03.075 Botschaft über die Genehmigung des Übereinkommens über die wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit im Hinblick auf die Beteiligung der Schweiz an den sechsten EU-Rahmenprogrammen (2002­2006) vom 26. November 2003

Sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen mit dieser Botschaft den Entwurf eines Bundesbeschlusses über die Genehmigung des Übereinkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und den Europäischen Gemeinschaften über die wissenschaftlichtechnische Zusammenarbeit im Hinblick auf die Beteiligung der Schweiz an den sechsten EU-Rahmenprogrammen (2002­2006) mit dem Antrag auf Zustimmung.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

26. November 2003

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Pascal Couchepin Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

2003-2290

261

Übersicht Als eines der sieben sektoriellen Abkommen zwischen der Schweiz und den Europäischen Gemeinschaften wurde am 21. Juni 1999 ein Abkommen über die wissenschaftliche und technologische Zusammenarbeit abgeschlossen (SR 0.420.513.1).

Dieses Abkommen regelte die Vollbeteiligung der Schweiz an den fünften EU-Rahmenprogrammen (1998­2002) und ist mit der Beendigung dieser Programme Ende 2002 ausgelaufen. Es enthielt allerdings die Bestimmung, dass es im Hinblick auf die Teilnahme der Schweiz an neuen Rahmenprogrammen der EU erneuert werden könne.

Für die Vollbeteiligung an den sechsten EU-Rahmenprogrammen 2003­2006 haben die Eidgenössischen Räte mit dem Bundesbeschluss vom 6. Juni 2002 über die Finanzierung der Beteiligung der Schweiz an den Programmen der EU im Bereich der Forschung, der technologischen Entwicklung und der Demonstration in den Jahren 2003­2006 (BBl 2002 5246) bereits einen Verpflichtungskredit von 869 Mio.

Franken bewilligt.

Am 10. April 2003 wurden die Erneuerungsverhandlungen aufgenommen. Diese konnten am 16. Juli 2003 abgeschlossen und der Text des erneuerten Forschungsabkommens am 5. September 2003 paraphiert werden.

Im Unterschied zum Forschungsabkommen von 1999 sieht das erneuerte Abkommen zum einen die Möglichkeit der provisorischen Anwendung mit allen Rechten und Pflichten per 1. Januar 2004 vor (für den Fall, dass das Abkommen 2003 unterzeichnet, die Ratifikation aber erst zu einem späteren Zeitpunkt vorgenommen wird), zum anderen werden in einem neu geschaffenen Anhang die Modalitäten der Finanzkontrolle ausführlich festgehalten.

Gestützt auf Artikel 184 Absatz 2 der Bundesverfassung (BV) hat der Bundesrat das erneuerte Forschungsabkommen unterzeichnet. Dieses wird somit ab dem 1. Januar 2004 provisorisch angewendet.

262

Botschaft 1

Vorgeschichte und Bedeutung des Abkommens

1.1

Vorgeschichte

Als Teil der sieben sektoriellen Abkommen zwischen der Schweiz und den Europäischen Gemeinschaften (EG) wurde am 21. Juni 1999 ein Abkommen über die wissenschaftliche und technologische Zusammenarbeit (Forschungsabkommen; SR 0.420.513.1) abgeschlossen, das am 1. Juni 2002 in Kraft trat. Das Forschungsabkommen regelte die Beteiligung der Schweiz am fünften Rahmenprogramm der Europäischen Gemeinschaft im Bereich der Forschung, der technologischen Entwicklung und der Demonstration (1998­2002) und am fünften Rahmenprogramm der Europäischen Atomgemeinschaft für Massnahmen im Bereich der Forschung und Ausbildung (1998­2002) (nachstehend beide zusammen als «fünfte EURahmenprogramme» bezeichnet). Als einziges der sektoriellen Abkommen war das Forschungsabkommen befristet und ist Ende 2002 mit dem Abschluss der fünften EU-Rahmenprogramme ausgelaufen.

Das Forschungsabkommen enthielt in seinem Artikel 9 Absatz 2 die Bestimmung, wonach es im Hinblick auf die Teilnahme der Schweiz an neuen EU-Rahmenprogrammen im gegenseitigen Einvernehmen erneuert oder neu ausgehandelt werden kann.

Das Parlament genehmigte mit dem Bundesbeschluss vom 6. Juni 2002 über die Finanzierung der Beteiligung der Schweiz an den Programmen der EU im Bereich der Forschung, der technologischen Entwicklung und der Demonstration in den Jahren 2003­2006 einen Verpflichtungskredit zur Erneuerung des Forschungsabkommens (BBl 2002 5246).

Der Rat der Europäischen Union hat das Mandat zum Führen von Erneuerungsverhandlungen am 20. Februar 2003 verabschiedet.

Der Bundesrat beschloss seinerseits am 9. April 2003 das Verhandlungsmandat zur Erneuerung des Forschungsabkommens. Gestützt auf dieses Mandat wurden die Verhandlungen durchgeführt und konnten am 16. Juli 2003 abgeschlossen werden.

Der ausgehandelte Text des erneuerten Forschungsabkommens konnte in der Folge am 5. September 2003 durch die Unterhändler der beiden Verhandlungsdelegationen paraphiert werden.

Wie im Verhandlungsmandat vorgesehen, sieht das erneuerte Forschungsabkommen die Möglichkeit der provisorischen Anwendung mit allen Rechten und Pflichten per 1. Januar 2004 vor. Dies für den Fall, dass das Abkommen 2003 unterzeichnet, die Ratifikation aber erst zu einem späteren Zeitpunkt vorgenommen wird. Damit konnte sichergestellt werden, dass Schweizer Forscher und Forscherinnen
nun ab den Ausschreibungen des Herbstes 2003 gleichberechtigt an den EU-Forschungsprogrammen teilnehmen können.

Gestützt auf Artikel 184 Absatz 2 der Bundesverfassung (BV) hat der Bundesrat das erneuerte Forschungsabkommen unterzeichnet. Dieses wird somit ab dem 1. Januar 2004 provisorisch angewendet.

Nach Artikel 166 Absatz 2 BV ist die Bundesversammlung für die Genehmigung des Abkommens zuständig.

263

1.2

Die Vollbeteiligung an den sechsten EU-Rahmenprogrammen: ein wichtiges Anliegen für die Schweiz

Der Wille zur uneingeschränkten Beteiligung an den EU-Rahmenprogrammen, dem bedeutendsten europäischen Forschungsförderungsinstrument, wurde vom Parlament durch die Verabschiedung der entsprechenden Bundesbeschlüsse zur Finanzierung der Vollbeteiligung immer wieder bekräftigt.1 Die mit der Vollbeteiligung an den sechsten EU-Rahmenprogrammen verfolgten Ziele sind denn auch Teil einer langfristigen Strategie des Bundesrates.2 Die Eidgenössischen Räte haben sich stets deutlich für die Vollbeteiligung an den EU-Rahmenprogrammen ausgesprochen.

Durch die Annahme der sieben sektoriellen Abkommen mit den EG im Mai 2000 hat sich auch das Schweizer Volk für eine Vollbeteiligung ausgesprochen.

Die Tragweite der Vollbeteiligung kann nicht genug betont werden: Nur durch eine Vollbeteiligung an den EU-Rahmenprogrammen kann es unserem Land gelingen, als vollwertiger Partner im sich heranbildenden Europäischen Forschungsraum, der eine immer engere Verzahnung der Akteure durch eine immer effizientere Nutzung von Synergien anstrebt, anerkannt zu werden. Durch die Vollbeteiligung kann auch der Wirkungsgrad der schweizerischen Wissenschaftspolitik in ihrer nationalen und internationalen Dimension gesteigert werden. Insbesondere ergibt sich die Möglichkeit einer besseren Kohärenz der Forschungsthemen und Instrumente der EU-Rahmenprogramme und der nationalen Programme und Fördermassnahmen im Bereich der anwendungsorientierten Forschung. Durch die Präsenz von eigenen Beobachtern und Experten in den verschiedenen Ausschüssen und Expertengruppen der sechsten EU-Rahmenprogramme erhält die Schweiz einerseits einen privilegierten Zugang zu Informationen und andererseits die Möglichkeit der Beeinflussung der Ausgestaltung und Durchführung der aktuellen und zukünftigen EU-Rahmenprogramme.

Die wichtigsten mit der Vollbeteiligung an den sechsten EU-Rahmenprogrammen verfolgten Ziele lassen sich wie folgt zusammenfassen: ­

Verstärkte Integration der Schweizer Forschung auf europäischer Ebene und damit Vermeidung einer Marginalisierung der schweizerischen Forschung und Technologie;

­

Erweiterung des Kreises der Schweizer Teilnehmenden (aus dem öffentlichen und dem privaten Bereich) in den besten Netzwerken und Projekten der sechsten EU-Rahmenprogramme;

1 2

264

BB vom 18.12.1992 (BBl 1993 I 29), BB vom 14.12.1994 (BBl 1995 I 8), BB vom 31.8.1999 (BBl 1999 VI 6475) und BB vom 6.6.2002 (BBl 2002 5246).

Vgl. die früheren Botschaften: Botschaft über die Finanzierung der Beteiligung der Schweiz an den Forschungs- und Bildungsprogrammen der Europäischen Gemeinschaften (BBl 1992 III 1421), Ergänzungsbotschaft über die Verlängerung des Bundesbeschlusses über die internationale Zusammenarbeit im Bereich der höheren Bildung und der Mobilitätsförderung und über die Finanzierung der Beteiligung der Schweiz an den Forschungs- und Bildungsprogrammen der Europäischen Union 1996­2000 (BBl 1994 III 1445), Botschaft über die Förderung von Bildung, Forschung und Technologie in den Jahren 2000­2003 (BBl 1999 297), Botschaft zur Genehmigung der sektoriellen Abkommen zwischen der Schweiz und der EG (BBl 1999 6128) sowie Botschaft über die Finanzierung der Beteiligung der Schweiz an den Programmen der EU im Bereich der Forschung, der technologischen Entwicklung und der Demonstration in den Jahren 2003­2006 (BBl 2002 1077).

­

Schaffung der Möglichkeit, Projekte zu lancieren und zu leiten;

­

Förderung von Spitzenleistungen im Bereich der Forschung und der technologischen Entwicklung durch den Ausbau der bestehenden Kompetenzzentren;

­

Förderung der Mobilität der Forschenden und der rationellen Nutzung bestehender Forschungsinfrastrukturen;

­

Verbesserung der Nutzung und Verwertung der Projektresultate durch die Möglichkeit der Teilnahme an den Aktivitäten des Technologietransfers der sechsten EU-Rahmenprogramme;

­

Intensivierung der wissenschaftlichen Zusammenarbeit zwischen den Hochschulen, den Forschungszentren und den Unternehmen auf europäischer Ebene;

­

Stärkung der schweizerischen Industrie und Wirtschaft und Sicherung von Arbeitsplätzen.

2

Das erneuerte Forschungsabkommen

2.1

Allgemeines

Das Ziel der Verhandlungen war ein erneuertes Forschungsabkommen, welches inhaltlich nicht grundlegend von den Bestimmungen des Forschungsabkommens von 1999 abweicht, welches das Parlament genehmigte. Dieses Ziel wurde erreicht.

Das erneuerte Abkommen (inklusive Anhänge) entspricht mit zwei Ausnahmen, auf die unten näher eingegangen wird, inhaltlich dem Forschungsabkommen von 1999.

Im Übrigen wurde der Abkommenstext, der für die Regelung der Vollbeteiligung der Schweiz an den fünften EU-Rahmenprogrammen geschaffen worden war, an die Terminologie und Gegebenheiten der sechsten EU-Rahmenprogramme angepasst.

Im Folgenden wird nur auf die Punkte eingegangen, die sich vom Forschungsabkommen von 1999 unterscheiden.

2.2

Besondere Fragen des erneuerten Forschungsabkommens

Im Unterschied zum Forschungsabkommen von 1999 sieht das erneuerte Abkommen zum einen die Möglichkeit der provisorischen Anwendung vor, zum anderen wurden in einem neu geschaffenen Anhang die Modalitäten der Finanzkontrolle ausführlich festgehalten.

Provisorische Anwendung Im Vertrag sollte auf jeden Fall sichergestellt werden, dass die Schweizer Forschenden gleichberechtigt mit ihren europäischen Partnern an den für das Finanzjahr 2004 relevanten Ausschreibungen der sechsten EU-Rahmenprogramme teilnehmen können. Für den Fall, dass die Ratifikation des erneuerten Abkommens nicht mehr im Jahre 2003 erfolgen kann, war daher mit der Vertretung der Europäischen Kommission auszuhandeln, dass das Abkommen ­ nach erfolgter Unterzeichnung im Jahre 265

2003 ­ provisorisch und mit allen Rechten und Pflichten auf den 1. Januar 2004 angewendet werden kann.

Für den Fall, dass nach der erfolgten provisorischen Anwendung das Abkommen doch nicht ratifiziert werden sollte, sind im Abkommen die daraus resultierenden Konsequenzen geregelt. Die Schweiz würde ihren bereits geleisteten Beitrag zurückerhalten, abzüglich der Mittel, welche die Europäische Kommission bereits zu Gunsten von Schweizer Projektteilnehmern verpflichtet hat. Diese würden bis zum Abschluss ihrer Projekte durch die Europäische Kommission unterstützt werden.

Finanzkontrolle Neu ist der Anhang C: Er regelt die Modalitäten der Finanzkontrolle bei den Empfängerinnen und Empfängern von EU-Beiträgen durch europäische und schweizerische Behörden.

Die Finanzierung der unter den EU-Rahmenprogrammen bewilligten Projekte erfolgt auf Grund von Projektverträgen zwischen den einzelnen Projektkonsortien und der Europäischen Kommission. In den Projektverträgen, die auch von den Schweizer Partnern und Beitragsempfängern zu unterschreiben sind, ist das Recht der Europäischen Kommission oder von ihr bezeichneten Personen festgehalten, bei den Empfängerinnen und Empfängern der Förderbeiträge Kontrollen über deren rechtmässige Verwendung vorzunehmen. Hier ist zu erwähnen, dass Schweizer Partner in den EU-Programmen nun auch als Koordinatoren auftreten können und damit Mittel der Europäischen Kommission für Partner in anderen Ländern verwalten.

Dies ist eine ähnliche Bestimmung, wie sie in Artikel 14 des Assoziationsvertrags vom 11. März 1987 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Atomgemeinschaft im Bereich der kontrollierten Kernfusion und der Plasmaphysik (SR 0.424.122; rückwirkend in Kraft getreten am 1. Januar 1987) festgehalten ist.

Anhang C enthält Bestimmungen über die Finanzkontrolle, die auf die schweizerischen Teilnehmenden an den EU-Rahmenprogrammen anwendbar sind. Sie entsprechen den Verpflichtungen, welche die Teilnehmenden durch die Unterzeichnung der Projektverträge mit der Europäischen Kommission eingehen. Danach können die Organe der Europäischen Gemeinschaft (der Europäische Rechnungshof, die Europäische Kommission und das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung OLAF) oder durch sie mandatierte Personen bei den in der Schweiz niedergelassenen Projektteilnehmenden
und deren Untervertragsnehmern Kontrollen vor Ort vornehmen. Die Eidgenössische Finanzkontrolle, die an der Aushandlung des Anhangs C beteiligt war und mit dessen Inhalt vollumfänglich einverstanden ist, wird dabei jeweils im Voraus informiert und kann an den Kontrollen und Nachprüfungen teilnehmen. Die Bestimmungen des Anhangs C ersetzen das Bewilligungsverfahren, wie es in Artikel 271 Absatz 1 des Strafgesetzbuches (StGB, SR 311.0) für die betreffenden Amtshandlungen auf schweizerischem Territorium vorgesehen ist; die gemäss Strafgesetzbuch erforderliche Bewilligung gilt somit als generell erteilt.

Im Anhang C ist festgehalten, dass die Finanzkontrollen auch nach dem Auslaufen der sechsten EU-Rahmenprogramme oder des Abkommens innerhalb der durch die Projektverträge vorgesehenen Fristen stattfinden können. Die Bestimmungen der 266

Projektverträge sehen vor, dass Kontrollen bis maximal fünf Jahre nach Beendigung des Forschungsprojekts stattfinden können. Da der Anhang integrierender Bestandteil des Abkommens ist, können folglich unabhängig davon, ob zum Zeitpunkt des Auslaufens des Abkommens ein Projekt bereits beendet oder noch in Ausführung ist, in jedem Fall Kontrollen gemäss den Bestimmungen des Anhangs C bis höchstens fünf Jahre nach dem Abschluss des einzelnen Projektes vorgenommen werden.

3

Auswirkungen

3.1

Finanzielle Auswirkungen

Für die Vollbeteiligung der Schweiz an den sechsten EU-Rahmenprogrammen wurde mit dem Bundesbeschluss vom 6. Juni 2002 über die Finanzierung der Beteiligung der Schweiz an den Programmen der EU im Bereich der Forschung, der technologischen Entwicklung und der Demonstration in den Jahren 2003­2006 (BBl 2002 5246) ein Verpflichtungskredit von 869 Mio. Franken bewilligt, davon 34 Mio. Franken für flankierende Massnahmen (s.a. die entsprechende Botschaft BBl 2002 1077, Abschnitt 2.1 Finanzielle Auswirkungen).

Da die Vollbeteiligung nicht auf den 1. Januar 2003 realisiert werden konnte, wurde durch den Bundesbeschluss I vom 19. Juni 2003 über den Nachtrag I zum Voranschlag 2003 (BBl 2003 4817) der Verpflichtungskredit gekürzt. Danach stehen für die projektweise Unterstützung von schweizerischen Partnern in EU-Forschungsprojekten der sechsten EU-Rahmenprogramme und für die Vollbeteiligung in den Jahren 2004­2006 noch 773 Mio. Franken für Forschungsprojekte zur Verfügung.

Der Verpflichtungskredit war auf der Basis der damaligen Informationen, das heisst einer EU mit 15 Mitgliedstaaten (EU 15), berechnet worden. Da Forschung und technologische Entwicklung in der EU als prioritäre Bereiche angesehen werden, plant die Europäische Kommission nun, das Budget der sechsten EU-Rahmenprogramme wegen der Erweiterung auf 25 Mitgliedstaaten (EU 25) um 1,6 Milliarden Euro aufzustocken. Ob diese Aufstockung von Parlament und Rat der EU bewilligt wird und wie hoch sie allenfalls sein wird, wird voraussichtlich bis Ende 2003 entschieden. Da diese Aufstockung erheblich grösser ist als die mit dem Übergang von der EU 15 auf die EU 25 verbundene Erhöhung des BIP, nach dem sich der Schweizer Beitrag berechnet, muss damit gerechnet werden, dass die Beitragszahlungen der Schweiz höher ausfallen werden als ursprünglich vorgesehen.

267

Die folgende Tabelle vergleicht die voraussichtlichen Zahlungen: Jährliche Beiträge an die EU (Mio. Franken)

2004

2005

2006

2004­2006

Beiträge auf Basis EU15 (gemäss BIP-Daten EU 15 vom Oktober 2003)*

198,4

208

214,5

620,9

Beiträge auf Basis EU25 (gemäss BIP-Daten EU 25 vom Oktober 2003)*

206,9

216,8

223,5

647,2

Beiträge gemäss Botschaft zur Finanzierung der sechsten EU-Rahmenprogramme

205,4

215,2

221,9

642,5

*

Quelle: EUROSTAT

Wie aus der Tabelle ersichtlich, können die Verpflichtungen des erneuerten Vertrags somit durch den Verpflichtungskredit von 773 Mio. Franken gedeckt werden. Auch unter Berücksichtigung der aus der projektweisen Beteiligung resultierenden Zahlungen können die jährlichen Vorgaben des Legislaturfinanzplans eingehalten werden.

Für die projektweise Unterstützung der Teilnahme von Schweizer Partnern an EU-Forschungsprojekten der sechsten EU-Rahmenprogramme, für die noch im Jahr 2003 durch die Europäische Kommission eine Finanzierung beschlossen wird, verbleiben im Fall EU 25 (Zahlungen an das Gesamtprogramm von 647,2 Mio.

Franken) noch 125,8 Mio. Franken. Die voraussichtlichen Anträge für die Mitfinanzierung durch den Bund liegen aber, nach Evaluation und Genehmigung durch die Europäische Kommission und nach durch diese schon vorgenommenen Kürzungen, bei 180 Mio. Franken. Die Beiträge müssen daher nochmals stärker als in den vergangenen Jahren gekürzt werden. Um die Forschenden, deren Projekte noch direkt durch den Bund mitfinanziert werden, nicht über Gebühr zu benachteiligen, werden bis zu 12 Mio. Franken der im Verpflichtungskredit einkalkulierten Reserve von 26 Mio. Franken, die für das Auffangen einer ungünstigen Entwicklung des Verhältnisses des BIP der Schweiz zu jenem der EU-Mitgliedstaaten gedacht war, für die Finanzierung der projektweisen Beteiligung verwendet.

3.2

Personelle Auswirkungen

Die Aufgaben der Begleitung der Schweizer Beteiligung und der Vertretung der Interessen der Schweiz in den EU-Programmen und -Organen werden durch externe Experten ­ finanziert durch den Kredit für flankierende Massnahmen ­ und das Bundesamt für Bildung und Wissenschaft mit dem vorhandenen Personal übernommen. Die Eidgenössische Finanzkontrolle wird für die im Anhang C des Abkommens vorgesehenen Aufgaben ebenfalls kein zusätzliches Personal benötigen.

268

3.3

Auswirkungen auf die Kantone und Gemeinden

Die Vollbeteiligung an den sechsten EU-Rahmenprogrammen hat keine zusätzlichen Auswirkungen auf die Kantone und Gemeinden. Durch die erweiterten Teilnahmerechte, insbesondere durch die Möglichkeit, die Leitung der Forschungsprojekte zu übernehmen, und durch die Erweiterung um zehn neue EU-Länder dürften die Beiträge an die kantonalen Hochschulen und die Wirtschaft für die Beteiligung an Projekten der EU-Rahmenprogramme mit Sicherheit steigen.

3.4

Auswirkungen auf die Informatik

Das in der Bundesverwaltung verwendete System für die Verwaltung und die finanzielle Abwicklung der Projekte der EU-Rahmenprogramme mit Schweizer Beteiligung lässt sich mit beschränkten Anpassungen an die sich durch die Vollbeteiligung ergebenden Aufgaben (Monitoring der Schweizer Beteiligung) anpassen.

3.5

Volkswirtschaftliche Auswirkungen

Das Bundesamt für Bildung und Wissenschaft hat im Jahr 2001 eine externe Evaluation der schweizerischen Beteiligung an den EU-Rahmenprogrammen durchführen lassen.3 In Bezug auf die Schweizer Unternehmen, die sich bis dahin an Projekten der EU-Rahmenprogramme beteiligt hatten, hielt die Studie die folgenden positiven Aspekte fest: Die befragten Unternehmen erwähnten an erster Stelle die Stärkung ihrer technologischen Stellung und ihrer Wettbewerbsfähigkeit. An zweiter Stelle wurden die Festigung von bestehenden Netzwerken für die Zusammenarbeit und die Schaffung von neuen Netzwerken genannt. Diese Auswirkungen üben mit den kurzfristig zu Stande kommenden Zusammenarbeitsprojekten direkt einen günstigen Einfluss auf den schweizerischen Arbeitsmarkt aus. Aber auch längerfristig sind durch die festgestellte Verbesserung der technologischen und wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit der schweizerischen Unternehmen positive Auswirkungen zu erwarten. Durch die Vollbeteiligung an den sechsten EU-Rahmenprogrammen und insbesondere durch das damit neu erworbene Recht, Projekte zu lancieren und zu leiten, dürften diese Effekte mit Sicherheit in verstärktem Masse zum Tragen kommen.

4

Legislaturplanung

Die Vorlage erscheint nicht in der Legislaturplanung 1999­2003, da bei der Planung davon auszugehen war, der Bundesrat könne gestützt auf Artikel 16 Absatz 3 Buchstabe a des Forschungsgesetzes vom 7. Oktober 1983 (SR 420.1) das erneuerte Forschungsabkommen in eigener Kompetenz abschliessen.

3

Evaluation der schweizerischen Beteiligung an den FTE-Rahmenprogrammen der Europäischen Union; Interface Institut für Politikstudien, Fraunhofer Institut für Systemtechnik und Innovationsforschung; 2001.

269

5

Rechtliche Aspekte

5.1

Verfassungs- und Gesetzmässigkeit

Nach Artikel 54 Absatz 1 der Bundesverfassung (BV) sind die auswärtigen Angelegenheiten Sache des Bundes. Während der Bundesrat auf Grund von Artikel 184 Absatz 2 BV völkerrechtliche Verträge unterzeichnet und ratifiziert, ist die Bundesversammlung nach Artikel 166 Absatz 2 BV zuständig, diese Verträge zu genehmigen.

5.2

Innerstaatliches Genehmigungsverfahren und fakultatives Referendum

Gemäss Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV unterliegen völkerrechtliche Verträge dem fakultativen Referendum, wenn sie unbefristet und unkündbar sind, den Beitritt zu einer internationalen Organisation vorsehen oder wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert.

Das Forschungsabkommen ist kündbar (vgl. Art. 13 Abs. 3) und sieht keinen Beitritt zu einer internationalen Organisation vor.

Bleibt zu prüfen, ob dieses Abkommen wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthält oder seine Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert. Als rechtsetzend sind gemäss Artikel 22 Absatz 4 des Parlamentsgesetzes solche Bestimmungen zu verstehen, die in unmittelbar verbindlicher und generell-abstrakter Weise Pflichten auferlegen, Rechte verleihen oder Zuständigkeiten festlegen. Als wichtige Bestimmungen gelten zudem solche, die im Landesrecht gemäss Artikel 164 Absatz 1 BV in einem formellen Gesetz zu erlassen sind.

Mit dem vorliegenden Abkommen werden den in der Schweiz niedergelassenen und an den sechsten EU-Rahmenprogrammen teilnehmenden Institutionen und Organisationen Rechte verliehen und Pflichten auferlegt (vgl. Art. 4 und 7 des Abkommens).

Es ermächtigt überdies die Beamten der Europäischen Kommission oder auch andere von ihr beauftragte Personen sowie den Europäischen Rechnungshof dazu, auf schweizerischem Hoheitsgebiet Kontrollen und Überprüfungen gemäss den im Gemeinschaftsrecht festgelegten Bedingungen und Regeln vorzunehmen. Die von diesen Behörden in Anwendung des Gemeinschaftsrechtes getroffenen Verfügungen sind auch in der Schweiz anwendbar. Das Abkommen enthält somit rechtsetzende Bestimmungen. Diese Bestimmungen sind insofern als wichtig zu betrachten, als sie, müssten sie im Landesrecht umgesetzt werden, gemäss Artikel 164 Absatz 1 Buchstaben b, c und e BV nur in einem formellen Gesetz erlassen werden könnten.

Daraus folgt, dass der Genehmigungsbeschluss zum Forschungsabkommen dem fakultativen Staatsvertragsreferendum gemäss Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV unterliegt.

5.3

Provisorische Anwendung

Da das Genehmigungsverfahren durch die Eidgenössischen Räte einerseits und durch den Rat und das Parlament der Europäischen Union andererseits mehrerer Monate bedarf, wurde im erneuerten Abkommen eine provisorische Anwendung mit 270

allen Rechten und Pflichten per 1. Januar 2004 vorgesehen. Gemäss ständiger Praxis ist der Bundesrat befugt, über die vorläufige Anwendung von völkerrechtlichen Verträgen zu befinden.

Die provisorische Anwendung des Abkommens per 1. Januar 2004 eröffnet den Schweizer Forschenden die seit mehreren Jahren erwartete Möglichkeit einer Beteiligung mit vollen Rechten ab den Ausschreibungen des Herbstes 2003, also rund ein Jahr nach dem Beginn der sechsten EU-Rahmenprogramme. Ohne provisorische Anwendung des Abkommens könnten die Schweizer Forschenden mindestens ein weiteres Jahr nur mit eingeschränkten Rechten partizipieren und würden somit mindestens die Hälfte der sechsten EU-Rahmenprogramme nach dem Modus der projektweisen Beteiligung absolvieren. Im Hinblick auf eine bevorstehende Beteiligung hat zudem die Europäische Kommission im Sinne einer Ausnahmeregelung bis zum Ende des Jahres 2003 die Beteiligung von Schweizer Vertreterinnen und Vertretern an den Sitzungen der Leitungskomitees der sechsten EU-Rahmenprogramme erlaubt. Würde die Beteiligung nicht per 1. Januar 2004 wirksam, so wäre die Schweiz mit grösster Wahrscheinlichkeit aus den Komitees ausgeschlossen worden, was umso schwerer gewogen hätte, da die Diskussionen um die Ausgestaltung der zukünftigen EU-Rahmenprogramme und des Europäischen Forschungsraums bereits begonnen haben.

5.4

Erneuerung des Abkommens

Im Hinblick auf die weitere Beteiligung der Schweiz an künftigen EU-Rahmenprogrammen nach dem Auslaufen der sechsten EU-Rahmenprogramme soll der Bundesrat ermächtigt werden, im Rahmen der bewilligten Kredite in eigener Kompetenz ein erneuertes Abkommen mit vergleichbaren Bedingungen abzuschliessen.

Im Zuge der in den nächsten zwei Jahren anstehenden Revision des Forschungsgesetzes (FG) soll überdies die Frage einer Ausdehnung der Kompetenzdelegation gemäss Artikel 16 Absatz 3 Buchstabe a FG geprüft werden.

271

272