18.050 Botschaft zu einer Änderung des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer (steuerliche Berücksichtigung der Kinderdrittbetreuungskosten) vom 9. Mai 2018

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf einer Änderung des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

9. Mai 2018

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Alain Berset Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

2018-0092

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Übersicht Die Gesetzesvorlage verfolgt das Ziel, dem inländischen Fachkräftemangel entgegenzuwirken und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern. Dies soll durch die stärkere Berücksichtigung der Kosten für die Kinderbetreuung im Steuerrecht erreicht werden. Eltern sollen bei der direkten Bundessteuer die Kosten für die Drittbetreuung ihrer Kinder bis maximal 25 000 Franken pro Kind vom Einkommen abziehen können.

Ausgangslage Heute können bei der direkten Bundessteuer jährlich die nachgewiesenen Kosten für die Drittbetreuung eines Kindes bis zu einem Maximalbetrag von 10 100 Franken pro Kind in Abzug gebracht werden. Auf kantonaler Ebene beläuft sich der Abzug je nach Kanton auf 3000 bis 20 400 Franken pro Kind. In einem Kanton können sogar sämtliche nachgewiesenen Kosten für die Drittbetreuung der Kinder abgezogen werden.

Bei einem Kinderdrittbetreuungsabzug mit einer Obergrenze werden die angefallenen Kosten der Drittbetreuung von Kindern unter Umständen nur teilweise steuerlich berücksichtigt, da sie bereits beim gegenwärtigen Beschäftigungsgrad der Eltern oder allenfalls bei einer gewünschten Ausweitung des Beschäftigungsgrads den Maximalbetrag übersteigen können. Je tiefer die Obergrenze ist, desto mehr Steuerpflichtige können ihre Kosten für die Drittbetreuung ihrer Kinder nur begrenzt steuerlich abziehen.

Die Beschränkung des heutigen Steuerabzugs trifft vor allem einkommensstarke Haushalte, in welchen beide Elternteile einen hohen Erwerbsumfang haben. In diesen Fällen entstehen hohe Betreuungskosten, weil die Betreuungsplätze nur gering oder gar nicht subventioniert werden.

Inhalt der Vorlage Gegenstand der Vorlage ist eine Massnahme im Rahmen der Fachkräfteinitiative des Bundesrates (FKI), die unter anderem zum Ziel hat, negative Erwerbsanreize im Steuersystem zu reduzieren. Um dem Mangel an inländischen Fachkräften entgegenzuwirken und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern, sollen künftig höhere Abzüge bei den Kinderdrittbetreuungskosten zugelassen werden.

Vorgeschlagen wird, dass Eltern nach dem Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (DBG) die Kosten für die Drittbetreuung ihrer Kinder bis maximal 25 000 Franken pro Kind vom Einkommen abziehen können. Der Kinderdrittbetreuungsabzug soll weiterhin in der Form eines anorganischen Abzuges ausgestaltet
bleiben.

Anorganische Abzüge stehen in keinem direkten Zusammenhang mit der Einkommenserzielung. Sie finden ihre Berechtigung darin, dass diese Aufwendungen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit schmälern und deren Abzugsfähigkeit somit aus sozialpolitischen Gründen wünschenswert ist. Damit bleibt der Abzug wie heute nicht nur für Erwerbstätige, sondern auch für Personen in Ausbildung und

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Erwerbsunfähige möglich. Auch die übrigen Anspruchsvoraussetzungen sollen unverändert bleiben.

Auf die Festsetzung einer minimalen Abzugsobergrenze für die Kantone im Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG) soll aufgrund des Vernehmlassungsergebnisses verzichtet werden. Den Kantonen soll weiterhin überlassen bleiben, in welchem Umfang sie die Kosten der Kinderbetreuung zum Abzug zulassen.

Finanzielle Auswirkungen Kurzfristig hätte die Reform jährliche geschätzte Mindereinnahmen in der Höhe von rund 10 Millionen Franken bei der direkten Bundessteuer zur Folge. Auf längere Sicht ist aber davon auszugehen, dass ein erhöhter Kinderdrittbetreuungsabzug aufgrund der positiven Beschäftigungsimpulse steuerlich kompensiert wird oder sogar zusätzliche Steuer- und Sozialversicherungseinnahmen generiert.

Volkswirtschaftliche Auswirkungen Aufgrund sinkender Betreuungskosten infolge des erhöhten Steuerabzugs dürften die Teilnahme am Arbeitsmarkt und damit auch die Nachfrage nach Betreuungsangeboten steigen. Aufgrund der eher hohen Qualifikation der Zielgruppen dürfte dies zu einer besseren Ausnutzung des Fachkräftepotenzials, zu einer Belebung des Arbeitsmarktes und letztlich auch zu einer Steigerung der gesamtwirtschaftlichen Produktivität führen. Dies wird sich längerfristig auch günstig auf die Steuereinnahmen auswirken. Tendenziell werden die Erwerbsanreize, insbesondere diejenigen für gut qualifizierte Mütter, gestärkt.

Kurz- bis mittelfristig ist mit einer Zunahme um schätzungsweise knapp 2500 Vollzeitstellen zu rechnen. Diese Schätzung basiert allerdings auf zahlreichen Annahmen und ist daher mit hohen Unsicherheiten behaftet.

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Botschaft 1

Grundzüge der Vorlage

1.1

Ausgangslage

1.1.1

Auftrag im Rahmen der FKI

Aufgrund der demografischen Entwicklung und des zunehmenden Bedarfs an gut ausgebildeten Arbeitskräften in der Schweiz lancierte das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) 2011 die Fachkräfteinitiative (FKI). Diese hat zum Ziel, das inländische Potenzial an Fachkräften mit arbeitsmarktlichen und bildungspolitischen Massnahmen besser auszuschöpfen. Mit der Annahme der Volksinitiative «Gegen Masseneinwanderung» am 9. Februar 2014 hat die FKI zusätzlich an Bedeutung gewonnen.

Die Kosten der familienexternen Kinderbetreuung und ihre steuerliche Behandlung können die Erwerbsanreize der Eltern, insbesondere diejenigen der Mütter, beeinflussen. Am 19. Juni 2015 erteilte der Bundesrat dem Eidgenössischen Finanzdepartement (EFD) daher im Rahmen der FKI den Auftrag, die steuerliche Behandlung der Kinderdrittbetreuungskosten zu prüfen.

Bei der Prüfung steuerlicher Massnahmen zur Reduktion negativer Erwerbsanreize sollte das EFD insbesondere untersuchen, ob die Drittbetreuungskosten als unbeschränkt abzugsfähige Gewinnungskosten zu betrachten sind oder ob das Maximum des heutigen Steuerabzugs erhöht werden soll. Nach Kenntnisnahme des Berichts der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) beschloss der Bundesrat am 30. September 2016, den Kinderdrittbetreuungskosten künftig steuerlich stärker Rechnung zu tragen.1

1.1.2

Statistik

Die Nachfrage nach familienergänzender Kinderbetreuung ist in den letzten Jahren aufgrund der Veränderungen der Arbeitsmarktstruktur und des demografischen Wandels gestiegen. Unter anderem sind der Anstieg der Scheidungen und der Einelternfamilien sowie die zunehmende Arbeitsmarktbeteiligung der Frauen Gründe für den erhöhten Bedarf.

1

Vgl. dazu den Bericht der ESTV betreffend steuerliche Behandlung der Kinderdrittbetreuungskosten, abrufbar unter www.estv.admin.ch > Steuerpolitik Steuerstatistiken Steuerinformationen > Steuerpolitik > Fachinformationen > Berichte > 2016.

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1.1.3

Geltendes Recht

Der Abzug für die Kosten der Kinderdrittbetreuung ist heute in der Form eines anorganischen Abzugs ausgestaltet. Anorganische Abzüge stehen in keinem direkten Zusammenhang mit der Einkommenserzielung. Sie finden ihre Berechtigung darin, dass diese Aufwendungen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit schmälern und deren Abzugsfähigkeit somit aus sozialpolitischen Gründen (allgemeiner Abzug) als wünschenswert erscheint oder ein bestimmter sozialer Status (Sozialabzug) berücksichtigt werden soll.

Der Abzug ist auf einen Maximalbetrag pro Kind und Jahr beschränkt. Gemäss Bundesgesetz vom 14. Dezember 19902 über die direkte Bundessteuer (DBG) können jährlich die nachgewiesenen Kosten für die Drittbetreuung eines Kindes bis zu einem Maximalbetrag von 10 100 Franken pro Kind, welches das 14. Altersjahr noch nicht vollendet hat, abgezogen werden. Vorausgesetzt ist, dass die Kosten in direktem kausalem Zusammenhang mit der Erwerbstätigkeit, Ausbildung oder Erwerbsunfähigkeit der steuerpflichtigen Person stehen (Art. 33 Abs. 3 DBG). Der Kinderdrittbetreuungsabzug wurde auf den 1. Januar 2011 in Kraft gesetzt.

Die Kantone sind aufgrund von Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe m des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 19903 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG) ebenfalls verpflichtet, die Kosten für die Drittbetreuung von Kindern in Form eines anorganischen Abzugs zuzulassen. Die Anspruchsvoraussetzungen sind identisch definiert wie bei der direkten Bundessteuer. Die maximale Höhe des Abzugs ist von den Kantonen selber festzusetzen. Der Abzug beläuft sich je nach Kanton auf 3000 bis 20 400 Franken pro Kind (Stand 2017). Im Kanton Uri können sogar sämtliche nachgewiesenen Kosten für die Drittbetreuung der Kinder abgezogen werden. Daneben kennen einzelne Kantone (LU, NW, VS, ZG) zusätzlich einen Abzug für die Eigenbetreuung der Kinder.

2 3

SR 642.11 SR 642.14

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1.1.4

Heutiges Ausmass der steuerlichen Berücksichtigung der Kinderdrittbetreuungskosten

Der im geltenden DBG vorgesehene Abzug deckt für die meisten Haushalte die effektiv anfallenden Kosten für die Kinderdrittbetreuung.4 Gemäss Befragungsdaten aus dem Jahr 20135 bezahlen die Eltern von Kindern in Kindertagesstätten (Kitas) für die Betreuung pro Kind und Monat im Durchschnitt 825 Franken. Eltern, die für ihre Kinder schulergänzende Betreuungseinrichtungen in Anspruch nehmen, haben hingegen lediglich Betreuungsausgaben von durchschnittlich 314 Franken pro Kind und Monat. Durchschnittszahlen eignen sich jedoch nicht unbedingt als Grundlage für die Klärung der Frage, ob der heutige Abzug ausreicht. Auswertungen der ESTV zeigen, dass die Kosten externer Kinderbetreuung vor allem bei kleinen Kindern je nach Erwerbs- und Betreuungsmodell der Eltern sehr unterschiedlich ausfallen.6 Der heutige Maximalabzug bei der direkten Bundessteuer deckt ungefähr die Kosten eines nichtsubventionierten Kita-Platzes während knapp zwei Tagen pro Woche.

Eine nichtsubventionierte Kita-Betreuung an fünf Tagen pro Woche kostet in den meisten Kantonen 2200 bis 2700 Franken pro Monat. Bei zwei Betreuungstagen pro Woche sind dies rund 10 500 bis 13 000 Franken pro Jahr. Da die Krippentarife in verschiedenen Kantonen vom steuerbaren Einkommen abhängig sind, werden die Haushalte, die hohe Betreuungskosten aufweisen, doppelt belastet: Einerseits können sie nur einen Teil ihrer Kinderdrittbetreuungskosten von den Steuern abziehen und haben dadurch eine höhere Steuerbelastung. Andererseits steigt auch ihr steuerbares Einkommen, weshalb sie einen höheren Krippentarif entrichten müssen.

Steuerdaten des Kantons Bern aus dem Jahr 2012 zeigen, dass für 29 Prozent der Kinder effektive Betreuungskosten in Abzug gebracht wurden. In 1,47 Prozent der Fälle betrugen die effektiven Betreuungskosten 10 100 Franken oder mehr. Die durchschnittlichen effektiven Kosten für die Betreuung der Kinder, für die ein Abzug in maximaler Höhe geltend gemacht wurde, betrugen schätzungsweise rund 16 800 Franken.7 Insgesamt zeigen die Daten, dass die Kosten für die Kinderdrittbetreuung den beim Bund maximal gewährten Betrag von 10 100 Franken meist nur bei Kleinkindern übersteigen. Mit Eintritt des Kindes in den Kindergarten scheint die Obergrenze hingegen in der Regel keine effektive Beschränkung mehr darzustellen. Bei einer Aufhebung oder
Erhöhung der Obergrenze bei der direkten Bundessteuer würden also insbesondere Eltern mit Kleinkindern steuerlich entlastet.

Aus den genannten Zahlen lässt sich jedoch nicht ableiten, dass nur 1,47 Prozent der Eltern von einer Erhöhung des Kinderdrittbetreuungsabzugs profitieren würden. Die 4 5 6

7

Vgl. dazu die Stellungnahme des Bundesrates zur Motion der FDP-Liberalen Fraktion (11.3801).

Evaluationsbericht «Anstossfinanzierung» des BSV, 2013.

Vgl. Kinderdrittbetreuungskosten und steuerliche Abzugsfähigkeit, Erkenntnisse aus den Steuerdaten der Kantone Aargau und Bern. Bericht der ESTV vom 11.05.2015, abrufbar unter www.estv.admin.ch > Steuerpolitik Steuerstatistiken Steuerinformationen > Steuerpolitik > Fachinformationen > Berichte > 2015.

Vgl. den in Fussnote 6 erwähnten Bericht der ESTV.

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Ausweitung dieses Abzugs kann zur Entscheidung führen, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen oder auszuweiten (vgl. Ziff. 3.3).

1.2

Die beantragte Neuregelung

Die beantragte Neuregelung sieht vor, dass der heutige Kinderdrittbetreuungsabzug bei der direkten Bundessteuer deutlich erhöht wird. Anstelle von 10 100 Franken sollen neu maximal 25 000 Franken pro Kind und Jahr abgezogen werden können.

Der Kinderdrittbetreuungsabzug kann als anorganischer Abzug oder als Gewinnungskostenabzug konzipiert werden. Anorganische Abzüge stehen im Gegensatz zu den Gewinnungskostenabzügen in keinem direkten Zusammenhang mit der Einkommenserzielung. Sie finden ihre Berechtigung darin, dass diese Aufwendungen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit schmälern und deren Abzugsfähigkeit somit aus sozialpolitischen Gründen (allgemeiner Abzug) als wünschenswert erscheint oder ein bestimmter sozialer Status (Sozialabzug) berücksichtigt werden soll. Gewinnungskosten sind demgegenüber die unmittelbar zur Erzielung des Einkommens gemachten Aufwendungen.

Der Kinderdrittbetreuungsabzug soll bei der beantragten Neuregelung weiterhin in der Form eines anorganischen Abzuges ausgestaltet bleiben; d. h. der Abzug setzt nicht zwingend eine Erwerbstätigkeit voraus, sondern er kann auch bei einer Ausbildung oder einer Erwerbsunfähigkeit geltend gemacht werden. Auch die übrigen Anspruchsvoraussetzungen sollen unverändert bleiben. Den Abzug können somit nur jene Steuerpflichtigen geltend machen, die zusammen mit den drittbetreuten Kindern im gleichen Haushalt leben und für deren Unterhalt sorgen. Der Abzug kann nur für Kinder beansprucht werden, die das 14. Altersjahr noch nicht vollendet haben.8 Die effektiv angefallenen, nachgewiesenen Kinderdrittbetreuungskosten können wie bisher von der steuerpflichtigen Person nur geltend gemacht werden, wenn die Eigenbetreuung der Kinder in direktem kausalem Zusammenhang mit der Erwerbstätigkeit, der Ausbildung oder der Erwerbsunfähigkeit nicht wahrgenommen werden konnte.9 Zulässig ist der Abzug der tatsächlich angefallenen Kinderdrittbetreuungskosten bis zum Maximalbetrag auch dann, wenn die Kosten das Erwerbseinkommen des Zweitverdieners oder der Zweitverdienerin überschreiten. Dasselbe gilt für alleinerziehende Personen, bei welchen die Drittbetreuungskosten das Erwerbseinkommen übersteigen, die aber noch über andere Einkünfte verfügen.

Drittbetreuungskosten, die ausserhalb der Arbeits- oder Ausbildungszeit der Eltern angefallen sind, wie etwa durch
Babysitten am Abend oder für Freizeitaktivitäten (Tenniskurs, Malkurs etc.), können nach wie vor nicht abgezogen werden. Solche Kosten, die den Eltern infolge Freizeitgestaltung entstehen, sind als nicht abziehbare Lebenshaltungskosten zu qualifizieren.

8 9

Vgl. dazu das Kreisschreiben Nr. 30 der Eidgenössischen Steuerverwaltung «Ehepaarund Familienbesteuerung nach dem Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (DBG)».

Vgl. dazu die Botschaft vom 20. Mai 2009 zum Bundesgesetz über die steuerliche Entlastung von Familien mit Kindern, BBl 2009 4729, insbesondere 4765.

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1.3

Begründung und Bewertung der vorgeschlagenen Lösung

1.3.1

Vernehmlassung

Am 5. April 2017 beauftragte der Bundesrat das EFD, bei den Kantonen, den politischen Parteien und den Dachverbänden der Wirtschaft ein Vernehmlassungsverfahren zur steuerlichen Berücksichtigung der Kinderdrittbetreuungskosten durchzuführen. Dieses dauerte bis zum 12. Juli 2017. Die Stellungnahmen werden nachfolgend dargelegt und gewürdigt.10

1.3.2

Vorgeschlagene Lösung

Obwohl in der Schweiz die Beschäftigungsquote der Frauen im internationalen Vergleich hoch ausfällt, sind die geleisteten Arbeitsstunden aufgrund des hohen Anteils an Teilzeiterwerbstätigen sehr tief. Gründe für die hohe Teilzeitquote sind laut einer Studie der OECD unter anderem ein unzureichend ausgebautes und zu teures Kinderdrittbetreuungssystem.11 Daneben können auch die familiäre Situation, die Erwerbseinkünfte des (Ehe-)Partners sowie ideologische Wertvorstellungen bezüglich des Familienmodells die Eltern bei der Wahl des Beschäftigungsgrads beeinflussen.

Eine nichtsubventionierte Betreuung in einer Kita an fünf Tagen die Woche kostet in den meisten Kantonen zwischen 2200 und 2700 Franken pro Monat. Pro Jahr kann die vollzeitliche Drittbetreuung von Kindern in Kitas somit bis zu rund 32 000 Franken pro Kind betragen. Die Kosten für die Drittbetreuung können folglich den heutigen maximalen Steuerabzug zum Teil deutlich überschreiten. Der negative Erwerbsanreiz, den die hohen Betreuungskosten verursachen, wird in solchen Fällen durch das Steuersystem nochmals verschärft. Dies betrifft Steuerpflichtige mit höheren Erwerbspensen und mittleren oder höheren Einkommen und damit in der Regel besonders gut ausgebildete Fachkräfte.

Ein grosses Potenzial für die quantitative Kompensation des Mangels an inländischen Fachkräften besteht darin, dass diese Personen, insbesondere Frauen, die Erwerbstätigkeit (wieder) aufnehmen oder ihr Arbeitspensum erhöhen. Um dieses Potenzial besser auszuschöpfen und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern, sollen die Kinderdrittbetreuungskosten steuerlich stärker berücksichtigt werden.

Ein erhöhter Abzug für die berufsbedingten Kinderdrittbetreuungskosten setzt Fachkräften einen gesteigerten Anreiz, vermehrt erwerbstätig zu werden. Die Erhöhung im DBG wurde in der Vernehmlassung von der Mehrheit der Kantone und der teilnehmenden Organisationen denn auch unterstützt. Die Beseitigung eines steuer10

11

Vgl. dazu den Ergebnisbericht zum Vernehmlassungsverfahren zur steuerlichen Berücksichtigung der Kinderdrittbetreuungskosten, abrufbar unter www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2017 > EFD.

OECD (2013): «OECD Economic Surveys: Switzerland 2013» Paris: OECD Publishing, November 2013.

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lichen Fehlanreizes könne massgeblich dazu dienen, dass mehr Personen ihren Beschäftigungsgrad erhöhen. Die Parteien waren hingegen gespalten: Vier Parteien begrüssten die Erhöhung im DBG (BDP, CVP, FDP, GLP). Vier Parteien lehnten die Massnahme ab, weil Familien mit tiefen Einkommen nicht profitieren würden (EDU, GPS, SPS, SVP) oder die Drittbetreuung gegenüber der Eigenbetreuung bevorzugt würde (SVP).

Um die Ziele der FKI vollumfänglich zu erreichen, wäre es erforderlich, dass der Kinderdrittbetreuungsabzug nicht nur bei der direkten Bundessteuer, sondern auch bei den kantonalen Steuern erhöht würde. In der Vernehmlassungsvorlage wurde daher vorgeschlagen, dass den Kantonen im StHG vorgeschrieben wird, die Obergrenze für den Kinderdrittbetreuungsabzug dürfe nicht weniger als 10 000 Franken betragen.

Die überwiegende Mehrheit der Kantone sowie die FDK lehnten die Verankerung einer Mindesthöhe der Obergrenze im StHG mit Nachdruck ab. Die Massnahme wurde als Eingriff in die Kantonsautonomie gewertet. Zum Teil wurde sogar die Verfassungsmässigkeit angezweifelt. Die Massnahme führe zwangsläufig zu Anpassungen bei den Steuertarifen oder den thematisch verbundenen Abzügen, damit die heute fein austarierten Belastungsrelationen nicht aus den Fugen geraten würden. Sie hätte zudem in vielen Kantonen beträchtliche Mindereinnahmen und einen erhöhten Vollzugsaufwand zur Folge.

Auch vier Parteien (CVP, EDU, FDP, SVP) qualifizierten die Verankerung einer Mindesthöhe der Obergrenze als unrechtmässigen Eingriff in die Kantonsautonomie.

Drei Parteien (BDP, GLP, SPS) waren hingegen mit dem Vorschlag einverstanden.

Für die SPS und die GLP käme es dadurch zu einer gewissen Harmonisierung der Steuerpolitik in den Kantonen. Zudem würden untere und mittlere Einkommensgruppen gestärkt.

Von der grossen Mehrheit der Frauen- und Familienorganisationen wurde der Vorschlag befürwortet, wobei sich einige sogar für eine höhere Mindesthöhe der Obergrenze aussprachen. Die Wirtschaftsverbände waren in dieser Frage hingegen gespalten.

Aus der Sicht des Bundesrates verstösst die in der Vernehmlassung vorgeschlagene Verankerung einer minimalen Obergrenze im StHG nicht gegen die verfassungsrechtlich garantierte Kantonsautonomie. In der Lehre wird zum Teil die Meinung vertreten, dass die Harmonisierungskompetenz des Bundes sogar
eine betragsmässige Fixierung der allgemeinen Abzüge im StHG zulassen würde.12 Der Bundesrat hätte sich aus föderalistischer Zurückhaltung auf die Verankerung einer minimalen Obergrenze beschränkt. Zudem wird beispielsweise bereits heute im StHG vorgeschrieben, dass die Krankheits- und Unfallkosten der steuerpflichtigen Person bzw.

die behinderungsbedingten Kosten unbeschränkt zum Abzug zuzulassen sind, soweit sie den vom Kanton festgelegten Selbstbehalt übersteigen. Dies wurde bis anhin auch nicht als Verstoss gegen die Kantonsautonomie gewertet.

12

Vgl. etwa Markus Reich in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht I/1, Art. 9 StHG N 28, 2. Aufl., Basel 2002, mit weiteren Hinweisen.

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Aufgrund des grossen Widerstands der Kantone soll jedoch aus der Sicht des Bundesrates der Wunsch nach Föderalismus bei den Kinderdrittbetreuungskosten respektiert und auf die Festsetzung einer minimalen Obergrenze im StHG verzichtet werden. Den Kantonen soll daher weiterhin überlassen werden, in welchem Umfang sie die Kosten zum Abzug zulassen.

Neben den berufsbedingten Kinderdrittbetreuungskosten sollen auch die Kosten aufgrund einer Ausbildung oder einer Erwerbsunfähigkeit weiterhin steuerlich berücksichtigt werden. Der Kinderdrittbetreuungsabzug soll deshalb nicht als Gewinnungskostenabzug, sondern ­ wie heute ­ als anorganischer Abzug ausgestaltet werden. In diesem Punkt waren sich die Kantone und die Parteien in der Vernehmlassung einig. Die Ausgestaltung als anorganischer Abzug habe sich ihrer Ansicht nach bewährt. Ein Systemwechsel hin zu einem Gewinnungskostenabzug wäre nicht zweckmässig. Die Organisationen waren in dieser Frage hingegen gespalten. Während ein Teil einen anorganischen Abzug bevorzugte, sprach sich der andere Teil vehement für einen Gewinnungskostenabzug aus, da die Auslagen für die Drittbetreuung nötig seien, um überhaupt ein (steuerbares) Erwerbseinkommen erzielen zu können (vgl. dazu auch Ziff. 1.3.3.2).

Die angefallenen notwendigen Drittbetreuungskosten, die den Eltern während der Dauer der Erwerbstätigkeit, der Ausbildung oder der Erwerbsunfähigkeit bei gleichzeitiger Betreuungsunfähigkeit entstehen, können bis zum Maximalbetrag abgezogen werden. Bei teilzeitlich erwerbstätigen Steuerpflichtigen können nur die während der Arbeitszeit entstandenen Kosten, jedoch wie bei Vollzeitpensen bis zum Maximalbetrag, berücksichtigt werden. Betreuungskosten, die ausserhalb der Arbeits- oder Ausbildungszeit der Eltern angefallen sind, sollen weiterhin nicht abgezogen werden können.

Die Erhöhung des Kinderdrittbetreuungsabzugs im DBG lässt sich auch damit motivieren, dass sich die Reform mittel- bis längerfristig selber finanzieren dürfte, d. h. in einer dynamischen Betrachtung eher Mehr- als Mindereinnahmen mit sich bringt (vgl. dazu Ziff. 3.1.1).

1.3.3

Übrige geprüfte, aber verworfene Lösungen

1.3.3.1

Unbegrenzter anorganischer Abzug

Die vom Bundesrat vorgeschlagene Lösung geht davon aus, dass die angefallenen Drittbetreuungskosten bis zu einem Maximalbetrag abgezogen werden dürfen. Um negative Erwerbsanreize im Sinne der FKI vollständig zu beseitigen, müssten die effektiven Kosten für die Drittbetreuung der Kinder unbegrenzt zum Abzug zugelassen werden. Abzugsfähig sollten jedoch auch in diesem Fall nur die angefallenen notwendigen Drittbetreuungskosten sein, die weder Lebenshaltungs- noch Luxusausgaben darstellen.

Als Luxusausgaben gelten Aufwendungen, die den Rahmen der üblichen und notwendigen Drittbetreuungskosten übersteigen und beispielsweise nur aus Gründen des Prestiges oder des persönlichen sozialen Status anfallen und daher besonders kostspielig sind (Luxus-Kita, Luxus-Nanny etc.).

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Die Abgrenzung von effektiv notwendigen Kinderdrittbetreuungskosten und weiteren Lebenshaltungs- oder Luxusausgaben dürfte in der Praxis nicht einfach vorzunehmen sein. Mit einer Obergrenze lassen sich die Abgrenzungsschwierigkeiten und die damit verbundenen administrativen Umtriebe beschränken. Eine diesbezügliche Verkomplizierung des Steuerrechts kann damit vermieden werden.

Bereits heute ist der Anteil derjenigen Steuerpflichtigen, welche die Obergrenze überschreiten, eher gering. Die vorgeschlagene Obergrenze von 25 000 Franken pro Kind bei der direkten Bundessteuer dürfte daher in den meisten Fällen zur Beseitigung der steuerlichen Fehlanreize ausreichen. In Anbetracht der Tatsache, dass ein beträchtlicher Anteil von Ehepaaren mit Kindern ohnehin keine Bundessteuern bezahlen muss, werden in erster Linie gutverdienende Eltern von dieser Abzugsmöglichkeit profitieren. Untere und mittlere Einkommensgruppen würden vor allem bei einer allfälligen Erhöhung der kantonalen Abzugslimiten entlastet. Eine Obergrenze verhindert in pauschaler Form, dass von der Abzugsmöglichkeit in unangemessenem Umfang Gebrauch gemacht wird.

Würde bei der direkten Bundessteuer der Kinderdrittbetreuungsabzug als unbegrenzter anorganischer Abzug ausgestaltet, damit auch Steuerpflichtige in Ausbildung oder Erwerbsunfähige vom Abzug profitieren könnten, so sollte konsequenterweise auch den Kantonen vorgeschrieben werden, dass sie die Kinderdrittbetreuungskosten neu ohne Obergrenze zum Abzug zuzulassen haben. Andernfalls würde dies zu einer Disharmonisierung zwischen Bundes- und Kantonsrecht führen. Der Bund hat sich bei der Festlegung von Abzügen im StHG indessen bisher grosse Zurückhaltung auferlegt. Den Kantonen zu verbieten, für einen anorganischen Abzug eine Obergrenze vorzusehen, dürfte von diesen als ein Eingriff in die Kantonsautonomie gewertet werden (vgl. dazu auch Ziff. 1.3.2).

1.3.3.2

Anerkennung der Kinderdrittbetreuungskosten als Gewinnungskosten (Berufsauslagen)

Geprüft wurde ebenfalls, ob die Kosten für die Kinderdrittbetreuung künftig als Gewinnungskosten (Berufsauslagen) qualifiziert werden könnten. Als Konsequenz daraus wären die Kosten der Kinderdrittbetreuung vollumfänglich abziehbar, sofern sie in einem direkten Zusammenhang mit einer Erwerbstätigkeit stünden.

Für erwerbstätige Eltern, die Kinder im betreuungsbedürftigen Alter haben, ist der Rückgriff auf institutionelle oder nichtinstitutionelle familienergänzende Betreuung unumgänglich. Entsprechend stellen aus ökonomischer Perspektive Kinderdrittbetreuungskosten berufsnotwendige Auslagen dar. Sofern es das Ziel ist, negative Arbeitsanreize im Steuerrecht vollständig zu beseitigen, müssten daher die berufsbedingten Kinderdrittbetreuungskosten unbeschränkt zum Abzug zugelassen werden.

Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung, die bereits vor der Einführung des heutigen anorganischen Abzugs entwickelt und 2017 bestätigt wurde, sind die durch die Drittbetreuung der Kinder entstandenen Kosten nicht als steuerlich abzugsfähige Berufsauslagen zu qualifizieren, obwohl sie eng mit der Einkommenserzielung zusammenhängen können. Kinderdrittbetreuungskosten sind gemäss Bundesgericht 3030

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Auslagen, die nicht zur Erzielung eines ganz bestimmten Einkommens, sondern zur Erreichung oder Erhaltung der Erwerbsfähigkeit im Allgemeinen getätigt werden.13 Sie gelten somit steuersystematisch als typische Aufwendungen, die vorab von der persönlichen Situation der steuerpflichtigen Person abhängen. Sie werden als fixe Kosten qualifiziert, die unabhängig von einer konkreten, an einem bestimmten Ort ausgeübten Erwerbstätigkeit anfallen.

Bei einer Ausgestaltung des Abzugs als Gewinnungskostenabzug würde nur den berufsbedingten Kinderdrittbetreuungskosten Rechnung getragen. Sofern ­ wie im geltenden Recht ­ auch Personen in Ausbildung und erwerbsunfähigen Personen ein Abzug für Kinderdrittbetreuungskosten zugestanden werden soll, ist die Form eines Gewinnungskostenabzugs mangels Erwerbstätigkeit und Erwerbseinkommen daher nicht zielgerecht. Es gibt aus der Sicht des Bundesrates keine Gründe, weshalb am ursprünglichen politischen Entscheid bezüglich der Anspruchsberechtigung für den Abzug der Kinderdrittbetreuungskosten nicht festgehalten werden soll. Hinzu kommt, dass die Gewährung des Abzugs bei Ausbildung den Zielen der FKI entspricht.

1.4

Rechtsvergleich, insbesondere mit dem europäischen Recht

1.4.1

Europäische Union

Zur Familienbesteuerung bestehen in der Europäischen Union keine Richtlinien. Die vorgeschlagenen Massnahmen zur steuerlichen Entlastung von Familien mit drittbetreuten Kindern sind somit mit dem europäischen Recht vereinbar. Nachfolgend werden die Regelungen in vier Ländern aufgezeigt, die unterschiedliche Familienbesteuerungsmodelle aufweisen (Deutschland: Veranlagungswahlrecht; Schweden: reine Individualbesteuerung; Frankreich: Gemeinschaftsbesteuerung mit Familiensplitting; Österreich: modifizierte Individualbesteuerung).

1.4.2

Deutschland

In Deutschland sieht das Kinderförderungsgesetz von 2008 vor, dass bis zum Jahr 2013 das Angebot an Betreuungsplätzen für Kleinkinder zwischen einem und drei Jahren so auszubauen ist, dass der durch das Gesetz eingeführte Rechtsanspruch auf Bereitstellung eines Betreuungsplatzes für alle diese Kinder ab dem 1. August 2013 erfüllt werden kann.14

13 14

Vgl. BGE 2C_1047/2016 vom 31.07.2017, BGE 124 II 29 Erw. 3d mit weiteren Hinweisen.

Vgl. dazu das Gesetz vom 10. Dezember 2008 zur Förderung von Kindern unter drei Jahren in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege (Kinderförderungsgesetz ­ KiföG).

3031

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Kinderbetreuungskosten können in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtige Personen für ein in ihrem Haushalt lebendes Kind steuermindernd geltend machen, soweit sie hierfür den Aufwand auch getragen haben. Steuerlich abzugsfähig sind Kinderbetreuungskosten für Kinder von ihrer Geburt bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres. Für behinderte Kinder, die wegen ihrer Behinderung ausserstande sind, sich selbst zu unterhalten, können ohne Altersgrenze Kinderbetreuungskosten geltend gemacht werden, soweit die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres festgestellt wurde (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG). Auf besondere Anspruchsvoraussetzungen kommt es nicht an. Es ist unerheblich, ob die Eltern erwerbstätig oder nicht erwerbstätig, in Ausbildung, behindert oder längerfristig erkrankt sind.15 Abzugsfähig sind zwei Drittel der belegten Kinderbetreuungskosten von maximal 6000 Euro. Damit können maximal 4000 Euro pro Kind steuermindernd berücksichtigt werden. Voraussetzung für den Abzug der Aufwendungen ist, dass die steuerpflichtige Person für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten hat und die Zahlung auf das Konto des Erbringers oder der Erbringerin der Leistung erfolgt ist. Als Nachweis genügen die Rechnung und der Beleg zur Bankzahlung (Kontoauszug, Online-Abrechnung).

Kosten können nur dann steuerlich berücksichtigt werden, wenn sie aufgrund der Betreuung des Kindes entstanden sind. Abzugsfähige Kosten sind beispielsweise: ­

die Unterbringung von Kindern in Kindergärten, Kindertagesstätten, Kinderhorten, Kinderheimen, Kinderkrippen sowie bei Tagesmüttern, Wochenmüttern und in Ganztagespflegestellen,

­

die Beschäftigung von Kinderpflegern/-pflegerinnen und Erziehern/Erzieherinnen,

­

die Beschäftigung von Haushaltshilfen zur Kinderbetreuung und die Beaufsichtigung des Kindes bei den Hausaufgaben.

Sofern Angehörige das Kind betreuen, sind die Kosten nur dann steuerlich abzugsfähig, wenn der Betreuung klare und eindeutige Vereinbarungen zugrunde liegen.16

1.4.3

Schweden

Das öffentliche Kinderbetreuungssystem ist in Schweden sehr gut ausgebaut. Jedes Kind hat Anspruch auf einen Platz in einer öffentlichen Kita. Im Jahr 2009 waren beispielsweise 77 Prozent aller Ein- bis Dreijährigen und 97 Prozent aller Vier- bis Fünfjährigen in einer Kita untergebracht.17

15 16 17

Tipke Klaus/Lang Joachim, Steuerrecht, 22. Auflage, Köln 2015, § 8 Rz. 713.

Vgl. dazu www.steuern.de > Steuerfachwissen-Arbeitnehmer > Kinderbetreuungskosten absetzen in der Steuererklärung.

Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung, Vorbildliche Familienpolitik: das schwedische Doppelverdiener-Modell, 2011, einsehbar unter www.berlin-institut.org > Newsletter > Ausgabe 110.

3032

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Das schwedische Steuersystem geht von der reinen Individualbesteuerung aus.18 Unterschiedliche Steuerklassen oder Tarife gibt es nicht. Bei jeder steuerpflichtigen Person wird unabhängig vom Zivilstand und ohne Korrektive nur das erfasst, was dieser an Einkommen zufliesst. Beispielsweise wird nicht berücksichtigt, wie viele Personen von diesem Einkommen leben. Für Ehe- und Konkubinatspaare, bei welchen ein Partner oder eine Partnerin kein Einkommen erzielt, werden somit keine Entlastungsmassnahmen vorgesehen. Den Kinderkosten wird steuerlich ebenfalls keine Rechnung getragen. Im schwedischen Steuersystem sind somit keine Kinderabzüge vorgesehen.

1.4.4

Frankreich

Die Kinderbetreuungskosten können in Frankreich von der Einkommenssteuer abgezogen werden. Werden die Kinder in der elterlichen Wohnung durch eine Tagesmutter betreut, so können 50 Prozent der effektiven Betreuungskosten bis zu einem Maximalbetrag pro Kind und Jahr vom Steuerbetrag abgezogen werden.

Dieser Abzug wird zur Steuergutschrift, wenn er aufgrund eines tiefen Einkommens teilweise oder ganz ins Leere fällt.

Werden die Kinder ausserhalb der elterlichen Wohnung durch eine Tagesmutter oder in einer Krippe betreut, so können ebenfalls 50 Prozent der effektiven Betreuungskosten bis zu einem Maximalbetrag pro Kind und Jahr abgezogen werden. Bei tiefen Einkommen zahlt die Steuerverwaltung ebenfalls eine Steuergutschrift aus.19

1.4.5

Österreich

Aufwendungen für die Betreuung von Kindern bis höchstens 2300 Euro pro Kind und Kalenderjahr gelten in Österreich als außergewöhnliche Belastung und können von der Steuerbemessungsgrundlage abgezogen werden. Vorausgesetzt wird, dass das Kind zu Beginn des Kalenderjahres das zehnte Lebensjahr oder ­ im Falle des Bezuges erhöhter Familienbeihilfe für Kinder, die erheblich behindert sind20 ­ das sechzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Die Betreuung muss in einer öffentlichen institutionellen Kinderbetreuungseinrichtung, in einer privaten institutionellen

18

19

20

Vgl. «Auswirkungen einer Einführung der Individualbesteuerung, Bericht in Erfüllung des Postulats der Finanzkommission des Nationalrates (14.3005)», abrufbar unter www.estv.admin.ch > Steuerpolitik Steuerstatistiken Steuerinformationen > Steuerpolitik > Fachinformationen > Berichte > 2015.

Vgl. dazu den Bericht «Übergang vom Prinzip der Besteuerung nach der subjektiven Leistungsfähigkeit zum Prinzip der Besteuerung nach der objektiven Leistungsfähigkeit bei den Kinderkosten», Bericht des Bundesrates in Erfüllung des Postulats 14.3292 der WAK-N vom 7. April 2014, abrufbar unter www.estv.admin.ch > Steuerpolitik Steuerstatistiken Steuerinformationen > Steuerpolitik > Fachinformationen > Berichte > 2015.

Vgl. auch www.impots.gouv.fr.

§ 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967.

3033

BBl 2018

Kinderbetreuungseinrichtung oder durch eine pädagogisch qualifizierte Person erfolgen, jedoch nicht durch haushaltszugehörige Angehörige.21

1.5

Umsetzung

Die direkte Bundessteuer wird von den Kantonen unter Aufsicht des Bundes veranlagt und bezogen. Die Erhöhung des maximalen Abzugsbetrags für die Kinderdrittbetreuungskosten bei der direkten Bundessteuer würde bei den Kantonen zu einmaligen Kosten für die IT-seitigen Anpassungen führen.

In der Vernehmlassung haben diverse Kantone zudem darauf hingewiesen, dass die deutliche Erhöhung des Abzuges bei der direkten Bundessteuer zu höherem Vollzugsaufwand führen werde.

Insbesondere dürfte sich nach Ansicht der Kantone im praktischen Vollzug der Aufwand für die Abgrenzung zwischen abzugsfähigen Drittbetreuungskosten und nicht abzugsfähigen Kosten für Verpflegung, Freizeitgestaltung oder «Luxusbetreuung» vergrössern. Die Rechnungen von Betreuungseinrichtungen (Kitas, Tagesschulen etc.) enthalten oft in einem Gesamtpreis auch die nicht abzugsfähigen Kosten, die nicht gesondert ausgewiesen werden. Auch die Überprüfung der Erwerbstätigkeit beider Eheleute während der Betreuungszeiten dürfte bei höheren Beträgen aufwendiger werden, vor allem bei Teilzeitpensen.

Den Kantonen soll genügend Zeit eingeräumt werden, um den Vollzug der neuen Bestimmungen sowohl bezüglich der Schulung des Personals wie auch hinsichtlich der IT-Anpassungen vorzubereiten.

2

Erläuterungen zur geänderten Bestimmung

Art. 33 Abs. 3 DBG Der Maximalbetrag für den Abzug der Kosten für die Kinderdrittbetreuung soll bei der direkten Bundessteuer erhöht werden. Anstelle von 10 100 Franken sollen neu maximal 25 000 Franken pro Kind und Jahr abgezogen werden können. Die Anspruchsvoraussetzungen sollen hingegen unverändert bleiben. Es können weiterhin nur die tatsächlich angefallenen und nachgewiesenen Kosten für die Drittbetreuung der Kinder geltend gemacht werden.

21

§ 34 Abs. 9 EStG

3034

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3

Auswirkungen

3.1

Auswirkungen auf den Bund

3.1.1

Finanzielle Auswirkungen

Die Erhöhung der Obergrenze bei der direkten Bundessteuer auf 25 000 Franken hätte beim Bund kurzfristig geschätzte jährliche Mindereinnahmen von rund 10 Millionen Franken zur Folge. Auf längere Sicht ist davon auszugehen, dass ein erhöhter Kinderdrittbetreuungsabzug sich aufgrund der positiven Beschäftigungsimpulse selber finanziert oder sogar ­ zumindest bei einer gesamtstaatlichen Betrachtungsweise ­ zusätzliche Steuer- und Sozialversicherungseinnahmen generiert.

3.1.2

Personelle Auswirkungen und Auswirkungen auf die IKT

Da die direkte Bundessteuer von den Kantonen veranlagt und bezogen wird, hat die vorgeschlagene Massnahme im Bereich der direkten Bundessteuer für den Bund weder personelle Auswirkungen noch Auswirkungen auf die Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT).

3.2

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden

3.2.1

Finanzielle Auswirkungen

Von den geschätzten Mindereinnahmen bei der direkten Bundessteuer in der Höhe von 10 Millionen Franken entfallen nach geltendem Recht 1,7 Millionen Franken (17 %) auf die Kantone (Kantonsanteil an der direkten Bundessteuer). Mit der geplanten Steuervorlage 17 würde der Kantonsanteil auf 21,2 % ansteigen. Dementsprechend würden dann 2,1 Millionen Franken zulasten der Kantone gehen.

Da der Kinderdrittbetreuungsabzug nur bei der direkten Bundessteuer erhöht werden soll, ergeben sich für die Kantone und die Gemeinden keine unmittelbaren finanziellen Auswirkungen bei den Kantons- und Gemeindesteuern. In dynamischer Hinsicht ist von Mehreinnahmen bei der Einkommenssteuer auszugehen.

3.2.2

Personelle Auswirkungen und Auswirkungen auf die IT

Für die veranlagenden Behörden der Kantone hat die Erhöhung des Kinderdrittbetreuungsabzugs bei der direkten Bundessteuer einen gewissen administrativen Mehraufwand zur Folge (vgl. dazu Ziff. 1.5), der jedoch überschaubar bleiben dürfte. Es ist aber mit IT-Investitionen zu rechnen.

3035

BBl 2018

3.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Ein Bericht der ESTV im Rahmen der FKI22 hat Folgendes aufgezeigt: ­

Die Kinderdrittbetreuungskosten übersteigen den beim Bund maximal gewährten Betrag von 10 100 Franken meist nur bei Kleinkindern und fallen dort steuerlich teilweise ins Leere. Mit Eintritt des Kindes in den Kindergarten scheint die Obergrenze hingegen keine effektive Beschränkung mehr darzustellen. Positive Erwerbsanreize durch die Erhöhung der Abzugslimiten ergeben sich also vor allem für Eltern von Kleinkindern. Hier dürfte gleichzeitig das grösste Potenzial liegen, da Mütter mit kleinen Kindern einerseits überdurchschnittlich oft nicht oder nur mit kleinen Pensen erwerbstätig sind und andererseits gemäss Studienergebnissen relativ stark auf (steuerliche) Erwerbsanreize reagieren.

­

Die Beschränkung des heutigen Steuerabzugs trifft vor allem einkommensstarke Haushalte, in welchen beide Elternteile einen hohen Erwerbsumfang haben. In diesen Fällen entstehen hohe Betreuungskosten, weil die Betreuungsplätze nur gering oder gar nicht subventioniert werden. Aufgrund der Steuerprogression würden einkommensstarke Haushalte mehr entlastet als Haushalte mit tieferen Einkommen. Eine Erhöhung des Abzugs würde somit gezielt denjenigen Personen zugutekommen, die aufgrund hoher Betreuungskosten und Steuern von einer Ausweitung des Beschäftigungsgrades absehen.

Aufgrund sinkender Betreuungskosten (infolge des erhöhten Steuerabzugs) dürften die Arbeitsmarktpartizipation und damit auch die Nachfrage nach Betreuungsangeboten steigen. Aufgrund der eher hohen Qualifikation der Zielgruppen würde dies zu einer besseren Ausnutzung des Fachkräftepotenzials, zu einer Belebung des Arbeitsmarktes und letztlich auch zu einer Steigerung der gesamtwirtschaftlichen Produktivität führen. Dies würde sich längerfristig auch günstig auf die Steuereinnahmen auswirken. Tendenziell würden die Erwerbsanreize, insbesondere diejenigen für gut qualifizierte Mütter, gestärkt.

Ein Arbeitspapier der ESTV23 hat aufgezeigt, dass bei Anerkennung der Kinderdrittbetreuungskosten als vollumfänglich abzugsfähige Gewinnungskosten bei den eidgenössischen und kantonalen Einkommenssteuern kurz- bis mittelfristig mit einer Zunahme um schätzungsweise rund 5000 Vollzeitstellen gerechnet werden könnte.

In der Vernehmlassung wurde kein vollumfänglicher Abzug bei den kantonalen Steuern, sondern lediglich die Verpflichtung der Kantone, mindestens 10 000 Fran22

23

Unterschiedliche Behandlung von Ehepaaren und Konkubinatspaaren bei der direkten Bundessteuer und steuerliche Behandlung der Kinderdrittbetreuungskosten, Bericht der ESTV im Rahmen der Fachkräfteinitiative, 12.06.2015; abrufbar unter www.estv.admin.ch > Steuerpolitik Steuerstatistiken Steuerinformationen > Steuerpolitik > Fachinformationen > Berichte > 2015.

Arbeitspapier der ESTV vom 17. Dezember 2015: Welche Beschäftigungseffekte lösen steuerliche Entlastungen für Ehepaare und Eltern aus? Erkenntnisse aus der internationalen Literatur mit einer Anwendung auf mögliche Steuerreformen in der Schweiz, abrufbar unter www.estv.admin.ch > Steuerpolitik, Steuerstatistiken, Steuerinformationen > Steuerpolitik > Fachinformationen > Abstimmungen > Ehepaar- und Familienbesteuerung.

3036

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ken zum Abzug zuzulassen, vorgeschlagen. Bei dieser Lösung mit einer erhöhten Obergrenze beim Bund und bei den Kantonen hätte das zuvor erwähnte Arbeitskräftepotenzial von 5000 zusätzlichen Vollzeitstellen schätzungsweise zur Hälfte ausgeschöpft werden können.

Aufgrund der mehrheitlich negativen Reaktionen in der Vernehmlassung wird darauf verzichtet, für den Maximalabzug eine Mindesthöhe von 10 000 Franken in das StHG einzuführen, sodass die Obergrenze des Abzugs lediglich bei der direkten Bundessteuer auf 25 000 Franken angehoben wird. Da die Kantone in der Gestaltung der Höhe des Abzugs weiterhin frei sind, fällt die Senkung der Steuerbelastung somit tiefer aus als mit einer kantonalen Mindestvorgabe. Die Schätzung der zusätzlichen Vollzeitstellen beträgt bei dieser Regelung knapp 2500 Vollzeitstellen.

In Bezug auf die Schätzung ist anzumerken, dass die Beschäftigungswirkungen auf zahlreichen Annahmen basieren und daher mit hohen Unsicherheiten behaftet sind.

Diese betreffen die Grösse der relevanten Zielgruppe, das Ausmass der Steuerersparnis, die wiederum vom Einkommen der Zielgruppe abhängt, sowie die Arbeitsangebotselastizität, d. h. die Reaktion der Zielgruppe infolge der Steuersenkung. Die Schätzung kann deshalb nicht als exakte Grösse für eine Steuerreform dienen. Sie vermittelt lediglich einen groben Eindruck vom ungefähren Potenzial steuerlicher Entlastungen für Eltern.

Die gegenüber der Vernehmlassungsvorlage nur leicht angepasste Schätzung lässt sich zum einen damit begründen, dass die zuvor erwähnten Unsicherheiten gewichtiger ausfallen als der Wegfall einer kantonalen Mindestvorgabe. Zum anderen wäre die Restriktion in gewissen bevölkerungsreichen Kantonen beziehungsweise in solchen mit hohem Nachfragepotenzial ohnehin wirkungslos gewesen, da z. B. in Basel-Stadt und in Zürich ein Abzug in Höhe von 10 000 beziehungsweise 10 100 Franken gewährt wird. Zwischenzeitlich hat im Weiteren der Kanton Bern den Kinderdrittbetreuungsabzug von ehemals 3100 Franken auf nunmehr 8000 Franken angehoben, sodass der Abzug in einem weiteren bevölkerungsreichen Kanton in Reichweite der in der Vernehmlassung vorgeschlagenen kantonalen Mindestvorgabe liegt. Der Effekt einer kantonalen Mindestvorgabe auf das Arbeitskräftepotenzial würde aufgrund der bereits erfolgten Anpassung im Kanton Bern nochmals
geringer ausfallen.

Langfristig könnte mit noch positiveren Beschäftigungseffekten gerechnet werden, insbesondere dann, wenn die deutliche Erhöhung des Abzugs im DBG eine Signalwirkung auf weitere Kantone hat und es bei diesen ebenfalls zu einer spürbaren Erhöhung des Kinderdrittbetreuungsabzugs kommt.

3.4

Auswirkungen auf die Gleichstellung von Mann und Frau

Aus gleichstellungspolitischer Sicht ist es erstrebenswert, bei Paaren mit Kindern im Vorschulalter den zweitverdienenden Elternteil (meistens die Mutter) zu einer Erhöhung des Erwerbspensums zu bewegen. Dies fördert die gegenseitige finanzielle Unabhängigkeit der Eltern, erhöht die Chancengleichheit im Arbeitsmarkt für beide Elternteile und verringert negative Folgen bei den Sozialversicherungen insbeson3037

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dere im Falle einer Trennung oder Scheidung sowie im Pensionsalter. Dieses Ziel kann mit einem deutlich erhöhten Abzug im DBG besser erreicht werden. Aus rein gleichstellungspolitischer Sicht wäre es sogar wünschbar, einen unlimitierten Abzug der effektiv angefallenen Kinderdrittbetreuungskosten anzuvisieren, um noch konsequenter zu verhindern, dass der Entscheid, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen oder weiterzuführen, steuerlich beeinflusst wird.

4

Verhältnis zur Legislaturplanung und zu Strategien des Bundesrates

4.1

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage ist weder in der Botschaft vom 27. Januar 201624 zur Legislaturplanung 2015­2019 noch im Bundesbeschluss vom 14. Juni 201625 über die Legislaturplanung 2015­2019 angekündigt.

Die Erhöhung des Abzugs für die Kinderdrittbetreuungskosten ist dennoch angezeigt. Mit der vorgeschlagenen Massnahme werden negative Erwerbsanreize im Steuersystem beseitigt. Damit wird den Zielen der FKI entsprochen, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern und dem inländischen Fachkräftemangel entgegenzuwirken.

4.2

Verhältnis zu Strategien des Bundesrates

Die vorgeschlagene Massnahme erfolgt im Rahmen der FKI (vgl. Ziff. 1.1.1). Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist eines der Handlungsfelder der FKI. Die Beseitigung von negativen finanziellen Anreizen im Steuersystem bildet eine wichtige Voraussetzung dafür, dass nichterwerbstätige Personen (wieder) in den Arbeitsmarkt einsteigen oder teilzeitarbeitende Personen ihre Arbeitspensen erhöhen, sodass das inländische Arbeitskräftepotenzial besser ausgeschöpft werden kann.

5

Rechtliche Aspekte

5.1

Erlasskompetenz

Aufgrund von Artikel 128 der Bundesverfassung26 (BV) hat der Bund die Kompetenz zur Regelung der direkten Bundessteuer.

24 25 26

BBl 2016 1105 BBl 2016 5183 SR 101

3038

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5.2

Verfassungsmässigkeit

Die Massnahme zur steuerlichen Entlastung von Eltern mit familienexterner Kinderbetreuung ist primär auf ihre Übereinstimmung mit dem Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu prüfen (Art. 127 Abs. 2 BV).

Das Leistungsfähigkeitsprinzip besagt, dass die Steuerpflichtigen nach Massgabe der ihnen zustehenden Mittel gleichmässig belastet werden müssen und dass sich die Steuerbelastung nach den der steuerpflichtigen Person zur Verfügung stehenden Wirtschaftsgütern und den persönlichen Verhältnissen zu richten hat.27 Insbesondere sind Steuerpflichtige in gleichen wirtschaftlichen Verhältnissen gleich zu behandeln (horizontale Steuergerechtigkeit); Steuerpflichtige in unterschiedlichen wirtschaftlichen Verhältnissen sind unterschiedlich zu behandeln (vertikale Steuergerechtigkeit).28 Gemäss Bundesgericht können vom Grundsatz der horizontalen Steuergerechtigkeit aus Gründen der Praktikabilität, notwendiger Pauschalierung oder Schematisierung Abstriche gemacht werden. Die gesetzliche Regelung darf aber nicht zu einer wesentlichen Belastung oder systematischen Benachteiligung bestimmter Gruppen von Steuerpflichtigen führen.29 Durch die deutliche Erhöhung des Kinderdrittbetreuungsabzugs im DBG werden bei Eltern mit familienergänzender Kinderbetreuung die Kinderkosten stärker berücksichtigt. Dadurch kann eine Verbesserung der horizontalen Steuergerechtigkeit bei Steuerpflichtigen mit Kinderdrittbetreuung erreicht werden, und der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit wird mehr Nachachtung verschafft.

5.3

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Die Erhöhung des Kinderdrittbetreuungsabzugs steht im Einklang mit den Massnahmen zur Gleichberechtigung von Mann und Frau, die im Übereinkommen vom 18. Dezember 197930 zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau gefordert werden. Aufgrund von Artikel 5 des Übereinkommens ist die Schweiz verpflichtet, geeignete Massnahmen zur Beseitigung von auf «der stereotypen Rollenverteilung von Mann und Frau beruhenden Praktiken» zu treffen. Durch die vorgeschlagene Massnahme werden für Eltern, insbesondere für Frauen, bessere Voraussetzungen geschaffen, die Erwerbstätigkeit (wieder) aufzunehmen oder das Arbeitspensum zu erhöhen und so vermehrt am Erwerbsleben teilzunehmen.

27 28 29 30

Vgl. BGE 122 I 101, 120 Ia 329 Vgl. dazu BGE 133 I 206 BGE 126 I 79 SR 0.108

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3040