18.067 Botschaft zum zweiten Schweizer Beitrag an ausgewählte EU-Mitgliedstaaten zur Verringerung der wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten in der erweiterten EU sowie zur Unterstützung von Massnahmen im Bereich der Migration vom 28. September 2018

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf je eines Bundesbeschlusses über den zweiten Schweizer Beitrag an ausgewählte EU-Mitgliedstaaten zur Verringerung der wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten in der erweiterten EU (Rahmenkredit Kohäsion) sowie zur Unterstützung von Massnahmen im Bereich der Migration (Rahmenkredit Migration).

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

28. September 2018

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Alain Berset Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

2018-2005

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Übersicht Mit der vorliegenden Botschaft beantragt der Bundesrat zwei Bundesbeschlüsse.

In einem ersten Beschluss sind zugunsten der 13 Länder, welche der EU seit 2004 beigetreten sind (EU-13), 1046,9 Millionen Franken vorgesehen zur Verringerung der wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten (Rahmenkredit Kohäsion).

Gestützt auf einen zweiten Bundesbeschluss sollen 190 Millionen Franken auch in EU-Ländern ausserhalb der EU-13 für Massnahmen im Bereich Migration eingesetzt werden (Rahmenkredit Migration). Beide Rahmenkredite bilden, zusammen mit dem entsprechenden Eigenaufwand der Bundesverwaltung von 65,1 Millionen Franken, den zweiten Beitrag der Schweiz an ausgewählte EU-Mitgliedstaaten im Betrag von 1302 Millionen Franken über 10 Jahre.

Ausgangslage Der Bundesrat anerkannte die Osterweiterung der EU ab 2004 als wichtigen Schritt zu mehr Stabilität in Europa und sprach sich dafür aus, die mittel- und osteuropäischen Staaten nach deren EU-Beitritt ab 2004 (EU-13) durch den Erweiterungsbeitrag zu unterstützen. Diese Absicht wurde von der Stimmbevölkerung in der Referendumsabstimmung vom 26. November 2006 zum Bundesgesetz über die Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas befürwortet. Bis 2017 wurde der Erweiterungsbeitrag in den 2004 der EU beigetretenen Staaten (EU-10) mit insgesamt 210 Projekten erfolgreich abgeschlossen. In Bulgarien und Rumänien läuft der Erweiterungsbeitrag noch bis 2019, in Kroatien bis 2024.

Das wirtschaftliche Wachstum in den Ländern der EU-13 und ihre Fortschritte aufgrund ihres EU-Beitritts verstärken auch den wirtschaftlichen Austausch mit der Schweiz. Zusätzlich zu den politischen Vorteilen eines sicheren und stabilen Europas profitiert die Schweiz wirtschaftlich von der Ausdehnung der bilateralen Verträge mit der EU auf die mittel- und südosteuropäische Wachstumsregion. Dies fördert den Wohlstand auf beiden Seiten, erhält Arbeitsplätze in der Schweiz und schafft Perspektiven für die Bevölkerung vor Ort.

Die Kohäsion in Europa steht aber weiterhin vor grossen und zum Teil neuen Herausforderungen. Die Finanzkrise ab 2008 und die darauffolgende Wirtschafts- und Schuldenkrise haben viele süd-, aber auch mittel- und südosteuropäische Staaten stark getroffen, was zur Vergrösserung der wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten in Europa und innerhalb einzelner
EU-Mitgliedstaaten beigetragen hat. Dazu kamen die ausserordentlich grossen Migrationsbewegungen, die 2015/2016 einen Höhepunkt erreichten und zahlreiche EU-Mitgliedstaaten mit Blick auf ihre Kapazitäten und das Management der Migrationsbewegungen stark gefordert haben.

Angesichts dieser Herausforderungen unterstützen sowohl die EU als auch die EFTA/EWR-Staaten die Kohäsion in Europa weiterhin mit erheblichen Mitteln.

Die EU bleibt der wichtigste Akteur bei der Bewältigung dieser Herausforderungen; von ihrer stabilisierenden Wirkung profitiert auch die Schweiz. Die EU-Mitgliedstaaten sind sowohl aus wirtschaftlicher als auch aus politischer Sicht die wichtigsten Partner der Schweiz, und deren positive wirtschaftliche und soziale Entwicklung

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kommt auch der Schweiz zugute, die dank den bilateralen Abkommen mit der EU über einen massgeschneiderten Zugang zum EU-Binnenmarkt verfügt. Um ihren Wohlstand langfristig zu sichern, ist die Schweiz auch in Zukunft auf ein sicheres, stabiles und prosperierendes Europa angewiesen. Sie hat deshalb auch weiterhin ein Interesse, zur Stärkung der Kohäsion innerhalb Europas sowie zur besseren Bewältigung der Migrationsbewegungen beizutragen.

Die Schweiz spricht ihren zweiten Beitrag autonom. Der Beitrag ist nicht direkt mit anderen EU-Dossiers verknüpft, er gliedert sich jedoch in die Schweizer Europapolitik ein. Zum Zeitpunkt der Überweisung vorliegender Botschaft bleiben diesbezüglich wesentliche Fragen noch offen, unter anderem betreffend den Ausgang der Verhandlungen zum institutionellen Abkommen und die Anerkennung der Börsenäquivalenz. Letztere erachtet der Bundesrat als erforderlich. Gleichzeitig ist der zweite Schweizer Beitrag eine Investition in Sicherheit, Stabilität und Wohlstand in Europa und entspricht somit den Schweizer Interessen. Der Bundesrat hat die Bedeutung einer guten Zusammenarbeit mit der EU und das Ziel der Festigung der bilateralen Beziehungen wiederholt unterstrichen. Vor diesem Hintergrund hat der Bundesrat entschieden, beim Schweizer Beitrag mit vorliegender Botschaft einen nächsten Schritt zu machen, indem er sie an das Parlament überweist. Treten die angestrebten Resultate nicht ein, dann wird das Parlament die neue Ausgangslage berücksichtigen können.

Inhalt der Vorlage Mit der vorliegenden Botschaft beantragt der Bundesrat deshalb den eidgenössischen Räten einen zweiten Beitrag an ausgewählte EU-Mitgliedstaaten im Gesamtbetrag von 1302 Millionen Franken für die Dauer von zehn Jahren. Dieser Betrag entspricht der Höhe des Erweiterungsbeitrags. Er setzt sich zusammen aus einem erneuten Rahmenkredit Kohäsion (1046,9 Mio. CHF), einem erstmaligen Rahmenkredit Migration (190 Mio. CHF) sowie dem Eigenaufwand der Bundesverwaltung (65,1 Mio. CHF).

Die Integration der EU-13 Länder in die EU, die Verringerung der wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten und damit die Stärkung der Kohäsion innerhalb der EU sind langfristige Prozesse. Der Beitrag der Schweiz soll die wirtschaftliche Entwicklung in den Partnerländern stärken und die Perspektiven vor Ort verbessern. Der Bundesrat
will in diesem Rahmen mit dem Schwerpunktbereich Berufsbildung die Schweizer Expertise einbringen, um die Ausbildung von Fachkräften zu verbessern und die Jugendarbeitslosigkeit in den Partnerländern zu reduzieren. Entsprechend den Prioritäten der Partnerländer werden die Mittel auch in anderen Themenbereichen wie Umwelt- und Klimaschutz, Forschungszusammenarbeit, Gesundheit und Sozialwesen, Privatsektorförderung, Sicherheit sowie Förderung des Bürgerengagements und der Transparenz eingesetzt werden.

Die innereuropäischen Spannungen im Zusammenhang mit der Migrationssituation ab 2015 haben gezeigt, dass erhebliche Divergenzen zwischen den Migrationssystemen der EU-Mitgliedstaaten bestehen und dass Migration einen Einfluss auf den europäischen Zusammenhalt hat. Das gute Funktionieren der europäischen Systeme im Migrationsbereich, einschliesslich der Harmonisierung entsprechender europäi-

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scher Standards, ist eine Voraussetzung für die Eindämmung von irregulärer Weiterwanderung innerhalb Europas (Sekundärmigration). Der Bundesrat will im Interesse der Schweiz im Rahmen des Schwerpunktbereichs Migration mit entsprechenden Programmen und Projekten in von Migrationsbewegungen besonders betroffenen EU-Mitgliedstaaten ­ auch ausserhalb der EU-13 Länder ­ mithelfen, die Herausforderungen im Flüchtlings- und Migrationsbereich in Europa besser zu bewältigen.

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

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Ausgangslage und Rahmenbedingungen 1.1 Ausgangslage 1.1.1 Schweizer Unterstützung der Kohäsion in Europa 1.1.2 Der Erweiterungsbeitrag 1.2 Problemlage und Anlass des Finanzbegehrens 1.3 Bedeutung des zu finanzierenden Vorhabens 1.4 Interesse des Bundes am Vorhaben

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Inhalt der beiden Kreditbeschlüsse 2.1 Überblick 2.2 Rahmenkredit Kohäsion 2.2.1 Thematische Ausrichtung 2.2.2 Strategie und Umsetzungsprinzipien 2.2.3 Controlling und Evaluation 2.2.4 Ressourcen 2.3 Rahmenkredit Migration 2.3.1 Beschreibung 2.3.2 Umfeld 2.3.3 Thematische Ausrichtung 2.3.4 Strategie und Umsetzungsprinzipien 2.3.5 Controlling und Evaluation 2.3.6 Ressourcen 2.4 Erledigung parlamentarischer Vorstösse

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3

Auswirkungen 3.1 Auswirkungen auf den Bund 3.1.1 Finanzielle Auswirkungen 3.1.2 Personelle Auswirkungen 3.2 Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete 3.3 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft 3.4 Auswirkungen auf die Gesellschaft 3.5 Auswirkungen auf die Umwelt

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4

Verhältnis zur Legislaturplanung und zu Strategien des Bundesrates 4.1 Verhältnis zur Legislaturplanung 4.2 Verhältnis zu Strategien des Bundesrates

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Rechtliche Aspekte 5.1 Verfassungsmässigkeit 5.1.1 Rahmenkredit Kohäsion 5.1.2 Rahmenkredit Migration 5.2 Rahmenabkommen 5.3 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz 5.4 Erlassform 5.5 Unterstellung unter die Ausgabenbremse 5.6 Einhaltung der Grundsätze des Subventionsgesetzes

Abkürzungsverzeichnis Anhänge: 1 Vorgesehener Verteilschlüssel des Rahmenkredits Kohäsion 2 Massnahmen zur Verringerung der Risiken von Unregelmässigkeiten, Missbrauch und Korruption 3 Zusammenfassung der 2015/2016 durchgeführten unabhängigen, externen Evaluation des Erweiterungsbeitrags 4 Überblick über andere Finanzierungen 5 Wirtschaftliche und soziale Disparitäten in der EU 6 Die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der Schweiz und den neuen EU-Mitgliedstaaten (EU-13)

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Bundesbeschluss über den zweiten Schweizer Beitrag an ausgewählte EU-Mitgliedstaaten zur Verringerung der wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten in der erweiterten EU (Rahmenkredit Kohäsion) (Entwurf)

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Bundesbeschluss über den zweiten Schweizer Beitrag an ausgewählte EU-Mitgliedstaaten zur Unterstützung von Massnahmen im Bereich der Migration (Rahmenkredit Migration) (Entwurf)

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Botschaft 1

Ausgangslage und Rahmenbedingungen

1.1

Ausgangslage

1.1.1

Schweizer Unterstützung der Kohäsion in Europa

Seit den 1990er-Jahren gehört die Unterstützung der mittel- und osteuropäischen Staaten und damit der Kohäsion innerhalb Europas zu den zentralen Pfeilern der Schweizer Interessenpolitik in der Region. Seit dem Ende des Kalten Kriegs hat die Schweiz die vormals kommunistischen Staaten Osteuropas bei ihrer Transition hin zu Marktwirtschaft und Demokratie unterstützt und damit zu mehr Sicherheit, Stabilität und Wohlstand auf dem europäischen Kontinent beigetragen. Die dreizehn Staaten, die ab 2004 Mitglieder der EU wurden (EU-13)1, haben die Mechanismen der Marktwirtschaft und der parlamentarischen Demokratie rasch eingeführt. Die Aussicht auf Integration in die EU bildete einen starken Anreiz, tiefgreifende Reformen zur Schaffung und Festigung von nachhaltigen Institutionen einzuleiten, die Wettbewerb, Transparenz, Rechtsstaatlichkeit und eine ausgewogene Teilhabe der Bevölkerung an den Wachstumsgewinnen gewährleisten sollen. Die Unterstützung der EU und anderer Geber wie der Schweiz und der EFTA/EWR-Mitgliedstaaten spielte in finanzieller Hinsicht und für die technische Zusammenarbeit eine wichtige ergänzende Rolle.

Die Zusammenarbeit mit den Staaten Mittel- und Osteuropas wurde auch nach der Jahrtausendwende weitergeführt. Der Bundesrat anerkannte die Osterweiterung der EU ab 2004 als historischen Schritt zur Überwindung der europäischen Teilung infolge des Zweiten Weltkrieges und hin zu mehr Stabilität in Europa. Er sprach sich dafür aus, die mittel- und osteuropäischen Staaten auch nach deren EU-Beitritt im Rahmen des Erweiterungsbeitrags weiter zu unterstützen. Zusätzlich zu den politischen Vorteilen eines sicheren und stabilen Europas profitiert die Schweiz auch wirtschaftlich von der Ausdehnung der bilateralen Verträge mit der EU auf die mittel- und osteuropäische Wachstumsregion.

Dieser Ansatz wurde von der Stimmbevölkerung befürwortet: Das Bundesgesetz vom 24. März 20062 über die Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas (Bundesgesetz Ost), das die gesetzliche Grundlage für den Erweiterungsbeitrag bildet, wurde in der Referendumsabstimmung vom 26. November 2006 angenommen. Am 30. September 2016 hat das Parlament die Erneuerung des Gesetzes beschlossen. Das erneuerte, bis Ende 2024 befristete Gesetz ist seit dem 1. Juni 2017 in Kraft3 und bildet die gesetzliche Grundlage für den hier beantragten Beitrag der Schweiz im Bereich der Kohäsion.

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Bulgarien, Estland, Kroatien, Litauen, Lettland, Malta, Polen, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Tschechische Republik, Ungarn und Zypern.

AS 2007 2387 SR 974.1

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1.1.2

Der Erweiterungsbeitrag

Der bisherige Erweiterungsbeitrag kommt bzw. kam den Ländern der EU-13 zugute.

Im Jahr 2007 sprach das Parlament einen Kredit von einer Milliarde Franken zugunsten der zehn Staaten, die der EU 2004 beigetreten sind (EU-10).4 In den Jahren 2009 und 2014 wurde der Beitrag vom Parlament auf die später beigetretenen EUMitgliedstaaten Rumänien und Bulgarien (im Umfang von 257 Mio. CHF)5 und Kroatien (im Umfang von 45 Mio. CHF)6 ausgeweitet. Zuständig auf Schweizer Seite für die Umsetzung des Erweiterungsbeitrags sind die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) und das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO).

Bis im Juni 2017 wurden alle 210 Projekte in den EU-10 abgeschlossen und rund 95 Prozent der Mittel in diesen 10 Partnerstaaten ausbezahlt. Die Projekte in Bulgarien und Rumänien laufen noch bis Ende 2019, jene in Kroatien werden bis 2024 umgesetzt sein. Die bisherigen Wirkungen auf die Entwicklung in den Partnerländern sind positiv und bestätigen die Zweckmässigkeit der strategischen Ausrichtung und des Konzepts des Erweiterungsbeitrags.

Wirkungen des Erweiterungsbeitrags Der Erweiterungsbeitrag hatte zum Ziel, zum Abbau von wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten in der EU beizutragen. Er trug in den verschiedenen Themenbereichen zur Verbesserung der Lebensumstände einer Vielzahl von Menschen bei.

Zudem dienen die Resultate vieler Projekte als Modellbeispiele für die Anwendung in anderen Landesteilen und für weiterführende System- und Politikreformen. Die Wirkungen des Erweiterungsbeitrags beim Abbau der Ungleichheiten lassen sich für jedes einzelne Projekt in den gesamtwirtschaftlichen Statistiken kaum nachweisen.

In seiner Gesamtheit trägt der Erweiterungsbeitrag jedoch zum Abbau von Disparitäten in der erweiterten EU bei.

Eine umfassende Übersicht zu den Projekten und den erzielten Resultaten in jedem Land findet sich auf www.erweiterungsbeitrag.admin.ch.

Grundsätze der Zusammenarbeit Die Schweiz setzte zusammen mit den Partnerländern wichtige Grundsätze einer wirksamen internationalen Zusammenarbeit um. Dazu gehören die folgenden: Der Erweiterungsbeitrag strebt nachhaltige und systemrelevante Lösungen an.

Beispiel Polen: Polen zählte bisher zu den verkehrstechnisch gefährlichsten Ländern Europas. Dank der Zusammenarbeit mit Schweizer Verkehrsfachleuten wurden
Präventionsmassnahmen intensiviert und die strassenbauliche Sanierung gefährlicher Verkehrssituationen ermöglicht. Die Zusammenarbeit mit den Polizeibehörden wurde ergänzt durch politische Überzeugungsarbeit, was zu neuen gesetzlichen Bestimmungen und zur Verbesserung der Verkehrssicherheit führte. Kontrollen und Bussen wurden verschärft, Verkehrsberuhigungsmassnahmen gefördert und Grundlagen für die Opferhilfe geschaffen. Die Schweizer Unterstützung trug dazu bei, die 4 5 6

BBl 2007 4951. Die EU-10 sind die EU-13 ohne Bulgarien, Rumänien und Kroatien.

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Zahl der Verkehrstoten um 17 Prozent von 3571 im Jahr 2012 auf 2938 im Jahr 2015 zu senken.

Der Erweiterungsbeitrag wirkt komplementär zu den Kohäsionsbestrebungen der EU.

Beispiel Slowakei: Mit dem Beitritt zur EU musste die Slowakei die EU-Richtlinien zum Abwassermanagement erfüllen. Die Kohäsionspolitik der EU unterstützte mittelgrosse und grosse Gemeinden im Abwassermanagement, nicht aber die vielen kleinen Gemeinden. Hier setzte der Erweiterungsbeitrag an und unterstützte acht kleine Gemeinden beim Auf- oder Ausbau ihres Kanalisationsnetzes und ihrer Kläranlagen. Heute sind in den acht unterstützten Gemeinden über 85 Prozent der Einwohner an das Abwassersystem angeschlossen. Sie profitieren von besseren Dienstleistungen und Umweltbedingungen sowie von reduzierten Gesundheitsrisiken.

Der Erweiterungsbeitrag setzt auf Kontinuität und trägt auf diese Weise massgeblich zur Entwicklung von Schlüsselbereichen in den Partnerländern bei.

Beispiel Litauen: Dank der Schweizer Unterstützung haben sich die Bedingungen für Neugeborene und Mütter in Litauen erheblich verbessert. Die Säuglingssterblichkeit sank ­ seit die Schweiz das Land mit Transitionshilfe und dem Erweiterungsbeitrag unterstützt ­ von durchschnittlich 16,5 von 1000 Säuglingen im Jahre 1992 auf 3,9 im Jahre 2014. Dies entspricht der Schweizer Säuglingssterblichkeitsrate. Die Schweiz hatte bereits in den 1990er-Jahren die medizinische Ausrüstung in litauischen Geburtenabteilungen finanziert. Im Rahmen des Erweiterungsbeitrags wurden 27 Spitäler mit modernen medizinischen Geräten ausgerüstet und über 2300 Pflegerinnen und Pfleger weitergebildet. Ergänzend wurden 24 Spitäler energieeffizient saniert und deren Energiebedarf teilweise auf erneuerbare Energiequellen umgestellt.

Der Erweiterungsbeitrag begegnet lokalen Bedürfnissen in den Partnerländern effizient und zielgerichtet mit individuellen Lösungsansätzen.

Beispiel Lettland: Infolge der Wirtschafts- und Finanzkrise schrumpfte die Wirtschaftsleistung des Landes 2009 um 18 Prozent. Die Arbeitslosenquote stieg massiv an und betrug 2010 knapp 20 Prozent. Das Mikrokreditprogramm des Erweiterungsbeitrags erleichterte Kleinstunternehmen und Selbstständigerwerbenden den Zugang zu Krediten. Mit der Vergabe von über 1050 Mikrokrediten wurden rund 2600 Stellen geschaffen oder erhalten. Von
den Krediten wurden 97,6 Prozent zurückbezahlt. Durch weitere KMU-Finanzierungsprogramme in vier anderen Partnerländern wurden zusätzlich rund 4400 Arbeitsplätze geschaffen.

Der Erweiterungsbeitrag setzt sich für die Integration von Minderheiten und sozial Benachteiligten ein und strebt den Dialog mit lokalen Behörden an.

Beispiel Rumänien: Die Mehrheit der Roma-Gemeinschaften in Rumänien lebt in Armut und unter sehr schlechten Wohn- und Lebensbedingungen. Mangelnde Bildung und schlechte Gesundheit sind Ursachen für Arbeitslosigkeit. Mit dem Erweiterungsbeitrag wurde durch zusätzlichen Unterricht, ausserschulische Betreuung und vorschulische Erziehung die Integration von rund 6400 Kindern in das Schulsystem ermöglicht. Der Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen und die Zusammenarbeit 6673

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zwischen Initiativgruppen aus den Roma-Gemeinschaften und Gemeindevertretern wurde ebenfalls verbessert.

Der Erweiterungsbeitrag trägt zur Sicherheit auf dem europäischen Kontinent und im Schengen-Raum bei.

Beispiel Polen: Eine effiziente und funktionierende östliche Schengen-Aussengrenze ist nicht nur für Polen und die EU wichtig, sondern auch für die Schweiz. Deshalb wurde mit dem Erweiterungsbeitrag die Ausstattung von polnischen Grenzposten und mobilen Grenzkontrolleinheiten sowie die Einrichtung eines Empfangszentrums für Migrantinnen und Migranten unterstützt. Dadurch wurde die Effizienz im Grenzmanagement und in der Zollabwicklung verbessert. In ähnlicher Weise resultierte in Bulgarien, Estland, Rumänien, der Slowakei und der Tschechischen Republik die Zusammenarbeit mit den Schweizer Grenz-, Polizei- und Justizbehörden nicht nur in der Verbesserung des Grenzschutzes, sondern auch in der wirksameren Bekämpfung von Gewalttaten und Kriminalität. Die Zusammenarbeit zwischen den bulgarischen Polizeibehörden und dem Bundesamt für Polizei im Rahmen des Erweiterungsbeitrags hat massgeblich mitgeholfen, die Verhandlung des bilateralen Polizeiabkommens zwischen Bulgarien und der Schweiz zum erfolgreichen Abschluss zu bringen.

Positive Wirkungen für die bilateralen Beziehungen Die Erfahrungen und Resultate zeigen, dass der Erweiterungsbeitrag die bilateralen Beziehungen der Schweiz zu den Partnerländern in politischer, wirtschaftlicher und institutioneller Hinsicht gestärkt hat. Damit wurden auch die Beziehungen zur EU gestärkt.

Politische Beziehungen Der Erweiterungsbeitrag verstärkt in den Partnerländern das Ansehen und die Aufmerksamkeit für die Schweiz. Die Sichtbarkeit wird gefördert, indem die Medien und die Öffentlichkeit über die Projekte und deren Resultate informiert werden. Auf politischer Ebene ergibt der Erweiterungsbeitrag zusätzliche Bezugspunkte zu Behörden auf nationaler und lokaler Ebene, die insbesondere von den Schweizer Botschaften vor Ort gepflegt werden. Bei ministeriellen Besuchen und in den politischen Konsultationen mit den betroffenen Ländern spielt der Erweiterungsbeitrag eine Rolle als bedeutendes Element in den bilateralen Beziehungen. Delegationen des Schweizer Parlaments haben in den letzten Jahren immer wieder Partnerländer des Erweiterungsbeitrags besucht.
Wirtschaftliche Beziehungen Erfolgreich umgesetzte Projekte im Rahmen des Erweiterungsbeitrags verbessern die Chancen von Schweizer Unternehmen, in den Partnerländern Aufträge zu erhalten. Zu diesen Aufträgen gibt es keine offizielle Statistik, da es seitens der Schweizer Unternehmen keine Informationspflicht gibt. In vom SECO und von der DEZA durchgeführten Umfragen zeigte sich, dass zwischen 2010 und 2015 mehr als 50 kleinere, mittlere und grosse Schweizer Unternehmen rund 600 Aufträge im Gesamtbetrag von mehr als 2 Milliarden Franken aus EU-finanzierten Projekten in den Partnerländern des Erweiterungsbeitrags erhalten haben.

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Es darf angenommen werden, dass die tatsächlichen direkten und indirekten Aufträge an Schweizer Firmen jedoch weit über dem jährlichen Durchschnittswert von 400 Millionen Franken liegen.

Die Schweizer Wirtschaft profitiert auch direkt vom Erweiterungsbeitrag. Rund zehn Prozent der bewilligten Beiträge kamen den im Programm involvierten Schweizer Unternehmen, Verbänden und Universitäten für ihre erbrachten Leistungen zugute.

Institutionelle Beziehungen Durch Partnerschaften mit Schweizer Institutionen (Bundesstellen, Kantone, Städte, Gemeinden, öffentliche Institutionen, Nichtregierungsorganisationen, Sozialpartner) wurden Erfahrungen und Wissen zum Nutzen der Partnerländer und der Schweiz ausgetauscht.

Zudem haben über 50 Schweizer Institutionen und Organisationen in rund einem Drittel aller Projekte eine beratende Funktion wahrgenommen und damit spezifisches Wissen und Erfahrungen aus der Schweiz eingebracht und so zur Qualität der Projektumsetzung beigetragen.

Erfahrungsaufarbeitung und Evaluation Die Erfahrungen aus der Umsetzung des Erweiterungsbeitrags mit den EU-10 wurden sowohl verwaltungsintern als auch mit den Partnerländern periodisch ausgewertet. Diese Erkenntnisse flossen in den Beitrag an Bulgarien und Rumänien und in denjenigen an Kroatien ein.

Die regelmässig von der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) durchgeführten Audits und die unabhängige, externe Evaluation von 2015/2016 (vgl. Anhang 3) bestätigen, dass sich das Konzept des Erweiterungsbeitrags bewährt hat und seine Umsetzung ordnungsgemäss erfolgt ist. Die Evaluation hat ergeben, dass die rund 300 Projekte einen positiven Beitrag zur Förderung der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung in den 13 Partnerländern leisten. Bei der grossen Mehrheit der Projekte wurden und werden die Ziele erreicht oder sogar übertroffen.

Praktisch alle Empfehlungen der EFK und des Evaluationsberichts sind, soweit sie den Erweiterungsbeitrag betreffen, bereits umgesetzt worden. Im Hinblick auf die Weiterführung der bilateralen Zusammenarbeit im Rahmen des zweiten Beitrags wurden insbesondere folgende Empfehlungen gemacht: ­

stärkere Konzentration innerhalb der Themenbereiche und auf ausgewählte Regionen;

­

Vereinfachung der Projektgenehmigung, ohne die Qualität zu beeinträchtigen;

­

klarere Vorgaben und schlankeres System für die Berichterstattung auf der Projektebene;

­

Verstärkung der Kommunikationsmassnahmen in den Partnerländern.

Diese Empfehlungen wurden bei der Ausarbeitung der vorliegenden Botschaft berücksichtigt und werden in die Umsetzung des zweiten Schweizer Beitrags einfliessen.

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1.2

Problemlage und Anlass des Finanzbegehrens

Bestehende und neue Herausforderungen in Europa Die Kohäsion in Europa hat seit Beginn der EU-Osterweiterung wichtige Fortschritte gemacht, steht aber weiterhin vor grossen und zum Teil neuen Herausforderungen (vgl. Anhang 5).

Die Finanzkrise ab 2008 und die darauffolgende Wirtschafts- und Schuldenkrise haben viele süd-, aber auch mittel- und südosteuropäische Staaten stark getroffen, was zu zusätzlichen wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen in diesen Staaten beigetragen hat. Dabei sind die verbleibenden wirtschaftlichen und sozialen Unterschiede nicht mehr nur zwischen den Ländern, sondern v. a. auch innerhalb der einzelnen Länder zu finden. So stieg zwar zum Beispiel zwischen 2000 und 2015 das Pro-Kopf-Einkommen in der Hauptstadtregion Rumäniens und Bulgariens besonders stark (Rumänien: von 56 auf 136 % des EU-Durchschnitts; Bulgarien: von 38 auf 76 % des EU-Durchschnitts). In allen anderen Regionen Rumäniens und Bulgariens lag das Pro-Kopf-Einkommen hingegen auch 2015 weiterhin bei unter 50 Prozent des EU-Durchschnitts.

Dazu kamen die ausserordentlich grossen Migrationsbewegungen, die 2015/2016 einen Höhepunkt erreichten und zahlreiche europäische Staaten ­ einige von ihnen zum ersten Mal überhaupt ­ stark gefordert haben. Diese Situation zeigte die Grenzen der Systeme für das Migrationsmanagement auf und stellte die europäische Migrationspolitik grundsätzlich in Frage. Die ungleiche Verteilung der Lasten führte zu Spannungen und ist zu einer Herausforderung für den gesamteuropäischen Zusammenhalt geworden. Auch innerhalb der Staaten hat die Migrationsthematik teilweise zu einer Polarisierung geführt.

Angesichts dieser Herausforderungen unterstützen sowohl die EU als auch die EFTA/EWR-Mitgliedstaaten die Kohäsion in Europa weiterhin mit substanziellen Mitteln (351,8 Mia. Euro an Kohäsionsmitteln im Rahmen des EU-Finanzrahmens 2014­2020 und 1,548 Mia. Euro seitens des EFTA/EWR-Finanzmechanismus 2014­2021; vgl. Anhang 4). Die EU ist die wichtigste Akteurin bei der Bewältigung dieser gesamteuropäischen Herausforderungen. Diese betreffen auch die Schweiz direkt, weshalb auch die Schweiz ein zentrales Interesse hat, gemäss ihren Stärken und Prioritäten zu einem stabilen und prosperierenden Europa beizutragen (s.

Ziff. 1.4).

Europapolitischer Kontext Die Schweiz spricht einen zweiten
Beitrag autonom. Entsprechend ist er nicht direkt mit anderen Dossiers verknüpft, gliedert sich aber in die Gesamtbeziehungen zwischen der Schweiz und der EU ein.

Aufgrund der Blockade in den bilateralen Beziehungen nach Annahme von Artikel 121a der Bundesverfassung7 über die Zuwanderung am 9. Februar 2014 waren die politischen Voraussetzungen für einen zweiten Beitrag der Schweiz nicht gegeben. Im Dezember 2016 hat das Parlament jedoch mit der Umsetzung von Arti7

SR 101

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kel 121a, die mit dem Abkommen über die Personenfreizügigkeit mit der EU vereinbar ist8, die Voraussetzung für eine Normalisierung der bilateralen Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU geschaffen. In der Folge konnten in zahlreichen Dossiers für die Schweiz wichtige Resultate erzielt werden, und im Lichte dieser Dynamik entschied der Bundesrat im November 2017, die Weichen für einen zweiten Schweizer Beitrag für ausgewählte EU-Mitgliedstaaten zu stellen.

Am 2. März 2018 hat der Bundesrat seine europapolitische Verhandlungsstrategie präzisiert und eine koordinierte Vorgehensweise bei den laufenden Verhandlungen mit der EU festgelegt. Angesichts der angestrebten Fortschritte bei den Marktzugangs- und Kooperationsabkommen und der Klärung der institutionellen Fragen unternahm er am 28. März 2018 auch beim Schweizer Beitrag mit der Eröffnung der Vernehmlassung einen nächsten Schritt. Dabei unterstrich er aber, dass er das weitere Vorgehen auf Basis der Vernehmlassungsresultate sowie einer Analyse zu Stand und Fortschritten in den Gesamtbeziehungen Schweiz­EU und namentlich der Entwicklung im Bereich der Anerkennung der Äquivalenz der Schweizer Börse festlegen werde.

Seit März 2018 konnten die Verhandlungen in mehreren Dossiers weitergeführt werden. Hinsichtlich der institutionellen Fragen sind Fortschritte bei der Streitbeilegung zu verzeichnen, und auch die Stromverhandlungen konnten im Mai 2018 nach längerer Zeit wiederaufgenommen werden. Zudem wurden Beschlüsse der gemischten Ausschüsse zur Aktualisierung des Agrarabkommens und des Versicherungsabkommens unterzeichnet.

Am 4. Juli 2018 hat der Bundesrat Kenntnis von den Fortschritten in den Verhandlungen mit der EU genommen und dabei seine im März definierte Verhandlungsposition bestätigt. Zum Zeitpunkt der Überweisung vorliegender Botschaft bleiben wesentliche Fragen in den Gesamtbeziehungen Schweiz-EU noch offen, unter anderem betreffend den Ausgang der Verhandlungen zum institutionellen Abkommen und die Anerkennung der Börsenäquivalenz. Letztere erachtet der Bundesrat als erforderlich. Gleichzeitig ist der zweite Schweizer Beitrag eine Investition in Sicherheit, Stabilität und Wohlstand in Europa und entspricht somit den Schweizer Interessen. Der Bundesrat hat die Bedeutung einer guten Zusammenarbeit mit der EU und das Ziel der Festigung
der bilateralen Beziehungen wiederholt unterstrichen. Vor diesem Hintergrund hat der Bundesrat entschieden, beim Schweizer Beitrag mit vorliegender Botschaft einen nächsten Schritt zu machen, indem er sie an das Parlament überweist. Die erwarteten Entwicklungen in den Gesamtbeziehungen Schweiz­EU werden in die parlamentarische Debatte einfliessen können.

Wie schon beim Erweiterungsbeitrag wird sich die Schweiz nicht an der Kohäsionspolitik der EU beteiligen, sondern ihren zweiten Beitrag autonom und in enger Zusammenarbeit mit den Partnerländern leisten. Dabei bleibt es aus Schweizer Sicht aber wichtig, die finanzielle und thematische Komplementarität dieses zweiten Beitrags u. a. mit den Instrumenten der EU-Kohäsionspolitik sicherzustellen. Im Unterschied zum Erweiterungsbeitrag hat der Bundesrat die vorgeschlagenen Eckwerte des zweiten Schweizer Beitrags nicht bereits vor der Überweisung der Finanzierungsbotschaft in einer rechtlich nicht verbindlichen gemeinsamen Verständigung 8

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mit der EU festgehalten.9 Er behält sich vor, eine solche Verständigung mit Blick auf die Umsetzung des Beitrags nach erfolgter Genehmigung der Rahmenkredite vorzusehen.

Resultate der Vernehmlassung Die Vernehmlassung10 hat gezeigt, dass der zweite Beitrag und die zwei Schwerpunktbereiche von der grossen Mehrheit der Teilnehmenden grundsätzlich befürwortet werden. Insgesamt bestätigt die Vernehmlassung den bisherigen Ansatz des Bundesrates, den Entscheid über den zweiten Beitrag in den Gesamtkontext der Beziehungen Schweiz­EU zu stellen. Zudem beziehen sich einige Stellungnahmen auch ausdrücklich auf die Anerkennung der Börsenäquivalenz. Die vier ablehnenden Stellungnahmen weisen insbesondere darauf hin, dass der Nutzen des Beitrags für die Schweiz nicht genug hoch sei. Es gibt praktisch keine Einwände gegen das vorgeschlagene Konzept und die Modalitäten des zweiten Beitrags. Mehrere Stellungnahmen unterstützen ausserdem explizit den Entscheid des Bundesrates vom 28. März 2018, die Mittel plafonderhöhend bereitzustellen.

1.3

Bedeutung des zu finanzierenden Vorhabens

Die Integration der EU-13 in die EU, die Verringerung der wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten und damit die Stärkung der Kohäsion innerhalb der EU ist ein langfristiger Prozess. Der zweite Schweizer Beitrag soll die wirtschaftliche Entwicklung in den Partnerländern stärken und die Perspektiven vor Ort verbessern.

Da die regionalen Unterschiede immer noch sehr gross sind, sollen in den grösseren Partnerländern mindestens die Hälfte der Mittel in weniger fortgeschrittenen, strukturschwachen Regionen eingesetzt werden. Zudem will der Bundesrat mit dem Schwerpunktbereich Berufsbildung insbesondere auch dazu beitragen, die Ausbildung von Fachkräften zu verbessern und die Jugendarbeitslosigkeit in den Partnerländern zu reduzieren.

Das gute Funktionieren der europäischen Systeme im Migrationsbereich einschliesslich der Harmonisierung entsprechender europäischer Standards ist eine Voraussetzung für die Eindämmung von irregulärer Weiterwanderung innerhalb Europas (Sekundärmigration). Der Schweizer Beitrag soll deshalb im Rahmen des Schwerpunktbereichs Migration mit entsprechenden Programmen und Projekten mithelfen, die Herausforderungen im Flüchtlings- und Migrationsbereich in Europa besser zu bewältigen.

Der zweite Schweizer Beitrag beläuft sich auf insgesamt 1302 Millionen Franken für die Dauer von zehn Jahren und ist somit gleich hoch wie der bisherige Erweite9

10

Vgl. die Vereinbarung vom 27. Febr. 2006 zwischen dem Präsidenten des Rates der Europäischen Union und dem Schweizerischen Bundesrat (EU-10) sowie die Addenda vom 25. Juni 2008 (für Bulgarien und Rumänien) und 2. Mai 2014 (für Kroatien) unter www.erweiterungsbeitrag.admin.ch > Der Erweiterungsbeitrag > Rechtsgrundlage.

Die Vernehmlassung wurde am 28. März 2018 eröffnet und lief bis am 4. Juli 2018.

Der Ergebnisbericht ist einsehbar unter www.bundesrecht.admin.ch > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2018 > EDA.

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rungsbeitrag. Der Schweizer Beitrag entspricht damit pro Jahr ca. 0,35 Prozent der Kohäsionsleistungen der EU zugunsten der Länder der EU-13 und rund einem Drittel des Betrags, den Norwegen zur Unterstützung der EU-Kohäsionspolitik für den Zeitraum 2014­2021 aufbringt (vgl. Anhang 4).

1.4

Interesse des Bundes am Vorhaben

Die Schweiz hat auch in Zukunft ein zentrales Interesse, zur Stärkung der Kohäsion innerhalb Europas sowie zur besseren Bewältigung der Migrationsbewegungen beizutragen: Die Schweiz als kleines, vernetztes Land im Herzen des Kontinents ist auf ein sicheres, stabiles und prosperierendes Europa angewiesen.

Die Schweiz liegt in der Mitte des europäischen Kontinents und ist fast ausschliesslich von Mitgliedstaaten der EU umgeben. Aufgrund dieser geografischen und kulturellen Nähe, insbesondere aber wegen ihres politischen und wirtschaftlichen Gewichts, sind die EU und ihre 28 Mitgliedstaaten die mit Abstand wichtigsten Partner der Schweiz. Um ihren Wohlstand und ihre Sicherheit langfristig zu sichern, ist die Schweiz deshalb auf ein stabiles, prosperierendes Umfeld in Europa angewiesen.

Ein nachhaltiges Wachstum in den Partnerländern fördert den wirtschaftlichen Austausch und den Wohlstand auf beiden Seiten und sichert Arbeitsplätze in der Schweiz.

Auch der Schweiz, die dank den bilateralen Abkommen mit der EU über einen massgeschneiderten Zugang zum EU-Binnenmarkt verfügt, kommt eine positive Entwicklung in den Ländern der EU-13 zugute. Deren rasch ansteigende Kaufkraft macht sie zu interessanten Zukunftsmärkten für die Schweizer Wirtschaft. Das wirtschaftliche Wachstum in den Partnerländern und ihre Fortschritte aufgrund der EU-Mitgliedschaft fördern deshalb den Wohlstand auf beiden Seiten, sichern Arbeitsplätze in der Schweiz und schaffen Perspektiven für die Bevölkerung vor Ort.

Umgekehrt erwartet die EU, dass sich die Schweiz an der Lastenverteilung zur Verringerung der wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten in der EU angemessen beteiligt. Dies bestätigt der Rat der EU seit mehreren Jahren in seinen Schlussfolgerungen über die Beziehungen mit der Schweiz.

Mit den Schwerpunktbereichen Berufsbildung und Migration kann die Schweiz zur Bewältigung aktueller Herausforderungen in Europa beitragen, die auch sie betreffen.

Die Schweiz kann mit ihrer Expertise zur Bewältigung aktueller Herausforderungen in Europa beitragen, die auch sie betreffen. Infolge der Finanz- und Wirtschaftskrise ab 2008 haben sich die wirtschaftlichen Gräben und die (Jugend-)Arbeitslosigkeit in Europa verstärkt. Aufgrund der Migrationssituation ab 2015 werden viele EU-Mitgliedstaaten durch die angestiegenen und ungleich
verteilten Migrationsbewegungen erheblich gefordert und die Schengen/Dublin-Abkommen stark belastet. Diese Entwicklungen stellen auch Risiken für die Schweiz dar, denen mit einem zweiten Schweizer Beitrag entgegengewirkt werden soll.

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Die Schweiz stärkt ihre Beziehungen zu den Partnerländern und der EU und fördert institutionelle Partnerschaften.

Eine erfolgreiche Interessenpolitik der Schweiz in Europa hängt auch davon ab, dass die Schweiz als verantwortungsbewusste und solidarische Partnerin wahrgenommen wird, die sich zuverlässig und konstruktiv an der Lösung gemeinsamer europäischer Herausforderungen beteiligt. Der Schweizer Beitrag verstärkt und vertieft die bilateralen Beziehungen zwischen der Schweiz und den Partnerländern und unterstützt darüber hinaus die guten Beziehungen zur gesamten EU.

Erfolgreich umgesetzte Projekte im Rahmen des Beitrags können die Chancen von Schweizer Unternehmen erhöhen.

Die Erfahrungen beim Erweiterungsbeitrag zeigen, dass erfolgreich umgesetzte Schweizer Projekte zum positiven Image der Schweiz in der EU beitragen und sich dadurch auch die Chancen von Schweizer Unternehmen verbessern können, in den Partnerländern Aufträge zu erhalten.

2

Inhalt der beiden Kreditbeschlüsse

2.1

Überblick

Mit der vorliegenden Botschaft beantragt der Bundesrat den eidgenössischen Räten in Form von zwei Kreditbeschlüssen einen zweiten Beitrag der Schweiz an ausgewählte EU-Mitgliedstaaten im Betrag von 1236,9 Millionen Franken für die Dauer von zehn Jahren. Dieser Beitrag setzt sich zusammen aus einem erneuten Rahmenkredit Kohäsion (1046,9 Mio.) und einem erstmaligen Rahmenkredit Migration (190 Mio.) Hinzu kommt der Eigenaufwand der Bundesverwaltung von 65,1 Millionen, der dem Parlament jeweils mit der Botschaft zum Voranschlag zur Genehmigung unterbreitet wird. Gesamthaft entspricht der Betrag der Höhe des Erweiterungsbeitrags (1302 Mio.).

Zweck, thematische Ausrichtung und Prinzipien des zweiten Beitrags Mit dem zweiten Schweizer Beitrag bezweckt der Bundesrat, weiterhin zur Stärkung der Kohäsion in der EU beizutragen.

Die Programme und Projekte sollen zu den folgenden fünf Zielen beitragen: ­

Wirtschaftswachstum und Sozialpartnerschaft fördern, (Jugend-)Arbeitslosigkeit reduzieren;

­

Migration steuern und Integration fördern. Öffentliche Sicherheit erhöhen;

­

Umwelt und Klima schützen;

­

Sozial- und Gesundheitssysteme stärken;

­

Bürgerengagement und Transparenz fördern.

Bei den ersten zwei Zielen stehen die zwei Schwerpunktbereiche Berufsbildung und Migration im Vordergrund. Vom Gesamtbetrag von 1302 Millionen Franken (inklusive Eigenaufwand des Bundes) sollen für Programme und Projekte im Bereich 6680

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Berufsbildung bis zu 200 Millionen Franken und für die Migration bis zu 250 Millionen Franken eingesetzt werden können (200 Mio. CHF im Zusammenhang mit dem Rahmenkredit Migration und bis zu 50 Mio. CHF für migrationsbezogene Projekte im Zusammenhang mit dem Rahmenkredit Kohäsion).

Die Schweiz misst einem leistungsfähigen und effizienten Projekt-Überwachungsund Steuerungssystem hohe Bedeutung bei. Für die fünf Ziele werden übergreifende Indikatoren formuliert werden. Das erlaubt, die Resultate und damit die Wirksamkeit der Projekte in ihrer Gesamtheit zu messen.

Die Partnerländer leisten in der Regel einen finanziellen Eigenbeitrag von mindestens 15 Prozent der Projektkosten. Damit wird sichergestellt, dass die Programme und Projekte für das Partnerland tatsächlich hohe Priorität haben. Die Projekte werden in der Regel aus dem Haushalt des Partnerlandes oder von der ausführenden Institution vorfinanziert, und die Finanzmittel werden danach durch die Schweiz periodisch zurückerstattet. Dies gewährleistet die ordnungsgemässe Verwendung der Schweizer Mittel, weil die Schweiz die entsprechenden Rückzahlungen erst nach der sorgfältigen Prüfung der Rückerstattungsgesuche des Partnerlandes und der tatsächlich erbrachten Leistungen tätigt.

Mit Blick auf die Zusammenarbeitsprogramme im Rahmen des zweiten Beitrags geht die Schweiz von einer Teilhabe der Partnerländer an der europäischen Wertegemeinschaft aus. Bei der Umsetzung des Beitrags wird auf die Einhaltung dieser Werte geachtet. Bei Bedarf wird die Schweiz situations- und kontextabhängig ihr aussenpolitisches Instrumentarium einsetzen.

2.2

Rahmenkredit Kohäsion

Die Schweiz will mit dem Rahmenkredit Kohäsion weiter zum Abbau von wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten zwischen den Ländern der EU-13 und den übrigen EU-Mitgliedstaaten beitragen und den Abbau von Disparitäten auch innerhalb der einzelnen Partnerländer fördern. Gleichzeitig sollen die bilateralen Beziehungen zu diesen Ländern gestärkt werden.

Die konkreten Ziele und Aktivitäten, die mit den einzelnen Partnerländern vereinbart werden, sollen sich in die strategischen Konzepte und Prioritäten der Länder einfügen, unter anderem auch in die nationalen Umsetzungsprogramme für die Ziele der nachhaltigen Entwicklung (UNO-Agenda 2030). Gleichzeitig wird die Übereinstimmung mit den entsprechenden sektoriellen Aussenpolitiken der Schweiz angestrebt.

Unterstützt werden wie bis anhin die Länder der EU-13. Die Aufteilung der Mittel auf die dreizehn Länder (Anhang 1) orientiert sich am Schlüssel des EFTA/EWRFinanzmechanismus. Wichtigste Kriterien für die Aufteilung sind die Bevölkerungsgrösse und das kaufkraftbereinigte Pro-Kopf-Einkommen. In den grösseren Ländern soll mindestens die Hälfte der Mittel den am wenigsten entwickelten Regionen zugutekommen.

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2.2.1

Thematische Ausrichtung

Innerhalb der fünf Ziele (vgl. Ziff. 2.1) werden nachfolgend die zwei Schwerpunktbereiche Berufsbildung und Migration sowie weitere mögliche Themenbereiche erläutert. Die Zusammenarbeitsprogramme werden sich entsprechend den nationalen Prioritäten der Partnerländer auf eine beschränkte Anzahl von Themen konzentrieren.

Wirtschaftswachstum und Sozialpartnerschaft fördern, (Jugend-)Arbeitslosigkeit reduzieren Die Entwicklung des Privatsektors ist eine zentrale Voraussetzung für das Wachstum von Marktwirtschaften. Mit dem zweiten Schweizer Beitrag sollen die Ziele der Stärkung des Wirtschaftswachstums und der Sozialpartnerschaft verfolgt werden.

Mit dem Schwerpunktbereich Berufsbildung soll ein stärkeres Gewicht auf die Schaffung von Perspektiven für junge Menschen, die Ausbildung von Fachkräften und somit die langfristige Reduktion der Jugendarbeitslosigkeit gelegt werden.

Neben der Berufsbildung stehen die Forschung und Innovation sowie der Zugang zu externer Finanzierung für Mikrounternehmen und KMU im Vordergrund.

Berufsbildung: Um ihr Wachstums- und Beschäftigungspotenzial besser auszuschöpfen und die Migration in die städtischen Räume zu bremsen, verstärken die Partnerländer ihre Anstrengungen in den Bereichen Ausbildung, Forschung und Innovation. Eine spezielle Herausforderung bleibt, diese Bereiche stärker miteinander zu verbinden. In der Berufsbildung braucht es insbesondere eine bessere Abstimmung mit der Nachfrage und den Bedürfnissen der Wirtschaft sowie den Interessen der Jugendlichen. Die Berufsbildungssysteme der EU-13 sind in der Regel nach wie vor stark schulisch geprägt und weisen einen zu geringen Arbeitsmarktbezug auf.

Entsprechend verortet die Mehrheit der Partnerländer einen Reformbedarf in diesem Bereich.

Dank wachsendem Interesse aus den Ländern der EU-13 kann die Schweiz ihre Expertise in der dualen, arbeitsmarktorientierten Berufsbildung einbringen, indem die Partnerländer in der strategischen Weiterentwicklung ihrer Berufsbildungssysteme unterstützt werden. Dies erfolgt in erster Linie mit dem Ziel, die Lebensperspektiven von Jugendlichen an ihrem Wohnort und eine nachhaltige Regionalentwicklung zu fördern. Eine arbeitsmarktnahe, dezentrale Berufsbildung gilt als wirksames Mittel zur Reduktion der Jugendarbeitslosigkeit.

Wichtig sind die Stärkung systemrelevanter
Berufsbildungsinstitutionen, die Ausund Weiterbildung von Lehrkräften und Praxisausbildnern, die Formulierung von Qualitätsstandards für Berufsbildungsabschlüsse, eine arbeitsmarktorientierte Definition und (Weiter-)Entwicklung der Ausbildungsinhalte, eine frühzeitige Berufswahlorientierung und -beratung, der Einbezug aller Sozialpartner in die Steuerung der Berufsbildung und die Gewährleistung der Durchlässigkeit im gesamten Bildungssystem und somit auch die Integration von Minderheiten und von sozial Benachteiligten. Zentral ist die starke Einbindung des Privatsektors in die berufliche Bildung. Verstärkte Investitionen haben in den Partnerländern Arbeitsplätze geschaffen. Es ist für die Unternehmen aber oft schwierig, Arbeitskräfte mit den nachgefragten Kompetenzen und Qualifikationen zu finden, was auch auf eine 6682

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schwach entwickelte und wenig arbeitsmarktorientierte Berufsbildung zurückzuführen ist. Durch die Verknüpfung der Reformen des Berufsbildungssystems mit Kampagnen zur Förderung des Ansehens der Berufsbildung bei Jugendlichen und Eltern soll deren Attraktivität erhöht, die Gleichwertigkeit mit allgemeinbildenden Bildungswegen etabliert und somit die Nachfrage aus der Wirtschaft nach qualifizierten Arbeitskräften besser befriedigt werden.

Schweizer Akteure der Berufsbildung wie beispielsweise Berufsverbände, Bildungsinstitutionen oder Dachorganisationen der Wirtschaft sollen in die Kooperationsaktivitäten einbezogen werden, um die Vermittlung der erforderlichen Expertise und den direkten Austausch von Erfahrungen zu gewährleisten. Die Etablierung von institutionellen Partnerschaften zwischen entsprechenden Berufsbildungsakteuren aus der Schweiz und aus dem Partnerland soll gefördert werden. Dadurch sollen zusätzliche längerfristige Impulse für die nachhaltige Weiterentwicklung der nationalen Berufsbildungssysteme generiert werden.

Forschung und Innovation: Die Forschung ist ein wichtiger Motor der wirtschaftlichen Entwicklung, und Universitäten tragen zur Ausbildung von qualifizierten Arbeitskräften bei. Im Themenbereich Forschung und Innovation sollen einerseits die angewandte Forschung und die Leistungsfähigkeit (Exzellenz) von Forschungszentren mit dem Ziel der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung gefördert werden. Andererseits sollen die Forschungslandschaft und die Institutionen in den EU-13-Ländern und allenfalls auch die länderübergreifende Kooperation gestärkt werden. Dabei kann auf den erfolgreichen Forschungspartnerschaften und akademischen Austauschprogrammen mit Schweizer Hochschulen aus dem Erweiterungsbeitrag aufgebaut werden. Mit der Förderung von jungen Forschenden direkt vor Ort kann dem Brain-Drain entgegengewirkt werden. Dank der Forschungszusammenarbeit erhält nicht zuletzt auch der Schweizer Forschungsplatz in den Beziehungen zu den Ländern der EU-13 eine bessere Positionierung. Wo sinnvoll, soll sich die Zusammenarbeit auf Forschungsbereiche in den vom Schweizer Beitrag anderweitig unterstützten Themen (z. B. Gesundheit, Umwelt- und Klimaschutz) konzentrieren.

Zugang zu externer Finanzierung für Mikrounternehmen und KMU: Ein grosses Hindernis für Mikrounternehmen und
KMU in den Ländern der EU-13 zur Entfaltung ihrer Geschäftstätigkeit ist der Zugang zu mittel- und langfristigen Finanzierungen. Durch die Bereitstellung von Risikokapital, Garantien oder Kleinkrediten kann die Schweiz einen Beitrag zur Stärkung der Marktwirtschaften und zur Verbesserung der Beschäftigungssituation leisten. Mit der schweizerischen Unterstützung sollen private Finanzierungen nicht etwa ersetzt, sondern vielmehr zusätzliche private Finanzmittel mobilisiert werden. Auch innovative Finanzinstrumente (wie bspw. social impact financing) können zum Einsatz gelangen. Zum Beispiel können sozial wirksame und der Nachhaltigkeit verpflichtete Geschäftstätigkeiten unterstützt werden. Ob den Unternehmen auch Beratungsdienstleistungen zum Beispiel für die Geschäftsplanung oder die Erschliessung neuer Märkte zur Verfügung gestellt werden, wird fallweise geprüft werden.

Migration steuern und Integration fördern. Öffentliche Sicherheit erhöhen Im Zentrum stehen migrationsbezogene Projekte zur besseren Steuerung der Arbeitsmigration und Förderung der Integration von Migrantinnen und Migranten in den 6683

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Ländern der EU-13. Dafür sollen zusätzlich zum Rahmenkredit Migration (vgl.

Ziff. 2.3) bis zu 50 Millionen Franken aus dem Rahmenkredit Kohäsion eingesetzt werden.

Losgelöst davon können bei entsprechendem Bedarf einzelner Partnerländer auch Massnahmen zur Förderung der öffentlichen Sicherheit unterstützt werden.

Migrationsmanagement und Integrationsmassnahmen: Ausser in den Bereichen Asyl und Rückkehr, welche über den Rahmenkredit Migration abgedeckt werden (vgl. Ziff. 2.3), sind die Partnerländer mit Herausforderungen in anderen Bereichen der Migration konfrontiert. Sie sind unter anderem interessiert am Erfahrungsaustausch zum Management der regulären Migration und zur wirtschaftlichen und sozialen Integration von Flüchtlingen und regulären Arbeitsmigrantinnen und -migranten.

Die Schweiz kann insbesondere Expertise in folgenden Bereichen anbieten: Kohärenz der Migrationspolitik, Berufsbildungsmassnahmen zur Arbeitsmarkteingliederung, Mobilisierung der Diaspora sowie Einbezug der Bevölkerung und der Schulen in die Migrationsthematik. Zudem ist eine Zusammenarbeit beim Schutz von unbegleiteten minderjährigen Migrantinnen und Migranten und bei der Bekämpfung des Menschenhandels und Menschenschmuggels auch im Interesse der Schweiz.

Öffentliche Sicherheit: Die Zusammenarbeit in diesem Bereich dient der verbesserten Bekämpfung von Terrorismus und gewalttätiger Kriminalität, dem professionalisierten Umgang mit Katastrophen und dem Aufbau einer bürgernahen Polizei. Dies ist im Interesse der Partnerländer und der Schweiz und wird unter anderem auch die Integration der Sicherheits- und Justizbehörden der Partnerländer in die europäischen Netzwerke stärken. Im Vordergrund stehen die Aus- und Weiterbildung, der Erfahrungsaustausch mit Schweizer Grenz- und Zollbehörden sowie die Ausstattung von Sicherheitskräften. Komplementär zu den Anstrengungen der EU könnten auch das verbesserte Management der Schengen- bzw. EU-Aussengrenzen sowie die Modernisierung des Justizwesens unterstützt werden.

Umwelt und Klima schützen Projekte in diesem Zielbereich tragen zum Schutz der Umwelt und zur Verlangsamung des Klimawandels bei. Die effizientere Nutzung der natürlichen Ressourcen und die Reduktion der Schadstoffemissionen, namentlich der Treibhausgase, vermindern auch die Gesundheitsrisiken, verbessern die
Lebensbedingungen der Bevölkerung und fördern die wirtschaftliche Entwicklung.

Im Vordergrund stehen die folgenden Themenbereiche: Klimaschutz dank Energieeffizienz und erneuerbaren Energien: Die Länder der EU-13 haben bei der Reduktion von Treibhausgasen und anderen Luftschadstoffen insgesamt Fortschritte vorzuweisen. Mit dem wirtschaftlichen Wachstum steigt aber auch der Ausstoss von Luftschadstoffen weiterhin an. Die thermische Sanierung von öffentlichen Gebäuden, effizientere Heizsysteme sowie die Umstellung auf erneuerbare Energien haben ein grosses Potenzial, dem entgegenzuwirken.

Öffentlicher Verkehr: Der öffentliche Verkehr weist in den Ländern der EU-13 gegenüber den meisten anderen EU-Ländern sowohl hinsichtlich Ausbaustandard der Infrastruktur als auch bezüglich Technologie und Qualität des Rollmaterials einen erheblichen Rückstand auf. Insbesondere Fragen bezüglich der Verbesserung 6684

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der Sicherheit und des Managements sowie zur Verknüpfung von städtischen, regionalen und nationalen Netzen müssen in verschiedenen Agglomerationen angegangen werden, um den gewünschten Umstieg auf den öffentlichen Verkehr zu erhöhen.

Wasser- und Abwassermanagement: Die Trinkwasserversorgung ist für die Lebensqualität zentral. Kapazitätsengpässe, mangelnder Unterhalt und veraltete Technologien beeinträchtigen die Zuverlässigkeit der Wasserversorgung. Die Unterstützung von Ortschaften und kleinen Städten bei der Sanierung und dem Ausbau ihrer Trinkwassersysteme ist deshalb nach wie vor von grosser Bedeutung. Auch die Gewässerverschmutzung ist in den Ländern der EU-13 ein grosses Problem. Viele strukturschwache Regionen verwenden für die Abwasserreinigung Jauchegruben, die periodisch entleert werden. Auch in Grossstädten fliesst ein Teil des Abwassers immer noch ungeklärt in umliegende Gewässer. Eine verbesserte Abwasserreinigung dient nicht nur dem Gewässerschutz, sondern auch der Gesundheit und dem Wohlbefinden der Menschen.

Abfallentsorgung: Nach wie vor dringender Handlungsbedarf besteht bei der Entsorgung von gefährlichen Abfällen und Sondermüll. Die umweltgerechte Beseitigung von Deponien mit gefährlichen Abfällen, in vielen Fällen sogenannte Altlasten aus der Zeit vor dem EU-Beitritt, ist weiterhin ein wichtiges Anliegen in vielen Partnerländern.

Naturschutz und Biodiversität: Mit der Modernisierung der Landwirtschaft, dem Wirtschaftswachstum und der damit verbundenen grossen Bautätigkeit ist der Druck auf Natur und Biodiversität gestiegen. Oft fehlt es an Kapazitäten und finanziellen Mitteln, um sich wirksam für den Naturschutz und den Erhalt der biologischen Vielfalt einzusetzen. Die Unterstützung für den Schutz der Artenvielfalt, des Waldes, aber auch zur Förderung des Öko-Tourismus oder des biologischen Landbaus bieten sich besonders auch an für Partnerschaften mit Schweizer Organisationen und Institutionen.

Sozial- und Gesundheitssysteme stärken Im Vordergrund stehen Vorhaben zur Stärkung des öffentlichen Gesundheitswesens (zum Beispiel Verbesserung der medizinischen Grundversorgung, Aus- und Weiterbildung von Gesundheitspersonal, Ausbau der Prävention, Restrukturierung des Spitalnetzes) und der Gesundheits- und Sozialdienste für benachteiligte Personen (zum Beispiel zugunsten von
älteren Menschen, Kindern und Minderheiten).

Gesundheit und soziale Dienstleistungen: Das Gesundheitswesen und die Pflege sind durch Folgendes gekennzeichnet: vorwiegend kurativ ausgerichtete Gesundheitssysteme, starke Spezialisierung, ungenügende dezentrale Strukturen und ineffiziente Mittelverwendung. Die Gesundheitssituation der Bevölkerung ist in den Ländern der EU-13 deutlich schlechter und die Lebenserwartung tiefer als in den anderen EU-Mitgliedstaaten. Der Alterungsprozess der Bevölkerung und nichtübertragbare Krankheiten stellen die Länder vor neue Herausforderungen. Mit dem Schweizer Beitrag sollen insbesondere die Aus- und Weiterbildung von Gesundheitspersonal sowie Reformen der Gesundheitssysteme in Richtung einer besseren Bedürfnisorientierung und mehr Effizienz unterstützt werden. Die ambulante und häusliche Pflege auf kommunaler Ebene bieten in dieser Hinsicht besonders interessante Perspektiven.

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Minderheiten und sozial Benachteiligte: In einer Reihe von Partnerländern leben Gruppen von Minderheiten, insbesondere Roma, in sehr prekären Bedingungen.

Deren Teilhabe am gesellschaftlichen Entwicklungsprozess soll auf verschiedenen Ebenen gefördert werden. Ein wichtiger Beitrag kann in der medizinischen Grundversorgung, Prävention, Gesundheitsförderung und in Subventionsmodellen vor allem für die ärmeren und sozial benachteiligten Bevölkerungsschichten in den Vororten von Städten und in ländlichen Gebieten geleistet werden. Daneben sind neue Systemansätze u. a. zur Palliativ- und Langzeitpflege, zur Unterstützung betagter Menschen und in der Erziehung und Familienplanung gefragt.

Die Sozial- und Gesundheitssysteme sollen durch Erfahrungsaustausch mit Schweizer Akteuren gestärkt werden. Dadurch sowie mit weiteren Massnahmen sollen der Aufbau von Kapazitäten in den Institutionen, die Berufsbildung in Gesundheits- und Sozialberufen sowie der Einbezug nichtstaatlicher Akteure in den gesundheits- und sozialpolitischen Dialog und die Erbringung von qualitativ ausreichenden medizinischen und sozialen Dienstleistungen gefördert werden. Die unterstützten Projekte sollen zu den Zielen der schweizerischen Gesundheitsaussenpolitik beitragen oder komplementär wirken.

Bürgerengagement und Transparenz fördern Durch die Förderung des Engagements der Bürgerinnen und Bürger soll deren Mitwirkung bei der Entwicklung ihres Landes und so die Stärkung der demokratischen Strukturen und Prozesse unterstützt werden. Verschiedene Formen des Bürgerengagements (Verbände, Bürgerinitiativen, Interessensgruppen, Nichtregierungsorganisationen [NGO] etc.) und die Medien haben eine entscheidende Bedeutung dabei, pluralistische Strukturen zu fördern und Anliegen der Bürgerinnen und Bürger in politische Entscheidungsprozesse einzubringen. Dank ihrer Vertrautheit mit den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger können unter anderem NGO auch staatliche Stellen in der Erbringung von Dienstleistungen wie beispielsweise im Umweltoder Sozialbereich unterstützen oder ergänzen.

Die Unterstützung des Bürgerengagements soll die Fähigkeit zur Einflussnahme in demokratischen Prozessen sowie die Erbringung von sozialen Dienstleistungen stärken und zielt somit auf die Entwicklung der institutionellen Kapazitäten, Unterstützung von Eigeninitiativen
und Vernetzung ab. Damit sollen insbesondere die Rolle und Verantwortung der Bürgerinnen und Bürger bei der Rechenschaftsablegung des öffentlichen Sektors gestärkt werden. Einerseits sollen grössere Organisationen in ihrer Arbeit unterstützt, andererseits aber auch geringere Zuschüsse für kleinere oder ländliche Organisationen zur Verfügung gestellt werden. Soweit möglich soll der Bezug zu anderen Themenbereichen des zweiten Schweizer Beitrags (Migration, Umwelt- und Klimaschutz, Gesundheit und Soziales, Minderheiten und sozial Benachteiligte) und der Austausch mit Schweizer Organisationen sichergestellt werden.

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2.2.2

Strategie und Umsetzungsprinzipien

Die Strategie, die Grundsätze und das Umsetzungskonzept des Erweiterungsbeitrags haben sich grundsätzlich bewährt, sodass beim zweiten Beitrag darauf aufgebaut werden kann. Die bisherigen Erfahrungen, neue Gegebenheiten sowie die Empfehlungen aus den Prüfungen der EFK und der externen Evaluation bedingen jedoch spezifische Anpassungen.

Strategische Umsetzungsprinzipien Die Umsetzung des zweiten Beitrags soll nach folgenden strategischen Umsetzungsprinzipien erfolgen: Nachfrageorientierung: Die strategischen Prioritäten der Partnerländer bilden eine wichtige Grundlage für die Vereinbarung der bilateralen Zusammenarbeitsprogramme. Die bedürfnisorientierte Festlegung der Themen der Zusammenarbeit ist für eine gute Wirksamkeit der Projekte unabdingbar. Die gegenwärtigen nationalen und regionalen Planungsinstrumente der Partnerländer sind abgestimmt auf den Gemeinsamen Strategischen Rahmen der gegenwärtigen EU-Kohäsionspolitik 2014­2020 und auf die darauf basierende Entwicklungs- und Investitionspartnerschaft zwischen der EU-Kommission und dem jeweiligen Mitgliedstaat. Somit wird sichergestellt, dass der Schweizer Beitrag die Kohäsionsanstrengungen der EU und der EFTA/ EWR-Staaten komplementär unterstützt.

Schweizer Expertise: Bei ausgewählten Themen soll noch stärker als bisher Schweizer Expertise in die Zusammenarbeit eingebracht werden. Im Vordergrund stehen dabei die duale Berufsbildung und das Schweizer Migrations- und Asylwesen, aber beispielsweise auch der Klimaschutz und die Abfallbewirtschaftung. In allen Themen sollen deshalb Partnerschaften zwischen lokalen und Schweizer Akteuren gefördert und Fachstellen in der Schweiz mit spezifischer Expertise für Partnerinstitutionen direkt eingebunden werden. Dabei werden systemrelevante Lösungen angestrebt.

Geografische Konzentration: Die bisherige Vorgabe, in Polen, der Slowakei, Tschechien und Ungarn mindestens 40 Prozent der Mittel den weniger fortgeschrittenen, strukturschwachen Regionen zukommen zu lassen, hat dort wirkungsvolle Resultate erbracht. Neu soll in Ländern mit einem grösseren Beitragsvolumen mindestens die Hälfte der Mittel solchen Regionen zugutekommen.

Komplementarität: Das Schweizer Programm soll sich auf prioritäre Sektoren konzentrieren, für die zu wenig EU-Mittel zur Verfügung stehen (finanzielle Komplementarität) oder die
durch die Instrumente der EU-Kohäsionspolitik nicht oder nicht ausreichend abgedeckt werden (thematische Komplementarität).

Grössere Projekte und Stärkung des Programmansatzes: Die Finanzierung von grösseren Projekten ist effizienter und kostengünstiger. Kleinere Projekte im gleichen Themenbereich werden vorzugsweise in einem thematischen Programm mit einem gemeinsamen Budget und mit projektübergreifenden Zielen auf lokaler und nationaler Ebene gebündelt und in der Regel mit einem sektoriellen Politikdialog verknüpft.

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Fortführung von Projekten: Erfolgreiche Projekte und Programme des Erweiterungsbeitrags werden bei entsprechendem Bedarf, guten Resultaten und bewährten Partnern nach Möglichkeit weiter unterstützt.

Sichtbarkeit: Bei der Auswahl und Durchführung der Projekte soll darauf geachtet werden, dass damit die bilateralen Beziehungen zwischen der Schweiz und dem jeweiligen Partnerland gefördert werden. Die Projekte sollen insbesondere zur Sichtbarkeit und zum Ansehen der Schweiz im Partnerland beitragen.

Allgemeine Prinzipien: Das Schweizer Engagement soll weiterhin geleitet werden durch Transparenz, Resultatorientierung, Rechenschaftsablegung, Eigenverantwortung, Einbezug sozial benachteiligter Gruppen, Gendergleichheit und Nachhaltigkeit.

Instrumente Die Instrumente der technischen und finanziellen Zusammenarbeit, wie sie im Bundesgesetz Ost definiert sind, gelangen auch beim zweiten Beitrag zur Anwendung.

Das bilaterale Leistungsangebot der Schweiz umfasst die Finanzierung von Ausrüstung und Infrastruktur sowie Dienstleistungen (Kapazitätsförderung, Beratung und Ausbildung). Wie der Erweiterungsbeitrag wird auch der zweite Beitrag in Form von Projekten, Programmen und Fonds, die im öffentlichen Interesse und nicht kommerziell finanzierbar sind, umgesetzt. Den Partnerländern werden daneben technische Hilfe sowie Unterstützung bei der Projektvorbereitung zur Verfügung gestellt.

Auswahl und Genehmigung von Projekten Die Schweiz wird mit jedem Partnerland aus den vorgegebenen Themenbereichen selektiv Themen identifizieren und diese in bilateralen Rahmenabkommen vereinbaren. Ausserdem werden in den Rahmenabkommen die Höhe des Beitrags, die Grundsätze und Modalitäten der Zusammenarbeit sowie die geografische Konzentration festlegt.

Gestützt auf das jeweilige Rahmenabkommen wird das Partnerland die Identifizierung und Vorbereitung von Projekten vornehmen. Die Partnerländer stellen sicher, dass die vorgeschlagenen Programme und Projekte ihren Sektorstrategien und -politiken entsprechen und im öffentlichen Interesse liegen. Bei der Projektidentifizierung gibt es grundsätzlich zwei Optionen: eine Direktauswahl durch die zuständigen Ministerien oder die Auswahl über öffentliche Projektwettbewerbe.

Entscheidend bei der Auswahl ist, dass die Programme und Projekte dazu beitragen, wirtschaftliche und soziale
Ungleichheiten zu verringern, und dass sie den strategischen Umsetzungsprinzipien (siehe oben) entsprechen. Eine gute, detaillierte Vorbereitung der Projekte ist eine Voraussetzung für deren Genehmigung und deren erfolgreiche Umsetzung. Die Unterstützung bei der Projektvorbereitung und die technische Begleitung von komplexen Projekten durch die Schweiz bis zum Abschluss sollen deshalb beibehalten werden. Bei der Programm- und Projektauswahl sind die Wirkung und die Perspektiven für die Nachhaltigkeit eines Vorhabens massgebend. Die Qualität der verantwortlichen Organisation wird hoch gewichtet, beispielsweise technische, fachliche und organisatorische Fähigkeiten, vorhandene

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Kapazitäten und die Gewährleistung einer effizienten und wirksamen Mittelverwendung.

Die Projekte und Programme werden durch die Schweiz genehmigt. Für die Genehmigung von Projekten hat sich ein zweistufiges Verfahren in der Regel bewährt: Erst wenn die Projektidee genehmigt ist (erste Stufe), arbeitet der Gesuchsteller den detaillierten Projektvorschlag aus und legt ihn zur Bewilligung vor (zweite Stufe).

Die Erfahrung zeigt, dass dieses zweistufige Verfahren einerseits Vorteile für die Qualität der Projekte hat, denn nach der ersten Stufe werden Vorgaben für die weiteren Arbeiten gemacht. Andererseits erweist es sich als Vorteil, dass sich die Projektvorbereitungskosten für diejenigen Antragsteller, deren Projekte abgelehnt werden, in Grenzen halten.

Generelle Durchführung Wie beim Erweiterungsbeitrag sind für die Durchführung des Rahmenkredits Kohäsion die DEZA und das SECO gemeinsam zuständig. Im Schwerpunktbereich Berufsbildung erfolgt die Umsetzung in enger Kooperation mit dem Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI). Die Kohärenz mit der Schweizer Europapolitik wird in Absprache mit der Direktion für Europäische Angelegenheiten (DEA) sichergestellt.

Die schweizerischen Vertretungen in den Partnerländern mit einem grösseren bilateralen Zusammenarbeitsprogramm werden personell verstärkt, um die Umsetzung vor Ort eng zu begleiten. Die übrigen Programme werden ­ in Zusammenarbeit mit der zuständigen Schweizer Vertretung ­ direkt von Bern geleitet.

Die Beratende Kommission für internationale Zusammenarbeit11 kann den Bundesrat in Fragen der Umsetzung des Schweizer Beitrags beraten.

Der technische Erfahrungsaustausch mit Norwegen und mit den Diensten der Europäischen Kommission im Rahmen des Erweiterungsbeitrags soll beim zweiten Beitrag weitergeführt werden.

Um die bilateralen Beziehungen zwischen der Schweiz und den Partnerländern zu stärken, ist auch eine gezielte und effektive Kommunikation im In- und Ausland in Zusammenarbeit mit Information EDA und Präsenz Schweiz wichtig.

Operationelle Umsetzung Um eine effiziente und wirksame Umsetzung und das Erreichen der geplanten Resultate zu gewährleisten, arbeitet die Schweiz in den Ländern der EU-13 mit diversen Partnern und Institutionen zusammen. Eine zentrale Rolle spielen die Regierungsstellen in den einzelnen
Partnerländern, allen voran die jeweilige nationale Koordinationseinheit. Diese ist für die Gesamtkoordination des Zusammenarbeitsprogramms im Partnerland zuständig und die zentrale Ansprechstelle für die Schweiz. Die Zusammenarbeit mit nationalen Institutionen, wie Fachministerien oder Universitäten, und mit regionalen Partnern (Regionalverwaltung, Gemeinden) spielt bei der Formulierung und Umsetzung der Projekte und Programme eine wich11

Nach Art. 14 des BG vom 19. März 1976 über die internationale Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe, SR 974.0.

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tige Rolle. Sie sind beim Rahmenkredit Kohäsion die eigentlichen Umsetzungspartner.

Auf Schweizer Seite werden ebenfalls verschiedene Partner und Institutionen an der Beurteilung und Begleitung der Projekte und Programme beteiligt. Gerade bei grösseren Vorhaben, speziell bei solchen mit Programmcharakter, können zum Beispiel eidgenössische oder kantonale Fachbehörden (Bundesämter oder Direktionen auf Kantonsebene, weitere Fachinstitutionen) eine wertvolle Rolle spielen, indem sie Schweizer Wissen und Erfahrungen in die Partnerländer übertragen.

Im Weiteren ist auch die Beteiligung des Schweizer Privatsektors und von NGO von Bedeutung. Schweizer Leistungserbringer, das heisst private und öffentliche Unternehmen, Verbände, Ausbildungs- und Forschungsstätten sowie NGO, können sich gleichberechtigt wie die Leistungserbringer aus den EU-Ländern an den Ausschreibungen von Vorhaben beteiligen, die über den Schweizer Beitrag finanziert werden.

Die öffentlichen Ausschreibungen werden in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorgaben auf den einschlägigen Plattformen der EU und des Partnerlandes sowie in der Schweiz publiziert. Zudem können sich Schweizer Leistungserbringer an allen öffentlichen Ausschreibungen von Vorhaben beteiligen, die über die Strukturfonds und den Kohäsionsfonds der EU finanziert werden.

Die Finanzierung der Projekte und Programme wird wie bis anhin über eine zentrale Zahlstelle im Partnerland abgewickelt werden. Die Zahlungsabwicklung in der Schweiz erfolgt über die Schweizerische Nationalbank. Das Partnerland beteiligt sich in der Regel mit mindestens 15 Prozent der Kosten an den von der Schweiz unterstützten Vorhaben. Je nach Finanzkraft des Partners soll eine Ausnahme von dieser Regel möglich sein. Bei Projekten mit NGO zum Beispiel können die Eigenbeiträge kleiner sein, bei Finanzierungsinstrumenten zugunsten von KMU grösser.

Alle Projekte und Programme werden durch ein Audit geprüft. Zudem können sie von der Schweiz jederzeit einem zusätzlichen Prüfverfahren unterzogen werden.

Die Formen und Prozeduren der Zusammenarbeit werden in den Anhängen zu den bilateralen Rahmenabkommen geregelt werden. Das gilt insbesondere für die Projektauswahl, für den Genehmigungsprozess, für die Rechenschaftsablegung sowie die Auszahlungsmodalitäten.

Um bei der operationellen Umsetzung die
Risiken von Unregelmässigkeiten und Missbrauch zu minimieren, wird die Schweiz ihre bewährten Massnahmen des Erweiterungsbeitrags auch beim Rahmenkredit Kohäsion anwenden (vgl. Anhang 2).

Nach der Genehmigung jedes Projektfinanzierungsgesuchs durch die Schweiz schliesst die DEZA oder das SECO mit der nationalen Koordinationseinheit ein Projektabkommen ab. Darin wird die Projektdurchführung im Detail geregelt, wie zum Beispiel die zu erreichenden Ziele, das Budget und die Auszahlungsmodalitäten, die Einbindung von Partnerinstitutionen, Audits und die Projektüberwachung (Monitoring) sowie die Kommunikationsmassnahmen, die Berichterstattung und die Evaluation.

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2.2.3

Controlling und Evaluation

Sowohl auf der Ebene der Länderprogramme als auch der einzelnen Projekte werden zu Beginn der Umsetzung Monitoringsysteme etabliert, die auf den Erfahrungen des Erweiterungsbeitrags basieren. Von zentraler Bedeutung ist die periodische Berichterstattung vonseiten der Projektträger über den Projektfortschritt an die jeweilige nationale Koordinationseinheit. Die Überwachung der Projektumsetzung erfolgt in erster Linie durch die jeweilige Koordinationseinheit. Die Schweiz wird eigene Fortschrittskontrollen durch die Schweizer Vertretung vor Ort und durch die Zentrale der DEZA und des SECO vornehmen. Dabei werden Schweizer und lokale Fachkräfte Effizienz und Wirksamkeit der Projekt- und Programmumsetzung und die Mittelverwendung überprüfen. Neben der korrekten Durchführung der Projekte steht die Erreichung der geplanten Resultate im Zentrum des Interesses.

In den bilateralen Rahmenabkommen mit den Partnerländern werden rechtlich verbindliche Regeln für sensible Phasen der Zusammenarbeit festgelegt. Dazu gehören: ­

die Auswahl von Projektvorschlägen;

­

die Vergabe von Liefer- und Dienstleistungsaufträgen;

­

die Überprüfung der Projektumsetzung.

Weiter enthalten die Abkommen eine Anti-Korruptionsklausel. Das heisst, die Schweiz und das Partnerland verpflichten sich, jegliche Formen von Korruption zu bekämpfen und jeden Fall von ungebührender Vorteilsgewährung als rechtswidriges Vergehen zu betrachten und zu ahnden.

Die finanziellen Prüfverfahren sind sowohl auf der Programm- wie auf der Projektebene angelegt. Auf Programmebene ist die nationale Revisionsbehörde zuständig; auf Projektebene werden auch Aufträge an private Treuhand- und Revisionsunternehmen vergeben.

Auf der Ebene der strategischen und operativen Gesamtprogrammsteuerung finden in jedem der Partnerländer jährlich Besprechungen statt. Dabei überprüft die Schweiz zusammen mit der zuständigen nationalen Koordinationseinheit, inwieweit die Mittel verpflichtet wurden, die Umsetzung voranschreitet und die vorgegebenen Ziele erreicht werden und ob Programm- oder Projektanpassungen nötig sind.

Bei ihren Finanzierungsentscheiden analysieren die DEZA und das SECO mögliche Risiken und berücksichtigen die allgemeinverbindlichen Prinzipien.

Jedes Partnerland wird nach Abschluss des bilateralen Zusammenarbeitsprogramms einen umfassenden Schlussbericht verfassen. Zudem können sowohl die Partnerländer wie auch die Schweiz auf der Programm- und der Projektebene Evaluationen durchführen lassen.

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2.2.4

Ressourcen

Eigenaufwand Der Eigenaufwand der Schweiz für den Rahmenkredit Kohäsion beträgt 5 Prozent des Gesamtbetrags von 1102 Millionen Franken. Dazu gehören folgende Ausgabenposten: ­

Lohn- und Betriebskosten der zuständigen Organisationseinheiten in der DEZA und im SECO in der Zentrale (sowie Mittelabtretungen von DEZA und SECO für Fachexpertise von anderen Bundesämtern wie bspw. SBFI);

­

Lohn- und Betriebskosten der Aussenstellen des Bundes (anteilsmässig am Gesamtaufwand);

­

Vorstudien durch Fachleute;

­

Information und Kommunikation des Bundes zum zweiten Beitrag (Dokumentation, Publikationen, Veranstaltungen).

Die administrativen Kosten und die Stellenanzahl sind knapp bemessen und basieren auf Erfahrungswerten.

In einer ersten Phase von fünf Jahren werden Arbeiten in Bezug auf die Verpflichtung der Projektmittel im Vordergrund stehen. In der Phase danach haben die Abwicklung und Umsetzung Priorität. Die bisherigen Erfahrungen haben gezeigt, dass auch diese Phase im Interesse einer erfolgreichen Erreichung der Projektziele mit ausreichenden Personalressourcen dotiert sein muss. Die dafür notwendigen Mittel sind befristet.

Aufwand für Schweizer Expertise ausserhalb der Bundesverwaltung und andere Durchführungsmassnahmen Vom Gesamtbetrag von 1102 Million Franken sind bis zu zwei Prozent für projektbezogene Schweizer Expertise durch bundesexterne Stellen und für andere mit den Partnerländern zu vereinbarende Durchführungsmassnahmen vorgesehen. Diese Mittel dienen folgenden drei Zwecken: ­

Stärkung der bilateralen Beziehungen mit den Partnerländern;

­

Zurverfügungstellung von Schweizer Expertise;

­

Förderung einer den Schweizer Vorgaben entsprechenden Qualität und Nachhaltigkeit der Projekte und Programme.

Wie in Ziffer 2.2.2 (operationelle Umsetzung) beschrieben, sollen verstärkt Schweizer Wissen und Erfahrungen in die Programme und Projekte eingebracht werden.

Durch einen aktiven Beitrag von Schweizer Institutionen und Organisationen auch ausserhalb der Bundesverwaltung bei der Gestaltung und Umsetzung der Aktivitäten werden die bilateralen Beziehungen gestärkt. Dazu gehören unter anderem Partnerschaften mit kantonalen Stellen sowie anderen öffentlichen und privaten Organisationen der Schweiz. Die direkte Einbindung von Fachstellen in der Schweiz mit interessantem Wissen für Partnerinstitutionen in den Ländern der EU-13 verursacht Kosten. Diese Leistungen konnten im Erweiterungsbeitrag aus administrativen Gründen nur ungenügend abgegolten werden, was zur Folge hatte, dass die Wis6692

BBl 2018

sensübertragung in die Partnerländer nicht immer im gewünschten Ausmass erfolgen konnte. Neu sollen mit den zwei Prozent für Schweizer Expertise die Kosten der beteiligten bundesexternen Behörden und von anderen involvierten Organisationen (unter anderem für Personal und Dienstreisen) direkt durch die DEZA und das SECO abgegolten werden.

Zur Qualitätssicherung können Experteneinsätze erforderlich sein, wie zum Beispiel für die Prüfung von Projekten und Ausschreibungsunterlagen. Ausserdem braucht die Schweiz mehr Möglichkeiten als beim Erweiterungsbeitrag, technische Abklärungen, ausserordentliche Audits von Projekten oder auch Evaluationen durchzuführen, wenn das Partnerland dies nicht selber effizient und erfolgsversprechend machen kann.

2.3

Rahmenkredit Migration

2.3.1

Beschreibung

Der Rahmenkredit Migration soll dazu beitragen, das Migrationsmanagement in EUMitgliedstaaten zu stärken. Die Zunahme der Migrationsbewegungen nach Europa hat das Schengen/Dublin-System stark belastet. Die bedeutenden Migrationsbewegungen ab 2015 zeigten die Grenzen der Systeme für das Migrationsmanagement auf und stellten die europäische Migrationspolitik grundsätzlich in Frage. Zahlreiche europäische Staaten standen bei der Bewältigung dieser Bewegungen vor grossen Herausforderungen, einige von ihnen zum ersten Mal überhaupt. Mit den Mitteln des Rahmenkredits Migration sollen betroffene Staaten in ihren Anstrengungen unterstützt werden, ihre Strukturen und Verfahren für die Aufnahme von Schutzsuchenden zu stärken und ein effizienteres Asylverfahren sowie effektivere Rückkehrverfahren auf- bzw. auszubauen. Der Bundesrat strebt das allgemeine Ziel an, die Migrationsbewegungen europaweit besser zu steuern, und möchte demnach dazu beitragen, die Unterschiede zwischen den europäischen Staaten bei der Bewältigung der Herausforderungen im Migrationsbereich zu reduzieren. Die Harmonisierung der Asylverfahren sowie der Aufnahmebedingungen und -strukturen auf europäischer Ebene kann zur Verringerung der irregulären Migrationsbewegungen innerhalb Europas beitragen und ist eine wichtige Voraussetzung für das Funktionieren von Schengen/Dublin. Auch die Schweiz profitiert von diesem System und hat ein Interesse daran, dass es gut funktioniert.

Im Sinne einer Aufteilung der Verantwortung und unter Berücksichtigung der dargelegten Schweizer Interessen in diesem Bereich sollen im Rahmen des zweiten Schweizer Beitrags an ausgewählte EU-Mitgliedstaaten 190 Millionen Franken für Projekte im Migrationsbereich eingesetzt werden. In Sondierungsgesprächen mit potenziellen Partnerländern kamen der Wille zur Kooperation sowie das Bedürfnis nach entsprechender Unterstützung zum Ausdruck.

6693

BBl 2018

2.3.2

Umfeld

Die Verstärkung der Strukturen des Migrationsmanagements in von der Migration besonders betroffenen EU-Mitgliedstaaten stellt sowohl für die EU als auch für die Schweiz eine Priorität dar. Die EU hat daher bedeutende Mittel freigesetzt, um die Strukturen des Migrationsmanagements in ihren Mitgliedstaaten im Sinne der Solidarität zu verbessern und auszubauen. Mit dem Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) der EU werden die Behörden der EU-Mitgliedstaaten unterstützt, um unter anderem die Aufnahmebedingungen von Migrantinnen und Migranten, die Bearbeitung von Asylgesuchen und die Umsetzung von Rückführungsverfahren zu verbessern. In Krisensituationen kann die Europäische Kommission zudem humanitäre Soforthilfe finanzieren, um bedürftige Personen innerhalb der EU zu unterstützen. Auch die EFTA/EWR-Staaten setzen einen Teil ihres Beitrags zur Verringerung der wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten in Europa für Projekte im Migrationsbereich ein. Vor diesem Hintergrund wird auf eine Komplementarität der aus dem Rahmenkredit Migration geförderten Massnahmen zu Programmen der EU und der EFTA/EWR-Staaten geachtet.

2.3.3

Thematische Ausrichtung

Innerhalb des Rahmens, wie ihn die asylgesetzlichen Grundlagen abstecken (vgl.

Ziff. 5.1.2), können aus den Mitteln des Rahmenkredits Migration Massnahmen in den folgenden Themenbereichen finanziell gefördert werden: ­

Bewältigung von Herausforderungen im Flüchtlingsbereich;

­

Prävention irregulärer (Sekundär-)Migration, einschliesslich der Stärkung von Asylstrukturen und der Harmonisierung von Standards;

­

Rückkehr und Reintegration.

Während der jeweiligen Verhandlungsphasen mit den Partnerländern werden die Bedürfnisse und Bereiche der Zusammenarbeit genau festgelegt. Aufgrund der Ergebnisse der Sondierungsgespräche mit bestimmten EU-Mitgliedstaaten und aufgrund der Ziele des Rahmenkredits Migration könnten unter anderem folgende Bereiche finanziell unterstützt werden: ­

Asylverfahren in ausgewählten EU-Mitgliedstaaten: Potenzielle Kooperationsbereiche sind die Registrierung der Asylsuchenden und die Abwicklung der Asylverfahren.

­

Ausbau der Infrastruktur für die Unterbringung der Migrantinnen und Migranten und der Flüchtlinge: Dies trägt dazu bei, dass die am meisten von der Migration betroffenen europäischen Länder die Migrantinnen und Migranten besser betreuen können. Deshalb sollen namentlich mit Blick auf die Bedürfnisse von besonders schutzbedürftigen Migrantinnen und Migranten, wie beispielsweise von Kindern, geeignete Infrastrukturen bereitgestellt werden.

6694

BBl 2018

­

Freiwillige Rückkehr und Reintegration der Migrantinnen und Migranten in ihren Herkunftsländern: Dies funktioniert in der Schweiz gut und ist integraler Bestandteil der Migrationspolitik vieler europäischer Länder. Der Erfahrungsaustausch und die Finanzierung von Programmen für eine freiwillige Rückkehr in enger Zusammenarbeit mit den nationalen Behörden und den zuständigen internationalen Organisationen sind deshalb ein wichtiger Kooperationsbereich.

2.3.4

Strategie und Umsetzungsprinzipien

Strategie und Umsetzungskonzept orientieren sich an Erfahrungen des Erweiterungsbeitrags, tragen dabei aber den Besonderheiten der Migrationsthematik Rechnung. Eckpunkte des Engagements bilden dabei Bedarf und Bedürfnisse der Partnerländer, die Komplementarität mit Massnahmen der EU sowie der EFTA/ EWR-Staaten sowie die Nutzbarmachung von Schweizer Wissen und Erfahrungen.

Die finanzielle Unterstützung durch den Rahmenkredit Migration fügt sich in die Gesamtstrategie des Bundesrates in der internationalen und insbesondere europäischen Migrationszusammenarbeit ein und ergänzt die bestehenden Instrumente.

Nach Artikel 113 erster Satz des Asylgesetzes vom 26. Juni 199812 (AsylG) beteiligt sich der Bund «an der Harmonisierung der europäischen Flüchtlingspolitik (...)

sowie an der Lösung von Flüchtlingsproblemen im Ausland». Der Bundesrat hat in der Vergangenheit bereits mehrfach die Wichtigkeit von Solidarität mit von der Migrationssituation besonders betroffenen EU-Mitgliedstaaten unterstrichen: so im Bericht vom 6. Juni 2017 über eine Neukonzeption von Schengen/Dublin in Erfüllung des Postulats 15.3242 Pfister13, mit seinem Beschluss vom 18. September 2015 zur Teilnahme am ersten EU-Relocation-Programm sowie mit dem Einsatz von Schweizer Asylexpertinnen und -experten im Rahmen des Europäischen Asylunterstützungsbüros EASO zur Unterstützung Italiens und Griechenlands über die letzten zwei Jahre. Der Rahmenkredit Migration ist somit eine Fortführung der bisherigen bundesrätlichen Politik, wonach die Schweiz solidarisch ist mit den EU-Mitgliedstaaten, die von der Migrationssituation besonders betroffen sind oder deren Asylund Aufnahmesysteme ausgebaut werden müssen und die im Interesse aller europäischen Staaten mehr Verantwortung übernehmen.

Zeitliche Dimension Bei der Planung des Rahmenkredits Migration ist auf genügend Spielraum zu achten, um auf die schnell wechselnden Migrationsbewegungen und -routen zu reagieren. Daher wird der Rahmenkredit mit drei Mehrjahresprogrammen umgesetzt, die einen Zeitraum von je drei bis vier Jahren umfassen. Die europäischen Partnerländer sowie die Themenbereiche werden im Laufe der vorbereitenden Planungsphase jedes Mehrjahresprogramms festgelegt. Ein Teil der finanziellen Mittel ist für dringende Sonderprojekte reserviert.

12 13

SR 142.31 www.parlament.ch > 15.3242 > Bericht in Erfüllung des parlamentarischen Vorstosses

6695

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Geografische Dimension Der Rahmenkredit Migration soll mit der nötigen Flexibilität dort eingesetzt werden, wo die Herausforderungen am grössten sind. Deshalb wird er sich nicht auf die EU-Mitgliedstaaten beschränken, die seit 2004 in die EU aufgenommen wurden, sondern grundsätzlich allen EU-Mitgliedstaaten offenstehen. Die Verteilung der Mittel erfolgt allerdings nicht gleichmässig über alle Länder, sondern es werden für jedes der Mehrjahresprogramme zwei bis vier Partnerländer ausgewählt. Diese Partnerländer werden aufgrund von Kriterien ausgewählt, die insbesondere das Ausmass der Belastung des jeweiligen Landes durch die Migration, die strukturellen Defizite des Landes bei der Bewältigung von Herausforderungen im Migrationsbereich und die schweizerischen Interessen umfassen. Die Belastung eines Landes wird anhand der relativen Zunahme der Asylgesuche in den letzten Jahren und der Zahl der Asylgesuche pro Einwohner beurteilt. Die Anzahl noch hängiger Asylgesuche im nationalen Verfahren und das Vorhandensein eines EASO-Unterstützungsplans veranschaulichen die Kapazitäten des Partnerlandes bei der Bewältigung von Flüchtlingsströmen und seine strukturellen Defizite. Schliesslich wird auch der generelle Einfluss der Migrationssituation im Partnerland auf die Schweiz berücksichtigt. Des Weiteren spielen neben diesen Kriterien auch weitere Erwägungen eine Rolle, beispielsweise das Engagement eines potenziellen Partnerstaats, im Migrationsbereich mit der Schweiz zusammenarbeiten zu wollen. Der Vorschlag, welche Partnerländer effektiv unterstützt werden, soll im Rahmen der interdepartementalen Struktur zur internationalen Migrationszusammenarbeit (IMZ-Struktur) erarbeitet und diskutiert werden. Das EJPD entscheidet danach auf der Grundlage der Rückmeldungen abschliessend.

Der Gesamtbetrag jedes Mehrjahresprogramms wird nach einem Verteilschlüssel unter den Partnerländern aufgeteilt. Er richtet sich nach den Bedürfnissen der einzelnen Länder im Bereich des Migrationsmanagements. Als Messgrössen für die Zuteilung von finanziellen Mitteln sollen Indikatoren wie die Anzahl Asylgesuche und Verfahrenspendenzen im Verhältnis zum BIP pro Kopf (kaufkraftbereinigt) herangezogen werden. Um der Situation im Bereich der Aufnahmeinfrastruktur gebührend Rechnung zu tragen, sollen auch die im Partnerland zur Verfügung
stehenden Aufnahmeplätze berücksichtigt werden. Damit sollen für jene Staaten grundsätzlich mehr finanzielle Mittel des Rahmenkredits Migration zur Verfügung gestellt werden, in denen höchstwahrscheinlich vergleichsweise kostenintensive Infrastrukturprojekte realisiert werden müssen.

Neben der Zusammenarbeit mit ausgewählten Partnerländern bestünde auch die Möglichkeit, mit einem Teilbetrag des Rahmenkredits Migration einen finanziellen Beitrag an einen europäischen Fonds (Nachfolgefonds des Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds AMIF der EU; vgl. Anhang 4) zu leisten, der ähnliche Ziele verfolgt, sofern sich daraus ein Mehrwert gegenüber einer bilateralen Zusammenarbeit ergibt. Im Falle einer Teilnahme an einem europäischen Fonds müsste ein bilaterales Abkommen zwischen der Schweiz und der EU über die Modalitäten der schweizerischen Beteiligung abgeschlossen werden.

6696

BBl 2018

Thematische Dimension Der Bundesrat beabsichtigt, sich insbesondere in denjenigen Bereichen zu engagieren, in denen mit einer Kombination von Investitionen in Infrastruktur, beispielsweise Aufnahmeeinrichtungen oder Beratungsstellen, mit Knowhow-Transfer und Ausbildungen von Personal auf eine qualitative Verbesserung der Asyl- und Rückkehrsysteme hingewirkt werden kann.

Die Mittel des Rahmenkredits Migration sollen dabei in Bereichen eingesetzt werden, für die entweder keine oder zu wenig EU-Mittel zur Verfügung stehen oder in denen sich die Partnerländer entscheiden, aufgrund einer speziellen Expertise, welche die Schweiz besonders gut anbieten kann, mit dieser zusammenzuarbeiten. Die erfreulichen Ergebnisse der Testphase im SEM für die neuen Asylverfahren können mit anderen, von Migration besonders betroffenen europäischen Ländern geteilt werden. Auch die langjährige Erfahrung der Schweiz im Bereich der Rückkehr und der Reintegration der Migrantinnen und Migranten in ihre Herkunftsländern kann die Grundlage für eine Kooperation darstellen. Wo dies möglich und angebracht ist, wird der Bund mit den Kantonen, Gemeinden und interessierten Körperschaften, wie Universitäten und Hochschulen, zusammenarbeiten.

Operationelle Umsetzung Das Staatssekretariat für Migration (SEM) wird mit der Verwaltung des Rahmenkredits Migration und insbesondere mit der Mehrjahresplanung des Rahmenkredits, mit der Kontrolle der Umsetzung sowie der Budgetverwaltung beauftragt. Die Koordination innerhalb der Bundesverwaltung erfolgt durch die IMZ-Struktur. Im Gegensatz zum Rahmenkredit Kohäsion ist der Rahmenkredit Migration eine Neuerung des zweiten Schweizer Beitrags. Die Modalitäten bei der Verwaltung des Rahmenkredits Migration sollen sich nach Möglichkeit an jenen des Rahmenkredits Kohäsion orientieren. Es sind jedoch neue Verwaltungsstrukturen zu schaffen und Mechanismen für die angemessene Umsetzung zu entwickeln, bei denen den Besonderheiten der europäischen Migrationssituation Rechnung getragen wird.

Die Mehrjahresprogramme konzentrieren sich auf zwei bis vier von der Migration besonders betroffene EU-Mitgliedstaaten. In den Mehrjahresprogrammen bestimmt die Schweiz, welche Partnerländer unterstützt werden, und legt die finanziellen Beträge zugunsten dieser Länder fest. Die Schweiz führt zunächst Vorgespräche mit
den ausgewählten Partnerländern, in denen sie die aktuellen Bedürfnisse im Migrationsbereich eruiert. Im Rahmen dieser Gespräche definieren die Schweiz und die betreffenden Partnerländer gemeinsam die geplanten Zusammenarbeitsbereiche.

Die Schweiz schliesst mit den ausgewählten Partnerländern jeweils ein Rahmenabkommen ab, in dem der Betrag zugunsten des betreffenden Landes sowie die Zeitspanne der Unterstützung, die Modalitäten für die Verwaltung der Mittel, die Ziele der Unterstützung sowie Indikatoren für deren Überprüfung bestimmt werden. Sollte ein EU-13-Land für eine Unterstützung unter dem Rahmenkredit Migration ausgewählt werden, schliesst die Schweiz zwei getrennte Rahmenabkommen in den Bereichen Kohäsion und Migration ab, die unterschiedliche Tätigkeitsbereiche und Umsetzungsperioden abdecken. Die nationalen Behörden des Partnerlandes verwalten die finanziellen Mittel der Schweiz.

6697

BBl 2018

Das SEM arbeitet mit jedem der Partnerländer ein nationales Programm aus, in dem festgelegt wird, wie viele Mittel in welchen konkreten Bereichen eingesetzt werden.

Jedes der Partnerländer bestimmt eine nationale Koordinationseinheit. Diese nationale Koordinationseinheit hat eine Schlüsselrolle bei der Umsetzung der nationalen Programme. Sie ist idealerweise auch diejenige Stelle, die für die Verwaltung von Geldern aus anderen Unterstützungsfonds der EU und der EFTA/EWR-Staaten zuständig ist.

Als Umsetzungspartner kommen insbesondere Fachministerien, Migrationsbehörden auf zentraler, regionaler und lokaler Ebene, internationale Organisationen sowie NGO in Betracht. Ihre Strategien und Projektvorschläge werden in die Programmerarbeitung einbezogen. Auf Schweizer Seite wird das Fachwissen der zuständigen Bundesstellen und allenfalls kantonalen Stellen einfliessen.

Sobald die nationalen Programme ausgearbeitet sind, erfolgen die Festlegung, die Auswahl und das Monitoring der einzelnen Projekte in enger Zusammenarbeit mit der nationalen Koordinationseinheit. Sie wird mit der Aufsicht über die Stellen beauftragt, welche die Projekte umsetzen. Die nationale Koordinationseinheit ist zudem für die Ausformulierung von Finanzierungsgesuchen an die Schweizer Behörden zuständig.

Im Rahmenkredit Migration ist eine Reserve von 10 Millionen Franken vorgesehen, um rasch auf Krisensituationen reagieren zu können. Diese Reserve untersteht nicht der Mehrjahresplanung und ist nicht Teil der nationalen Programme. Sie ist auch nicht an die geografischen Prioritäten gebunden, die im Rahmen der Mehrjahresprogramme festgelegt wurden. Diese Reserven werden in einem oder mehreren EU-Mitgliedstaaten im Fall einer Krisensituation verwendet, die insbesondere auf unerwartete Belastungen im Migrationsbereich zurückzuführen ist. Für die Verwaltung dieser Reserve ist ausschliesslich das SEM zuständig; es identifiziert und wählt die Projekte aus und steht in direktem Kontakt mit den Partnern vor Ort (internationale Organisationen, NGO oder nationale Behörden).

Die finanziellen Mittel, die im Rahmen des ersten Mehrjahresprogramms nicht verwendet wurden, können auf das dritte Mehrjahresprogramm übertragen werden, jene des zweiten Mehrjahresprogramms auf die Reserve. Die finanziellen Mittel, die im Rahmen des dritten Mehrjahresprogramms nicht eingesetzt wurden, werden nicht umverteilt.

2.3.5

Controlling und Evaluation

Jedes im Rahmen des Schweizer Beitrags finanzierte Projekt unterliegt Controllingund Evaluationsmassnahmen. Diese Massnahmen werden in den Rahmenabkommen und den einzelnen Projektabkommen genau definiert.

Die nationale Koordinationsstelle wird mit der Überwachung der Projektdurchführung beauftragt. Sie erhält zu diesem Zweck regelmässige Rechenschaftsberichte über die bei der Projektdurchführung erzielten Fortschritte, die sie ans SEM weiterleitet. Das SEM überprüft die Wirksamkeit der Projekte und Programme und die

6698

BBl 2018

Verwendung der zur Verfügung gestellten Ressourcen. Die internen Kontroll- und Evaluationsregeln und -verfahren müssen noch definiert werden.

Neben den allgemeinen Modalitäten bezüglich der Projektdurchführung und den Regeln und Verfahren der Finanz- und Qualitätskontrollen enthalten die Rahmenabkommen auch eine Antikorruptionsklausel. Das bedeutet, dass sich die Schweiz und das Partnerland verpflichten, gemeinsam gegen Korruption vorzugehen und jeden Fall von ungebührender Vorteilsgewährung als rechtswidriges Vergehen zu betrachten und zu ahnden.

Die Verfahren der Finanzkontrolle gelten sowohl für die Kooperationsbereiche als auch für die Projekte. In Bezug auf die Themenbereiche erfolgt die Kontrolle durch die nationale Revisionsstelle des Partnerlandes, auf Projektebene kann die Kontrolle auch durch private Treuhand- und Revisionsunternehmen erfolgen.

Zum strategischen und operationellen Management des Mehrjahresprogramms sind jährliche Diskussionen in jedem Partnerland vorgesehen. Die Schweiz überwacht gemeinsam mit der zuständigen nationalen Koordinationsstelle Mitteleinsatz und Umsetzung. Sie überprüft auch, ob die festgelegten Ziele wie vorgesehen erreicht werden können oder ob die Programme und Projekte allenfalls angepasst werden müssen. Am Ende des Mehrjahresprogramms verfasst jedes Partnerland einen ausführlichen Schlussbericht. Zudem können die Partnerländer und die Schweiz Evaluationen auf Programm- und Projektebene in Auftrag geben.

2.3.6

Ressourcen

Es sollen höchstens 5 Prozent (10 Mio. CHF) des Gesamtbetrags von 200 Millionen Franken für Eigenaufwand verwendet werden. Da die Verwaltung des Rahmenkredits Migration dem EJPD obliegt, sollen mit diesen Mitteln die zusätzlich erforderlichen personellen Ressourcen des SEM finanziert werden. Ein Teil dieses Personals wird in den Partnerländern eingesetzt werden. Zusätzlich zum Eigenaufwand sollen bis zu 2 Prozent (4 Mio. CHF) des Gesamtbetrags für den Einsatz von projektbezogener Schweizer Expertise ausserhalb der Bundesverwaltung eingesetzt werden können. Dies betrifft beispielsweise den Einsatz von Expertinnen und Experten mit relevantem Fachwissen für die Partnerländer oder die Mandatierung von externen Konsulenten im Bereich Audits oder Evaluationen. Dieser Betrag für externe Expertise ist Teil des Rahmenkredits Migration über 190 Millionen Franken.

Die für den Rahmenkredit Kohäsion geschaffenen Stellen in den EU-13-Ländern sollen gegebenenfalls auch für die Tätigkeiten im Migrationsbereich genutzt werden.

2.4

Erledigung parlamentarischer Vorstösse

Mit dieser Botschaft werden keine hängigen parlamentarischen Vorstösse zur Abschreibung beantragt.

6699

BBl 2018

3

Auswirkungen

3.1

Auswirkungen auf den Bund

3.1.1

Finanzielle Auswirkungen

Bei den beantragten Rahmenkrediten (vgl. 2. Kap.) handelt es sich um Verpflichtungskredite des Bundes über fünf Jahre (Rahmenkredit Kohäsion) respektive zehn Jahre (Rahmenkredit Migration). Für beide Rahmenkredite soll sich die Auszahlungsdauer auf zehn Jahre erstrecken. Die für den zweiten Schweizer Beitrag erforderlichen Mittel wurden im Finanzplan 2020­22 plafonderhöhend eingestellt. Das Budget beim Rahmenkredit Kohäsion wird je zur Hälfte zwischen DEZA und SECO aufgeteilt; der Rahmenkredit Migration wird dem SEM zugeteilt.

Beim Rahmenkredit Kohäsion erfolgt die Aufteilung der Finanzmittel auf die einzelnen Partnerländer in Anlehnung an den Verteilschlüssel des EFTA/EWR-Finanzmechanismus für 2014­2021 (vgl. Anhang 1). Beim Rahmenkredit Migration ergibt sich die Zuteilung der Finanzmittel auf die einzelnen EU-Mitgliedstaaten gemäss den vorgesehenen (drei) Mehrjahresprogrammen. In den Projekten sind keine Anpassungen der Auszahlungen an die Teuerung vorgesehen. Wie bis anhin beim Erweiterungsbeitrag werden die Mittel in Schweizerfranken verpflichtet und ausbezahlt, sodass die Schweiz kein Wechselkursrisiko trägt.

Der zweite Beitrag der Schweiz an ausgewählte EU-Mitgliedstaaten kann gemäss den Regeln der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung nicht an die öffentliche Entwicklungshilfe der Schweiz angerechnet werden.

Tabelle 1 Zweiter Schweizer Beitrag ­ Legislaturfinanzplan 2020­22 und indikative Extrapolation bis 2029 (Mio. CHF)

2020

2021

2022

2023

1. RK Kohäsion ­ DEZA ­ SECO

10,0 30,0

50,0

80,0 130,0 150,0 160,0 160,0 145,0 131,9 1046,9

5,0 15,0 5,0 15,0

25,0 25,0

40,0 40,0

65,0 65,0

75,0 75,0

80,0 80,0

80,0 80,0

72,5 72,5

66,0 65,9

523,5 523,5

2. RK Migration

1,0 11,0

11,0

21,0

21,0

31,0

31,0

21,0

31,0

11

190,0

Total RKs

11,0 41,0

Eigenaufwand Gesamtsumme zweiter Beitrag

6700

2024

2025

2026

2027

2028

2029

Total

61,0 101,0 151,0 181,0 191,0 181,0 176,0 142,9 1236,9 65,1 1302,0

BBl 2018

3.1.2

Personelle Auswirkungen

Im Zeitraum 2020­29 wird für die Umsetzung des zweiten Schweizer Beitrags voraussichtlich insgesamt ein Eigenaufwand von 65,1 Millionen Franken anfallen.

Davon entfallen etwa 61,3 Millionen Franken auf den Aufwand für Personal in der Schweiz und in den Aussenstellen einschliesslich des Lokalpersonals. Für die Umsetzung des zweiten Beitrags werden schätzungsweise durchschnittlich rund 45­50 Vollzeitstellenäquivalente (davon rund 60 % im Ausland) benötigt. Es handelt sich dabei um wieder neu zu besetzende Stellen, da diejenigen zur Umsetzung des Erweiterungsbeitrags laufend abgebaut worden sind. Die Mittel für diese Stellen sind befristet. Das Personal in der Schweiz ist hauptsächlich verantwortlich für die strategische und die finanzielle Steuerung, die Festlegung der Vorgaben und Standards, die Kontrolle der operationellen und der finanzadministrativen Umsetzung sowie Koordinationsaufgaben in der Schweiz. In den Aussenstellen ist das Personal für die Umsetzung des Programms verantwortlich.

Der Eigenaufwand für 2019 wird aus den bestehenden Globalbudgets der DEZA, des SECO und des SEM finanziert. Ab 2020 wurden die finanziellen Mittel des Eigenaufwands für den zweiten Beitrag im Finanzplan plafonderhöhend eingestellt.

Bei der Mittelaufteilung pro Jahr handelt es sich um Schätzungen, die jährlich im Rahmen des jeweiligen Budgetprozesses dem aktuellen Stand der Planung angepasst werden und vom Parlament genehmigt werden müssen. Verschiedene Grössen wie der tatsächliche Eigenaufwand pro Jahr sind von einer grossen Zahl noch unbekannter Faktoren abhängig, wie beispielsweise von der mit den Partnerländern zu vereinbarenden thematischen Breite des Programms, von der Anzahl Projekte und Programme pro Land sowie von der Effizienz der Umsetzung durch die Partnerländer.

Tabelle 2 Zweiter Schweizer Beitrag ­ Indikativer Eigenaufwand während der Periode 2019­29 (Mio. CHF)

2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 Total 19­29

DEZA Personalaufwand 0,6

2,3

2,9

3,0

2,8

2,8

2,6

2,5

2,4

2,3

1,9 26,1

Sach- und Betriebsaufwand

0,1

0,1

0,1

0,2

0,2

0,2

0,2

0,1

0,1

0,1

0,1

Total Eigenaufwand DEZA

0,7

2,4

3,0

3,2

3,0

3,0

2,8

2,6

2,5

2,4

2,0 27,6

SECO Personalaufwand 0,6

1,5

2,3

2,9

3,0

2,8

2,8

2,6

2,5

2,4

2,2

1,9 26,0

Sach- und Betriebsaufwand

0,1

0,1

0,1

0,2

0,2

0,2

0,2

0,1

0,1

0,1

0,1

Total Eigenaufwand SECO

0,7

2,4

3,0

3,2

3,0

3,0

2,8

2,6

2,5

2,3

2,0 27,5

1,5

6701

BBl 2018

(Mio. CHF)

SEM

2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 Total 19­29

Personalaufwand 0,2

0,7

0,9

0,9

1,0

1,0

1,0

1,0

1,0

0,9

0,5

9,1

Sach- und Betriebsaufwand

0,0

0,1

0,1

0,1

0,1

0,1

0,1

0,1

0,1

0,1

0,0

0,9

Total Eigenaufwand SEM

0,2

0,8

1,0

1,0

1,1

1,1

1,1

1,1

1,1

1,0

0,5 10,0

1,6

5,6

7,0

7,4

7,1

7,1

6,7

6,3

6,1

5,7

4,5 65,1

Total Eigenaufwand zweiter Beitrag

3.2

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete

Der Vollzug der vorgeschlagenen Bundesbeschlüsse obliegt ausschliesslich dem Bund und hat keine finanziellen oder personellen Auswirkungen auf die Kantone und Gemeinden. Die mit der Umsetzung beauftragten Ämter können im Rahmen der Umsetzung des zweiten Beitrags mit Kantonen und Gemeinden zusammenarbeiten.

3.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Der zweite Beitrag hat, wie bereits der Erweiterungsbeitrag an die Länder der EU-13, direkte und indirekte Auswirkungen auf die schweizerische Volkswirtschaft, die insgesamt als positiv zu beurteilen sind.

Über die Hälfte der Schweizer Exporte gehen in die EU (2017: 117 Mrd. CHF bzw.

53 % der Exporte). Aufgrund des Übereinkommens vom 15. April 199414 über das öffentliche Beschaffungswesen (WTO-Übereinkommen) und des Abkommens vom 21. Juni 199915 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über bestimmte Aspekte des öffentlichen Beschaffungswesens im Rahmen der Bilateralen I haben Schweizer Unternehmen einen weitgehend freien Zugang zum erweiterten EU-Binnenmarkt. Dies erlaubt es ihnen, sich in allen EUMitgliedstaaten um öffentliche Aufträge zu bewerben. Die Reformen in den Ländern der EU-13 mit EU-Unterstützung tragen zur kontinuierlichen Verbesserung der institutionellen Rahmenbedingungen und der Rechtssicherheit in diesen Ländern bei, was auch der Schweizer Wirtschaft zugutekommt.

Die wegen des Schweizer Engagements stärkere Präsenz und Sichtbarkeit der Schweiz in den Ländern der EU-13 helfen bei der Etablierung neuer Kontakte und der Knüpfung engerer Wirtschaftsbeziehungen zu diesen aufstrebenden Ländern.

Der steigende Wohlstand dürfte die Nachfrage nach Schweizer Waren und Dienstleistungen mit hoher Wertschöpfung auch in den nächsten Jahren erhöhen. Ferner 14 15

SR 0.632.231.422 SR 0.172.052.68

6702

BBl 2018

kann sich die Zusammenarbeit beim Wissens- und Erfahrungsaustausch auch positiv auf die Produktivitätsentwicklung in den Ländern der EU-13 und in der Schweiz auswirken.

Neben der direkten und der indirekten Auftragsvergabe an Schweizer Unternehmen im Rahmen des zweiten Beitrags dürften für Schweizer Unternehmen insbesondere die öffentlichen Ausschreibungen, die aus den EU-Struktur- und Kohäsionsprogrammen auf dem gesamten Gemeinschaftsgebiet finanziert werden, wirtschaftlich weiter interessant sein. Für die nächste Kohäsionsperiode 2021­2027 kann von einem Betrag in der Grössenordnung von 200 Milliarden Euro ausgegangen werden.

Infolge einer wachsenden Präsenz von Schweizer Firmen auf den Märkten in den Ländern der EU-13 werden deren Chancen erhöht, sich bei der Auftragsvergabe aus EU-finanzierten Projekten erfolgreich zu positionieren.

3.4

Auswirkungen auf die Gesellschaft

Der zweite Beitrag der Schweiz an ausgewählte EU-Mitgliedstaaten fördert die Sicherheit, die Stabilität und den Wohlstand in der Nachbarschaft der Schweiz und hat damit auch positive Auswirkungen auf die gesamte Schweizer Gesellschaft.

3.5

Auswirkungen auf die Umwelt

Mit dem Schweizer Beitrag werden zahlreiche Projekte unterstützt, die den Schutz der Umwelt zum Ziel haben, zum Beispiel in den Bereichen Klimaschutz, Wasserund Luftqualität, biologische Vielfalt oder nachhaltige Ressourcenbewirtschaftung.

Auch bei der Umsetzung aller anderen Projekte des zweiten Beitrags achten die Schweiz und die Partnerländer darauf, dass sich aufgrund ihrer Massnahmen positive Wirkungen auf die Umwelt ergeben und negative Folgen vermieden werden.

4

Verhältnis zur Legislaturplanung und zu Strategien des Bundesrates

4.1

Verhältnis zur Legislaturplanung

Der Grundsatzentscheid über den zweiten Schweizer Beitrag an ausgewählte EUMitgliedstaaten und alle nachgelagerten Entscheide wurden in der Botschaft vom 27. Januar 201616 über die Legislaturplanung 2015­2019 angekündigt. Der zweite Schweizer Beitrag stellt ein Richtliniengeschäft dar zur Erreichung des Ziels 4 der Botschaft über die Legislaturplanung 2015­2019, gemäss dem die Schweiz ihre politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zur EU entwickeln und erneuern soll.

Der Entscheid über einen zweiten Beitrag wird im Bundesbeschluss vom 14. Juni

16

BBl 2016 1105, hier 1167

6703

BBl 2018

201617 über die Legislaturplanung 2015­2019 unter Artikel 6 als Massnahme 26 angekündigt.

Die Botschaft für einen zweiten Beitrag an ausgewählte EU-Mitgliedstaaten ist in den Zielen des Bundesrates für das Jahr 2018 enthalten.

4.2

Verhältnis zu Strategien des Bundesrates

Die vorgeschlagenen Bundesbeschlüsse über einen zweiten Schweizer Beitrag an ausgewählte EU-Mitgliedstaaten stehen im Einklang mit den Zielen der aussenpolitischen Strategie des Bundesrates 2016­2019.18 Im Rahmen des strategischen Schwerpunkts zu den Beziehungen zur EU und den EU-/EFTA-Staaten wird als Kernziel definiert, dass die Schweiz auf der Basis einer Konsolidierung und Erneuerung des bilateralen Wegs ein geregeltes, partnerschaftliches und ausbaufähiges Verhältnis zur EU sicherstellen soll.

5

Rechtliche Aspekte

5.1

Verfassungsmässigkeit

5.1.1

Rahmenkredit Kohäsion

Die Zuständigkeit der Bundesversammlung für den Kreditbeschluss stützt sich auf den Artikel 167 der Bundesverfassung. Nach Artikel 10 des Bundesgesetzes Bundesgesetz Ost werden die Mittel als Rahmenkredite für jeweils mehrere Jahre bewilligt. Dieses Gesetz ist gültig bis 31. Dezember 2024. Die gesetzliche Grundlage für die Ausrichtung der Subventionen ist Artikel 7 des genannten Bundesgesetzes.

5.1.2

Rahmenkredit Migration

Die Zuständigkeit der Bundesversammlung für den Kreditbeschluss stützt sich auf Artikel 167 der Bundesverfassung. Artikel 91 Absatz 7 AsylG i.V.m. Artikel 113 AsylG und Artikel 51 der Asylverordnung 2 vom 11. August 199919 bilden die rechtliche Grundlage für die Ausrichtung von Beiträgen an «internationale Organisationen» (bspw. United Nations High Commissioner for Refugees UNHCR, Internationale Organisation für Migration IOM, International Center for Migration Policy Development ICMPD) oder an die «Trägerschaft von international ausgerichteten Projekten» (bspw. karitative oder andere NGO, Stiftungen, Projekte wissenschaftlicher Institutionen). Internationalen und nichtstaatlichen Organisationen kommt in Krisensituationen eine Schlüsselrolle zu. Sie übernehmen Aufgaben im Migrationsbereich, wo staatliche Strukturen zu schwach oder überfordert sind. Auf die genann17 18 19

BBl 2016 5183 www.eda.admin.ch > Das EDA > Strategie und Umsetzung der Aussenpolitik SR 142.312

6704

BBl 2018

ten Rechtsgrundlagen kann namentlich die Finanzierung von Projekten im Rahmen der Notfallreserve des Rahmenkredits Migration abgestützt werden.

Als Rechtsgrundlage für die Finanzierung dient ferner Artikel 93 Absätze 1 Buchstabe c sowie 2 AsylG. Diese Bestimmungen ermöglichen dem Bund die vollständige oder teilweise Finanzierung von Programmen im Heimat-, Herkunfts- oder Drittstaat zur Erleichterung und Durchführung der Rückkehr, der Rückführung und der Reintegration. Auf dieser Grundlage können auch Projekte unterstützt werden, welche die Rückkehr von Personen fördern, die sich rechtswidrig in einem unterstützten EU-Mitgliedstaat aufhalten. Die Programme im Ausland können nämlich nach ausdrücklicher gesetzlicher Regelung auch das Ziel verfolgen, einen Beitrag zu leisten zur Prävention irregulärer Primär- oder Sekundärmigration in die Schweiz (Art. 93 Abs. 2 AsylG). Wichtige Gründe für irreguläre Weiterwanderung innerhalb Europas sind unter anderem quantitativ und qualitativ ungenügende Aufnahmekapazitäten. Auch übermässig lange, ineffiziente oder qualitativ ungenügende Asylverfahren können Auslöser für eine Weiterwanderung sein. Die Förderung von effizienten und korrekten Asylverfahren (z. B. Unterstützung bei der Erfassung und Registrierung von Asylsuchenden, bei der Befragung und Übersetzung sowie bei der Erarbeitung von Entscheidungsgrundlagen), verbunden mit der Sicherstellung genügender und angemessener Unterbringungskapazitäten, tragen somit zu einer Reduktion irregulärer Weiterwanderung bei.

5.2

Rahmenabkommen

Die Schweiz wird mit jedem Partnerland bilaterale Rahmenabkommen abschliessen.

In diesen Rahmenabkommen werden die Themen der Zusammenarbeit, die Höhe des Beitrags sowie die Grundsätze und Modalitäten der Zusammenarbeit festgelegt.

Die Kompetenz für den Abschluss von Rahmenabkommen zur Umsetzung des Rahmenkredits Kohäsion liegt gemäss Artikel 12 Absatz 1 Bundesgesetz Ost beim Bundesrat.

Im Gegensatz zum Rahmenkredit Kohäsion gibt es beim Rahmenkredit Migration noch keine spezialgesetzliche Grundlage, die dem Bundesrat die Kompetenz zum Abschluss von Rahmenabkommen erteilen würde. Eine solche wird dem Parlament mit der Botschaft zur Änderung des Asylgesetzes unterbreitet, die gleichzeitig mit der vorliegenden Botschaft verabschiedet wird. Andernfalls würde grundsätzlich das ordentliche Verfahren gelten: Die Bundesversammlung genehmigt die Rahmenabkommen nach Artikel 166 Absatz 2 der Bundesverfassung. Aufgrund der volatilen Lage im Bereich der Migration sollen die identifizierten Prioritäten für die Unterstützung aber möglichst rasch angegangen werden. Auch stellt der Abschluss von Rahmenabkommen ein Bekenntnis des Partnerstaates dar, in Zusammenarbeit mit der Schweiz Projekte umsetzen zu wollen. Da mit dem Rahmenkredit Migration genau jene Staaten unterstützt werden sollen, die im Migrationsbereich stark gefordert sind, ist eine zeitnahe Umsetzung des Kredits nötig. Dies bedingt eine rasche Genehmigung der Rahmenabkommen. Eine weitere Schwierigkeit ist, dass über den Zeitraum von zehn Jahren insgesamt sechs bis zwölf Rahmenabkommen (zwei bis vier Partnerländer in jedem der drei Mehrjahresprogramme) mit EU-Mitgliedstaaten

6705

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abgeschlossen werden. Die Bundesversammlung würde sich somit mit mehreren Rahmenabkommen befassen, die sich lediglich in wenigen Punkten unterscheiden, namentlich bei den Prioritäten der Unterstützungsbereiche sowie der finanziellen Höhe der Unterstützung. Der finanzielle Plafond von 190 Millionen Franken bildet in jedem Fall den Gesamtrahmen.

Aus den oben dargelegten Gründen liegt eine Angleichung der Kompetenzregelung an diejenige des Rahmenkredits Kohäsion, nämlich eine Kompetenzdelegation an den Bundesrat, nahe, wie sie im Bundesgesetz Ost in Artikel 12 Absatz 1 vorgesehen ist. Deshalb wird eine Revision des AsylG angestrebt. Ein neuer Artikel 114 AsylG soll geschaffen werden, wonach der Bundesrat zur Umsetzung des Rahmenkredits Migration mit ausgewählten EU-Mitgliedstaaten oder internationalen Organisationen völkerrechtliche Verträge über die Ausrichtung von Beiträgen abschliessen kann.

5.3

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Die Vorlage ist mit den internationalen Verpflichtungen der Schweiz vereinbar.

Beim Schweizer Beitrag handelt es sich um eine autonome Massnahme der Schweiz.

Erst nach Genehmigung der beiden Rahmenkredite durch das Parlament werden im Zuge der Umsetzung bilaterale Rahmenabkommen direkt mit den jeweiligen Partnerländern abgeschlossen.

5.4

Erlassform

Die beiden Rahmenkredite ergehen in der Form von einfachen Bundesbeschlüssen (Art. 163 Abs. 2 Satz 2 BV) und unterstehen somit nicht dem Referendum. Für den vorliegenden Rahmenkredit Kohäsion ist dabei Artikel 10 des Bundesgesetzes Ost massgebend, für den Rahmenkredit Migration Artikel 25 Absatz 2 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 200220. Aufgrund der unterschiedlichen Rechtsgrundlagen wird für die beiden Rahmenkredite je ein Bundesbeschluss vorgelegt.

5.5

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Gemäss Artikel 159 Absatz 3 Buchstabe b der Bundesverfassung bedürfen die vorliegenden Bundesbeschlüsse der Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder beider Räte, da diese jeweils eine neue einmalige Ausgabe von mehr als 20 Millionen Franken nach sich ziehen.

20

SR 171.10

6706

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5.6

Einhaltung der Grundsätze des Subventionsgesetzes

In seinem Subventionsbericht 2008 legte der Bundesrat fest, dass in allen Botschaften zur Schaffung oder Revision von Rechtsgrundlagen für Subventionen wie auch in Botschaften zur Erneuerung von Kreditbeschlüssen und Zahlungsrahmen in einem separaten Kapitel zwingend über die Einhaltung der Grundsätze gemäss dem Subventionsgesetz vom 5. Oktober 199021 Bericht erstattet werden soll. Diese Vorlage steht im Einklang mit dem Subventionsgesetz.

Bedeutung der Subvention für die vom Bund angestrebten Ziele: Begründung, Ausgestaltung und finanzieller Umfang Der zweite Schweizer Beitrag an ausgewählte EU-Mitgliedstaaten beruht auf dem Bundesgesetz Ost sowie dem AsylG und ist in der Schweizer Aussen- und Aussenwirtschaftspolitik verankert. Die ausführliche Begründung, die Ausgestaltung und der finanzielle Umfang sind in den Ziffern 1.3, 1.4, 2.2 und 2.3beschrieben. Die Zuständigkeit für die Zusammenarbeit mit ausgewählten EU-Mitgliedstaaten liegt beim Bund. Der Bund kann jedoch bei Vorhaben mit Kantonen oder Gemeinden zusammenarbeiten.

Materielle und finanzielle Steuerung der Subvention Die materielle Steuerung der eingesetzten Mittel erfolgt ergebnisorientiert. Diese Ergebnisorientierung dient in allen Phasen (Planung, Umsetzung, Überwachung) der jeweiligen Projekte der Verbesserung der Situation für die Zielgruppen. Die Vergabe von Beiträgen basiert auf klar formulierten Zielen, deren Verwirklichung mit Monitoring- und Controlling- sowie Evaluationsinstrumenten überwacht wird. Die materielle Steuerung der Mittel wird in Ziffer 2.3 und 2.4 erläutert. Das Gesamtvolumen der Verpflichtungen und die Mittelverteilung sind in Ziffer 3.1.1 dargestellt.

Verfahren der Beitragsgewährung Die Verordnung vom 6. Mai 199222 über die Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas regelt die Finanzkompetenzen und die Kontrolle der Mittelverwendung.

Die Modalitäten werden in den Ziffern zu den Rahmenkrediten beschrieben. Die DEZA und das SECO haben klare und transparente Verfahren und Richtlinien für den ergebnisorientierten Einsatz der Mittel festgelegt und wenden diese an. Bezüglich des Rahmenkredits Migration wird das SEM äquivalente Verfahren festlegen.

Neben der Subventionsgesetzgebung für die Beitragsgewährung vergeben sämtliche Stellen Mandate gemäss den Bestimmungen des WTO-Übereinkommens über das öffentliche
Beschaffungswesen, des Abkommens mit der EU über bestimmte Aspekte des öffentlichen Beschaffungswesens, des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 199423 über das öffentliche Beschaffungswesen und der dazugehörigen Verordnung vom 11. Dezember 199524 über das öffentliche Beschaffungswesen. Beim Erwerb von Waren, Dienstleistungen und Anlagen sind die DEZA, das SECO und das SEM abgesehen von den wirtschaftlichen Aspekten bestrebt, die Einhaltung der Sozial21 22 23 24

SR 616.1 SR 974.11 SR 172.056.1 SR 172.056.11

6707

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und Umweltstandards innerhalb des vorgesehenen Rechtsrahmens zu fördern und somit die wirtschaftliche, soziale und ökologische Nachhaltigkeit in der Schweiz, den Partnerländern sowie anderen Ursprungsländern zu stärken.

Befristung und degressive Ausgestaltung der Subvention Das Bundesgesetz Ost ist bis zum 31. Dezember 2024 befristet. Verpflichtungen der Mittel des Rahmenkredits Kohäsion können bis fünf Jahre nach dem Beschluss, längstens aber bis zum 31. Dezember 2024 eingegangen werden. Die Rechtsgrundlagen des Rahmenkredits Migration unterliegen keiner zeitlichen Befristung. Verpflichtungen können bis zehn Jahre nach dem Beschluss eingegangen werden. Die Zahlungen aus den eingegangenen Verpflichtungen können bei beiden Rahmenkrediten bis 10 Jahre nach dem Bundesbeschluss erfolgen. In der Planung ist vorgesehen, dass die Auszahlungen nach 2026 (Zahlungsspitze von 191 Mio.) kontinuierlich abnehmen und im Jahr 2029 abgeschlossen sind.

6708

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Abkürzungsverzeichnis AMIF AsylG BG Ost BIP CHF DEA DEZA EASO EDA EFK EFTA EJPD EU EU-10 EU-13 EU-15 EU-28 EUR EWR ISF KMU NGO OECD SBFI SECO SEM SR WBF WTO

Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds der EU Asylgesetz vom 26. Juni 1998, SR 142.31 Bundesgesetzes vom 30. Sept. 2016 über die Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas, SR 974.1 Bruttoinlandprodukt Schweizerfranken Direktion für europäische Angelegenheiten Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit European Asylum Support Office / Europäisches Unterstützungsbüro für Asylfragen Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten Eidgenössische Finanzkontrolle European Free Trade Association / Europäische Freihandelsassoziation Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement Europäische Union Die 2004 der EU beigetretenen Mitgliedstaaten Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn, Zypern EU-10 zuzüglich Bulgarien, Rumänien und Kroatien Die vor der EU-Osterweiterung von 2004 beigetretenen Mitgliedstaaten Alle EU-Mitgliedstaaten (2018) Euro Europäischer Wirtschaftsraum Fonds für die Innere Sicherheit der EU Kleine und mittlere Unternehmen Nichtregierungsorganisation(-en) / Non Governmental Organisation Organisation for Economic Co-operation and Development / Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation Staatssekretariat für Wirtschaft Staatssekretariat für Migration Systematische Sammlung des Bundesrechts Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung World Trade Organisation / Welthandelsorganisation

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Anhang 1

Vorgesehener Verteilschlüssel des Rahmenkredits Kohäsion Vorgesehener Verteilschlüssel25 (gerundet)

Vorgesehene Beiträge (in Mio. CHF, gerundet)

Zum Vergleich: Anteile beim Erweiterungsbeitrag

Zum Vergleich: Beiträge beim Erweiterungsbeitrag26 (in Mio. CHF)

Bulgarien

9.03%

92.51

5.84%

76

Estland

2.54%

26.04

3.07%

39.92

Kroatien

4.46%

45.72

3.46%

45

Lettland

3.94%

40.43

4.60%

59.88

Litauen

4.41%

45.23

5.44%

70.858

Malta

0.34%

3.52

0.38%

4.994

Polen

31.24%

320.11

37.56%

489.02

Rumänien

21.61%

221.44

13.90%

181

Slowakei

4.31%

44.15

5.14%

66.866

Slowenien

1.57%

16.05

1.69%

21.956

Tschechien

7.50%

76.85

8.43%

109.78

Ungarn

8.55%

87.62

10.04%

130.738

Zypern EU-13 Total

0.51%

5.19

0.46%

5.988

100.00%

1024.86

100.00%

1302

2 % Schweizer Expertise27

22.04

Transferaufwand der Schweiz (Rahmenkredit Kohäsion)

1046.90

5 % Eigenaufwand der Schweiz

55.10

Total

25

26 27

1102.00

Im Rahmen des EFTA/EWR-Finanzmechanismus werden auch Portugal und Griechenland unterstützt. Die Beiträge für diese beiden Länder wurden bei der Berechnung des Verteilschlüssels für die EU-13 ausgeklammert.

Betrag inklusive 5 % Verwaltungsaufwand der Schweiz.

Vgl. Ziff. 2.2.4; 2 % des Rahmenkredits Kohäsion.

6710

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Verteilschlüssel EFTA/EWR 2014­2021

Beiträge EFTA/EWR 2014­2021 (in Mio. EUR)

Bulgarien

9.03%

115

Estland

2.54%

32.3

Kroatien

4.46%

56.8

Lettland

3.94%

50.2

Litauen

4.41%

56.2

Malta

0.35%

4.4

Polen

31.24%

397.8

Rumänien

21.61%

275.2

Slowakei

4.31%

54.9

Slowenien

1.56%

19.9

Tschechien

7.50%

95.5

Ungarn

8.55%

108.9

Zypern

0.50%

6.4

100.00%

1273.5

EU-13 Total

Um den Rahmenkredit Kohäsion auf die 13 Partnerländer zu verteilen, muss ein Verteilschlüssel festgelegt werden. Beim Erweiterungsbeitrag an die EU-10 (1000 Mio.

CHF) hatte die Schweiz als Referenz für ihren Beitrag den Verteilschlüssel des norwegischen Finanzmechanismus beigezogen. Aufgrund einer Analyse der Veränderungen der relevanten Parameter und aussenpolitischen Überlegungen entschied der Bundesrat, beim Rahmenkredit Kohäsion als Referenzgrösse den Verteilschlüssel des Finanzmechanismus der EFTA/EWR-Mitgliedstaaten für 2014­2021 heranzuziehen. Im Gegensatz zum bestehenden Verteilschlüssel des Erweiterungsbeitrags berücksichtigen die Werte des EFTA/EWR-Verteilschlüssels die wirtschaftliche und soziale Entwicklung in den Ländern der EU-13 seit 2007 (BIP pro Kopf, Bevölkerungsgrösse). Die Bedürfnisse der wirtschaftlich schwächeren EU-Mitgliedstaaten werden dadurch noch stärker berücksichtigt als bisher.

6711

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Anhang 2

Massnahmen zur Verringerung der Risiken von Unregelmässigkeiten, Missbrauch und Korruption Wie wird beim Erweiterungsbeitrag und beim zweiten Beitrag die korrekte Verwendung der Mittel gewährleistet?

Um eine zweckmässige und effiziente Mittelverwendung zu gewährleisten, hat die Schweiz im Rahmen des Erweiterungsbeitrags verschiedene Massnahmen getroffen.

Dazu gehören a) die enge Begleitung des Projektauswahlprozesses im Partnerland, b) die Prüfung der Auftragsvergabe sowie c) die Überwachung der Projektumsetzung. Diese Massnahmen zur Verringerung der Risiken von Unregelmässigkeiten, Missbrauch und Korruption haben sich bewährt und sollen für den zweiten Beitrag weitergeführt werden. Für den Rahmenkredit Migration wird ein Verwaltungsund Kontrollsystem aufgebaut, das sich an den unten beschriebenen Grundsätzen orientiert.

Enge Begleitung des Projektauswahlprozesses Die Verantwortung für die Projektauswahl liegt beim Partnerland. Ein unabhängiges Gremium, in dem u. a. die relevanten Ministerien und NGO vertreten sind, überprüft die Auswahlkriterien und das Auswahlverfahren. Die Schweiz kann an den Treffen dieses Gremiums als Beobachterin teilnehmen. Über die Finanzierung der Projekte entscheidet die Schweiz. Die Risiken betreffend Missbrauch und Korruption sind Bestandteil der Projektprüfung.

Prüfung der Auftragsvergabe Die Vergabe von Liefer- und Dienstleistungsaufträgen erfolgt gemäss WTO-, EUund nationalem Recht. Das Partnerland muss die Einhaltung der geltenden Regeln und die Unabhängigkeit aller beteiligten Personen bei jeder öffentlichen Ausschreibung schriftlich bestätigen. Die Ausschreibungsunterlagen enthalten zudem eine Integritätsklausel. Die Schweiz hat Zugang zu allen Unterlagen im Zusammenhang mit der Auftragsvergabe. Insbesondere kann sie bei Ausschreibungen von über 500 000 Franken noch vor der Veröffentlichung Einsicht in die Ausschreibungsunterlagen nehmen und im Evaluationskomitee als Beobachterin teilnehmen.

Überwachung der Projektumsetzung Die Verantwortung für die Überprüfung der erbrachten Leistungen liegt bei der projektausführenden Stelle. Sie erstattet der Schweiz regelmässig Bericht über den Fortschritt des Projekts und über die in Rechnung gestellten Leistungen. Das Partnerland überprüft und bestätigt, dass die Rückerstattungsgesuche korrekt sind. Auch die Schweiz
prüft diese Rückerstattungsgesuche sowie die ordnungsgemässe Leistungserbringung und nimmt danach die entsprechenden Rückerstattungen vor. Die Schweiz hat Einsicht in alle relevanten Unterlagen.

Spätestens bei Projektabschluss wird jedes Projekt durch eine zertifizierte Organisation einer finanziellen Überprüfung unterzogen.

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Im Rahmen des Erweiterungsbeitrags haben DEZA und SECO in sieben Auslandsvertretungen der Schweiz gemeinsame Büros errichtet. Auch beim zweiten Schweizer Beitrag sind solche Büros vorgesehen. Sie dienen der Begleitung und Überprüfung aller Projekte vor Ort. Die Mitarbeitenden der Büros kennen die lokalen Verhältnisse und verfügen über direkte Kontakte zu den Projektverantwortlichen.

Weiter vergibt die Schweiz Mandate an externe Expertinnen und Experten. Mit ihrem spezifischen Fachwissen überprüfen sie aus Qualitätssicherungszwecken wichtige Dokumente wie Machbarkeitsstudien und Ausschreibungsunterlagen. Bei Projektbesuchen überprüfen sie die erbrachten Leistungen in Bezug auf die Vertragskonformität (Quantität und Qualität).

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Anhang 3

Zusammenfassung der 2015/2016 durchgeführten unabhängigen, externen Evaluation des Erweiterungsbeitrags28 Wie wurde die Evaluation des Erweiterungsbeitrags durchgeführt?

Im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung wurde der Evaluationsauftrag an die deutsche Firma GOPA Consultants vergeben. Diese untersuchte die Relevanz, die Wirksamkeit, die Effizienz und die Nachhaltigkeit des Erweiterungsbeitrags und zwar in erster Linie in den EU-10-Partnerländern. Die Bewertung umfasste: ­

eine Analyse der Dokumentation zum Erweiterungsbeitrag und speziell eine Stichprobe von 29 ausgewählten Projekten im Umfang von 175 Millionen Franken;

­

Befragungen und Diskussionen mit Projektpartnern und direkt Betroffenen vor Ort in Polen, Ungarn, der Slowakei und Lettland;

­

Interviews mit Schweizer Interessensgruppen wie Verbände oder NichtRegierungsorganisationen (NGO);

­

eine empirische Studie und Analyse mittels Fragebogen, die durch die Partner vor Ort ausgefüllt wurden.

Wie beurteilt die Evaluation den Erweiterungsbeitrag?

Aus dem Evaluationsbericht geht hervor, dass das Gesamtergebnis des Erweiterungsbeitrags hinsichtlich der international anerkannten Kriterien Relevanz, Wirksamkeit, Effizienz und Nachhaltigkeit gut ist und der Erweiterungsbeitrag erfolgreich umgesetzt wurde. Die Evaluation zeigte auch auf, dass vor allem bei der Effizienz noch Verbesserungen möglich gewesen wären. Die vertiefte Prüfung von Projekten ergab, dass die Projekte einen Mehrwert schufen und einen positiven Beitrag zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung der betroffenen Sektoren und Regionen in den Partnerländern leisteten. Der Erweiterungsbeitrag unterstützte Partnerschaften zwischen Organisationen in der Schweiz und den Partnerländern in verschiedenen Bereichen auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene. Die intensive Zusammenarbeit trug zur weiteren Vertiefung und Stärkung der bilateralen Beziehungen zwischen der Schweiz und den Partnerländern bei.

28

Sprachlich leicht überarbeiteter Auszug aus dem «Evaluationsbericht zum Erweiterungsbeitrag 2015 ­ Das Wichtigste in Kürze (DEZA/SECO)», S. 6ff. Die originale Zusammenfassung und der ganze auf Englisch verfasste Evaluationsbericht von GOPA Consultants sowie die Stellungnahme von DEZA/SECO zu den Empfehlungen sind auf der Webseite des Erweiterungsbeitrags www.erweiterungsbeitrag.admin.ch veröffentlicht.

6714

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Kriterien

Relevanz

Wirksamkeit

Effizienz

Nachhaltigkeit

Bewertung

Sehr gut

2

3

1

Gut

5

12

5

3

Ausreichend

­

­

2

­

Mangelhaft

­

­

­

­

Der Evaluationsbericht hat 33 Evaluationsfragen nach den vier genannten Kriterien bewertet. Die Tabelle gibt eine Übersicht darüber, welche Note wie oft pro Kriterium vergeben wurde.

Im Folgenden wird der Erweiterungsbeitrag nach den oben genannten Kriterien Relevanz, Wirksamkeit, Effizienz und Nachhaltigkeit überprüft und beurteilt.

Relevanz: Entspricht der Erweiterungsbeitrag den Bedürfnissen der Partnerländer?

Die Relevanz der Projekte, also deren Bedeutung für die Länder, wird im Evaluationsbericht als gut eingestuft. Die Partnerländer hatten die Themenbereiche, die mit dem Erweiterungsbeitrag unterstützt wurden, selber priorisiert und mit der Schweiz abgesprochen. Damit wurde sichergestellt, dass die Projekte des Erweiterungsbeitrags den Bedürfnissen der Partnerländer entsprachen. Deshalb wurden sie als sehr relevant beurteilt. Die Rückmeldungen von Seiten der Projektpartner und Behörden in den Partnerländern sowie der Schweiz bestätigten dies.

Der Erweiterungsbeitrag ergänzte gut andere Programme (z. B. der EU- und der EFTA/EWR-Mitgliedstaaten), die ebenfalls zur Verringerung der wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten beitrugen. Die Schweiz unterstützte vorwiegend Themenbereiche, Regionen oder Zielgruppen, die von anderen Programmen in den Partnerländern nicht oder nur ungenügend berücksichtigt wurden.

Die Evaluation stellte fest, dass der Prozess für die Vorbereitung und Prüfung der beantragten Projekte gewissenhaft und professionell gemacht worden war und die Qualität der Projektvorschläge deshalb insgesamt sehr gut gewesen war. Positiv ist auch, dass die Projektpartner in den Ländern mit den Projekten und den erzielten Resultaten durchgehend zufrieden sind.

Wirksamkeit: Erreicht der Erweiterungsbeitrag seine Ziele?

Die Analyse kam zum Schluss, dass die Projekte eine gute Wirksamkeit aufwiesen.

Gespräche und Diskussionen mit verschiedenen Institutionen, Beteiligten und Betroffenen, wie Teilnehmende von Forschungsprogrammen, Unternehmern, Dienstleistern im Bereich Gesundheitswesen und Sozialhilfe sowie Gemeindepräsidenten bestätigten, dass bereits zum Zeitpunkt der Evaluation zahlreiche Ziele erreicht wurden. So wurden beispielsweise Arbeitsplätze geschaffen, die verbesserten sozialen Dienstleistungen wurden genutzt und die Umweltverschmutzung verringert.

Weitere Beispiele waren die Verbesserung der Leistungsfähigkeit von Rettungskräf-

6715

BBl 2018

ten für den Einsatz bei Katastrophen oder die Steigerung der Effizienz in der Rechtsprechung und die Erleichterung des Zugangs zum Rechtssystem.

Die vertiefte Prüfung einer Stichprobe von 29 Projekten zeigte, dass die Projekte einen Mehrwert schufen und positiv zur längerfristigen wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung der betroffenen Branchen und Regionen beitrugen. Es war jedoch nicht einfach, die langfristige Wirksamkeit der Projekte insgesamt zu quantifizieren, da die Zielerreichung nicht immer gleich gut messbar war. Einzelne Projekte hatten das Potenzial, mittelfristig grundlegende Veränderungen auf nationaler Ebene zu bewirken, wie zum Beispiel das Projekt zur dualen Berufsbildung in der Slowakei oder das Projekt zur Stärkung der Basisgesundheitsdienste in Ungarn.

Ein Erfolgsfaktor für eine gute Wirksamkeit war, wenn in einem Land ein klarer Schwerpunkt oder wenige Prioritäten gesetzt wurden. Litauen beispielsweise setzte 67 Prozent der Mittel des Erweiterungsbeitrags für die Sanierung von Infrastruktur und die Modernisierung von Dienstleistungen im Gesundheitsbereich «Mutter und Kind» ein. Damit konnte in diesem Bereich eine grosse Wirkung erzielt werden.

In der Regel erreichten die Projekte ihre Ziele. Wegen der Aufwertung des Schweizer Frankens nach der Bewilligung der Rahmenkredite konnten in zahlreichen Projekten zusätzliche Aktivitäten finanziert werden, womit die ursprünglich gesetzten Ziele sogar übertroffen wurden. Nur bei wenigen Projekten war zum Zeitpunkt der Evaluation noch unsicher, ob sie ihre Ziele erreichen würden.

Auch für die Schweiz hatte und hat der Erweiterungsbeitrag positive Auswirkungen.

So konnten die bilateralen Beziehungen zu allen Partnerländern vertieft werden.

Insbesondere sind auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene rund 550 Partnerschaften zwischen Organisationen der Schweiz und der Partnerländer im öffentlichen Sektor und bei der Zivilgesellschaft entstanden und gepflegt worden. Die schweizerischen Botschaften in den Partnerländern können auch dank des Erweiterungsbeitrags breiter gefächerte Beziehungen und einen intensiveren Dialog mit den Partnerländern unterhalten. Die engen Beziehungen tragen dazu bei, die Geschäftsmöglichkeiten von Schweizer Unternehmen in diesen Ländern zu verbessern.

Effizienz: Stimmt das Verhältnis von Aufwand und Ertrag?
Die Evaluation beurteilte die Effizienz der Umsetzung des Erweiterungsbeitrags als gut. Es hat sich jedoch gezeigt, dass dieser Aspekt übers Ganze gesehen zwischen den Projekten die grössten Unterschiede in der Bewertung aufwies.

Während die übergeordnete Verantwortung für den Erweiterungsbeitrag bei DEZA und SECO liegt, sind die Partnerländer für die Umsetzung der Projekte verantwortlich. Basierend auf vertraglichen Abmachungen mit der Schweiz führen sie die Umsetzung, Überwachung und Schlusskontrolle der Projekte im Einklang mit den nationalen Regeln eigenständig durch. Diese Delegation der Umsetzungsverantwortung ist ein angemessenes Vorgehen bei Mitgliedstaaten der EU.

Als positiv wurde festgehalten, dass innerhalb der festgelegten Frist die gesamten Mittel des Erweiterungsbeitrags für konkrete Projekte verpflichtet werden konnten.

Die gute Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und den Partnerländern und insbesondere auch eine angemessene Flexibilität bei der Berücksichtigung unterschiedlicher Rahmenbedingungen hatten dabei sehr geholfen.

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Folgende äussere Einflüsse hatten die Effizienz des Erweiterungsbeitrags teilweise eingeschränkt: ­

knappe Budgets der öffentlichen Stellen in den Partnerländern (Wirtschaftsund Finanzkrise);

­

nicht ausreichende Managementfähigkeiten und knapper Personalbestand einzelner Projektpartner;

­

Verzögerungen infolge von Einsprachen bei Auftragsvergaben;

­

Verzögerungen bei der Erteilung von Baubewilligungen in den Partnerländern;

­

Verzögerungen bei der Projektgenehmigung aufgrund hoher Anforderungen an die Projektgesuche;

­

zu wenig klare Anforderungen an die Berichterstattung durch die Partnerländer.

Rund ein Drittel der Projekte wurde fristgerecht umgesetzt, bei zwei Dritteln der Projekte wurde aus den oben genannten Gründen eine Verlängerung vereinbart. In vielen Fällen wurde es aber auch als sinnvoll betrachtet, die Projekte zu verlängern, um Einsparungen, die bei der Umsetzung des Projekts oder durch die Stärke des Schweizer Frankens entstanden waren, zu nutzen und damit grössere Projektleistungen zu ermöglichen. Trotz allfälligen Verzögerungen bei der Projektdurchführung war die Zielerreichung der Projekte im Allgemeinen nicht in Gefahr.

Trotz guter Bewertung der Effizienz zeigt der Evaluationsbericht auf, dass diese zum Beispiel durch die Vereinfachung von Prozeduren und Kontrollen noch verbessert werden kann.

Nachhaltigkeit: Sind die positiven Wirkungen von Dauer?

Die Evaluation stufte die Nachhaltigkeit der Programme als gut ein. Sie ging davon aus, dass die Partnerländer die erzielten Resultate auch nach Abschluss des Erweiterungsbeitrags aufrechterhalten können.

Bereits bei der Projektentwicklung und -genehmigung wurde der Sicherstellung der Nachhaltigkeit grosse Bedeutung beigemessen. Das Engagement der Projektpartner ­ oft auch regionale oder lokale Behörden ­ wurde positiv hervorgehoben und der gesellschaftliche Nutzen der Projekte wurde von den Partnern anerkannt. Die Verantwortung für die Projektumsetzung lag bei den Partnerländern, die in der Regel mindestens 15 Prozent der Projektkosten selber tragen mussten. Die Projekte wurden vom Partnerland vorfinanziert und von der Schweiz nachträglich zurückerstattet. All diese Faktoren werden die Nachhaltigkeit der Ergebnisse auch längerfristig positiv beeinflussen.

Bei einzelnen Projekten war die Nachhaltigkeit zum Zeitpunkt der Evaluation hinsichtlich der langfristigen Finanzierung noch nicht gesichert. Dies betraf Projekte im öffentlichen Sektor und Projekte, welche durch NGO getragen wurden. Durch eine möglichst frühe Planung des weiteren Vorgehens nach Projektabschluss kann die finanzielle Nachhaltigkeit besser gewährleistet werden.

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Empfehlungen aus dem Evaluationsbericht Basierend auf den Schlussfolgerungen der Evaluation wurden Empfehlungen zuhanden der DEZA und des SECO gemacht. Diese bezogen sich teilweise auf das damals laufende Programm, aber auch auf den zweiten Schweizer Beitrag. Von den zwölf Empfehlungen sind fünf besonders wichtig: ­

Die Partnerländer sollten dazu angehalten werden, sich bei einem möglichen zukünftigen Programm auf eine kleinere Anzahl thematische und geografische Schwerpunkte festzulegen.

­

Die Effizienz des zweistufigen Verfahrens zur Projektgenehmigung sollte verbessert werden. Dies jedoch nicht zulasten der Qualität der Programmund Projektgestaltung.

­

DEZA und SECO sollten den Partnerländern noch klarere Leitlinien zur Festlegung der übergeordneten Ziele und für deren Messung mittels Indikatoren geben.

­

Beim zweiten Beitrag müssen die Partnerländer die Effizienz und die Wirksamkeit ihrer Berichterstattung verbessern. Zu diesem Zweck sind die Berichtsvorlagen und der Redaktionsleitfaden für die Projektträger zu vereinfachen und zu präzisieren.

­

Im Zusammenhang mit dem Erweiterungsbeitrag und dem zweiten Beitrag sollten die Partnerländer aufgefordert werden, ihre Kommunikationsmassnahmen für das Programm in ihrem Land zu verstärken. So könnten sie die auf thematischer oder regionaler Ebene erzielten Ergebnisse aktiver kommunizieren und die auf Programmebene erzielten Ergebnisse bekannter machen.

Was DEZA und SECO aus dem Evaluationsbericht mitnehmen Der Evaluationsbericht ist für DEZA und SECO sehr nützlich. Ähnlich wie die zuvor erfolgte Prüfung durch die Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) bestätigt er einerseits, dass das Grundkonzept für die Umsetzung des Erweiterungsbeitrags funktioniert. Anderseits weist er auf Verbesserungspotenzial vor allem hinsichtlich der Effizienz hin.

Die Empfehlungen der Evaluation kamen in der Zusammenarbeit mit Kroatien bereits zur Anwendung. Im bilateralen Rahmenabkommen zwischen der Schweiz und Kroatien ist zum Beispiel vorgesehen, dass nicht ausgeschöpfte Projektmittel in einen bestehenden Entminungsfonds transferiert werden können. Damit können zusätzlich weitere wichtige Resultate erreicht werden. Dieses Abkommen wurde Mitte 2015 unterzeichnet, und die Projekte werden bis spätestens 2024 abgeschlossen sein.

Die Empfehlung einer künftigen stärkeren thematischen Fokussierung auf Ebene Partnerland ist für den zweiten Schweizer Beitrag bedeutsam. Dies gilt auch für die verschiedenen Vorschläge zur Erhöhung der Effizienz. So könnte zum Beispiel die abschliessende Genehmigung der Rechnungen und Rückerstattungsgesuche neu durch die Büros in den Schweizer Vertretungen vor Ort anstatt durch die Zentrale in Bern erfolgen.

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Die Überlegungen und Vorschläge aus dem Evaluationsbericht sind für SECO und DEZA aber auch über den Erweiterungsbeitrag hinaus von grossem Interesse. Die Einbindung der Partnerinstitutionen, die Delegation von Verantwortung und die Art und Weise, wie die Zielerreichung gemessen wird, sind in der gesamten internationalen Zusammenarbeit von zentraler Bedeutung.

Der ganze Bericht und die «Management Response» stehen auf der Webseite www.erweiterungsbeitrag.admin.ch zur Verfügung. Dort finden sich auch detaillierte Informationen zu den einzelnen Projekten und deren Resultate.

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Anhang 4

Überblick über andere Finanzierungen Die EU-Kohäsionspolitik Die Stärkung des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts ­ in der EU Kohäsion genannt ­ ist eines der zentralen Anliegen der EU. Die Verringerung der Unterschiede im Entwicklungsstand zwischen den Ländern der EU und zwischen den Regionen innerhalb der Länder wurde als eigenständiges Ziel bereits in den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft aufgenommen. Die Kohäsionspolitik29 ist das Hauptinstrument der EU zur Verringerung dieser Disparitäten und ist von ihrer wirtschaftlichen und politischen Tragweite her auf eine Stufe zu stellen mit der Verwirklichung des EU-Binnenmarktes oder der Währungsunion.

Ihre Bedeutung kommt auch darin zum Ausdruck, dass für ihre Umsetzung bisher jeweils rund ein Drittel des EU-Haushalts aufgewendet wurde.

Für die Kohäsionspolitik können eine Reihe von Motiven angeführt werden, welche der Begründung des interkantonalen Finanzausgleichs und der Regionalpolitik der Schweiz ähnlich sind.30 Alle Regionen und sozialen Gruppen in der EU sollen zur Wirtschaftsentwicklung beitragen und von ihr profitieren können. Von grossen Unterschieden in den Lebensverhältnissen wird befürchtet, dass diese den inneren Zusammenhalt der EU gefährden könnten. Die Stärkung der regionalen Wettbewerbsfähigkeit und die Förderung der Entfaltung der Fähigkeiten von benachteiligten Gruppen werden auch als wichtiger Beitrag zur Erhöhung des Wachstumspotenzials der EUWirtschaft als Ganzes gesehen. Zudem soll der Abbau von Disparitäten auch dazu beitragen, die Perspektiven der Menschen an ihrem Wohnort zu verbessern.

Der EU-Beitritt der 13 neuen Mitgliedstaaten seit 2004 stellte die EU-Kohäsionspolitik vor grosse Herausforderungen, da die wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten in der EU nochmals deutlich gewachsen sind. In der EU verringerte sich das Pro-Kopf-Einkommen nach der EU-10-Erweiterung um 16 Prozent. Gleichzeitig nahmen die regionalen Disparitäten erheblich zu.

Die Kohäsionspolitik 2014­2020 Von den im EU-Finanzrahmen 2014­2020 veranschlagten Kohäsionsmitteln von 351,8 Milliarden Euro kommen mehr als die Hälfte den weniger entwickelten Regionen zugute. Die Länder der EU-13 erhalten rund zwei Drittel der Mittel und finanzieren damit bis zu 80 Prozent ihrer staatlichen Investitionen. Diese Zahlen
belegen eindrücklich das grosse Engagement der EU zugunsten der Entwicklung ihrer wirtschaftlich schwächeren Regionen und Mitglieder. Umgerechnet auf jährliche Zahlungen entspricht der vorgesehene Schweizer Beitrag von durchschnittlich 130 Mil29 30

Die Begriffe «Kohäsionspolitik» und «Regionalpolitik» werden in der EU oft als Synonyme verwendet.

Mit dem nationalen Finanzausgleich sollen die Unterschiede in der finanziellen Leistungsfähigkeit der Kantone gemildert werden. In allen Kantonen wird eine Pro-Kopf-Ressourcenausstattung von mindestens 85 % des schweizerischen Durchschnitts angestrebt.

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lionen Franken pro Jahr rund 0,35 Prozent der Investitionen der EU in die Länder der EU-13.

Für die Haushaltsperiode 2014­2020 hat die EU eine neue Kohäsionspolitik verabschiedet, welche sowohl die Erfahrungen aus der vorangehenden Periode einbezieht als auch den veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in der EU Rechnung trägt. Zu deren wichtigsten Änderungen gehören die verbesserte Leistung und Konditionalitäten zur Erhöhung der Wirksamkeit der Mittel sowie der Fokus auf die Ergebnisorientierung. Die Mittel der Kohäsionspolitik 2014­2020 sollen gezielt für die Verwirklichung der Europa-2020-Ziele31 eingesetzt werden.

Damit die Kohäsionspolitik möglichst wirkungsvoll umgesetzt werden kann, wurde eine verstärkte strategische Programmplanung eingeführt. Die Mitgliedstaaten einigten sich dabei auch auf einen Gemeinsamen Strategischen Rahmen. Dieser beinhaltet unter anderem eine übergreifende Verordnung mit gemeinsamen Regeln für alle EU-Fonds, welche im Rahmen der geteilten Mittelverwaltung von den Mitgliedstaaten und der Kommission verwaltet werden. Dabei handelt es sich um die drei Fonds der Kohäsionspolitik (Europäischer Fonds für regionale Entwicklung EFRE, Europäischer Sozialfonds ESF und Kohäsionsfonds KF) sowie den europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds (EMFF).

Ergebnisse der bisherigen Kohäsionspolitik Die bisherige Kohäsionspolitik der EU darf insgesamt als erfolgreich bezeichnet werden. Umfassende, unabhängige Evaluationen der EU-Kohäsionspolitik bestätigen deren positive Wirkung. So ergab ein unabhängiges Gutachten zum Finanzierungszeitraum 2007­2013, dass die Investitionen, die im Rahmen der Kohäsionspolitik zwischen 2007 und 2013 getätigt worden waren, bis 2023 rund eine Billion Euro zusätzliches BIP generieren werden. Für die EU-12 wird geschätzt, dass die Investitionen im Zeitraum 2007­2013 bis zum Abschluss ihrer Durchführung das Bruttoinlandprodukt um knapp 3 Prozent gesteigert haben.32 Zukunft der Kohäsionspolitik Die Europäische Kommission hat im Mai 2018 ihren Vorschlag für den mehrjährigen Finanzrahmen 2021­2027 veröffentlicht. Für die Kohäsionspolitik soll weiterhin rund ein Drittel des Haushalts aufgewendet werden. Die Europäische Kommission beabsichtigt, in der neuen Haushaltsperiode die Bürokratie weiter abzubauen und die 31

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Die Europa-2020-Ziele bestehen aus fünf Kernbereichen: (1) Beschäftigung: 75 % der 20- bis 64-Jährigen sollen einer Arbeit nachgehen.

(2) Forschung und Entwicklung: 3 % des BIP der EU.

(3) Klimawandel und nachhaltige Energiewirtschaft: Reduktion der Treibhausgasemissionen um 20 % gegenüber 1990, 20 % erneuerbare Energien, Steigerung der Energieeffizienz um 20 %.

(4) Bildung. 10 % weniger Schulabbrüche, höhere Hochschulbildungsrate bei den 30- bis 34-Jährigen.

(5) Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung: 20 Millionen weniger Betroffene.

Quelle: Siebter Bericht vom Sept. 2017 über den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt, Seite 175, http://ec.europa.eu/regional_policy/sources/docoffic/ official/reports/cohesion7/7cr_de.pdf.

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Vorschriften einfacher und kohärenter zu gestalten. Eine Neuerung besteht auch darin, dass die Europäische Kommission EU-Finanzierungen stärker an die Erfüllung von allgemeinen rechtsstaatlichen Erfordernissen koppeln will. Die Entscheidung über die langfristige EU-Haushaltsplanung liegt beim EU-Rat, der mit der Zustimmung des Europäischen Parlaments einen einstimmigen Beschluss fasst.

Der norwegische und der EFTA/EWR-Finanzmechanismus Im Rahmen des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum EWR unterstützen auch die drei EFTA/EWR-Staaten Norwegen, Liechtenstein und Island das Kohäsionsziel der EU. Im Zusammenhang mit der Erweiterung haben sie mit der EU ein gemeinsames Protokoll zum EWR-Vertrag über die Bereitstellung eines EFTA/ EWR-Finanzmechanismus abgeschlossen. Dieser Mechanismus funktioniert seit dem Jahr 1994. Seit 2004 gibt es parallel zu diesem Finanzmechanismus auch einen bilateralen Finanzmechanismus Norwegens.

Für den Zeitraum 2014­2021 stellt der EFTA/EWR-Finanzmechanismus insgesamt 1548 Millionen Euro für die wirtschaftliche und soziale Kohäsion zur Verfügung, und zwar für die 13 neuen Mitgliedstaaten, die seit 2004 der EU beigetreten sind, sowie Griechenland und Portugal. Zusätzlich trägt Norwegen über seinen bilateralen Finanzmechanismus 1253 Millionen Euro bei, dies ausschliesslich für die 13 neuen Mitgliedstaaten der EU. Gegenüber der Periode 2009­2014 bedeutet das einen Anstieg um 11 Prozent umgerechnet auf jährliche Zahlungen. Der norwegische Finanzmechanismus wird vollständig, der EFTA/EWR-Finanzmechanismus zu mehr als 95 Prozent durch Norwegen finanziert, womit Norwegen die finanzielle Hauptlast trägt. Umgerechnet auf jährliche Zahlungen entspricht der vorgesehene Schweizer Beitrag rund einem Drittel der norwegischen Leistungen 2014­2021.

Gleichwertig neben dem Kohäsionsziel steht das Ziel, die bilateralen Beziehungen zwischen Norwegen, Island und Liechtenstein als Geberländer einerseits und den Partnerländern anderseits zu verbessern und zu stärken. Zwei Prozent der Länderbudgets fliessen in einen Fonds für bilaterale Beziehungen, der von einem gemeinsamen Komitee gesteuert wird. Damit soll in verschiedenen Bereichen die Zusammenarbeit zwischen den Geber- und den Partnerländern gefördert werden. In manchen Fällen beteiligt sich eine öffentliche Institution aus einem
der Geberländer, insbesondere aus Norwegen, an der Programmsteuerung (als «Donor Programme Partner»). Gewisse Bereiche können auch direkt von Institutionen aus den Geberländern geführt werden. Das gilt beispielsweise für die Fonds zur Förderung von Nichtregierungsorganisationen.

Die Mittel des EFTA/EWR-Finanzmechanismus und des norwegischen Finanzmechanismus werden bis April 2021 verpflichtet und bis April 2024 ausbezahlt. Die Unterstützung erfolgt in Form von Programmen in verschiedenen für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung wichtigen Sektoren, nämlich: ­

Innovation, Forschung Erziehung und Wettbewerbsfähigkeit;

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soziale Eingliederung, Jugendbeschäftigung und Armutsreduktion;

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Umwelt, Energie, Klimawandel und CO2-Ersparnis;

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Kultur, Bürgerengagement, Gouvernanz und Grundrechte;

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Justizbereich und öffentliche Sicherheit.

Für die Verwaltung der beiden Finanzmechanismen haben die drei EFTA/EWRStaaten in Brüssel ein gemeinsames Büro eingerichtet. Dieses arbeitet eng mit den nationalen Koordinationsstellen in den Partnerländern zusammen und bereitet unter anderem die Entscheide über Finanzierungsgesuche vor. In den «Memoranda of Understanding», welche zwischen den Geber- und den Partnerländern abgeschlossen werden, werden die thematischen Bereiche definiert und entsprechende Budgetbeträge zugewiesen. Die Finanzierungsentscheide werden im Falle des EFTA/EWRFinanzmechanismus von einem gemeinsamen Ausschuss der drei EFTA/EWRStaaten, und im Falle des norwegischen Finanzmechanismus vom norwegischen Aussenministerium getroffen. 100 Millionen Euro fliessen in einen Regionalfonds, der direkt von den drei Geberländern verwaltet wird. Er ist bestimmt für Projekte zur Förderung der Beschäftigung von Jugendlichen sowie für grenzüberschreitende Projekte.

Der Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) der EU Das Ziel eines offenen und sicheren Europas wird in der EU unter anderem durch zwei Finanzierungsinstrumente im Bereich «Inneres» für die Haushaltsperiode 2014­2020 unterstützt: Asyl-, Migrations-, und Integrationsfonds AMIF

Fonds für die Innere Sicherheit ISF Teilinstrument Polizei ISF-Polizei

Teilinstrument Grenze ISF-Grenze (Schengen-relevant, Teilnahme Schweiz)

1,04 Mrd. EUR 3,1 Mrd. EUR

2,76 Mrd. EUR

3,8 Mrd. EUR

Der AMIF wurde als Beitrag zur Entwicklung der gemeinsamen Asyl- und Einwanderungspolitik der EU und unter Berücksichtigung der Grundsätze der Solidarität und der Lastenteilung zwischen den EU-Mitgliedstaaten eingerichtet. Der Fonds unterstützt Massnahmen in EU-Mitgliedstaaten zu einem effizienten Migrationsmanagement sowie die Umsetzung, Stärkung und Entwicklung einer gemeinsamen EU-Politik im Bereich Asyl und Einwanderung. Der Fonds soll zu folgenden spezifischen Zielen beitragen: ­

Stärkung und Entwicklung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems GEAS;

­

Erleichterung der bedarfsorientierten, legalen Zuwanderung in die EU-Mitgliedstaaten und die Integration von Drittstaatsangehörigen;

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­

Förderung von Rückkehrstrategien in den EU-Mitgliedstaaten;

­

Stärkung der Solidarität gegenüber den am meisten betroffenen EU-Mitgliedstaaten und Aufteilung der Verantwortung unter den EU-Mitgliedstaaten.

Die grosse Mehrheit (ca. 88 %) der Fondsmittel des AMIF ist den EU-Mitgliedstaaten zugewiesen. Diese werden grösstenteils im Rahmen von nationalen Programmen von den Mitgliedstaaten eingesetzt, überwacht und evaluiert. Der Fonds sieht daneben auch vor, dass EU-Mitgliedstaaten für die Teilnahme an EU-Resettlement-Programmen finanziell unterstützt werden können. Diese erhalten pro aufgenommene Person zwischen 6000 und 10 000 EUR. Im Sinne einer verstärkten Solidarität sind die restlichen 12 Prozent des AMIF für Massnahmen im Interesse der EU als Ganzes (sog. Unionsmassnahmen) und im Falle von hohem Migrationsdruck der Nothilfe zugewiesen. Diese Massnahmen werden direkt durch die Europäische Kommission verwaltet. Wie bei allen Fonds im Bereich «Inneres» der EU beträgt der Kofinanzierungsgrad von spezifischen Projekten durch EU-Finanzmittel grundsätzlich höchstens 75 Prozent. In Ausnahmefällen kann dieser Prozentsatz auf 90 Prozent erhöht werden. Beispielhaft: Zugewiesene Finanzmittel an Italien und Griechenland unter AMIF (nationale Programme und Nothilfe kumuliert): Italien

Griechenland

612 Mio. EUR zugewiesen (2014­2020)

610 Mio. EUR zugewiesen (2014­2020)

Am 12. Juni 2018 hat die Europäische Kommission ihren Vorschlag für einen Nachfolgefonds des AMIF für die Haushaltsperiode 2021­2027 präsentiert. Der Fonds heisst neu Asyl- und Migrationsfonds (AMF) und soll mit 10,415 Milliarden EUR ausgestattet werden. Der Vorschlag sieht die Möglichkeit einer Beteiligung von Nicht-EU-Mitgliedstaaten am Fonds vor. Die Möglichkeiten, Chancen und Auswirkungen einer allfälligen Beteiligung der Schweiz werden analysiert.

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Anhang 5

Wirtschaftliche und soziale Disparitäten in der EU In den EU-13 war das kaufkraftbereinigte Bruttoinlandprodukt pro Kopf im Jahr der ersten Osterweiterung (2004) durchschnittlich halb so gross wie in den alten EUMitgliedstaaten. Fast alle neuen EU-Mitgliedstaaten haben seither trotz Rückschlägen während der Finanz- und Wirtschaftskrise stark aufgeholt. 11 der EU-13-Länder konnten ihr Pro-Kopf-Einkommen zwischen 2004 und 2016 steigern (siehe Grafik 1). Ihre Kaufkraft ist aber immer noch deutlich schwächer als der EU-Durchschnitt. Auch die Arbeitslosenrate konnten 11 der 13 Länder reduzieren (siehe Grafik 2). Die Jugendarbeitslosigkeit nahm tendenziell ab, verbleibt aber auf einem besorgniserregend hohen Niveau.

Die verbleibenden wirtschaftlichen und sozialen Unterschiede sind besonders gross, wenn nicht nur die Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten, sondern auch die Unterschiede innerhalb der Länder in Betracht gezogen werden. So stieg zwischen 2000 und 2015 das Pro-Kopf-Einkommen im Verhältnis zum EU-Durchschnitt in den Hauptstadtregionen Rumäniens und Bulgariens besonders stark (Rumänien: von 56 auf 136 % des EU-Durchschnitts; Bulgarien: von 38 auf 76 % des EU-Durchschnitts). In allen anderen Regionen in Bulgarien und Rumänien lag das Pro-KopfEinkommen hingegen weiter unter 50 Prozent des EU-Durchschnitts.33 Bruttoinlandprodukt pro Kopf in Kaufkraftstandards im Verhältnis zum EU-Durchschnitt, EU28 = 10034 Grafik 1

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Quelle: Siebter Bericht vom Sept. 2017 über den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt, Seiten 2­4, http://ec.europa.eu/regional_policy/sources/docoffic/ official/reports/cohesion7/7cr_de.pdf.

Quelle: Eurostat

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Arbeitslosigkeitsraten in den EU-13-Ländern35 Grafik 2

Auch bei der sozialen Lage in der EU gibt es Anzeichen der Besserung, aber nach wie vor Diskrepanzen zwischen den Mitgliedstaaten. Das Armutsrisiko und die Gefahr sozialer Ausgrenzung stellen weiterhin eine zentrale Herausforderung dar, insbesondere im Baltikum und im Süden der EU. In Bulgarien, Kroatien, Lettland, Litauen und Rumänien bleibt das Armutsrisiko trotz Verbesserungen hoch. In Zypern hat sich die Lage verschlechtert.36 2016 veröffentlichte die Kommission ausserdem einen regionalen Index zum sozialen Fortschritt der EU. Der Index deckt drei umfassende Dimensionen des sozialen Fortschritts ab: grundlegende menschliche Bedürfnisse, Grundlagen des Wohlergehens und Chancen. Der Index basiert auf 50 sozialen und ökologischen Indikatoren.

Gemäss dem Index ist der soziale Fortschritt in der EU in den nordischen und niederländischen Regionen am stärksten ausgeprägt. Am schlechtesten schneiden auch hier die rumänischen und die bulgarischen Regionen ab. Während die grundlegenden menschlichen Bedürfnisse nur in sehr wenigen Regionen (alle in den EU-13) nicht gedeckt sind, sind beim Wohlergehen und vor allem bei den Chancen grössere Unterschiede festzustellen. Bei den Chancen werden in vielen Regionen in den süd-, mittel- und südosteuropäische EU-Mitgliedstaaten schlechte Ergebnisse erzielt.37

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Quelle: Eurostat Quelle: Siebter Bericht vom Sept. 2017 über den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt, Seite 74, http://ec.europa.eu/regional_policy/sources/docoffic/ official/reports/cohesion7/7cr_de.pdf.

Quelle: Siebter Bericht vom Sept. 2017 über den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt, Seiten 91­94, http://ec.europa.eu/regional_policy/sources/docoffic/ official/reports/cohesion7/7cr_de.pdf.

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Anhang 6

Die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der Schweiz und den neuen EU-Mitgliedstaaten (EU-13) (ausgewählte Grafiken) Schweizer Exporte 2000­2017 in die EU-13-Länder Grafik 338

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Quelle: EZV (Grafiken 3 und 4)

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Schweizer Importe aus den EU-13-Ländern 2000­2017 Grafik 4

Schweizerische Direktinvestitionen in den EU-13-Ländern 1998­2016 (Kapitalbestand am Jahresende) Grafik 539

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Quelle: SNB. Die Zahlen seit dem Jahr 2014 sind aufgrund einer Änderung der Berechnungsmethode der SNB mit den Zahlen davor nicht vergleichbar (bis 2013 Gliederung gemäss dem Land der letztlichen Beteiligung, ab 2014 Gliederung gemäss dem Land der unmittelbaren Beteiligung).

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