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Bundesversammlung.

Die gesetzgebenden Eäte sind am 4. Dezember 1933, um 18 Uhr, zur zehnten Tagung der 29. Legislaturperiode zusammengetreten.

Im Nationalrat ist der bisherige Vizepräsident, Herr Johannes Hu ber, von Töss (Zürich) und Uesslingen (Thurgau), zum Präsidenten und Herr Hermann Sehüpbach, von Steffisburg und Thun, zum Vizepräsidenten gewählt worden.

Im Ständerat ist der bisherige Vizepräsident, Herr Antonio Eiva, von Lugano, zum Präsidenten und Herr Ernest Béguin, von Eochefort, zum Vizepräsidenten gewählt worden.

Als Stiramenzähler des Ständerats sind die Herren Dr. Hugo Dietschi und Pierre Barman bestätigt worden.

Im Nationalrat hat der Präsident, Herr Huber, am 11. Dezember folgenden Nachruf auf den am 8. Dezember verstorbenen Nationalrat Dr. Eduard Guntli gewidmet : Meine Herren!

Heute vormittag ist in St. Gallen unser Kollege, Herr Nationalrat Dr.

Eduard Guntli bestattet worden. In Ihrem Namen spreche auch ich den Angehörigen des viel zu früh Geschiedenen unser herzliches Beileid aus.

Dr. Eduard Guntli ist am 23. Juli 1872 in Altstätten als Sohn des Bezirksammans Guntli geboren. Sein Vater war nicht nur ein tüchtiger Amtsmann, sondern auch bin populärer politischer Führer. In seiner Amtsstube wie in seiner Familie sind neben den Amtsgeschäften politische Angelegenheiten eifrig besprochen worden, und im Sohn ist so schon in. früher Jugend Interesse und Sinn für öffentliche Fragen geweckt worden.

Nachdem Eduard Guntli Primär- und Eealschule seines Geburtsortes durchlaufen hatte, bereitete er sich in Engelberg, Einsiedeln und Feldkirch auf das akademische Studium vor. München, Strassburg und Bern sahen ihn als eifrigen Studenten der Eechtswissenschaft. 1897 erwarb er sich hier in Bern die Würde des doctor iuris. Durch Eeisen und längere Aufenthalte in Eom, Lausanne und Paris erweiterte er seinen Gesichtskreis, um dann im Jahre 1898 als Praktikant in das Anwaltsbureau unseres früheren Kollegen Dr. Holenstein in St. Gallen einzutreten. 1901 eröffnete er in St. Gallen ein eigenes Advokaturbureau, dem er in kurzer Zeit hohes Ansehen zu verschaffen wusste.

868 Verhältnismässig spät erst öffneten sich Dr. Guntli die Türen des Parlamentes. Die ersten Proporzwahlen führten ihn 1912 erstmals in den Grossen Bat des Kantons St. Gallen, dem er seither als einer der angesehensten Vertreter der katholisch-konservativen Volkspartei ununterbrochen angehörte, und dessen Verhandlungen er als Vorsitzender im Amtsjahr 1923/24 geleitet hat. Wiederholt wurde ihm das Präsidium -wichtiger grossrätlicher Kommissionen, anvertraut, darunter dasjenige der Gcschäftsprüfungs- und der Finanzkommission.

Er gehörte auch der st.-gallischen Kantonalbankkommission an, deren Vizepräsident er war, und dem Bankausschuss. Mit Begeisterung erfüllte er seine militärischen Pflichten, die ihn bis zum Bange eines Oberstleutnants aufsteigen Hessen. Erst 1928 wurde Dr. Guntli Mitglied unseres Eates. Die hervorragenden Eigenschaften, die seine überragende Stellung im kantonalen Parlamente begründet hatten, sicherten ihm auch im Nationalrat bald allgemeine Beachtung und maßgebenden Einfluss nicht nur in seiner Traktion, sondern auch im Eate selbst.

Der konservativen Volkspartei des Kantons St. Gallen diente Dr. Guntli als kraftvoller Präsident in den Jahren 1919--1927 und während mehrerer Jahre auch als Vorsitzender ihrer Grossratsfraktion. Als unser verehrter früherer Kollege Perrier im Sommer 1932 sich aus dem Lärm der politischen Kämpfe in die Stille des Klosters zurückzog, wurde Dr. Guntli sein Nachfolger als Präsident der konservativen Volkspartei der Schweiz. Letzten Dienstag nahm er von dieser Aufgabe Abschied, genötigt durch seinen geschwächten Gesundheitszustand, und letzten Freitag, am gleichen Tage, an welchem Herr Portier sein Gelübde ablegte, ist unser Kollege Dr. Guntli in die grosse Stille des Todes eingetreten.

Dr. Guntli war ein kerniger, kantiger Eheintaler, ausgerüstet mit reichem Wissen. Innerlich gesichert in einer tief begründeten, unerschütterlichen Weltanschauung, setzte er seine ganze Persönlichkeit in den Dienst seiner Ideale.

Zäh in der Verfolgung eines gesetzten Zieles, kraftvoll im Kampf, sei es als Anwalt vor den Schranken des Gerichtes, sei es als Wortführer seiner Partei im Parlament oder in freier Volksversammlung, erwarb er sich Ansehen undAchtimg bei Freund und Gegner. Wer ihn kannte, wer Seite an Seite mit ihm focht oder als Gegner die Klinge mit ihm
kreuzen durfte, fand einen ganzen Mann, dem es nicht um persönlichen Erfolg ging; nicht um eigenen Nutzen, der nicht einfach aus Kampflust kämpfte oder aus persönlicher Feindschaft. Nein, Dr. Guntli kämpfte, weil er kämpfen musste, weil er sich einsetzen inusste mit seiner ganzen Kraft für die Gedanken und Ideen, von deren Wahrheit er überzeugt war. Und wenn er andere nicht schonte, am wenigsten schonte er sich selbst. So hat er allzufrüh sich aufgerieben. Die einst so kräftige Gestalt zeigte Zeichen der Ermüdung. Vor wenigen Monaten traten Erscheinungen einer Herzkrankheit als ernste Mahnung auf. Jetzt erst dachte Dr. Guntli an Schonung, ans Haushalten mit den eigenen Kräften. Zu spät! Mit Sorge sahen wir vor einer Woche, -welche Anstrengung es ihn kostete, für die Wahlakten-

809 Prüfungskommission zu referieren. Und als er am gleichen Abend als Präsident der konservativen Volkspartei der Schweiz Abschied nahm von seinen nächsten Freunden, trat die Botschaft des Todes an seine Seite und mahnte ihn. es gelte Abschied zu nehmen von allen und allem.

Nun ist Dr. Eduard Guntli geschieden. Erschüttert stehen die Freunde : erschüttert senken die Gegner ihre Waffen. Gemeinsam reichen Freund und Gegner dem Toten den Kranz, den der Dank des Vaterlandes allen schuldet, die aus ehrlicher Überzeugung und edler Leidenschaft um das Wohl des Vaterlandes, um das Glück des Volkes gerungen und gestritten.

Ich bitte Sie, zu Ehren unseres toten Kollegen sich von Ihren Sitzen zu erheben!

Der im Ständerat vom Präsidenten, Herrn Riva, gehaltene Nachruf ist in der französischen Ausgabe des Bundcsblattes, 1938, II, 877, veröffentlicht worden.

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Aus den Verhandlungen des Bundesrates.

(Vom 8. Dezember 1933.)

Dem an Stelle des an einen andern Posten berufenen Herrn Placido Alvarez Buylla y de Lozana zum Berufsgeneralkonsul von Spanien in G-enf, mit Amtsbefugnis über die Kantone Genf, Waadt, Neuenburg, Freiburg, Wallis und Tessin, ernannten Herrn Juan Teixidor y Sanchéz wird das Exequatur erteilt.

Dem Rücktrittsgesuch des Herrn Dr. Philipp Flury, Adjunkt und stellvertretender Direktor der eidgenössischen Anstalt für das forstliche Versuchswesen, wird unter Verdankung der geleisteten Dienste auf den 31. März 1934 entsprochen.

Als Mitglieder der eidgenössischen meteorologischen Kommission werden für eine neue Amtsdauer, d. h. bis 31. Dezember 1935, wiedergewählt die Herren : P. Grüner, Professor in Bern, als Präsident, P. L. MerBundesblatt. 85. Jahrg. Bd. II.

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13.12.1933

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867-869

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