zu empfehlen. Mit diesem Gegenvorschlag berücksichtigt der Bundesrat die durch die Wirtschaftskrise verursachte sehr bedrängte Lage der Bundesfinanzen: zugleich trägt er dem der Initiative zugrundehegenden Fürsorgegedanken Rechnung, soweit solches gerechtfertigt ist, und ohne dabei den Grundsatz der Versicherung preiszugeben.

II. Die allgemeinen Gründe für die Verwerfung des Volksbegehrens.

Trotz der Verwerfung des Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlaasenenversicherung bleibt der Art. 34iQatf"' der Verfassung in Kraft. Dieser Artikel, der vom Volke am 6. Dezember 1925 mit einer Mehrheit von 198,000 Stimmen angenommen wurde, verpflichtet den Bund zur Einrichtung nicht einer blossen Fürsorge, sondern einer vornehmlich auf der Beitragspflicht des

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"Versicherten beruhenden Alters- und Hinterlassenenversicherung. Die Verfassung gestattet somit nicht die Schaffung einer Einrichtung, die nur dem Namen nach eine Versicherung, in Wirklichkeit aber eine Fürsorge darstellen ·würde. Dies ergibt sich besonders klar und deutlich aus der Verfassungsbestimmung, wonach «sich die finanziellen Leistungen des Bundes und der Kantone zusammen auf nicht mehr als die Hälfte des Gesamtbedarfes der Versicherung belaufen» dürfen.

Wir haben in den verschiedenen Botschaften und Berichten zum grundlegenden Verfassungsartikel über die Versicherung, sowie in der Botschaft zum Ausführungsgesetz wiederholt die grossen Vorzüge dieser und die Mängel und Gefahren, die einer beitragslosen Fürsorge anhalten, hervorgehoben. la besonders einlässlicher Weise ist es in der Botschaft vom 21. Juni 1919 zum Entwurf eines neuen Art. 84iu:irl'1' der Bundesverfassung geschehen, in welcher ein ganzes Kapitel der Frage gewidmet ist. ob eine beitragslose Versorgung oder ein auf die Erhebung persönlicher Beiträge gegründetes Versicherungssystem in Aussicht zu nehmen sei (vgl. Eundesbl. 1919, Band IV, S. 111 ff.).

Ini Nachtragsbericht vom 23. Juli 1924 zur Verfassungsvorlage haben wir bei Prüfung der Frage, ob der Versicherung vorangehend eine provisorische Altersfürsorge zugunsten bedürftiger Greise einzurichten sei, neuerdings auf die Schwierigkeiten und die Gefahren einer solchen hingewiesen, sowie die Schäden hervorgehoben, welche dem Versicherungsgedanken auch aus einer solchen nur vorübergehenden Ordnung erwachsen könnten (vgl, Bundesbl. 1924, Band II, S. 718 ff.).

Obgleich die Botschaft zum Ausführungsgesetz vom 29. August 1929 sich über diese Frage eigentlich nicht mehr auszusprechen hatte, da sie durch die Verfassungsrevision vom 6. Dezember 1925 im Sinne der Versicherung entschieden war, so wurden dennoch erneut die Gründe, welche für eine Versicherung und gegen eine beitragsfreie Versorgung sprechen, zusammengefasst (vgl.

Bundesbl. 1929, Band II, S. 178 und 174).

Aber auch während der Beratungen der Verfassungsvorlage in den eidgenössischen Bäten wurde von keiner Seite die Einführung einer Fürsorge statt einer Versicherung als dauernde Institution verlangt. Einzig als provisorische Massnahme wurde durch die Herren Usteri und Schöpfer im Ständerate die vorläufige und temporäre
Verwendung eines Betrages von 10 Millionen Franken aus don Erträgnissen der fiskalischen Belastung des Tabaks für eine solche Fürsorge verlangt, damit bis zum Inkrafttreten eines Versicherungsgesetzes den über 70 Jahre alten, bedürftigen, nicht armengenössigen Greisen schweizerischer Nationalität beitragslose Unterstützungen gewährt werden iönnten. Diesem Antrag wurde aber vom Bundesrate aus entschieden entgegengetreten. Er wurde in der Folge vom Ständerat abgelehnt (vgl. Stenographisches Bulletin des Ständerates vom Jahre 1922, S. 34--86, 387--415, 417-^87) ·und im Nationalrat nicht wieder aufgenommen.

Angesichts dieser zahlreichen und einlässlichen Ausführungen über die Präge, ob das projektierte Sozialwerk auf dem Boden der Versicherung oder Buniiesblatt. 85. Jahrg. Bd. I.

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der Fürsorge zu errichten sei, möchten wir uns gestatten, auf die zitierten Botschaften und Berichte zu verweisen and hier nur noch einmal die wesentlichsten Gesichtspunkte hervorheben.

1. Die Alters- und Hinterlassenenversicherung, wie sie Art. S^1"1""1 der Bundesverfassung vorsieht, macht die Ausrichtung von Versicherungsleistungen von der regelmässigen Bezahlung von Brämien durch die Versicherten abhängig, Die Beitragspflicht bringt den ethisch und wirtschaftlich wertvollen Gedanken zum Ausdruck, dass es in erster Linie Sache jedes einzelnen Bürgers ist, für das Alter, sowie für seine Witwe und seine Waisen im Falle des Todes vorzusorgen.

Die Versicherung erfüllt mit der Auferlegung einer Beitragspflicht an den Versicherten eine erzieherische Aufgabe. Sie fördert bei diesem den Sparsinn, stärkt das Gefühl persönlicher Würde und der Verantwortlichkeit gegenüber der Familie und steigert die Anteilnahme an der Durchführung und dem finanziellen Gedeihen der Einrichtung. Den Begehrlichen lehrt sie, sich in der Geltendmachung seiner Wünsche einer gewissen Zurückhaltung zu befleissigen, indem sie in ihm das Bewusstsein wachruft, dass eine Erweiterung des Versiijherungsbereiches oder eine Erhöhung der Leistungen der Versicherung notwendig mit einer Erhöhung des Beitrages verbunden ist. Der Staat tritt mit seinen Zuwendungen nicht an die Stelle der persönlichen Vorsorge des einzelnen ; er unterstützt diese nur. Durch Erhebung von Versicherten- und Arbeitgeberbeiträgen, sowie dank staatlicher Zuschüsse, deren Ausmass zum Schutz gegen missbräuchliche Erhöhung fest begrenzt ist, wird es möglich, erhebliche Eenten von wirklichem Werte zu verabfolgen.

' Die von den Initianten in Aussicht genommenen Fürsorgeleistungen dürften von den Nutzniessern als sehr bescheiden angesehen werden. Sollten sie ansehnlicher ausfallen, so rnüsste der Staat eine viel höhere Summe als 25 Millionen aufwenden. Jedenfalls würden sich die Fürsorgeleistungen im Sinne des Volksbegehrens nur auf die Hälfte der Eenten belaufen, die durch eine gemäss Art. 84l11«1« der Verfassung geschaffene und vom Staat mit jährlich 25 Millionen geförderte Versicherung verabfolgt würden. Gemäss dem Verfassungsartikel dürfen sich die Leistungen aus öffentlichen Mitteln auf nicht mehr als die Hälfte des Gesamtbedarfes der Versicherung belaufen. Wenigstens
die Hälfte dieses Bedarfes muss durch die Versicherten selber und gegebenenfalls durch andere Beitragspflichtige, zum Beispiel die Arbeitgeber, gedeckt werden. Mittelst eines bescheidenen Beitrages, der, im Laufe eines Jahres allmählich entrichtet, kaum in Betracht fällt, sichert der Beitragspflichtige sich selbst oder, für den Fall seines vorzeitigen. Todes, seiner Witwe und seinen Waisen eine doppelt so hohe Leistung, als sie bei Aufbringung der nötigen Mittel ausschliesslich durch den Staat möglich wäre. Der Versicherung kommt daher nicht nur ein ethischer und erzieherischer Wert zu, wie er einer beitragslosen Fürsorge im Sinne des Volksbegehrens abgeht, sondern sie sorgt in wirksamer Weise für die Zukunft jedes Versicherten, sowie der Witwen und Waisen.

2. Man wird nun wohl unter Hinweis auf den nur provisorischen und übergangsweisen Charakter der durch die Initiative vorgeschlagenen Fürsorge ein-

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·wenden, dass diese nicht die Unzukömmlichkeiten moralischer, sozialer, finanzieller und politischer Art mit sich bringe, -wie sie einer bleibenden beitragslosen Fürsorge anhaften würden. Diese Einwendung ist indessen nicht, jedenfalls nicht in vollem Masse zutreffend.

Wie bereits bemerkt, wäre der Kreis der nach dem Wortlaut des Volksbegehrens TJnterstützungsberechtigten ein sehr weiter. Anderseits stellen die unter die Kantone zu verteilenden 25 Millionen Franken eine verhältnismässig grosse Summe dar; diese würde sicher die Hälfte desjenigen Betrages übersteigen, den der Bund als Zuschuss an eine Versicherung mit Prämienpflicht der Versicherten gegebenenfalls leisten könnte.

Da die Mittel für die Fürsorge ausschliesslich durch den Bund, ohne persönliche Beitragspflicht der Unterstützungsberechtigten, aufzubringen wären, so würden sich diese nach und nach an den Bezug von Leistungen gewöhnen, an die sie in keiner Weise beigesteuert hätten. Dies um so eher, als ein neues Versicherungsgesetz nicht vor Ablauf einer Eeihe von Jahren unter Dach gebracht werden kann. Der grösste Teil der Bundeseinnahmen aus der fiskalischen Belastung des Tabaks und Alkohols, die einzig für die Finanzierung der Zuschüsse des Bundes an eine Versicherung zur Verfügung stehen, würde so in Form von unentgeltlichen Fürsorgeleistungen verteilt, und die Frage liegt nahe, ob dann noch irgend ein Versicherungsgesetz, das zur Prämienzahlung verpflichtet, vor dem Volke Gnade finden würde. Es wäre vielmehr zu befürchten, dass eine solche als vorübergehend gedachte Fürsorge zu einer dauernden würde.

In der Demokratie ist es besonders schwer, eine provisorische Ordnung dahinfallen zu lassen, die den daran Interessierten nur materielle Vorteile bietet, ohne ihnen irgendwelche Verpflichtung aufzuerlegen. Ein solches Provisorium nimmt leicht dauernden Charakter an. Die Ausrichtung von Renten an ungefähr zwei Drittel der Alten, Witwen und Waisen, ohne dass diese vorher je einen Beitrag bezahlt hätten, würde viel eher den Wunsch nach höheren unentgeltlichen Leistungen wecken und den Widerstand gegen jede Prämienzahlung stärken. Im Hinblick auf die im Einzelfall massige Höhe der Unterstützung würde man die Gesamtaufwendung des Bundes von 25 Millionen Franken bald einmal als unzulänglich betrachten, und die Gefahr, dass man ausschliesslich
auf Kosten des Bundes eine Erhöhung der Eenten anstreben würde, wäre gross. So ist zu befürchten, dass sehliesslich die Einnahmen des Versicherungsfonds in ihrer Gesamtheit für unentgeltliche Fürsorgeleistungen beansprucht würden. Das wäre aber das Ende jeder Versicherung, Ein grosser Teil unseres Volkes würde in den Genuss von Fürsorgeleistungen gelangen, ohne zuvor Beiträge geleistet zu haben. Wäre ein solches System für die Entwicklung des Sparsinns nicht verhängnisvoll? Würde nicht an die Stelle eines gesunden Strebens nach Selbständigkeit und des Willens, an der Überwindung der Wechselfälle des Lebens aus eigener Kraft mitzuwirken, die Gewöhnung treten, sich für die Tage des Alters oder für den Fall des vorzeitigen Todes ausschliesslich auf den Staat und seine Hilfe zu verlassen 9 Würde eine solche unentgeltliche, möglicherweise dauernde Fürsorge, einmal im Volke eingewurzelt, dieses

60 nicht moralisch gefährden? Niemand wird sich dieser Einsicht verschliessen können. Das Gefühl für moralische und finanzielle Unabhängigkeit und für Selbstverantwortungwürde abgestumpft, und der einzelne würde dazw erzogen, sich ohne eigene Anstrengung auf die Öffentlichkeit, den Staat, zu verlassen.

Dazu treten aber die finanziellen Bedenken. Der Band hätte ganz allein die Kosten einer solchen Fürsorgeeinricbtung zu bestreiten. Alle Leistungen wären aus Bundesrnitteln aufzubringen. Nicht einmal die Kantone und Gemeinden wären irgendwie beitragspflichtig. So stünden dem Streben nach höhern Eenten keinerlei Hemmungen entgegen: weder solche, die sich aus der Erhöhung der Beiträge -- wie dies bei der Versicherung der Fall wäre -- noch solche, die sich aus der Mitbeanspruchung der Kantone und der Gemeinden ergäben.

Aus diesen Gründen muss die Initiative abgelehnt werden. Schon einzig die Tatsache, dass der Bund die ganze Last der Einrichtung trüge, ohne dass Beiträge der Kantone und der Gemeinden verlangt würden, rechtfertigt diesen Schluss. Denn die eidgenössischen Leistungen an dauernde Werke der Gemeinnützigkeit werden aus guten Gründen immer von der finanziellen Beteiligung der Kantone abhängig gemacht. Die Anwendung dieses Grundsatzes allein sichert die unerlässliche Kontrolle, sowie eine haushälterische Verwendung der Gelder und schafft Garantien dafür, dass dauernd Mass gehalten wird.

Eine derartige Fürsorge, wie die Initiative sie vorsieht, würde aber auch trotz aller Vorsichtsmassnahmen, die zwecks reinlicher Scheidung von der Armenpflege zu treffen wären, letzten Endes doch stark der Armenunterstützung gleichen und wohl auch in weitem Masse den Armenbehörden überlassen werden.

Die tatsächlichen Verhältnisse des einzelnen Falles müssten untersucht werden.

Da die Kantone nach dem Wortlaut der Initiative die Kosten der Verwaltung zu tragen haben, so würden sie sich schon aus Ersparnisgründen veranlagst sehen, die Organe der Armenpflege zu ihrer Durchführung heranzuziehen, so dass die Fürsorgeleistungen tatsächlich den Charakter von Armenleistungen aiifweisen würden. Nun wollen aber gerade die ihrer Verantwortung am meisten bewussten Teile unserer Volkes keine der Armenpflege verwandte und nahestehende Fürsorge, sondern eine Versicherung, die von jedem, der ihr angehört, Beiträge verlangt,
aber auch dem Bescheidensten ermöglicht, durch Meine eigene Opfer, wenn auch unter Mithilfe des Staates, für sein Alter und im Falle seines Todes für seine Familie anständig vorzusorgen. Ein Werk der Solidarität, aufgebaut auf der individuellen Selbstverantwortung, soll geschaffen, werden, das der Staat wohl organisiert und unterstutzt, aber es soll und darf der Staat nicht die Pflichten übernehmen, deren Erfüllung Sache des einzelnen Bürgers ist. Die Versicherung trägt der Würde des Menschen Rechnung, die Fürsorge degradiert ihn zum Empfänger von Leistungen, die Almosen verzweifelt ähnHeh sind.

3. Wir haben bereits erwähnt, dass die geplante, einzig auf Staatsleistungen aufgebaute Fürsorge der Mittel entbehrt, die der Versicherung aus den Bei-

tìl trägen zut'liessen. Daraus folgt, dass dieses System, wenn nicht der Staat in ganz unzulässiger und gefährlicher Weise belastet -werden soll, auch keine sozial befriedigende Lösung bedeutet und den Alten, Witwen und Waisen keine halbwegs genügenden Eenten bieten kann. Die blosse öffentliche J?ürsoige gibt auch nicht das moralische und gesetzlich verbriefte Kecht auf Leistungen, das durch die Beiträge erworben wird, und sie trägt so der Würde des Menschen nicht Eechnung. Solche staatliche Unterstützungen mögen eine gewisse Berechtigung haben für die Armen und ausgesprochen Bedürftigen, aber sie stellen keine Einrichtung dar, die den zwar in bescheidenen Verhältnissen lebenden, aber doch auf Selbständigkeit haltenden Kreisen der Bevölkerung erlaubt, für das Alter und den Todesfall vorzusorgen und so sich selbst einen sonnigeren Lebensabend, den Frauen und Kindern aber die Existenz zu sichern.

4. Diese Durchführung der Fürsorge im Sinne der Initiative bedeutet eine grosse Aufgabe. Die Abgrenzung des Kreises der Unterstützungsberechtigten an sich wäre keine leichte Sache und würde kaum erheblich kleinere Schwierikeiten bieten als die Anwendung entsprechender Bestimmungen eines Versicherungsgesetzes. Ein solches aber würde die nötigen Organe schallen, während hier offenbar manche, Kantone in die Versuchung kämen, einfach die Armenbehörden mit der Durchführung zu betrauen, ja sogar überhaupt ihre Armenausgaben., wenigstens teilweise," durch die Fürsorgeleistungen zu ersetzen.

In diesem Falle würden die Unterstützten eigentlich keine materielle Besserung ihrer Lage erfahren.

Es wäre eine notwendige Folge der geplanten Organisation, dass jeder Kanton das Bundesgeld nach seinen Ideen verwenden würde, so dass man in der Schweiz eine bunte Musterkarte von Vollzugsbostimmungen und Vollzugsgewohnheiten bekäme, die weit entfernt davon wären, einem jeden zu garantieren, dass er unter gleichen Verhältnissen die gleichen Leistungen erhielte.

Der grosse Gedanke der Sozialversicherung, die trotz des erlittenen Rückschlages das Ziel bleibt und ein eidgenössisches Werk werden soll, würde verlassen und auf unabsehbare Zeit, vielleicht für immer, durch eine zersplitterte und ungleiche kantonale, allerdings vorn Bunde bezahlte Fürsorge ersetzt, die der rationellen Lösung des Problems im Wege stünde.

5. Es ist
durchaas verständlich, dass die Kreise, die das Versicherungsgesetz bekämpften und zu Fall brachten, das Bedürfnis haben, etwas anderes aa dessen Stelle zu bieten. Die vorgeschlagene Lösung ist aber unannehmbar.

Die Bedenken, denen sie ruft, wachsen mit der mutmasslichen Dauer, die der in. Frage stehenden Einrichtung beschieden sein wird, mit der Ausdehnung, die sie hinsichtlich des einbezogenen Personenkreises annimmt, und mit den Beträgen, die ihr zugewendet werden.

Soll der Idee der Initianten Eechnung getragen werden, so muss der Vorschlag zurückgeschnitten werden. Stehen für eine Fürsorgeinstitution weniger Mittel zur Verfügung und wird demgemäss auch der Kreis der Personen, die in deren Genuss treten sollen, entsprechend eingeschränkt, so ist die

62 Gefahr, dass ein «endgültiges Provisorium» geschaffen werde, geringer, und es treten auch die andern Bedenken, die wir entwickelten, etwas zurück.

Wir sind bereit, der Grundidee der Initianten in wesentlich veränderter und reduzierter Form Bechming zu tragen. Wenn wir das tun, so leitet uns dabei auch der Wunsch, die Frage womöglich durch gegenseitiges Entgegenkommen zu. lösen. Darüber sprechen wir uns anlässlich der Begründung des Gegenvorschlags aus,

III. Kritik der Einzelbe^timmungen des Initiativbegehrens.

Abgesehen von diesen grundsätzlichen Erwägungen, die gegen die Initiative sprechen, sei noch auf eine ganze Eeihe von Mängeln hingewiesen, die die einzelnen Bestimmungen der Initiative aufweisen.

1. Die Initiative verpflichtet den Bund, einen Betrag von Fr, 23,000,000 aus dem Erlös der fiskalischen Belastung von Tabak und Alkohol unter die Kantone zu verteilen.

Die Kantone haben die Fürsorge durchzuführen. Sie können gemeinnützige Einrichtungen zur Mitwirkung heranziehen, aber sie müssen es nicht tun.

Da es sich dabei um Institutionen handelt, deren Tätigkeit sich über das ganze Land erstreckt, wie z. B. die Stiftung «Für das Alter», so würden grosse Schwierigkeiten und Komplikationen entstehen, weil die gesamtschweizerischen Organisationen sich einer ganzen Eeihe verschiedenartiger kantonaler Vorschriften anpassen und mit den verschiedensten Behörden verkehren müssten.

Würde das Volksbegehren in der vorliegenden Form angenommen, so wäre der Bund nicht befugt, Organisationen, wie z. B, die schweizerische Stiftung «Für das Alter» durch Zuwendungen aus dem Ertrag der Tabak- und Alkoholsteuern zu unterstützen. Im Hinblick aul seine schwierige finanzielle Lage wäre der Bund aber auch nicht in der Lage, solchen Fürsorgeeinrichtungen Hilfe aus anderweitigen Mitteln zukommen zu lassen.

2. Nach dem Text des Initiativbegehrens soll die für die Alters- und Hinterlassenenfürsorge zur Verfügung gestellte Summe unter die einzelnen Kantone im Verhältnis der Zahl der Personen schweizerischer Nationalität im Alter von über 65 Jahren verteilt werden. Diese Verteilungsgrundlage nimmt keinerlei Bücksicht auf die Zahl der Witwen und Waisen und hätte zur Folge, dasa z. B.

Kantone mit einer verhältnismässig grossen Anzahl solcher benachteiligt würden. So weist der Kanton Uri im Verhältnis zu seiner Gesamtbevölkerung am wenigsten Greise schweizerischer Nationalität auf (53,4 °/w>) ; dagegen gehört er zu jenen Kantonen, die am meisten Waisen zählen (45 °IM).

3. Die Durchführung der Fürsorge soll nach dem Vorschlage der Initianten durch Verordnungen des Bundesrates und der kantonalen Eegierungen in die Wege geleitet werden. Damit würde die Ausführung einer Verfassungsnorm unter Ausschluss des ordentlichen Gesetzgebungsweges blossen Vollziehungserlassen der Eegierungen anheimgestellt. Dieses Verfahren wäre nicht un-

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bedenklich. Die Initiative lässt eine Eeihe von Fragen offen, die für ihre Durchführung entscheidend sind. Sie spricht nur von der Gewahrung von Altersrenten an Greise und Greisinnen von über 65 Jahren, sowie von Beihilfen an Witwen und Waisen, ohne aber über das Ausmass sowie über die Bedingungen der Leistungsgewährung irn Einzelfall, über die Berücksichtigung des Unterschiedes zwischen Stadt und Land, dos Familienstandes und anderer wichtiger Faktoren das Geringste zu bestimmen. Es wäre nicht klug bei der Lösung dieser Fragen die berufenen parlamentarischen Behörden ohne Not auszu-schliessen und die Regelung einem Erlass der Exekutive vorzubehalten.

i. Sodann fehlt es in der Initiative an einer Bestimmung über das Verhältnis zwischen den Vollziehungsvorschriften des Bundes und denjenigen der Kantone, sowie an einem ausdrücklichen Genehmigungsvorbehalt zugunsten des Bundes. Eine solche Genehmigung ist aber unerlässlich, wenn bei der Durchführung der Fürsorge durch die Kantone eine gewisse Einheitlichkeit walten und Gewähr dafür bestehen soll, dass die vom Bunde zur Verfugung gestellten Mittel dem Willen des Verfassungstextes gemäss überall die bestmögliche Verwendung finden. Wird man auch das Genehmigungsrecht aus dem allgemeinen Verhältnis zwischen bundesrechtlichen Normen und solchen des kantonalen Rechts ableiten dürfen, so kann doch das Fehion einer ausdrücklichen Vorschrift im konkreten Fall zu Unsicherheit über dessen Umfang und zu Konflikten zwischen dem Bund und den Kantonen Anlass geben. Das Fürsorgewerk könnte niemals richtig und reibungslos seine Aufgabe erfüllen, wenn die Kompetenzen des Bundes und diejenigen der Kantone nicht klar ausgeschieden wären. Eine solche Ausscheidung soll aber mindestens durch einen Erlass der Bundesversammlung, nicht bloss durch eine bundesrätliche Verordnung geschehen.

S Vom Wunsche geleitet, die projektierte Hilfe baldmöglichst eintreten zu lassen, will die Initiative schon vom 1. Januar 1982 weg jährlich 25 Millionen Franken aus den Einkünften und Erträgnissen des Fonds für die Alters- und Hinterlassenenversicherung unter die Kantone verteilen. Anderseits soll nach dem Initiativbegehren diese Verwendung «bis zur Wirksamkeit» der Altersund Hinterlassenenversicherung erfolgen.

Die Initianten wollen also das in Aussicht genommene Hilfswerk rückwirkend in
Kraft treten lassen. Ferner soll nach ihrer Meinung die beitragslose Fürsorge, die sie befürworten, nicht bis zum Inkrafttreten, sondern bis zur «Wirksamkeit» der Alters- und Hinterlassenenversicherung andauern. Die Anwendung dieser beiden Grundsätze wurde nun aber auf grosse Schwierigkeiten stossen.

a. Hinsichtlich der B u c k w i r k u n g der Fürsorge stellen wir folgendes fest: Die Initiative ist zu Ende des Jahres 1981 eingereicht worden und konnte somit frühestens in der Märzsession 1932 der Bundesversammlung nach Prüfung

«4 der gesammelten Unterschriften erwahrt werden. Wegen der Schwierigkeiten und der Bedeutung der Materie wollte der Bundesrat erst nach sorgfältiger Überlegung und nach Fühlungnahme mit den verschiedensten Kreisen den Eäten Bericht erstatten. Dazu trat der Wunsch, die Entwicklung der Wirtschaftskrise und ihre Rückwirkungen auf die eidgenössischen Finanzen während einiger Zeit zu beobachten. Die- Beratung in den eidgenössischen Eäten dürfte auch ihrerseits geraume Zeit in Anspruch nehmen, so dass die Abstimmung des> Volkes und der Stände über das Initiativbegehren frühestens in der zweiten Hälfte des Jahres 1938 wird vor sich gehen können. Im Falle der Annahme der Initiative müsste dem Bundesrat sowie den Kantonsregierungen erst noch Zeit zur Ausarbeitung der erforderlichen Ausführungsmassnahmen gelassen werden. Bei Ansetzung des Wirkungsbeginns der neuen Verfassungsbestimmung auf den 1. Januar 1982 würde die Rückwirkung somit eine Zeitspanne von 2 oder vielleicht sogar S Jahren umfassen.

Rückwirkung bedeutet bekanntlich Anwendung von Gesetzesnormen auf Tatbestände, die bereits vor dem formellen Inkrafttreten eines Gesetzes eingetreten sind. Bei Anwendung dieses Grundsatzes auf die Initiative und ihre Vollziehung müssten also Fürsorge]eistungen jenen Alten, Witwen und Waisen ausgerichtet werden, die seit dem 1. Januar 1932 die aufgestellten Bedingungen erfüllten. Wäre z. B. den Erben eines Greises schweizerischer Nationalität, der nach dem 1. Januar 1982, jedoch vor Durchführung der durch das Initiativ begehren vorgesehenen Fürsorgemassnahmen gestorben ist, für das Jahr 1.932 noch eine Rente auszuzahlen? Dann müsste nachträglich untersucht werden, ob der betreffende Greis im Zeitpunkt seines Todes die für den Bezug der Beute vorgesehenen Bedingungen erfüllte.

Es erhebt sich die Frage, ob überhaupt eine Bückwirkung mit den Aufgaben vereinbar sei, denen eine Fürsorgeeinrichtung dienen will. Das von den Initianten vorgeschlagene Werk soll Greisen und Greisinnen, Witwen und Waisen Unterstützung bringen. Eine solche könnte aber nur für die Gegenwart oder die Zukunft gewährt werden. Bereits erduldete Not entzieht sich einer nachträglichen. Milderung. Häufig wird die Untersuchung früherer Verhältnisse, die sich im Laufe der Zeit vollständig verändert haben können, überaus schwierig sein. Vollends
sinnwidrig wäre es aber, jemandem, der in einem frühem Zeitpunkt bedürftig war, jetzt aber in guten Verhältnissen lebt, rückwirkend Fürsorgeleistungen auszurichten.

Unter diesen Umständen miisste wohl die Rückwirkung auf das Verhältnis zwischen Bund und Kantonen beschränkt werden in dem Sinne, dass der jährliche Anteil jedes Kantons an den 25 Millionen auf den 1. Januar 1932 zurückberechnet würde. Diese Auslegung, die übrigens mit dem Text des Initiativbegehrens kaum vereinbar zu sein scheint, würde ebensowenig zu befriedigenden Ergebnissen führen. Die Kantone dürfen nämlich die vom Bund empfangenen Gelder nicht kapitalisieren, sondern hätten sie fortlaufend au

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Zwecken der Fürsorge zu verwenden. Bei einer rückwirkenden Berechnung der kantonalen Anteile wurden den Kantonen zu Anfang erheblich grössere Mittel zufliessen als es spater der Fall wäre. Dies hatte zur Folge, dass die Kantone anfänglich auch höhere Leistungen ausrichten mußten als in den folgenden Jahren.

b. Nicht glucklicher scheint der Zeitpunkt gewählt zu sein, der m der Initiative für die Einstellung der Fürsorge vorgesehen ist. Nach der Meinung der Initianten soll der Bund bis zur Wirksamkeit der Alters- und Hinterlassenenversicherung jährlich einen Betrag von 25 Millionen Franken unter die Kantone verteilen. Das I n k r a f t t r e t e n eines Gesetzes wird immer auf ein bestimmtes Datum festgesetzt. Was ist aber unter«Wirksamkeit»» der Versicherung 211 verstehen? Es handelt sich dabei una einenBegriff,, der verschieden ausgelegt werden kann. Die Initianten wollen mit ihrem Vorschlag offenbar verhindern, dass die Fürsorge dahinfalle, bevor die Personen. J'ur die sie bestimmt ist, des Schutzes der Versicherung teilhaftig geworden sind. Ob und in welchem Umfange d a s letztere geschehen kann, hangt jedoch v o m Inhalt d e s Greise, die ihren Lebensunterhalt nicht in auskömmlicher Weise aus eigenen Mitteln bcstrciten können, wahrend einer Übergangszeit, d. h. bis zum vollen Inkrafttreten der Versicherung, ohne Beitragsleistung Anspruch auf eine reduzierte Rente gehabt, s o dass m i t demInkrafttretenn jenes Gesetzes system als dem durch das verworfene Gesetz "vorgesehenen wäre es aber sehr wohl möglich, dass nur die jungern Jahrgänge in die Versicherung einbezogen, die altern dagegen davon ausgeschlossen wurden.Was& mussi e in diesem Falle unter Wirksamkeit der Versicherung verstanden werden?

Eine Versicherung wird wirksam. sobald mit d e r Ausrichtung v o n Initiative wegfallen, wenn die ersten Leistungen aus der Versicherung fliessen, auch wenn noch zahlreichefürsorgebedürftigee Personen vorhanden sind, die keine Versicherungsleistungen erhalten werden? Doch wohl nicht. Ebenso unerträglich wäre es aber, weiterhin unverändert jahrlich 25 Millionen Franker aus Mitteln des Bundes an die Kantone auszubezahlen, bis die Versicherung z u ihrer vollen Wirksamkeit gelangt, auch wenn zuletzt n u r noch Wenige solchenistï bekanntlich immer ungewiss; durch blosses Gesetz- aber waren die Schwierigkeiten
nicht zu beseitigen. So wäre es richtiger gewesen, auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens einesneuenuVersicherungsgesetzess abzustellen, das dann selbst die nötigen Vorschüttenfürr die der Versicherung angepasste vorläufigeWeiterführungg der Fürsorge aufzustellen hatte.

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IV. Finanzielle Erwägungen.

Zu den bereits erwähnten Gründen politischer und sozialer Art treten nun aber noch Erwägungen finanzieller Natur, die uns ebenfalls dazu führen, Ihnen mit aller Entschiedenheit die Ablehnung der Initiative zu befürworten.

Die finanzielle Lage der Eidgenossenschaft ist bekannt. Sie ergibt sich aus dem Budget für das Jahr 1933 und aus der Begleitbotschaft, auf die wir hier verweisen. Das Defizit beträgt rund 70 Millionen. Auch die Bundesbahnen haben mit grossen Schwierigkeiten zu kämpfen und weisen für 1933 einen Budgett'ehlbetrag von 45 Millionen auf.

Im Voranschlag der Eidgenossenschaft für das Jahr .1.933 haben wir uns bemüht, die Ausgaben nach Möglichkeit einzuschränken und zu sparen. Die eingetretenen Einnahmenausfälle und die aus der Krise sich ergebenden, unvermeidlichen Mehrausgaben erfordern jedoch ausserordentliche Maasnahmen. Die Schwierigkeiten einer erheblichen Beduktion der Ausgaben sind sehr grosse, und der Bückgang gewisser wichtiger Einnahmequellen, wie namentlich der Zölle und der Stempelsteuer, ist durch die Krise bedingt und unvermeidbar. Anderseits musa die Einführung neuer Belastungen tunlichst vermieden werden, da die Wirtschaft sie nicht erträgt. Es ist hier nicht der Ort, um über die Krisensteuer zu sprechen. Der Bundesrat wird zu einem solchen Projekt später Stellung zu nehmen haben. Es darf aber immerhin auf die entschiedene Ablehnung, die ein derartiges Projekt in grossen Kreisen des Volkes findet, und auf die Bedenken hingewiesen werden, denen eine weitere Besteuerung von Vermögen nnd Einkommen zugunsten des Bundes begegnet.

Es war daher namentlich mit Rücksicht auf den sozialen Charakter vieler Krisenausgabsn naheliegend, wenigstens einen Teil der Einnahmen aus der Besteuerung des Tabaks und des Alkohols vorübergehend für die Deckung der ausserordentlichen Aufwendungen des Bundes in Anspruch zu nehmen. Allein für die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit in allen ihren Formen sieht das Budget des Bundes für das Jahr 1938 eine Ausgabensumme von 31% Millionen vor.

Die Bauernhilfo, die Unterstützung der Milchproduzenten, die Subventionen an den Krisenfonds der Lohnsticker und für die Unterstützung der Kleinindustriellen in der Uhrenindustrie, sowie die Hilfsrnassnahmen zugunsten des notleidenden Hotelgewerbes fordern im Jahre 1933 Beträge von 18
Millionen Pranken. Ob die budgetierten Kredite ausreichen, ist unsicher. Es ist dies von der weitern Entwicklung abhängig. Jedenfalls werden noch erhebliche Beträge für Arbeitsbeschaffung dazu kommen.

Wir stehen also vor der Tatsache, dass der Bund für die nächsten Jahre gewaltige ausserordentliche Ausgaben zu bestreiten hat, denen er sich ohne Gefährdung der Wirtschaft und des sozialen Friedens nicht entziehen kann.

Das allgemeine Interesse fordert, dass der Staat diesen Aufgaben in angemessener Weise gerecht wird. Soll diese Pflicht erfüllt werden, so müssen die nötigen Mittel zur Verfügung stehen. Es liegt uns ferne, auf dem Gebiete der wirt-

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schaftlicheu und sozialen Hilfe den Bund über das Nötige hinaus verpflichten, zu wollen. Man muss sich aber klar sein, dass es sich um Schicksalsfragen handelt, deren Lösung für die Zukunft von Land und Volk entscheidend ist.

Bevor der B\md eine neue Aufgabe übernimmt, die 25 Millionen im Jahre beansprucht, müssen die Mittel gesichert sein, um die Kosten der erwähnten unvermeidlichen sozialen und wirtschaftlichen Ausgaben zu bestreiten. Da nun einmal die Versicherungsvorlage abgelehnt -wurde und somit die Eealisierung dieser verfassungsmässig dem Bunde übertragenen Aufgabe für eine Anzahl von Jahren verschoben wird, so wird man es sich genau überlegen müssen, ob die Eidgenossenschaft nunmehr eine ausgedehnte und, -wie -wir zeigten, in ihrer Anlage und ihren Wirkungen unbefriedigende Aktion im Gebiete der reinen Alters- und Hinterlassenenfürsorge einleiten soll, oder ob es nicht richtiger und vorsichtiger ist, die finanzielle Durchführung der Aufgaben zu sichern, die dem Bunde bereits obliegen. Diese Überlegung ist um so begründeter, als die vorgesehene Institution breit angelegt ist, sofort grosse Summen beansprucht und wahrscheinlich mit der Zeit noch bedeutendere Mittel erfordern würde. Es ist gegeben, dass vorhandene, einem bestimmten Zwecke verfangene Einnahmequellen, wenn deren Erträgnisse wenigstens vorübergehend teilweise anderweitig verwendet werden sollen, zunächst für die Deckung von bereits bestehenden Ausgaben in Anspruch genommen werden, bevor neue Gebiete in den Aufgabenkreis des Bundes eingeführt werden. Sollen aber die Einnahmen aus der Besteuerung des Tabaks und des Alkohols zur Deckung der Krisenausgaben herbeigezogen werden, so muss es jetzt geschehen, und es muss die Initiative in der vorliegenden Form abgelehnt werden. Würde sie angenommen und damit eine Summe von 25 Millionen für die Alters- und Hinterlassenenfürsorgc ausgesetzt, so bestünde keine Aussicht mehr, einen Teil der Steuererträgnisse aus Tabak und Alkohol für die sozialen Ausgaben der Krisenperiode herbeiziehen zu können.

Wir haben uns nicht leicht entschlossen, Ihnen zu empfehlen, einen Teil dei Erträgnisse der Tabak- und Alkoholbesteuerung ihrem bisherigen verfas anngemässigen Zwecke zu entziehen. Die Lage erfordert dies aber. Die tunlichste Aufrechterhaltung des Gleichgewichts in den Einnahmen und Ausgaben des
Bundes ist gerade heute gebieterische Notwendigkeit. Selbst wenn eine ganze Eeihe anderer Einnahmequellen erschlossen und bereits vorhandene, weiter entwickelt werden, so ist es nötig, auch noch die Einnahmen aus der Tabak- und Alkoholbelastung herbeizuziehen, und es erscheint als unmöglich, auf andere Weise die nötigen Mittel zu beschaffen. Die vorgeschlagene Änderung ist unseres Erachteus um so eher annehmbar, als die Beanspruchung der erwähnten Steucrerträgnisse nur eine vorübergehende ist und möglich erscheint, ohne dass damit die Schaffung einer künftigen Alters- und Hinterlassenenversicherung in Frage gestellt würde. Der Umstand, dass in der Bealisierung dieses Projektes eine Verzögerung eintritt, und die von uns vorgeschlagene Bestimmung, dass nach Ablauf einer Anzahl von Jahren auch die für die Krisenausgaben in Anspruch genommenen Teilbeträge der Alkohol- und

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Tabakbesteuerung wieder in den Versicherungsfonds fallen, erlauben es, diesen auch künftig in erheblicher Weise zu äufnen, so dass er seinerzeit, wenn einmal die Versicherung in Kraft tritt, die wünschbare Grandlage für die Alters- und Hinterlassenenversichorung bieten wird. Es ist nicht absolut nötig, in der Zwischenzeit die sämtlichen Steuerertrfignisse in den Fonds fallen z\i lassen, dringende Tagesaufgaben zu vernachlässigen oder die gegenwärtige Generation mit neuen Steuern für alle die Ausgaben zu belasten, die die Krise uns auferlegt.

Ist also die Ansicht der Initianten, dass ein erheblicher Teil der Tabak- und Alkoholsteuer zugunsten der gegenwärtigen Generation zu verwenden sei, grundsätzlich nicht zu verwerfen, so ist bei ihrer Verwirklichung dea dargelegten Bedürfnissen und den seit der Einreichung des Volksbegehrens veränderten Verhältnissen Beatmung zu tragen. Es muss auch von diesem Gesichtspunkt a,us der Vorschlag, der Fürsorge für die Alten und Hinterlassenen eine grosse und dazu noch eine feste Summe zuzuführen, abgeändert werden. Ein Betrag von 25 Millionen, der ohne Bneksieht auf die effektiven Erträgnisse der Tabak- und Alkoholbesteuerung eventuell sogar aus den Zinsen des bestehenden Versicherungsfonds geleistet werden soll, beläuft sich auf etwa drei Viertel der gegenwärtigen Steuereingänge und würde auf alle Falle die Hälfte derselben immer und zwar wahrscheinlich wesentlich übersteigen. Ein energischer Abstrich ist daher notwendig, der es erlaubt, einen erheblichen Teil der Steuereinnahmen aus Tabak und Alkohol für die Bestreitung der sozialen Ausgaben in Anspruch zu nehmen, die dem Bunde ohne Verfassungsrevision heute schon obliegen. Man wird uns einwenden, dass die Fürsorge für die Alten, Witwen und Waisen dringend soi. Ist dies auch zuzugeben, so ist doch daran zu erinnern, dass das Volk das Versicherungsgesetz, welches bestimmt war, diese Aufgabe zu erfüllen, verworfen hat. Bevor nun eine andere, wie wir zeigten unbefriedigende und weitgehende Lösung durch einen neuen VerJ'assungsartikel in die Wege geleitet wird, darf wohl auch auf die Not der Arbeitslosen und anderer Volkskreise hingewiesen und die Ansicht vertreten werden, dass die Fürsorgeaktion für die Alten, Witwen und Waisen auf die wirklich Bedürftigen beschränkt und ein Teil der in Frage stehenden Mittel für
andere soziale Zwecke verwendet werden soll.

So führen auch die hier vorgebrachten sozialen und wirtschaftlichen, namentlich aber auch die finanziellen Erwägungen dazu, die Initiative abzulehnen und einen Gegenvorschlag aufzustellen. Es wäre verhängnisvoll, wenn der Bund auf dem Gebiete der Krisenhilfe mangels der erforderlichen Mittel das Nötige nicht tun könnte.

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T. .Der Gegenvorschlag.

Tritt man an die Ausarbeitung eines Gegenvorschlages heran, so muss man sich vor allem tragen, ob es sich rechtfertige, die geltenden VerfasBungsbestimmungen, wonach die Erträgnisse der Tabak- und Alkoholbesteuerung ausschliesslich für die Alters- und Hinterlassenen Versicherung bestimmt sind, abzuändern.

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Dabei ist zu bei onon, dass keine Bede dav on sein kann, über die Gesamtertragnissc dieser Steuern anderweitig zu verfugen. Ebenso muss es abgelehnt werden, einen erheblichen Teil derselben dauernd ihrem Zwecke und damit dem Fonds lar die Alters- und Hinterlassenenversicherung zu entziehen.

Die anlässlich der Annahme des Verfassungsartikels über die Versicherung und die Alkoholfrage gefällten Volksentscheide, die die heute bestehende Zweckbestimmung sanktionierten, können nicht einfach beiseite geschoben und es muss der Besitzstand geachtet werden. Man muss sich klar sein, dass man mit einer starken Strömung im Volke zu rechnen hat, die die Änderung der geltenden Zweckbestimmung überhaupt ablehnt, weil dann eine Gefährdung der Versicherung erblickt wird. Andere beugen sich der bitlern Notwendigkeit, wünschen aber, dass die Änderung eine möglichst geringe sei und dass demgemäss ein tunlichst kleiner Teil der Ertragnisse der Tabak- und Alkoholbesteuerung den Versicherungszwecken und einstweilen dem Fonds für die Alters- und Hinterlassenenversicherung entfremdet werde.

Neben diesen Tendenzen gehen zwei andere einher, die wir beide schon erwähnt haben. Es ist einerseits der Wunsch der Initianten, bis zum Inkrafttreten der Versicherung eine Fürsorgeeinrichtung aus Bundesmitteln zu schaffen, und die Notwendigkeit, angesichts der ernsten Finanzlage des Bundes einen Teil der Steuerertragnisse aus Tabak und Alkohol zur Erfüllung der dringenden, zum guten Teile sozialen Pflichten zu vorwenden, die die Krise dem Bunde auferlegt.

Diesen drei Strömungen muss der Gegenvorschlag Rechnung tragen; zwischen ihnen muss er einen billigen und vernünftigen Ausgleich suchen, wenn er Erfolg haben soll. Die Idee, bis zum Inkrafttreten des Gesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung eine provisorische Altersfürsorge zu schaffen, kann nicht schlechthin beiseite geschoben werden. Sie ist verständlich. Ihre Verwirklichung muss sich aber in gewissen Grenzen haiton. Der von uns an der Initiative geübten Kritik muss Rechnung getragen werden.

Die geäusserten Bedenken müssen für den neuen Vorschlag nicht mehr oder doch nur in beschränktem Masse bestehen und endlich darf die zu schaffende Fürsorge der Einführung einer wirklichen Alters- und Hinterlassen enversicherung nicht im Wege stehen. Die Berücksichtigung der
Initiative kann aber auch aus finanziellen Gründen nur zum Teil erfolgen, weil auch den andern berechtigten Wünschen Beachtung zu schenken und speziell für die Krisenausgaben des Bundes ein angemessener Anteil za reservieren ist.

Was nunmehr die Bestimmung der Betrage anbetrifft, die in der Übergangsbestimmung zu Art. 34quater, die wir Ihnen unterbreiten, für die drei genannten .Zwecke bestimmt werden sollen, so scheint es uns vor allem aus angemessen, nicht mit festen Beträgen, sondern reit prozentualen Anteilen zu rechnen.

Dieses Vorgehen entspricht der Billigkeit: nur so kann auch der Streit um die Priorität der verschiedenen Zwecke vermieden werden. Es soll nicht. wenn beispielsweise der Ertrag der Steuer zurückginge, irgendein Zweck den Vorrang haben. Es sollen aber auch nicht diejenigen, die mit einem bestimmten Betrag

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zum voraus abgefunden werden, an der Gestaltung der Alkohol- und Tabakbesteuerung und namentlich arn Zustandekommen eines Tabakbesteuerungsgesetzes desinteressiert werden.

Hinsichtlich der Festsetzung des Anteils scheint es uns vor allem aas notwendig, für die Krisenausgaben des Bundes während einer Zeit von 5 Jahren je einen Betrag von zirka 24 Millionen zu reservieren. Geschieht dies, so setzt die Herstellung des Gleichgewichts im Budget immerhin noch die grösste Sparsamkeit und die Erschliessung weiterer Finanzqaellen voraus. Kommt das Tahakbesteuerungsgesetz zustande --- eine Voraussetzung, von der wir ausgehen -- so wird, wie wir erwähnten, der Gesamtertrag der beiden Steuern sich auf 40---44 Millionen belaufen und sich vielleicht in Zukunft noch steigern. Wir nehmen daher in Aussicht, für die Krisen ausgaben des Bundes drei Fünftel des Gesamtertrages zu bestimmen. Es verhliehen dann für die beiden andern Zwecke zusammen zwei Fünftel. Wir schlagen vor, den einen Fünftel fui die Altersfürsorge zu verwenden, den andern aber dem Fonds für die Alters- und HinterlassenenVersicherung zu belassen. Der Bund würde somit zum Zwecke der Durchführung der Fürsorge nach Annahme des Gesetzes über die Besteuerung des Tabaks einen Betrag von 8--10 Millionen zur Verfügung stellen.

Zu dieser Summe träten dann noch die Leistungen der Kantone, denn wir müssen darauf dringen, dass auch sie ihren Beitrag leisten und dass von ihnen nicht nur Bundesgelder verteilt werden. So wird es im Gebiete der Subventionen des Bundes immer gehalten und auch das verworfene Versicherungsgesetz; sah unbestritten eine finanzielle Beteiligung der Kantone vor. Wir glauben, dass die kantonalen Beiträge in der Regel nicht auf weniger als einen Drittel der Bundesleistungen hemessen werden sollten, so dass also an die Gesamtausgaben der Fürsorge der Bund drei, der Kanton einen Teil beitrüge. Mit Bücksicht auf die finanzielle Lage mancher Kantone möchten wir jedoch die Möglichkeit eröffnen, ausnahmsweise mit den kantonalen Beiträgen aiif einen Viertel des Bundesbeitrages zurückzugehen, so dass dann die Bundesleistung sich auf vier Fünftel, der kantonale Beitrag sich auf einen Fünftel belaufen würde.

Wird diese Lösung getroffen, so wird für den Fall der Annahme des Tabakgesetzes dem Fürsorgewerk an Leistungen des Bundes und der Kantone
eine Summe von im ganzen 11--13 Millionen Franken zur Verfügung stehen.

Bedenkt man, dass der Kreis der zu berücksichtigenden Personen, auch aus andern, nicht nur finanziellen Gründon wesentlich, nämlich auf die wirklich Bedürftigen eingeschränkt werden muss, so wird es möglich sein, diesen eine willkommene, nicht unerhebliche Hilfe zu leisten. Wir glauben, dass dieser Verteilungsmodus billig und gerecht, zugleich aber für die verschiedenen bestehenden Strömungen und Meinungen annehmbar sei.

Es ist nicht zu verkennen, dass dem Versicherungsfonds sehr grosse, nach heutigem Verfassungsrecht ihm zukommende Summen entzogen werden. Ein Fünftel der Steuererträgnisse aus Tabak und Alkohol soll bis zum Inkrafttreten eines Gesetzes fur die Fürsorge verwendet werden. Drei Fünftel dieser Erträgnisse würden für eine Dauer von 5 Jahren für Krisenausgaben bestimmt, die

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nach Ablauf dieser Dauer allerdings wiederum dem Vorsicherungsfonds zufliessen. Auch so wird dieser Fonds sich jedes Jahr um den Betrag der Zinsen des Fonds und während der ersten Jahre, falls das Tabakgesetz angenommen wird, um weitere 6--7 Millionen Pranken vermehren. Nach fünf Jahren aber fallen ihm neben den Zinsen vier Fünftel der Steuererträgnisse aus Tabak und Alkohol zu. Die von uns vorgesehene Üburgangslösung versöhnt unseres Erachtens die Forderungen der gegenwärtigen Zeit mit denen der Zukunft. Sie erlaubt dem Bunde, seine Pflicht gegenüber den Arbeitslosen und andern durch die Krise speziell in Mitleidenschaft gezogenen Volksgenossen zu erfüllen und die Wirtschaft, wo es nötig ist, zu stützen. Sie hält aber den Grundsatz aufrecht, dass die Erträgnisse der Tabak- and Alkoholbesteuerung der Versicherung erhalten bleiben sollen, und sie sorgt für ein stetiges Anwachsen des Fonds, so dass dieser, nach Ablauf der "Übergangszeit, stark genug wäre, um die Einführung einer Alters- und Hinterlassenenversieherung in irgend einer Form zu erlauben.

Es ist uns nicht unbekannt, dass dieser Verteilungsmodus von den Initianten als unbefriedigend bezeichnet wird. Man möchte einerseits einen höheren Prozentsatz für die Fürsorge sichern und überdies eine minimale Summe garantiert erhalten. Dabei wird auch darauf hingewiesen, dass das neue Gesetz über die Tabakbesteuerung noch nicht angenommen sei und dass somit nicht feststehe, dass die Einnahmen aus der fiskalischen Belastung des Tabaks und des Alkohols sich auf 40--44 Millionen Franken belaufen werden.

Die letztere Bemerkung ist gewiss zutreffend, aber gerade wenn wider alles Erwarten ein neues Tabakgesetz nicht zustande käme und somit Alkohol und Tabak im ganzen nur zirka 82--34 Millionen Franken abwerfen würden, so wäre unser Verteilungsmodus erst recht gerechtfertigt, denn einerseits kann man, wie wir bereits erwähnten, den Versicherungsfonds nicht vollständig depossedieren und ihm nicht alle Einnahmen entziehen, die ihm nach der heute geltenden Verfassungsbestimmung zukommen. Anderseits ist die Forderung, dass der Bund für seine Krisenausgaben einen erheblichen Betrag aus den genannten Einnahmequellen vorübergehend schöpfen können muss, eine gebieterische. Eine Mehrzuwendung an die Alters- und Hinterlassenenfürsorge raüsste aber zu einer Beduktion
der Beträge führen, die der Bundeskasse zur Verfugung gestellt werden sollen. Dazu können wir nicht die Hand bieten. Würde die Initiative angenommen, ohne dass die gegenwärtigen Einnahmen aus der Tabak- und Alkoholbesteuerung gesteigert werden könnten, so blieben für den Versicherungsfonds nur noch 7--9 Millionen übrig. Aber selbst wenn zufolge des Tabaksteuergesetzea diese Einnahmen reichlicher fliessen und sich auf 40--44 Millionen belaufen werden, bleiben nach Abzug von 26 Millionen nur noch zirka 15 Millionen übrig. Im einen -wie im andern Fall bestünde keine Aussicht mehr, für die sozialen Ausgaben des Bundes während der Krisenzeit etwas zu retten.

Man kann natürlich in guten Treuen der Meinung sein, dass eine etwas veränderte Vorteilung Platz greifen und den Zwecken, die die Initiative be-

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zeichnet, noch etwas mehr zugewendet werden sollte. Würde man aber dieser Tendenz Rechnung tragen, so hätte diese Veränderung zweifellos zur Folge, dass die Staatskasse und die sozialen Aufgaben zu kurz kämen, deren Erfüllung beute als die dringendste Forderung bezeichnet werden rnuss.

In Würdigung aller dieser Verhältnisse glauben wir, mit der vorgeschlagenen Verteilung das Richtige getroffen zu haben.

Tl. Ein/elbestininmngen des Gegenvorschlages.

Der von uns aufgestellte Gegenvorschlag entspricht unseren bisherigen Darlegungen. Im einzelnen bemerken wir dazu hinsichtlich bestimmter Punkte und der Redaktion noch das folgende: 1. Der Vorschlag geht davon aus, dass der Artikel 34i'Jllfl:r unverändert weiterbestehen bleibt und nur vorübergehend ergänzt wird. Es geschieht dies unseres Brachtens am besten in Form einer Übergangsbestimmung zu dem genannten Verfassungsartikel. Bei der Eedaktion gehen wir davon aus, dass vorbehaltlich der zu treffenden Änderungen alles beim alten bleibt.

2. In I unseres Vorschlages wird bestimmt, dass ein Fünftel der Einnahmen des Bundes aus der fiskalischen Belastung des Tabaks und der gebrannten Wasser dazu verwendet werden soll, durch Vermittlung der Kantone und, soweit es angemessen erscheint, gemeinnütziger Institutionen, bedürftigen Alten, die das 65. Alterjsahr zurückgelegt haben, sowie bedürftigen Witwen -und Waisen Unterstützungen auszurichten. Solche sollen nur Personen schweizerischer Nationalität gewährt werden.

Weiter werden Vorschriften aufgestellt über die Beteiligung der Kantone und über die Natur der Fürsorge, die nicht als Armenunterstützung behandelt werden darf.

Die Ausführung wird der Bundesversammlung überlassen.

Abgesehen von der Bestimmung der Quote, über die wir uns bereits a iisgesprochen haben und auf die wir nicht zurückkommen wollen, bringt diese Redaktion gegenüber der Initiative verschiedene wichtige Änderungen: a. Während die Initiative die Verteilung nur durch die Kantone zulassen wollte, gestattet unser Vorschlag, dass auch von Bundes wegen gemeinnützige Institutionen herangezogen werden. Wir denken dabei namentlich an die 'Stiftung für das Alter und die Stiftung für dio Jugend. Wir erinnern daran, dass schon seit mehreren Jahren der Stiftung für das Alter jährlich Fr. 500,000 zugewiesen worden sind, und dass wir gerade jetât die Verlängerung dieser Subvention um weitere zwei Jahre vorgeschlagen haben. Es kann unseres Erachtens keine Rede davon sein, diese Institution, die sich als eine äusserst segensreiche erwiesen hat, einfach ihrem Schicksal zu überlassen und ihr die Hilfe des Bundes zu versagen. Überdies hat die Herbeiziehung einer solchen gemeinnützigen Einrichtung den unbestreitbaren Vorteil, dass die Zuwendungen, die bedürftige Alte, Witwen und Waisen erhalten, viel weniger den Charakter einer Annemmterstützung haben und diskreter gegeben werden können, als

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es der Fall ist, wenn dies durch die Öffentlichkeit, durch Kantone und Gemeinden, geschieht. Wir möchten heute kein abschliessendes Urteil fällen, aber auf alle Fälle im Gegenvorschlag die Möglichkeit eröffnen, dass der Bund die Stiftung für das Alter und eventuell, soweit es sich um Waisen handelt, auch die Stiftung für die Jugend herbeizieht. Es wäre unrichtig, die ganze Aktion allzu sehr in bestimmte Formen einzuschnüren und die Bundesversammlung der Bewegungsfreiheit zu berauben. Diese wird seinerzeit zu beschliessen haben, ob und inwieweit von don liier erwähnten Möglichkeiten Gebrauch gemacht werden soll.

fc. Der Kreis der Personen, an die Unterstützungen ausgerichtet werden können, wird gegenüber der Initiative eingeschränkt. Die letztere spricht, wie wir auch weiter oben ausführten, in Anlehnung an den Text des verworfenen VersicherungsgesetzeS;, von Personen, «die ihren Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln und Pensionen in auskömmlicher Weise nicht bestreiten können».

Wir haben bereits gezeigt, dass diese Bestimmung so auszulegen gewesen wäre, dass ungefähr zwei Drittel der in Betracht kommenden Alten, Witwen und Waisen darunter gefallen wären. Der Kreis der zu bedenkenden Personen muss eingeschränkt werden, und zwar auf die «bedürftigen» Alten, Witwen und Waisen. Das Kriterium der Bedürftigkeit wird in dem Beschluss der Bundesversammlung näher zu umschreiben sein. Dabei sollen die Lebensverhältnisse in Stadt und Land berücksichtigt werden. Wir denken also nicht daran, dass von einem einheitlichen Vermögens- oder Einkommenssatze auszugehen sei.

Den Kantonen wird überdies eine gewisse Freiheit zu gewähren sein.

Die Beschränkung auf die Bedürftigen ist unumgänglich, damit die zur Verfügung stehenden Mittel nicht allzu sehr verzettelt werden und damit dort etwas besser geholfen werden kann, wo es am nötigsten ist. Zugleich werden aber so auch gewisse Bedenken abgeschwächt, die wir gegenüber der Initiative hegen. Die Unterstützungen sollen nicht einem zu grossen Teil der Bevölkerung zugute koinmenj sondern eine Ausnahme bleiben. Der Staat soll nicht an breite Kreise dor Bevölkerung, ohne dass diese durch einen Beitrag irgend eine Vorleistung gemacht hätten, Pienten auebezahlen, sonst wird, wie wir ausführten, das Gefühl der Selbstverantwortlichkeit geschwächt. Überdies aber würde dadurch
die Schaffung einer Versicherung erschwert. Unsere Lösung hat den Vorteil, dass wir mit den nach unserem Vorschlag zur Verfügung stehenden Mitteln den Bedürftigen, deren Zahl auf ungefähr einen Viertel, im Maximum einen Drittel, der Alten, Witwen und Waisen geschätzt werden kann, erheblichere Zuwendungen machen können.

G. Während die Initiative die Verteilung auf die Kantone von vorneherein nach der Zahl der Alten, wie sie sieh aus der letzten Volkszählung ergibt, festlegt, lasst unser Gegenvorschlag der Bundesversammlung grössere Freiheit.

Unseres Erachtens wird nicht schlechthin auf die Zahl sämtlicher Alten, Witwen und Waisen abgestellt werden können. Es wird vielmehr auch zu. berücksichtigen sein, ob ein grösserer oder ein kleinerer Teil derselben unter die Bedürf-> Bandesblatt. 85 Jahrg. Bd. I.

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tigen einzureihen ist. In dem Ausführungsbeschluss kann also auf solche Verhältnisse wie auch auf die Zahl der Witwen und Waisen Bücksicht genommen werden.

d. Unser Vorschlag sieht, wie oben ausgeführt, vor, dass sich die Kantone an den Leistungen beteiligen sollen. Es ist dies eine grundsätzliche Forderung, die aber auch von grosser praktischer Bedeutung ist, indem die Kontrolle so zweifellos eine gewissenhaftere und bessere wird. Ja, es wäre wünschenswert, dass, soweit dies irgendwie möglich ist, auch die Gemeinden zu Leistungen herbeigezogen werden. Die kantonale Leistung soll in der Eegel einen Drittel der Bundesleistung ausmachen. Für finanzschwache Kantone kann sie auf einen Viertel reduziert werden.

e. Die Fürsorge -- bestimmt unser Vorschlag -- soll nicht als Annenunterstützung behandelt werden.

Diese Bestimmung hat vor allem aus die Bedeutung, dass allfällige Folgen, die in einigen Kantonen aufolge der Armenunterstützung eintreten, dahinfallen. Die Bestimmung hat aber auch eine sachliche Bedeutung. Die zu schaffende Fürsorge soll nicht einfach anstelle der Armenunterstützung treten und nicht zu einer Entlastung der Kantone und Gemeinden hinsichtlich der Armenunterstützung führen, sondern wirklich eine Hilfe und eine Besserstellung der Bedürftigen bedeuten.

Über die Beträge, die der Bund den Kantonen für dieses Hilfswerk zur Verfügung stellt, muss besondere, vom Annenbudget getrennte Bechnung geführt werden.

/. Während die Initiative die Ausführung einer Verordnung des Bundesrates überträgt, so schlagen wir vor, sie endgültig einem Beschluss der Bundesversammlung zu überlassen. Das Referendum ist damit für einen solchen Beschluss ausgeschaltet. Es handelt sich um eine spezielle Delegation von Kompetenzen an die Bundesversammlung, wie dies schon wiederholt, beispielsweise bei der Kriegssteuer, geschah. Man mugs sich darüber klar sein, dass die Ausführung eine ziemlich heikle und schwierige Aufgabe sein ·wird, und dass fast alle Fragen wieder auftauchen, die beim Versieherungsgesetz hinsichtlieh der Abgrenzung der Personenkreise, denen, besondere Vorteile zugewendet ·werden sollten, diskutiert worden sind. Deshalb wäre es unseres Erachtens, wie wir oben schon ausführten, verfehlt, die Ausführung des Verfassungsartikels dem Bundesrat zu überlassen. Die Vertretung des Volkes und der Stände
soll dabei mitwirken. Immerhin sind die Biehtlinien, die der Verfassungsartikel aufstellt, so klar, dass im Interesse der Beschleunigung auf den Erlass eines Gesetzes verzichtet werden kann.

Wie erwähnt sollen diese Bestimmungen bis zum Inkrafttreten eines Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung gelten.

g. Die Initiative sieht vor, dass die Leistungen vom 1. Januar 1982 an «rfolgen sollen.

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Es hätte nahegelegen, auch hier einen Anfangstermin festzusetzen. Wir betrachten aber die Bestimmung eines solchen als überflüssig und unrationell.

Es liegt uns lerne, die Löaung verzögern zu wollen. Im Interesse eines raschen Beginns der Eentenauszahlung liegt es, wenn unser Vorschlag so bald als möglich in beiden Bäten erledigt wird. Sodann braucht es noch eine gewisse Zeit für die Vorbereitung des Bundesbeschlusses, über dessen Inhalt auch die Kantone konsultiert werden, müssen. Es wird daher auch beim besten Willen nicht möglich sein, für'die Einführung dieser Fürsorge jetzt schon einen bestimmten Tag vorzusehen. ' Eine Bückwirkung scheint uns ausgeschlossen zu seni.

3. Nach II der Übergangsbestimmung sollen während der Dauer der ausserordentlichen wirtschaftlichen Verhältnisse, längstens aber während fünf Jahren vom 1. Januar 1933 an gerechnet, drei Fünftel der Einnahmen des Bundes aus der fiskalischen Belastung des Tabaks und der gebrannten Wasser der Bundeskasse für die Deckung der Ausgaben zur Verfügung gestellt werden, die dem Bunde durch die Massnahmen entstehen, die er zur Bekämpfung der Krise und zur Milderung der Folgen derselben trifft.

Wir haben diese Bestimmung in den vorstehenden Darlegungen des Berichtes genügend erläutert, und auch die Gründe dargelegt, die uns bewogen haben, den vorgesehenen Verteilungsmodus vorzuschlagen. Hier sei noch erwähnt, dass diese Bestimmung ohne weiteres in Kraft tritt. Ein Ausführungsbeschlnss der Bundesversammlung ist nicht mehr nötig. Wird unser Vorschlag von Volk und Ständen angenommen, so werden ohne weiteres drei Fünftel der Einnahmen des Bundes aus der fiskalischen Belastung des Tabaks und der gebrannten Wasser der Bundeskasse zur Deckung der Krisenausgaben zur Verfügung gestellt und demnach unter den Einnahmen des Bundesbudgets figurieren. Man könnte sich fragen, ob man für die Verwendung dieser Beträge genauere Zweckbestimmungen aufstellen und beispielsweise bestimmen wolle, dass dieser Anteil an den Steuererträgnissen für die Bestreitung der Kosten der Arbeitsloserffiirsorge in allen ihren Formen, der Bauernhilfe, der Unterstützung der Landwirtschaft und anderer Berufsstäiide vorbehalten sein soll.

Wir haben uns schliesslich entschlossen, eine allgemeine Bestimmung aufzustellen und nicht ins einzelne zu gehen, da ja niemand wissen kann,
welche Bedürfnisse im Laufe der Zeit sich einstellen.

Die zeitliche Beschränkung der Wirksamkeit dieser Bestimmung scheint angemessen, da, wie wir schon ausführten, im Grundsatze der Art. 84iUlter aufrecht erhalten und die seinerzeitige Durchführung der Versicherung nicht gefährdet werden, soll. Es ist wohl vorauszusehen, dass, solange die Krise dauert, das Budget durch ausserordentliche Ausgaben belastet wird. Man darf aber auch daran erinnern, dass, falls die Krise etwas rascher abflauen würde, unser Voranschlag immer noch durch Amortisationen und Zinsen für Aufwendungen belastet würde, die für Krisenausgaben gemacht worden sind.

Der Bnndesrat geht infolgedessen von der Ansicht aus, dass wohl mit einer

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fünfjährigen Zuwendung der vorgesehenen Quote an das Budget gerechnet werden muss.

4. In III wird schliesslich bestimmt, dass, unter Vorbehalt, der Bestimmungen von I und II die Einnahmen des Bundes aus, der fiskalischen Belastung des Tabaks und der gebrannten Wasser weiter in den Fonds für die Alters- und Hinterlassenenversichorung fallen. Es ergibt sich rechnerisch ohne weiteres, dass während der Übergangsperiode ein Fünftel der Gesamteinnahmen dem Fonds zukommen soll, und dass nach Ablauf der fünfjährigen Übergangsperiode wieder vier Fünftel dem genannten Zweck zu dienen haben. Wir haben die vorliegende Eedaktion für richtiger gehalten als eine andere, die hier ausdrücklich von einem Fünftel gesprochen hätte, der auch während fünf Jahren dem Fonds zufliesst. Die vorliegende Eedaktion deckt unseres Erachtens in zutreffender Weise den Bechtszustand, so wie er während und nach Ablauf der Übergangsperiode bestehen wird.

VII. Die rechtliche Zulässigkeit des Gegenvorschlages.

Die Verfassung sieht vor, dass die Bundesversammlung, falls sie einem formulierten Initiativbegehren nicht zustimmt, einen eigenen Vorschlag ausarbeiten und ihn gleichzeitig mit der Initiative der Abstimmung des Volkes und der Stände unterbreiten kann. Über den Inhalt des Vorschlages der Bundesversammlung stellt die Verfassung selber keine Vorschriften auf. Erst im Bundesgesetz über das Verfahren bei Volksbegehren und Abstimmungen betreffend Bevision der Bundesverfassung vom 27. Januar 1892 wird in Art. 10 bestimmt, dass der Vorschlag der Bundesversammlung die nämliche Verfassungsmaterie zu beschlagen habe wie die Initiative. Schon angesichts der Tatsache, dass diese Bestimmung nicht in der Verfassung selber, sondern iu einem blossen Gesetze festgelegt ist, und des weitern Umstandes, dass der Vorschlag der Bundesversammlung zusammen mit dem Initiativtexte selber der Abstimmung des Volkes und der Stände unterbreitet werden muss, wird man den Begriff der «nämlichen Verfassungsmaterie» nicht in allzu engem Sinne auslegen dürfen. Eine Vergleichung der Initiative mit dem Gegenvorschlag zeigt überdies, dass beide die nämliche Materie zum Gegenstand haben. Die Initiative charakterisiert sich inhaltlich dadurch, dass sie eine Fürsorge einführen und vorübergehend zugunsten dieser über einen wesentlichen Anteil der Einnahmen aus Tabak und Alkohol verfügen will. Der erste Teil des Gegenvorschlags, der ebenfalls von einer provisorischen Fürsorge handelt, stellt eine blosse Variante zu der der Initiative zugrunde liegenden Idee dar. Er ist deshalb ohne weiteres zulässig, und eine Diskussion darüber, ob er dio nämliche Materie beschlage, ist von vorneherein nicht möglich. Aber auch der zweite Teil, der einen erheblichen Anteil der Einnahmen aus Tabak und Alkohol vorübergehend der Bundeskasse zur Verfugung stellen will, darf als die gleiche Materie beschlagend wie die Initiative bezeichnet werden, da ja durch diese letztere die Frage der interimistischen Verwendung der Einnahmen aus den

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Steuererträgnissen des Tabaks und des Alkohols prinzipiell aufgeworfen und îiur Diskiission gestellt ist.

VIII. Konferenzielle Aussprache über die Initiative und die damit zusammenhängenden Fragen.

Um die Ansichten der verschiedensten Kreise über die Fürsorgeinitiative und die damit zusammenhängenden Probleme, namentlich auch die Grundzuge des Gegenvorschlags kennen zu lernen, haben wir die Wirtschaftsverbände und diejenigen Organisationen, die sich speziell um die Alters- und Hinterlassenenversicherung interessierten, unter Zuziehung des Initiativkomitees, das durch einige Mitglieder seiner Geschäftsleitung vertreten war, zu einer Konferenz eingeladen, die am 26. Oktober 1932 in Bern stattgefunden hat.

Der Bundesrat teilte den Konferenzteilnehmern schriftlich und durch den Chef des Volkswirtschaftsdepartements mundlich mit, dass er die Initiative einmütig für unannehmbar halte und einen Gegenvorschlag befürworte, der sich grundsätzlich in den Gedankengangen unserer nunmehrigen endgültigen Anträge bewege.

Es ist interessant, festzustellen, dass von allen Seiten ohne Ausnahme betont worden ist, es sei grundsätzlich am Gedanken der Versicherung festzuhalten. Eine solche Erklärung wurde insbesondere auch seitens der Vertreter des Initiativkomitees abgegeben. Die sämtlichen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbände, die sich prinzipiell und übereinstimmend für die Versicherung ausgesprochen hatten, lehnten aber auch, mit Ausnahme des Vertreters des Verbandes evangelischer Arbeiter und Angestellter, die Initiative energisch ab.

Es ist nicht möglich, alle die Gründe, die geltend gemacht wurden, hier ·wiederzugeben. Einige Hauptpunkte mögen aber erwähnt werden.

Seitens der Arbeitnehmerverbände wurde gellend gemacht, dass nur die Versicherung eine befriedigende und würdige Lösung des Problems biete.

Man dürfe sich nicht auf die einseitige Hilfe des Staates beschränken. Der Bürger sei bereit und willens, seinen Beitrag zu leisten, und er solle auch einen solchen aufbringen. Eine einseitige Aktion des Staates sei zu verwerfen. Die richtige Lösung bestehe im Zusammenwirken aller Beteiligten, namentlich der Versicherten, mit dem Staate, der wohl ordnend und unterstützend, aber nicht allein und ausschliesslich gebend, sich zu betätigen habe. Aber auch Vertreter der Arbeitgeberverbände sprachen sich energisch gegen die Initiative aus, die weit über das Ziel hinausschiesse, einer gefährlichen Institution die Wege
öffnen wolle und eine staatliche Intervention anstrebe, die sozial und ethisch, namentlich aber auch vom Standpunkt der Staatsfinanzen aus, des entschiedensten zu verworfen sei. Den gleichen Standpunkt nahmen die Vertreter des Konkordates schweizerischer Krankenkassen ein, das rund eine Million erwachsener Mitglieder zählt und sich schon lange der Alters- und HrnterlassenenverSicherung lebhaft angenommen hat.

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Was den Gegenvorschlag anbetrifft, so wurde die Aufstellung eines solchen von der grossen Mehrzahl der Teilnehmer gebilligt, über den Inhalt jedoch gingen die Meinungen ziemlich auseinander. Die Vertreter des Initiativkomitees und auch einzelne andere Votanten hielten zwar nicht daran fest, dass für die Fürsorge eine Summe von 25 Millionen zu reservieren sei, forderten aber immerhin für diesen Zweck einen erheblich höheren Betrag, als ihn der Bundesrat in Aussicht genommen hatte. Die Vertreter der Arbeiter- und Angestelltenverbände allerdings lehnten nicht nur die Initiative, sondern auch den Gegenvorschlag entschieden ab und betonten, sie könnten sich nicht damit einverstanden erklären, dass irgend ein Teil der Steuererträgnisse aus Tabak und Alkohol zu einem andern Zwecke als demjenigen der Versicherung verwendet werde. Sie forderten daher die Ablehnung der Initiative ohne Aufstellung des Gegenvorschlags.

Von den übrigen Votanten wurde grundsätzlich anerkannt, dass vor allem ein erheblicher Teil der Steuererträgnisse für die Deckung der Krisenausgaben verwendet werden sollte. Über den Prozentsatz, der hiefür in Aussicht zu nehmen sei, gingen die Meinungen auseinander. Einzelne Konferenzteilnehmer betonten, dass auf alle Palle eine bedeutende Quote der Steuererträgnisse auch während der Übergangszeit in den Fonds für die Alters- und Hinterlassenenversicherung fallen sollte, während einzelne andere sich auf den Boden stellten, dass es genüge, wenn der Versicherungsfonds einstweilen aus seinen Zinserträgnissen, eventuell mit einem ganz geringen Zuschuss aus den Steuererträgnissen geäufnet werde.

Die geäusserten Meinungen waren offenbar nicht durchwegs abgeschlossene und endgültige, und es kam in vielen Voten der Wunsch zum Ausdruck, dass man eine Einigung zwischen den verschiedenen Strömungen suchen sollte.

Der Bundesrat hat, wie dieser Bericht dartut, den Versuch gemacht, eine mittlere Linie zu finden, die nach seiner Überzeugung für alle Interessenten annehmbar ist.

IX. SchlussbetrachtungenWir sind uns bewusst, dass unser Gegenvorschlag Bedenken hervorrufen und nicht überall befriedigen wird. Auf der einen Seite macht sich ein lebhafter Widerstand geltend gegen die Abänderung der heute geltenden verfassungsrechtlichen Bestimmungen, wonach, die Erträgnisse der Besteuerung von. Tabak und Alkohol für die Alters- und Hinterlassenenversicherung reserviert sind und bis zu deren Inkrafttreten in einen Fonds fallen sollen. Auf der andern Seite besteht wohl der Wunsch, dass der Fürsorge noch ein grösserer Prozentsatz der Einnahmen zugewendet werde, und endlich würden viele es begrüssen. wenn die der Bundeskasse zur Deckung der Krisenausgaben zugewiesene Quote noch erhöht werden könnte.

Soll eine Lösung gefunden werden, so muss wie wir schon betonten, ein billiger Ausgleich eintreten.

79 Masegebend für unsem Vorschlag ist vor allem aus das dringende Bedürfnis, dem Bunde KUT Bestreitung der Krisenausgaben Mittel zuzuführen.

Mit dieser Notwendigkeit, die heute wohl von keiner Seite ernstlich begtritten werden kann, haben offenbar die Initianten seinerzeit nicht gerechnet. Wii sind gezwungen, mit Bücksicht auf die finanzielle Lage des Bundes und die grossen Ausgaben, die diesem auf ·wirtschaftlichem und namentlich auf sozialem Gebiete erwachsen, den grösseren Teil der Erträgnisse der Tabak- und Alkoholbesteuerung wenigstens vorübergehend für deren Deckung zu beanspruchen.

Diese Verwendung entspricht der heute geltenden Vorschrift der Verfassung nicht. Anderseits muss aber doch zugegeben werden, dass es sich auch hiebei um eine Verwendung für soziale Zwecke handelt, und dass der Bund dadurch in die Lage versetzt werden soll, auf dem Gebiete der Krisenhilfe und speziell der Sozialpolitik, seine Pflichten zu erfüllen. Es ist gegeben, dass es sich hiebei nur um eine zeitlich beschränkte Zuwendung handeln kann. Mit dem Aufhören der Krise und dem Wegfall der durch sie veranlassten besondern Ausgaben hört die Berechtigung auf, von dem heute geltenden Verfassungsrechte abzuweichen. Die Autrechterhaltung des finanziellen Gleichgewichts des Bundes hegt auch im Interesse des Zustandekommens der Versicherung, die nur geschaffen werden kann, wenn wir ohne Erschütterung unserer Finanzwirtschaft und unserer sozialen Zustände durch die Krise hindurchkommen.

Wird der Bund auch weitere Finanzquellen erschliessen, so dürften doch deren Erträgnisse allein nicht erlauben, das Gleichgewicht in den Einnahmen und Ausgaben herzustellen. Es scheint uns daher gegeben zu sein, dass vorübergehend auf Mittel gegriffen wird, die vorläufig, infolge der Verwerfung des Versicherungsgesetzes, ihrem verfassungsmässigen Zwecke nicht zugeführt werden können. Die von uns vorgesehene Zweckbestimmung ist der Schaffung einer zu weitgehenden beitragslosen Fürsorge, die grosse ethische, soziale und finanzielle Gefahren in sieh birgt und überdies die künftige Schaffung der Versicherung zu erschweren geeignet wäre, weitaus vorzuziehen.

Für die Einlagen in den Versicherungsfonds und die Fürsorgeaktion bleiben noch zwei Fünftel der Steuereingänge aus Tabak und Alkohol. Es war naheliegend, diese Quote je zur Hälfte den
erwähnten Zwecken zuzuweisen. Der Tendenz, für die Fürsorge noch grössere Summen, zu verwenden imd die Einlagen in den Versicherungsfonds noch mehr herabzusetzen, ja gänzlich zu sistierexi, müssen wir mit aller Entschiedenheit entgegentreten.

Dadurch würde das künftige Zustandekommen der Versicherung gefährdet, das Interesse für sie würde erlahmen, und überdies würde ein solcher Vorschlag nach unserer Überzeugimg die Zustimmung des Volkes und der Stände nicht finden. Neben diesen Gründen sprechen aber auch die Inkonvenienxen, die einer ausgedehnten Fürsorgeaktion anhaften, dafür, diese auf einen kleinem Personenkreis zu beschränken. Geschieht dies, so genügen bescheidenere Mittel, als die Initiative sie vorsieht. Auch in den Kreisen, aus denen das Volksbegehren hervorgegangen ist, wird die Notwendigkeit anerkannt, einen sehr erheblichen Teil der in Frage stehenden Steuereinnahmen zur Deckung

so der Krisenausgaben herbeizuziehen. Darin scheint uns der Ausgangspunkt einer Einigung zu liegen. Wir hoffen, dass eine solche auf der Ihnen nun vorgeschlagenen Grundlage möglich sein -wird.

Wir beantragen Ihnen daher, dem Volke und den Ständen die Ablehnung der Initiative und die Annahme des Gegenvorschlages zu empfehlen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung; unserer vollkommenen Hochachtung, Born, den 16. Januar 1983.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Schulthess.

Der Vizekanzler:

Leimgruber.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluss über

das Volksbegehren um Aufnahme einer Übergangsbestimmung zu Art. 34quater der Bundesverfassung betreffend die Alters- und Hinterlassenenversicherung.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht des Volksbegehrens um Aufnahme einer Übergangsbestim-mung zu Art.34quater' der Bundesverfassung (Alters- und Hinterlassenenversicherung) und eines Berichtes des Bundesrates vom 16. Januar 1933, gestützt auf Art. 121 ff. der Bundesverfassung und Art. 8 ff. des Bundesgesetzes vom 27. Januar 1892 über das Verfahren bei Volksbegehren und Abstimmungen betreffend die Revision der Bundesverfassung, beschliesst:

Art. 1.

Es wird der Abstimmung des Volkes und der Stände unterbreitet : a. das Volksbegehren, das wie folgt lautet: Art. 34quater der Bundesverfassung vom '29. Mai 1874 erhält folgende Übergangsbestimmung: Art. 34quater BV. Übergangsbestimmung. Ab 1. Januar 1932 und bis zur Wirksamkeit der Alters- und Hinterlassenenversicherung verwendet dor Bund aus den Einkünften und Erträgnissen des Fonds iur die Altersversicherung jährlich einen Botrag von 25 Millionen Franken für die Altersund Hinterlassenenfürsorge.

Dieser Betrag wird unter sämtliche Kantone verteilt im Verhältnis der durch die eidgenössische Volkszählung ermittelten Anzahl Personen schweizerischer Nationalität im Alter von über 65 Jahren.

Die Kantone haben die ihnen zufliessenden Beträge für die Ausrichtung von Altersrenten an Greise und Greisinnen von über 65 Jahren sowie von Beihilfen an Witwen und Waisen zu verwenden. Die Leistungen sind an Personen schweizerischer Nationalität auszurichten, die aus eigenen

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Mitteln und Pensionen ihren Lebensunterhalt in auskömmlicher Weise nicht bestreiten können.

Die Kantone führen diese Fürsorge unentgeltlich durch. Sie können dabei auch gemeinnützige Institutionen zur Mitwirkung heranziehen.

Der Bundesrat und die Kantonsregierungen bestimmen das Nähere a,uf dem Verordnungsweg.» b. der Gegenentwurf der Bundesversammlung, der folgende Passung hat : Art. S^""'61' der Bundesverfassung. Übergangsbestimmung.

I. Bis zum Inkrafttreten eines Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherang wird ein Fünftel der Einnahmen des Bundes aus der fiskalischen Belastung des Tabaks und der gebrannten Wasser dazu verwendet, durch Vermittlung der Kantone und, soweit es angemessen erscheint, gemeinnütziger Institutionen, bedürftigen Alten, die das 65. Altersjabr zurückgelegt haben, sowie bedürftigen Witwen und Waisen Unterstützungen auszurichten. Solche sollen nur Personen schweizerischer Nationalität gewährt werden.

Die Kantone haben, sich an dieser Fürsorge mit einem Drittel der Bundesleistung zu beteiligen. Ausnahmsweise können die kantonalen Leistungen, wo besondere Verhältnisse dies rechtfertigen, auf einen Viertel herabgesetzt werden. Die Kantone bestreiten die Kosten der Verteilung der Unterstützungen, soweit diese durch ihre Vermittlung geschieht.

Diese Fürsorge darf nicht als Armenunterstützung behandelt werden.

Das Nähere wird endgültig durch Beschluss der Bimdesversammhing bestimmt.

II. Während der Dauer der ausserordentHchen -wirtschaftlichen Verhältnisse, längstens aber während fünf Jahren vom 1. Januar 1983 an gerechnet, werden drei Fünftel der Einnahmen des Bundes aus der fiskalischen Belastung des Tabaks IHM! der gebrannten Wasser der Bundeskasse für die Deckung der Ausgaben zur Verfügung gestellt, die dem Bunde durch die Massregeln entstehen, die er zur Bekämpfung der Krise und zur Milderung der Folgen derselben trifft.

III. Unter Vorbehalt vorstehender Bestimmungen fallen die EiuTiahmen des Bundes aus der fiskalischen Belastung des Tabaks und der gebrannten Wasser weiter in den Fonds für die Alters- und Hinterlassenenversicherung.

Art. 2.

Es wird dem Volk und den Ständen beantragt, das Volksbegehren (Art, 1.

lit. a) zu verwerfen und den Gegenentwurf der Bundesversammlung (Art. l, lit. 1}) anzunehmen.

Art. 3.

Der Bundesrat ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über das Volksbegehren um Aufnahme einer Übergangsbestimmung zu Art. 34quater der Bundesverfassung über die Alters- und Hinterlassenenversicherung. (Vom 16. Januar 1933.)

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1933

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1

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03

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2905

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18.01.1933

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