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Botschaft dee

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend vorübergehende rechtliche Schutzmassnahmen für notleidende Bauern.

(Vom 6. Februar 1988.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen den Entwurf eines Bundesbeschlusses über vorübergehende rechtliche Schutzmassnahmen für notleidende Bauern mit der nachfolgenden Begründung vorzulegen.

I.

Als wir Ihnen mit Botschaft vom 9. Juli 1932 den Erlass rechtlicher Massnahmen zum Schutz der Hotelindustrie beantragten, sahen wir in einem Artikel 51 folgende Bestimmung vor: «Der Bundesrat wird ermächtigt, auf dem Yerordnungswege das Pfandnachlassverfahren auch auf andere infolge der wirtschaftlichen Krise notleidend gewordene Kategorien von Schuldnern anwendbar zu erklären, sofern für die letztern ein Institut zur Übernahme der Anaortisationspfandtitel im Sinne des Art. 18 vorhanden ist oder geschaffen wird.

Macht der Bundesrat von dieser Befugnis Gebrauch, so bestimmt er, soweit notwendig, abweichend vom Art. l des gegenwärtigen Beschlusses die Voraussetzungen, unter denen dem einzelnen Schuldner das Pfandnachlassverfahren bewilligt werden kann usw.» In der Botschaft wurde erklärt, dass die damit für den Bundesrat erbetene Kompetenz -zur Ausdehnung des Pfandnachlassverfahrens speziell für die Stickereiindustrie und die Landwirtschaft beansprucht werde. Im Ständerat wurde auch die Erklärung abgegeben, dass man damit einverstanden sei, die Ausdehnungskompetenz ausdrücklich auf diese zwei Schuldnerkategorien beschränken zu lassen. Diese Delegation von Kompetenzen an den Bundesrat wurde im Prioritätsrate, dem Ständerate, hart angefochten aus grundsätzlichen Bedenken gegen ein Wiederaufleben der ausserordentlichen Vollmachten, Es

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·wurde aber auch materiell eingewendet, dass die Bestimmungen des Pf andnachlassverfahrens sich vielleicht für das leicht übersehbare Gebiet der Stickereiindustrie, wo es sich bereits bewährt habe, nicht aber für das neue Anwendungsfeld der Landwirtschaft -- jedenfalls nicht tel quel -- eignen. In. Konsequenz dieses Gedankengangs ist dann im Nationalrate -- welchem der Ständerat sich in der Folge anschloss -- das Pfandnachlassverfahren für die Stickereiindustrie im Bundesbeschlusse seibat definitiv als sinngemäss anwendbar erklärt worden, während die Ausdehnung auf die Landwirtschaft in jeder Forni ausgeschaltet wurde. Dabei wurde aber in beiden Katen, auch von Gegnern der bundesrätlich vorgeschlagenen Lösung, anerkannt, dass die in besonderer Botschaft für die notleidenden Bauern verlangte und in der Septembersession von den Bäten bewilligte materielle K r e d i t h i l f e für notleidende Bauern auch ausser-ordentliche rechtliche Schutzmassnahmen als Ergänzung verlange. Im Nationalrat war schon früher ein hierauf abzielendes Postulat Schmutz angenommen worden. Bei Verabschiedung des Bundesbeschlusses über die rechtlichen Massnahmen zum Schutz der Hotelindustrie wurden die Bureaus der beiden Bäte beauftragt, bereits Kommissionen für die zu erwartende parallele Vorlage zugunsten der notleidenden Landwirte zu bestellen, damit eventuell diese rechtliehen Massnahmen schon im Dezember 1932 behandelt werden können: es wurde denn auch von beiden Räten eine Motion angenommen, welche eine solche Vorlage für die Dezembersession verlangte. Damit war also nicht nur die Wünschbar keit sondern auch die Dringlichkeit einer solchen Vorlage unzweideutig von beiden Eäten bejaht. Wenn sie trotzdem erst für die Frühjahrssession bereitgestellt werden konnte, so ist dies abgesehen von der anderweitigen vielfachen Beanspruchung der vorbereitenden Instanzen vornehmlich darauf zurückzuführen, dass den zur Begutachtung eingeladenen Interessentenkreisen und Sachverständigen auch die nötige Zeit zur Prüfungund Vernehmlassung eingeräumt werden musste. Die endgültigen Vernehmlassungen sind denn auch dem vorbereitenden Departemente erst ungefähr auf Beginn der Dezembersession 1932 zugekommen; die von ihm bestellte Expertenkommission konnte auf den 17. Januar einberufen werden. In dieser tarnen neben den Vertretern des
eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements, des Finanz- und Zolldepartements und des Justiz- und Polizeidepartements vor .allem. Wortführer der bäuerlichen Organisationen mit Inbegriff von Bauernhilfskassen, der Banken, der richterlichen und Zwangsvollstreekungsbehörden, der Rechtswissenschaft und der nichtbäuerlichen Kleinschuldner zum Worte, nachdem schon vorher in einer Reihe von .Eingaben die verschiedenen Standpunkte bezogen worden waren, über die wir im nachfolgenden an geeigneter ·Stelle uns aussprechen werden.

n.

Eine zugleich grundsätzliche und praktische Wegleitung gab uns die mehr oder weniger zwangsläufige Verbindung mit dem Bundesbeschlusse über die Erweiterung der Kredithilfe für notleidende Bauern, vor allem die zeitliche

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Begrenzung der darin vorgesehenen eidgenössischen Leistungen auf die Jahre 1983 bis 1986. Bei den rechtlichen Massnahmen kann es sich also wie bei den wirtschaftlichen nicht um eine Entschuldungsaktion grossen Stils handeln, sondern um die Sanierung von bäuerlichen Einzelexistenzen, welche einer solchen bedürftig, würdig und fähig erscheinen. Dass neben den bäuerlichen auch eine Masse von nichtbäuerlichen Existenzen von der Weltkrise in Mitleidenschaft gezogen sind und einer Erleichterung im Schuldvollstreckungsverfahren würdig wären, verkennen wir nicht. Es ist uns durch eine Abordnung der Konferenz der Betreibungs- und Konkursbearnten der Schweiz nahegelegt worden, dass z. B. auch für städtische Verhältnisse da und dort eine Erweiterung der Abschlagszahlungen wenigstens in der Pfändung und Konkursbetreibung, wenn auch vielleicht nicht in der Wechselbetreibung, wünschbar wäre, und dass die Verweisung auf das Institut der Notstundung nach Art. 317a ff. SchKG nicht allen Bedürfnissen gerecht werde. Wir hatten aber Bedenken, über die uns vom Parlament gestellte Aufgabe hinauszugehen und die auf die bäuerlichen Schuldner zugeschnittene Vorlage mit einem Fremdkörper zu beschweren, bei welchem die Umschreibung der Kategorien anderer Schuldner auf erhebliche Schwierigkeiten stossen und:uns wahrscheinlich wieder zu einem Vollmachtsbegehren zwingen würde, damit wir den verschiedenartigen Verhältnissen praktisch gerecht werden könnten. Wir zogen es deshalb vor, es den eidgenössischen Bäten und ihren Kommissionen anheimzustellen, ob sie die Aufnähme weitergehender Bestimmungen in die heutige Vorlage verlangen oder die Initiative zur Begelung in hievon unabhängigen Vorlagen ergreifen wollen.

Ausgeschaltet haben wir aus der Vorlage auch die Behandlung einiger bäuerlicher Begehren. So war in einer ersten Eingabe des schweizerischen Bauernsekretariats das Postulat eines Maximalhypothekarzinsfusses mit tauglichen Kautelen gegen Umgehung aufgestellt worden. Es ist aber in der Folge stillschweigend und in der Expertenkommission ausdrücklich als zweifellos für eine zeitlich beschränkte Notlösung untauglich fallen gelassen worden, so dass wir uns hier auch über die Frage der grundsätzlichen Berechtigung weitere Ausführungen ersparen können.

Ebenso wurde fallen gelassen die Anregung, die sich auf Änderungen im
Viehverpfändungsverfahren bezog. Das Bessortdepartement prüft zurzeit unabhängig von unserer Vorlage die hierauf sich beziehenden Fragen, die alllällige Änderung der geltenden Verordnung. Das Institut der Viehverpfändung hat in den verschiedenen Kantonen eine ganz ungleiche Bedeutung;, dementsprechend gehen auch die Ansichten über die gewünschte Bevision ziemlich weit auseinander und erschweren so eine rasche einheitliche Neuordnung, Ähnliches ist zu sagen über die Anregung, den Verkehr mit landwirtschaftlichen Liegenschaften bestimmten Beschränkungen zu unterwerfen, welche ·dem allzuraschen Handwechsel mit den damit verbundenen Überzahlungen vorbeugen sollen, etwa im Sinne der frühern Notverordnung. Wir haben den .gesunden Kern dieser Anregung, die im Parlament speziell durch Herrn StändeBundesblatt. 85. Jahrg. Bd. L 16

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rat Moser aufgenommen worden ist, anerkannt, sind aber mit diesem Vertreter darüber einig, dass eich auch diese Materie nicht für die Begelung in einem befristeten Bundesbeschluss eignet. Übrigens ist das Bedürfnis nach gesetzlichen Vorschriften vielleicht gerade bei den hier ins Auge gefassten Einzelsanierungen deshalb nicht so gross, weil jene hier durch ähnlich gerichtete Auflagen der rettend eingesetzten Bauernhilfskassen ersetzt werden können.

III.

Nach der im vorhergehenden Abschnitt negativ umschriebenen Abgrenzimg des Stoffes unserer Vorlage möchten wir Ihnen die positiven Hauptgesichtspunkte, die uns geleitet haben, kurz auseinandersetzen. Wir waren uns bewusst, dass, wenn in den vier nächsten Jahren mit den vom Bund zur Verfügung gestellten 12 Millionen und der ungefähr gleich hohen Leistung der Kantone eine wirklich erfolgreiche Sanierung möglichst vieler bedrohter bäuerlicher Existenzen durchgeführt werden solle, dann auch wirksame Eechtsmassnahmen zur Disposition gestellt werden müssen, welche bei Ungenügen der freiwilligen Verständigung diese ergänzen, von sachverständiger und verantwortungsbewusster Seite vorgeprüft und den zuständigen richterlichen Behörden empfohlen werden müssten. Wir verhehlen uns nicht, dass, wie bei den Hotelund Stickereisanierungen, das Hauptgewicht auf einer durch materielle Hilfe unterstützten Beratung des Schuldners, auf Verhandlungen mit den Gläubigern, Erreichung von freiwilligen Zugeständnissen: Stundungen, Abstrichen der drückendsten Eückstände und andern Belastungen, Herabsetzung unerträglicher Zinse usw. liegt. Die Eechtsmassnahmen, welche den Eingriff in das ordentliche Vertragsverhältnis darstellen, sollen eigentlich nur im Notfalle, wenn einzelne Gläubiger durch querköpfigen Egoismus ein vernünftiges, im Interesse der gesamten Gläubigerschaft und des Schuldners liegendes gütliches Arrangement venmmöglichen, bereitgestellt sein und so durch ihr blosses Vorhandensein einen wohltätigen Druck ausüben. Diese indirekte Wirkung hat sich seinerzeit im Pfandnachlassverfahren für die Hôtellerie und Stickereiindustrie bewährt. -- Wir sind uns auf der andern Seite bewusst, dass der landwirtschaftliche Hypothekarkredit schon deshalb, weil er für ganz normale Geldanlagen, für das Bedürfnis nach möglichst absoluter Sicherheit derselben,, von fundamentaler Bedeutung ist und Milliarden in seinen Aktionsradius, hineinzieht, wesentlich empfindlicher gegen Eingriffe ist, als ein auf Hotels oder Stickereien mit der Voraussicht etwelchen Eisikos bewilligter Kredit. Ein Verrücken der soliden Grundlagen dieses 'Kredits durch Notrecht kann nicht nur für den einzelnen Hypothekargläubiger, für unsere Banken, für unsere Pfandbriefinstitute und damit für den Landeskredit von Bedeutung werden, sondern auch für den
bäuerlichen Schuldner selbst, dem in Zukunft aus Angst vor diesen Eingriffen der Kredit entzogen oder verkürzt, das langmütige Anflaufenlassen von Zinsen versagt wird. Unter diesen Gesichtspunkten pro und contra musste besonders sorgfältig abgewogen werden, welche einzelnen Eechtsmassnahmen nun ins vorübergehende Ausnahmerecht aufzunehmen seien.

207 Die Grenze zwischen den beidseitigen Anschauungen zeichnete sich besonders deutlich in der Expertenkommission ab bei der Frage, ob ähnlich wie in der Vorlage für die Hôtellerie auch der zwangsmässige Abstrich eines Teils der rückständigen gedeckten Zinse, mit oder ohne Berücksichtigung der Pfandstelle des zugehörigen Kapitals, eventuell mit Einschiebung eines Amortisationstitels in die ordentliche Eeihenfolge der Pfandstellen, zugelassen werden solle.

Das vorbereitende Departement hatte diese Massnahme weggelassen in der Meinung, dass man vorerst Erfahrungen sammeln wolle, ob auch ohne solche auf freiwilligem Wege der gleiche Zweck erreicht werden könne. Eine kleine Mehrheit sprach sich dafür aus, dass jetzt schon die Massnahme im Bundesbeschluss aufgenommen werden solle. Wir haben es vorgezogen, diesen zwangsweisen Zinsabstrich zurzeit nicht vorzusehen. Ihre hohe Behörde mag entscheiden, ob sie die Bedenken wegen der Kreditbeschränkung hinter einer von ihr angenommenen Notwendigkeit des sofortigen Eingriffs zurücksetzen will.

IV.

Eine wichtige Eolle spielt bei einer auf vier Jahre zusammengedrängten vorübergehenden rechtlichen Nothilfe zweifellos auch das Verfahren. Je mehr wir uns damit beschäftigten, desto mehr drängte sich uns das Bedürfnis nach einem möglichst einfachen Verfahren auf. Am liebsten hätten wir -- abgesehen von der Aufschiebung der Verwertung, bei welcher der Entscheid sehr wohl dem Betreibungsbeamten allein überlassen werden kann -- die Einleitung eines jeden Notverfahrens zuerst einmal an eine Bauernhilfskasse gewiesen. Das stiess sich aber schon daran, dass gewisse Massnahmen unmöglich bewilligt werden können, ohne dass vorher durch den Schuldenruf eine sichere Grundlage für das weitere Vorgehen geschaffen ist. Diese Notwendigkeit wurde im Verlaufe der Expertenkommission von allen dort vertretenen Gruppen der Sachverständigen anerkannt. Dieser an der Spitze des Verfahrens stehende Schuldenruf kann aber nicht der Bauernhilfskasse zugewiesen, sondern muss von einer Behörde vorgenommen werden.

So sind wir dazu gelangt, die Nachlassbehörde als Instanz zu bezeichnen, von welcher die. notwendigen rechtlichen Massnahmen auszugehen haben.

In Kantonen mit geteilter Kompetenz ist darunter zunächst die untere Nachlassbehörde zu verstehen. Diese Instanz -- heute übrigens in allen Kantonen eine gerichtliche Behörde -- eignet sich am besten zur Übernahme der ihr zugedachten Aufgaben. Es handelt sich auch bei der besondern Bauernhilfe um ein nachlassähnliches Verfahren in verschiedenen Spielarten, das nach Gesichtspunkten durchgeführt werden soll, die der Behörde aus der Behandlung der gewöhnlichen Nachlassverträge zum Teil schon vertraut sind. Die unteren Nachlassbehorden der Kantone stehen den Verhältnissen nahe, sie haben Einblick in die vermögensrechtliche Situation der Landwirte und in die gegenwärtige Notlage vieler derselben und vermögen sie unmittelbar zu beurteilen.

Andererseits werden sie auch für die Bedürfnisse der Gläubigerkreise Verstand-

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nis besitzen und bei Festsetzung der den Schuldner entlastenden Massnahmeii den gerechten Ausgleich der Interessen zu finden wissen.

Die Nachlassbehörden sollen aber in enger Verbindung mit den Bauernhilfskassen arbeiten, denen ja durch die Gewährung von Geldmitteln die wirksamste Unterstützung, in vielen Fällen zweifellos erst die Ermöglichung der Sanierungen anheimgegeben ist. Wir haben uns bestrebt, bei den verschiedenen in unserer Vorlage vorgesehenen Massnahmen das Ineinandergreifen der rechtlichen und der wirtschaftlichen Hilfe möglichst zu sichern. Demgemäss sollen die Bauernhilfskassen nicht nur zur Mitwirkung bei der Aufstellung der Sanierungspläne herangezogen werden; es soll ihnen weitergehend der Vorrang überall da zustehen, wo ihre beratende und vermittelnde Tätigkeit ihnen Erfolg ohne Anwendung rechtlichen Zwanges verspricht. Der Nachlassbehörde ist insoweit eine mehr formale Funktion in dem Sinne zugedacht, dass sie das Verfahren in Gang setzen und später den von der Hilfskasse erfolgreich herbeigeführten Vergleich feststellen und damit das Verfahren abschliessen soll, ·wogegen ihr allerdings dann, wenn auf dem Wege der Freiwilligkeit ein Erfolg nicht erreichbar ist, die Aufgabe zufällt, Möglichkeit und Mass eines Eingriffs in die Gläubigerrechte zu prüfen und anzuwenden, sofern die Umstände ihn erheischen.

Schon aus dieser engen Verbindung der rechtlichen Hilfe mit, der finanziellen ·ergab sich die Notwendigkeit, die erstere in der Hauptsache auf die, Kantone au beschränken, die eine Kredithilfe im Sinne des Bundesbeschlusses vom 80. September 1932 organisieren. Wo dies nicht der Fall sein sollte, wird auch ·eine umfassende und auf die Dauer ·wirksame Sanierungsaktion für die Landwirtschaft schwerlich denkbar sein. Die gegenwärtige Vorlage nimmt dabei die Bauernhilfskassen als bestehende Institutionen und weist ihnen im Bahmen ·der rechtlichen Massnahmen bestimmte Aufgaben zu, ohne sich aber mit ihrer Beschaffenheit und internen Organisation zu befassen. In welcher Weise die Kantone diese Kassen konstituieren, ob sie bestehende Institute zuständig ·erklären oder eigens neue schaffen, vielleicht auch über die Kantonsgrenzen Ünaus eine Lösung suchen, ist eine Frage für sich; die in Art. 5, Abs. 2, jenes Bundesbeschlusses dem Bundesrat vorbehaltene Genehmigung der Organisations-
und Vollziehungsvorschriften gibt hier die wünschbaren Kautelen.

Unsere Vorlage sieht drei Gruppen rechtlicher Massnahmen vor, die im i'olgenden näher erläutert werden sollen: die Aufschiebung der Verwertung in der Betreibung, eine Stundung für landwirtschaftliche Pächter und als Hauptstück ein eigentliches Sanierungsverfahren. Nur das letztere ist zwangsläufig an die Existenz einer Bauernhilfsorganisation gebunden, weil ohne sie nicht mit Erfolg durchführbar. Der Verwertungsaufschub ist umgekehrt als allgemeine Massnahme, die an sich in jeder Betreibung eingreifen kann, von jener Voraussetzung ganz losgelöst. Die Pächterstundung nimmt eine Mittelstellung ein: Sie bedarf nicht notwendig der Bauemhilfsorganisation, zumal sie nicht an die Substanz der Forderungen greift; wo immerhin eine Hilfskasse besteht, soll diese im Verfahren zur Mitwirkung herangezogen werden.

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V.

Die Aufschiebung der Verwertung in der Betreibung auf Pfändung oder auf Pfandverwertung wird im Art. l, der zugleich den ersten Abschnitt der Vorlage bildet, behandelt. Sie ist für diejenigen Schuldner bestimmt, die imstande sind, ihren Verpflichtungen zu genügen und die schon in Betreibung gesetzten Forderungen ratenweise zu bezahlen, die hierfür jedoch einer langem Schonfrist bedürfen, als Art. 123 des Schuldbetreibungsgesetzes sie zu gewähren ermöglicht. Nach dieser Bestimmung kann der Betreibungsbeamte die Verwertung um höchstens drei Monate hinausschieben, wenn der Schuldner sich zu Batenzahlraigen von mindestens einem Viertel der Betreibungssumme verpflichtet und die erste Rate bezahlt hat. Schon durch die Kriegsnovello von 1914 wurden vorübergehend in Erweiterung jener Bestimmung die Achtelszahlungen mit einem Verwertungsaufschub bis zu sieben Monaten eingeführt.

Dieser Aufschub ist in das Gesetz in dem Sinne eingegangen, dass er nach dem neuen Abs. 4 des Art. 128 denjenigen Schuldnern gewährt werden kann, auf welche die Notstundung der Art. 317 a ff. anwendbar ist.

Heute rechtfertigt es sich, den bedrängten Bauern die nämliche Vergünstigung zugänglich zu machen. Sie soll sieh nach Art. l, Abs. l, vor allem auf die Landwirte erstrecken, die als Eigentümer ihr Heimwesen selbst bewirtschaften, sodann auch auf die Eigentümer eines landwirtschaftlichen Betriebes, die diesen nicht oder nicht mehr selbst bewirtschaften können, sondern verpachtet haben, aber auf den Eingang des Pachtzinses angewiesen sind, schliesslich auf die Pächter eines solchen Betriebes. Die Ratenzahlungen sollen in der Regel einen Viertel der Summe betragen; diese Ordnung wird den landwirtschaftlichen Verhältnissen besser entsprechen als die Aufteilung in Achtel, die auch der unverhältnismässig anwachsenden Kosten wegen nicht sehr glücklich ist.

Den siebenmonatlichen Aufschub schlagen wir in Übereinstimmung mit Art. 128, Abs. 4, SchKG vor, um nicht durch eine neue Differenzierung Verwirrung zu schaffen. Der Betreibungsbeamte wird also die drei aufgeschobenen Baten in ungefähr zweimonatlichen Abständen mit Spielraum von einem weitern Monat festsetzen können.

VI.

Mit der Stundung für Pächter befasst sich der zweite, die Art. 2--6 umfassende Abschnitt der Vorlage. Die rechtliche Hilfsaktion des Bundes darf sich nicht
auf die Eigentümer landwirtschaftlicher Betriebe beschränken ; so gut wie diese sind vielfach auch die Pächter von der Notlage erfasst worden.

Sie wird in der Regel zur Folge haben, dass der Pächter mit dem Pachtzins in Rückstand kommt. Ist er aber einmal in Verzug, so droht ihm binnen einer Frist von 60 Tagen die Auflösung des Pachtvertrages und die Ausweisung vom Pachtgut (Art. 298 OR). Gegenstand einer behördlichen Massnahme muss also vor allem die Erstreckung dieser Frist seni; der Entwurf gestattet sie bis auf 6 Monate (Art. 2, lit. a). Abgesehen vom Pachtzins wird der Pächter freilich auch laufende Schulden haben, deren Gläubiger ihn möglicherweise bedrängen.

Es kann sich fragen und ist in der Tat in der Expertenkommission diskutiert

210 worden, ob auch für diese Forderungen eine Stundung zu ermöglichen sei.

Sieht man davon ab, so muss der Pächter seine laufenden Schulden vorweg bezahlen, während dem Verpächter für den Pachtzins eine Stundung zugemutet ·wird. Allerdings gibt ihm das Eetentionsrecht an den vom Pächter eingebrachten Beweglichkeiten eine bevorzugte Stellung, die ihn aber nicht sicher vor Verlusten schützt. Es erscheint daher richtig, die Stundung der laufenden Schulden für die nämliche Frist wie diejenige des Pachtzinses wenigstens zu ermöglichen, in der Meinung, dass im Einzelfall zu entscheiden ist, ob auch davon Gebrauch gemacht werden soll, allfällig auf Antrag des Verpächters selbst (Art. 2, lit. &; 4,Abs. 3).

Zuständig zur Auferlegung der Stundung soll die erstinstanzliche Nachlassbehörde sein, und zwar endgültig; da es sich nur um Aufschub ohne Forderungsnachlass handelt, ist von einer Weiterziehung im Interesse der Einfachheit und Kostenersparnis abgesehen (Art. 5, Abs. 1). Das Verfahren ist kontra-diktorisch und umfasst ausser dem Pächter und Verpächter die übrigen Gläubiger, sofern deren Forderungen gestundet werden sollen, sowie allfällige Bürgen. Wo eine Bauernhilfsorganisation besteht, hat sie das Gesuch des Schuldners zu begutachten. Eine veri'ahrensrechtliche Besonderheit sieht Art. 4, Abs. 5. vor: Die Befugnis der Nachlassbehörde, in den gegen den Schuldner hängigen Betreibungen die Verwertungen vorläufig einzustellen. Diese Massnahme kann nach dem Stand der Betreibungen notwendig werden, wenn nicht das ganze Verfahren seinen Zweck verfehlen soll. Ist der Pächter bis zur Verwertung betrieben, so bedarf er einer Schutzfrist bis zum Entscheid der Nachlassbehorde. Wir haben sie auf das Minimum des unerlässlichen Eingriffs beschränkt; es können also auch neue Betreibungen angehoben werden, aber sie müssen vor der Verwertung einstweilen Halt machen.

Die Aufgabe der Nachlassbehörde soll aber nicht lediglich auf die Prüfung des Stundungsgesuches, wie es gestellt ist, und auf die Bewilligung oder Ablehnung der Stundung beschränkt sein. Aus bäuerlichen Kreisen wird heute vielfach" über Fälle übersetzten, mit den Erträgnissen des Pachtgutes in einem starken Missverhältnis stehenden Pachtzinses geklagt. Bei solcher Sachlage soll die Nachlassbehörde auf eine angemessene Herabsetzung des Pachtzinses hinwirken,
allfällig auch den übrigen Gläubigern ein gewisses Opfer nahelegen, wenn sie den Eindruck gewinnt, dass der Pächter mit einer blossen Stundung nicht auskommt. Eine finanzielle Beihilfe der Bauernhilfskasse insbesondere wäre verfehlt, würde sie nur von einer offenbar übersetzten Pachtzinsforderung absorbiert. Der Nachlassbehörde soll also eine gewisse Bewegungsfreiheit eingeräumt werden., um auf eine wirksame Entlastung des Pächters hinzuarbeiten und allfällig von einer solchen auch die Gewährung der sonst zwecklosen Stundung abhangig machen zu können (Art. 5, Abs. 2 und 8). Freilich beschränkt sich diese Kompetenz der. Behörde auf die Erzielung eines freiwilligen Einverständnisses mit den Gläubigern, insbesondere mit dem Verpächter. Eine zwangsweise Beduktión des Pachtzinses oder anderer Forderungen kann in diesem Verfahren nicht wohl zugestanden werden; sie wäre beim Scheitern einer Verständigung in einem Nachlassvertrag zu suchen.

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VII.

Mit dem bäuerlichen Sanierungsverfahren der Art. 7--40 gelangen ·wir zum wichtigsten Abschnitt der Vorlage, zu den Massnahmen, durch die in den meisten Fällen einer gegenwärtigen Notlage dem Schuldner Hilfe gebracht werden eoli. Wir verwenden den der heutigen Zeit leider sehr geläufigen Ausdruck «Sanierung», weil das Verfahren, in verschiedenen Formen und mit ungleicher Intensität der Massnahmen, doch stets auf dauernde Gesundung der ökonomischen Lage des Schuldners ninzielt.

.Dass der Anwendungsbereich dieses Verfahrens grundsätzlich auf die mit einer Bauernhilfe ausgestatteten Kantone beschränkt werden muss, wurde schon erwähnt und begründet. Art. 7, Abs. 2, umschreibt überdies den subjektiven Geltungsbereich. Darnach soll das Sanierungsverfahren den Eigentümern landwirtschaftlicher Betriebe zugute kommen, die sich ohne eigenes Verschulden infolge der wirtschaftlichen Notlage ausserstande sehen, ihre Gläubiger voll zu befriedigen; die finanzielle Bedrängnis darf also, wie das auch der Bundesbeschluss über die Kredithilfe verlangt, keine selbstverschuldete sein. In den Statuten der Hüfskassen wird häufig als Beispiel des Selbstverschuldens der Erwerb eines Heimwesens zu übersetzten Preisen erwähnt ; das würde natürlich ganz besonders auch im Sinne unserer Vorlage zutreffen, wenn der Erwerb nach Inkrafttreten des vorliegenden Bundesbeschlusses stattfinden würde, Voraussetzung ist ferner, dass der Eigentümer sein Heimwesen selbst bewirtschaftet oder a"ber, falls er es verpachtet hat, dass er aus der Verpachtung sein Auskommen finden muss, dass sie für ihn also nicht ein beliebiges Geldgeschäft bedeutet wie jedes andere.

Bei der Ausgestaltung des Verfahrens rauss man sich nun davon Eechenschaft geben, dass bei einer Notlage des Schuldners häufig, ja wohl in der Mehrzahl der Fälle, sich nicht von vornherein ohne weiteres erkennen und abgrenzen lassen wird, welche Massnahmen erforderlich und ausreichend sind, um die Lage des Schuldners dauernd zu bessern, insbesondere ob in Verbindung mit einer Unterstützung durch die Hilfskasse eine Verständigung mit den Gläubigern sich wird erzielen lassen. Oft genug wird, in: den bäuerlichen Verhältnissen, der Schuldner selbst diese Frage nicht zu beurteilen vermögen. Es "erscheint uns deshalb zweckmässig. eine Vorprüfung vornehmen zu lassen, auf Grund deren
zu entscheiden ist, auf welchen weitern Weg der Schuldner zu verweisen sei, ob an die Hilfskasse zur Herbeiführung einer direkten Verständigung mit den G-läubigern oder endgültig an die Nachlassbehörde zur Durchführung rechtlicher Massnahmen. So ergibt sich eine Dreiteilung des Verfahrens einerseits in ein Einleitungsverfahren, das alle Gesuche durchlaufen, andererseits in die freiwillige Sanierung durch die Bauernhüfskasse und die amtliche Sanierung durch die Nachlassbehörde, diese beiden alternativ nebeneinander stehend. . Mag dieser Aufbau an sieh etwas weitläufig erscheinen, so wird er, wie wir glauben, in der praktischen Anwendung sich als zweckmässig erweisen; er erlaubt die einheitliche Behandlung aller Fälle im Anfangs-

212 Stadium von der nämlichen Stelle, der Nachlassbehörde aus, und sucht dann jeden Fall ohne Umwege zum Ziele zu führen.

Es sei uns gestattet, im folgenden die einzelnen Phasen des Sanierungsverfahrens kurz zu erläutern. Wir möchten dabei das Hauptgewicht auf die materiellen Fragen legen; in bezug auf die reinen Verfahrensvorschriften dürfen -wir wohl wenigstens insoweit auf den Text der Vorlage verweisen, als er besonderer Erklärungen nicht zu bedürfen scheint, A. Das Einleitungsverfahren (Art. 8--12) wird vom Schuldner bei der Nachlassbehörde anhängig gemacht. Wendet der Schuldner sich zunächst an die Bauernhilfsorganisation, so mag diese in einfachen und günstig liegenden Fällen eine gütliche Lösung ohne Inanspruchnahme anderer Instanzen anstreben. Besteht keine Aussicht auf eine solche Lösung, oder erscheint wenigstens ein Schuldenruf als unerlässlich, so weist die Hilfskasse den Schuldner an die Nachlassbehörde (Art. 8, Abs. 2). In dieser Weise wird die Hilfskasse auch in noch unerledigten Fällen vorgehen können, die vor Inkrafttreten des vorliegenden Bundesbeschlusses bei ihr anhängig gemacht worden sind.

Zur Abklärung der Vermögenslage des Schuldners erlässt die Nachlassbehörde einen Schuldenruf und erstellt auf Grund der Forderungsanmeldungen ein Schuldenverzeichnis (Art. 9). Dazu wird sich in der Begel die Einstellung der Betreibungen wie bei der Pächterstundung gesellen (Art. 10).

Eine wichtige Aufgabe ist sodann schon in diesem vorbereitenden Verfahren der Bauernhilfsorganisation übertragen: Sie soll das Gesuch einer Vorprüfung unterwerfen und der Nachlassbehörde Antrag stellen, welche weitere Behandlung desselben sie für die geeignetste hält, sofern sie nicht etwa auf Ablehnung wegen Aussichtslosigkeit jeglicher Sanierung oder Unwürdigkeit des Schuldners schh'essen zu müssen glaubt (Art. 11). Die besondern Erfahrungen der Bauernhilfsorganisation aus ihrer Tätigkeit im allgemeinen werden sie besser als die Nachlassbehörde selbst in die Lage setzen, die Möglichkeiten und Aussichten einer Sanierung im Einzelfall zu beurteilen.

Immerhin soll der Entscheid über die dem Sanierungsgesuch zu gebende Folge der Nachlassbehörde zustehen, auf Grund einer mündlichen Verhandlung mit einem Vertreter der Bauernhilfsorganisation und dem Schuldner, der hier auch seinen Standpunkt muss. zur Geltung
bringen können (Art. 12). Eine Weiterziehung des Entscheides an die obere kantonale Nachlassbehörde ist nur vorgesehen für den Fall der Ablehnung des Gesuches überhaupt, da sonst mit diesem Entscheid eine Hilfe für den Schuldner abgeschnitten und damit wohl sein Schicksal besiegelt ist.

B. Das freiwillige S a n i e r u n g s v e r f a h r e n (Art, 13--18) wird von der Bauernhilfsorganisation durchgeführt, der es überlassen bleibt, zur Herbeiführung einer gütlichen Verständigung mit dem Schuldner, den Gläubigern und den Bürgen zu verhandeln und die Leistungen festzusetzen, die sie nach den Grundsätzen über die Kredithilfe im Einzelfall gewähren kann. Während dieser Verhandlungen geniesst der Schuldner noch die im Einleitungsverfahren

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verfügte Einstellung der Verwertungen; falls es notwendig erscheint, kann ihm die Nachlassbehörde eine weitergreifende eigentliche Stundung wie im amtlichen Sanierungsverfahren bewilligen (Art. 10 und 13, Abs. 2).

Dem von der Bauemhilfsorganisation ausgearbeiteten SanierungsVorschlag kann wieder ein verschiedenes Schicksal zuteil werden. Wird er vom Schuldner und den Gläubigern angenommen, so ist die freiwillige Sanierung zustande gekommen, und die Nachlassbehörde fasst einen dahingehenden Beschluss (Art. 14). Massgebend sind für die Konstatierung der Annahme die bekannten Gläubiger, d. h. diejenigen, die ihre Forderungen im Schuldenruf angemeldet haben oder die aus dem Grundbuch ersichtlich oder sonst ermittelt worden sind. Der Sanierungsvorschlag muss aber auch für allfällige weitere Gläubiger verbindlich sein, soll er nicht hinterher umgestossen werden tonnen; auf diese Folge, die übrigens der Behandlung der Gläubiger im Nachlassvertrag entspricht, ist im Schuldenruf hinzuweisen (Art. 9 und 14, Abs. 1).

Scheitert umgekehrt der Vorschlag der Bauernhilfsorganisation, so kann der Schuldner immer noch das amtliche Sanierungsverfahren beantragen; der Nachlassbehörde muss es aber vorbehalten bleiben, in diesem Falle die Eröffnung des amtlichen Verfahrens abzulehnen, wenn sich ergibt, dass es aussichtslos wäre oder der Schuldner seiner nicht würdig ist (Art. 15).

Einen Einbruch in das Prinzip der Freiwilligkeit schlagen wir Ihnen in Art. 16 vor. Darnach soll bei Zustimmung der Pfandgläubiger die Nachlassbehörde über den- Widerstand einer kleinen, höchstens einen Zehntel der gesamten Forderungssumme vertretenden Minderheit von Kurrentgläubigei'D hinwegschreiten und den Vorschlag dennoch verbindlich erklären können, wenn er im Interesse der Gläubigermehrheit liegt und den nicht zustimmenden Gläubigern daraus nicht ein unverhältnismässiger Nachteil erwächst. Dieser nicht ganz systemgerechte Schritt darf, wie uns scheint, gewagt werden, als Kautel gegen offenbaren schlechten Willen einer kleinen. Gruppe, zumal in der Erwägung, dass ein sonst notwendig werdendes amtliches Sanieruiigsverfabren bei dieser Sachlage doch wohl zum Ziel führen würde; dieses Verfahren, wäre -aber angesichts der Zustimmung aller Pfandgläubiger fehl am Platz. Das Bedürfnis, in der rechtlichen Hilfe billige Lösungen zu erzielen
und Komplikationen möglichst zu vermeiden, rechtfertigt unseres Erachten?

die Bestimmung, deren Ausnahmecharakter wir keineswegs bestreiten wollen.

Schliessh'cht sieht der Entwurf in Art. 18 die Möglichkeit vor, einen zustandegekommenen Sanierungsbeschluss nachträglich durch die Nachlass-.

behörde auf Antrag der Bauernhilfskasse oder eines Gläubigers aufheben zu lassen, wenn der Schuldner die ihm bei der Kredithilfe gesetzten Bedingungen oder erteilten Weisungen nicht befolgt oder sich sonstwie der Hilfe unwürdig erweist. Die Androhung dieser Sanktion dürfte insbesondere dem Sinn und Geist des Bundesbeschlusses über die Kredithüfe gerecht werden.

C. Das amtliche S a n i e r u n g s v e r f a h r e n (Art. 19--89) nimmt in der Vorlage den breitesten Baum ein, da es in seinen Einzelheiten geordnet

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werden niuss: für die praktische Anwendung hoffen wir, dass es möglichst oft dank dem freiwilligen Verfahren entbehrlich werde. Seinem Wesen nach ist es ein durch Einbeziehung der Pfandschulden erweiterter Nachlassvertrag; es gleicht darin dem durch den Bundesbescliluss vom 30. September 1932 wieder eingeführten Pfandnachlassverfahren für die Hotel- und die Stickereiindustrie. Wie dort liegt der Zweck des Verfahrens vor allem darin, die Zwangsvollstreckung für die pfandversicherten Forderungen zu verhindern, die den Schuldner von Haus und Hof treiben würde. Dieses Ziel soll erreicht werden durch Stundung von Kapitalien und durch die Möglichkeit einer vorübergehenden Entlastung in der Verzinsung des ungedeckten Kapitals. Auf. diese beiden Massnahmen beschränken sich die den Pfandgläubigern zugemuteten Opfer. Wir haben schon hervorgehoben, däss die Vorlage keinen Abstrich an den aufgelaufenen gedeckten Zinsen vorsieht und auch auf die Schaffung neuer, allen Hypotheken vorgehender Pfandtitel zur Ablösung der Zinse verzichtet.

Ungeachtet dieser bedeutsamen Abweichungen lehnt sich das Sanierungsverfahren an dasjenige der Hotelindustrie an; es stellt einen den bäuerlichen Verhältnissen angepassten, daher inhaltlich eingeschränkten und im Verfahren vereinfachten Pfandnachlass dar. Diese Feststellung gestattet uns wohl auch, in der Erläuterung uns im wesentlichen auf die Abweichungen von jenem Verfahren zu beschränken, zu dem wir uns in der Botschaft vom 9. Juli 1932 geäusaert haben.

I. Die einzelnen Massnahrnen stehen wie beim Hotelpfandnachlass in dem Sinne zur Verfügung, dass sie einzeln oder vereinigt angewendet werden können (Art. 19, Abs. 2 und 3); die Nachlassbehörde soll grundsätzlich nicht weitergehen, als die Lage des einzelnen Falles es erfordert.

1. Die Kapitalstundung wird in Art. 20 für alle pfandversicherten Forderungen vorgesehen, also vor allem für die Kapitalien, welchen die bäuerliche Liegenschaft als Grundpfand oder eine auf ihr lastende Forderung als Faustpfand haftet: dazu kommen hier die durch Viehpfand gesicherten Forderungen, denen geniäss der ganz ungleichen Benützung des Instituts der Viehverpfändung in den Kantonen eine verschiedene, oft aber wesentliche Bedeutung zukommt. Freilich ist ja das Viehpfand ganz anders geartet als das Grundpfand. Es konnte sich deshalb fragen,
ob es angehe, die beiden Kategorien, von Pfandforderungen hinsichtlich der Stundung der nämlichen rechtlichen Behandlung zu unterwerfen. Die Prüfung hat ergeben, dass dies möglich ist, zumal die Kapitalstundung allgemein auf die Masimaldauer von 4 Jahren beschränkt ist. Während dieser Frist werden sehr oft die einzelnen verpfändeten Tiere als Pfand bestehen bleiben. Allerdings sieht die Verordnung vom 30. Oktober 1917 über die Viehverpfändung in Art. 13 je auf Jahresende die Löschung der im zweit vorhergehenden Kalenderjahr im Verschrei bungsprotokoll eingetragenen Verpfändungen vor; allein der Eintrag wird auf Begehren des Gläubigers erneuert, und von diesem Becht wird der Gläubiger im Falle der Pfändung

215 Gebrauch inachen. Die Schwierigkeit liegt eher darin, dem Gläubiger eine Sicherung für die Erhaltung der Pfandsache oder die Ersetzung eines abgehenden verpfändeten Tieres zu verschaffen. Sie lässt sich wohl nicht absolut erreichen; wir haben immerhin (in Art. 23, lit. e) dem Pfandgläubiger für solche Fälle ausdrücklich das Eecht vorbehalten, die Stundung widerrufen zu lassen, und darin dürfte eine hinreichend wirksame Kautel liegen.

Die Wirkung der Stundung (Art. 21) und die Stellung der Bürgen (Art. 22) sind gleich geordnet wie beim Hotelpfandnachlass ; der Solidarbürge kann also die Ausdehnung der Stundung auf sich verlangen, wenn und soweit er sonst in seiner wirtschaftlichen Existenz gefährdet wäre. Die vielfache Verkettung von Schuldnern und Bürgen ist auch in der Landwirtschaft eine wenig erfreuliche Erscheinung, der in diesen Sanierungsfällen Bechnung getragen werden muss.

Der Widerruf der Stundung ist in Art. 28 ausführlich geordnet; wir haben in dieser Hinsicht darauf Bedacht genommen, die Gläubiger möglichst gegen Missbräuche zu .sichern. Insbesondere bildet die Nichterfüllung der dem Schuldner bei Gewährung der Kredithilfe gesetzten Bedingungen einen Grund zürn Widerruf.

2. Als einzige die Substanz schmälernde Massnahme sieht Art. 24 eine auf höchstens 4 Jahre beschränkte Eeduktion oder gänzliche Streichung der Zinse vor. soweit sie von dem durch das Pfand nicht gedeckten Kapital geschuldet sind. Damit wird dem Schuldner eine sicherlich oft notwendige Entlastung auf Beträgen, gebracht, auf deren Eingang der Gläubiger ohnehin nicht zählen kann.

3. Sind bereits Zinse aufgelaufen, so muss die Möglichkeit geschaffen werden, sie dem Schuldner abzunehmen, soll eine wirkliche "Sanierung Zustandekommen. Soweit diese Zinse ungedeckt sind, fallen sie nach allgemeiner Begel in den Nachlassvertrag der Kurrentgläubiger (Art. 37), Für die Bezahlung der gedeckten Zinse wird vornehmlich die Bauernhilfekasse einspringen müssen.

Zur Erleichterung dieser Übernahme räumen wir in Art. 25--26 der Kasse das Becht ein, für den geleisteten Betrag, sofern dieser rückzahlbar ist, ein neues Pfandrecht errichten zu lassen, das im Bang unmittelbar nach dem gedeckten Gesamtkapital eingeschoben werden soll. Die gedeckten Pfandgläubiger werden also durch dieses neue Pfand nicht berührt, während es billig
erscheint, dass die selbst ungedeckte Hilfskasse für ihren Beitrag den Vorrang vor den übrigen ungedeckten Gläubigern erhält. Der rechtliche Eingriff beschränkt sich demnach auf die Schaffung dieses Pfandrechts, sofern die Hilfskasse es beansprucht. Das Pfand soll in der Form einer Grundpfandverschreibung oder eines Schuldbriefes errichtet werden; die Gült eignet sich angesichts der Belastungsgrenze des Art. 848 ZGB hiefür nicht.

II. Die S c h ä t z u n g s f r a g e . Für die rechtliche Behandlung der Zinse hat nach dem soeben Gesagten die Bestimmung der Deckungsgrenze der Pfänder wesentliche1 Bedeutung, wenn auch nicht so tiefgreifende wie beim

216 Hotelpfandnaehlass. Wie die Deckung festgestellt werden soll, darin liegt wohl eine der schwierigsten hier zu lösenden Prägen. Das Bestreben muss dahin gehen, ein ·weitläufiges und kostspieliges Verfahren zu vermeiden; anderseits hahen die Gläubiger wie der Schuldner seihst Anspruch auf eine möglichst zuverlässige Schätzung der Pfänder. Für das Viehpfand kann auf die im Versehreibungsprotokoll eingetragene Schätzung des verpfändeten Tieres abgestellt werden (Art. 10 und 11 der Verordnung, Art, 29 des Entwurfs).

Was die Grundpfänder betrifft, liesse sich an die nach der kantonalen Steuergesetzgebung vorgenommenen Schätzungen denken, die den Vorteil böten, eine neue besondere Schätzung überflüssig zu machen. Allein die Steuerschätzungen würden doch in unserem Verfahren nicht taugen; sie beruhen auf allzu verschiedenen Grundlagen und richten sich nach fiskalischen, nicht privatrechtlichen Gesichtspunkten. Mit Zustimmung der Expertenkommission sind wir schliesslich dazu gelangt, die Bauernhilfsorganisationen mit der Schätzung der Grundpfänder zu betrauen (Art. 27). Sie werden diese Aufgabe verhältnismässig rasch und ohne grosse Kosten bei Prüfung eines Sanierungsfalles erfüllen können; ihrer Sachkenntnis und Objektivität darf und muss man auch hierin Vertrauen entgegenbringen. So haben wir auch auf die Einsetzung einer Bekursinstanz verzichtet (nachdem sich in der Expertenkommission über diese Frage Stimmengleichheit ergab). Wollte man diesen Gedanken aufnehmen, so bliebe wohl nur die Ernennung besonderer , eidgenössischer Schätzungskommissionen übrig, deren Einschaltung das Verfahren notwendig verzögern und verteuern würde; man darf nicht vergessen, dass für die bäuerlichen Sanierungen die Zahl der Schätzungen ungleich grösser sein wird als in der Hotel- oder Stickereiindustrie.

Nach ' was für Prinzipien ist aber die Schätzung vorzunehmen ? Soll der Bauernhilfsorganisation darin freie Hand gelassen oder ihr eine Vorschrift mitgegeben werden, und wie muss eine solche allenfalls lauten ? Die Beratung in der Expertenkommission hat auch hierüber verschiedene Auffassungen zutage treten lassen, die sich zwischen dem Ertragswert, dem Verkehrswert und einer Kombination beider bewegten. Vom Standpunkt, des Sanierungsziels ist ohne Zweifel der Ertragswert in den Vordergrund zu stellen; das Mass der
Befriedigung der Gläubiger hängt schliesslich von dem ab, was der Bauer bei guter Bewirtschaftung aus dem Heimwesen herauszubringen imstande ist. Wir haben in Art. 27, Abs. 2, eine von der Expertenkommission mehrheitlich angenommene, in ihrer Anwendung freilich sehr dehnbare Formel aufgenommen, in dem Sinne, dass sie zur Diskussion gestellt werden soll.

III. Das V e r f a h r e n der amtlichen Sanierung ist in den Art. 80--39 schrittweise geordnet. Es beginnt mit dem Eröffnungsbeschluss der Nachlassbehörde, mit dem nun aber eine Sanierungsstundung bis zu sechs Monaten verbunden werden muss; für dieses länger dauernde Verfahren genügt die blosse Einstellung der Verwertung nicht mehr (Art. 30). Diese Stundung soll die nämliche Wirkung haben wie die Notstundung, namentlich also die Anhebung oder Fortsetzung jeder Betreibung hemmen; verschärft ist die

217

Wirkung hinsichtlich gewisser die Eechte der Gläubiger tangierender Verfügungen, die nichtig erklärt sind, also auch nicht mit behördlicher Zustimmung vorgenommen werden dürfen (Art. 31). Bei Eröffnung des Verfahrens ernennt die Nachlassbehörde ferner einen Sachwalter wie im gewöhnlichen Nachlassvertrag, jedoch mit etwas modifizierten Aufgaben entsprechend dem besondern Verfahren (Art. 82).

Nun setzt wiederum die Mitwirkung der Bauernhilfsorganisation ein (Art. 38) : sie hat die Schätzung der Grundpfänder vorzunehmen, sich über die von ihr zu gewährende Kredithüfe zu äussern, die natürlich das Sanierungsprojekt beeinflusst, und der Nachlassbehörde zu berichten, ob und wieweit sie eine Stundung und einen Zinserlass für notwendig hält und ob sie im Fall der Gewährung eines Darlehens ein Pfandrecht nach Art. 25 beansprucht.

Bei ihrer Stellungnahme kommt der Bauernhilfsorganisation die schon im Einleitungsverfahren gemäss Art. 11 vorgenommene vorläufige Prüfung der Situation des Schuldners zu statten. Im übrigen ist ihr auch im amtlichen Verfahren für ihre Verhandlungen und Anordnungen zur Abklärung des Falles Freiheit gelassen.

Nach Erstattung des Berichts der Bauernhilfsorganisation gehen die Akten an den Sachwalter zurück, der nun gestützt auf die Schätzung seine Verfügung über die gedeckten und die ungedeckten Forderungen erlässt (Art. 84).

Diese Verfügung soll ihrer Wichtigkeit wegen der Weiterziehung an die Nachlassbehörde unterliegen. Dann entwirft der Sachwalter im Einvernehmen mit dem Schuldner einen Entwurf für den Sanierungsentscheid, d. h. über die in bezug auf die Pfandforderungen zu treffenden Massnahmen und über die den Kurrentgläubigern anzubietende Nachlassdividende (Art. 35).

Die Nachlassbehörde trifft ihren Entscheid über den Sanierungsvorschlag nach mündlicher Verhandlung mit allen Beteiligten, auch einem Vertreter der Bauernhilfsorganisation. Die Gläubiger kommen zu Wort ; eine besondere Gläubigerversammlung wie im gewöhnlichen Nachlassvertrag ist jedoch nicht erforderlich, da der behördliche Entscheid nicht von der Annahme des Vorschlags durch eine Gläubigermehrheit abhängt. Wie im Hotelpfandnachlassverfahren ist der Nachlassvertrag vielmehr zu bestätigen, wenn die Voraussetzungen des Art. 306 des Schuldbetreibungsgesetzes erfüllt sind, die Erhaltung der wirtschaftlichen
Existenz des Schuldners durch den Nachlass wahrscheinlich gemacht und die Interessen der Gläubiger besser gewahrt werden als durch eine sofortige Zwangsliquidation (Art. 35, Abs. 3). Würde die Zustimmung einer Mehrheit der Kurrentgläubiger verlangt, so könnte eine Minderheit derselben die ganze Sanierung zu Fall bringen, auch wenn die Pfandgläubiger mit ihren in der Eegel weit bedeutenderen Forderungen den Vorschlag annehmen. Wenn eine obere kantonale Nachlassbehörde besteht, kann der Entscheid an diese weitergezogen werden (Art. 36, Abs. 2); auch den Weg ans Bundesgericht zu öffnen, würde sich für die bäuerlichen Sanierungen nicht rechtfertigen.

Dem Zweck der Sanierung entsprechend, verlieren die ungedeckten Pfandgläubiger nicht nur den die Nachlassdividende übersteigenden Forderungs-

218 betrag, sondern auch das die Deckung überschreitende Pfandrecht (Art. 87).

Hinsichtlich der ungedeckten Kapitalforderungen ist den Pfandgläubigern.

die Wahl gelassen, ob sie mit dieser Folge am Nachlassvertrag teilnehmen oder aber die ganze Forderung in die Stundung einbeziehen lassen und das Pfandrecht ungeschmälert erhalten wollen. Die nämliche Ordnung ist im Hotelpfandnachlass getroffen.

Die Vollziehung des Entscheides ist dem Sachwalter übertragen (Art. 38).

Es entspricht wohl den Verhältnissen, wenn ihm auch die Aufgabe Überbunden wird, die Bezahlung der Nachlassdividende an die Kurrentgläubiger zu überwachen.

D. P f a n d r e c h t zugunsten der Bauernhilfsorganisation. Das Ineinandergreifen rechtlicher und finanzieller Hilfe möchten wir endlich durch die Bestimmung des Art. 40 unterstützen. Er gibt den Bauernhilfskassen das Becht, für die dem Schuldner in Form rückzahlbarer Beträge geleistete Hilfe, soweit sie nicht unter Art. 25 fällt, ein Pfandrecht im letzten Bang eintragen zu lassen. Freilich gibt dieses Pfandrecht vorerst nur eine sehr prekäre Sicherheit, allein sie kann sich verbessern; zudem hat die blosse Existenz des Pfandrechts eine gewisse moralische Bedeutung und wird den Schuldner auch von leichtfertiger Veräusserung der Pfandobjekte abhalten. Die Errichtung des Pfandrechts kann sowohl im freiwilligen wie im amtlichen Sanierungsverfahren beansprucht werden; Xa tur und Zweck der von der Bauernhilfskasse gewährten Darlehen sind in beiden Fällen dieselben. Dass die Kasse das Pfandrecht jederzeit löschen lassen kann, wenn sie es nach den Umständen für geboten hält, versteht sich von selbst.

Wir schliessen unsere Bemerkungen- mit dem Hinweis darauf, dass unseres Erachtens der vorliegende Bundesbeschluss, der von den bedrängten Schuldnern und den Bauernhilfskassen sehnlich erwartet wird, wie derjenige über das Pfandnachlassverfahren der Hotel- und der Stickereiindustrie dringlich erklärt werden sollte.

Wir empfehlen Ihnen, den beiliegenden Beschlussesentwurf anzunehmen, und versichern Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 6. Februar 1933.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Schulthess.

· .

..

. .

Der

Bundeskanzler:

Kaeslin.

219

(Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend

vorübergehende rechtliche Schutzmassnahmen für notleidende Bauern.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 6. Februar 1938.

beschliesst: Erster Abschnitt.

Aulschiebung der Verwertung.

Art. 1.

Für Schuldner, die einen landwirtschaftlichen Betrieb als Eigentümer bewirtschaften oder die ihn verpachtet haben und aus der Verpachtung ihr Auskommen finden müssen, sowie für Pächter eines landwirtschaftlichen Betriebes wird Art. 123 des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs wie folgt abgeändert: In der Betreibung auf Pfändung oder auf Pfandverwertung kann der Betreibungsbeamte die Verwertung bis auf sieben Monate hinausschieben, wenn der Schuldner sich zu regelmässigen Abschlagszahlungen an das Betreibungsamt verpflichtet und die erste Zahlung geleistet hat.

Der Betreibungsbeamte setzt die Höhe und die Verfalltermine der Abschlagszahlungen fest; diese sollen in der Kegel einen Viertel der Betreibungssumme betragen.

Der Aufschub fällt dahin, wenn die Abschlagszahlungen nicht pünktlich erfolgen.

Zweiter Abschnitt, Stundung für Pächter.

Art, 2.

I&t der Pächter eines landwirtschaftlichen Betriebes unverschuldet A. Vorausinfolge der wirtschaftlichen Notlage ausserstande, seine Verbindlich- ^^uîSig!TM0

220 keiten zu erfüllen, so kann er bei der Nachlassbehörde das Gesuch stellen : a. die ihm gemäss Art. 293 des Schweizerischen Obligationenrechts vom Terpächter gesetzte Frist bis auf sechs Monate zu verlängern ; fe. ihm auch für seine übrigen Verbindlichkeiten Stundung bis auf sechs Monate zu gewähren.

Art. 3.

B. Gesuch des Schuldners.

Der Gesuchsteller hat der Nachlassbehörde vorzulegen: j ^ p^tvertrag oder andere Ausweise über Höhe und Fälligkeit des Pachtzinses sowie über die Dauer des Pachtverhältnisses; 2. ein Verzeichnis seiner übrigen Gläubiger, mit Angabe ihrer Forderungen imd der Fälligkeitstermine; 3. Ausweise über allfällige gegen ihn bereits anhängige Betreibungen,

Art. 4.

c. verfahren.

D. Entscheid.

Die Nachlassbehörde prüft die Vermögenslage des Schuldners und die Gründe des Zahlungsverzuges, insbesondere auch die Angemessenheit des Pachtzinses.

Sie gibt dem Verpächter und den übrigen Gläubigern vom Gesuch des Schuldners Kenntnis; sie kann einen Schuldenruf erlassen und die ihr weiter notwendig erscheinenden Massnahmeu treffen. .

Wenn der Pächter nur die Erstreckung der Frist nach Art, 2, lit. a, verlangt, so kann der Verpächter beantragen, dass auch die Stundung der übrigen Forderungen nach Art. 2, lit. b, ausgesprochen werde.

Wo eine Bauernhilfsorganisation im Sinne des Art. 5 des Bundesbeschlusses vom 80. September 1982 über eine vorübergehende Kredithilfe für notleidende Bauern besteht, unterbreitet die Nachlassbehörde das Gesuch dieser Organisation zur Begutachtung.

Falls der Stand der Betreibungen es notwendig macht, kann die Nachlassbehörde unter Kenntnisgabe an das Betreibungsamt die Verwertungen vorläufig einstellen.

Art. 5.

Die Nachlassbehörde entscheidet endgültig auf Grund einer mündlichen Verhandlung, zu welcher der Pächter und der Verpächter sowie die übrigen Gläubiger, sofern deren Forderungen gestundet werden sollen, überdies allfällige Bürgen einzuladen sind.

Die Nachlassbehörde kann, dem Schuldner und den Gläubigern Vorschläge für eine freiwillige Herabsetzung der Forderungen unterbreiten, insbesondere wenn dem Schuldner von der Bauernhilfsorganisation eine Kredithilfe gewährt wird und wenn dank der Herabsetzung

221 der Forderungen die Stundung entbehrlich "wird oder verkürzt werden kann.

Erachtet die Nachlassbehörde den Pachtzins als übersetzt, so kann sie jede den Schuldner entlastende Massnahme von einer .angemessenen Herabsetzung des Pachtzinses durch den Verpächter abhängig machen, Art. 6.

Die Verlängerung der Zahlungsfrist für den Pachtzins wird von der E. Mitteilung Nachlassbehörde dem Betreibungsamt mitgeteilt, ebenso dem Verpächter, im deg "g sofern er nicht zur Verhandlung erschienen ist.

Entscheides.

Die Stundung der übrigen Forderungen wird öffentlich bekannt gemacht; sie hat die in Art. 31 hiernach bestimmten Wirkungen.

Der Schuldner, dem eine Stundung gemäss Art. 2 bewilligt worden ist, kann die Aufschiebung der Verwertung nach Art. l nicht mehr beanspruchen.

Dritter Abschnitt Bäuerliches Sanierungsverfahren.

Art. 7.

Das in diesem Abschnitt geordnete Sanierungsverfahren kann in A. GeituagsKantonen angewendet werden, die eine Notstandshilfe für Bauern im Sinne der Art. 8 und 5 des Bundesbeschlusses vom 80. September 1932 organisiert haben.

Es kann vom Eigentümer eines landwirtschaftlichen Betriebes, der diesen entweder selbst bewirtschaftet oder der ihn verpachtet hat und aus der Verpachtung sein Auskommen finden muss, in Anspruch genommen werden, sofern er ohne eigenes Verschulden infolge der wirtschaftlichen Notlage ausserstande ist, seine Gläubiger voll zu befriedigen.

Art. 8.

Der Schuldner, der das Sanierungsverfahren in Anspruch nehmen B. Einieitungswill, hat der Nachlassbehörde ein schriftliches Gesuch um Einleitung I ^esuch" an dieses Verfahrens einzureichen. Er hat dem Gesuch beizufügen : die Nachiass1. ein Verzeichnis seiner Gläubiger, unter Angabe von Art und Höhe ihrer Forderungen, der Zinsbedingungen, der Fälligkeitstermine und der bestellten Sicherheiten (Pfandrechte, Bürgschaften); 2. ein Verzeichnis der ihm gehörenden Grundstücke, unter Angabe ihrer Art und Grosse und wenn möglich des Schätzungswertes; 8. ein Verzeichnis des Viehstandes; 4. Angaben über allfälligen weitern Vermögensbestand (insbesondere Forderungen und andere Kechte), mit Ausnahme des Hausrates Bundesblatt. 85. Jahrg. Bd. L

17

222

und der dem landwirtschaftlichen Betrieb dienenden Gerätschaften.

Hat der Schuldner sich an die Bauernhilfsorganisation um Gewährung einer Kredithilfe gewendet, so weist ihn diese Organisation an.

die Nachlassbehörde, wenn sie die Mitwirkung der letztem als zur Durchführung der Sanierung erforderlich erachtet.

II. Schuldenruf.

III.Einstellung der Verwertungen.

IV. Antrag der Bauernhilfsorganisation .

Art. 9.

Erscheint das Gesuch des Schuldners nicht von vornherein als aussichtslos, so lädt die Nachlassbehörde durch öffentliche Bekanntmachung die Gläubiger ein, binnen vierzehn Tagen ihre Forderungen unter Angabe der allfälhg dafür bestehenden Pfänder und anderer Sicherheiten anzumelden. In der Bekanntmachung ist auf die nach Art. 14, Abs. l, eintretenden Polgen der Unterlassung der Anmeldung hinzuweisen.

Die Nachlassbehörde erstellt auf Grund der Forderungsanmeldungen und der Nachschlagung des Grundbuches sowie unter Berücksichtigung sonstwie ermittelter Gläubiger ein Schuldenverzeicbnis.

Art. 10.

Falls der Stand der gegen den Schuldner hängigen Betreibungen es notwendig macht, kann die Nachlassbehörde unter Kenntnisgabe an das Betreibungsamt die Verwertungen vorläufig einstellen.

Art. 11.

Nach Ablauf der Frist für die. Anmeldung der Forderungen überweist die Nachlassbehörde das Gesuch des Schuldners mit den Akten der Bauernhilfsorganisatiori, die längstens innert zwei Monaten der Nachlassbehörde darüber Antrag zu stellen hat, ob das Gesuch des Schuldners abzulehnen oder auf dem. Wege des freiwilligen oder des amtlichen Sanierungsverfahrens zu behandeln sei.

Die Einholung dieses Antrages kann unterbleiben, wenn die Bauernhilfsorganisation den Schuldner zur Einleitung des Sanierungsverfahrens an die Nachlassbehörde gewiesen hat (Art. 8, Abs. 2).

Art. 12.

Nach Eingang des Antrages der Bauernhilfsorganisation lädt die Y. Entscheid über Ablehnung des Nachlassbehörde den Schuldner und einen Vertreter der BauernhilfsGesuches oder organisation zur mündlichen Verhandlung über- die dem Gesuch zu Eröffnung des Sanierungs- gebende Folge ein.

verfahrens.

Der Entscheid der Nachlassbehörde lautet entweder 1. auf Ablehnung des Gesuches, wenn sie eine Sanierung als aussichtslos oder den Schuldner als ihrer nicht würdig erachtet, oder 2. auf Eröffnung des freiwilligen Sanierungsverfahrens (Art. 13 bis 18 hiernach), oder endlich

223 3. auf Eröffnung des amtlichen Sanierungsverfahrens (Art. 19 bis 39 hiernach).

Im Falle der Ablehnung des Gesuches kann der Schuldner, wo eine obere kantonale Nachlassbehörde bestellt, den Entscheid innert zehn Tagen an diese weiterziehen.

Gegebenenfalls teilt die Nachlassbehörde dem Betreibungsamt mit, dass die Einstellung der .Verwertungen dahinfällt.

Art, 13.

Wird das freiwillige Sanierungsverfahren eröffnet (Art. 12. Abs. 2, C. Freiwilliges Z. 2), so überweist die Nachlassbehörde die Akten der Bauernhilfs- Sanierungsverfahren.

organisation zur Durchführung dieses Verfahrens.

r. Vorschlag der "Wo die Umstände es erheischen, kann die Nachlassbehörde dem BauernhilfsSchuldner zugleich eine Sanierungsstundun im Sinne der Art. 30 und 81 organisation.

bewilligen.

-Die Bauernhilfsorganisat verhandelt mit dem Schuldner, den Gläubigern und den Bürgen und unterbreitet ihnen einen Sanierungsvorschlag. Sie setzt darin die Unterstützungen fest, die sie dem Schuldner gemäss Art. 6 und 7 des Bundesbeschlusses vom 30. September 1932 auszurichten in der Lage ist, und bestimmt die Bedingungen, an die sie die. Gewährung dieser Unterstützungen knüpft.

Art. 14.

Stimmen der Schuldner und die Gläubiger, deren Forderungen aus öffentlichen Büchern hervorgehen, sowie die aus dem SchuldenVerzeichnis ersichtlichen oder der Bauernhilfsorganisation sonst bekannten Gläubiger dem Sanierungsvorschläge unterschriftlich au, so ist dieser auch für die nicht bekannten Gläubiger verbindlich.

Haben alle bekannten Gläubiger zugestimmt, so setzt die Bauernhilfsorganisation die Nachlassbehörde unverzüglich davon in Kenntnis und übermittelt ihr den Sanierungsvorschlag, die Zustimmungserklärungen sowie die übrigen Akten zur Aufbewahrung.

Die Nachlassbehörde stellt durch Beschluss fest, dass die Sanierung zustande gekommen ist; sie teilt diesen Beschluss unter Beifügung einer beglaubigten Abschrift des angenommenen Sanierungsvorschlages der Bauernhilfsorganisation dein Schuldner und den Gläubigern, die darum nachsuchen, mit.

I I . Annahme des Vorschlages

Art. 15.

Wird der Vorschlag der Bauernhilfsorganisation nicht vom Schuldner und allen bekannten Gläubigern angenommen, so setzt diese die Nachlassbehörde unverzüglich hievon in Kenntnis.

l U. Scheitern des Verfahrens.

224 Die Nachlassbehörde stellt fest, dass das freiwillige Sanierungsverfahren gescheitert ist und teilt diesen Beschluss der Bauernhilfsorganisation und dem Schuldner mit.

Dem Schuldner bleibt es in diesem Falle unbenommen, bei der Nachlassbehörde die Einleitung des amtlichen Sanierungsverfahrens zu beantragen. Die Behörde hat jedoch die Eröffnung dieses Verfahrens abzulehnen, wenn der Schuldner sieh dessen als nicht würdig erweist oder wenn eine Sanierung als aussichtslos erscheint.

Art. 16.

IV. Yerbiuxllicherklärung des Vorschlages.

Haben jedoch die Pfandgläubiger dem Vorschlage zugestimmt, und beläuft sich der Forderungsbetrag der nicht zustimmenden Kurrentgläubiger zusammen auf höchstens den zehnten Teil der gesamten Forderungssumme aller bekannten Kurrentgläubiger, so kann die Nachlassbehörde auf Antrag der Bauernhilfsorganisation den Vorschlag als für alle Gläubiger verbindlich erklären, wenn das Zustandekommen der Sanierung im Interesse der Gläubigermehrheit liegt und den nicht zustimmenden Gläubigern kein unverhältnismässiger Nachteil erwächst.

Der Beschluss über diesen Antrag ist schriftlich zu begründen und der Bauernhilfsorganisation, dem Schuldner und den betroffenen Gläubigern mitzuteilen.

V. Aufhebung der Einstellung der Betreibungen oder der Sanierungsstundung.

Stellt die Nachlassbehörde fest, dass die Sanierung zustandegekommen (Art. 14) oder dass das freiwillige Sanierungsverfahren gescheitert ist (Art. 15), oder erklärt sie den Sanierungsvorschlag als verbindlich (Art. 16), so teilt sie gegebenenfalls dem Betreibtingsamt mit, dass die Einstellung der Betreibungen dahmfällt.

Wurde dem Schuldner eine Sanierungsstuudung bewilligt (Art. 18, Abs. 2), so hebt die Nachlassbehörde diese Stundung auf: sie macht die Aufhebimg öffentlich bekannt, und teilt sie dem Betreibungsaint sowie dein Grundbuchamt mit.

Art. 17.

Art. 18.

VI. Nachträgliche Aufhebung des Sanierungsbeschlusses.

Erfüllt der Schuldner die ihm von der Bauernhilfsorganisation bei Gewährung der Kredithilfe gesetzten Bedingungen nicht, handelt er insbesondere ihren Weisungen zuwider, oder erweist er sich sonstwie der ihm, gewährten Hilfe als unwürdig, so kann die Bauernhilfsorganisation bei der Nachlassbehörde die nachträgliche Aufhebung des angenommenen oder verbindlich erklärten Sanierungsvorschlages beantragen.

Das nämliche Eecht steht jedem Gläubiger m, dem gegenüber der Schuldner die Bedingungen dieses Vorschlages nicht erfüllt!

225

Die Nachlassbehörde entscheidet auf Grund einer mündlichen Verhandlung, zu welcher der Schuldner, ein Vertreter der Bauernhilfsorganisation und der antragstellende Gläubiger eingeladen werden.

Im Falle der Aufhebung des Vorschlages kann der Schuldner die Eröffnung des. amtlichen. Sanierungsverfahrens (Art. 17 ff.) nicht mehr verlangen.

Art. 19.

Im amtlichen Sanierungsverfahren können, in Verbindung mit einem allgemeinen Nachlassvertrag des Schuldners, folgende Massnaliinen getroffen werden: 1. Stundung von Kapitalforderungen (Art. 20 bis 23); '2. Zinsbeschränkung für ungedecktes Kapital (Art. 24) ; 8. Errichtung eines Pfandrechts zur Zahlung der rückständigen gedeckten Zinse (Art. 25 und 26).

Wenn der Schuldner nicht selbst nur einzelne dieser Massnahmen verlangt, so -bestimmt die Nachlassbehörde, ob im einzelnen Falle alle oder nur einzelne und welche derselben Platz zu greifen haben.

Die Nachlassbehörde soll nur Massnahmen bewilligen, die, gegebenenfalls in Verbindung mit der Kredithilfe nach dem Bundesbeschluss vom 30. September 1982, zur Erhaltung der wirtschaftlichen Existenz des Schuldners notwendig und hinreichend erscheinen.

D, Amtliches Sanierimgsverfahrcn.

I. Inhalt.

Art. 20.

Kapitalforderungen, .für die ein zum landwirtschaftlichen Betrieb 11. Die des Schuldners gehörendes Grundstück als Grundpfand oder eine auf Maßnahme einem solchen Grundstück lastende Forderung als Faustpfand haftet l. Kapitaloder für welche ein Viehpfand bestellt ist, können auf höchstens vier Stundung.

n, Inhalt.

Jahre gestundet werden.

Für amortisierbare Kapitalforderungen kann die Stundung durch Herabsetzung der Annuität, Erhöhung der Zahl der Eückzahlungsquoten oder vorübergehende Einstellung dieser Leistungen bewirkt werden; jedoch darf durch diese Massnahmen die Amortisationsfrist nicht um mehr als vier Jahre verlängert werden.

Art, 21.

Während der Kapitalstundung ist gegenüber dem Schuldner jede '>. Wirkung.

Betreibungshandlung für die gestundeten Beträge ausgeschlossen, und der Lauf jeder Verjährungs- und Verwirkungsfrist, die durch eine Betreibungshandlung unterbrochen werden kann, eingestellt. Eine vorher eingeleitete Betreibung auf Pfandverwertung fällt mit allen ihren Wirkungen dahin.

226 Art. 22.

c. Stellung der Der Gläubiger kann die ihm gemäss Art. 495 des schweizerischen MitsciuMner. Obligationenrechts gegen den. einfachen Bürgen zustehenden Eechte erst nach Ablauf der Kapitalsfcundung geltend machen.

Die solidarisch haftenden Bürgen und Mitschuldner können dein Gläubiger die Einrede der Stundung nur entgegenhalten, wenn die Nachlassbehörde die Stundung ausdrücklich auch auf sie ausgedehnt hat. Ein .solches Begehren kann nur zugesprochen werden, wenn der Bürge den Nachweis erbracht hat, dass er ohne die Stundung in seiner wirtschaftlichen Existenz .gefährdet wäre; die Stundung kann auch nur auf einen Teil der Forderung beschränkt und von Sicherheitsleistung abhängig, gemacht werden. .

Wird ein solidarisch Verpflichteter für eine Kapitalforderung vordem Hauptschuldner betrieben, so kann er unter sofortiger Mitteilung an den Schuldner bei der Nachlassbehörde Einstellung der Betreibung auf zwei Monate verlangen. Stellt der Schuldner innert dieser Frist ein Gesuch um Bewilligung einer Kapitalstundung, so bleibt-bis zum Entscheid darüber die Betreibung gegen, den solidarisch Verpflichteten eingestellt und diesem das Recht vorbehalten, die Ausdehnung der Kapitalstundung auf sich zu verlangen. Wird die Stundung bewilligt und nehmen die solidarisch Verpflichteten Rückgriff gegen den Schuldner, so kann ihnen dieser die Einrede der Stundung entgegenhalten. Stellt der Hauptschuldner innert der Frist das Gesuch um Kapitalstundung nicht, so kann er: dies auch nicht mehr gegenüber dem Rückgriff nehmenden solidarisch Verpflichteten tun.

Während der Dauer der Kapitalstundung sind die den Bürgen nach Art. 502 und 508 des schweizerischen Obligationenrechts zustehenden Eechte eingestellt.

Der Bürge ist während der Kapitalstundung nicht berechtigt, im Sinne von Art. 512 des schweizerischen Obligationenrechts vom Hauptschuldner Sicherstellung oder Befreiung von der Bürgschaft m verlangen.

Art. 23.

1 ' j. "WkieiTiii Auf Verlangen eines Pfandgläubigers wird für seine Forderung die Stundung widerrufen, wenn er nachweist, dass der Schuldner a. die Bedingungen nicht einhält, an welche gemäss Art. 7. Abs. 2, des Bundesbeschlusses vom 30. September 1932 die Kredithilfe geknüpft worden ist, oder b. nach der Stundung zum Nachteil des Pfandgläubigers sich unredliche oder leichtfertige Handlungen hat zuschulden kommen lassen, namentlich auch eine absichtliche oder grobfahrlässige Wertverminderung des Pfandes verursacht hat, oder

227 c. seinen landwirtschaftlichen Betrieb aufgegeben oder verpachtet hat. es sei denn, dass er aus der Verpachtung sein Auskommen finden muss, oder d. verpfändete Grundstücke veräussert hat; im Falle erbrachtlichen Übergangs kann der Gläubiger bei der Nachlassbehörde einen Entscheid darüber verlangen, ob auch die den Betrieb übernehmenden Erben die Stundung benötigen; oder endlich e. im Falle des Viehpfandes die verpfändeten Tiere veräussert oder sonst beseitigt oder für abgehende Tiere nicht Ersatz beschafft bat.

Der Widerruf kann auch vom Bürgen hinsichtlich der von ihm verbürgten Forderung verlangt werden.

Er kann gegenüber dem Solidarbürgen verlangt werden, dem die Ausdehnung der Stundung auf sich bewilligt worden ist.

Der Widerruf ist ferner möglich, wenn der Pfandgläubiger nachweist, dass der Schuldner oder der Solidarbürge die Stundung wieder entbehren kann, ohne in seiner wirtschaftlichen Existenz beeinträchtigt zu werden; das hierauf gestützte Begehren kann jedoch frühestens zwei Jahre nach Bewilligung der Stundung gestellt werden.

Art. 24.

Für die pfandversicherten Kapitalforderungen kann, soweit sie durch das Pfand nicht gedeckt erscheinen, vom letzten zurückliegenden Zinstermin hinweg auf höchstens vier Jahre der Zins herabgesetzt oder die Verzinslichkeit ganz ausgeschlossen werden.

Die Nachlassbehörde bestimmt das Mass und die Dauer der Zinsbeschränkung, wobei sie nach Möglichkeit auch der Lage des Gläubigers Rechnung trägt.

Ist die Kapitalforderung gemäss Art. 20 gestundet worden, so dauert die Zinsbeschränkung längstens bis zum Ablauf der Stundung.

Art. 25.

Erhalt der Schuldner auf dem Wege der Kredithilfe oder von anderer Seite ein Darlehen zur Zahlung der rückständigen, durch das Pfand gedeckten Zinse, so ist zugunsten dieses Gläubigers auf dessen Begehren ein im Bang unmittelbar auf das gedeckte Gesamtkapital folgendes Pfandrecht in Form einer Grundpfandverschreibung oder eines Schuldbriefes zu errichten und im Grundbuch einzutragen.

Art. 26.

Die Nachlassbehörde bestimmt auf Antrag der Bauernhilfsorgani sation in welcher Weise die gemäss Art. 25 errichtete Pfandforderung

2. Zinsbeschränkung für ungedecktes Kapital.

3. Zahlung der rückständigen gedeckten Zinse.

a. Errichtung eines Pfandrechts,

b. Verzinsung und Tilgung der neuen Pfandförderung.

228 zu verzinsen und zurückzuzahlen oder zu amortisieren ist; sie kann auf bestimmte Zeit unverzinslich erklärt werden.

Die nachfolgenden Pfandgläubiger rücken in die durch die Abzahlungen frei werdenden Stellen nach.

Die neue Pfandforderung ist für den Gläubiger unkündbar, solange der Schuldner mit der Verzinsung und gegebenenfalls mit der Amortisation nicht im Eückstand ist.

III. Feststellung der gedeckten Forderungen, l. GrundpfandForderungen.

n. Schätzung des Grundplandes.

Art. 27.

Für die Peststellung der Deckung der durch Grundpfand gesicherten Forderungen ist die Schätzung des Grundpfandes durch die Bauernhilfsorganisation massgebend.

Bei dieser Schätzung sind die durchschnittliehen Erträgnisse des landwirtschaftlichen Betriebes und die örtlichen Liegenschaftspreise angemessen zu berücksichtigen; die Schätzung soll nicht über 125 Prozent des derzeitigen Ertragswerts hinausgehen.

Art. 28.

b. Berechnung Eine Grundpfandforderung gilt als gedeckt, wenn und soweit sie der Deckung.

unter Hinzurechnung der ihr im Eange vorgehenden Belastungen den Schätzungswert, des Grundpfandes und allfälliger anderer mithaftender Pfänder nicht übersteigt.

Ausstehende pfandgesicherte Zinse und Betreibungskosten haben vor ihrem Kapital Anspruch auf Deckung aus dem Schätzungswert des Pfandes.

Art. 29.

2. Durch Für durch Viehpfand gesicherte Forderungen wird die Deckung Viehpfand nach der ini Viehverschreibungsprotokoll eingetragenen Schätzung gesicherte Forderungen. der verpfändeten Tiere bestimmt.

IV. Verfahren.

1. Sanierungsstundung, a. Bewilligung, und Dauer.

6. Wirkung.

Art. 30.

Eröffnet die Nachlassbehörde das amtliche Sanierungsverfahreii (Art, 12, Abs. 2, Z. 8), so bewilligt sie dem Schuldner eine Sanierungsstundung bis.zu sechs Monaten.

Die Stundung wird öffentlich bekannt gemacht und dem Betreibungsamt sowie dem Grundbuchamt zur Vormerkung einer Verfügungsbeschränkung .gemäss Art. 960, Ziff. 2, des Zivilgesetzbuches mitgeteilt.

Art. 31.

Die Sanierungsstundung hat die Wirkung einer Notstundung (Art. 817 g bis 817 fc des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs) mit folgenden Abweichungen: a. sie bezieht sich auch auf Forderungen unter fünfzig Franken;

229 b. dem Schuldner ist die Veräusserung oder Belastung von Grundstücken, die Bestellung von Pfändern, das Eingehen von Bürgschaften, die Vornahme unentgeltlicher Verfügungen sowie die Leistung von Zahlungen auf Schulden, die vor der Stundung entstanden sind, auch ohne besondere Verfügung der Nachlassbehörde untersagt; solche während der Stundung vorgenommene Rechtsgeschäfte sind nichtig.

Art. 32.

Die Nachlassbehörde ernennt einen Sachwalter.

2. Sachwalter.

Dieser nimmt ein Inventar über das Vermögen des Schuldners auf und schätzt die einzelnen Vermögensstücke, die nicht durch Grundpfand oder Viehpfand gesichert sind. Er holt die Erklärung des Schuldners über die gemäss Art. 9 angemeldeten Forderungen ein, fordert die Pfandgläubiger zur Einreichung ihrer Pfandtitel auf und macht die solidarisch haftenden Bürgen und Mitschuldner auf die ihnen gemäss Art. 22 zustehenden Rechte aufmerksam.

Art. 33.

Der Sachwalter überweist alsdann die Akten der Bauernhilfs- 3. Mitwirkung .

Organisation.

.

.

der

Bauernhilts-

Dieser liegt ob, binnen Monatsfrist die Schätzung der Grund- organisation, pfänder vorzunehmen, sich über Art und Höhe der Unterstützungen zu äussern, die sie dem Schuldner gewähren kann, und Antrag über die nach.Art. 20 bis 26 zu treffenden Massnahnien zu stellen.

Die Bauernhilfsorganisation zieht den Schuldner und den Sachwalter, bei; sie verhandelt soweit notwendig mit den Gläubigern und Bürgen und trifft die für ihre Stellungnahme sonst erforderlichen Anordnungen.

Art. 34.

Nach Eingang des Berichtes der Bauernhilfsorganisation erlässt 4- Verfügung * über (zedecbte der Sachwalter eine Verfügung darüber, welche Kapital- und Zins- und ungcdec forderungen als gedeckt und welche als ungedeckt erscheinen, und ber ^njpnrdc zeichnet gegebenenfalls die Zinsforderungen, die nicht mehr pfandgesichert sind.

Die Verfügung ist dem Schuldner und den beteiligten Pfandgläubigern schriftlich mitzuteilen. Diese können sie binnen zehn Tagen an die Nachlassbehörde weiterziehen.

Gleichzeitig fordert der Sachwalter die Pfandgläubiger, deren Kapitalforderungen nicht gedeckt erscheinen, auf, sich darüber zu erklären, ob sie mit dem ungedeckten Betrag am Nachlassvertrag teilnehmen wollen, unter Hinweis auf die gemäss Art. 87, Abs. l, damit verbundenen Eolgen.

230

ü. Entscheid der Nachlassbehörde.

a. Inhalt.

Art. 35.

Der Sachwalter unterbreitet im Einvernehmen mit dem Schuldner der Nachlassbehörde den Entwurf für den Nachlassvertrag der Kurrentgläubiger und über die gemäss Art. 20 bis 26 zu- treffenden Massnahmen.

Die Nachlassbehörde entscheidet darüber in mündlicher Verhandlung, zu der der Schuldner, die Gläubiger, die Bürgen, der Sachwalter und ein Vertreter der Bauernhilfsorganisatio eingeladen werden.

Eine besondere Gläubiger Versammlung findet nicht statt. · Der Nachlassvertrag ist auch beim Fehlen einer zustimmenden Gläubigermehrheit zu bestätigen, sofern die Voraussetzungen des Art. 306 des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs gegeben sind, durch die Bestimmungen des Nachlassvertrages die Erhaltung der wirtschaftlichen Existenz des Schuldners wahrscheinlich gemacht ist und die Interessen der Gläubiger besser gewahrt werden als durch eine sofortige Zwangsliquidation.

Bewilligt die Nachlassbehörde eine Kapitalstundung, so entscheidet sie gegebenenfalls auch über Ausdehnungsbegehren von Bürgen und Mitschuldnern nach Art. 22.

Art. 36.

b. Mitteilung Der Entscheid, der Nachlassbehörde ist dem Schuldner vollständig und Weiterziehung und jedem Gläubiger, Bürgen und Mitschuldner, soweit er ihn betrifft, schriftlich mitzuteilen.

Wo eine obere kantonale Nachlassbehörde.besteht, kann der Entscheid binnen zehn Tagen seit seiner Mitteilung an diese weitergezogen, werden.

Die Aufhebung der Sanierungsstundung wird öffentlich bekanntgemacht und dem Betreibungsamt sowie dem Grundbuchamt mitgeteilt.

Art. 37.

c. "Wirkung Die Pfandgläubiger nehmen in der Regel auch mit dem ungedeckten auf die ungedeckten Teil der Kapitalforderungen nicht am Nachlassvertrag der KurrentPfandgläubiger teil. Falls sie jedoch die Teilnahme erklären, so erlischt mit förderungen.

der Bezahlung der auf das ungedeckte Kapital entfallenden Nachlassdividende die Forderung gegenüber dem Schuldner und das Pfandrecht dafür in vollem Umfang.

Die ungedeckten Zinsforderungen nehmen mit derselben Folge am Nachlassvertrag der Kurrentgläubiger teil.

G. "Vollziehung des Entscheides.

a. Im allgemeinen.

. Art. 38.

Der rechtskräftig gewordene Entscheid der Nachlassbehörde ist vom Sachwalter zu vollziehen. Namentlich liegt ihm ob:

231 a. die Bezahlung der Nachlassdividende an die Kurrentgläubiger zu überwachen; b. im Grundbuch und in den Pfandtiteln die erforderlichen Löschungen vornehmen sowie die Kapitalstundung und die Änderung in der Verzinslichkeit vormerken /u lassen; c, das gemäss Art. 25 neu zu errichtende Pfandrecht ins Grundbuch eintragen und gegebenenfalls den Pfandtitel erstellen zu lassen, ihn dem neuen Pfandgläubiger auszuhändigen und den Gegenwert an die Zinsgläubiger zu bezahlen; d, bei durch Viehpfand gesicherten Forderungen die entsprechenden Änderungen oder Löschungen dem Verschreibungsamt des "ordentlichen Standortes der Pfandsache zur Eintragung in dai? Verschreibungsprotokoll mitzuteilen.

Art. 39.

Wird die Kapitalstundung -widerrufen, so hat die Nachlassbehörde den Pfandgläubigern und dem Betreibungsamt sowie gegebenenfalls dem Grundbuchamt und dem Viehverschreibungsamt zum Zwecke der Löschung Mitteilung zu machen.

Auf Begehren der Beteiligten hat die Nachlassbehörde die Vormerkungen über die Stundung und die Verzinslichkeit in den Pfandtiteln zu löschen.

Fällt die Stundung infolge von Zwangsverwertung des Pfandes dahin.

so hat das Amt, das diese durchführt, die Löschung zu veranlassen.

b. Bei Widerruf der KapitalStundung.

Art. 40.

Die Bauernhilfsorganisation ist berechtigt, für Darlehen, die sie E. Pfandrecht der dem Schuldner im freiwilligen oder im amtlichen Sanierungsverfahren zugunsten Bauernhilfsgewährt und die nicht unter Art. 25 fallen, ein allen Belastungen nach- organisation.

gehendes Pfandrecht in Form einer Grundpfandverschreibung oder eines Schuldbriefes errichten und im Grundbuch eintragen zu lassen.

Wird dieses Begehren im amtlichen Sanierungsverfahren gestellt, so besorgt der Sachwalter die Eintragung des Pfandrechts und die Aushändigung des Pfandtitols wie nach Art. 38, lit. c.

Vierter Abschnitt.

Kosten und Gebühren.

Art. 41.

Die Nachlassbehörde bezieht für den Entscheid über die Stundung für Pächter und für das vorausgehende Verfahren vom Schuldner eine Gebühr bis zu fünfzig Franken.

A. Nachlas*behörde.

232 Eine Gebühr bis zu gleicher Höhe hat der Schuldner der Nachlassbehörde für ihre Tätigkeit im freiwilligen Sanierungsverfahren mit Einschluss des Einleitungsverfahrens zu entrichten. Im Verfahren über nachträgliche Aufhebung des Sanierungsbeschlusses (Art, 18) ist eine Gebühr bis zu gleicher Höhe vom Schuldner, falls aber der Aufhebungsantrag eines Gläubigers abgelehnt -wird, von diesem Gläubiger zu bezahlen.

Im amtlichen Sanierungsverfahren bezieht die Naehlassbehorde vom Schuldner eine Gebühr bis zu hundert Franken. In dieser Gebühr sind alle Massnahmen und Beschlüsse der Nachlassbehörde sowie ihre Tätigkeit im Einleitungsverfahren rabegriffen. Die Nachlassbehörde kann einen Teil der Gebühr dem Bürgen auferlegen, der die Ausdehnung der Kapitalstundung verlangt (Art. 22). Im Verfahren über den Widerruf der Stundung (Art. 28) hat die unterliegende Partei eine Gebühr bis zu fünfzig Franken zu bezahlen.

: Bei Weiterziehung des Entscheides (Art. 36, Abs. 2) bezieht die Nachlassbehörde von der unterliegenden Partei eine Gebühr bis zu fünfzig Franken.

Der Nachlassbehörde sind die ihr erwachsenen Auslagen vom Schuldner, in den Fällen der Art. 18, 23 und 86. Abs. 2, von der unterliegenden Partei zu erstatten.

Art. 42.

B. Bauernhiii'sAllfällige der Bauernhilfsorganisation zu entrichtende Auslagen organisation. Q(jer Ge{,unren bestimmen sich nach den für diese Organisation geltenden Vorschriften; solche Kosten sollen möglichst niedrig gehalten werden.

Art. 43.

c. Sachwalter.

Die Entschädigung des Sachwalters im amtlichen Sanierungsverfahren wird von der Nachlassbehörde festgesetzt.

Dabei dürfen jedoch kerne höhern Gebühren berechnet werden, als der Gebührentarif vom 28. Dezember 1919 zum Bundesgesetz über Schuldbetreibimg und Konkurs sie vorsieht.

Fünfter Abschnitt, Inkrafttreten und Geltungsdauer.

Art. 44.

Dieser Bimdesbeschluss wird dringlich erklärt. Der Bundesrat , bestimmt den Zeitpunkt seines Inkrafttretens.

Er gilt bis Ende 1936 in dem Sinne, dass er noch Anwendung findet, wenn der Schuldner vor diesem Zeitpunkt bei der Nachlassbehörde ein Gesuch um Stundung für Pächter oder um Einleitung eines Sanierungsverfahrens gestellt hat.

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend vorübergehende rechtliche Schutzmassnahmen für notleidende Bauern. (Vom 6. Februar 1938.)

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