Hochseeschifffahrts-Bürgschaften Bericht der Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte vom 26. Juni 2018

2018-1995

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Das Wichtigste in Kürze Sachverhalt Zur Sicherung der Versorgung der Schweiz mit wichtigen Gütern im Fall eines Krieges oder anderer Krisen fördert der Bund seit 1959 den Erwerb von Schweizer Hochseeschiffen, indem er Schweizer Reedern Bürgschaften gewährt. Seit dem Jahr 2008 steckt die Schifffahrtsbranche aber in einer grossen Krise, welche auch die Schweizer Reedereien traf. Dies führte dazu, dass bei 13 Hochseeschiffen Bürgschaften gezogen und die Schiffe anschliessend verkauft werden mussten. Damit der Bund seinen Verpflichtungen aus den Hochseeschifffahrts-Bürgschaften nachkommen konnte, musste der Bundesrat dem Parlament im Mai 2017 einen Nachtragskredit in der Höhe von 215 Mio. Franken beantragen.

Im Rahmen der Bewältigung dieser Krise zeigte sich auch, dass das Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung (BWL) das Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) bis im Juni 2015 nicht angemessen über die Probleme informiert hatte. Das Departement leitete in der Folge zwar verschiedene Massnahmen zur Krisenbewältigung ein, es vermochte allerdings nicht zu verhindern, dass mehrere Reedereien ihre finanziellen Probleme nicht bewältigen konnten, worauf es zum oben erwähnten Nachtragskredit kam. Das Parlament genehmigte diesen Kredit am 15. Juni 2017.

Angesichts dieser hohen Verluste für den Bund setzten die Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte (GPK-N/S, in der Folge: GPK) am 4. Juli 2017 eine Arbeitsgruppe (in der Folge: Arbeitsgruppe) ein, um zu prüfen, ob diesbezüglich ein Handlungsbedarf seitens der parlamentarischen Oberaufsicht vorliegt. Auf der Basis erster Abklärungen beschlossen die GPK am 25. September, eine Inspektion einzuleiten. Die Inspektion fokussierte insbesondere auf Fragen zur Wahrnehmung der Aufsicht des WBF über das BWL, zur Aufsicht des Eidgenössischen Departements des Äussern (EDA) über das Eidg. Seeschifffahrtsamt (SSA), zur Information des Gesamtbundesrates und zu den Lehren aus der Angelegenheit für weitere Bürgschaften des Bundes und für das Risikomanagement des Bundes. Zudem beleuchtete die Inspektion auch die Rolle der Eidg. Finanzkontrolle (EFK), welche in den Jahren 2010 und 2014 Prüfungen im BWL durchgeführt hatte und nach Bekanntwerden der Problematik im April 2016 vom WBF mit der Durchführung einer Administrativuntersuchung zu den
Vorgängen im BWL beauftragt wurde.

Die Prüfung des Verkaufsprozesses und die Analyse der Abläufe und Verantwortlichkeiten im BWL waren hingegen nicht Auftrag der Untersuchung der GPK, da diese durch andere Organe untersucht wurden oder werden. So wurden die Vorgänge im BWL im Rahmen der Administrativuntersuchung der EFK geprüft, während sich die Finanzdelegation (FinDel) seit Mitte 2015 mit den Bürgschaften und insbesondere mit dem Verkaufsprozess der Schiffe befasst.

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Vorgehen Im Rahmen ihrer Abklärungen hörte die Arbeitsgruppe verschiedene Personen an, insbesondere den Vorsteher des WBF, den Generalsekretär des WBF sowie gegenwärtige und ehemalige Vertreter des BWL und Vertreter der EFK. Daneben analysierte sie die relevanten rechtlichen Vorgaben sowie zahlreiche Unterlagen zur Thematik, wie beispielsweise Protokolle von Sitzungen zwischen dem WBF und dem BWL, Informationsnotizen des BWL zuhanden des WBF sowie des WBF zuhanden des Bundesrates wie auch die Riskmaps aus dem Risikoreporting des Bundes.

Wesentliche Erkenntnisse Die Untersuchung hat gezeigt, dass das BWL nicht zeitgerecht auf die Krise betr.

die Hochseeschifffahrts-Bürgschaften reagierte, das Departement nur ungenügend informierte und dadurch seine «Bringschuld» gegenüber dem Departement nicht angemessen erfüllte. Für die GPK ist aber auch entscheidend, dass sich das WBF hinsichtlich des BWL lange zu passiv verhalten und die Aktivitäten des Amtes im Rahmen seiner Aufsichtsaufgabe zu wenig hinterfragt hat. Dies zeigt sich insbesondere in der bis zur Eskalation der Krise im Juni 2015 nie erfolgten Thematisierung der Hochseeschifffahrts-Bürgschaften im Rahmen von Führungsgesprächen und der mangelhaften Berücksichtigung von Problemhinweisen in Informationsnotizen sowie dem Risikoreporting. Dies führte dazu, dass die ungenügenden Prozesse bezüglich der Hochseeschifffahrts-Bürgschaften im BWL lange nicht entdeckt wurden. I.d.Z.

ist für die Kommissionen ebenfalls von Bedeutung, dass innerhalb des BWL wie auch zwischen der Departementsspitze und der Amtsleitung die Kompetenzen und Zuständigkeiten der Amtsleitung teilweise komplett unterschiedlich beurteilt wurden, was zu den Problemen um die Hochseeschifffahrts-Bürgschaften beigetragen haben dürfte.

Aus Sicht der GPK wurde aber nach Erkennen der Krise im Juni 2015 im WBF die Aufsicht über das BWL verbessert. Ebenso kann festgehalten werden, dass das WBF den Gesamtbundesrat ab Juni 2015 angemessen über die Problematik informierte.

Positiv zu bewerten ist, dass aufgrund der Problematik der HochseeschifffahrtsBürgschaften auch in anderen Bereichen Lehren gezogen wurden. Dazu gehören insbesondere die Massnahmen im Hinblick auf eine bessere Berücksichtigung der Risiken von Bürgschaften und ähnlichen Verpflichtungen im Rahmen des Risikomanagements des Bundes.
Eine andere, kritischere Erkenntnis aus der Untersuchung der GPK betrifft die EFK und deren Durchführung der Administrativuntersuchung im BWL. Die GPK sind klar der Ansicht, dass die EFK die Administrativuntersuchung aufgrund der Unabhängigkeits-Problematik nicht hätte durchführen dürfen. Hinzu kommt auch, dass die Untersuchung aus Sicht der GPK mangelhaft durchgeführt wurde, indem sie auf einen Einbezug des Stabschefs 1991­2012 und der Delegierten 2006­2015 verzichtete. Der Entscheid der EFK, diese beiden Personen nicht anzuhören, ist für die GPK nicht nachvollziehbar. Dass die EFK dieses Vorgehen auch heute noch als richtig erachtet und die Problematik bezüglich ihrer fehlenden Unabhängigkeit negiert, wirft für die Kommissionen letztlich grundsätzliche Fragen zur fachlichen Eignung der EFK als Untersuchungsorgan für eine Administrativuntersuchung auf.

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In diesem Zusammenhang ist aber auch das WBF zu kritisieren, welches die Problematik der Unabhängigkeit anscheinend unterschätzte.

Die Abklärungen zur Rolle der EFK zeigten überdies auch, dass es im Rahmen der Administrativuntersuchung der EFK zu einer Vermischung von Vorgaben betr.

Administrativuntersuchungen gemäss RVOV und Vorgaben betr. die EFK gemäss FKG kam. Eine solche Vermischung von anwendbaren Normen soll in Zukunft unterbunden werden.

Auf der Basis dieser Feststellungen haben die GPK acht Empfehlungen an den Bundesrat gerichtet. Sie ersuchen den Bundesrat, zu ihren Feststellungen und Empfehlungen bis spätestens am 1. Oktober 2018 Stellung zu nehmen. Sie laden auch die EFK ein, sich bis zum selben Zeitpunkt zu den sie betreffenden Feststellungen zu äussern.

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Inhaltsverzeichnis Das Wichtigste in Kürze

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1

Einleitung 1.1 Ausgangslage 1.2 Untersuchungsgegenstand 1.3 Vorgehen 1.4 Aufbau des Berichts

6211 6211 6212 6213 6214

2

Rechtliche Grundlagen 2.1 Führung und Aufsicht in den Departementen 2.1.1 Generell und in Bezug auf das WBF 2.1.2 Risikomanagement 2.2 Administrativuntersuchung 2.2.1 Rechtliches Gehör 2.2.2 Unabhängigkeit

6214 6214 6215 6217 6219 6219 6220

3

Sachverhalt 3.1 Führung / Aufsicht des Departements betreffend das BWL 3.1.1 Einleitende Bemerkungen 3.1.2 Organisationsstruktur des BWL 3.1.3 Phase 1: Bis Juni 2015 3.1.4 Phase 2: Ab Juni 2015 3.2 Information des Gesamtbundesrates 3.3 Führung / Aufsicht des EDA betr. das SSA 3.3.1 Aufsicht des EDA über das SSA 3.3.2 Künftige Zusammenarbeit BWL ­ SSA 3.4 Rolle der EFK 3.4.1 Einleitung 3.4.2 Rechtliches Gehör 3.4.3 Unabhängigkeit bezüglich des Untersuchungsorgans bei einer Administrativuntersuchung 3.5 Lehren aus der Angelegenheit für Bürgschaften und ähnliche Verpflichtungen des Bundes 3.5.1 Bürgschaften und ähnliche Verpflichtungen 3.5.2 Vom Bund gezogene Lehren

6220 6220 6220 6221 6223 6230 6234 6236 6236 6237 6238 6238 6239

Bewertung 4.1 Führung/Aufsicht des Departementes betr. das BWL 4.1.1 Phase 1: Bis Juni 2015 4.1.2 Phase 2: Ab Juni 2015 4.2 Information des Gesamtbundesrates 4.3 Führung / Aufsicht des EDA betr. das SSA 4.3.1 Informationsfluss im EDA zur Hochseeschifffahrt 4.3.2 Künftige Zusammenarbeit BWL ­ SSA

6249 6249 6249 6256 6257 6258 6258 6258

4

6242 6245 6246 6248

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4.4

4.5

Rolle der EFK 4.4.1 Beauftragung mit einer Administrativuntersuchung 4.4.2 Rechtliches Gehör und Zweck einer Administrativuntersuchung 4.4.3 Unabhängigkeit des Untersuchungsorgans 4.4.4 Weitere Empfehlungen Lehren für Bürgschaften und ähnliche Verpflichtungen des Bundes

6259 6259 6261 6265 6269 6270

5

Schlussfolgerungen

6271

6

Weiteres Vorgehen

6273

Abkürzungsverzeichnis

6274

Verzeichnis der angehörten Personen

6276

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Bericht 1

Einleitung

1.1

Ausgangslage

Früher hatte der Transport von Rohstoffen und anderen Massengütern mit Schiffen eine besondere Bedeutung. Im Zweiten Weltkrieg trat der Bund zur Sicherung der Versorgung der Schweiz mit wichtigen Gütern selber als Reeder auf. 1947 verkaufte er seine vier Schiffe an private Schweizer Reeder, dadurch ging die Handelsflotte der Schweiz vollständig in private Hände über. Von 1948 bis 1959 gewährte der Bund für die Finanzierung von Schiffstonnage zinsgünstige Darlehen. Seit 1959 betreibt er die Schifffahrtsförderung bzw. den Erwerb von Schweizer Hochseeschiffen ausschliesslich mit dem Instrument der Bürgschaft. Dieser Schritt wurde aus versorgungs- und sicherheitspolitischen Gründen vollzogen und erlaubte den Schweizer Reedern, die Schiffe sehr günstig zu finanzieren. 1 Der Zweck der Gewährung dieser Bürgschaften liegt in der Sicherung der wirtschaftlichen Landesversorgung in Bezug auf die Gewährleistung von Transportmitteln (auf See). 2 Im letzten Jahrhundert wurde die Schweizer Hochseeflotte (Hochseeflotte) kontinuierlich erweitert und in den 90er Jahren gezielt gefördert (Einführung von Solidarbürgschaften; Erhöhung des maximal verbürgten Betrags von 70 auf 85 Prozent). Im Jahr 2002 wurde der für Bürgschaften zur Verfügung stehende Rahmenkredit auf 600 Millionen Franken erhöht. Zum letzten Mal erfolgte eine Erhöhung des Bürgschaftsrahmenkredits durch das Parlament im Jahr 2008, und zwar um 500 Millionen auf 1,1 Milliarden Franken.3 Stieg anfangs der 2000er Jahre der Bedarf an Schiffsraum aufgrund der Öffnung des chinesischen Wirtschaftsraums noch an4, erfuhr die Branche inkl. den Schweizer Reedereien 2008 eine «Jahrhundertkrise». Bei 13 Hochseeschiffen wurden Bürgschaften gezogen und die Schiffe anschliessend verkauft. 5 Staatliche Unterstützung und die Hoffnung auf eine baldige Erholung des Marktes verzögerten die dringend erforderliche Marktbereinigung, welche erst im Jahr 2016 teilweise einsetzte. 6 Damit der Bund seinen Verpflichtungen aus den Hochseeschifffahrts-Bürgschaften nachkommen kann, wurde dem Parlament ein diesbezüglicher Nachtragskredit in der Höhe von 215 Millionen Franken unterbreitet, welchen dieses am 15. Juni 2017 genehmigte.

1

2 3 4 5 6

Der Bundesrat: Botschaft über den Nachtragskredit für die Honorierung von Bürgschaften des Bundes aus dem Bürgschafts-Rahmenkredit für die Sicherung eines ausreichenden Bestandes an Hochseeschiffen unter Schweizer Flagge, 16. Mai 2017, Ziffer 11, www.admin.ch > Dokumentation > Medienmitteilungen > Bürgschaften bei Hochseeschiffen: Verkaufsverträge unterschrieben, Botschaft Nachtragskredit verabschiedet (Stand: 11. Dez. 2017).

Artikel 27, 36 und 37 des Bundesgesetzes über die wirtschaftliche Landesversorgung vom 17. Juni 2016 (LVG; SR 531); Artikel 22 Absatz 1 aLVG.

Botschaft, Ziffer 13 Botschaft, Ziffer 12 Schreiben des WBF vom 20. Okt. 2017, S. 1 f.

Botschaft, Ziffer 12

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Bereits zuvor, im Sommer 2015, beschloss das WBF, keine neuen Bürgschaften für Schiffe zu gewähren und nur in Ausnahmefällen, namentlich bei bereits erfolgten Bürgschaftszusagen vor dem Bau des Schiffs, weitere Bürgschaften zu sprechen.

Der Bundesrat beschloss Ende 2016 gestützt auf einen WBF-Bericht7 aufgrund der Relativierung der Bedeutung der Hochseeschifffahrt für die Versorgungssicherheit der Schweiz8, den Rahmenkredit für Bürgschaften 2017 dem Parlament nicht zur Erneuerung vorzulegen.9 Überdies leitete das WBF im April 2016 eine Administrativuntersuchung10 ein, um die Vorgänge rund um die Hochseeschifffahrts-Bürgschaften im dafür zuständigen Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung (BWL) zu klären. Mit dieser Untersuchung wurde die Eidg. Finanzkontrolle (EFK) beauftragt.

Angesichts der vorhin erwähnten hohen Verluste für den Bund setzten die Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte (GPK-N/S, in der Folge: GPK) am 4. Juli 2017 eine Arbeitsgruppe11 (in der Folge: Arbeitsgruppe) ein, um in Bezug auf die Hochseeschifffahrts-Bürgschaften zu prüfen, ob ein Handlungsbedarf seitens der parlamentarischen Oberaufsicht vorliegt. Zu diesem Zweck hörte die Arbeitsgruppe am 17. August 2017 Vertreter des WBF und der EFK an.

Gestützt auf die Ergebnisse der Anhörung beschlossen die GPK am 25. September 2017, in dieser Sache eine Inspektion einzuleiten.

1.2

Untersuchungsgegenstand

Die GPK haben beschlossen, folgende Sachverhalte zu untersuchen:

7

8 9 10

11

12

1)

Aufsicht des WBF über das BWL; Aufsicht / Information Gesamtbundesrat;

2)

Aufsicht des EDA über das Eidgenössische Seeschifffahrtsamt (SSA); 12

3)

Rolle der EFK aufgrund ihrer Prüfungen von 2010 und 2014 betr. das BWL;

4)

Lehren aus der Angelegenheit für weitere Bürgschaften des Bundes und für das Risikomanagement des Bundes.

WBF: Bericht zur versorgungspolitischen Bedeutung der Hochseeschifffahrt, 21. Dez. 2016, www.bwl.admin.ch > Themen > Logistik > Massnahmen > Einsatz Schweizer Hochseeschiffe (Stand: 20. Juni 2017).

Bundesrat erneuert Rahmenkredit zur Förderung der Schweizer Hochsee-Flotte nicht, Medienmitteilung des Bundesrats vom 21. Dez. 2016.

Botschaft, Ziffer 13 Eidgenössische Finanzkontrolle: Gewährung und Begleitung von Bürgschaften für die Schweizer Hochseeflotte, Administrativuntersuchung, finale Version, 4. April 2017 (unveröffentlicht).

Diese setzt sich zusammen aus Nationalrätin Yvonne Feri (Präsidentin), den Nationalräten Martin Candinas, Thomas de Courten, Michael Töngi (ab März 2018, davor: Louis Schelbert) und Erich von Siebenthal, Ständerätin Géraldine Savary sowie den Ständeräten Andrea Caroni, Joachim Eder, Hans Stöckli und Beat Vonlanthen.

Angesichts des Umstandes, dass die EFK in ihrem Bericht vom 28. Februar 2017 (vgl. dazu Ziff. 3.3) auch die Tätigkeit des SSA in Bezug auf die Hochseeschifffahrt kritisierte, beschlossen die GPK, auch die Aufsicht des EDA über das SSA in ihre Inspektion zu integrieren.

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Nicht Gegenstand der Inspektion sind die Vorgänge innerhalb des BWL selber, da diese bereits Teil der Administrativuntersuchung der EFK waren. Ebenfalls nicht Gegenstand der Inspektion sind die Prüfung des Verkaufsprozesses sowie das Zusammenspiel zwischen SSA und BWL, da die Finanzdelegation der eidg. Räte (FinDel) diesbezügliche Abklärungen vornimmt.13 Die GPK nehmen als politische Organe der parlamentarischen Oberaufsicht über die Geschäftsführung des Bundesrates und der Bundesverwaltung im folgenden Bericht eine Beurteilung der Sachverhalte vor, von denen sie Kenntnis haben. Zur Wahrung der Gewaltenteilung üben sie sich bei den Punkten, die Gegenstand laufender Rechtsverfahren sind, weitestmöglich in Zurückhaltung.

Da den GPK grundsätzlich keine substantiellen Daten vor dem Jahr 2009 vorliegen, fokussieren die Kommissionen im Rahmen ihrer Inspektion auf die Zeit ab 2009.

Die Rekonstruktion der Sachverhalte über eine derartige Zeitspanne stellte eine Herausforderung für die Untersuchung der GPK dar. Über Anhörungen versuchte die Arbeitsgruppe, Lücken bei den schriftlichen Informationen zu füllen (vgl. unten Ziff. 1.3).

1.3

Vorgehen

Die Arbeitsgruppe traf sich zu neun Sitzungen und hörte verschiedene Personen an.

Dabei handelte es sich um den Vorsteher des WBF, den Generalsekretär des WBF, die ehemalige Vorsteherin des EVD sowie den ehemaligen Generalsekretär des EVD, gegenwärtige und ehemalige Vertreter des BWL und Vertreter der EFV, der EFK und des EDA. Zudem verlangte die Arbeitsgruppe von verschiedenen Bundesbehörden bzw. Personen Unterlagen sowie schriftliche Auskünfte ein und analysierte die entsprechenden Dokumente. Auf der Basis dieser Informationen konnte sich die Arbeitsgruppe ein besseres Bild machen. Aus weiteren Unterlagen und Anhörungen hätten sich keine weiteren, relevanten Informationen ergeben.

Die angehörten Personen erhielten nach der Anhörung jeweils die sie betreffenden Protokollauszüge zur Überprüfung zugestellt. Im Rahmen der Verwaltungskonsultation wurden ihnen die sie betreffenden Kapitel zum Sachverhalt zur Stellungnahme zugestellt (Korrektur von formellen und materiellen Fehlern). Die Rückmeldungen aus der Verwaltungskonsultation und der Anhörung wurden anschliessend von der Arbeitsgruppe behandelt und der Bericht wo nötig angepasst.

Basierend auf der Untersuchung der Arbeitsgruppe haben die GPK an ihrer Sitzung vom 26. Juni 2018 den Inspektionsbericht zuhanden des Bundesrates verabschiedet und entschieden, diesen zu veröffentlichen.

Zum folgenden Bericht bzw. zu den darin enthaltenen Bewertungen und Schlussfolgerungen ist festzuhalten, dass sich diese ­ gemäss dem oben geschilderten Auftrag ­ grundsätzlich nicht auf die Untersuchung der BWL-internen Vorgänge beziehen, da diese Thematik bereits Teil der Administrativuntersuchung der EFK war.

13

Schreiben der GPK an die FinDel vom 25. Sept. 2017.

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1.4

Aufbau des Berichts

Der Bericht ist wie folgt aufgebaut: Kapitel 2 stellt die wesentlichen Rechtsgrundlagen dar. Im Kapitel 3 wird der massgebende Sachverhalt geschildert, wobei eine Unterteilung in die verschiedenen Elemente gemäss Untersuchungsgegenstand stattfindet. Das Kapitel 4 widmet sich der Bewertung und der Beantwortung der Hauptfragen der Inspektion und bezieht sich dabei auf Kapitel 3. Das abschliessende Kapitel 5 enthält die wesentlichen Folgerungen.

2

Rechtliche Grundlagen

Zum Untersuchungsgegenstand gehört insbesondere die Führung/Aufsicht des WBF betr. das BWL. Entsprechend werden nachfolgend die wichtigsten diesbezüglichen Normen dargelegt, und zwar zunächst in allgemeiner Hinsicht bzw. in Bezug auf das WBF. Im Weiteren werden hinsichtlich des BWL die wichtigsten amtsspezifischen Elemente erläutert, sofern diese für das Verständnis des Berichts erforderlich sind.

Ausserdem erfolgen auch Ausführungen zum Risikomanagement, da auch dieses Teil des Untersuchungsgegenstandes ist.

Überdies werden ganz kurz bestimmte für diese Inspektion wichtige rechtliche Grundlagen in Bezug auf das Institut der Administrativuntersuchung dargestellt, da sich bekanntlich ein Kapitel dieses Berichts mit der Rolle der EFK i.Z.m. der Administrativuntersuchung widmet.

2.1

Führung und Aufsicht in den Departementen

Auf oberster normhierarchischer Ebene sieht die Bundesverfassung (BV)14 vor, dass der Bundesrat die oberste leitende und vollziehende Bundesbehörde ist.15 Er leitet die Bundesverwaltung und hat für ihre zweckmässige Organisation und zielgerichtete Aufgabenerfüllung zu sorgen.16 Der Bundesrat beaufsichtigt die Bundesverwaltung.17 Die wichtigsten Bestimmungen zu Führung und Aufsicht in der Bundesverwaltung finden sich (nebst spezialgesetzlichen Normen) im Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz (RVOG)18 und in der Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung (RVOV)19. Vorliegend sind weitere Erlasse von Bedeutung (dazu unten mehr).

14 15 16 17 18 19

Bundesverfassung (BV; SR 101).

Artikel 174 BV (SR 101).

Artikel 178 Absatz 1 BV (SR 101).

Artikel 187 Absatz 1 Buchstabe a BV (SR 101).

Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21. März 1997 (RVOG; SR 172.010).

Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung vom 25. Nov. 1998 (RVOV; SR 172.010.1).

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2.1.1

Generell und in Bezug auf das WBF

a) Allgemeines Artikel 8 Absatz 3 des RVOG sieht vor, dass der Bundesrat als Kollegium die Bundesverwaltung ständig und systematisch überwacht. Mit der Aufsicht, die nicht nur vom Bundesrat, sondern auch von den Departementen wahrzunehmen ist, soll sichergestellt werden, dass die verfassungsmässigen und gesetzlichen Aufgaben erfüllt werden.20 Ein Mitglied des Bundesrates führt gleichzeitig ein Departement.21 Der Departementsvorsteher oder die Departementsvorsteherin gibt der Bundesverwaltung Ziele vor und setzt Prioritäten.22 Er oder sie hat die Leistungen der Bundesverwaltung zu beurteilen und die gesetzten Ziele periodisch zu überprüfen.23 Die Verwaltungseinheiten sind gehalten, ihre Aufgaben, Leistungen, Prozesse und Organisation periodisch und systematisch zu überprüfen.24 Der Vorsteher oder die Vorsteherin führt das Departement und ist dafür politisch verantwortlich.25 Er oder sie bestimmt die Führungsleitlinien und die Organisation des Departements im Rahmen des RVOG und bestimmt die organisatorischen Grundzüge der Ämter.26 Für jedes Departement erlässt der Bundesrat eine Organisationsverordnung, welche u.a. die Ziele, Grundsätze und Zuständigkeiten der Departemente und Ämter regelt.27 Im Weiteren erlässt jedes Departement eine Geschäftsordnung28, wobei darin insbesondere die Grundzüge betr. Führungsprozesse und departementaler Organisation geregelt werden können.29 Hinsichtlich der Führungsmittel verfügt der Vorsteher oder die Vorsteherin eines Departements über uneingeschränkte Rechte zur Weisungserteilung, Durchführung von Kontrollen und zum Selbsteintritt, wobei spezialgesetzliche Bestimmungen vorbehalten werden.30 Ein Amt der zentralen Bundesverwaltung ist dem jeweiligen Departement unterstellt und diesem gegenüber weisungsgebunden.31 Zu einem Departement gehört zwingend ein Generalsekretariat. Der Generalsekretär oder die Generalsekretärin ist Stabschef bzw. Stabschefin des Departements. 32 Das Generalsekretariat unterstützt den Vorsteher bzw. die Vorsteherin bei dessen bzw.

20 21 22 23 24 25 26 27 28

29 30 31 32

Artikel 24 Absatz 1 RVOV (SR 172.010.1).

Artikel 35 Absatz 2 RVOG (SR 172.010).

Artikel 36 Absatz 1 RVOG (SR 172.010).

Artikel 36 Absatz 3 RVOG (SR 172.010).

Artikel 27 Absatz 1 RVOV (SR 172.010.1).

Artikel 37 Absatz 1 RVOG (SR 172.010).

Artikel 37 Absatz 2 Bst. a und c RVOG; Artikel 43 Absatz 4 RVOG (SR 172.010).

Artikel 28 Bst. a und b RVOV (SR 172.010.1).

Artikel 29 RVOV (SR 172.010.1); Artikel 16 der Organisationsverordnung für das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung vom 14. Juni 1999 (OV-WBF; SR 172.216.1).

Artikel 29 Absatz 1 Bst. a und b RVOV (SR 172.010.1).

Artikel 38 RVOG (SR 172.010).

Artikel 7 Absatz 3 RVOV (SR 172.010.1).

Artikel 41 Absatz 1 und 2 RVOG (SR 172.010).

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derer Departementsentscheiden sowie bei Planung, Organisation und Koordination der Departementstätigkeiten.33 Es nimmt gemäss den Anordnungen des Departementsvorstehers bzw. der Departementsvorsteherin Aufsichtsfunktionen wahr.34 Das Generalsekretariat des WBF (GS-WBF) übt gemäss der Organisationsverordnung für das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (OV-WBF)35 die Aufgaben nach Artikel 42 RVOG aus und nimmt sog. «Kernfunktionen»36 wahr (u.a. Unterstützung des Departementsvorstehers bzw. der Departementsvorsteherin; Strategie, Planung, Controlling und Koordination; Informationsbeschaffung).37 Die Departemente erstellen ein departementsinternes Controlling38 und führen über ihre Geschäftstätigkeit in Form einer systematischen Aktenführung Nachweis39. Im Weiteren kann bezüglich Aktenführung und Archivierung auf die Ausführungen bei Ziffer 4.1.1 verwiesen werden.

b) Stellung des BWL Die OV-WBF verweist betreffend die Organisation der wirtschaftlichen Landesversorgung einerseits auf das Landesversorgungsgesetz (LVG) 40, andererseits auf die Verordnung über die wirtschaftliche Landesversorgung (VWLV)41. Auch die Vorgängerverordnung der OV-WBF, die Organisationsverordnung für das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement (OV­EVD), verwies auf das damalige LVG sowie die Organisationsverordnung Landesversorgung42 (Vorgängerverordnung der VWLV).43 Bis 2017 waren die Organisationsverordnung Landesversorgung wie auch das LVG vom 8. Oktober 1982 in Kraft. Beide wurden in diesem Jahr durch neuere Erlasse ersetzt. Durch das Inkrafttreten der VWLV am 1. Juni 2017 wurden die Bestimmungen zur Organisation der wirtschaftlichen Landesversorgung leicht angepasst. Die folgenden Bestimmungen galten aber bereits unter dem Regime der Organisationsverordnung Landesversorgung: Der Bundesrat ernennt eine Delegierte bzw. einen Delegierten für wirtschaftliche Landesversorgung, welcher bzw. welche aus der Privatwirtschaft stammt.44 Dieser bzw. diese leitet die gesamte Organisation wirtschaftliche Landesversorgung (zu

33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44

Artikel 42 Absatz 1 RVOG (SR 172.010).

Artikel 42 Absatz 2 RVOG (SR 172.010).

Organisationsverordnung für das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung vom 14. Juni 1999 (SR 172.216.1).

Artikel 4 Absatz 1 OV-WBF (SR 172.216.1).

Artikel 4 Absatz 1 Bst. a-c OV-WBF (SR 172.216.1).

Artikel 21 Absatz 3 RVOV (SR 172.010.1).

Artikel 22 Absatz 1 RVOV (SR 172.010.1).

Bundesgesetz über die wirtschaftliche Landesversorgung vom 17. Juni 2016 (LVG; SR 531).

Verordnung über die wirtschaftliche Landesversorgung vom 10. Mai 2017 (VWLV; SR 531.11) Verordnung über die Organisation der wirtschaftlichen Landesversorgung vom 6. Juli 1983 (SR 531.11).

Artikel 9 OV-WBF (SR 172.216.1); Artikel 9 OV-EVD, Stand: 1. April 2007 (SR 172.216.1).

Artikel 58 Absatz 1 LVG (SR 531); Artikel 53 Absatz 1 aLVG.

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welcher auch das BWL gehört45) im Nebenamt.46 In der früheren Organisationsverordnung Landesversorgung war zudem festgehalten, dass die Leitung der gesamten Organisation der wirtschaftlichen Landesversorgung nach den Weisungen des Departementsvorstehers bzw. der Departementsvorsteherin zu erfolgen hat.47 Der oder die Delegierte legt Ziele und Prioritäten der Organisation wirtschaftliche Landesversorgung fest, koordiniert die Tätigkeiten der Organe und erteilt diesen Weisungen (in der früheren Organisationsverordnung Landesversorgung war noch die Rede davon, Weisungen erteilen zu können).48 Im aLVG war ausserdem festgehalten, dass der oder die Delegierte dem Departement unterstellt sei.49 In der geltenden VWLV ist vorgesehen, dass die Organisation der wirtschaftlichen Landesversorgung dem Departement unterstellt ist50 (bis zur erwähnten Revision war davon die Rede, dass die Organisation dem Vorsteher des Departementes unterstellt sei51).

2.1.2

Risikomanagement

In Bezug auf die Führung/Aufsicht in finanzieller Hinsicht sind zunächst das Finanzhaushaltsgesetz (FHG)52 sowie die Finanzhaushaltsverordnung (FHV)53 einschlägig. Darüber hinaus gibt es Weisungen54 des Bundesrates über die Risikopolitik sowie Richtlinien55 über das Risikomanagement und ein Handbuch56 der EFV.

Im Rahmen der finanziellen Führung auf Verwaltungsebene hat der Bundesrat die notwendigen Massnahmen i.S.e. internen Kontrolle zu treffen. 57 Das interne Kontrollsystem (IKS) umfasst regulatorische, organisatorische und technische Massnahmen. Die Direktoren bzw. Direktorinnen der Verwaltungseinheiten sind für Einführung, Einsatz und Überwachung des Kontrollsystems in ihrem Zuständig45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55

56

57

Artikel 2 Absatz 2 VWLV; Artikel 4 Buchstabe a Organisationsverordnung Landesversorgung vom 6. Juli 1983 (SR 531.11).

Artikel 2 VWLV; Artikel 3 Organisationsverordnung Landesversorgung vom 6. Juli 1983 (SR 531.11).

Artikel 8 Absatz 3 Organisationsverordnung Landesversorgung vom 6. Juli 1983 (SR 531.11).

Artikel 5 Absatz 1 VWLV; Artikel 8 Absatz 1 Organisationsverordnung Landesversorgung vom 6. Juli 1983 (SR 531.11).

Artikel 53 Absatz 1 aLVG (SR 531).

Artikel 1 VWLV (SR 531.11).

Artikel 2 Organisationsverordnung Landesversorgung vom 6. Juli 1983 (SR 531.11).

Bundesgesetz über den eidgenössischen Finanzhaushalt vom 7. Oktober 2005 (Finanzhaushaltsgesetz, FHG; SR 611.0).

Finanzhaushaltverordnung vom 5. April 2006 (FHV; SR 611.01).

Weisungen des Bundesrates vom 24. September 2010 über die Risikopolitik des Bundes (BBl 2010 6549), in der Folge: Weisungen zur Risikopolitik.

Richtlinien der Eidgenössischen Finanzverwaltung vom 31. März 2016 über das Risikomanagement Bund, www.efv.admin.ch > Themen > Finanzpolitik, Grundlagen > Risikound Versicherungspolitik (Stand: 29. Nov. 2016), in der Folge: Richtlinien der EFV.

Handbuch der Eidgenössischen Finanzverwaltung vom 28. September 2017 zum Risikomanagement Bund, www.efv.admin.ch > Themen > Finanzpolitik, Grundlagen > Risikound Versicherungspolitik (Stand: 29. Nov. 2017), in der Folge: Handbuch 2017 der EFV.

Artikel 39 FHG (SR 611.0).

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keitsbereich verantwortlich.58 Die Departemente und die Bundeskanzlei (BK) müssen die Risiken in ihren Zuständigkeitsbereichen gemäss den Weisungen des Bundesrates bewirtschaften.59 Diese Bestimmungen wurden seit Inkrafttreten der revidierten Fassungen des FHG sowie der FHV nicht geändert.

Am 3. Dezember 2004 hatte der Bundesrat erstmals Grundlagen zum Risikomanagement verabschiedet.60 Am 24. September 2010 erliess der Bundesrat Weisungen über die Risikopolitik, welche die erwähnten Grundlagen von 2004 ersetzten. Darin wird festgehalten, dass das Risikomanagement ein Führungsinstrument und «fester Bestandteil der Geschäfts- und Führungsprozesse» ist und zur «sorgfältigen und wirtschaftlichen Aufgabenerfüllung» gehört.61 Zu den Zielen des Risikomanagements gehören u.a. der Schutz des Vermögens und der Reputation des Bundes62 sowie der wirtschaftliche und wirksame Einsatz der verfügbaren Mittel63. Diese Ziele sollen u.a. dadurch erreicht werden, indem «aufgrund der erkannten Risikoexponierung die erforderlichen Massnahmen ergriffen werden.»64 Massnahmen hinsichtlich Risikovermeidung oder ­verminderung sind «lage- und stufengerecht» zu beschliessen und umzusetzen».65 Teil des Risikomanagements ist ein «zweckmässiges Notfall-, Krisen- und Kontinuitätsmanagement». 66 Bundesrat, Departemente, BK und EFV haben die Risikopolitik periodisch zu überprüfen.67 Die Departemente sind verantwortlich für die Risiken in ihrem Bereich und «überprüfen ihre Risikoexponierung von Grund auf». 68 Gestützt auf Ziffer 6 Absatz 1 der Weisungen betr. Risikopolitik hat die EFV Richtlinien über das Risikomanagement erlassen. Demnach gilt u.a., dass die Departemente die wesentlichen Risiken aus den Verwaltungseinheiten zu überprüfen haben69 und es ist eine Massnahmenliste zu erstellen.70 Im Risikoreporting müssen die zu ergreifenden bzw. bereits umgesetzten Massnahmen betr. Risikominimierung dargestellt werden.71 Die EFV hat zudem, erstmals 201172, ein Handbuch zum Risikomanagement des Bundes erstellt, in welchem detaillierte Informationen und Anleitungen zur Ausgestaltung des Risikomanagements des Bundes sowie Arbeitshilfen beschrieben sind.

58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72

Artikel 36 Absatz 3 FHV (SR 611.01).

Artikel 50 Absatz 1 FHV (SR 611.01).

Neue Weisungen des Bundesrats zur Risikopolitik des Bundes, Medienmitteilung der EFV vom 24. Sept. 2010.

Weisungen zur Risikopolitik, Ziffer 4 Absatz 1.

Weisungen zur Risikopolitik, Ziffer 3 Absatz 1 Buchstabe c.

Weisungen zur Risikopolitik, Ziffer 3 Absatz 1 Buchstabe d.

Weisungen zur Risikopolitik, Ziffer 3 Absatz 2 Buchstabe c.

Weisungen zur Risikopolitik, Ziffer 4 Absatz 5.

Weisungen zur Risikopolitik, Ziffer 4 Absatz 6.

Weisungen zur Risikopolitik, Ziffer 4 Absatz 8.

Weisungen zur Risikopolitik, Ziffer 5 Absatz 4 Buchstaben a und c.

Richtlinien der EFV, Ziffer 3, S. 6.

Richtlinien der EFV, Ziffer 4.4, S. 11.

Richtlinien der EFV, Ziffer 4.6, S. 11.

Handbuch der Eidgenössischen Finanzverwaltung vom 21. Nov. 2011 zum Risikomanagement (nicht mehr im Internet veröffentlicht), in der Folge: Handbuch 2011 der EFV.

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Dieses Handbuch wurde seither zweimal revidiert 73, wobei sich die nachfolgenden Vorgaben seither nicht geändert haben. Im Handbuch ist für den Risikomanagementprozess vorgesehen, dass im Rahmen der Bewältigung von Problemen die Massnahmen klar beschrieben sein müssen und, falls notwendig, eine Unterteilung in Einzelschritte vorgenommen werden. Überdies muss sowohl ein Massnahmenverantwortlicher definiert sowie ein Endtermin für die Umsetzung festgelegt werden. 74

2.2

Administrativuntersuchung

Es wurde ausgeführt, dass die EFK vom WBF mit einer Administrativuntersuchung betraut wurde, welche die Vorgänge rund um die Hochseeschifffahrts-Bürgschaften im BWL klären sollte.75 Entsprechend werden in der Folge kurz die rechtlichen Grundlagen zu zwei wichtigen Aspekten im Zusammenhang mit Administrativuntersuchungen dargestellt, konkret zur Frage des rechtlichen Gehörs und zur Unabhängigkeit der mit der Untersuchung betrauten Personen. Unter Ziffer 4.4 erfolgen diesbezüglich nähere Erläuterungen.

2.2.1

Rechtliches Gehör

Zwecks Klärung des Sachverhalts bedient sich das Untersuchungsorgan der Beweismittel gemäss Artikel 12 VwVG76, es kann aber keine Zeugeneinvernahme durchführen.77 Angestellte des Bundes und Behörden, welche in die Administrativuntersuchung einbezogen werden, müssen an der Feststellung des Sachverhalts mitwirken.78 Sie haben umgekehrt das Recht, sämtliche sie betreffenden Akten einzusehen und dazu Stellung zu nehmen79 sowie Anspruch auf rechtliches Gehör.80

73

74 75 76 77 78 79 80

Handbuch der Eidgenössischen Finanzverwaltung vom 29. Apr. 2013 zum Risikomanagement (nicht mehr im Internet veröffentlicht), in der Folge: Handbuch 2013 der EFV; aktuelles Handbuch 2017 der EFV.

Handbuch 2017 der EFV, Ziffer 3.5.2, S. 30.

Vgl. Ziffer 1.1.

Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren vom 20. Dez. 1968 (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG; SR 172.021).

Artikel 27g Absatz 1 Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung vom 25. Nov. 1998 (RVOV; SR 172.010.1).

Artikel 27g Absatz 2 RVOV (SR 172.010.1).

Artikel 27g Absatz 4 RVOV (SR 172.010.1) mit Verweis auf die Artikel 26­28 VwVG (SR 172.021).

Artikel 27g Absatz 5 RVOV (SR 172.010.1) mit Verweis auf die Artikel 29­33 VwVG (SR 172.021).

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2.2.2

Unabhängigkeit

Personen, welche mit einer Administrativuntersuchung beauftragt werden, müssen persönliche, berufliche und fachliche Bedingungen dafür erfüllen 81 und dürfen nicht im zu untersuchenden Aufgabenbereich tätig sein.82 Sinngemäss gelten die Bestimmungen des Artikels 10 VwVG (Ausstand).83 Die Ausstandsnormen beziehen sich nicht auf eine Behörde im Gesamten, sondern nur auf die dafür tätigen natürlichen Personen.84

3

Sachverhalt

In diesem Kapitel wird der für die Untersuchung relevante Sachverhalt dargestellt, wobei sich dieser einerseits aus verschiedenen den GPK vorliegenden Unterlagen ergibt, andererseits auch aus Angaben der angehörten Personen. Die Bewertung erfolgt unter Kapitel 4.

3.1

Führung / Aufsicht des Departements betreffend das BWL

3.1.1

Einleitende Bemerkungen

Zunächst werden im nachfolgenden Kapitel 3.1.2 in Ergänzung zu den diesbezüglichen rechtlichen Ausführungen85 bestimmte organisatorische Besonderheiten des BWL dargestellt. Diese Darstellung trägt einerseits zum weiteren Verständnis des Sachverhalts bei, andererseits werden sich die GPK bei der Bewertung auch zur Organisationsstruktur äussern.

Im Weiteren (Ziff. 3.1.3 und 3.1.4) wird der eigentliche Sachverhalt konkret geschildert, wobei zwischen zwei Phasen unterschieden wird: Die erste Phase dauert von 200986 bis in den Juni 2015, als das WBF vom BWL um Unterstützung bei der Problematik der Hochseeschifffahrts-Bürgschaften gebeten wurde. Bis zu diesem Zeitpunkt war das Dossier der Bürgschaften allein in der Verantwortung des BWL, danach beauftragte der Vorsteher des WBF den Generalsekretär des WBF, hinsichtlich der Krisenbewältigung die Federführung zu übernehmen. 87 Die zweite Phase beginnt entsprechend im Juni 2015 und dauert bis zur Umsetzung der Empfehlungen der EFK im Jahr 2017 und kann wiederum in zwei Perioden unterteilt werden: die Zeit bis zum Abschluss der Administrativuntersuchung und die Phase danach, in der es um die Umsetzung der Empfehlungen der Administrativuntersuchung geht.

81 82 83 84

85 86 87

Artikel 27d Absatz 1 Buchstabe a RVOV (SR 172.010.1).

Artikel 27d Absatz 1 Buchstabe b RVOV (SR 172.010.1).

Artikel 27d Absatz 4 Buchstabe b RVOV (SR 172.010.1).

Breitenmoser, Stephan / Spori Fedail, Marion (2016): Artikel 10 (N 33). In: Waldmann, Bernhard / Weissenberger, Philippe (Hrsg.): Praxiskommentar Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVG). Zürich: Schulthess Juristische Medien AG.

Vgl. Ziffer 2.1.1.

Vgl. Ziffer 1.2.

Schreiben des WBF vom 20. Okt. 2017, S. 2 f.

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3.1.2

Organisationsstruktur des BWL

Der Generalsekretär des WBF teilte mit, dass das BWL grundsätzlich ein «ordentliches Bundesamt», jedoch von einer Milizorganisation «umgeben» sei; der Delegierte stamme aus dieser Milizorganisation. Sinngemäss gab der Generalsekretär des WBF weiter an, das WBF sei nach Überlegungen betr. allfälliger Reorganisation des BWL zum Schluss gekommen, dass diese Art der Organisation bezüglich der wirtschaftlichen Landesversorgung auch künftig richtig und sinnvoll sei, weil eine «Mischform» zwischen Staat und Unternehmen sowie die Anstrengungen der Wirtschaft wichtig seien. Nicht Bestandteil der erwähnten Überlegungen sei allerdings eine Fusion mit anderen Verwaltungseinheiten des WBF gewesen.88 Der Vorsteher des WBF sowie die Vorsteherin des EVD 2006­2010 und der Generalsekretär des EVD 2003­2010 machten in der Sache geltend, dass durch die spezielle Organisation des BWL von einem grossen Fachwissen profitiert werden könne.89 Die letzteren beiden teilten ausserdem mit, dass die geltende BWL-Struktur aus organisatorischen Gründen kostengünstiger als ein ordentliches Bundesamt sei. 90 Die Delegierte 2006­2015 gab an, sie könne sich kein anderes als das aktuelle Modell vorstellen, denn die Wirtschaft könne ihren Versorgungsauftrag in einer Krise nur dann aufrechterhalten, wenn es Personen gebe, die ihr Geschäft kennen würden. Sie habe verschiedene Situationen erlebt, in welchen die Organisation problemlos mobilisiert worden sei.91 Der stv. Direktor des BWL teilte mit, der Einbezug der Milizorganisation sei der Sinn des Systems dieser Organisation, indem die Wirtschaft involviert werden solle sowie Massnahmen bzw. Aktivitäten zu plausibilisieren seien.92 Der Stabschef 1991­2012 gab an, dass die Vertreter der Milizorganisation zwar neben ihrer Tätigkeit für die wirtschaftliche Landesversorgung eine Stelle in der Privatwirtschaft hätten, allerdings sei sowohl für die Delegierte 2006­2015 wie auch für die führenden Mitglieder der Milizorganisation klar gewesen, dass sie im Krisenfall für das BWL zur Verfügung stehen müssten. Er teilte weiter sinngemäss Folgendes mit: Sollte die Schweiz mit einem «gigantischen» Ereignis konfrontiert sein, könnte das Milizsystem zwar überfordert sein, aber ein solches Ereignis sei in der heutigen Zeit nicht zu erwarten.93 Hinsichtlich der Frage der Tauglichkeit des Milizsystems
gab der Generalsekretär des WBF betreffend die Erhöhung des Bürgschaftskredits im Jahr 2007 an, die Milizorganisation sei diesbezüglich nicht einbezogen gewesen, sondern der Stab des BWL habe dafür die Verantwortung getragen. Der Generalsekretär fügte an, es liesse sich durchaus argumentieren, dass es «nicht zu dieser Entwicklung gekommen wäre» 88 89

90 91

92 93

Protokoll der Anhörung des Generalsekretärs des WBF, S. 15.

Protokoll der Anhörung des Vorstehers des WBF, S. 7; Protokoll der Anhörung der Vorsteherin des EVD 2006­2010, S. 4, Protokoll der Anhörung des Generalsekretärs des EVD 2003­2010, S. 2.

Protokoll der Anhörung der Vorsteherin des EVD 2006­2010, S. 4, Protokoll der Anhörung des Generalsekretärs des EVD 2003­2010, S. 2.

Protokoll der Anhörung der ehemaligen Delegierten für die wirtschaftliche Landesversorgung 2006­2015 (in der Folge: Protokoll der Anhörung der Delegierten 2006­2015), S. 11 f.

Protokoll der Anhörung des stv. Direktors des BWL, S. 10.

Protokoll der Anhörung des Stabschefs 1991­2012, S. 7.

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(Anmerkung der GPK: also wohl zur vom Parlament beschlossenen Erhöhung des Bürgschaftskredits), falls dieser Einbezug stärker stattgefunden hätte, weil die Milizorganisation wirksamer gegen die Dominanz bestimmter Personen hätte vorgehen können.94 Diese Behauptungen werden vom ehemaligen Stabschef BWL bestritten.95 Bezüglich der Abgrenzung der Zuständigkeiten hinsichtlich des BWL teilte die Delegierte 2006­2015 Folgendes mit: Der Vorsteher des WBF sei der «Chef» des BWL.96 Dies wurde vom Vorsteher des WBF zurückgewiesen.97 Die Delegierte 2006­2015 gab weiter an, der stv. Direktor des BWL sei für das operative Geschäft zuständig und verantwortlich für den Vollzug von Entscheidungen. Ebenso habe die Aufsicht über den Stab des BWL und alle anderen Kadermitarbeiter bei diesem gelegen. Sie selber sei für die Strategie zuständig gewesen. Die Vorsteherin des EVD 2006­2010 informierte einerseits in Bezug auf die Funktionen im BWL dahingehend, der/die Delegierte sei für die Strategie zuständig und der stv. Direktor bzw.

die stv. Direktorin übernehme die Funktion eines operativen Direktors bzw. einer operativen Direktorin.98 Der Generalsekretär des EVD 2003­2010 gab in Bezug auf die Funktion des bzw. der Delegierten zu Protokoll, diese(r) übernehme einerseits Verantwortung für die Abläufe im Amt, andererseits sei er/sie auch für strategische Fragen zuständig.99 Der Stabschef 1991­2012 teilte sinngemäss mit, die Delegierte 94 95

96

97

98 99

Protokoll der Anhörung des Generalsekretärs des WBF, S. 14.

Im Rahmen der von der Arbeitsgruppe zum vorliegenden Bericht durchgeführten Verwaltungskonsultation gab der ehemalige Stabschef des BWL an, dass die Milizorganisation in das Verfahren zur Erhöhung des Bürgschaftskredits einbezogen worden sei und sich hinter die Vorlage des BWL gestellt habe. Er bestreitet daher, dass es eine die Milizorganisation missachtende Dominanz des Stabes BWL gegeben habe.

Protokoll der Anhörung der Delegierten 2006­2015, S. 7. Im Rahmen der von der Arbeitsgruppe zum vorliegenden Bericht durchgeführten Verwaltungskonsultation brachte die ehemalige Delegierte (2006­2015) vor, dass die Entscheidungsbefugnisse bezüglich der wirtschaftlichen Landesversorgung «sachlich dem Departement WBF, persönlich dem Departementsvorsteher WBF und institutionell dem Bundesrat zugeordnet» seien.

Sie machte zudem geltend, dass das BWL trotz seiner Bezeichnung kein Bundesamt im materiellen Sinne sei, sondern ein Organ, das Stabsaufgaben für das WBF übernehme, und dass die Delegierte nie die Funktion einer Amtsdirektorin gehabt habe und somit mit einer solchen nicht verglichen werden könne. Die Delegierte habe daher «nach den Weisungen des Vorstehers WBF» entscheiden und handeln müssen.

Protokoll der Anhörung des Vorstehers des WBF, S. 8. Der Vorsteher des WBF hat in der Verwaltungskonsultation zum vorliegenden Bericht darauf hingewiesen, dass er das BWL nach den gleichen Prinzipien führte, wie alle anderen Ämter, die Delegierte mit den für die Führung eines Amtes nötigen Kompetenzen ausgestattet war und sie diese Kompetenzen in der Praxis auch beanspruchte. Das WBF hat geltend gemacht, dass die umfassenden Kompetenzen der Delegierten die «Weisung» nötig machten, ihr nach dem Ausbruch der Krise im Juni 2015 die operative Verantwortung des Dossiers Hochseeschiffe zu entziehen und an den stellvertretenden Direktor zu delegieren. Zusätzlich hat das WBF Folgendes dargelegt: «Die jährlich mit der früheren Delegierten auf deren Vorschlag hin abgeschlossenen Zielvereinbarungen bildeten ­ wie bei allen Ämtern ­ die Grundlage für die Weichenstellungen und Prioritätensetzung, mithin die Weisungen hinsichtlich Führung des Amtes. Dass den Bürgschaften in der Hochseeschifffahrt auf Stufe Departement nicht die nötige Beachtung geschenkt wurde,
lag nicht zuletzt auch im Verzicht der Delegierten, die Probleme der Bürgschaften in den Zielvereinbarungen mit dem Vorsteher des WBF konkret anzusprechen.» Protokoll der Anhörung der Vorsteherin des EVD 2006­2010, S. 5.

Protokoll der Anhörung des Generalsekretärs des EVD 2003­2010, S. 6.

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2006­2015 sei Teil der Milizorganisation gewesen und die Bürgschaftsvergabe und die Überwachung seien grundsätzlich im operativen Bereich des BWL und damit in der Verantwortung des stv. Direktors angesiedelt gewesen. 100 Der stv. Direktor des BWL teilte in Bezug auf die Funktion des Delegierten mit, dass die Rollenteilung «in der heutigen Besetzung» sehr gut sei und funktioniere.

Sinngemäss gab er in Bezug auf die Rolle des Delegierten im Allgemeinen an, dass dieser in einer Krisensituation sowohl beim Bund als auch im eigenen Unternehmen gefordert sein würde; dies gelte auch für die anderen 250 Milizvertreter. 101 Die Delegierte 2006­2015 arbeitete in einem Pensum von 25 Prozent102, der aktuelle Delegierte ist nun zu 40 Prozent in seiner Funktion für die wirtschaftliche Landesversorgung tätig.103 Der Vorsteher des WBF teilte mit, dass das WBF «keinen Spezialisten finden» würde, «der sich für das Geld, das wir ihm anbieten können, zu mehr als die Hälfte seiner Zeit mit dem BWL beschäftigen möchte.» 104

3.1.3

Phase 1: Bis Juni 2015

a) Umgang des Departements mit Informationsnotizen des BWL Informationsnotizen Bis zur Eskalation der Situation im Juni 2015 liess das BWL dem WBF zwischen 2011 und Juni 2015 neun Informationsnotizen zukommen, in welchen das Amt über die Hochseeschifffahrts-Bürgschaften informierte. Aus diesen geht hervor, dass das BWL das WBF ab November 2011 über den Zustand betr. die HochseeschifffahrtsBürgschaften orientierte (vor November 2011 gab es keine Informationsnotizen betr.

die Hochseeschifffahrt).105 In der ersten Informationsnotiz vom 10. November 2011 orientierte das Amt das WBF über die finanziellen Schwierigkeiten einer Reederei A.106 Im Laufe der weiteren Informationsnotizen wurden finanzielle Probleme einer weiteren Reederei B erörtert.107 In den Informationsnotizen des BWL wird auf die bestehenden Probleme hingewiesen: So wird z.B. bereits in der ersten Informationsnotiz festgehalten, dass ohne entsprechende Massnahmen die betreffende Reederei Konkurs gehen könnte und daraufhin Bürgschaften gezogen werden müssten. 108 In der Informationsnotiz vom 4. September 2012 wird erstmals eine laufende Investorensuche betr. die Reederei B erwähnt; diese und die damit verbundenen Schwierigkeiten werden auch in mehre-

100 101 102 103 104 105

Protokoll der Anhörung des Stabschefs 1991­2012, S. 4.

Protokoll der Anhörung des stv. Direktors des BWL, S. 11.

Schreiben der Delegierten 2006­2015 vom 15. Jan. 2018, S. 2.

Protokoll der Anhörung des Vorstehers des WBF, S. 7.

Protokoll der Anhörung des Vorstehers des WBF, S. 7.

Informationsnotizen des BWL an das WBF vom 10. Nov. 2011, 20. April 2012, 4. Sept. 2012, 14. Dez. 2012, 18. Juni 2013, 19. Sept. 2013, 25. Feb. 2014, 27. Nov. 2014, 23. Jan. 2015.

106 Informationsnotiz des BWL vom 10. Nov. 2011 an das WBF, S. 1 ff.

107 Vgl. z.B. Informationsnotiz des BWL vom 14. Dez. 2012 an das WBF.

108 Informationsnotiz des BWL vom 10. Nov. 2011 an das WBF, S. 3.

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ren darauf folgenden Informationsnotizen thematisiert. 109 In der Informationsnotiz vom 27. November 2014 wird schliesslich eingeräumt, dass sich die Anzeichen für eine finanzielle Stabilisierung (der Reedereien) nicht bewahrheitet hätten.110 Aus den Unterlagen und den Anhörungen geht nicht hervor, dass hierauf eine Reaktion des WBF erfolgt wäre.111 Trotzdem gibt das Amt mehrmals zu verstehen, dass eine Lösung der Probleme in Sicht sei, indem es bspw. schreibt, dass die zu diesem Zeitpunkt noch erfolglose Investorensuche aus seiner Sicht gelingen werde112 und dass sich die Auswirkungen für den Bund in Grenzen hielten. U.a. wird einmal sinngemäss darauf hingewiesen, dass sich der Bund bei einer allfälligen Pfandverwertung zwar kaum schadlos halten könnte, im Gegenzug aber das Eigentum an den betreffenden Schiffen erwerbe und somit «die nötige Zeit und Gelegenheit» erhalten werde, «um eine optimale Lösung zur Schadloshaltung zu finden». 113 Im Jahr 2013 stellte das Departement dem BWL im Nachgang zur Informationsnotiz vom 18. Juni 2013 Rückfragen und erkundigte sich, ob eine Unterstützung durch das Departement erforderlich sei.114 Das Amt teilte dem WBF daraufhin u.a. mit, dass zum jetzigen Zeitpunkt keine Unterstützung erforderlich sei.115 Weitere Reaktionen des WBF auf Informationsnotizen des BWL gab es offenbar nicht.

Hinsichtlich der Funktion von Informationsnotizen im Allgemeinen wies der Vorsteher des WBF darauf hin, dass diese praxisgemäss dann verwendet werden würden, wenn er über einen bestimmten Sachverhalt orientiert werden sollte, ohne dass ein konkreter Handlungsbedarf bestehe. Sinngemäss teilte der Departementsvorsteher mit, dass für die Herbeiführung eines Entscheides des Departementsvorstehers ein Antrag zu stellen sei.116

109

110 111

112 113 114 115 116

Informationsnotiz des BWL vom 4. Sept. 2012 an das WBF, S. 1 ff.; Informationsnotizen des BWL an das WBF vom 14. Dez. 2012, 18. Juni 2013, 19. Sept. 2013, 25. Feb. 2014.

So ist z.B. in der Informationsnotiz vom 14. Dez. 2012 festgehalten, dass die Investorensuche (bisher) nicht erfolgreich gewesen sei; die Informationsnotiz vom 18. Juni 2013 bezeichnet die Investorensuche als «grösste Herausforderung».

Informationsnotiz des BWL vom 27. Nov 2014 an das WBF, S. 1 ff.

Das WBF hat in der Verwaltungskonsultation zum vorliegenden Bericht diesbezüglich Folgendes geltend gemacht: «[Das BWL erklärte] in Ergänzung zur Informationsnotiz vom 27. November 2014 in der Informationsnotiz vom 23. Januar 2015, dass der Bürgschaftsvertrag am 7. Juni 2015 nach 15-jähriger Laufzeit definitiv auslaufe und keine Möglichkeiten für weitere Sofortmassnahmen bestehen würden. Es hätten mit der EFV und der geldgebenden Bank bereits Gespräche stattgefunden. Die geldgebende Bank würde im März 2015 entscheiden, ob sie die im Hinblick auf eine Bürgschaftsziehung notwendigen Schritte einleiten wolle. Damit war seitens des WBF das weitere Vorgehen und auch der mögliche Handlungsspielraum bzw. die Frage nach dem Handlungsbedarf geklärt».

Informationsnotiz des BWL vom 18. Juni 2013 an das WBF, S. 1 ff.

Informationsnotiz des BWL vom 18. Juni 2013 an das WBF, S. 2.

E-Mail des GS-WBF vom 25. Juni 2013 an das BWL.

E-Mail des BWL vom 26. Juni 2013 an das WBF.

Schreiben des WBF vom 21. Jan. 2018, S. 2.

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Angaben der angehörten Personen Die oben erwähnten Informationen aus den erhaltenen Unterlagen werden durch die angehörten Personen grundsätzlich bestätigt. Der Generalsekretär des WBF teilte mit, dass das BWL einmal in einer Informationsnotiz «alarmiert» habe.117 Daraufhin habe der Departementsvorsteher sofort nachgefragt, inwiefern das Departement eine Unterstützung anbieten könne. Dem WBF sei daraufhin mitgeteilt worden, dass zurzeit keine Unterstützung nötig sei. Die darauffolgende Informationsnotiz, welche einige Monate danach an das Departement versendet worden sei, habe dann einen deutlich positiveren Eindruck vermittelt. 118 Der stv. Direktor des BWL bestätigte diese Darstellung durch den Generalsekretär des WBF sinngemäss.119 Die Delegierte 2006­2015 vermochte sich nicht mehr daran zu erinnern, bezweifelte jedoch, dass sie eine Unterstützung abgelehnt hätte.120 Der Vorsteher des WBF teilte sinngemäss mit, dass das Departement in einer solchen Situation immer zusätzliche Informationen von einem Amt verlangt habe.121 b) Umgang des Departements mit dem Risikoreporting des BWL Riskmaps Wie bereits in Kap. 2.1 dargelegt, führen die Departemente ihre wichtigsten Risiken in einer sog. Riskmap auf, in der die Risiken gemäss ihren Auswirkungen und Eintrittswahrscheinlichkeiten eingeordnet werden sollen.122 Diese Riskmaps enthalten verschiedene Rubriken, u.a. die vorgenannten möglichen Auswirkungen und die dazugehörige Eintrittswahrscheinlichkeit, wie auch die Beschreibung des Risikos, die jeweilige Ursache und entsprechenden Massnahmen.

Das BWL integrierte die Hochseeschifffahrts-Bürgschaften erstmals im Jahr 2009 als eines der drei grössten Risiken des Amtes in das Risikoreporting. Unter der Rubrik Beschreibung führte das BWL 2009 an, dass der Bund für Rückzahlungen gegenüber der Bank hafte, sollte ein Schweizer Schiffseigner sein Darlehen nicht zurückzahlen können. Im Weiteren wurde auf mögliche Regressforderungen des Bundes an den Darlehensnehmer sowie das Schiffspfandrecht hingewiesen, wobei Folgendes angefügt wurde: «Die Werthaltigkeit und Durchholbarkeit ist jedoch offen.»123 Unter Ursachen wurde ausgeführt, dass der Bund als Bürge hafte, falls ein Schiffseigner seinen Verpflichtungen gegenüber der Bank nicht mehr nachkommen könne und dass daraus «beträchtliche finanzielle Aufwendungen» resultieren könnten («bis zu 30 Millionen Franken»). 124

117 118 119 120 121 122 123 124

Aus den Unterlagen betr. Informationsnotizen ergibt sich, dass dies im Jahr 2013 der Fall war.

Protokoll der Anhörung des Generalsekretärs des WBF, S. 11.

Protokoll der Anhörung des stv. Direktors des BWL, S. 6.

Protokoll der Anhörung der Delegierten 2006­2015, S. 10.

Protokoll der Anhörung des Vorstehers des WBF, S. 4.

Handbuch 2017 der EFV, Anhang 1, S. 56.

Riskmap des BWL vom 15. Okt. 2009, S. 3.

Riskmap des BWL vom 15. Okt. 2009, S. 3. Aus Sicht der GPK dürfte damit lediglich der Betrag bezüglich eines einzelnen Schiffes gemeint sein.

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Weiter wurde über die durchgeführten Massnahmen orientiert: «zahlreiche Sicherungs- und Kontrollmassnahmen, insbesondere permanente Bonitätsprüfung durch Bank, Meldepflicht der Bank, permanente finanzielle und wirtschaftliche Überwachung durch das BWL, Schiffsinspektionen durch das BWL, Sicherheiten des Bundes (Pfandrechte am Schiff, Abtretung der Ansprüche aus Schiffsversicherungen).»125 Die möglichen Auswirkungen wurden 2009 als «moderat» bezeichnet, die Eintrittswahrscheinlichkeit wurde als «selten» dargestellt.126 2012 erfolgte eine Erhöhung der beiden Rubriken auf «wesentlich» (Auswirkungen) und «möglich» (Eintrittswahrscheinlichkeit). Trotz dieser Neubewertung wurden die Angaben betr. Beschreibung, Ursachen und Massnahmen im Jahr 2012 nicht geändert.127 Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die Ausführungen betr. Beschreibung und Ursachen teilweise während mehreren Jahren gleich blieben, es erfolgten nur partiell kleinere Anpassungen. Die Erläuterungen bezüglich der Massnahmen blieben sogar bis und mit Risikoreporting 2015 gleich.

Angaben der angehörten Personen und weitere Quellen Der stv. Direktor des BWL gab an, das BWL habe das Risikoreporting dem Bereich Finanzen und Logistik des GS-WBF zukommen lassen. Ihm sei nicht bekannt, was danach mit dem BWL-Risikoreporting geschehen sei.128 Die Delegierte 2006­2015 teilte mit, sie habe zu den fünf «Reportings» an das WBF von 2010­2015 nie eine Reaktion seitens des Departements erhalten.129 Hinsichtlich des Prozesses bezüglich Risikomanagement auf Stufe Departement gab der Generalsekretär des WBF an, die «Risikoblätter» (Riskmaps) würden vom BWL ausgefüllt und danach auf Stufe GS-WBF im Bereich «Ressourcen und Logistik» «erarbeitet» und von Referenten materiell überprüft. Bei diesen sei auch das entsprechende Wissen vorhanden.130 Der stv. Generalsekretär plausibilisiere anschliessend das Verfahren hinsichtlich des maximal plausiblen Risikos. Am Schluss würden alle Riskmaps dem Generalsekretär vorgelegt, welcher materiell dafür verantwortlich sei.131 Der Departementsvorsteher habe aufgrund der vielen Risiken nicht die Möglichkeit, alle Riskmaps anzuschauen.132 125 126 127 128 129

Riskmap des BWL vom 15. Okt. 2009, S. 3.

Riskmap des BWL vom 15. Okt. 2009, S. 3.

Riskmap des BWL vom 6. Nov. 2012, S. 3.

Protokoll der Anhörung des stv. Direktors des BWL, S. 7.

Protokoll der Anhörung der Delegierten 2006­2015, S. 9. Es ist anzufügen, dass mit den «Reportings» wohl das Risikoreporting gemeint ist, welches einmal jährlich erfolgt.

Allerdings waren die Hochseeschifffahrts-Bürgschaften zum ersten Mal 2009 ins Risikoreporting integriert (Riskmap Okt. 2009).

130 Der Generalsekretär des WBF wies allerdings sinngemäss auch darauf hin, dass das GS-WBF bei der Thematik der Hochseeschifffahrt nicht über ein grosses Fachwissen und eine substantielle Erfahrung verfüge (Protokoll der Anhörung des Generalsekretärs des WBF, S. 11). Ähnlich äusserte sich der Vorsteher des WBF, welcher angab, die Referenten seien nicht speziell für die Prüfung der Riskmaps ausgebildet (Schreiben des WBF vom 21. Jan. 2018, S. 4).

131 Gemäss Angaben des WBF prüft der Generalsekretär heute konsequent jede Riskmap persönlich (Schreiben des WBF vom 21. Jan. 2018, S. 7).

132 Protokoll der Anhörung des Generalsekretärs des WBF, S. 11 f.

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Der Vorsteher des WBF räumte im Rahmen der Inspektion ein, dass bis zum Ausbruch der Krise im Juni 2015 «ein ungenügendes und nicht geeignetes Risikomanagement» auf Stufe Amt und Departement bestanden habe. Er selber habe erst am 25. Juni 2015 nach entsprechenden Hinweisen des BWL die Tragweite der Risiken erkannt.133 Bis im Juni 2015 hätten sowohl bei ihm als auch im GS-WBF die Sensibilität für die Tragweite der Risiken als auch für das Schadenspotenzial der Hochseeschifffahrts-Bürgschaften gefehlt.134 Nachträglich habe er aber auch den Eindruck, dass er von der Delegierten 2006­2015 nicht korrekt informiert worden sei.135 Im Weiteren wies der Vorsteher des WBF darauf hin, dass wichtige bzw. für die Risikoabschätzung relevante Abklärungen (betr. zu erzielende Preise bei Schiffsversteigerungen; rechtliche Rahmenbedingungen) vorgängig nicht durchgeführt worden seien. Die Beurteilung der finanziellen Risiken habe sich seit Ende Juni 2015 aber «grundlegend geändert».136 Die Vorsteherin des EVD 2006­2010 teilte mit, das Risikoreporting sei ab 2007 oder 2008 mindestens einmal pro Jahr mit dem Amt besprochen worden.137 Der Generalsekretär des EVD 2003­2010 führte betreffend Risikomanagement aus, dass ein Top-down und ein Bottom-up-Ansatz bestanden hätten. Die Einheiten hätten ihre Risiken bestimmt und eingeschätzt (Bottom-up-Ansatz). Auf Stufe Departement wurde eine Plausibilisierung vorgenommen (Top-Down-Ansatz). Es ging insbesondere darum festzustellen, ob die Risiken vollständig und im Vergleich zum Vorjahr kohärent gewesen seien oder ob sich Veränderungen abgezeichnet hätten. Diese Prüfung hätten in erster Linie die Referentinnen und Referenten vorgenommen, welche gemäss Einschätzung des Generalsekretärs des EVD 2003­2010 auch über das dafür notwendige Wissen verfügten.138 Die EFV legte gegenüber der Arbeitsgruppe dar, dass sie hinsichtlich des Risikomanagements die methodischen Standards und die Mindestanforderungen festlege und Schulungen anbiete. Ausserdem betreibe sie eine Informatikanwendung zur Bewirtschaftung der Risiken und sie sei zuständig für die Berichterstattung. 139 Einmal im Jahr fänden Gespräche mit den Departementen zwecks Aktualisierung und Plausibilisierung der gemeldeten Risiken statt. Falle der EFV etwas auf, werde dies in die Generalsekretärenkonferenz getragen, ab einer gewissen
Stufe fände auch eine Diskussion im Bundesrat statt («Bundesratsrisiken»). Die EFV könne aber keine materielle Prüfung der Angaben der Departemente wahrnehmen; das diesbezüglich erforderliche Fachwissen sei in den Verwaltungseinheiten angesiedelt. 140 Im Rahmen der Überprüfung des Risikoreportings im Dezember 2012 habe die EFV vom WBF wissen wollen, ob die Eintrittswahrscheinlichkeit und die Auswirkungen betr.

die Hochseeschifffahrts-Bürgschaften korrekt dargestellt seien. Daraufhin sei eine Neueinschätzung des Risikos Hochseeschifffahrts-Bürgschaften vorgenommen 133 134 135 136 137 138 139 140

Schreiben des WBF vom 20. Okt. 2017, S. 7 f.

Schreiben des WBF vom 30. Nov. 2017, S. 3.

Protokoll der Anhörung des Vorstehers des WBF, S. 5 f.

Schreiben des WBF vom 20. Okt. 2017, S. 8.

Protokoll der Anhörung der Vorsteherin des EVD 2006­2010, S. 3.

Protokoll der Anhörung des Generalsekretärs des EVD 2003­2010, S. 4.

Bericht der EFV vom 11. Okt. 2017, S. 2.

Protokoll der Anhörung der Vertreter der EFV, S. 2.

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worden.141 Bezüglich identischer Angaben in mehreren aufeinander folgenden Risikoreportings führten die EFV-Vertreter aus, dass solche identische Angaben, welche über zehn Jahre aufgeführt würden, häufig ein Indiz dafür seien, dass ein Risiko zu wenig ernst genommen werde.142 c) Führungsgespräche zwischen Departement und Amt Der Vorsteher des WBF teilte sinngemäss mit, die Aufsicht über das BWL habe sich bis 2015 «nach einem ganz normalen Führungsverständnis» gestaltet, gemäss welchem regelmässig Sitzungen (vier Mal im Jahr) zwischen ihm und dem BWL stattgefunden hätten. Die Vertreter des Amtes seien zwar jeweils gut vorbereitet an den Sitzungen erschienen, es habe aber keine stringente Führung durch das BWL vorgelegen. Er räumte aber auch ein, die Führung bzw. Aufsicht des Departements gegenüber dem BWL sei unter ihm als Departementsvorsteher ungenügend gewesen. 143 Der Generalsekretär des WBF teilte mit, dass das Departement im Rahmen der Führung und Aufsicht Amtssitzungen (Anmerkung: Besprechung Departementsvorsteher und weiteren zuständigen Personen des GS-WBF mit dem Amtsdirektor und allenfalls weiteren Vertretern des Amtes) durchführe. Diese Sitzungen fänden je nach Grösse des Amtes in verschiedenen Rhythmen statt. Hinsichtlich des BWL seien diese Amtssitzungen ursprünglich ungefähr einmal pro Quartal durchgeführt worden, wobei mehrere Sitzungen seitens der Delegierten mangels Traktanden abgesagt worden seien, worauf der zuständige Referent im WBF interveniert habe.144 Die Delegierte 2006­2015 gab an, sie könne dazu keine Stellung nehmen und verstehe diese Angaben des Generalsekretär des WBF nicht.145 Die Vorsteherin des EVD 2006­2010 und der Generalsekretär des EVD 2003­2010 teilten mit, das BWL sei (wie andere Ämter des Departementes) eng geführt worden, u.a. über Sitzungen mit der Amtsleitung, die alle zwei Wochen stattfanden und an denen jeweils auch die ehemalige Delegierte teilnahm.146 Die Vorsteherin des EVD 2006­2010 orientierte im Weiteren darüber, dass der zuständige Referent mindestens einmal in der Woche Kontakt zum Amt gehabt habe.147 Gemäss Angaben des WBF sind Besprechungstermine vor 2009 und Protokolle vor 2013 nicht mehr feststellbar.148 Die Vorsteherin des EVD 2006­2010 teilte allerdings mit, es seien jeweils Protokolle der Amtssitzungen erstellt worden.149 Die Protokollierung
ab 2013 erfolgt jeweils in Form von E-Mails, welche vom WBF an die an der Amtssitzung beteiligten Personen (und allenfalls an weitere Personen) versendet wird. Aus diesen Protokollen geht hervor, dass seit der ersten nachvoll141

142 143 144 145 146 147 148 149

Wie vorhin erwähnt, erfolgte 2012 eine Anpassung der Rubrik «Auswirkungen» auf «wesentlich» und eine Anpassung der Rubrik «Eintrittswahrscheinlichkeit» auf «möglich».

Protokoll der Anhörung der Vertreter der EFV, S. 1 f.

Protokoll der Anhörung des Vorstehers des WBF, S. 1 ff.

Protokoll der Anhörung des Generalsekretärs des WBF, S. 12 f.

Protokoll der Anhörung der Delegierten 2006­2015, S. 8.

Protokoll der Anhörung der Vorsteherin des EVD 2006­2010, S. 3; Protokoll der Anhörung des Generalsekretärs des EVD 2003­2010, S. 2 und 6.

Protokoll der Anhörung der Vorsteherin des EVD 2006­2010, S. 3.

Übersicht des WBF vom 5. Okt. 2017 über die Termine der Amtssitzungen.

Protokoll der Anhörung der Vorsteherin des EVD 2006­2010, S. 6.

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ziehbaren Protokollierung im Jahr 2009 bis zur Eskalation der Situation im Juni 2015 die Hochseeschifffahrts-Bürgschaften an diesen Sitzungen nie thematisiert wurden.150 Der stv. Direktor des BWL machte geltend, dass die Delegierte 2006­2015 die Informationsnotizen betr. Hochseeschifffahrt aus Vertraulichkeitsgründen nicht im Rahmen von Amtssitzungen, sondern in Form von bilateralen Gesprächen am Rande von Amtsdirektorenrapporten (Treffen des Departementsvorstehers und des Generalsekretärs mit allen Amtsdirektoren des Departements) thematisieren wollte, wobei ihm nicht bekannt sei, ob sie dies dann auch effektiv getan habe.151 Die Delegierte 2006­2015 stellte dies in Abrede.152 Der Vorsteher des WBF teilte mit, die Delegierte habe weder in Amtssitzungen noch im Rahmen von anderen bilateralen Besprechungen, wie bspw. im Rahmen der jährlichen Mitarbeitergespräche, mit ihm die Problematik betr. die Hochseeschifffahrt «aktiv» angesprochen.153 Zu den an Amtssitzungen besprochenen Themen gab der Vorsteher des WBF an, diese würden primär vom Amt vorgegeben («Bringschuld»).154 d) Überprüfung der Prämissen der Hochseeschifffahrt Im Rahmen seiner Anhörung gab der Vorsteher des WBF an, dass die Prämissen der Hochseeschifffahrts-Bürgschaften und somit die Notwendigkeit dieser Bürgschaften für die Gewährleistung der wirtschaftlichen Landesversorgung durch das WBF nicht regelmässig überprüft worden seien. Die Delegierte 2006­2015 teilte diese Einschätzung in der Sache und verwies auf den Bericht «Strategische Ausrichtung der wirtschaftlichen Landesversorgung»155 vom November 2014, welcher zu diesem Zeitpunkt vom Departement genehmigt worden sei. Diese Strategie habe die Verfügbarkeit von Hochseeschiffen unter Schweizer Flagge für die wirtschaftliche Landesversorgung vorgesehen.156 Der stv. Direktor des BWL machte geltend, es seien 2013 Vorarbeiten für eine versorgungspolitische Analyse i.S.e. Bedürfnisabklärung getätigt, aber nicht weiterverfolgt worden. Erst 2016 seien diese Arbeiten wieder aufgenommen worden.157 I.d.Z. teilte der Vorsteher des WBF mit, dass erst Untersuchungen aus den Jahren 2016/2017158 gezeigt hätten, dass die Engpässe für die wirtschaftliche Landesversorgung nicht bei den Hochseeschiffen bestünden, sondern bei der Verteilung über die Strasse. Dem Departement sei entgangen, dass 150 151 152 153 154 155

Übersicht des WBF vom 5. Okt. 2017 über die Termine der Amtssitzungen.

Protokoll der Anhörung des stv. Direktors des BWL, S. 5.

Schreiben der Delegierten 2006­2015 vom 15. Jan. 2018, S. 2.

Schreiben des WBF vom 30. Nov. 2017, S. 3.

Schreiben des WBF vom 21. Jan. 2018, S. 3.

Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung: Strategische Ausrichtung der wirtschaftlichen Landesversorgung, November 2014, www.bwl.admin.ch > Das BWL > Strategie (Stand: 17. Jan. 2018).

156 Schreiben der Delegierten 2006­2015 vom 15. Jan. 2018, S. 5 f.

157 Protokoll der Anhörung des stv. Direktors des BWL, S. 6.

158 Gemeint dürfte folgender Bericht sein: Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung: Bericht zur versorgungspolitischen Bedeutung der Hochseeschifffahrt, 21. Dez. 2016, www.admin.ch > Dokumentation > Medienmitteilungen > Bundesrat erneuert Rahmenkredit zur Förderung der Schweizer Hochsee-Flotte nicht (Stand: 19. Dez. 2017).

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die Kapazität bei den Hochseeschiffen zu gross sei. 159 Die Delegierte 2006­2015 gab weiter an, für den Vorsteher des WBF sei generell im Vordergrund gestanden, «den Versorgungsauftrag in der ständigen Bereitschaft» zu erfüllen «und durch die Bereitstellung einer funktionierenden Seetransportlogistik für die Schweizer Wirtschaft sicherzustellen, «dass diese in Versorgungskrisen ihre Verantwortung für die Versorgung des Landes wahrnehmen kann.»160 Der Generalsekretär des EVD 2003­2010 gab an, weder der Bundesrat noch das Departement hätten in Frage gestellt, ob die Schweiz eine eigene Hochseeschifffahrt wolle. Die Hochseeschifffahrts-Bürgschaften hingegen seien regelmässig in Frage gestellt worden, aber früher sei es eher so gewesen, dass man vom Staat «mehr sehen» wollte (z.B. Impulsprogramme oder Hotelkredite).161 Hinsichtlich der Botschaft des Bundesrates über die damalige Erhöhung des Bürgschaftskredites im Jahr 2007 teilten die Vorsteherin des EVD 2006­2010 und der Generalsekretär des EVD 2003­2010 mit, es habe im Bundesrat zu dieser Botschaft keine Diskussionen gegeben. Einzig das Eidg. Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) habe in einem Mitbericht verlangt, auf die Hochseeschifffahrts-Bürgschaften zu verzichten und die betroffenen Unternehmen dem freien Markt zu überlassen. 162 Der Vorsteher des WBF orientierte die Arbeitsgruppe dahingehend, dass man (Anmerkung der GPK: vermutlich das Departement oder der Bundesrat) schon damals hätte zum Schluss kommen sollen, dass die Erhöhung des Bürgschaftskredits nicht nötig sei, aber dieses Wissen sei damals nicht vorhanden gewesen. 163

3.1.4

Phase 2: Ab Juni 2015

a) Einleitung Im Juni 2015 wurde das WBF seitens des BWL mittels zweier Informationsnotizen über den aktuellen Stand bzw. die Probleme betr. Hochseeschifffahrt informiert. 164 Das BWL machte in der Informationsnotiz vom 23. Juni 2015 geltend, dass sich die Situation zugespitzt habe; die finanzielle Situation der Unternehmensgruppe C sei sehr schlecht und das Risiko der Ziehung der Bürgschaften steige erheblich. Die EFV und die betroffene Bank lehnten ein Revalutierungsgesuch, also ein Gesuch um

159 160 161 162

Protokoll der Anhörung des Vorstehers des WBF, S. 5.

Schreiben der Delegierten 2006­2015 vom 15 Jan. 2018, S. 8.

Protokoll der Anhörung des Generalsekretärs des EVD 2003­2010, S. 3.

Protokoll der Anhörung der Vorsteherin des EVD 2006­2010, S. 5; Protokoll der Anhörung des Generalsekretärs des EVD 2003­2010, S. 2.

163 Protokoll der Anhörung des Vorstehers des WBF, S. 2.

164 Hinsichtlich der Information des BWL an das WBF Ende Juni 2015 wurde teilweise auf eine Informationsnotiz des BWL vom 25. Juni 2015 hingewiesen und es war diesbezüglich auch die Rede von mehreren Fassungen dieser Informationsnotiz. Die GPK vermochten entsprechende Fragen nicht vollständig zu klären. Für die Kommissionen stehen diese Fragen aber auch nicht im Vordergrund, da diese insbesondere BWL-interne Vorgänge betreffen, die wie oben bei Ziffer 1.2 erwähnt grundsätzlich nicht Teil dieser Inspektion sind. Für die GPK ist hier primär der Umstand wesentlich, dass das WBF ab Ende Juni 2015 das Ausmass der Krise erfasste.

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Erhöhung des verbürgten Darlehens im Rahmen bereits erfolgter Amortisationen165, ab. Insgesamt drohe bei dieser Unternehmensgruppe die Ziehung von Bürgschaften in der Höhe von ca. 200 Millionen Franken. Betr. die Unternehmensgruppe B verliefen die Sanierungsbemühungen weiterhin ohne Erfolg. Das SSA, welches die Aufsicht über die Hochseeschifffahrt unter Schweizer Flagge wahrnimmt,166 habe die Unternehmensgruppe B aufgefordert, hinsichtlich der vier zu dieser Unternehmensgruppe gehörenden Eignergesellschaften das gesetzlich vorgesehene minimale Eigenkapital von 8% einzuhalten. Allenfalls drohe die Löschung aus dem Register der schweizerischen Seeschiffe167. Gesamthaft könnten für die Unternehmensgruppe B Bürgschaften in der Höhe von knapp 100 Millionen Franken gezogen werden. 168 In der Informationsnotiz vom 24. Juni 2015, welche als «dringliches Unterstützungsbegehren» bezeichnet wurde, ergänzte das BWL, dass der Bund bezüglich der Unternehmensgruppe C aufgrund der seit 2009 nicht mehr geleisteten Amortisationen sowie der sehr tiefen Schiffswerte mit erheblichem Pfandausfall rechnen müsse.

Im Konkurs könnte sich der Wert der Schiffe weiter verringern, weil deren Fortbewegung mangels Liquidität nicht mehr möglich wäre. Das BWL schlug eine Revalutierung vor, doch eine der involvierten Banken verlangte dafür eine Schadloserklärung, welche den Bürgschaftsrahmen, der für Revalutierungen eingehalten werden müsse, sprengte. Das WBF wurde gebeten, mit der Bank Kontakt aufzunehmen, um diese von der gewünschten Revalutierung zu überzeugen.169

165 166

Vgl. Botschaft, Ziffer 21, S. 20.

Artikel 8 Absatz 2 des Bundesgesetzes über die Seeschifffahrt unter der Schweizer Flagge vom 23. Sept. 1953 (SR 747.30).

167 Im Rahmen der von der Arbeitsgruppe zum vorliegenden Bericht durchgeführten Verwaltungskonsultation führte der ehemalige Stabschef des BWL aus, dass das SSA die Eigenmittel der Reedereigruppe B rechtlich falsch eingeschätzt und letztlich von der angedrohten Löschung der Reedereigruppe B aus dem Register der schweizerischen Seeschiffe abgesehen habe. In seiner Konsultationsantwort hat das SSA der Begründung des ehemaligen Stabschefs widersprochen: «In Art. 5e Abs. 3 der Seeschifffahrtsverordnung (SR 747.301) sind die Eigenmittel für Seeschiffe klar definiert. Gemäss der dort enthaltenen Definition gelten Darlehen mit Rangrücktritt nicht als Eigenmittel. Es trifft somit nicht zu, dass die Beurteilung des SSA und des Stellvertretenden Direktors BWL nicht korrekt war. [...] Der Verzicht auf den Rückzug des Seebriefes gemäss Art. 27 Abs. 2 des Seeschifffahrtsgesetzes (SR 747.30) erfolgte damals aus anderen Gründen (die Eigenmittelvorschriften waren mittlerweile wieder erfüllt worden).» 168 Informationsnotiz des BWL vom 23. Juni 2015 an das WBF, S. 1 f.

169 Informationsnotiz des BWL vom 24. Juni 2015 an das WBF, S. 1 f.

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b) Ab Juni 2015 eingeleitete Massnahmen des WBF Der Vorsteher des WBF teilte mit, er habe aufgrund einer Analyse der vorgenannten Informationsnotizen vom 23. und 24. Juni 2015 folgende Entscheide getroffen (nachfolgend Ziff. 1­3):170 1) Vermeidung des ungeordneten Zusammenbruchs Der Entscheid des WBF, einen ungeordneten Zusammenbruch171 zu vermeiden, bezieht sich auf die Krisenbewältigung und die Verhinderung eines Totalverlustes für den Bund. Der Entscheid betrifft insbesondere den Verkaufsprozess, welcher Teil des Oberaufsichtsmandats der FinDel ist. Entsprechend haben die GPK der FinDel mitgeteilt, dass sie aufgrund der laufenden Arbeiten der FinDel in diesem Bereich auf die Prüfung dieses Prozesses verzichten172, das Thema wird hier aus diesem Grund nicht weiter vertieft.

2) Überprüfung der Politik betr. Hochseeschifffahrts-Bürgschaften Der Bundesrat beauftragte das WBF am 1. Juli 2015 ­ auf dessen Antrag hin ­ die «Politik zur Sicherstellung eines ausreichenden Bestands an Hochseeschiffen unter Schweizer Flagge und dabei namentlich das Instrument der Bürgschaft zu überprüfen».173 Am 18. Dezember 2015 wurde das WBF beauftragt, bis im Dezember 2016 eine Überprüfung der Flottenpolitik des Bundes vorzunehmen. Gestützt auf einen entsprechenden Bericht174 des WBF entschied der Bundesrat am 21. Dezember 2016, die «stark reduzierte versorgungspolitische Bedeutung der Schweizer Flotte» zu berücksichtigen und der Bundesversammlung entsprechend keine Erneuerung des Bürgschaftsrahmenkredits zu unterbreiten.175 3) Untersuchung betr. Krise bei Hochseeschifffahrts-Bürgschaften Der Vorsteher des WBF entschied weiter, die Krise betr. die HochseeschifffahrtsBürgschaften untersuchen zu lassen, dies bildete die Grundlage für die Durchführung der Administrativuntersuchung durch die EFK. Diese Untersuchung behandelte insbesondere die Prüfung der Korrektheit der Verfahren und Prozesse im BWL betr.

die Hochseeschifffahrts-Bürgschaften.

Der Vorsteher des WBF teilte mit, die EFK habe eine vorherige Untersuchung für das WBF zu seiner Zufriedenheit erledigt, und aufgrund dieser Erfahrung habe das WBF entschieden, ihr den Auftrag für die Durchführung der Administrativuntersuchung zu erteilen. Sowohl der Vorsteher des WBF wie auch der Generalsekretär des WBF gaben zudem an, dass dieser Entscheid auch von finanziellen Überlegungen abhing, denn aufgrund einer früheren externen Untersuchung im WBF sei das Geld 170 171 172 173 174

175

Schreiben des WBF vom 20. Okt. 2017, S. 3.

Gemeint ist die Zahlungsunfähigkeit bestimmter Reedereien und der daraus allenfalls folgende Totalverlust für den Bund (Schreiben des WBF vom 20. Okt. 2017, S. 3).

Schreiben der GPK an die FinDel vom 25. Sept. 2017.

Schreiben des WBF vom 20. Okt. 2017, S. 4 f.

WBF: Bericht zur versorgungspolitischen Bedeutung der Hochseeschifffahrt, 21. Dez. 2016, www.admin.ch > Dokumentation > Medienmitteilungen > Bundesrat erneuert Rahmenkredit zur Förderung der Schweizer Hochsee-Flotte nicht (Stand: 19. Dez. 2017).

Schreiben des WBF vom 20. Okt. 2017, S. 4 f.

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für eine weitere, externe Administrativuntersuchung knapp gewesen. 176 Auf die Administrativuntersuchung der EFK wird bei Ziffer 4.4 zurückzukommen sein.

4) Weiteres Der Vorsteher des WBF teilte mit, er habe aufgrund der festgestellten internen personellen Schwierigkeiten177 am 9. Juli 2015 beschlossen, die strategische Verantwortung bezüglich der «Projekte Hochseeschiffe» sowie zur Überprüfung der Politik betr. Hochseeschifffahrts-Bürgschaften dem Generalsekretär des WBF und die operative Verantwortung zum Geschäft Hochseeschifffahrt dem stv. Direktor des BWL anzuvertrauen. Im Zuständigkeitsbereich der Delegierten 2006­2015 sei der Abschluss der Landesversorgungsgesetzesrevision verblieben. Der Arbeitsvertrag mit der Delegierten sei auf Ende 2015 beendet worden.178 Die Delegierte 2006­2015 betonte, ihr sei im Juni 2015 betr. die Hochseeschifffahrt nicht die Verantwortung entzogen worden, diese habe sie auch zuvor nicht gehabt.179 Aus den Protokollen der Amtssitzungen nach Juni 2015 geht hervor, dass die Hochseeschifffahrt seither zwischen dem WBF und dem BWL diskutiert wird.

Das Risikoreporting des BWL erfuhr nach Ausbruch der Krise, insbesondere im Jahr 2016, Anpassungen.180 Ein Vertreter der EFV gab anlässlich seiner Anhörung an, die Sensibilität für das Risikomanagement sei «an der Departementsspitze» gestiegen.181 Der Vorsteher des WBF teilte mit, dass nun aus den Riskmaps der Ämter eine Departements-Riskmap erstellt werde, welche nochmals diskutiert und abgewogen werde. Die Diskussionen seien gründlicher als früher.182 Überdies wurden weitere Instrumente wie das «Reporting Marktbeobachtung» und eine «Wochenberichterstattung» eingeführt.183 Die Wochenberichterstattung wurde im Juni 2016 lanciert. Sie wird vom BWL erstellt, vom GS-WBF ergänzt und richtet sich an den Departementsvorsteher. Sie stellt hinsichtlich der von der Krisenbewältigung betroffenen Reedereien eine Übersicht zum Stand der Arbeiten dar.184 Das Reporting Marktbeobachtung ist eine Massnahme des BWL und ergibt sich aus den EFK-Empfehlungen gemäss Administrativuntersuchungsbericht (vgl. zur Umsetzung der EFK-Empfehlungen unten Bst. c).

Der Bundesrat wurde ab Juni 2015 mehrmals vom WBF über die Hochseeschifffahrt informiert (dazu mehr bei Ziff. 3.2).

176 177

178

179 180 181 182 183 184

Protokoll der Anhörung des Vorstehers des WBF, S. 9; Protokoll der Anhörung des Generalsekretärs des WBF, S. 8.

Der Vorsteher des WBF bezieht sich hier insbesondere auf eine Aktennotiz des GS-WBF vom 8. Juli 2015, in welcher unterschiedliche Sichtweisen des stv. Direktors und der damaligen Delegierten für wirtschaftliche Landesversorgung zum Ausdruck kommen.

Schreiben des WBF vom 20. Okt. 2017, S. 5 f.; Schreiben des WBF vom 30. Nov. 2017, S. 3. Der Vorsteher des WBF präzisierte im Rahmen seiner Anhörung sinngemäss, dass er die frühzeitige Beendigung des Arbeitsvertrages beschlossen hatte (Protokoll der Anhörung des Vorstehers des WBF, S. 9).

Protokoll der Anhörung der Delegierten 2006­2015, S. 12.

Risikoreporting des BWL 2015 und 2016.

Protokoll der Anhörung der Vertreter der EFV, S. 4.

Protokoll der Anhörung des Vorstehers des WBF, S. 6.

Schreiben des WBF (Aktenverzeichnis) vom 20. Okt. 2017, S. 1.

Schreiben des WBF (Aktenverzeichnis) vom 20. Okt. 2017, S. 3.

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c) Eingeleitete Massnahmen zur Umsetzung der Empfehlungen der Administrativuntersuchung Im November 2016185 legte die EFK dem WBF den Administrativuntersuchungsbericht vor, welcher mehrere Empfehlungen an das Departement enthält. Der Bericht der EFK wurde bisher nicht veröffentlicht. Diese Empfehlungen betreffen u.a. die Aufsicht des Amtes in Bezug auf die Bürgschaften, die rechtlichen Rahmenbedingungen sowie die internen Abläufe im BWL. Ausserdem beziehen sich die Empfehlungen der EFK auch auf personelle Belange, insbesondere auf die Führung des Amtes und auf die Position des stv. Direktors.186 Der Vorsteher des WBF ist mit den Empfehlungen einverstanden und ordnete deren Umsetzung an.187 Anlässlich der Anhörung vom 17. August 2017 präsentierten der Generalsekretär des WBF und der aktuelle Delegierte für wirtschaftliche Landesversorgung188 der Arbeitsgruppe den Stand der Umsetzung dieser Empfehlungen. Der Generalsekretär des WBF teilte mit, dass das Departement den Auftrag erteilt habe, alle Empfehlungen der EFK umzusetzen. Der Departementsvorsteher werde hinsichtlich der Umsetzung monatlich informiert, hinzu käme eine Wochenberichterstattung.189 Der Delegierte orientierte die Arbeitsgruppe darüber, dass zur Umsetzung der Empfehlungen des Administrativuntersuchungsberichts eine Projektorganisation gebildet worden sei. Die Umsetzung der Empfehlungen sei auf mehrere Teilprojekte aufgeteilt worden. Der Zeitplan zur Umsetzung bis Mitte 2017 habe eingehalten werden können. Zur den umgesetzten Massnahmen gehörte u.a. die Erarbeitung eines «Handbuches Hochseeschifffahrt», eine Anpassung der Verordnung über die Verbürgung von Darlehen zur Finanzierung schweizerischer Hochseeschiffe 190, die Ergänzung des internen Kontrollsystems, die Schaffung einer Stelle «Recht & Compliance» sowie eine prozedurale Regelung der Nachweisdokumentation.191

3.2

Information des Gesamtbundesrates

In diesem Kapitel soll dargestellt werden, ab welchem Zeitpunkt und inwiefern das WBF den Bundesrat über die Vorkommnisse bei der Hochseeschifffahrt informierte.

Wie oben bei Ziffer 3.1 wird auch hier der Zeitraum ab 2009 betrachtet. In Ziffer 3.1 185

186

187 188 189 190 191

Nachdem von einem Journalisten betr. den Bericht ein Zugangsgesuch gestützt auf das BGÖ gestellt wurde und mehrere vom Administrativuntersuchungsbericht betroffene Personen im Rahmen eines Anhörungsverfahrens beim Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) Anträge zur Anpassung des Berichts gestellt hatten, wurde letzterer durch die EFK teilweise angepasst. Entsprechend datiert die definitive Version des Berichts auf den 4. April 2017 (in der Folge: Administrativuntersuchungsbericht).

Administrativuntersuchungsbericht, S. 49. Der Delegierte des WBF teilte der EFK am 18. Okt. 2016 mit, dass er dem stv. Direktor des BWL vertraue und diesen für fähig halte, seine Arbeit weiter wahrzunehmen. Auch der Vorsteher des WBF teilte sinngemäss mit, er vertraue dem stv. Direktor (Protokoll der Anhörung des Vorstehers des WBF, S. 19).

Protokoll der Anhörung des Generalsekretärs des WBF, S. 3.

Der Delegierte nimmt seine Funktion seit Januar 2016 wahr.

Protokoll der Anhörung des Generalsekretärs des WBF, S. 3 (vgl. Ziff. 4).

Verordnung vom 14. Juni 2002 über die Verbürgung von Darlehen zur Finanzierung schweizerischer Hochseeschiffe (SR 531.44).

Protokoll der Anhörung des Delegierten, S. 5 f.

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wurde eine Einteilung des Sachverhalts in zwei Phasen (2009 bis Juni 2015; Juni 2015 bis 2017) vorgenommen. Von einer solchen Einteilung kann hier abgesehen werden, da das WBF den Bundesrat vor Juni 2015 nicht über Probleme in der Hochseeschifffahrt orientiert hatte.

Der Generalsekretär des WBF gab gegenüber der Arbeitsgruppe an, der Bundesrat sei nach Bekanntwerden der Problematik betr. die Hochseeschifffahrt im Juni 2015 umgehend mündlich orientiert worden.192 In der Folge sei die Verordnung über die Verbürgung von Darlehen zur Finanzierung schweizerischer Hochseeschiffe 193 innert einer Woche geändert worden, «um den unmittelbaren Zusammenbruch der Gesellschaften zu verhindern»194 (das WBF stellte dafür einen entsprechenden Antrag an den Bundesrat)195. Fortan sei der Bundesrat über alle wesentlichen Veränderungen bei den Reedereien informiert worden.196 Dabei sei jeweils eine Interessenabwägung vorgenommen worden. Sinngemäss teilte der Generalsekretär betr.

diese Interessenabwägung mit, das WBF habe den Bundesrat zwar jeweils informiert, aber (wie bei der Information an die FinDel) jeweils darauf geachtet, nicht zu viele Informationen bekannt zu machen, um allfälligen Indiskretionen vorzubeugen.

Wären bestimmte Informationen publik geworden, hätten Gläubiger der Reedereien einzelne Schiffe «verarrestieren»197 können, was zu einem Bankrott der jeweiligen Gesellschaft und zum Totalverlust beim Bund geführt hätte; ausserdem hätten die Schiffe dann teilweise nicht verkauft werden können.198 Die Unterlagen des WBF zeigen, dass der Bundesrat nach Ausbruch der Krise im Juni 2015 vom WBF mehrmals informiert wurde. Dabei ging es im Juni 2015 zunächst um den oben erwähnten Antrag an den Bundesrat i.S. Änderung der Verordnung betr. die Hochseeschifffahrts-Bürgschaften, welchen der Bundesrat genehmigte.199 Ausserdem beantragte das WBF am 1. Juli 2015 dem Bundesrat, die «Politik zur Sicherstellung eines ausreichenden Bestandes an Hochseeschiffen unter Schweizer Flagge und dabei namentlich das Instrument der Bürgschaft zu überprüfen». 200 Auch dieser Antrag wurde vom Bundesrat gutgeheissen.201 Mit Informationsnotiz 192 193 194 195 196 197

198

199

200 201

Protokoll der Anhörung des Generalsekretärs des WBF, S. 13.

Verordnung vom 14. Juni 2002 über die Verbürgung von Darlehen zur Finanzierung schweizerischer Hochseeschiffe (SR 531.44).

Protokoll der Anhörung des Generalsekretärs des WBF, S. 13.

Antrag des WBF vom 30. Juni 2015.

Das WBF bestätigt diese Ansicht im Schreiben (Aktenverzeichnis) vom 20. Oktober 2017 an die GPK (S. 5).

Der Arrest ist eine Sicherungsmassnahme, aufgrund welcher der Schuldner der betreffenden Forderung vorderhand nicht mehr über den verarrestierten Vermögenswert verfügen kann.

Protokoll der Anhörung des Generalsekretärs des WBF, S. 13 f. Der Generalsekretär teilte hierzu mit, dass z.B. im Falle der Abschaltung des Motors eines verarrestierten Schiffes das Öl in den Leitungen gerinnen würde und dadurch alle Leitungen ausgebaut werden müssten (Protokoll der Anhörung des Generalsekretärs des WBF, S. 13 f.).

Beschluss des Bundesrates vom 1. Juli 2015, Ziffer 1. Das WBF teilte hierzu mit, bei dieser Revision sei es um eine neue Regelung betr. Revalutierung und die (ausnahmsweise) zu erteilenden Verlängerungen der Laufzeiten der verbürgten Kredite durch den Bund gegangen (Schreiben des WBF vom 20. Okt. 2017, S. 3).

Beschluss des Bundesrates vom 1. Juli 2015, Ziffer 2; Schreiben des WBF vom 20. Okt. 2017, S. 4 f.

Beschluss des Bundesrates vom 1. Juli 2015, Ziffer 2. Dieser Auftrag zur Überprüfung mündete in den bereits erwähnten Bericht des WBF vom 21. Dezember 2016.

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vom 2. Mai 2016 wurde der Bundesrat über die geplante Durchführung der Administrativuntersuchung informiert, anschliessend im November 2016 über den Stand der Administrativuntersuchung und dessen Ergebnisse.202 Zudem wurde der Bundesrat vom WBF ab Juni 2015 verschiedentlich über die Entwicklung der Reedereien mit finanziellen Schwierigkeiten und ab Dezember 2016 laufend über den beabsichtigten Verkauf orientiert.203

3.3

Führung / Aufsicht des EDA betr. das SSA

Die GPK haben beschlossen, im Rahmen dieser Inspektion auch die Führung bzw.

Aufsicht des EDA über das SSA, welches organisatorisch zur Direktion für Völkerrecht (DV) gehört, zu untersuchen.204 Entsprechend wird der Informationsfluss innerhalb des EDA bzw. die Aufsicht des EDA über das SSA hier kurz dargelegt.

Ausserdem wird die Zusammenarbeit des SSA mit dem BWL thematisiert. 205 Die GPK haben im Übrigen Kenntnis vom Bericht der EFK vom 28. Februar 2017 betr. das SSA genommen, welchem sie nichts beizufügen haben.206

3.3.1

Aufsicht des EDA über das SSA

Die stv. Generalsekretärin des EDA teilte hinsichtlich des Informationsflusses innerhalb des EDA Folgendes mit: Das SSA werde von der DV eng geführt und der Leiter des SSA sei gehalten, den Direktor der DV über allfällige Probleme zeitgerecht zu informieren. Die DV ihrerseits habe dieselbe Pflicht gegenüber dem Generalsekretariat des EDA sowie gegenüber dem Vorsteher des EDA, und dementsprechend habe sich die DV auch verhalten. Die stv. Generalsekretärin des EDA wies auch darauf hin, dass sich das EDA, sein Generalsekretär und der Departementsvorsteher «im Zuge der regelmässigen Information im Bundesrat regelmässig erkundigt hätten und über den Stand der Dinge informiert worden seien. Die stv. Generalsekretärin des EDA teilte mit, der Direktor des SSA komme wöchentlich für «Sitzungen, die einem generellen Informationsaustausch dienen», nach Bern.207

202 203

204 205 206

207

Informationsnotiz des WBF vom 2. Mai 2016, Ziffer 4; Aussprachepapier des WBF vom 8. Nov. 2016, Ziffer 5.

Vgl. dazu bspw. folgende Unterlagen: Informationsnotizen des WBF vom 17. Aug. 2015, 10. Nov. 2015, 29. Aug. 2016, 29. Sept. 2016; Aussprachepapier des WBF vom 14. Dez. 2016; Informationsnotizen vom 31. Jan. 2017, 9. März 2017 und 22. Mai 2017.

Vgl. Ziffer 1.2.

Vgl. Ziffer 3.3.2.

Eidgenössische Finanzkontrolle: Audit de l'octroi et de l'accompagnement de l'enregistrement de la flotte commerciale battant pavillon suisse ­ Direction du droit international public (DFAE), 28. Feb. 2017 (nur auf Französisch), www.efk.admin.ch > Publikationen > Beziehungen im Ausland (Stand: 29. Jan. 2018).

Protokoll der Anhörung der stv. Generalsekretärin des EDA, S. 2.

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Der Leiter des SSA gab gegenüber den GPK an, dass das SSA betr. die Hochseeschifffahrt normalerweise bilaterale Gespräche mit dem Direktor der DV gehabt habe. Die DV sei somit über «die Vorgänge» orientiert worden und das SSA habe diesbezüglich auch heute noch engen Kontakt mit der DV.208

3.3.2

Künftige Zusammenarbeit BWL ­ SSA

Die Zusammenarbeit zwischen dem BWL und dem SSA ist grundsätzlich nicht Gegenstand dieser Untersuchung, da sich bereits die FinDel dieser Thematik annimmt.209 Weil die GPK in dieser Sache aber gewisse Informationen erhalten haben, äussern sie sich dennoch kurz dazu, beschränken sich aber auf die folgenden Ausführungen.

So haben die GPK erfahren, dass das SSA und das BWL im August 2017 zwecks Etablierung eines gemeinsamen Aufsichtskonzepts eine Kooperationsvereinbarung erarbeitet haben. Hintergrund dieser Vereinbarung war eine entsprechende Empfehlung der EFK vom 28. Februar 2017.210 Diese Kooperationsvereinbarung nennt folgende Elemente als Ziel der Vereinbarung: Die «massgebliche» Erhöhung der «Inspektionsfrequenz» und die verbindliche Regelung der Zusammenarbeit von SSA und BWL.211 In der Kooperationsvereinbarung ist vorgesehen, dass die beiden Ämter ihre Inspektionsberichte besprechen und Massnahmen erst nach Rücksprache mit dem jeweils anderen Amt verfügen. Weiter soll das SSA das BWL über «flaggenrechtlich relevante Ereignisse», die ein durch Hochseeschifffahrts-Bürgschaften finanziertes Schiff betreffen, informieren.212 Die stv. Generalsekretärin des EDA gab bei ihrer Anhörung an, dass die Zuständigkeiten der beiden Ämter unterschiedlich seien, dass aber ein Austausch stattfinde.

Hinsichtlich der Krise betr. die Hochseeschifffahrts-Bürgschaften sei das BWL bzw.

das WBF zuständig gewesen. In Bezug auf das erforderliche Eigenkapital der Reedereien wies sie darauf hin, dass das SSA bei Feststellung von Mängeln zwar den Seebrief213 entziehen könne, aber dadurch würde ein Schiff sofort «verarrestiert», was den Bundesinteressen zuwiderlaufen würde. Denn damit würden alle Bemühungen des WBF zur Abwendung der Krise und Begrenzung des Schadens zunichtegemacht.214 Der Leiter des SSA teilte diese Einschätzung sinngemäss und fügte an, dass sich der Bundesrat durch den Erlass der Verordnung über die Hochseeschifffahrts-Bürgschaften «in Geiselhaft der Reedereien begeben» habe, weil diese Verordnung die Sanktionsmöglichkeiten des SSA «de facto ausser Kraft» setze. 215 Er fügte an, er habe sowohl die DV wie auch das BWL über diese Problematik orien208 209 210 211 212 213 214 215

Protokoll der Anhörung des Leiters des SSA, S. 6.

Vgl. Ziffer 1.2.

Prüfbericht der EFK vom 28. Feb. 2017, S. 19.

Kooperationsvereinbarung zwischen dem BWL und dem SSA vom 29. bzw.

31. Aug. 2017 (unveröffentlicht), S. 1, in der Folge: Kooperationsvereinbarung.

Kooperationsvereinbarung, Ziffer 3.2, Buchstabe e, S. 2.

Der Seebrief stellt den Fahrzeugausweis für Schiffe dar und ohne diesen darf ein Schiff nicht unter Schweizer Flagge in Betrieb sein.

Protokoll der Anhörung der stv. Generalsekretärin des EDA, S. 1 f.

Protokoll der Anhörung des Leiters des SSA, S. 4.

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tiert, wobei der Stabschef 1991­2012 entgegengehalten habe, dass das SSA zur Lösung dieser Problematik «die Eigenmittel abschaffen» solle. Der Leiter des SSA hielt es für unrealistisch, mit einem Gesetzesrevisionsanliegen (Abschaffung des erforderlichen Eigenkapitals) an das Parlament zu gelangen. Ausserdem hätte dieses der Vorlage aus seiner Sicht vermutlich nicht zugestimmt. 216

3.4

Rolle der EFK

3.4.1

Einleitung

Erteilung des Untersuchungsauftrages Am 20. Mai 2016 eröffnete die EFK gestützt auf den vom Vorsteher des WBF am 9. Mai 2016 dargelegten Untersuchungsgegenstand die bereits erwähnte Administrativuntersuchung.217 Die EFK schloss ihre Prüfhandlungen bis zum 30. Juni 2016 ab.218 Beauftragt mit der Administrativuntersuchung wurde formell die stv. Direktorin der EFK.219 Die EFK-Vertreter präzisierten an der Anhörung vom 17. August 2017, dass die Administrativuntersuchung unter der Gesamtleitung der stv. Direktorin der EFK gestanden habe und durch den Direktor der EFK überwacht worden sei.220 Aus dem Untersuchungsauftrag des WBF geht im Weiteren Folgendes hervor: Die Beauftragte habe ihre Kompetenzen im Rahmen der Administrativuntersuchung «unabhängig» auszuüben.221 Die Beauftragte wickle den Untersuchungsauftrag «im Rahmen ihrer Tätigkeit und des ordentlichen Budgets der EFK ab». 222 Hinsichtlich der Kommunikation über die Administrativuntersuchung sieht der Untersuchungsauftrag folgendes vor: «Die Kommunikation über die Administrativuntersuchung ist Sache des GS WBF. Die EFK stimmt die Kommunikation der Ergebnisse im Bericht gemäss Finanzkontrollgesetz (FKG) mit dem GS WBF ab.»223 Bezüglich der anwendbaren Rechtsbestimmungen heisst es im Untersuchungsauftrag: «Ergänzend gelten ­ soweit nicht die einschlägigen Bestimmungen zur Durchführung der Administrativuntersuchung zur Anwendung kommen ­ das Finanzkontrollgesetz und die dazugehörigen Rechtserlasse.»224 Der Direktor der EFK genehmigte den Untersuchungsauftrag.225

216 217 218 219 220 221 222 223

Protokoll der Anhörung des Leiters des SSA, S. 5.

Administrativuntersuchungsbericht, Ziffer 1.1., S. 4 ff.

Administrativuntersuchungsbericht, Ziffer 2.1, S. 7.

Untersuchungsauftrag des WBF vom 7. Mai 2016, S. 1.

Protokoll der Anhörung der Vertreter der EFK vom 17. Aug. 2017, S. 5.

Untersuchungsauftrag des WBF vom 7. Mai 2016, Ziffer 4, S. 3.

Untersuchungsauftrag des WBF vom 7. Mai 2016, Ziffer 6, S. 3.

Untersuchungsauftrag des WBF vom 7. Mai 2016, Ziffer 10, S. 4.Überdies sieht Ziffer 7 des Untersuchungsauftrages Folgendes vor: «Die Beauftragte hat das Recht, in Zusammenhang mit der Untersuchung jederzeit mit weiteren Personen des Auftraggebers sowie mit Dritten in Kontakt zu treten.» 224 Untersuchungsauftrag des WBF vom 7. Mai 2016, Ziffer 13, S. 4.

225 Untersuchungsauftrag des WBF vom 7. Mai 2016, S. 5.

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Untersuchungsgegenstand Die Administrativuntersuchung sollte verschiedene Fragen rund um die Hochseeschifffahrts-Bürgschaften klären. Dabei ging es insbesondere um die Frage, wie das BWL die Voraussetzungen für die Gewährung von Bürgschaften geprüft hatte bzw.

wie mit allfälligen kritischen Ereignissen verfahren wurde.226 Die GPK nahmen den Administrativuntersuchungsbericht im August 2017 zur Kenntnis. Auf dieser Basis ergaben sich für die Kommissionen einige Fragen in Bezug auf das Vorgehen und die Rolle der EFK. Dabei standen die beiden folgenden Fragen im Vordergrund: ­

Rechtliches Gehör: Weshalb wurden der Stabschef 1991­2012 (dessen Verhalten sehr negativ beurteilt wurde) und die Delegierte 2006­2015 (auch die Beurteilung ihres Verhaltens fiel negativ aus, ausserdem ist sie die oberste verantwortliche Person im BWL), die im Bericht namentlich erwähnt wurden, nicht in die Untersuchung einbezogen und angehört, während andere Personen, deren Beurteilung weniger negativ ausfällt, befragt wurden?

­

Unabhängigkeit der Prüfinstanz: Wie verhält es sich ­ vor dem Hintergrund zweier Prüfungen der EFK betr. das BWL in den Jahren 2010 und 2014 ­ mit der Unabhängigkeit der Personen seitens der EFK, welche an der Administrativuntersuchung mitgewirkt haben?

Die Kommissionen werden sich in der Folge eingehend mit diesen beiden Fragen auseinandersetzen.

3.4.2

Rechtliches Gehör

Die EFK konsultierte für die Durchführung der Untersuchung verschiedene Unterlagen und hörte mehrere Personen an.227 Nach Abschluss der Administrativuntersuchung stellten mehrere Personen gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz (BGÖ)228 beim WBF ein Gesuch um Zugang zu diesem Bericht. Im Rahmen des BGÖ-Zugangsverfahrens erhielten vier Personen, die persönlich im Administrativuntersuchungsbericht erwähnt werden, durch das WBF die Gelegenheit, sich zur Frage des Zugangs zu äussern. Drei dieser Personen äusserten sich zur Sache und teilten mit, sie lehnten den Zugang zum Bericht ab; überdies verlangten sie auch eine umfassende Berichtigung des Berichts. U.a. wurde vorgebracht, die EFK hätte im Rahmen der Administrativuntersuchung das recht-

226 227 228

Administrativuntersuchungsbericht, Ziffer 1.3­1.4, S. 5 f.; Ziffer 2.1, S. 7.

Vgl. Ziffer 3.4.1.

Bundesgesetz vom 17. Dez. 2004 über das Öffentlichkeitsprinzip der Verwaltung (Öffentlichkeitsgesetz, BGÖ; SR 152.3).

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liche Gehör verletzt. Die EFK nahm anschliessend einige Anpassungen und Ergänzungen vor, wobei diese gemäss der EFK deren Bewertungen nicht beeinflussten.229 Die EFK gab im Administrativuntersuchungsbericht an, eine solche Untersuchung richte sich nicht gegen Personen, sondern habe abzuklären, ob ein Sachverhalt vorliege, welcher ein Einschreiten von Amtes wegen aus öffentlichen Interessen gebiete.230 Weiter teilte sie im Bericht sinngemäss mit, dass es sich beim Stabschef 1991­2012 und der Delegierten 2006­2015 um ehemalige Bundesangestellte handle, bei denen keine disziplinarrechtlichen Schritte eingeleitet werden könnten, weshalb auf den Einbezug dieser Personen verzichtet worden sei. 231 Bei der Anhörung vom 17. August 2017 teilten die Vertreter der EFK mit, die EFK habe im Rahmen der Administrativuntersuchung zur Frage, wem rechtliches Gehör zu gewähren sei, u.a.

ein auf Administrativuntersuchungen spezialisiertes Anwaltsbüro beigezogen. 232 An der Anhörung vom 22. Januar 2018 ergänzten die EFK-Vertreter, dass für sie klar gewesen sei, dass sie in der Administrativuntersuchung nur «Personal des BWL» befragen würden, die rechtliche Zulässigkeit dieses Vorgehens sei abgeklärt worden.233 An dieser Stelle ist noch auf Folgendes hinzuweisen: Mit Schreiben vom 27. September 2017 (deutsche Übersetzung: 25. Oktober 2017) an die Arbeitsgruppe hatte die EFK hinsichtlich der Gewährung des rechtlichen Gehörs in Administrativuntersuchungen Bezug auf ein «Rechtsgutachten» einer Anwaltskanzlei genommen und diesbezüglich auf den «Anhang 2» dieses Schreibens verwiesen. Es fand sich in den Anhängen zu diesem Schreiben jedoch kein Rechtsgutachten. Die EFK-Vertreter teilten an der Anhörung vom 22. Januar 2018 mit, dass es kein solches Rechtsgutachten dieser Anwaltskanzlei gebe, sondern nur eine «Notiz». Diese datiert auf den 15. März 2017 und wurde den GPK im Anschluss auf Anfrage nachgereicht. 234 Nach der Einreichung eines Zugangsgesuches betr. den Administrativuntersuchungsbericht der EFK beauftragte das WBF die EFK um eine Prüfung der darin enthaltenen Vorbringen und die Umsetzung allfälliger Anpassungen im Bericht. Mit Schreiben vom 4. April 2017 nahm die EFK dazu Stellung und machte auch verschiedene Ausführungen zum rechtlichen Gehör.235 Sie teilte dem Departement u.a.

229

230 231 232 233 234

235

Eidgenössischer Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragter: Empfehlung nach Art. 14 des Öffentlichkeitsgesetzes betr. Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung WBF/Eidgenössische Finanzkontrolle EFK, 26. Sept. 2017, Ziffer 2 ff., www.edoeb.admin.ch > Öffentlichkeitsprinzip > Empfehlungen > 2017 (Stand: 18. Jan.

2018).

Administrativuntersuchungsbericht, Ziffer 1.2., S. 4.

Administrativuntersuchungsbericht, Ziffer 2.4, S. 8. Mit Schreiben vom 27. September 2017 an die GPK nahm die EFK zur Frage des rechtlichen Gehörs ergänzend Stellung.

Protokoll der Anhörung der Vertreter der EFK vom 17. Aug. 2017, S. 4.

Protokoll der Anhörung der Vertreter der EFK vom 22. Jan. 2018, S. 4. Mit dieser Abklärung ist vermutlich der oben erwähnte Beizug der Anwaltskanzlei gemeint.

Die EFK hat sich in der Verwaltungskonsultation zum vorliegenden Bericht dahingehend geäussert, dass sie die Unterscheidung zwischen einem Rechtsgutachten und einer von einer Anwaltskanzlei innerhalb eines Verfahrens verfassten schriftlichen Notiz für sehr theoretisch erachtet.

Die EFK-Vertreter teilten diesbezüglich mit, sie hätten hierbei eine Anwaltskanzlei mit der entsprechenden rechtlichen Frage beauftragt und die daraus resultierende Notiz der Kanzlei validiert und im Schreiben an das WBF anschliessend genau übernommen. (Protokoll der Anhörung der Vertreter der EFK vom 22. Jan. 2018, S. 4).

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mit, gemäss Artikel 27g Absatz 1 RVOV i.V.m. Artikel 12 VwVG gäbe es bloss die Möglichkeit der Befragung von Dritten, aber keine Pflicht. Die Frage, wer im Rahmen einer Administrativuntersuchung befragt werde, liege im Ermessen des Untersuchungsorgans. Vorliegend gehe es um eine sachbezogene Untersuchung, in welcher keine Teilnahmerechte seitens der Angestellten des Bundes bestünden und somit erst recht nicht seitens ehemaliger Angestellter. 236 Diese Darstellung hinsichtlich sachbezogener Untersuchungen bekräftigte die EFK mit Schreiben vom 27. September 2017237 an die GPK.238 Allerdings teilten die EFK-Vertreter bei der Anhörung vom 17. Aug. 2017 mit, dem stv. Direktor des BWL habe das rechtliche Gehör gewährt werden müssen.239 Im Schreiben vom 27. September 2017 an die GPK teilte die EFK überdies mit, die Gewährung des rechtlichen Gehörs hätte «das laufende Strafverfahren erheblich beeinträchtigt, weshalb die EFK beschlossen habe, auf eine Anhörung zu verzichten.240 Hintergrund dieses «Strafverfahrens» bildet eine Strafanzeige der EFK vom 6. Juni 2016 bei der Bundesanwaltschaft (BA) u.a. gegen den Stabschef 1991­2012 i.Z.m. den Hochseeschifffahrts-Bürgschaften. Die EFK machte geltend, sie habe diese Anzeige gestützt auf Artikel 22a des Bundespersonalgesetzes (BPG)241 eingereicht. Die EFK-Vertreter nahmen diese Argumentation im Rahmen der Anhörung vom 22. Januar 2018 auf und präzisierten, dass die Untersuchung beeinträchtigt worden wäre, indem z.B. die EFK durch Vorlage von Unterlagen im Rahmen der Gewährung des rechtlichen Gehörs gegenüber dem Stabschef 1991­2012 das «fedpol [recte: die Bundesanwaltschaft] um die Möglichkeit gebracht hätte, das Gleiche zu tun». Ausserdem hätte sich der Stabschef 1991­2012 auf diese Weise eine Verteidigungsstrategie aufbauen können, wodurch die Wirksamkeit der Strafuntersuchung tangiert worden wäre.242 Im Weiteren orientierten die EFK-Vertreter darüber, die EFK habe die Administrativuntersuchung rasch durchführen müssen, die Gewährung des rechtlichen Gehörs an den Stabschef 1991­2012 und die Delegierte 2006­2015 hätte alles sehr verzögert und wäre sehr aufwendig gewesen.243 Zwei der im Untersuchungsbericht erwähnten Personen beantragten im Rahmen des Verfahrens in Sachen Zugangsgesuche gestützt auf das BGÖ, dass der Zugang zu verweigern sei. Sie begründeten ihren
Antrag damit, dass eine Veröffentlichung des Schlussberichts der Administrativuntersuchung sie in schwerwiegender Weise in ihren Persönlichkeitsrechten verletzen würde. Beide beanstanden insbesondere die Sachverhaltsdarstellung im Bericht und eine Person auch explizit, dass ihr das 236 237 238 239 240

Schreiben der EFK an das WBF vom 4. Apr. 2017, S. 3 f.

Deutsche Übersetzung: 25. Oktober 2017.

Schreiben der EFK vom 27. Sept. 2017 (deutsche Übersetzung: 25. Okt. 2017), S. 1.

Protokoll der Anhörung der Vertreter der EFK vom 17. Aug. 2017, S. 4.

Schreiben der EFK vom 27. Sept. 2017 (deutsche Übersetzung: 25. Okt. 2017), S. 1. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die BA im Oktober 2016 im Nachgang zur oben erwähnten Strafanzeige betr. den Stabschef 1991­2012 eine Nichtanhandnahme verfügt hat. Die BA hat der EFK diese Nichtanhandnahme im Oktober 2016 eröffnet.

241 Bundespersonalgesetz vom 24. März 2000 (BPG; SR 172.220.1).

242 Protokoll der Anhörung der Vertreter der EFK vom 22. Jan. 2018, S. 4.

243 Protokoll der Anhörung der Vertreter der EFK vom 22. Jan. 2018, S. 4.

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rechtliche Gehör im Rahmen der Administrativuntersuchung nicht gewährt worden sei244.

In der Folge stellte sich die Frage der Zuständigkeit für den Entscheid über die Zugangsgesuche. Die beiden besagten Personen gelangten schliesslich mit dieser Frage an das Bundesverwaltungsgericht (BVGer), welches am 14. Mai 2018 zwei Zwischenentscheide und ein Urteil fällte.245 Das Gericht entschied, dass das WBF als Auftraggeberin der Administrativuntersuchung über die Zugangsgesuche gestützt auf das BGÖ zu entscheiden habe und nicht die EFK. Bezüglich der seitens der Beschwerdeführenden eingebrachten Anträge ­ namentlich dass die Bearbeitung sämtlicher Daten, die sich auf die Beschwerdeführenden beziehen, zu unterlassen sei bzw. diese Daten zu vernichten seien sowie der Zugang zum Schlussbericht der Administrativuntersuchung zu verweigern sei ­ fällte das BVGer noch keinen Entscheid.

3.4.3

Unabhängigkeit bezüglich des Untersuchungsorgans bei einer Administrativuntersuchung

Als oberstes Finanzaufsichtsorgan des Bundes246 führt die EFK Prüfungen bei verschiedenen Bundesstellen und insbesondere bei der zentralen Bundesverwaltung durch. In diesem Rahmen hat die EFK 2010247 wie auch 2014248 eine Prüfung im BWL durchgeführt.

Prüfung 2010 Im Jahr 2010 prüfte die EFK die «Ordnungs- und Rechtmässigkeit der finanziellen Führung sowie die Kontroll- und Aufsichtsfunktionen der Verwaltungseinheit in den ihr zugeordneten Geschäftsfeldern». Die Prüfung der Aufsichts- und Kontrollfunktionen bezog sich «namentlich» u.a. auf die Hochseeschifffahrt.249 I.d.Z. beurteilte die EFK die finanzielle Führung des BWL wie auch die Ausgestaltung des IKS. Konkret stellten sich der EFK Fragen betr. Ordnungsmässigkeit der Verbuchungen; sachdienliche Führung der zu erstellenden Unterlagen und adäquate Ausgestaltung der Aufsichts- und Kontrollfunktionen für die verschiedenen Ge244 245

246 247

248

249

Zwischenentscheid des Bundesverwaltungsgerichts A-6908/2017 vom 14. Mai 2018, S. 2.

Zwischenentscheide des Bundesverwaltungsgerichts A-6908/2017 und A-7102/2017 vom 14. Mai 2018 sowie Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-6211/2017 vom 14. Mai 2018.

Artikel 1 des Bundesgesetzes über die Eidgenössische Finanzkontrolle vom 28. Juni 1967 (SR 614.0).

Eidgenössische Finanzkontrolle: Prüfung der finanziellen Führung und verschiedener Geschäftsfelder ­ Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung, Sept. 2010, Nr. 10092, veröffentlicht im Juni 2017, www.efk.admin.ch > Publikationen > Wirtschaft und Landwirtschaft (geschwärzte Version; Stand: 9. Jan. 2018), in der Folge: Prüfbericht 2010 der EFK.

Eidgenössische Finanzkontrolle: Examen de la mise en oeuvre de la stratégie pour l'approvisionnement économique du pays ­ Office fédéral pour l'approvisionnement économique du pays, 23. Juni 2014 (nur auf Französisch; unveröffentlicht), in der Folge: Prüfbericht 2014 der EFK.

Prüfbericht 2010 der EFK, S. 4.

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schäftsfelder sowie Umsetzung der Vorgaben in der Praxis.250 Der Untersuchungsgegenstand dieser Prüfung ähnelt also faktisch in Teilen jenem der Administrativuntersuchung.

Die EFK kam u.a. zum Schluss, dass hinsichtlich der Erstellung der Jahresrechnung ein IKS existiere, welches den Vorgaben der EFV entspreche.251 Weiter befand die EFK, dass sich betr. die Hochseeschifffahrt zwar ein finanzielles Risiko ergeben könne, es seien jedoch «zahlreiche Sicherungs- und Kontrollmassnahmen stipuliert», womit der Eintritt der Wahrscheinlichkeit gemäss dem Amt als «selten» eingeschätzt werde.252 Die EFK war der Ansicht, dass betr. die Hochseeschifffahrt «adäquate Massnahmen zur Risikominimierung ausgearbeitet und die Einschätzungen des BWL in Sachen Eintrittswahrscheinlichkeiten [...] als plausibel beurteilt werden» könnten.253 Die Bilanzen und Erfolgsrechnungen der Eignergesellschaften wurden von der EFK «vertieft geprüft». Diesbezüglich habe sich die EFK davon überzeugen können, «dass unmittelbar Massnahmen in die Wege geleitet werden, falls sich aufgrund der Analysen allenfalls finanzielle Probleme abzeichnen (Beispiel: Angespannte Liquidität).» Der Bereich Hochseeschifffahrt werde «professionell und sachdienlich betreut», wobei die «an sich eingespielten Geschäftsabläufe noch nicht schriftlich festgehalten worden» seien. Dies sei jedoch zwingend, u.a., weil der «Kapitän254 der BWL-Hochseeflotte» in knapp zwei Jahren «die Kommandobrücke» verlassen werde. Da der Stabschef der EFK versichert habe, diese Dokumentation sofort zu erstellen, wurde seitens der EFK auf eine entsprechende Empfehlung verzichtet.255 Im Übrigen kam die EFK zum Schluss, dass die Begründung des BWL für die Existenz einer Hochseeflotte unter Schweizer Flagge «schlüssig» sei und ausserdem eine für den Bund «kostengünstige Lösung» darstelle. 256 Die Vertreter der EFK orientierten die GPK sinngemäss darüber, dass diese Prüfung mangelhaft durchgeführt worden sei257: Die Untersuchung sei nicht genügend in die Tiefe gegangen und habe stattdessen oft mit Plausibilisierungen gearbeitet, welche häufig aus Interviews mit dem Stabschef 1991­2012 bestanden hätten. Externe Faktoren wie das damalige wirtschaftliche Umfeld seien nicht berücksichtigt worden.258 Die EFK-Vertreter teilten überdies mit, man habe damals versucht, innert

250 251 252 253 254 255 256 257

258

Prüfbericht 2010 der EFK, S. 4.

Prüfbericht 2010 der EFK, S. 6.

Prüfbericht 2010 der EFK, S. 9.

Prüfbericht 2010 der EFK, S. 10.

Dabei handelt es sich um den Stabschef 1991­2012 (Protokoll der Anhörung der Vorsteherin EVD 2006­2010, S. 3).

Prüfbericht 2010 der EFK, S. 11.

Prüfbericht 2010 der EFK, S. 11.

Die EFK hat in der Verwaltungskonsultation zum vorliegenden Bericht darauf hingewiesen, dass dies auch im Bericht zur Administrativuntersuchung transparent aufgezeigt wurde.

Protokoll der Anhörung der Vertreter der EFK vom 17. Aug. 2017, Ziffer 2.2, S. 4. Auch im Administrativuntersuchungsbericht wird darauf hingewiesen, die Prüfung von 2010 sei zu wenig vertieft worden und habe das wirtschaftliche Umfeld nicht berücksichtigt (Administrativuntersuchungsbericht, S. 7).

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40 Tagen ein ganzes Amt zu durchleuchten, heute gehe die EFK nicht mehr so vor, sondern vertiefe Prüfungen, um eine Situation wie 2010 zu vermeiden. 259 Prüfung 2014 Hierbei überprüfte die EFK die Umsetzung der Strategie für die wirtschaftliche Landesversorgung.260 Es kann angemerkt werden, dass die Hochseeschifffahrt in der Strategie zur wirtschaftlichen Landesversorgung auch erwähnt ist,261 weshalb sich die Prüfung faktisch mitunter auf den Bereich Hochseeschifffahrt bezogen hat. Die EFK teilte diesbezüglich gegenüber den GPK mit, die Hochseeschifffahrt sei bei dieser Prüfung «nicht im Fokus» gestanden.262 Die EFK stellte im Prüfbericht 2014 dar, dass die Aufsichtstätigkeit des BWL hinsichtlich der Hochseeschifffahrt einerseits in Schiffsinspektionen, andererseits in einer Dokumentenanalyse (u.a. betr. den Jahresbericht der Schiffseigentümer, welche eine Bürgschaft erhalten haben) bestehe.263 Weiter hielt die EFK fest, es hätten sich im Rahmen ihrer Prüfung keine Anhaltspunkte ergeben, wonach das Risikomanagement nicht in adäquater Weise wahrgenommen werde. 264 Überdies kam die EFK zum Schluss, der vierjährige Zyklus für den Strategie- und Planungsprozess betr. die wirtschaftliche Landesversorgung enthalte eine Vielzahl von positiven Elementen und die EFK habe nicht feststellen können, dass dieser Zyklus nicht korrekt umgesetzt werde.265 Die EFK wies vor den GPK darauf hin, dass die Ergebnisse der Prüfung 2014 für die Administrativuntersuchung «nicht verwertbar und nicht relevant» gewesen seien, da sich diese Prüfung nicht schwerpunktmässig auf die Hochseeschifffahrt bezogen habe.266 Ergänzend orientierten die EFK-Vertreter darüber, das Risikomanagement sei zwar «auf einem allgemeinen Level» Teil der Prüfung gewesen, vertieft worden seien aber zwei Gebiete, zu welchen die Hochseeschifffahrt nicht dazu gehört habe.267 Weiter gab die EFK im Rahmen der Anhörung vom 17. August 2017 an, ein an der Administrativuntersuchung mitwirkender Prüfer habe auch an der Prüfung 2014 teilgenommen, bei der Administrativuntersuchung jedoch «ein anderes Thema 259

260 261 262 263 264 265 266 267

Protokoll der Anhörung der Vertreter der EFK vom 22. Jan. 2018, S. 3. Die EFK hat in der Verwaltungskonsultation zum vorliegenden Bericht darauf hingewiesen, dass sie ihren Bericht von 2010 im Juni 2017 auf ihrer Website mit folgender Präzisierung veröffentlicht hat: «Aus heutiger Sicht stützt sich diese Aussage auf eine zu wenig tiefgehende Prüfung, die vor allem das wirtschaftliche Umfeld der Hochseeschifffahrt nicht berücksichtigte. Wie in der «Botschaft über den Nachtragskredit für die Honorierung von Bürgschaften an Hochseeschiffen» vom 16. Mai 2017 zu lesen ist, hat die administrative Untersuchung «mögliche Ungereimtheiten» gezeigt, die im Sommer 2016 zu einer Strafanzeige geführt haben. Diese Ungereimtheiten wurden erst nach dem damaligen Revisionszeitpunkt sichtbar».

Prüfbericht 2014 der EFK, S. 5.

Strategische Ausrichtung der wirtschaftlichen Landesversorgung, S. 13.

Protokoll der Anhörung der Vertreter der EFK vom 17. Aug. 2017, S. 4.

Prüfbericht 2014 der EFK, S. 13.

Prüfbericht 2014 der EFK, S. 14.

Prüfbericht 2014 der EFK, S. 2.

Protokoll der Anhörung der Vertreter der EFK vom 17. Aug. 2017, S. 4.

Protokoll der Anhörung der Vertreter der EFK vom 22. Jan. 2018, S. 3.

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geprüft».268 Bei dieser Person handle es sich um einen Subventionsexperten. 269 Bei der Anhörung vom 22. Januar 2018 teilten die EFK-Vertreter sinngemäss mit, der Subventionsexperte habe bei der Prüfung 2014 «eben gerade nicht den Bereich Hochseeschifffahrt» geprüft.270 Er sei der Einzige, der schon einmal hinsichtlich des BWL tätig gewesen sei. Keine der anderen an der Administrativuntersuchung mitwirkenden Personen habe im Rahmen ihrer sonstigen Tätigkeit mit dem BWL und dem Gebiet Hochseeschifffahrt zu tun gehabt.271 Bundesverwaltungsinterne und -externe Administrativuntersuchungen Hinsichtlich der Vergabe von Administrativuntersuchungen an Personen ausserhalb der Bundesverwaltung informierten die EFK-Vertreter an der Anhörung vom 22. Januar 2018 sinngemäss darüber, dass sie Vorteile darin sähen, wenn die EFK (und nicht eine bundesverwaltungsexterne Person) eine Administrativuntersuchung durchführen würde. Als Grund für diese Einschätzung gaben die EFK-Vertreter an, der Auftraggeber könne bei der Vergabe der Administrativuntersuchung an eine externe Person Einfluss nehmen auf deren Ergebnisse, z.B. durch die Fragestellung (im Untersuchungsauftrag).272 Überdies teilten die EFK-Vertreter in der Sache mit, die EFK könne im Gegensatz zu externen Personen als Untersuchungsorgane ihren Administrativuntersuchungsbericht «sofort und ungeschwärzt» an die FinDel weiterleiten. Auch die GPK seien mit dem Administrativuntersuchungsbericht der EFK bedient worden.273

3.5

Lehren aus der Angelegenheit für Bürgschaften und ähnliche Verpflichtungen des Bundes

In diesem Kapitel sollen die möglichen Lehren, welche aus der Angelegenheit um die Hochseeschifffahrts-Bürgschaften gezogen werden können, behandelt werden.

Dabei geht es insbesondere darum, welche weiteren Bürgschaften des Bundes existieren und ob Bürgschaften im Risikomanagement des Bundes adäquat berücksichtigt werden.274

268 269 270 271 272

Administrativuntersuchungsbericht, Ziffer 2.2, S. 7.

Protokoll der Anhörung der Vertreter der EFK vom 17. Aug. 2017, S. 4.

Protokoll der Anhörung der Vertreter der EFK vom 22. Jan. 2018, S. 4.

Protokoll der Anhörung der Vertreter der EFK vom 22. Jan. 2018, S. 6.

Die EFK-Vertreter argumentierten überdies damit, auch über das Budget könne Einfluss genommen werden, ausserdem könne bereits in der Wahl des Experten eine Abhängigkeit gesehen werden (Protokoll der Anhörung der Vertreter der EFK vom 22. Jan. 2018, S. 2).

Die EFK hat in der Verwaltungskonsultation zum vorliegenden Bericht darauf hingewiesen, dass sie mit der Durchführung der Administrativuntersuchung ihre beim BWL bereits geplante Prüfung in einer anderen Form realisieren konnte. Diese Prüfung sei infolge der Meldung von gravierenden Mängeln an den Bundesrat durch die EFK am 19. April 2016 in Anwendung von Art. 15 Abs. 3 FKG zentral gewesen.

273 Protokoll der Anhörung der Vertreter der EFK vom 22. Jan. 2018, S. 2. Es ist hier anzumerken, dass die GPK den Bericht vom WBF und nicht von der EFK einverlangt haben.

274 Das Risikomanagement des WBF i.Z.m. den Hochseeschifffahrts-Bürgschaften war bereits Thema von Ziffer 3.1 und wird hierunter nicht behandelt.

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Dazu werden einleitend die beim Bund bestehenden Bürgschaften und ähnliche Verpflichtungen sowie deren Berücksichtigung im Risikomanagement des Bundes dargestellt (Ziff. 3.5.1). Anschliessend werden die vom Bund bereits gezogenen Lehren vorgestellt (Ziff. 3.5.2).

3.5.1

Bürgschaften und ähnliche Verpflichtungen

Allgemeines An dieser Stelle ist einleitend festzuhalten, dass es sich bei Bürgschaften um sog.

Eventualverbindlichkeiten275 handelt. Ebenfalls zu den Eventualverbindlichkeiten gehören Garantieverpflichtungen.276 90 Prozent der Eventualverbindlichkeiten des Bundes bestehen aus Bürgschaften oder Garantieverpflichtungen.277 Übersicht über die bestehenden Bürgschaften und Garantieverpflichtungen In folgenden Bereichen des Bundes bestehen hinsichtlich Bürgschaften und Garantieverpflichtungen offene Verpflichtungen.278 Bürgschaften: ­

Sozialer Wohnungsbau (zuständige Einheit: Bundesamt für Wohnungswesen BWO)

­

Im regionalen Personenverkehr tätige konzessionierte Transportunternehmen (Bundesamt für Verkehr BAV)

­

Hochseeschifffahrt (BWL)

­

Technologiefonds (Bundesamt für Umwelt BAFU)

275

Gemäss der Staatsrechnung 2016 gibt es zwei Arten von Eventualverbindlichkeiten: «Eine mögliche Verpflichtung aus einem vergangenen Ereignis, deren Existenz erst durch ein zukünftiges Ereignis bestätigt werden muss. Der Eintritt dieses Ereignisses kann nicht beeinflusst werden (z.B. Bürgschaften); oder eine gegenwärtige Verbindlichkeit aus einem vergangenen Ereignis, die aufgrund der geringen Wahrscheinlichkeit oder mangels zuverlässiger Messbarkeit nicht bilanziert wird (Kriterien für die Verbuchung einer Rückstellung sind nicht erfüllt, z.B. offener Rechtsstreit mit geringer Verlustwahrscheinlichkeit).» Falls der Mittelabfluss als wahrscheinlich betrachtet werden muss, ist nicht von einer Eventualverbindlichkeit, sondern von einer Rückstellung auszugehen (Der Bundesrat: Bericht zur Bundesrechnung 2016 [Staatsrechnung], 22. März 2017, S. 121, www.efv.admin.ch > Finanzberichte > Staatsrechnung [Stand: 5. Feb. 2018]).

276 Bericht zur Bundesrechnung 2016, S. 121.

277 Bericht der EFV zuhanden der GPK vom 11. Okt. 2017, S. 1.

278 Die EFV weist darauf hin, dass in weiteren Bereichen die Möglichkeit der Ausrichtung von Bürgschaften vorgesehen ist. Sie erwähnt exemplarisch die Film- und Kulturförderung, allerdings würden diesbezüglich zurzeit keine Bürgschaften eingesetzt. In Zukunft seien überdies weitere Bürgschaften möglich, z.B. für den Schweizerischen Innovationspark (Bericht EFV vom 11. Okt. 2017, S. 3). Diese Bürgschaften für den Schweizerischen Innovationspark werden vom WBF in dessen Informationsnotiz vom 26. Juni 2017 an den Bundesrat («Bürgschaften und Eventualverbindlichkeiten WBF»), in welcher das Departement den Bundesrat u.a. über den Bestand von Bürgschaften und deren finanziellen Risiken aufklärt, aufgeführt.

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­

Eurofima (Rollmaterialfinanzierungsgesellschaft) (Generalsekretariat des UVEK GS-UVEK)

­

Standortförderung (Staatssekretariat für Wirtschaft SECO)279

Garantieverpflichtungen280: ­

Garantiekapitalien Entwicklungsbanken (EDA)

­

Währungshilfebeschluss (Staatssekretariat für internationale Finanzfragen SIF)

­

Kreditgarantien gegenüber der Schweizerischen Nationalbank (SNB) für Darlehen an den Internationalen Währungsfonds (IWF) (SIF)

­

Leistungsaushilfe Krankenversicherung (Bundesamt für Gesundheit BAG)

­

Pflichtlagerhaltung (BWL)

Die höchsten Eventualverbindlichkeiten bzw. Verpflichtungen weisen die Bereiche Eurofima (rund 5.5 Milliarden Franken), sozialer Wohnungsbau (knapp 3.3 Milliarden Franken plus Möglichkeit weiterer Verpflichtungen in der Höhe von 1.4 Milliarden Franken aufgrund des bestehenden Rahmenkredits); im regionalen Personenverkehr tätige konzessionierte Transportunternehmen (nach Abzug der geleisteten Amortisationen knapp 2 Milliarden Franken) sowie Garantiekapitalien Entwicklungsbanken (8.3 Milliarden Franken) auf. 281 Ins Risikomanagement der jeweiligen Ämter bzw. Departemente sind folgende Eventualverbindlichkeiten integriert: Sozialer Wohnungsbau, Hochseeschifffahrt, Kreditgarantien gegenüber der SNB für Darlehen an den IWF, Pflichtlagerhaltung.282 Bei den restlichen Eventualverbindlichkeiten wird bisher darauf verzichtet, was u.a. mit der fehlenden Einflussnahme des Bundes auf die betreffenden Risiken, der Begrenzung der Verpflichtungen oder der geringen Gefahr eines hohen Ausfalls begründet wird.283

279

280

281

282 283

Es wird hier unterschieden zwischen gewerbeorientiertem Bürgschaftswesen und Bürgschaften und Zinskostenbeiträgen im Berggebiet (Bericht der EFV vom 11. Okt. 2017, S. 8).

Als weitere Garantieverpflichtung ist die Garantieerklärung Vera / Pevos aufgeführt, zu welcher die EFV Folgendes mitteilt: «Nach dem Abschluss der Verfahren gegen den Bund im laufenden Jahr kann der Verpflichtungskredit mit der Staatsrechnung 2017 abgerechnet werden». In der Folge verzichtete die EFV auf eine nähere Darstellung (Bericht der EFV vom 11. Okt. 2017, S. 12).

Die Auflistung der EFV und die Informationsnotiz des WBF enthalten teilweise unterschiedliche Angaben. So schreibt das WBF z.B. zu den Pflichtlagern, die «total verbürgte Summe» bei den Pflichtlagern betrage 318 Millionen Franken (Stand 31. Dez. 2016), die EFV führt «bestehende Darlehensgarantien» von 296 Millionen Franken auf.

Unklar ist aufgrund der Angaben der EFV, ob der Währungshilfebeschluss ins Risikomanagement des Bundes integriert ist.

Bericht der EFV vom 11. Okt. 2017, S. 3 ff.

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Die FinDel hielt in ihrem Tätigkeitsbericht 2017284 fest, dass sich die Summe aller Eventualverbindlichkeiten der Eidgenossenschaft auf 20 Milliarden Franken beläuft und stützt sich dabei auf einen Prüfauftrag der EFK 285. Gemäss dem Bericht besteht bei rund 5 % (1 Milliarde Franken) dieser Verbindlichkeiten eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass der Bund Zahlungen leisten müssen wird (darunter fallen offenbar auch die noch verbleibenden Bürgschaften für die Hochseeschifffahrt). Bei weiteren 20% (4 Milliarden Franken) wird diese Wahrscheinlichkeit als «mittel» eingestuft und bei den übrigen Verbindlichkeiten als «tief» eingeschätzt.

3.5.2

Vom Bund gezogene Lehren

Im Rahmen ihrer Anhörung durch die GPK haben sich die Vertreter der EFV zu den seitens Bund gezogenen Lehren aus der Krise um die HochseeschifffahrtsBürgschaften wie folgt geäussert: Die EFV habe auf zwei Ebenen Lehren gezogen, einerseits auf der Ebene des Vollzugs und andererseits auf der Gesetzgebungsebene, «wenn gesetzliche Grundlagen geschaffen werden, um neue Bürgschaften eingehen zu können, oder wenn dem Parlament neue Verpflichtungskredite beantragt werden».286 Im Rahmen des Vollzuges müsse künftig dem Risikoaspekt mehr Beachtung geschenkt werden. Im Rahmen der jährlichen Gespräche zur Plausibilisierung mit den Departementen sowie den Verwaltungseinheiten werde die EFV die Risiken aktiv ansprechen. Bezüglich der aktuell nicht im Risikomanagement erfassten EurofimaBürgschaften teilten die EFV-Vertreter mit, dass sie zwar davon ausgingen, dass die entsprechenden Risiken nicht sehr gross seien, aber dennoch werde die EFV diese Bürgschaften mit dem UVEK thematisieren.287 Im Weiteren erwähnten die EFVVertreter i.d.Z. die Wohnbauförderung. Diese sei zwar in das Risikomanagement des Bundes integriert, aber aus Sicht der EFV sei der vom BWO bzw. WBF geschätzte maximale Schaden von 50 Mio. «relativ tief», weshalb sie die Angelegenheit mit dem BWO und dem WBF diskutieren werde.288

284

285 286 287

288

Bericht der Finanzdelegation an die Finanzkommissionen des Nationalrates und des Ständerates betreffend die Oberaufsicht über die Bundesfinanzen im Jahre 2017 vom 13. März 2018, Kap. 4.6.1.

Bericht der EFK zuhanden der Finanzdelegation der eidg. Räte vom 1. Febr. 2018, Risiken aus Bürgschaften und Garantien.

Protokoll der Anhörung der Vertreter der EFV vom 1. Nov. 2017, S. 3.

Protokoll der Anhörung der Vertreter der EFV vom 1. Nov. 2017, S. 3. Im Bericht vom 11. Okt. 2017 an die GPK orientierte die EFV die GPK darüber, dass sie den bisherigen fehlenden Einbezug der Eurofima-Bürgschaften als «vertretbar» erachtete, da einerseits «die Einflussmöglichkeiten des Bundes auf die Eurofima gering sind (diese verfügt über hohe Reserven und ein Kreditrating von AA+)» und «die SBB vom Bund über ein Verschuldungsziel geführt» werde (Bericht der EFV vom 11. Okt. 2017, S. 7 f.).

Die EFV-Vertreter wiesen allerdings ebenso darauf hin, dass es «gute Gründe» gebe, diese maximale Schadenshöhe nicht höher zu bewerten, weil die Preise für die Liegenschaften «schon sehr massiv einbrechen» müssten, «damit dem Bund tatsächlich ein grösseres Risiko entsteht.» (Protokoll der Anhörung der Vertreter der EFV, S. 3).

6248

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In Bezug auf allfällige neue gesetzliche Grundlagen für neue Bürgschaften bzw.

Garantien teilten die EFV-Vertreter mit, auch hier sei dem Risikoaspekt mehr Beachtung zu schenken. «In den entsprechenden Kapiteln der Botschaft wollen wir diese Risiken in Zukunft transparent ausweisen. So kann das Parlament neue Grundlagen für Bürgschaften oder Verpflichtungskredite in Kenntnis dieser Risiken sprechen.» Die EFV-Vertreter ergänzten, dass es aber falsch wäre, Bürgschaften und Garantien nun einfach «fallen zu lassen». Denn mit diesen liessen sich verschiedentlich «wichtige Förderziele erreichen» sowie teilweise Einsparungen erwirken. Viele Bürgschaften hätten ein gutes Verhältnis zwischen Kosten und Nutzen und bisher seien die Verluste global betrachtet «nicht sehr gross» gewesen. 289

4

Bewertung

Das Parlamentsgesetz290 verweist in Artikel 26 bezüglich der Wahrnehmung der parlamentarischen Oberaufsicht u.a. auf die Kriterien der Rechtmässigkeit und Zweckmässigkeit.291 Geht es bei der Rechtmässigkeit um die Frage, ob sich die beaufsichtigen Bundesbehörden bei ihrem Handeln an die rechtlichen Vorgaben halten, überprüfen die GPK bei der Zweckmässigkeit, ob die gewählten Massnahmen den gesetzten Zielen entsprechen.292 Die Kommissionen nehmen gestützt auf den Sachverhalt von Ziffer 3 zu den folgenden Punkten Stellung.293

4.1

Führung/Aufsicht des Departementes betr. das BWL

4.1.1

Phase 1: Bis Juni 2015

a) Rechtmässigkeit der Führung und Aufsicht Die rechtlichen Grundlagen betr. Führung und Aufsicht in den Departementen wurden unter Ziffer 2.1. dargelegt. Es liegt in der Natur der Sache, dass die Bestimmungen zu Führung und Aufsicht im Allgemeinen eher grundsätzlicher Natur sind und den Departementsvorstehenden somit einen grossen Ermessensspielraum belassen. Allerdings gibt es (nachfolgend) zwei Punkte, welche vorliegend Anlass zur Kritik geben.

289 290

Protokoll der Anhörung der Vertreter der EFV vom 1. Nov. 2017, S. 3 f.

Bundesgesetz über die Bundesversammlung vom 13. Dezember 2002 (Parlamentsgesetz, ParlG; SR 171.10).

291 Artikel 26 Absatz 3 Buchstaben a und c ParlG (SR 171.10).

292 Thomas Sägesser (2014): Artikel 26 (N 35 und 39). In: Graf, Martin / Theler, Cornelia / von Wyss, Moritz (Hrsg.): Parlamentsrecht und Parlamentspraxis der Schweizerischen Bundesversammlung. Basel: Helbing & Lichtenhahn.

293 Die GPK nehmen als politische Organe der parlamentarischen Oberaufsicht über die Geschäftsführung des Bundesrates und der Bundesverwaltung im folgenden Bericht eine Beurteilung der Sachverhalte vor, von denen sie Kenntnis haben. Zur Wahrung der Gewaltenteilung üben sie sich bei den Punkten, die Gegenstand laufender Rechtsverfahren sind, weitestmöglich in Zurückhaltung.

6249

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Risikomanagement Die Departemente und die BK haben die Risiken in ihren Zuständigkeitsbereichen gemäss den Weisungen des Bundesrates zu bewirtschaften. 294 Die Ziele des Risikomanagements sollen u.a. erreicht werden, indem «aufgrund der erkannten Risikoexponierung die erforderlichen Massnahmen ergriffen werden.» 295 Massnahmen hinsichtlich Risikovermeidung oder ­verminderung sind «lage- und stufengerecht» zu beschliessen und umzusetzen.296 Bundesrat, Departemente, BK und EFV haben die Risikopolitik periodisch zu überprüfen.297 Die Departemente sind verantwortlich für die Risiken in ihrem Bereich und «überprüfen ihre Risikoexponierung von Grund auf».298 Im Risikoreporting müssen die zu ergreifenden bzw. bereits umgesetzten Massnahmen betr. Risikominimierung dargestellt werden.299 Im Rahmen der Bewältigung von Problemen müssen die Massnahmen klar beschrieben sein und ein Endtermin für die Umsetzung festgelegt werden.300 Während die Richtlinien der EFV vor 2016 keine Gültigkeit beanspruchen können, waren sowohl die Bestimmungen des FHG und der FHV wie auch der Weisungen des Bundesrates ab 2005/2006 bzw. ab 2010 in Kraft (vgl. oben). Ausserdem galten bereits seit Ende 2011 die Vorgaben gemäss Handbuch der EFV.

Wie oben beschrieben,301 hatte das BWL die Hochseeschifffahrts-Bürgschaften bis im Jahr 2009 nicht ins Risikoreporting integriert. Nach dieser Integration wurden dann über mehrere Jahre teilweise identische Angaben gemacht; insbesondere bezüglich der Massnahmen (diese wurden von 2009 bis 2015 identisch beschrieben).

Aus diesem Grund sind die GPK der Ansicht, dass das BWL die Vorgaben zum Risikomanagement und insbesondere der Weisungen des Bundesrates nicht eingehalten hat. Nicht nachvollziehbar ist insbesondere, weshalb die Änderung der «Auswirkungen» und der «Eintrittswahrscheinlichkeit» im Jahr 2012 (beides wurde erhöht) nicht auch eine Anpassung der weiteren Darstellungen (v.a. Beschreibung und Massnahmen) zur Folge hatten.

Für die GPK ist diesbezüglich die Aussage eines EFV-Vertreters bezeichnend, wonach die Darstellung identischer Angaben in Riskmaps über zehn Jahre häufig ein Indiz dafür seien, dass ein Risiko zu wenig ernst genommen werde. 302 Auch wenn im konkreten Fall diese Darstellung identischer Angaben nicht über zehn Jahre erfolgte, so dauerte sie doch von 2009 über mehrere Jahre an.

294 295 296 297 298 299 300

Artikel 50 Absatz 1 FHV; Vgl. Ziffer 2.1.

Weisungen zur Risikopolitik, Ziffer 3 Absatz 2 Buchstabe c.

Weisungen zur Risikopolitik, Ziffer 4 Absatz 5.

Weisungen zur Risikopolitik, Ziffer 4 Absatz 8.

Weisungen zur Risikopolitik, Ziffer 5 Absatz 4 Buchstaben a und c.

Richtlinien der EFV, Ziffer 4.6, S. 11.

Handbuch 2017 der EFV, Ziffer 3.5.2, S. 30; Handbuch 2013 der EFV, Ziffer 3.5.2, S. 27; Handbuch 2011 der EFV, Ziffer 3.5.2, S. 26.

301 Vgl. Ziffer 3.1.3.

302 Vgl. Ziffer 3.1.3.

6250

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Diese Bewertung betrifft allerdings nicht nur das BWL, sondern auch das Departement, welches letztlich die Verantwortung für das Risikoreporting trägt und die über Jahre gleichbleibenden Angaben offensichtlich nie hinterfragte. Die fehlende Intervention aufgrund der jahrelang identischen Angaben ist aus Sicht der Kommissionen aber dennoch ein Beleg dafür, dass dem WBF bis im Jahr 2015 die Sensibilität für die Problematik der Hochseeschifffahrt fehlte. Dieser Beurteilung scheint sich auch der Vorsteher des WBF anzuschliessen. Auch wenn das BWL seiner Informationsaufgabe nur ungenügend nachkam303, ist dieser Umstand aus Sicht der GPK gravierend, da das Risikoreporting seinen Zweck nicht erfüllen kann, wenn das zuständige Departement seine eigenen Risiken bzw. die dazugehörigen Angaben im Risikoreporting nicht genügend reflektiert.

Diese Problematik wurde von den GPK bereits früher erkannt. Die Kommissionen richteten sich diesbezüglich im Januar 2018 mit einem Bericht und Empfehlungen an den Bundesrat304 und forderten darin insbesondere auch eine regelmässige Aktualisierung der Risiken305. Aus diesem Grund wird hier auf eine gleichlautende, explizite Empfehlung verzichtet.

Aktenführung und Archivierung Bereits erwähnt wurde der Nachweis der Geschäftstätigkeit in Form einer systematischen Aktenführung, welche sich auf Artikel 22 Absatz 1 RVOV stützt.306 Als archivwürdig gelten Unterlagen, welche «von juristischer oder administrativer Bedeutung sind oder einen grossen Informationswert haben.»307 Gemäss Artikel 2 Absatz 1 des Archivierungsgesetzes308 (BGA) können Unterlagen aus verschiedenen Gründen «wertvoll» sein, weshalb diese zu archivieren sind.309 In der Archivierungsverordnung310 (VBGA) ist festgehalten, dass die «anbietepflichtigen Stellen» für die Nachvollziehbarkeit und Nachweisbarkeit ihrer Geschäftstätigkeit in ihren Unterlagen zu sorgen haben und zu diesem Zweck entsprechende Massnahmen treffen müssen.311 Im Weiteren wird in Artikel 3 Absatz 2 VBGA auf entsprechende Weisungen312 des Eidg. Departements des Innern (EDI) über die Aktenführung verwiesen. Diese legen u.a. fest, dass der Zweck der Aktenführung u.a. in der Rechenschaft gegenüber sich selbst bzw. dem Bundesrat sowie gegenüber «Dritten» (wie u.a. dem Parlament) besteht.313 Die vorgenannten Vorschriften betr. Archivierung gelten seit 1998 bzw. 1999.

303 304 305 306 307 308 309 310 311 312 313

Vgl. Ziffer 3.1.3.

Risikoreporting zuhanden des Bundesrates ­ eine Bestandesaufnahme, Bericht der GPK vom 30. Januar 2018 (BBl 2018 1457).

Vgl. Ziff. 3.1 bzw. Empfehlung 2 des in der Fussnote 304 erwähnten Berichts.

Vgl. Ziffer 2.1.1; 2013 trat zwar eine modifizierte Version von Artikel 22 Absatz 1 RVOV in Kraft, die vorgenannte Pflicht gilt aber weiterhin.

Artikel 3 Absatz 3 BGA (SR 152.1).

Bundesgesetz über die Archivierung vom 26. Juni 1998 (BGA; SR 152.1).

Artikel 2 Absatz 1 BGA (SR 152.1).

Verordnung zum Bundesgesetz über die Archivierung vom 8. Sept. 1999 (Archivierungsverordnung, VBGA; SR 152.11).

Artikel 3 Absatz 1 VBGA (SR 152.11).

Weisungen des Eidgenössischen Departements des Innern über die Aktenführung in der Bundesverwaltung vom 13. Juli 1999 (BBl 1999 5428), in der Folge: Weisungen des EDI.

Artikel 2 Absatz 2 der Weisungen des EDI.

6251

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Es wurde bereits ausgeführt, dass das WBF vor 2013 keine Protokolle der Amtssitzungen auffinden konnte. Die Vorsteherin des EVD 2006­2010 gab aber an, dass die Amtssitzungen in dieser Zeit jeweils protokolliert wurden314. Das EVD bzw.

WBF erfüllt daher die oben erwähnten Vorgaben bezüglich Archivierung nicht, es hätte aus Sicht der GPK für deren Archivierung sorgen müssen.

Vor diesem Hintergrund ist für die GPK nicht verständlich, weshalb diese Protokolle nicht mehr eruiert werden können. Sie stellen fest, dass das Departement den vorgenannten Vorgaben nicht nachgekommen ist.

Im Übrigen sind die GPK der Ansicht, dass eine E-Mail nicht die adäquate Form für ein Protokoll einer Sitzung zwischen der Departementsspitze und der Amtsleitung darstellt.

Empfehlung 1

Adäquate Protokollierung und Archivierung betr. Führungsgespräche

Die GPK fordern den Bundesrat auf, mit geeigneten Mitteln dafür zu sorgen, dass Führungsgespräche adäquat protokolliert und archiviert werden und dass die bestehenden Vorgaben zur Aktenführung und Archivierung in der Praxis eingehalten werden.

b) Zweckmässigkeit Wahrnehmung der Führung und Aufsicht Einleitend ist grundsätzlich festzuhalten, dass der Vorsteher des WBF gegenüber den GPK eingeräumt hat, die Führung und Aufsicht betr. das BWL sei unter ihm als Departementsvorsteher ungenügend gewesen.315 Die GPK begrüsst diese selbstkritische Einschätzung und erachtet sie als wichtige Voraussetzung für die Aufarbeitung der Vorkommnisse betr. die Hochseeschifffahrt.

Es erscheint den GPK aber dennoch wichtig, in der Folge auf einzelne Punkte näher einzugehen.

Informationsnotizen des BWL an das WBF Das BWL hatte das WBF zwar seit 2011 durch Informationsnotizen auf Probleme im Bereich Hochseeschifffahrt hingewiesen, gleichzeitig aber teilweise auch zu verstehen gegeben, dass eine Lösung der Probleme in Sicht sei.316 Im Jahr 2013 stellte das Departement beim BWL bezüglich einer Informationsnotiz Rückfragen, darüber hinaus sind aber keine weiteren Reaktionen des WBF auf die Informationsnotizen des BWL erkennbar.

Die GPK sind der Auffassung, dass das BWL in den Informationsnotizen mehrfach eine trotz den darin geschilderten Problemen zu optimistische Haltung an den Tag legte und somit dazu beitrug, dass die bestehenden Probleme durch das WBF nicht angegangen wurden. Die Kommissionen sind der Ansicht, dass das BWL seine 314 315 316

Vgl. Ziffer 3.1.3.

Vgl. Ziffer 3.1.3.

Vgl. Ziffer 3.1.3.

6252

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«Bringschuld» hier nur ungenügend erfüllte. Ausserdem ist zumindest fraglich, ob die erwähnten positiven Einschätzungen des Amtes angesichts der geschilderten Probleme auch objektiv gerechtfertigt waren (beispielsweise verlief die Investorensuche über längere Zeit offensichtlich erfolglos, obwohl das BWL diesbezüglich teilweise optimistisch zu sein schien). Entsprechend wäre es seitens des WBF erforderlich gewesen, auf die Informationsnotizen zu reagieren (und zwar nicht nur ein einziges Mal im Jahr 2013). Der Hinweis des Vorstehers des WBF, Informationsnotizen sollten ihn praxisgemäss über einen bestimmten Sachverhalt orientieren, ohne einen konkreten Handlungsbedarf geltend zu machen, ändert an dieser Einschätzung nichts.

Die Kommissionen erachten diese Unterlassung ­ in Kombination mit der nicht vorhandenen Thematisierung der Hochseeschifffahrt im Rahmen von Führungsgesprächen (vgl. unten) als schwerwiegend. Ob eine frühere Reaktion seitens des Departements die Problematik der Hochseeschifffahrts-Bürgschaften möglicherweise entschärft hätte, kann offen bleiben.

Risikoreporting Hier wurde vorhin bereits ausgeführt, dass sowohl das BWL wie auch das Departement den Vorgaben des Bundes betr. Risikomanagement nicht ausreichend nachgekommen sind.317 Es bedarf keiner weiteren Erläuterung, dass dieses Verhalten auch nicht zweckmässig ist. Die GPK fordert deshalb eine bessere Beachtung der Vorgaben des Risikomanagements sowie eine stärkere Plausibilisierung des Risikoreportings der Ämter auf Stufe des Generalsekretariats. Entsprechend begrüssen die Kommissionen, dass der Generalsekretär im WBF den Riskmaps eine grössere Bedeutung beimisst.318 Allerdings ersetzt diese Prüfung nicht eine professionelle Vorbefassung auf Stufe des Generalsekretariats (dazu unten mehr).

Wie oben erwähnt, bezieht sich die Zweckmässigkeit im Rahmen der parlamentarischen Oberaufsicht auf das Verhältnis der gesetzten Ziele zu den dafür gewählten Massnahmen.

Sowohl bei den Informationsnotizen als auch den Amtssitzungen geht es insbesondere darum, dass der Departementsvorsteher von der Verwaltungseinheit (konkret: dem BWL) hinsichtlich wichtiger Geschäfte auf den aktuellen Stand gebracht und über allfällige Probleme orientiert wird. Nur so kann er seine Führungs- und Aufsichtsverantwortung wahrnehmen. Dabei besteht nach Auffassung
der GPK sowohl eine «Bringschuld» des Amtes (Hinweis auf Probleme) als auch eine subsidiäre «Holschuld» des Departements (bei Bedarf Forderung nach detaillierteren Informationen). Eine funktionierende Führung und Aufsicht des Departements über ein Amt setzt voraus, dass ein konstruktiver Informationsfluss besteht, wobei dieser in beide Richtungen erfolgen muss, und nicht nur in Richtung vom Amt zum Departement.

Für die Kommissionen ist klar, dass sich das Departement auf bestimmte Angaben des Amtes verlassen können muss und nicht alles in der Tiefe zu hinterfragen hat.

Dies setzt aber voraus, dass keine Anhaltspunkte auf allfällige Probleme bestehen, sollten diese auch vom Amt verneint werden. Genau diese Situation lag hier aber 317 318

Vgl. Ziffer 4.1.1.

Vgl. Ziffer 3.1.3.

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vor: Obwohl dem WBF aufgrund des Risikoreportings wie auch der Informationsnotizen Meldungen über allfällige Probleme vorlagen, verhielt sich dieses zu lange passiv. Dementsprechend sind die GPK der Auffassung, dass sich das WBF hier nicht zweckmässig verhalten hat.

Die Kommissionen erwarten vom Bundesrat, dass er dafür sorgt, dass in allen Departementen die departementale Führung und Aufsicht aktiver wahrgenommen und nicht bloss als passive Tätigkeit verstanden wird.

Die GPK sind vor diesem Hintergrund der Meinung, dass das Risikomanagement in den Departementen professionalisiert werden sollte. Dabei soll der Bundesrat insbesondere dafür sorgen, dass die Funktion des «Risikomanagers»319 auf Stufe Departement das nötige Gewicht erhält bzw. dass die Aufgaben, die mit dieser Funktion verbunden sind, effizient und effektiv wahrgenommen werden. Gemäss den Richtlinien der EFV sorgt der «Risikomanager» nämlich nicht nur für die Steuerung und Koordination des Prozesses, sondern er ist auch zuständig für die inhaltliche Analyse der Risiken und die fachliche Unterstützung der Departementsleitung, so dass diese über ein adäquates Risikoreporting und die nötigen Entscheidungsgrundlagen verfügt und das Risikomanagement im Departement verbessert wird.320 Die GPK verzichten in diesem Zusammenhang auf eine Empfehlung. Sie werden sich mit dieser Problematik aber im Rahmen der Arbeiten ihrer Arbeitsgruppe Risikoreporting befassen, dabei auf die nötigen Verbesserungen drängen und deren Umsetzung überprüfen.

Sitzungen zwischen Departement und Amt Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass eine Protokollierung der Amtssitzungen vor 2013 seitens des Departements nicht eruiert werden konnte und die Protokollierung dieser Sitzungen seither in Form einer E-Mail erfolgt.321 Aus den Protokollen geht hervor, dass die Hochseeschifffahrts-Bürgschaften von 2013 an bis zum Ausbruch der Krise im Juni 2015 nie Thema der Amtssitzungen waren.322 Aufgrund der oben erwähnten Informationsnotizen, in denen das BWL auf die Problematik bei den Hochseeschifffahrts-Bürgschaften hingewiesen hatte, wäre es nach Auffassung der GPK nötig gewesen, dieses Thema seitens des Amtes auch im Rahmen von Amtssitzungen anzusprechen. Umgekehrt können die Kommissionen aber auch nicht nachvollziehen, weshalb das Departement die Problematik trotz der oben erwähnten Informationsnotizen des BWL, welche ab Ende 2011 auf Probleme

319

Weisungen des Bundesrates über die Risikopolitik des Bundes vom 24. September 2010, Abschnitt 5 (Funktionen im Risikomanagement), Absatz 4; Richtlinien der EFV über das Risikomanagement Bund (Version vom 31. März 2016).

320 Richtlinien der EFV über das Risikomanagement Bund (Version vom 31. März 2016), S. 7.

321 Vgl. Ziffer 3.1.3.

322 In Bezug die Thematisierung der Hochseeschifffahrts-Bürgschaften an oder am Rande von Amtsdirektorenrapporten erhielten die GPK widersprüchliche Angaben (vgl. dazu Ziff. 3.1.3). Es lässt sich nicht schlüssig klären, ob bzw. wie eine solche Thematisierung allenfalls erfolgt ist. Auch hinsichtlich allfälliger Absagen von Amtssitzungen seitens des BWL gibt es Diskrepanzen, welche die GPK im Rahmen ihrer Inspektion nicht klären konnte.

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hinwiesen, bis zum Ausbruch der Krise im Juni 2015 nie von sich aus auf die Traktandenliste setzte.

Überprüfung der Prämissen der Hochseeschifffahrt Die Notwendigkeit der Hochseeschifffahrt für die wirtschaftliche Landesversorgung wurde bis zum Ausbruch der Bürgschaftskrise bzw. dem daraus folgenden Bericht vom Dezember 2016323 seitens des Departements faktisch nie in Frage gestellt. 324 Diese fehlende Überprüfung korrespondiert aus Sicht der GPK mit dem passiven Verhalten des WBF in Bezug auf die Informationsnotizen des BWL. Dem Departement ist zwar zugute zu halten, dass z.B. auch die EFK bei ihrer Prüfung 2010 die Notwendigkeit des Systems der Hochseeschifffahrts-Bürgschaften nicht in Frage stellte325 und es keinen Hinweis gibt, wonach das BWL gegenüber dem WBF angeregt hätte, die Prämissen der Hochseeschifffahrts-Bürgschaften zu reflektieren.

Gleichwohl hätte man vom Departement erwarten können, dass es im Rahmen seiner Führungs- und Aufsichtstätigkeit von selber und in einer gewissen Regelmässigkeit Überlegungen zur Notwendigkeit von Schiffen unter Schweizer Flagge für die wirtschaftliche Landesversorgung angestellt hätte.

Organisation des BWL Die GPK stellten sich auch die Frage, inwiefern die Problematik mit den Hochseeschifffahrts-Bürgschaften auch durch die Organisationsstruktur des BWL begünstigt wurde. I.d.Z. wurden Aussagen von angehörten Personen zur Organisationsstruktur des BWL aufgeführt.326 Die GPK nehmen zur Kenntnis, dass die Struktur von den befragten Personen mehrheitlich als positiv bzw. sinnvoll eingestuft wurde. Insbesondere wurde hervorgehoben, dass die Wirtschaft in die Organisation der wirtschaftlichen Landesversorgung involviert sein müsse. Der Generalsekretär des WBF wies auf bereits getätigte Überlegungen in Bezug auf eine allfällige Reorganisation hin, wobei man zum Schluss gekommen sei, die aktuelle Organisationsstruktur sei richtig.327 Die Kommissionen bezweifeln nicht die Notwendigkeit des Einbezugs der Wirtschaft in Bezug auf die wirtschaftliche Landesversorgung. Dies wird zurzeit einerseits durch die Delegiertenfunktion und andererseits durch die Milizstrukturen auf der Ebene der Fachbereiche des Amtes angestrebt. Für die GPK ist fraglich, ob die derzeitige Organisationsstruktur nicht angepasst werden müsste, ohne dabei auf den Einbezug der Wirtschaft zu
verzichten. Konkret sind die Kommissionen der Ansicht, dass die Leitung des BWL bzw. der Organisation der wirtschaftlichen Landesversorgung durch einen Delegierten bzw. eine Delegierte eine Tätigkeit ist, die nur sehr schwer im Nebenamt zur erfüllen sein dürfte, wie der aktuelle Fall zeigt. I.d.Z.

nehmen die GPK zwar zur Kenntnis, dass das Pensum für die Delegiertenfunktion auf 40 Stellenprozente erhöht wurde, zweifeln aber dennoch daran, dass ein 40-Prozentpensum für diese Aufgabe angemessen ist.

323 324 325 326 327

Vgl. Ziffer 3.1.4.

Vgl. Ziffer 3.1.3.

Vgl. Ziffer 3.4.3.

Vgl. Ziffer 3.1.2.

Vgl. Ziffer 3.1.2.

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Aus diesem Grund drängt sich für die GPK die Frage auf, ob statt der Funktion des/der Delegierten nicht jene des vollamtlichen Amtsdirektors bzw. der Amtsdirektorin gewählt werden müsste. Aus Sicht der GPK sollte die gesamte Führungsverantwortung bei einer Person liegen (strategisch und operativ). Die Inspektion hat zutage gefördert, dass sowohl amtsintern wie auch zwischen Departementsspitze und Amtsleitung teilweise diametral gegensätzliche Vorstellungen über die Funktion und Zuständigkeiten des/der Delegierten und des stv. Direktors bzw. der stv. Direktorin vorliegen, was zu den Problemen im Zusammenhang mit den Bürgschaften beigetragen haben könnte.328 Vor diesem Hintergrund ist die Aufteilung der Zuständigkeiten amtsintern sowie zwischen der Amtsleitung und der Departementsspitze zu klären.

Aus Sicht der GPK wäre vor dem Hintergrund der geringen Grösse des BWL zudem eine Integration des Amtes in ein anderes Amt (z.B. das SECO) prüfenswert.

Die GPK ersuchen den Bundesrat daher, die Organisationsstruktur des BWL i.S.d.

oben erfolgten Ausführungen zu überprüfen und den Kommissionen das Ergebnis dieser Überprüfung darzulegen.

Empfehlung 2

Überprüfung der Organisationsstruktur des BWL

Die GPK fordern den Bundesrat auf, die Organisationsstruktur des BWL auf Führungsstufe zu überprüfen, dabei insbesondere eine vollamtliche Amtsdirektorenfunktion zu evaluieren und den GPK darüber Bericht zu erstatten. Die Milizstruktur auf der Ebene der Fachbereiche ist beizubehalten. Dabei ist der Mehrwert der Delegiertenfunktion auszuweisen. Vor diesem Hintergrund ist die Aufteilung der Zuständigkeiten amtsintern sowie zwischen der Amtsleitung und der Departementsspitze zu klären.

Überdies wird der Bundesrat in diesem Zusammenhang gebeten, die Zweckmässigkeit einer Integration des BWL in ein anderes Amt zu prüfen.

4.1.2

Phase 2: Ab Juni 2015

Die grundlegenden Entscheidungen des Vorstehers des WBF wurden bereits dargelegt (Vermeidung des ungeordneten Zusammenbruchs; Überprüfung der Politik betr.

Hochseeschifffahrts-Bürgschaften und Untersuchung der Krise bei diesen Bürgschaften).329 Diese Anordnungen sind nach Auffassung der GPK wichtige Führungsentscheide, welche die notwendige Grundlage für das ab diesem Zeitpunkt weitere Handeln darstellen. Aus Sicht der Kommissionen ist das WBF dadurch auf der einen Seite die kurzfristig dringendsten Probleme (Krisenbewältigung) angegan328

Vgl. Ziffer 3.1.2. Diesbezüglich sind die GPK der Auffassung, dass das von der ehemaligen Delegierten (2006­2015) im Rahmen der Verwaltungskonsultation zum vorliegenden Bericht (siehe Fussnote 96) vorgebrachte Argument, wonach das BWL kein Amt im materiellen Sinne sei, nicht massgebend ist. Die Funktion der bzw. des Delegierten ist ­ unabhängig von der Organisationsform des BWL ­ ganz eindeutig eine Kaderfunktion, die mit Leitungsverantwortung einhergeht.

329 Vgl. Ziffer 3.1.4.

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gen und hat auf der anderen Seite weitere wichtige Fragen thematisiert (Überprüfung der Politik betr. Hochseeschifffahrts-Bürgschaften; Untersuchung der Krise bei den Hochseeschifffahrts-Bürgschaften).

Die GPK stellen zudem fest, dass das WBF seit Ausbruch der Krise auf mehreren Ebenen Schritte eingeleitet und insbesondere auch Veränderungen bei der Wahrnehmung der departementalen Aufsicht vorgenommen hat. So nehmen die Kommissionen mit Befriedigung zur Kenntnis, dass neu im Rahmen von Amtssitzungen die Hochseeschifffahrt regelmässig thematisiert wird und das Risikoreporting gewisse Änderungen erfahren hat, auch wenn es nach Auffassung der GPK noch zu früh ist, um eine langfristige Veränderung beim Risikomanagement zu konstatieren. Die Kommissionen begrüssen i.d.Z. auch die Wochenberichterstattung zur Hochseeschifffahrt und das Reporting Marktbeobachtung. Insgesamt ist festzustellen, dass die Sensibilität für die Problematik der Hochseeschifffahrts-Bürgschaften, welche in der Phase 1 als ungenügend beurteilt werden muss, nach Ausbruch der Krise im Juni 2015 markant gestiegen ist. Für die GPK ist wichtig, dass auf Stufe Departement entsprechende Vorkehrungen getroffen werden, um die Sensibilität in Bezug auf die Wahrnehmung der Aufsicht, z.B. bezüglich des Risikomanagements, zu erhöhen. Es kann hier oben auf Ziffer 4.1.1 verwiesen werden, wo bereits entsprechende Empfehlungen formuliert wurden. Die GPK erkennen aufgrund der Beurteilung der Phase 1 hinsichtlich der Phase 2 keinen darüber hinausgehenden Handlungsbedarf.

In Bezug auf die Umsetzung der EFK-Empfehlungen aus der Administrativuntersuchung anerkennen die GPK die seitens WBF und BWL unternommenen Anstrengungen, diese Empfehlungen umzusetzen. Die Kommissionen fordern aber dennoch eine Überprüfung der Organisationsstruktur (vgl. oben Empfehlung 2).330 Schliesslich beurteilen die GPK es als positiv, dass der Bundesrat seit Sommer 2015 regelmässig über die Angelegenheit der Hochseeschifffahrt informiert wurde (dazu mehr bei Ziff. 4.2).

4.2

Information des Gesamtbundesrates

Im Sachverhalt (vgl. Kap. 3.2) ist dargelegt, dass das WBF den Bundesrat bis im Juni 2015 nicht über Probleme betr. die Hochseeschifffahrt orientiert hatte.331 Dies ergibt sich aber schlicht aus dem Umstand, dass sich das WBF der Problematik vor dem Juni 2015 selber nicht bewusst war. 332 Die GPK beschränken sich im Rahmen ihrer Oberaufsichtsfunktion darauf, die Kommunikation zwischen dem WBF und dem Bundesrat im Allgemeinen zu bewerten. I.d.Z. kann festgehalten werden, dass den Kommissionen keine Anhaltspunkte vorliegen, wonach der Bundesrat vom Departement nicht in der erforderlichen Frequenz oder sachlich unangemessen informiert worden wäre.

330

Auf die Vergabe der Administrativuntersuchung an die EFK wird unter Ziffer 3.4.3 näher einzugehen sein.

331 Vgl. Ziffer 3.2.

332 Vgl. Ziffern 3.1.3 und 4.1.1.

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Die GPK sind der Ansicht, dass das WBF den Bundesrat nach Bekanntwerden der Probleme in der Hochseeschifffahrt im Juni 2015 sehr rasch und adäquat informierte und diesen auch später in sinnvoller Weise über die aktuellen Entwicklungen orientierte. Ebenso stufen die GPK es als richtig ein, dass der Bundesrat im Mai 2016 rasch über die geplante Administrativuntersuchung orientiert wurde.

Darüber hinaus erkennen die GPK keinen Handlungsbedarf.

4.3

Führung / Aufsicht des EDA betr. das SSA

In diesem Kapitel bewerten die GPK den Informationsfluss im EDA betr. die Hochseeschifffahrts-Bürgschaften und beurteilen zudem die Zusammenarbeit des SSA mit dem BWL.

4.3.1

Informationsfluss im EDA zur Hochseeschifffahrt

Sowohl die stv. Generalsekretärin des EDA wie auch der Leiter des SSA teilten im Rahmen der Anhörungen in der Sache mit, dass die jeweils vorgesetzte Stelle innerhalb des EDA über die wesentlichen Vorkommnisse orientiert worden sei. 333 Den Kommissionen liegen keine Anhaltspunkte vor, wonach diese Darstellung nicht korrekt sein sollte. Davon ausgehend, dass auch bei Vorgesetztenwechseln der Informationsfluss gewährleistet ist, liegt aus Sicht der GPK kein Handlungsbedarf für die parlamentarische Oberaufsicht vor.

4.3.2

Künftige Zusammenarbeit BWL ­ SSA

Die GPK begrüssen die Kooperationsvereinbarung vom August 2017 zwischen dem SSA und dem BWL. Die Kommissionen erachten die darin enthaltenen Bestimmungen (insbesondere die Konsultation vor zu ergreifenden Massnahmen und Information über relevante Ereignisse) als sinnvoll und sie sind der Meinung, dass diese bei konsequenter Anwendung zu einer verbesserten Zusammenarbeit führen.

Bemerkenswert ist aus Sicht der GPK die Darstellung der EDA-Vertreter anlässlich deren Anhörungen, wonach die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit des Entzugs des Seebriefes für die Schiffe, welche mit Bundesbürgschaften finanziert seien, faktisch nicht angewendet werden könne, weil dies den Bundesinteressen zuwiderlaufe. Die GPK anerkennen die von den EDA-Vertretern angesprochene Problematik. Dennoch würden sie es angesichts der Krise betr. die Hochseeschifffahrts-Bürgschaften als falsches Signal erachten, die Vorgaben bezüglich der nötigen Eigenmittel in der Seeschifffahrtsgesetzgebung zu streichen. Die GPK sind sich bewusst, dass man dagegen einwenden kann, mit der aktuell geltenden Pflicht betr. Eigenmittel sei die Situation auch nicht optimal, weil letztlich gewisse Zwangsmassnahmen (konkret: Seebriefentzug) nicht angewendet würden. Dennoch erscheint den Kommissionen 333

Vgl. Ziffer 3.3.1.

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die vorhandene Regelung besser als der Verzicht auf Vorgaben betr. Eigenmittel.

Überdies ist darauf hinzuweisen, dass das WBF im Sommer 2015 entschieden hat, künftig nur noch in Ausnahmefällen Bürgschaften für die Hochseeschifffahrt zu vergeben. Entsprechend beschränkt sich diese Problematik grundsätzlich auf die noch laufenden Hochseeschifffahrts-Bürgschaften.334 Überdies gehen die GPK aufgrund der in der Kooperationsvereinbarung vorgesehenen Zusammenarbeit zwischen dem SSA und dem BWL davon aus, dass allfällige finanzielle Probleme von Reedereien in Zukunft früher erkannt werden und diesen somit besser begegnet werden kann.

Vor diesem Hintergrund erkennen die GPK zurzeit keinen konkreten Handlungsbedarf für die parlamentarische Oberaufsicht, weisen aber darauf hin, dass eine abschliessende Beurteilung erst nach Abschluss der entsprechenden Arbeiten der FinDel möglich sein wird.

4.4

Rolle der EFK

In diesem Kapitel werden verschiedene Fragen i.Z.m. der Rolle der EFK bezüglich der Administrativuntersuchung betr. das BWL behandelt.

Zunächst wird einleitend auf einige grundsätzliche Fragen eingegangen, welche sich i.Z.m. der vorliegenden Administrativuntersuchung stellen. Hierbei geht es insbesondere darum, wer der Beauftragte einer Administrativuntersuchung sein darf (Ziff. 4.4.1). Anschliessend beurteilen die GPK die Vorgehensweise der EFK i.Z.m.

der Gewährung des rechtlichen Gehörs (Ziff. 4.4.2). Schliesslich behandeln die Kommissionen Fragen zur Unabhängigkeit des Untersuchungsorgans und nehmen Stellung zu allfälligen diesbezüglichen Unterschieden zwischen Bundesverwaltungsinternen und -externen Administrativuntersuchungen (Ziff. 4.4.3).

Die GPK bewerten diese Sachverhalte nachfolgend als das politische Organ der Bundesversammlung, welches für die parlamentarische Oberaufsicht über die Geschäftsführung des Bundesrates und der Bundesverwaltung verantwortlich ist.

4.4.1

Beauftragung mit einer Administrativuntersuchung

Gemäss Artikel 27d Absatz 1 RVOV sind «Personen» mit einer Administrativuntersuchung zu beauftragen. Nun wurde der Auftrag zur in Frage stehenden Administrativuntersuchung zwar formell an die stv. Direktorin der EFK vergeben, und somit an eine natürliche Person.

334

Der Generalsekretär des WBF teilte mit, dass sich die ausstehenden HochseeschifffahrtsBürgschaften «auf zwischen 520 und 530 Millionen Franken» beliefen (Protokoll der Anhörung des Generalsekretärs des WBF, S. 17). Die GPK äussern sich nicht zu weiteren Bürgschaften gemäss Ziffer 3.5.1, erwarten künftig aber ein sorgfältiges Controlling im Bereich der weiteren Bürgschaften.

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Betrachtet man allerdings den Untersuchungsauftrag des WBF, entsteht einerseits der Eindruck, faktisch sei der Auftrag nicht an die vorgenannte Person, sondern an die EFK als Behörde vergeben worden: Gemäss Untersuchungsauftrag hatte die Beauftragte die Untersuchung «im Rahmen ihrer Tätigkeit und des ordentlichen Budgets der EFK» zu erfüllen. Ausserdem wies das WBF darauf hin, dass die FKGBestimmungen ergänzend zur Anwendung gelangen sollten, falls keine einschlägigen Normen betr. Administrativuntersuchung anwendbar seien.335 Ausserdem kam durch die im Rahmen der Inspektion erfolgten Angaben seitens des WBF wie auch der EFK zum Ausdruck, dass sowohl das Departement wie auch die EFK die Auffassung vertreten, die EFK als Behörde habe die Administrativuntersuchung durchgeführt.336 Auch das BVGer geht in seinen Erwägungen, welche zu den Zwischenentscheiden bzw. dem Urteil vom 14. Mai 2018 geführt haben, davon aus, dass die EFK die Untersuchung durchgeführt hat und nicht die stv. Direktorin der EFK. Aus Sicht der GPK stellt sich die Frage, ob diese Art der Vergabe den Vorgaben von Artikel 27d RVOV entspricht.337 Ausserdem ist zweifelhaft, ob die Verbindung von Normen betr. Administrativuntersuchung (in der RVOV) und finanzkontrollrechtlichen Vorgaben des FKG zulässig ist.338 Das BVGer hat sich aus Sicht der GPK in den erwähnten Entscheiden grundsätzlich zu dieser Problematik geäussert. Es stellte fest, dass die EFK als Bundesbehörde im Rahmen ihrer Zuständigkeiten zwar über hoheitliche Befugnisse verfügt, die Durchführung der Administrativuntersuchung jedoch nicht in den gesetzlich normierten Aufgabenbereich der EFK falle. Somit führte die EFK die Administrativuntersuchung nicht in Erfüllung der ihr durch das FKG übertragenen Aufgaben aus.339 Sie hatte in diesem Rahmen grundsätzlich auch keine hoheitlichen Befugnisse.340 Aus Sicht der GPK stellt sich diesbezüglich die Frage, ob das Legalitätsprinzip einer Beauftragung der EFK für die Durchführung einer Administrativuntersuchung nicht entgegensteht. Das BVGer stellte nämlich im konkreten Fall fest, dass die Beauftragung der EFK durch das WBF keinen Sonder335 336

337

338

339 340

Vgl. Ziffer 3.4.

So ist beispielweise im Schreiben des WBF vom 10. Okt. 2017 davon die Rede, man habe die «EFK» mit der Administrativuntersuchung betraut, im Weiteren ist jeweils auch von den Empfehlungen der EFK die Rede (Schreiben des WBF vom 20. Okt. 2017, S. 6).

Überdies spricht die EFK im Schreiben vom 4. Apr. 2017 an das WBF vom «Auftrag an die EFK» (Schreiben der EFK an das WBF vom 4. Apr. 2017, S. 1).

Das BVGer äussert sich in seinem Urteil A-6211/2017 vom 14. Mai 2018 nicht explizit zu dieser Frage. In der Erwägung 3.4.2 hält es einfach Folgendes fest: «Aus Art. 27d Abs.

2 RVOV, wonach die Untersuchung auch Personen ausserhalb der Bundesverwaltung übertragen werden kann, ergibt sich, dass sowohl innerhalb auch ausserhalb der Bundesverwaltung stehende Organe mit einer Administrativuntersuchung betraut werden können.» Eine solche Verknüpfung findet sich z.B. in Ziffer 10 des Untersuchungsauftrages, welche mit einer aus Sicht der GPK verwirrenden Formulierung betr. die Kommunikation über die Administrativuntersuchung das FKG erwähnt, die Hoheit über die Kommunikation aber dennoch dem WBF belässt.

Die Problematik der Verknüpfung von Vorgaben des FKG und Bestimmungen der Administrativuntersuchung gemäss RVOV zeigt sich im Weiteren in der Strafanzeige durch die EFK vom 6. Juni 2017, mehr dazu unten bei Ziffer 4.4.3 («Bundesverwaltungsinterne und -externe Administrativuntersuchungen»). Die EFK hat gestützt auf das BPG, und somit kraft ihrer Funktion als EFK und nicht als Administrativuntersuchungsorgan, eine Strafanzeige eingereicht (vgl. Ziff. 3.4.2).

Z.B. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-6211/2017 vom 14. Mai 2018 E. 3.3.2.

Z.B. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-6211/2017 vom 14. Mai 2018 E. 3.3.3.

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auftrag gemäss Artikel 1 FKG darstellt. Ein solcher Sonderauftrag wäre durch den Gesamtbundesrat zu beschliessen.341 Vor diesem Hintergrund beurteilen die GPK auch den Verweis im Untersuchungsauftrag, dass das FKG im Rahmen der Administrativuntersuchung subsidiär zu den Bestimmungen des RVOG und der RVOV anwendbar sei, als unangemessen.

Zudem weisen die GPK auf folgenden Umstand hin: Zwar wurde die Genehmigung der Vergabe der Administrativuntersuchung an die stv. Direktorin der EFK vom Direktor der EFK im Untersuchungsauftrag formell bestätigt, die Durchführung der Administrativuntersuchung wurde aber von diesem überwacht.342 Für die GPK ist zu bezweifeln, dass die stv. Direktorin der EFK ihren Untersuchungsauftrag vor diesem Hintergrund «unabhängig» von der EFK als Behörde wahrnehmen konnte.

Eine vertiefte Prüfung dieser Fragen würde allerdings den Gegenstand dieser Inspektion sprengen. Entsprechend verzichten die GPK an dieser Stelle auf eine vertiefte Prüfung und kommen bei den Empfehlungen 3 und 4 auf diese Thematik zurück.343 Zum Schluss ist es den GPK auch ein Anliegen, daran zu erinnern, dass sie sich im Rahmen der Inspektion zum Rücktritt des SNB-Präsidenten am 9. Januar 2012 schon einmal kritisch zu ad-personam-Aufträgen an Vertreter der EFK geäussert haben, da diese untrennbar mit ihrer Funktion als oberstes Finanzaufsichtsorgan verbunden sind.344

4.4.2

Rechtliches Gehör und Zweck einer Administrativuntersuchung

Einleitend ist an dieser Stelle der Zweck der Administrativuntersuchung darzustellen. Diese ist gemäss Artikel 27a Absatz 1 RVOV «ein spezielles Verfahren der Kontrolle [...], mit dem abgeklärt wird, ob ein Sachverhalt vorliegt, der im öffentlichen Interesse ein Einschreiten von Amtes wegen erfordert.» Durch eine Administrativuntersuchung können Vorkommnisse «umfassend und durch eine unbefangene Instanz untersucht werden.»345 Artikel 27g Absatz 2 RVOV sieht Folgendes vor: «Die in die Administrativuntersuchung einbezogenen Behörden und Angestellten des Bundes sind verpflichtet, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken.» Gemäss Artikel 27g Absatz 4 RVOV können die «einbezogenen Behörden und Personen [...] alle Akten, die sie betreffen» einsehen und dazu Stellung nehmen. Es ist entsprechend am Untersuchungsor341 342 343 344

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-6211/2017 vom 14. Mai 2018 E. 3.3.2.

Vgl. Ziffer 3.4.

Vgl. Ziffer 4.4.4.

Rücktritt des SNB-Präsidenten am 9. Januar 2012: Der Bundesrat im Spannungsfeld zwischen der politischen und der aufsichtsrechtlichen Dimension, Bericht der GPK vom 15. März 2013, Ziff. 3.2.4 (BBl 2013 5658).

345 Rüdy, Bernhard (2013): Administrativuntersuchungen und ihre dienstrechtlichen Konsequenzen. In: Schweizerische Vereinigung für Verwaltungsorganisationsrecht, Verwaltungsorganisationsrecht ­ Staatshaftungsrecht ­ öffentliches Dienstrecht, Jahrbuch 2012.

Stämpfli Verlag. Ziffer 1, S. 120.

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gan, zu entscheiden, welche Person in die Untersuchung «einbezogen» wird, wobei dieser dann das rechtliches Gehör zu gewähren ist. In eine Administrativuntersuchung einbezogen werden können gestützt auf Artikel 27g RVOV nicht nur amtierende Angestellte des Bundes, sondern auch Dritte (wie z.B. ehemalige Angestellte des Bundes). Findet dieser Einbezug statt, ist diesen Personen gestützt auf Artikel 27g Absatz 4 das rechtliche Gehör zu gewähren.

Administrativuntersuchungen müssen mit grosser Sorgfalt durchgeführt werden, weil andernfalls die dadurch generierten Erkenntnisse weder verwertbar noch überzeugend wären.346 In einer Administrativuntersuchung gelten daher bestimmte Verfahrensgarantien, darunter die «gerechte Behandlung».347 Im Sachverhalt wurde erwähnt, dass der Administrativuntersuchungsbericht der EFK insbesondere das damalige Verhalten des Stabschefs 1991­2012, aber auch jenes der Delegierten 2006­2015 kritisiert.348 Wenn nun ausgerechnet diese Personen (der Stabschef 1991­2012 als faktisch Hauptbetroffener des Berichts und die Delegierte 2006­2015 als oberste verantwortliche Person im BWL) nicht in die Untersuchung einbezogen und diesen dementsprechend das rechtliche Gehör verweigert wurde, während andere Personen einbezogen wurden und sich im Rahmen der Gehörsgewährung zur Sache äussern durften, entspricht es nach Auffassung der GPK nicht einem rechtskonformen Vorgehen gegenüber dem Stabschef 1991­2012 und der Delegierten 2006­2015. Zudem verhält sich die EFK widersprüchlich, wenn sie einerseits geltend macht, es hätten bei dieser Administrativuntersuchung keine Teilnahmerechte bestanden, und andererseits aus der Untersuchung hervorgeht, dass bestimmten Personen dann gleichwohl das Recht gewährt wurde, sich im Rahmen von Befragungen zur Sache äussern zu können. Dieses Vorgehen verstösst aus Sicht der GPK gegen Treu und Glauben. Überdies ist auf einen weiteren Widerspruch der EFK hinsichtlich ihrer Behauptung, es seien in der Administrativuntersuchung keine Teilnahmerechte zu gewähren zu gewesen, hinzuweisen: Bei der Anhörung vom 17. August 2017 gaben die EFK-Vertreter an, dem stv. Direktor des BWL habe das rechtliche Gehör gewährt werden müssen.

Das Argument der EFK, man habe die Strafuntersuchung der BA nicht behindern wollen, ist für die GPK nur zum Teil nachvollziehbar: Einerseits
anerkennen die GPK, dass Administrativuntersuchungen gestützt auf Artikel 27b Absatz 1 RVOV Rücksicht auf laufende Strafuntersuchungen zu nehmen haben. Andererseits sieht Absatz 2 des gleichen Artikels vor, dass eine Administrativuntersuchung im Falle eines Verfahrenskonflikts zu sistieren oder abzubrechen ist. Aus den Aussagen der EFK-Vertreter wurde nicht klar, ob die EFK dieses Vorgehen überhaupt in Betracht gezogen hatte. Überdies ist den Kommissionen mangels näherer Erläuterung seitens der EFK nicht vollständig klar, inwiefern die Strafverfolgungsbehörden in der Wahrnehmung ihrer Aufgaben durch die Befragung des Stabschefs 1991­2012 tangiert gewesen wäre. Im Gegensatz zu amtierenden Bundesangestellten wäre die Mitwirkung des Stabschefs 1991­2012 im Rahmen der Administrativuntersuchung

346 347 348

Rüdy, Ziffer 1, S. 121.

Rüdy, Ziffer 4.2, S. 125.

Vgl. Ziffer 3.4.1.

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freiwillig gewesen, womit sich allfällige Probleme betr. Beweisverwertungen 349 in einem Strafverfahren nicht gestellt hätten. Die einzige aus Sicht der GPK nennenswerte allfällige Beeinträchtigung einer laufenden Strafuntersuchung hätte in Form der vorzeitigen Information über behördliche Untersuchungshandlungen gegen den Stabschef 1991­2012 und der daraus folgenden allfälligen Kollusion bestehen können. Dieses Argument wäre aber im Oktober 2016 mit der damaligen Nichtanhandnahmeverfügung der BA entfallen (die EFK wurde von der BA über diese Nichtanhandnahme in Kenntnis gesetzt), nun hätte das rechtliche Gehör ohne allfällige Beeinträchtigungen einer Strafuntersuchung gewährt werden können.350 Im Übrigen ist zur Argumentation der EFK, der Beschuldigte hätte sich bei Gewährung des rechtlichen Gehörs eine Verteidigungsstrategie aufbauen können, festzuhalten, dass es für einen Beschuldigten durchaus rechtlich zulässig ist, eine Verteidigungsstrategie zu entwickeln und dies kein Grund für die Nichtgewährung des rechtlichen Gehörs darstellen kann.

Die GPK anerkennen, dass die EFK bei der Durchführung der Administrativuntersuchung unter Zeitdruck stand. Dies ist allerdings kein Grund, auf möglicherweise zentrale Beweismittel zu verzichten bzw. dem Hauptbetroffenen im Gegensatz zu weniger Betroffenen das rechtliche Gehör zu verweigern. In keiner Weise nachvollziehbar ist schliesslich das Argument der EFK, die Gewährung des rechtlichen Gehörs gegenüber dem Stabschef 1991­2012 wäre aufwendig gewesen. Auch wenn der Einbezug des Stabschefs 1991­2012 aufwendig und zeitraubend gewesen wäre, hätte die EFK diesen ­ angesichts der zentralen Rolle, welche ihm im Bericht zuteilwird ­ anhören müssen.

Das Argument der EFK, es liege eine sachbezogene Untersuchung vor, weshalb das rechtliche Gehör nicht gewährt werden müsse, 351 ist aus Sicht der GPK ebenfalls nicht haltbar: Einerseits ist aus Sicht der Kommissionen zu bezweifeln, dass die EFK eine rein sachbezogene Administrativuntersuchung durchgeführt hat, denn sie beurteilte in ihrem Bericht verschiedentlich das Verhalten einzelner Personen und 349

Es geht hier um Folgendes: Amtierende Bundesangestellte sind verpflichtet, an der Feststellung des Sachverhalts im Rahmen einer Administrativuntersuchung mitzuwirken (Artikel 27g Absatz 2 RVOV). Diese Mitwirkungspflicht kontrastiert zur Stellung eines Beschuldigten in einem Strafverfahren, welcher gerade nicht am Strafverfahren mitwirken und sich insbesondere auch nicht selber belasten muss. Entsprechend könnte es Beweisverwertungsprobleme in einem auf eine Administrativuntersuchung folgenden Strafverfahren geben, weil der Beschuldigte im vorherigen Verfahren (Administrativuntersuchung) an der Feststellung des Sachverhaltes mitwirken musste und sich dadurch allenfalls selber belastet hat. Somit würde sein rechtlicher Anspruch in einem Strafverfahren, sich nicht selber belasten zu müssen, faktisch vereitelt. Allerdings sieht Artikel 27h Absatz 2 RVOV deshalb vor, dass zu befragende Personen darauf hinzuweisen sind, dass sie ihre Aussage verweigern können, «wenn sie sich mit dieser im Hinblick auf ein Disziplinar- oder Strafverfahren selbst belasten würden». Die genannte Problematik stellt sich nun bei ehemaligen Bundesangestellten als Dritte gerade nicht, weil deren Mitwirkung bei einer Administrativuntersuchung ohnehin freiwillig ist (Art. 27h Abs. 3 RVOV).

350 Am 7. November 2016 übergab die EFK dem WBF deren Administrativuntersuchungsbericht (Aktennotiz des WBF vom 14. Juli 2017, S. 1), aber das Verfahren der Administrativuntersuchung war damit noch nicht abgeschlossen. Dies ist u.a. daran erkennbar, dass die EFK i.Z.m. den Zugangsgesuchen gemäss BGÖ noch im April 2017 Änderungen am Administrativuntersuchungsbericht vornahm.

351 Vgl. Ziffer 3.4.2.

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formulierte betreffend den stv. Direktor des BWL sogar eine konkrete personalrechtliche Empfehlung.352 Ausserdem widerspricht sich die EFK selber: Einerseits machte sie im Administrativuntersuchungsbericht geltend, eine solche Untersuchung richte sich nicht gegen einzelne Personen, sondern habe zum Ziel, einen Sachverhalt abzuklären und zu eruieren, ob ein Einschreiten von Amtes wegen erforderlich sei.

Damit wird suggeriert, es gehe einzig um die Sachverhaltsabklärung und es spiele keine Rolle, ob bzw. inwiefern anschliessend ein Disziplinarverfahren durchgeführt werden kann. Andererseits gab die EFK im Bericht an, auf eine Befragung der Delegierten 2006­2015 sowie des Stabschefs 1991­2012 verzichtet zu haben, weil gegen diese Personen aufgrund deren Ausscheiden aus dem öffentlichen Dienst ohnehin keine disziplinarrechtlichen Schritte möglich gewesen wären.353 Diese Argumentation zeigt aber, dass es doch eine Rolle spielte, ob im Anschluss an die Administrativuntersuchung ein Disziplinarverfahren durchgeführt werden kann.

Überdies wird im selben Aufsatz, auf welchen sich die EFK bei ihrer Argumentation bezieht, auch dargelegt, dass die frühere Unterscheidung zwischen Administrativuntersuchungen und Disziplinaruntersuchungen heute nicht mehr aktuell sei. 354 Ausserdem ist auf folgenden Punkt hinzuweisen: Es ist aus Sicht der GPK höchst fraglich, ob der Zweck der Administrativuntersuchung gemäss Artikel 27a Absatz 1 RVOV ­ d.h. die Abklärung, ob ein bestimmter Sachverhalt vorliegt ­ erreicht werden kann, wenn zwei ex ante betrachtet potentiell sehr wichtige Beweismittel ­ konkret die Aussagen des Stabschefs 1991­2012 und der Delegierten 2006­2015 ­ nicht in die Untersuchung einfliessen.355 Hier besteht nach Auffassung der GPK die Gefahr, dass wichtige sachdienliche Angaben nicht berücksichtigt werden und somit der Sachverhalt ungenügend abgeklärt wird.

Die GPK sind somit zusammengefasst klar der Auffassung, dass die EFK die beiden erwähnten Personen zu Unrecht nicht in die Administrativuntersuchung einbezogen bzw. nicht angehört hat. Dieser Verfahrensmangel kann durch die Stellungnahmen der ehemaligen Delegierten und des ehemaligen Stabschefs im Rahmen des Zugangsgesuchs aufgrund des Öffentlichkeitsgesetzes nicht als geheilt betrachtet werden.

Überdies befremdet es die GPK sehr, dass sich die
EFK ihr gegenüber auf ein angebliches «Rechtsgutachten» zur Frage des rechtlichen Gehörs bezogen hat, welches sich bei genauerem Nachfragen der GPK dann als blosse Aktennotiz herausstellte356.

Sie verurteilen diese irreführenden Angaben und erwarten von der EFK, dass diese in Zukunft transparent kommuniziert. Schliesslich weisen die GPK i.d.Z. auch auf 352 353 354 355

Vgl. Ziffer 3.1.4.

Vgl. Ziffer 3.4.2.

Rüdy, Ziffer 1, S. 120 f.

I.d.Z. ist die Aussage der EFK-Vertreter, es sei klar gewesen, nur Personal des BWL zu befragen, nicht nachvollziehbar (vgl. Ziff. 3.4.2). Entscheidend müsste sein, ob die betreffende Person wichtige Angaben zum Sachverhalt vorbringen kann und nicht, ob sie gegenwärtig für das Amt tätig ist. Dass die RVOV Raum für solche Befragungen lässt, wurde auch von der EFK nicht bestritten (vgl. Ziff. 3.4.2).

356 Die EFK hat sich in der Verwaltungskonsultation zum vorliegenden Bericht dahingehend geäussert, dass sie die Unterscheidung zwischen einem Rechtsgutachten und einer von einer Anwaltskanzlei innerhalb eines Verfahrens verfassten schriftlichen Notiz für sehr theoretisch erachtet.

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Folgendes hin: Für die GPK ist nachvollziehbar, dass ein Administrativuntersuchungsorgan punktuell eine Anwaltskanzlei beizieht, um einzelne, komplexe Rechtsfragen beantworten zu lassen. Nicht nachvollziehbar ist hingegen, dass sich die EFK sogar betr. grundlegender Verfahrensfragen (rechtliches Gehör) von einer Anwaltskanzlei beraten lassen musste. Die fachliche Befähigung zur Durchführung einer Administrativuntersuchung (vgl. Art. 27d Abs. 1 Bst. a RVOV) durch die EFK wird dadurch aus Sicht der GPK in Frage gestellt.357

4.4.3

Unabhängigkeit des Untersuchungsorgans

Rechtliche Grundlagen Es wurde bereits dargelegt, dass das Untersuchungsorgan zur Durchführung einer Administrativuntersuchung gewisse Voraussetzungen erfüllen muss, so darf es u.a.

nicht im gleichen Aufgabengebiet tätig sein.358 Überdies sind die Ausstandsbestimmungen gemäss Artikel 10 VwVG zu beachten.359 Die Ausstandsvorschriften bezwecken eine «objektive Prüfung durch eine unparteiische und unvoreingenommene Behörde.»360 Hierbei reicht für die Annahme von Zweifeln an der Unabhängigkeit das Vorliegen von Umständen aus, welche nach objektiver Betrachtung geeignet sind, einen Anschein der Parteilichkeit oder Voreingenommenheit zu begründen.361 Die Frage der Unabhängigkeit stellt sich aus Sicht der Kommissionen einerseits beim erwähnten Subventionsexperten, aber andererseits auch ganz grundsätzlich bei der EFK, welche die Administrativuntersuchung wie erwähnt faktisch als Behörde durchgeführt hat, auch wenn sich die Ausstandsnormen rechtlich gesehen nicht auf eine Behörde im Gesamten, sondern nur auf die dafür tätigen natürlichen Personen beziehen (vgl. dazu den folgenden Absatz).362 Beachtung der Unabhängigkeit bei der Administrativuntersuchungsvergabe Wie bereits erwähnt, war ein Subventionsexperte, welcher auch bei der Administrativuntersuchung mitwirkte, bereits an der Prüfung im BWL im Jahr 2014 beteiligt gewesen. In jener Prüfung war die EFK bekanntlich u.a. zum Schluss gekommen, dass sich keine Anhaltspunkte ergeben hätten, wonach das Risikomanagement nicht in adäquater Weise wahrgenommen werde.363 Auch wenn im Administrativuntersuchungsbericht das Risikomanagement des BWL im Bereich Hochseeschifffahrt kritisch bewertet wurde, kann eine persönliche Befangenheit nicht ausgeschlossen 357 358 359 360

Vgl. dazu auch die Ausführungen unter Ziffer 4.4.3.

Vgl. Ziffer 2.2.2.

Artikel 27d Absatz 4 VwVG (SR 172.021).

Breitenmoser, Stephan / Spori Fedail, Marion (2016): Artikel 10 (N 2). In: Waldmann, Bernhard / Weissenberger, Philippe (Hrsg.): Praxiskommentar Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVG). Zürich: Schulthess Juristische Medien AG.

361 Breitenmoser, Stephan / Spori Fedail, Marion (2016): Artikel 10 (N 2). In: Waldmann, Bernhard / Weissenberger, Philippe (Hrsg.): Praxiskommentar Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVG). Zürich: Schulthess Juristische Medien AG.

362 Breitenmoser, Stephan / Spori Fedail, Marion (2016): Artikel 10 (N 33). In: Waldmann, Bernhard / Weissenberger, Philippe (Hrsg.): Praxiskommentar Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVG). Zürich: Schulthess Juristische Medien AG.

363 Vgl. Ziffer 3.4.3.

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werden. Wie die weiteren Ausführungen zeigen, kann an dieser Stelle allerdings offen bleiben, ob hier tatsächlich ein rechtliches Problem (nötige Unabhängigkeit bzw. Objektivität) vorliegt.

Unabhängig von der rechtlichen Bewertung beurteilt es die GPK als nicht nachvollziehbar bzw. nicht zweckmässig, dass der Subventionsexperte vor diesem Hintergrund für die Administrativuntersuchung beigezogen wurde. Diese Einschätzung bezieht sich aber nicht nur auf den Subventionsexperten, sondern ganz allgemein auf die Durchführung einer Administrativuntersuchung durch die EFK: Es ist von aussen betrachtet nicht nachvollziehbar, weshalb eine Behörde, welche gemäss eigenen Angaben im Jahr 2010 eine mangelhafte Prüfung zu einer Thematik durchgeführt hatte, einige Jahre später im Rahmen einer Administrativuntersuchung allfällige Mängel in genau demselben Themenbereich untersuchen soll. Die GPK sind daher der Meinung, dass die stv. Direktorin der EFK bzw. die EFK den Auftrag für eine Administrativuntersuchung nicht hätte annehmen sollen.

Unabhängig von diesem Einzelfall sind die Kommissionen der Auffassung, dass die EFK ­ welche als oberstes Finanzaufsichtsorgan in allen Bereichen der Bundesverwaltung tätig ist ­ vor dem Hintergrund von Artikel 27d Absatz 1 Buchstabe b RVOV (das Untersuchungsorgan soll nicht im betreffenden Aufgabenbereich tätig sein) überhaupt keine Administrativuntersuchungen durchführen sollte. Die GPK fordern deshalb den Bundesrat auf, die erwähnte Bestimmung bei nächster Gelegenheit in diesem Sinne zu präzisieren, um allfälligen künftigen Problemen betr. Unabhängigkeit des Untersuchungsorgans entgegenzuwirken. Überdies wird an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass vor dem Hintergrund des Beizugs einer Anwaltskanzlei zur Klärung von grundlegenden Verfahrensfragen zweifelhaft ist, ob die EFK die fachlichen Fähigkeiten i.S.v. Artikel 27d Absatz 1 Buchstabe a RVOV erfüllt.364 Aus den bisherigen Ausführungen ergibt sich aber auch, dass das WBF diese Administrativuntersuchung nicht an die stv. Direktorin der EFK bzw. die EFK hätte vergeben sollen. Dem WBF hätte bewusst sein müssen, dass die EFK aufgrund ihrer Prüfberichte von 2010 und 2014 möglicherweise nicht über die nötige Unabhängigkeit für die Durchführung dieser Administrativuntersuchung verfügte. Insofern ist es nicht nachvollziehbar,
dass das WBF die Untersuchung nicht anderweitig vergeben hat, z.B. an einen auf solche Untersuchungen spezialisierten Rechtsanwalt. Der Hinweis auf die knappen finanziellen Ressourcen ist dabei keine hinreichende Begründung: Die GPK ist dezidiert der Ansicht, dass es einem Departement möglich sein muss, für Vorkommnisse von gewisser Tragweite die Mittel für eine ausreichend unabhängige Untersuchung zu sprechen. Auf die Wahrnehmung einer adäquaten Führung und Aufsicht ­ und dazu gehören auch korrekte Rahmenbedingungen bei der Durchführung einer Administrativuntersuchung ­ kann unter keinen Umständen aus finanziellen Gründen verzichtet werden.

Unabhängig von diesem Einzelfall ist es nach Ansicht der GPK sinnvoll, die Frage der Unabhängigkeit der mit einer Administrativuntersuchung betrauten Behörden im Allgemeinen vertieft zu prüfen. Die Kommissionen fragen sich insbesondere, ob und in welchen Fällen nebst der EFK auch andere Einheiten wie die Rechtsdienste von 364

Vgl. Ziffer 4.4.2.

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Bundesämtern oder die Generalsekretariate von Departementen Beschränkungen gemäss Artikel 27d Absatz 1 Buchstabe b RVOV unterworfen wären. Daher ersuchen sie den Bundesrat, die entsprechende rechtliche Bestimmung zu präzisieren.

Empfehlung 3

Unabhängigkeit des Administrativuntersuchungsorgans

Die GPK fordern den Bundesrat auf, die Vorgabe von Artikel 27d Absatz 1 Buchstabe b RVOV, wonach das Administrativuntersuchungsorgan nicht im von der Administrativuntersuchung betroffenen Aufgabengebiet tätig sein darf, zu präzisieren.

Bundesverwaltungsinterne und -externe Administrativuntersuchungen Wie bereits erwähnt, sieht die RVOV die Möglichkeit vor, eine Administrativuntersuchung an Personen ausserhalb der Bundesverwaltung (z.B. praktizierende Rechtsanwälte, Rechtsprofessoren) zu vergeben. Die GPK halten es insbesondere angesichts gewisser Äusserungen der EFK-Vertreter an der Anhörung vom 22. Januar 2018 für angebracht, diesbezüglich einige Klarstellungen vorzunehmen: Der Hinweis der EFK, dass der Auftraggeber bei der Vergabe an externe Personen Einfluss auf die Ergebnisse nehmen könnte, ist zwar richtig. Allerdings gilt es hier Folgendes zu bedenken: Dies ist grundsätzlich rechtlich zulässig, indem bspw. durch die Bestimmung des Untersuchungsgegenstandes die Richtung der Administrativuntersuchung bestimmt wird. Überdies ist dies auch folgerichtig, weil die Administrativuntersuchung ein Instrument der Dienstaufsicht (vorliegend: des Departements) ist. Zudem kann in Erinnerung gerufen werden, dass das Departement in der gleichen Art und Weise auch bei einer verwaltungsinternen Administrativuntersuchung (und somit gegenüber der EFK) Einfluss nehmen kann.

In keiner Weise nachvollziehbar ist die sinngemäss vorgebrachte Argumentation der EFK, diese könne im Gegensatz zu einem externen Untersuchungsorgan die FinDel mit dem Administrativuntersuchung «sofort und ungeschwärzt» bedienen.365 Es ist hierbei Folgendes in Erinnerung zu rufen: Das FKG ist für die Kommunikation bezüglich des Berichts nicht anwendbar, denn es ist gemäss RVOV der Auftraggeber (vorliegend: das WBF), welcher die Hoheit über den Administrativuntersuchungsbericht hat und über dessen Verwendung entscheidet.366. Wie erwähnt, handelt es sich ja bei einer Administrativuntersuchung um ein Instrument der Dienstaufsicht und nicht der Finanzaufsicht gemäss FKG oder der parlamentarischen Oberaufsicht. Entsprechend hätte die EFK die FinDel ohne das vorherige Einver365

Die EFK-Vertreter dürften sich hier auf Artikel 14 Absatz 1 FKG beziehen (wonach die EFK der FinDel Prüfberichte zustellt), welcher aber in Administrativuntersuchungen keine selbständige Geltung beanspruchen kann.

366 Artikel 27e Absatz 1 Buchstaben c, d und h RVOV (SR 172.010.1) i.V.m. Ziffer 10 des Untersuchungsauftrages des WBF; Artikel 27j Absatz 3 und 4 RVOV (SR 172.010.1).

Ziffer 10 des Untersuchungsauftrages verweist zwar (wie bereits erwähnt in unklarer Weise) auf das FKG, belässt die Hoheit über die Kommunikation betr. die Administrativuntersuchung und somit auch den Bericht an sich aber beim WBF. Dies ist ein weiteres Beispiel für eine aus Sicht der GPK unglückliche Verbindung von Normen betr. Administrativuntersuchung (in der RVOV) und solcher gemäss FKG.

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ständnis des WBF gar nicht mit dem Administrativuntersuchungsbericht bedienen dürfen, es sei denn, die FinDel hätte dies gestützt auf ihre ­ von der Administrativuntersuchung nicht tangierten ­ Informationsrechte gemäss Parlamentsgesetz verlangt.367 Schliesslich weisen die GPK auf eine weitere Problematik hin: Die EFK reichte basierend auf Erkenntnissen aus der Administrativuntersuchung, aber nach eigenen Angaben rechtlich gestützt auf das Bundespersonalgesetz und somit kraft ihrer Funktion als oberstes Finanzaufsichtsorgan gemäss FKG, Strafanzeige u.a. gegen den Stabschef 1991­2012 bei der BA ein. Damit überschritt die EFK nach Ansicht der GPK ihre Kompetenzen, denn über die Folgen einer Administrativuntersuchung entscheidet gemäss Artikel 27j Absatz 4 RVOV der Auftraggeber, und nicht das Untersuchungsorgan.368 Entsprechend hätte nur das WBF Strafanzeige einreichen dürfen. Diese Vorschrift kann auch nicht durch davon allenfalls abweichende Vorgaben im Untersuchungsauftrag derogiert werden.369 Ausserdem sieht Artikel 27j Absatz 5 RVOV vor, dass «die Ergebnisse einer Administrativuntersuchung [...]

zum Anlass für die Einleitung anderer, insbesondere personalrechtlicher Verfahren genommen werden» können. Auch hier ist es aus Sicht der GPK am Auftraggeber, über die Einleitung dieser allfälligen «anderen» Verfahren zu entscheiden, weil sonst ein Widerspruch zu Artikel 27j Absatz 4 RVOV bestünde und der Auftragnehmer in den Zuständigkeitsbereich des Auftraggebers eingreifen würde370. Ergänzend kann festgehalten werden, dass folgerichtig auch ein externer Experte, der mit einer Administrativuntersuchung betraut würde, nicht gestützt auf das BPG Strafanzeige einreichen dürfte. Auch dieser Aspekt zeigt die Problematik der Durchführung einer Administrativuntersuchung durch die EFK auf: Im Rahmen einer Administrativuntersuchung kann die EFK nicht sowohl den «Hut» des obersten Finanzaufsichtsorgans des Bundes wie auch den «Hut» der Dienstaufsicht aufhaben.371

367

368

369

370 371

Vgl. hierzu auch den Zwischenentscheid des Bundesverwaltungsgerichts A-6908/2017 vom 14. Mai 2018 E. 4.3.4: «Es wäre daher stossend und mit der in Departemente gegliederten Organisation der zentralen Bundesverwaltung (vgl. Art. 43 RVOG und Art. 7 RVOV) nicht vereinbar, wenn mit der EFK eine aussenstehende und bei einem anderen Departement angegliederte Behörde über die Veröffentlichung von Informationen im Ver-antwortlichkeits- und Zuständigkeitsbereich eines anderen Departements entscheiden könnte.» Bundeskanzlei: Erläuternder Bericht zur Änderung der Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung (RVOV), Nov. 2004, S. 5 (unveröffentlicht). Siehe auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-6211/2017 vom 14. Mai 2018 E. 3.7.

Der Untersuchungsauftrag enthält im vorliegenden Fall keine diesbezüglich derogierenden Vorgaben. Zwar ist in Ziffer 7 aufgeführt, dass die Beauftragte «im Zusammenhang mit der Untersuchung jederzeit mit [...] Dritten in Kontakt treten» darf; darunter fällt aber vor dem Hintergrund des Gesagten nicht die Einreichung einer Strafanzeige.

Vgl. auch Zwischenentscheid des Bundesverwaltungsgerichts A-6908/2017 vom 14. Mai 2018 E. 4.4.3.

Eine ähnliche Rollenproblematik stellten die GPK schon im Jahr 2013 fest. Vgl. Rücktritt des SNB-Präsidenten am 9. Jan. 2012: Der Bundesrat im Spannungsfeld zwischen der politischen und der aufsichtsrechtlichen Dimension, Bericht der GPK vom 15. März 2013 (BBl 2013 5658).

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Empfehlung 4

EFK und Administrativuntersuchungen

Die GPK bitten den Bundesrat, explizit zu klären, ob es zulässig und zweckmässig ist, dass die EFK (bzw. deren Exponenten) als oberstes Finanzaufsichtsorgan und unabhängige Behörde im Auftrag von Departementen im Rahmen der Dienstaufsicht Administrativuntersuchungen durchführen.

4.4.4

Weitere Empfehlungen

Im Folgenden werden die weiteren Empfehlungen, welche sich aus den vorherigen Erläuterungen ergeben und sich weder spezifisch auf das rechtliche Gehör oder die Unabhängigkeit des Administrativuntersuchungsorgans beziehen, dargestellt.

Allgemeine Fragen zu Administrativuntersuchungen Es wurde darauf hingewiesen, dass sich aus Sicht der GPK verschiedene Fragen zu Administrativuntersuchungen im Allgemeinen stellen: Können Administrativuntersuchungen (faktisch) an Behörden statt an Personen vergeben werden? Ist es zulässig, dass ein im Untersuchungsauftrag nicht genannter Dritter (vorliegend: der Direktor der EFK) die Administrativuntersuchung bzw. die Beauftragte überwacht?372 Da wie erwähnt eine vertiefte Prüfung dieser Fragen an dieser Stelle zu weit führen würde, fordern die GPK den Bundesrat auf, diese Fragen zu klären und der GPK Bericht zu erstatten.373 Empfehlung 5

Allgemeine Fragen zu Administrativuntersuchungen

Die GPK ersuchen den Bundesrat, zu überprüfen, ob eine Administrativuntersuchung gestützt auf Artikel 27d RVOV nur an Personen oder auch an Behörden vergeben werden darf und inwiefern die Beaufsichtigung eines Bundesangestellten als Beauftragten durch die vorgesetzte Person die Unabhängigkeit des Beauftragten tangiert.

Prüfung eines Kompetenzzentrums für Administrativuntersuchungen Wie die vorherigen Ausführungen zeigen, stellen sich im Rahmen einer Administrativuntersuchung sowohl vor Erteilung des Untersuchungsauftrages als auch während einer Administrativuntersuchung verschiedene (rechtliche) Fragen. Diese wurden im vorliegenden Fall weder durch das WBF noch durch die EFK genügend geprüft, obwohl beide Behörden über einen eigenen Rechtsdienst verfügen. Die GPK sind der Ansicht, dass die Rahmenbedingungen von Administrativuntersuchungen zu 372 373

Vgl. Ziffer 4.4.1.

Es kann bereits an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass die GPK die Parlamentarische Verwaltungskontrolle mit einer Evaluation zu Administrativuntersuchungen und Disziplinarverfahren beauftragt hat, in deren Rahmen voraussichtlich ähnliche Fragen zu klären sein werden.

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professionalisieren sind. Im Interesse einer in der Bundesverwaltung möglichst homogenen Durchführung von Administrativuntersuchungen ersuchen die Kommissionen den Bundesrat daher, die Schaffung eines bundesverwaltungsinternen Kompetenzzentrums zu prüfen, welches die notwendige Verfahrensexpertise besitzt und sowohl dem Auftraggeber wie auch dem Auftragnehmer einer Administrativuntersuchung beratend zur Seite stehen würde.

Empfehlung 6

Kompetenzzentrum für Administrativuntersuchungen

Die GPK ersuchen den Bundesrat, zu prüfen, ob auf Stufe Bund (z.B. im Bundesamt für Justiz) ein Kompetenzzentrum für Administrativuntersuchungen geschaffen werden sollte, welches Auftraggeber und ­nehmer einer Administrativuntersuchung insbesondere hinsichtlich rechtlicher Fragen beraten könnte.

4.5

Lehren für Bürgschaften und ähnliche Verpflichtungen des Bundes

Nachfolgend wird dargelegt, inwiefern die GPK betr. die Bürgschaften und ähnlicher Verpflichtungen des Bundes einen Handlungsbedarf erkennen und wie die Kommissionen die vom Bund aus der Krise um die Hochseeschifffahrts-Bürgschaften gezogenen Lehren beurteilen.

Im Sachverhalt wurde dargestellt, dass teilweise sehr hohe Verbindlichkeiten in Form von Bürgschaften oder Garantieverpflichtungen bestehen. Einige dieser Verbindlichkeiten sind ins Risikomanagement des Bundes integriert, andere nicht. Die EFV hat gegenüber den GPK dargelegt, warum dies bei einigen nicht der Fall ist.374 Die Kommissionen können grundsätzlich nachvollziehen, weshalb nicht alle Bürgschaften und ähnliche Verpflichtungen im Risikomanagement des Bundes aufgeführt werden. Gleichwohl sollte der Bund für alle diese Verpflichtungen prüfen, ob diese gestützt auf die Erkenntnisse aus den Problemen mit den HochseeschifffahrtsBürgschaften neu beurteilt werden sollten und konkret, ob diese auch ins Risikomanagement des Bundes integriert werden sollten.

Die Kommissionen unterstützen die Schlussfolgerung der EFV, wonach dem Risikoaspekt sowohl beim Vollzug als auch beim Eingehen von allfälligen neuen Verbindlichkeiten mehr Beachtung zu schenken ist, vollumfänglich.

Hinsichtlich des Vollzugs stellt sich den GPK die Frage, ob der Bundesrat allenfalls für die ganze Bundesverwaltung Kriterien für die Vergabe von Bürgschaften bzw.

das Eingehen von Garantieverpflichtungen aufstellen sollte. Sie bitten den Bundesrat daher, eine solche Vorgabe oder Auflistung von Kriterien zu prüfen.

Bezüglich dem Eingehen von allfälligen neuen Verbindlichkeiten erwarten die GPK vom Bundesrat, dass das Parlament in Entwürfen und Botschaften in Zukunft vollständig und vertieft bzw. besser über mögliche finanzielle Konsequenzen und Risi-

374

Vgl. Ziffer 3.5.1.

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ken orientiert wird, damit es die entsprechende Vorlage im Rahmen seiner Gesetzgebungsaufgabe kritisch würdigen kann.

Empfehlung 7

Überprüfung des Einbezugs in das Risikomanagement

Die GPK fordern den Bundesrat auf, zu prüfen, ob die Bürgschaften und ähnlichen Verpflichtungen des Bundes, welche bisher noch nicht im Risikomanagement des Bundes aufgeführt sind, in dieses integriert werden sollten.

Empfehlung 8

Überprüfung einheitlicher Vorgaben für den Vollzug von Bürgschaften und ähnlichen Verpflichtungen

Die GPK ersuchen den Bundesrat, zu prüfen, ob vor dem Hintergrund der Krise um die Hochseeschifffahrts-Bürgschaften einheitliche Vorgaben für die Gewährung von Bürgschaften und ähnlichen Verpflichtungen erlassen werden sollten.

5

Schlussfolgerungen

Die GPK konzentrierten sich im Rahmen ihrer Untersuchung insbesondere auf Fragen zur Aufsicht des WBF über das BWL und die Aufsicht des EDA über das SSA, die Information des Gesamtbundesrates, die Rolle der EFK und die Lehren aus der Angelegenheit. Die Prüfung des Verkaufsprozesses und die Analyse der Abläufe und Verantwortlichkeiten im BWL waren hingegen nicht Auftrag der Untersuchung der GPK, da diese durch andere Organe untersucht wurden oder werden.

Die wesentlichen Feststellungen dieser Inspektion haben die GPK bereits unter den jeweiligen Kapiteln aufgezeigt. An dieser Stelle werden nun die grundlegendsten Erkenntnisse dargelegt.

Die Untersuchung hat gezeigt, dass das BWL nicht zeitgerecht auf die Krise betr. die Hochseeschifffahrts-Bürgschaften reagierte, das Departement nur ungenügend informierte und dadurch seine «Bringschuld» gegenüber dem Departement nicht angemessen erfüllte. Für die GPK ist aber auch entscheidend, dass sich das WBF hinsichtlich des BWL lange zu passiv verhalten und die Aktivitäten des BWL im Rahmen seiner Aufsichtsaufgabe zu wenig hinterfragt hat. Dies zeigt sich insbesondere in der bis zur Eskalation der Krise im Juni 2015 nie erfolgten Thematisierung der Hochseeschifffahrts-Bürgschaften im Rahmen von Führungsgesprächen und der mangelhaften Berücksichtigung von Problemhinweisen in Informationsnotizen sowie dem Risikoreporting. Dies führte dazu, dass die mangelhaften Prozesse bezüglich der Hochseeschifffahrts-Bürgschaften im BWL lange nicht entdeckt wurden.

I.d.Z. ist für die Kommissionen ebenfalls von Bedeutung, dass innerhalb des BWL wie auch zwischen der Departementsspitze und der Amtsleitung die Kompetenzen und Zuständigkeiten der Amtsleitung teilweise komplett unterschiedlich beurteilt wurden, was zu den Problemen um die Hochseeschifffahrts-Bürgschaften beigetragen haben dürfte.

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Aus Sicht der GPK wurde aber nach Erkennen der Krise im Juni 2015 im WBF die Aufsicht über das BWL verbessert. Ebenso kann festgehalten werden, dass das WBF den Gesamtbundesrat ab Juni 2015 angemessen über die Problematik informierte.

Positiv zu bewerten ist auch, dass aufgrund der Problematik der Hochseeschifffahrts-Bürgschaften auch auf anderen Ebenen Lehren gezogen wurden. Dazu gehören einerseits die Bestrebungen für eine bessere Zusammenarbeit zwischen dem BWL und dem SSA, welche dazu eine Kooperationsvereinbarung abgeschlossen haben, und andererseits die Massnahmen im Hinblick auf eine bessere Berücksichtigung der Risiken von Bürgschaften und ähnlichen Verpflichtungen im Rahmen des Risikomanagements des Bundes.

Eine andere, kritische Erkenntnis aus der Untersuchung der GPK betrifft die EFK und deren Durchführung der Administrativuntersuchung im BWL. Die GPK sind klar der Ansicht, dass die EFK die Administrativuntersuchung aufgrund der Unabhängigkeits-Problematik nicht hätte durchführen dürfen. Hinzu kommt auch, dass die Untersuchung aus Sicht der GPK mangelhaft durchgeführt wurde, indem sie auf einen Einbezug des Stabschefs 1991­2012 und der Delegierten 2006­2015 verzichtete. Der Entscheid der EFK, diese beiden Personen nicht anzuhören, ist für die GPK nicht nachvollziehbar. Dass die EFK dieses Vorgehen auch heute noch als richtig erachtet und die Problematik bezüglich ihrer fehlenden Unabhängigkeit negiert, wirft für die Kommissionen letztlich grundsätzliche Fragen zur fachlichen Eignung der EFK als Untersuchungsorgan für eine Administrativuntersuchung auf. In diesem Zusammenhang ist aber auch das WBF zu kritisieren, welches die Problematik der Unabhängigkeit anscheinend unterschätzte.

Die Abklärungen zur Rolle der EFK zeigten überdies auch, dass es im Rahmen der Administrativuntersuchung der EFK zu einer Vermischung von Vorgaben betr.

Administrativuntersuchungen gemäss RVOV und Vorgaben betr. die EFK gemäss FKG kam. Eine solche Vermischung von anwendbaren Normen soll in Zukunft unterbunden werden.

Auf der Basis dieser Feststellungen haben die GPK acht Empfehlungen an den Bundesrat gerichtet.

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6

Weiteres Vorgehen

Die GPK ersuchen den Bundesrat, zu den obigen Feststellungen und Empfehlungen bis spätestens am 1. Oktober 2018 Stellung zu nehmen. Sie laden auch die EFK ein, sich bis zum selben Zeitpunkt zu den sie betreffenden Feststellungen zu äussern.

26. Juni 2018

Im Namen der Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte Die Präsidentin der GPK-S: Ständerätin Anne Seydoux-Christe Der Vizepräsident der GPK-N: Nationalrat Erich von Siebenthal Die Präsidentin der Arbeitsgruppe: Nationalrätin Yvonne Feri Die Sekretärin der GPK: Beatrice Meli Andres

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Abkürzungsverzeichnis BA BAFU BAG BAV BGA BGÖ BK BPG BV BVGer BWL BWO DV EDA EDI EDÖB EFK EFV EJPD EVD FHG FHV FinDel FKG GPK GS-WBF GS-UVEK IKS IWF LVG OV-EVD OV-WBF

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Bundesanwaltschaft Bundesamt für Umwelt Bundesamt für Gesundheit Bundesamt für Verkehr Bundesgesetz vom 26. Juni 1998 über die Archivierung (SR 152.1) Bundesgesetz vom 17. Dezember 2004 über das Öffentlichkeitsprinzip der Verwaltung (Öffentlichkeitsgesetz; SR 152.3) Bundeskanzlei Bundespersonalgesetz vom 24. März 2000 (SR 172.220.1) Bundesverfassung (SR 101) Bundesverwaltungsgericht Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung Bundesamt für Wohnungswesen Direktion für Völkerrecht Eidg. Departement des Äussern Eidg. Departement des Innern Eidg. Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragter Eidg. Finanzkontrolle Eidg. Finanzverwaltung Eidg. Justiz- und Polizeidepartement Eidg. Volkswirtschaftsdepartement Bundesgesetz vom 7. Oktober 2005 über den eidgenössischen Finanzhaushalt (SR 611.0) Finanzhaushaltverordnung vom 5. April 2006 (SR 611.01) Finanzdelegation der eidg. Räte Bundesgesetz vom 28. Juni 1967 über die Eidgenössische Finanzkontrolle (SR 614.0) Geschäftsprüfungskommissionen der eidg. Räte Generalsekretariat des WBF Generalsekretariat des UVEK Internes Kontrollsystem Internationaler Währungsfonds Bundesgesetz vom 17. Juni 2016 über die wirtschaftliche Landesversorgung (SR 531) Organisationsverordnung vom 14. Juni 1999 für das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement (SR 172.216.1) Organisationsverordnung vom 14. Juni 1999 für das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (SR 172.216.1)

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ParlG RVOG RVOV SECO SIF SNB SSA UVEK VBGA VwVG VWLV WBF

Bundesgesetz vom 13. Dez. 2002 über die Bundesversammlung (ParlG; SR 171.10) Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21. März 1997 (SR 172.010) Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung vom 25. November 1998 (SR 172.010.1) Staatssekretariat für Wirtschaft Staatssekretariat für internationale Finanzfragen Schweizerische Nationalbank Schweizerisches Seeschifffahrtsamt Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation Verordnung vom 8. September 1999 zum Bundesgesetz über die Archivierung (SR 152.11) Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (SR 172.021) Verordnung vom 10. Mai 2017 über die wirtschaftliche Landesversorgung (SR 531.11) Eidg. Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung

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Verzeichnis der angehörten Personen Ayoubi, Semya

Stv. Generalsekretärin des EDA

Brupacher Trivigno, Stefan

Generalsekretär des WBF

Christ, Brigitte

Stv. Direktorin der EFK

Dürler, Reto

Leiter des SSA

Eichmann, Michael

Stabschef des BWL 1991­2012

Flessenkämper, Alfred

Stv. Direktor des BWL

Girgis-Musy, Gisela

Delegierte für die wirtschaftliche Landesversorgung 2006­2015

Heynen, Nicole

Co-Sektionsleiterin Risikomanagement und Versicherungspolitik der EFV

Huissoud, Michel

Direktor der EFK

König, Peter

Prüfungsexperte Finanz 3, Leiter der Administrativuntersuchung

Leuthard, Doris

Bundesrätin, Vorsteherin des EVD 2006­2010

Meier, Werner

Delegierter für wirtschaftliche Landesversorgung (seit 2015)

Schneider-Ammann, Johann

Bundesrat, Vorsteher des WBF

Schwaar, Karl

Stv. Direktor der EFV

Thurnherr, Walter

Bundeskanzler, Generalsekretär des EVD 2003­2010

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