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Botschaft dee

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Abänderung des Bundesbeschlusses vom S.Juli 1932 betreffend die Errichtung der Eidgenössischen Darlehenskasse.

(Vom 3. April 1938.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen den Entwurf eines Bundesbeschlusses über die Abänderung des Bundesbeschlusses über die Errichtung der Eidgenössischen Darlehenskasse zu unterbreiten.

I.

Wie in der Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Errichtung der Eidgenössischen Darlehenskasse vom 24. Juni 1982 ausgeführt wurde, sollte mit der Gründung der Darlehenskasse eine Einrichtung geschaffen werden mit dem Zwecke, «unter Zuziehung der in der Wirtschaft vorhandenen umfangreichen liquiden Mittel die Mobilisierung von illiquiden Aktivwerten zu ermöglichen». Insbesondere solle die als Hilfsinstitut für die Krisenzeit gedachte Kasse es ermöglichen, «im Bedarfsfall auch solche Aktiven zu mobilisieren, die bei der Nationalbank nicht belehnbar sind».

Die zur Belohnung durch die Darlehenskasse zugelassenen Aktiven sind unter Anlehnung an die bezüglichen Bestimmungen der früheren Darlehenskasse vorn Jahre 1914 in Art. 5 des Bundesbeschlusses aufgezählt unter Angabe von bezüglichen Belebnungslimiten. Diese gehen, je nach dem Charakter und dem Grade der Liquidität der betreffenden Aktiven, von 40 % des Nennbetrages (z. B. der Forderungen auf das Ausland) bis zu 80 % des Tagespreises (z. B. von Obligationen und Pfandbriefen).

Der geringste Belehnungssatz von 40 % des Nennbetrages ist für «sonstige Forderungen an im Ausland domizilierte Schuldner» normiert (Art. 5, ht. h) ; mit dem- nächsthöhern Belehnungssatz von 50 % folgen ausser den in der Schweiz kotierten Aktien, sowie öffentlich kotierten Obligationen auswärtiger öffentlich-rechtlicher Körperschaften und industrieller Unternehmungen, unter lit. /; «sonstige Forderungen an in der Schweiz domizilierte Schuldner». Gerade diese beiden unter lit. / und h des zitierten Art. 5 genannten Aktivwerte stellen einen sehr wichtigen Bestandteil derjenigen Aktiven dar, die weder bei der Notenbank noch -- wenigstens in den gegenwärtigen Krisenzeiten -- bei

633 andern Kreditinstituten belehnt und damit mobilisiert werden können. Um die Mobilisierung dieser Werte zu ermöglichen, kann nur die Darlehenskasse einspringen, die vornehmlich aus diesem Grunde und zu diesem Zweck geschaffen wurde.

Die in Art. 5 genannten Belehnungslimiten stellen das Maximum dar, bis zu dem die Darlehenskasse die betreffenden Hinterlagen belehnen kann.

Sie wurden seinerzeit in dem von der Schweizerischen Nationalbank in Verbindung mit andern Wirtschaftskreisen ausgearbeiteten Entwurf so vorgeschlagen und, abgesehen von zwei Abweichungen, im Bundesbeschluss sanktioniert.

Es ist nicht zu bestreiten, dass diese Belehnungslimiten sehr vorsichtig gewählt und dem Bestreben entsprungen sind, die Darlehenskasse unter allen Umständen vor Einbussen zu bewahren, ein Bestreben, das unter dem Gesichtspunkt der Risikobeschränkung zwar verständlich, mit dem Zwecke der Errichtung der Darlehenskasse jedoch nicht recht vereinbar ist. Wie bereits bemerkt, handelt es sich nun aber bei einem Grossteil der in Art. 5 genannten, zur Belehnung zugelassenen Aktiven, und ganz besonders bei den unter lit. /, g und h genannten, um Aktiven, die weder bei der Nationalbank noch bei andern Bankert belehnt werden können, jedoch bei schweizerischen Banken, Handels- und Industriefirmen zurzeit nicht von untergeordneter Bedeutung sind. Will ein solches Unternehmen diese Aktiven mobilisieren, so kann es dafür nach den geltenden Bestimmungen im günstigsten Falle 40 % bis 50 % erhalten, d. h. für einen Vorschuss von beispielsweise 40,000 Franken müssen mindestens Fr. 100,000 solcher Aktiven verpfändet werden.

Es wäre dies aber das Maximum des erhältlichen Vorschusses, und in der Regel wäre das Belehnungsverhältms noch ungünstiger.

Damit wird aber Kreditnehmern, die in grösserem Umfange solche Aktiven besitzen, deren Belehnung erschwert oder, je nach der Zusammensetzung ihrer gesamten Aktiven, geradezu verunmöglicht, letzteres im Hinblick auf Art. 286 und 288 des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs, indem ein Kreditnehmer Gefahr läuft, unter Umständen mit diesen Bestimmungen in Konflikt zu geraten. Dasselbe könnte übrigens unter Umständen auch für die Darlehenskasse mit ihren Belehnungen zutreffen, indem ihr durch die allzu tiefe Bemessung der Belehnungslimiten verunmöglicht wird, dem effektiven
Wert der Hinterlagen in einer diesen Bestimmungen des genannten Gesetzes gerecht werdenden Weise Rechnung zu tragen.

Diese Feststellungen gelten, was die Forderungen auf das Ausland anbetrifft, nicht nur für die Belehnung der in Ht. Ti von Art. 5 näher bezeichneten Forderungen, die durchaus nicht etwa alle auf gleiche Linie zu stellen sind, sondern namentlich auch für die sogenannten Clearingforderungen, d. h. die für Rechnung eines schweizerischen Exporteurs bei der betreffenden ausländischen Notenbank für die Schweizerische Nationalbank einbezahlten Guthaben, deren Einbringlichkeit oder Auszahlungschancen gegebenenfalls mehr oder weniger sicher beurteilt werden können.

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Wir verweisen bezüglich dieser Guthaben auf die zwischen der Schweiz und einigen ausländischen Staaten getroffenen Abkommen für die Zahlungsregulierung aus dem gegenseitigen Warenverkehr, wie z. B. das schweizerischösterreichische Abkommen. Dort ist bezüglich der Abwicklung der Zahlungen aus dem gegenseitigen Warenverkehr folgendes bestimmt : Die schweizerischen Käufer österreichischer Waren haben ihre Schuld an die österreichischen Verkäufer durch Erlag des Kaufpreises in Schweizerfranken auf ein Sammelkonto einzuzahlen, das bei der Schweizerischen Nationalbank für die Österreichische Nationalbank geführt wird und die einzelnen Zahlungen zugunsten der österreichischen Verkäufer aufnimmt. In gleicher Weise hat der österreichische Käufer seine Schuld an den Schweizerverkäufer durch Erlag des Kaufpreises in Österreichischen Schillingen auf ein Sammelkonto einzuzahlen, das bei der österreichischen Nationalbank für die Schweizerische Nationalbank geführt wird und die einzelnen Zahlungen zugunsten der Schweizerverkäufer aufnimmt. Die beiden Notenbanken verständigen einander alsdann von jeder erfolgten Einzahlung mit dem Ersuchen, den betreffenden Verkäufer aus dem Sammelkonto unter Zugrundelegung der gesetzlichen Währungsparitäten auszuzahlen. Der betreffende Verkäufer hat jedoch Anspruch auf sofortige Auszahlung der ihm zustehenden Beträge, das ist auf Durchführung der erfolgten Auszahlungsanweisung, nur insoweit, als das Sammelkonto bei der betreffenden Notenbank ein verfügbares Guthaben aufweist; andernfalls erfolgt die Auszahlung an ihn erst nach Eingang neuer Kaufpreiszahlungen, und zwar in der chronologischen Reihenfolge der erteilten Auszahlungsaufträge.

(Die übrigen Clearingabkommen enthalten eine ähnliche Eegelung.) Diese sogenannten Clearingforderungen sind im geltenden Art. 5 des Bundesbeschlusses nicht besonders genannt, wurden jedoch auf eine Eingabe des Vorortes des Schweizerischen Handels- und Industrievereins an die Leitung der Darlehenskasse in der Folge von dieser wenigstens teilweise ebenfalls belehnt. Es empfiehlt sich daher, im Zusammenhang mit den übrigen vorgeschlagenen Abänderungen des Bundesbeschlusses diese Forderungen unter den belehnbaren Aktiven des Art. 5 ebenfalls besonders zu erwähnen.

Diese über die Belermungslimite für Forderungen auf das Ausland gemachten Feststellungen
gelten im besondern auch für die in lit. / von Art. 5 genannten «sonstigen Forderungen an in der Schweiz domizilierte Schuldner», obwohl hier eine Limite von 50 % festgesetzt ist. Auch diese Guthaben spielen namentlich bei schweizerischen Banken eine nicht unbedeutende Eolle, und es sollte bezüglich ihrer Belehnung der Darlehenskasse etwas freiere Hand gewährt werden. Wenn die Kasse ihrem eigentlichen Zwecke soll entsprechen können, so muss hier eine angemessene Erhöhung der Belehnungslimiten Platz greifen. Es wird daher beantragt, die Belehnungslimiten in lit. / und 7i von Art, 5 auf 60 % zu erhöhen.

Eine Erhöhung dieser Limiten in lit. / und h rechtfertigt dann auch eine entsprechende Heraufsetzung der meisten übrigen Limiten, indem auch hier Fälle denkbar sind, in denen die Darlehenskasse eine weitergehende Belehnung

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durchaus verantworten könnte, ohne dabei ein allzu grosses Eisiko einzugehen, an diesem Entgegenkommen jedoch durch die jetzigen Limiten gehindert wird. Demzufolge wird ferner beantragt, die Limiten in lit. a von 80 auf 90 %, in lit. b und o von 70 auf 75 %, in lit. d von 60 auf 70 %, in lit. e und g von 50 auf 60 % und endlich in lit. k auf 70 % für die Belehnung von Silberwaren, und auf 80 % für die Belehnung von Goldwaren zu erhöhen.

Mit dieser Erhöhung der Limiten wird das mit der Belehnung an sich verbundene Risiko für die Darlehenskasse nicht ohne weiteres vermehrt, da es sich ja dabei, wie betont, um Maximallimiten handelt, die im ordentlichen Vorschussgeschäft im Sinne von Art. 5 bei der Belehnung nicht überschritten werden sollen, und in vielen Fällen gar nicht erreicht werden, soll es doch nach wie vor dem Ermessen der Darlehenskassenleitung anheimgegeben bleiben, wie sie im Einzelfall die Belehnung innerhalb der gezogenen Schranken bemessen will. Hiefür erhält sie bei der Erhöhung genannter Limiten immerhin etwas freiere Hand, und es wird ihr damit eine gerechtere Bewertung und Belehnung der ihr angebotenen Aktiven ermöglicht. So wird beispielsweise, um die Belehnung gemäss lit. h herauszugreifen, im einen Falle vielleicht nur auf 30 % abgestellt werden müssen (z, B. Forderung auf einen Schuldner, der in einem ausländischen Staate mit havarierter Valuta domiziliert ist), während im andern Fall vielleicht auf 60 % gegangen werden kann (z. B. Guthaben eines Exporteurs bei der Nationalbank aus dem Clearingverkehr mit Bulgarien, mit dessen baldiger Auszahlung nach Lage der Dinge gerechnet werden kann).

II.

Die vorerwähnten Anträge ergeben sich aus den Erfahrungen, die die Darlehenskasse in ihrer bisherigen Tätigkeit im Eahmen eines Kreditinstitutes gemacht hat. Diese Erfahrungen haben aber überdies gezeigt, dass die Darlehenskasse auch mit einem derartigen Apparat den ihr zugedachten Zweck als Hilfsinstitut in Krisenzeiten nicht erfüllen kann, es sei denn, dass die Bestimmungen in dem Sinne eine Erweiterung erfahren, dass die Kasse auch eigentliche Hilfsaktionen durchführen darf. Dieser Zweck kann in der Weise erreicht werden, dass für Einzelfälle, d. h. für Fälle solcher Hilfsaktionen, die Darlehenskasse nicht an die obengenannten, gewissermassen für die Abwicklung des normalen,
ordentlichen Kreditgeschäftes gedachten Belehnungslimiten gebunden, sondern ermächtigt wird, die ihr als Hinterlage angebotenen Aktiven nötigenfalls selbst bis zu 100 % ihres Nennwertes zu bevorschussen oder sie zu diskontieren, d. h. selbst zu übernehmen. Im Falle der Vollbelehnung bleibt der Vorschussnehmer der Darlehenskasse ohne weiteres für den vollen Betrag des Darlehens haftbar, und er hat somit im Falle einer Verwertung des Pfandes durch, die Kasse für einen allfälligen Mindererlös aufzukommen. Bei einer solchen Belehnung kann jedoch die Kasse mit den Pfändern nicht nach Belieben verfahren, und sie kann insbesondere den Zeitpunkt ihrer Verwertung nicht frei wählen, sondern es ist die Ver-

636 wertung an gewisse, im Bundesbeschluss festgesetzte Voraussetzungen geknüpft. Es lassen sich daher Fälle denken, wo es der Darlehenskasse ratsamer und zweckmässiger erscheint, die ihr zur Bevorschussung angebotenen Werte nicht zu belehnen, sondern zu diskontieren, d. h. zu erwerben, womit sie das Becht erhält, mit diesen Werten nach ihrem Ermessen zu verfahren, sie insbesondere auch in dem ihr geeignet scheinenden Zeitpunkt zu liquidieren. Zur Verminderung des mit einer solchen Diskontierung verbundenen Bisikos erscheint es dann aber notwendig, dasä der betreffende Kreditnehmer der Kasse gegenüber für den Bestand und den Eingang des abgetretenen Wertes haftbar bleibt, so dass auch hier die Kasse für einen allfälligen Ausfall auf den Kreditnehmer zurückgreifen kann.

Dieses ausserordenthche Einspringen der Darlehenskasse in besonderen Fällen soll nun durch die im neuen Art. 6 vorgeschlagene Bestimmung ermöglicht werden, die eine Belehnung bis zu 100 % der Hinterlage oder deren Erwerb gestattet und die im weitern vorsieht, für derartige im Eahmen einer besondern Hilfsaktion gewährte Belohnungen einen ermässigten Zinssatz zur Anwendung zu bringen oder auf eine Verzinsung überhaupt zu verzichten.

Es ist klar, dass solche Hilfsaktionen eine Vermehrung des Bisikos für die Darlehenskasse und für die hinter ihr stehenden Garanten (Beteiligung des Bundes am Garantiekapital 75 Millionen, der Banken 25 Millionen) mit sich bringen. Anderseits beschränkt der Bundesbeschluss in seinem bisherigen Artikel 6 (neu Art. 9biB) die Gesamtsumme der von der Darlehenskasse zu gewährenden Darlehen auf 200 Millionen Franken, d. h. auf den doppelten Betrag des Garantiekapitals, Infolgedessen werden solche Hilfsaktionen nur in beschränktem Umfange und nur in besondern Ausnahmefällen in Betracht kommen können. Es ist daher vorgesehen, die Einleitung solcher Hilfsaktionen von der vorausgehenden Ermächtigung des Bundesrates abhängig zu machen. Diese Behörde wird im gegebenen Falle auf Grund eines Berichtes und Antrages der Darlehenskasse und unter Würdigung ihrer bereits bestehenden Verbindlichkeiten den Entscheid zu treffen haben.

Solche Kreditaktionen unterscheiden sich wesentlich von der bisher der Darlehenskasse im Bahmen des normalen Kreditgeschäftes gegebenen Belehnungsmöglichkeit, für welche die in Art. 5 des
Bundesbeschlusses festgesetzten Limiten massgebend sein sollen. Es schien daher geboten, der Kasse für solche Fälle einen vermehrten Einfluss und ein besonderes Mitspracherecht gegenüber den einer solchen Kreditaktion teilhaftig werdenden Firmen einzuräumen. Dies soll in der Weise geschehen, dass an die Bewilligung einer Kreditaktion bezügliche, der Darlehenskasse als notwendig erscheinende Bedingungen geknüpft werden, mit deren Überwachung und Durchführung gegebenenfalls ein mit besondern Vollmachten ausgerüsteter Fachmann vom Verwaltungsrat der Kasse betraut wird, dessen im Bahmen der gestellten Bedingungen gehaltenen Anordnungen sich die zu stützende Firma unterziehen muss.

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Auf diese Weise wird es möglich sein, die im Interesse einer gestützten Firma zu treffenden Massnahmen (wie z. B. Vereinfachung der Organisation, Abbau gewisser Aktiven etc.) in kürzester Frist zu veranlassen,

III.

Wie aus den vorstehenden Darlegungen hervorgeht, bewegen sich die vorgeschlagenen Änderungen und Ergänzungen des Bundesbeschlusses in zwei Eichtungen: Die einen stellen auf den bisherigen Charakter der Darlehenskasse als Kreditinstitut ab und bezwecken lediglich eine vermehrte Elastizität für ihre Geschäftstätigkeit; es sind dies die- auf Erhöhung der Belehnungslimiten gerichteten Anträge.

Die andern gehen auf eine Erweiterung der Grundlagen der Kasse, indem diese -- jedoch nur in Ausnahmefällen -- zur Durchführung von Hilfsaktionen ermächtigt werden soll, mit andern Worten: es soll mit diesen Änderungen aus der Kasse das gemacht werden, was bei ihrer Errichtung eigentlich bezweckt war, und als was sie in der Botschaft vom 24. Juni 1932 auch bezeichnet wurde, nämlich ein Hilfsinstitut, das, falls es seine Aufgabe erfüllen soll, imstande sein inuss, in besondern Fällen auch besondere Hilfsaktionen, die natürlich über den Bahmen des ordentlichen Kreditgeschäftes hinausgehen müssen, durchzuführen. Es wird mit andern Worten das Instrument geschaffen, mit dem nötigenfalls der Bund, der ja in der Hauptsache für die Verbindlichkeiten der Darlehenskasse haftet, da, wo es die Verhältnisse als dringend geboten erscheinen lassen, mit seiner Hilfe einspringen kann. Ein solcher praktischer Fall ist, wie bereits in der Botschaft über die Beteiligung des Bundes an der Reorganisation der Diskontbank ausgeführt wird, die Sanierung dieses Instituts.

Gewiss handelt es sich bei beiden in Frage stehenden Bundesbeschlussen um Massnahmen ganz aussergewöhnlicher Natur, aber sie sind auch zurückzuführen auf die ganz aussergewöhnlichen Zeiten, die lang andauernde, weltumspannende Krise, in die auch unser Land erst jetzt in vollem Umfange hineingezogen wurde. Wie sozusagen überall im Ausland der Staat sich genötigt gesehen hat, seine Industrien und seinen Handel, aber auch seine Kreditinstitute, als das Bückgrat der ganzen Wirtschaft, in weitgehendem Masse zu stutzen, so wird auch unser Land bei weiter andauernder oder gar noch sich verschärfender Krise um solche Massnahmen nicht herumkommen. Eine erste solche Massnahme bedeutet die Beteiligung des Bundes an der Eeorganisation der grossen westschweizerischen, mit dem Platze Genf aufs engste verknüpften Handelsbank, der unter Mitwirkung der Kantonalbanken, der
Schweizerischen Nationalbank und einem weitern Kreis von Kreditinstituten über die Schwierigkeiten hinweggeholfen werden soll, in die sie durch Verhältnisse im Ausland geraten ist.

So viel zur Begründung des Ihnen heute unterbreiteten Antrages. Er bedeutet einen Schritt weiter auf dem mit der Errichtung der Darlehenskasse

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einmal betretenen Wege staatlicher Hilfsmassnahmen. Die solche Massnahmen rechtfertigenden Verhältnisse sind bereite in der eingangs genannten Botschaft vom 24. Juni 1932 ausführlich dargelegt worden. Sie treffen auch heute, zum Teil sogar noch in vermehrtem Masse zu, und es kann daher, um nicht bereits Gesagtes zu wiederholen, auf jene Ausführungen tatsächlicher Natur und die darauf fussenden Erwägungen verwiesen werden, wobei wir insbesondere Ihre Aufmerksamkeit auf die Darlegungen über die in den letzten Jahren im Ausland erfolgten staatlichen Hilfsmassnahmen zugunsten notleidender Firmen lenken möchten.

Wir empfehlen Ihnen den nachfolgenden Bundesbeschlussentwurf zur Annahme und benützen die Gelegenheit, Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

Bern, den 3. April 1933.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Sehulthess.

Der Bundeskanzler: Kaeslin.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluss über

die Abänderung des Bundesbeschlusses vom 8.Juli 1932 betreffend die Errichtung einer Eidgenössischen Darlehenskasse.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 8. April 1988, beschliesst :

Art. 1.

Der Art. l, Abs. l, des Bundesbeschlusses vom 8. Juli 1982 betreffend die Errichtung einer Eidgenössischen Darlehenskasse wird aufgehoben und durch folgende Bestimmung ersetzt: Art. 7, Abs. 7. Der Bund errichtet unter dem Namen Darlehenskasse der Schweizerischen Eidgenossenschaft Caisse de prêts de la Confédération suisse Cassa di prestiti della Confederazione svizzera ein Kredit- und Hilfsinstitut, das dazu bestimmt ist, in der Schweiz domizilierten Firmen durch Belehnung oder Diskontierung von in Art. 5 hienach genannten Werten Betriebsmittel zu beschaffen.

Der Art. 4, Abs. l, wird aufgehoben und durch folgende Bestimmung ersetzt : Art. 4. Die Darlehenskasse beschafft sich die erforderlichen Betriebsmittel a. durch Buckdiskontierung der ihr von den Darlehensnehmern ubergebenen Eigenwechsel an die Order der Darlehenskasse; b. durch Verwertung der von ihr diskontierten Objekte; c. durch verzinsliche, nicht länger als fünf Jahre laufende Kassenscheine.

Der Art. 5 wird aufgehoben und durch folgende Bestimmung ersetzt:

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Art. 5. Die Kasse gewährt Darlehen gegen Wechsel auf ein bis 8 Monate gegen Verpfändung folgender Sicherheiten: a. Obligationen dea Bundes, der Bundesbahnen, der verstaatlichten Eisenbahnen, der Kanto'ne und schweizerischer Gemeinden, sowie Pfandbriefe schweizerischer Banken bis zu höchstens 90 % des Tagespreises; b. Obligationen schweizerischer Banken, Eisenbahngesellschaften und industrieller Unternehmungen, sofern sie öffentlich kotiert sind, bis zu höchstens 75 % des Tagespreises; c. Kassaobligationen und Sparhefte schweizerischer Banken und Sparkassen bis zu höchstens 75 % des Nennbetrages; d. erstklassige Schuldbriefe, Gülten und andere Forderungen, die durch Grundpfand gesichert sind, bis zu höchstens 70 % ihres Wertes; e. in der Schweiz öffentlich kotierte Aktien bis zu höchstens . . 60 % des Tagespreises, jedoch keinesfalls höher als bis zum Nennbetrage; /. sonstige Forderungen und Werttitel (wie Wechsel, Aktien, Obligationen, Hypothekarforderungen, Buchforderungen auf Banken, Handels- oder Industriefirmen) an in der Schweiz domizilierte Schuldner bis zu höchstens 60 % des Nennbetrages; g. öffentlich kotierte Obligationen auswärtiger Staaten, Gemeinden, Eisenbahnen und solider industrieller Unternehmungen bis zu höchstens 60% des Tagespreises; h, sonstige Forderungen und Werttitel (wie Wechsel, Aktien, Obligationen, Hypothekarforderungen, Buchforderungen auf Banken, Handels- oder Industriefirmen, Guthaben bei der Schweizerischen Nationalbank aus dem Waren clearing verkehr mit dem Ausland) an ira Ausland domizilierte Schuldner bis zu höchstens . . . . 60 % des Nennbetrages; i. Lebensversicherungspohcen von in der Schweiz konzessionierten Gesellschaften bis zu 80 % ihres Rückkaufswertes ; 7c. Rohstoffe und Rohprodukte, Halb- und Ganzfabrikate, welche nicht dem Verderben ausgesetzt sind, bis zu höchstens . . . . 50 % des durch sorgfältige Schätzung ermittelten marktgängigen Wertes, Silberwaren bis zu 70 % Goldwaren bis zu 80 % des Metallwertes.

Diese Belehnungslimiten gelten für die als ordentliche Kreditgeschäfte gewährten Darlehen. Vorbehalten bleibt Art. 6 hienach.

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Der Entscheid über die Annahme der angebotenen Sicherheiten steht der Verwaltung der Darlehenskasse zu; sie ist nicht verpfhöhtet, die Gründe einer erfolgten Ablehnung anzugeben.

Firmen, die bei der Darlehenskasse um ein Darlehen nachsuchen, sind gehalten, der Darlehenskasse jegliche Auskunft über ihre finanzielle Lage zu erteilen und auf Verlangen ihre Bilanz prüfen zu lassen.

, Firmen, die Darlehen beziehen, sind nötigenfalls zu verpflichten, Betriebsverbesserungen und Sparmassnahmen durchzuführen.

Der Art. 6 wird aufgehoben und durch folgende Bestimmung ersetzt: Art. 6. In besonderen Fällen kann die Darlehenskasse vom Bundesrat zur Durchführung von Hilfsaktionen zugunsten notleidender Firmen ermächtigt werden. Im Bahmen solcher Aktionen darf die Darlehenskasse die ihr angebotenen Werte von der in Art, 5, ht. a bis h, genannten Art in Überschreitung der dort genannten Belehnungshmiten bis zur vollen Höhe ihres Nominalbetrages belehnen oder diskontieren, wobei der Einreicher der Darlehenskasse für den Bestand und den Eingang des diskontierten Wertes in der Höhe des erhaltenen Gegenwortes haftbar bleibt.

Für solche im Eahmen von Hilfsaktionen gewährte Belehnungen kann die Kasse einen ermässigten Zinsfuss einräumen oder auf die Verzinsung ganz verzichten.

Die Absätze 2, 3 und 4 von Art. 5 bleiben vorbehalten. Darüber hinaus kann jedoch die Darlehenskasse die Durchführung einer Hilfsaktion an weitere Bedingungen betreffend Organisation, Geschäftstätigkeit und Geschäftsführung der zu sanierenden Firma knüpfen.

Mit der Überwachung und Durchführung dieser Bedingungen kann die Darlehenskasse mit besondern Vollmachten auszurüstende Fachleute beiziehen, die die erforderlichen Anordnungen bei der betreffenden Firma selbst zu treffen haben; sie sind dem Verwaltungsrat der Kasse direkt unterstellt.

Der Art. 7, Abs. l, wird aufgehoben und durchfolgende Bestimmung ersetzt : Art. 7, Abs. 1. Belehnte Wertschriften sind der Darlehenskasse mit besonderer Faustpfandverschreibung zu übergeben.

Der Art. 8 wird durch folgenden Abs. 6 ergänzt: Art. 8, Abs. 6. Die Verwertung der diskontierten Objekte auf dem Wege des freihändigen Verkaufs steht im freien Ermessen der Darlehenskasse.

Es wird ein Art. 9bis folgenden Wortlauts aufgenommen: Art. 9bls. Der Gesamtbetrag der jeweiligen Verbindlichkeiten der Darlehenskasse
soll den Betrag von 200 Millionen Franken nicht übersteigen.

Der Art. 18, Abs. l, wird aufgehoben und. durch folgende Bestimmung ersetzt : Art. 13, Abs. 1. Der Verwaltungsrat (oder der Ausschuss im Rahmen des Geschäftsreglements) entscheidet über alle Darlehensgesuche; dabei

642 steht es ihm frei, zur Bewertung der angebotenen Hinterlagen Sach-verständige beizuziehen. Ihm liegt auch die Ernennung von Sonderkommissaren für die Durchführung einzelner Hilfsaktionen im Sinne von Art. 6 hiervor ob.

Art. 2.

Dieser Beschluss wird als dringlich erklärt und tritt sofort in Kraft.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Abänderung des Bundesbeschlusses vom 8.Juli 1932 betreffend die Errichtung der Eidgenössischen Darlehenskasse. (Vom 3. April 1933.)

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Jahr

1933

Année Anno Band

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14

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2948

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

05.04.1933

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632-642

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