# S T #

N o

i 3

833

Bundesblatt 77. Jahrgang.

Bern, den 1. April 1925.

Band I.

Erseheint w6ehetillic.lt. Preis äo Franken im Jahr, IO Franken im Halbjahr, zuzüglich Nachnahme- and Postbestellungsgetühr, EiHrückangsgebtthr : 60 Rappen die Fetitzeile oder deren Baum. -- Inserate franko an Stämpfli £ Cle. in Bern,

# S T #

1959

Bericht dee

Bundesrates an die Bundesversammlung über das Postulat Grimm betreffend die schweizerische Elektrizitätswirtschaft.

(Vom 27. März 1925.)

Das Postulat Grimm, datiert vom 26. September 1928, hat folgenden Wortlaut : Der Bundesrat wird eingeladen, zu prüfen und beförderlichst zu berichten : 1. ob die Praxis der Erteilung von Exportbewilligungen für elektrische Energie nicht in dem Sinne zu ändern sei, dass inskünftig Exportbewilligungen nur noch erteilt werden, wenn die betreffende Energiemenge vorher zum Exportpreis dem Inlandkonsum offeriert worden ist; 2. ob nicht der Energieaustausch im Inland durch das Sammelschienensystem von Bundes wegen zu ordnen sei.

Der Vorsteher des Departements des Innern hat am 4. Oktober 1923 das Postulat Grimm entgegengenommen. Der Nationalrat sprach sich, nach erfolgtem Antrag auf Ablehnung aus dem Schosse des Bates, ebenfalls für Annahme des Postulates aus. Wir beehren uns Ihnen nachstehend unsern Bericht zu unterbreiten. Dabei erachten wir es als angezeigt, in diesem Zusammenhang auf das Problem der Wasser- und Elektrizitätswirtschaft im allgemeinen einzutreten. Zufolge der Ausdehnung unserer Untersuchungen und da wir glaubten, dass es zweckmässig sei, im Zusammenhang mit diesen Untersuchungen die dringlich gewordene Bevisi on der Ausfuhrverordnung vorzunehmen, erklärt sich die Verzögerung in der Vorlage unseres Berichtes. Die Angelegenheit hat inzwischen keineswegs an Bedeutung verloren.

Die schweizerische Wasser- und Elektrizitätswirtsohaft besteht aus drei grossen Gebieten, die eng ineinandergreifen, die jedoch für die Prüfung der verschiedenen Prägen zunächst zweckmässig auseinandergehalten werden.

Es sind : A. Die Erzeugung elektrischer Energie (Ausbau der Wasserkräfte).

B. Die Ausfuhr elektrischer Energie.

C. Die Portleitung und Abgabe der elektrischen Energie im Inland.

Obwohl vor den Forderungen der Inlandversorgung die Ausfuhr elektrischer Energie zurücktreten muss, stellen wir doch in unserem Bericht den Abschnitt Bundesblatt. 77. Jahrg. Bd. I.

57

834

über die Ausfuhr voran, um die Inlandversorgung als abschliessendes Ganzes bebandeln zu können.

A. Die Erzeugung elektrischer Energie (Ausbau der Wasserkräfte).

L Gesetzliche Grundlagen; Wahrung der kaufmännischen Gesichtspunkte; Verteilung der Kompetenzen auf Bund und Kantone.

1. Der Regelung des Ausbaues der Wasserkräfte diente in erster Linie Art. 24W" der Bundesverfassung (angenommen in der Volksabstimmung vom 25. Oktober 1908). Gestützt auf diesen Artikel, sowie auf Art. 23 der Bundesverfassung -wurde das Bundesgesetz über die N u t z b a r m a c h u n g der W a s s e r k r ä f t e vom 22. Dezember 1916 (Wasserrechtsgesetz) erlassen. Das Wasserrechtsgesetz trat am 1. Januar 1918 in Kraft. Dadurch wurde das Wasserrecht auf eidgenössischem Boden so weit geregelt, als dies die konstitutionellen Verhältnisse unseres Landes als angezeigt erscheinen liessen. Dass die Anschauungen auf einem Gebiete, das für die allgemeinen Interessen so grosse Bedeutung hat, schon anlässheh der Beratungen über das Gesetz auseinandergingen, kann nicht überraschen. Es darf indessen doch gesagt werden, dass das Gesetz die Lösung auf mittlerer Linie gut gefunden hat. Vom Rechte des Référendums wurde kein Gebrauch gemacht.

Hinsichtlich des eigentlichen Ausbaues der Wasserkräfte wurde dem Bundesrat die Befugnis eingeräumt, die Pläne der anzulegenden Werke daraufhin zu prüfen, ob sie in ihrer generellen Anlage der zweckmässigen Nutzbarmachung der Wasserkräfte entsprechen (Art. 5, Abs. 8). Hierfür ist also dem Bund nicht einmal die Pflicht, sondern nur die Befugnis übertragen worden; der Bundesrat hat von dieser Befugnis Gebrauch gemacht. Bei der Überprüfung der Pläne gehen die Bundesbehörden so weit, als dies nach dem Gesetz zulässig ist: es wird eine ernsthafte Durcharbeitung der Pläne verlangt. (Vgl.

Kreisschreiben des Bundesrates an sämtliche Kantonsregierungen betreffend die Einsendung der Pläne der anzulegenden Wasserwerke, vom 28. März 1918.)

Für die Nutzbarmachung von Gewässerstrecken, welche die Landesgrenze berühren, bedarf der Bund allerdings weitergehender Befugnisse.

Bundesverfassung und Wasserrechtsgeaetz haben ihm vermehrte Befugnisse eingeräumt, 2. Neben der s o r g f ä l t i g e n Bearbeitung der P r o j e k t e ist von besonderer Bedeutung, dass unter verschiedenen Möglichkeiten des Ausbaues, unter Ausschaltung politischer Gesichtspunkte, die wirtschaftlich vorteilhafteste Lösung gewählt wird
und dass insbesondere die k a u f m ä n nischen Gesichtspunkte streng gewahrt werden. Die Wahrung der kaufmännischen Gesichtspunkte kann auf dem Wege der Gesetzgebung allein natürlich nicht herbeigeführt werden. Wollte der Bund übrigens auf diesem Gebiete ebenfalls Verantwortlichkeiten übernehmen, so musate ihm beispielsweise auch ein Einfluss bei der Gründung und der Bestellung der Leitung der Unternehmungen eingeräumt werden; denn die Wirtschaftlichkeit eines Unter-

835

nehmens ist von den Persönlichkeiten, denen die Leitung anvertraut wird, in hohem Masse bedingt. Schon dieses Beispiel zeigt, dass ein Abgehen von den Kichtlinien, wie sie Verfassung und Gesetz aufgestellt haben, zu ganz unhaltbaren Verhältnissen führen müsste. Dagegen kann eine freiwillige Verständigung unter den Werken von Nutzen sein. Zur Abklärung der wirtschaftlichen und kaufmännischen Gesichtspunkte können allenfalls auch private Expertisen in Auftrag gegeben werden.

3. Es wurde in letzter Zeit ferner verschiedentlich die IVage aufgeworfen, ob nicht das Kompetenzverhältnis zwischen Bund und K a n t o n e n in anderer Weise neu geregelt werden sollte. Hierüber sind Anregungen sowohl in der einen als in der andern Bichtung erfolgt. Es zeigt sich auch hier, dass KompromisBlösungen bei der Anwendung und Auslegung eines Gesetzes ähnlichen Schwierigkeiten rufen können, wie sie bei der Beratung dos Gesetzes zutage traten.

Wir haben bereits anlässlich der Behandlung des Postulates Gnägi, im Bericht über die Geschäftsführung im Jahre 1922, unserer Überzeugung dahin Ausdruck gegeben, dass eine Ausdehnung der Kompetenzen des Bundes auf dem Gebiete des Ausbaues der hydraulischen A n l a g e n nicht im ' aligera* inen Interesse liege. Die eidgenössischen Bäte haben dieser Auffassung zugestimmt. Hinsichtlich der Fortleitung und Verteilung der Energie haben wir uns damals die Stellungnahme vorbehalten. Wir werden im vorliegenden Bericht darauf zurückkommen. So wenig es aber einerseits angezeigt erscheint, die Befugnisse des Bundes mit Bezug auf den eigentlichen Ausbau der W a s s e r k r ä f t e auszudehnen, so wenig kann unseres Erachtens anderseits eine Beschränkung in Frage kommen. Auch die auseinandergehenden Ansichten in den Bäten zeigen, dass das Wasserrechtsgesetz in dieser Beziehung doch die richtige Mittellinie einhält.

Es liegt im hohen Interesse des Landes, daes das Gesetz noch in wirtschaftlich ruhigeren Zeiten erlassen werden konnte. Heute würden die wirtschaftlichen Interessengegensätze nur unter aussergewöhnlichen Schwierigkeiten zu überwinden sein.

II.

Die Anwendung des Gesetzes.

Mit Bezug auf die Anwendung des Gesetzes in seinen wirtschaftlichen Bestimmungen erachten wir einige Bemerkungen als angezeigt. Der Schweizerische Wasserwirtschaftsverband sowie der Schweizerische Ingenieur-
und Architektenverein bekundeten ihr Interesse an den Problemen der Wasserund Elektrizitätswirtschaft in Eingaben, welche sie an das eidgenössische Departement des Innern richteten. Den gemachten Vorschlägen wurde nach Möglichkeit Bechnung getragen.

In weiten Kreisen besteht vor allem die Auffassung, dass in der Festsetzung des Wasserzinses und der übrigen Leistungen des Konzessionärs weitere Erleichterungen geschaffen werden sollten.

836 Das Wasserrechtsgesetz bezweckte unter anderem, die "Wasserkräfte der Spekulation zu entziehen; ernsten Bewerbern aber sollten in der Tat erträgliche Bedingungen gestellt werden.

Die Konzessionsgebühr sollte eine Entschädigung für die Aufwendungen des Staates bei der Prüfung und Genehmigung des Konzessionsgosuches sein. Aus der beträchtlichen Höhe dieser Gebühr in manchen Fällen geht hervor, dass sie offenbar gleich wie der Wasserzins als Entgelt für das eingeräumte Nutzungsrecht gilt. Bereits damit wird aber über den Sinn und Geist des Gesetzes hinausgegangen. Der Bundesrat kann allerdings nach Art. 48, Abs. 8, des Wasserrechtsgesetzes nach Anhören der Kantone die Leistungen bestimmen, die dem Bewerber über den Waaserzins und die Gebühren hinaus höchstens auferlegt werden dürfen.

Gemäss Art. 50, Abs. l, ist die Erhebung des Wasser zinses vor Betriebsbeginn nicht zulässig. Das Bundesgericht, das mit Bezug auf die Anwendung dieser Bestimmung zuständig ist, hat Art. 50, Abs. l, für zwingend erklärt (vgl. Amtliche Sammlung der Entscheide des Bundesgerichts, Band 49, I, S. 160 ff.).

Erleichterungen für den Konzessionär ergeben sich auch deutlich aus Art. 50, Abs. 2, welcher den Erschwernissen in der Absetzung der Energie in den ersten Jahren nach der Erstellung der Anlagen in gebührendem Masse Eechnung trägt, und ferner aus Art. 49, Abs. 2, welcher eine Herabsetzung des Wasserzinses bei Werken mit grossen Akkumulieranlagen vorsieht.

Auch hinsichtlich der übrigen Konzessionsbedingungen sind die Bundesbehörden der Ansicht, dass danach getrachtet werden soll, die Werke damit nicht mehr zu belasten, als unbedingt notwendig ist. Wir haben auf diese Verhältnisse bereits mehrfach im Geschäftsbericht hingewiesen. Anderseits sollen natürlich auch nicht Anlagen gewählt werden, bei welchen andere Interessen in besonders hohem Masse geschädigt werden.

Die Wahrung des allgemeinen Wohles besteht in erster Linie darin, der schweizerischen Volkswirtschaft Energie zu billigem Preise zur Verfügung zu stellen.

B. Ausfuhr und Einfuhr elektrischer Energie.

I.

Grundsätzliche Gesichtspunkte; technische und wirtschaftliche Verhältnisse; bisherige Erfahrungen.

Die A u s f u h r elektrischer Energie wird in einem einzigen Artikel des Wasserrechtsgesetzes (Art. 8) ganz generell, jedoch gleichwohl umfassend geregelt. Soweit nämlich besondere Bestimmungen nicht aufgestellt sind, wurden die Kompetenzen dem Bundesrato übertragen. Dies war mit Rücksicht auf die in den Anfängen befindliche Entwicklung die zweckentsprechende Lösung.

837 Dio Einwendungen, welche gegen die Ausfuhr elektrischer Energie geltend gemacht wurden, waren zum Teil solche grundsätzlicher Art, welche auf politischen und wirtschaftlichen Erwägungen fussten. Die hauptsächlichsten Einwendungen ergaben sich jedoch aus dem Verhältnis zwischen Ausfuhr und Inlandversorgung, indem mit Recht geltend gemacht wurde, dass die Ausfuhr nur gestattet werden solle, wenn vorher die zur Ausfuhr bestimmte Quote im Inland zur ganzen oder teilweisen Übernahme angeboten wurde, und zwar zu Preisen und Bedingungen, die für den Abnehmer ini Inlande unter sonst gleichen Verhältnissen nicht ungünstiger sind als für die ausländischen Abnehmer.

* 1. Grundsätzliches.

Die gegen eine Ausfuhr elektrischer Energie geltend gemachten grundsätzlichen Bedenken bestehen darin, dass befürchtet wird: 1. die Wahrung der Unabhängigkeit der Schweiz, insbesondere die Wahrung der Neutralität der Schweiz, könnte erschwert werden, und 2. wirtschaftliche Einflüsse oder Massnahmen von Seiten des Auslandes könnten Krisenzustande herbeiführen.

Wenn auch diese beiden Einwände nicht unbedingt von der Hand zu weisen sind, so kann dem erstem doch entgegengehalten werden, dass die Verhältnisse bei der Energieausfuhr ähnliche sind wie bei vielen andern Exportindustrien, deren Produkte für unsere Nachbarländer ebenso wichtig sind als elektrische Energie, und die selbst während des Weltkrieges ausgeführt wurden, ohne dass dadurch die Neutralität gefährdet wurde. Übrigens hat auch die Ausfuhr elektrischer Energie während der Jahre 1914--1918 nach Deutschland, Frankreich und Italien in fast normaler Weise stattgefunden. Ein so wichtiger schweizerischer Industriezweig, wie ihn die Produktion elektrischer Energie darstellt, wird sich in seiner Entwicklung in erster Linie den normalen .Zeiten anpassen müssen.

Hinsichtlich des Eintretens von Krisen kann gesagt werden, dass di.L6Gefahr bei der Ausfuhr elektrischer Energie weniger gross ist als bei andern exportierenden Industrien, weil die Lieferungsverträge gewöhnlich für eine längere Dauer abgeschlossen werden. Eine solche Krise wird um so einschneidender, je grösser das Verhältnis der normalerweise an das Ausland abgegebenen zu der vom Inlandkonsum aufgenommenen Menge des Industrieerzeugnisses ist. Industrien, welche fast ausschliesslich exportieren, werden normalerweise von Krisen am empfindlichsten getroff en. Von den im Jahre 1923 in der Schweiz insgesamt prodvizierten Mengen elektrischer Energie von zirka 8,0 Milliarden Kilowattstunden (kWh) wurden 522 Millionen kWh, also 15%, an das Ausland abgegeben. Dieses Verhältnis gibt im Vergleich zu andern Industrien zu keinen besondern Bedenken Anlass. Da mit zunehmender Distanz des Verbrauchsortes vom Erzeugungsorte die Wirtschaftlichkeit des Energietransportes abnimmt (Leitungsverluste, Kosten für Leitungsbau und Kohlenpreise am Verbrauchsort), so ist die weitere Entwicklung des Exportwesens doch an

838 natürliche Grenzen gebunden. Die Maximaleffekte*) der tatsächlich ausgeführten Energie haben vom Januar 1919 bis Januar 1924 von zirka 63,000 Kilowatt (kW) bis 128,000 kW und die effektiv ausgeführten Energiemengen von 325 Millionen kWh im Jahre 1919 bis 522 Millionen kWh im Jahre 1928 zugenommen. Die exportierte Energiemenge beträgt in Prozenten der total erzeugten Energiemengen : 1919 11% 1920 12% 1921 . 11 % ' 1922 15% 1923 15% (Bezüglich der Qualität der ausgeführten Energie verweisen wir auf die Angaben in don nachfolgenden Abschnitten.)

Aus der nur unbedeutenden Zunahme des Prozentsatzes der exportierten zur total in der Schweiz erzeugten Energiemenge ergibt sich, dass die Ausdehnung des Exportes mit der Ausdehnung des Inlandkonsums und somit mit der allgemeinen Entwicklung auf elektrizitätswirtschaftlichem Gebiete ungefähr Schritt hält.

Es ist für die Schweiz von Vorteil, dass sie an verschiedene Länder Energie abgeben kann. Es ist ferner vorteilhaft, wenn die zu exportierende Energie aus verschiedenen Werken abgegeben wird. Die Bundesbehörden haben in neuerer Zeit bei der Erteilung von Ausfuhrbewilligungen darauf gehalten, dass keine Werke erstellt werden, welche ausschliesslich dem Exporte dienen, sondern dass ein Teil und normalerweise weitaus der grösste Teil der von den einzelnen Unternehmungen erzeugten Energie im Inlande abgegeben werden muss. Dieses Vorgehen trägt auch bei zur Wahrung des schweizerischen Einflusses in Leitung und Kapital der exportierenden Werke, Grundsätzlich soll aber die Abgabe schweizerischer elektrischer Energie an das Ausland nicht verunmöglicht werden. Es ist immerhin notwendig, dass in den Lieferungsverträgen allfälligen Änderungen in der ausländischen Gesetzgebung Bechnung getragen wird.

Z. Die Ausfuhr im Verhältnis zur Inlandversorgung.

Es wurden Bedenken geäussert, dass durch die Energieausfuhr .der inländische Konsum geschädigt werde und dass durch die Preisbildung für die Ausfuhrenergie eine Konkurrenzicrung der einheimischen Industrie durch das Ausland begünstigt werde. Auf diese beiden Punkte werden wir in diesem und dem nachfolgenden Unterabschnitte näher eintreten.

Artikel 8 des Wasserrechtsgesetzes bestimmt unter anderm, dass Bewilligungen zur Ausfuhr elektrischer Energie nur dann erteilt werden sollen, wenn voraussichtlich diese Kraft für
die Zeit der Bewilligung im Inlande keine ange*) Summe der monatlich auf Grund der einzelnen Ausfuhrbewilligungen ausgeführten nicht zusammenfallenden Maximaleffekte,

839

messene Verwendung finden könne und wenn das öffentliche Wohl durch die Ausfuhr nicht beeinträchtigt werde.

Es wird trotz allen Bemühungen kaum möglich sein, den Ausbau der Wasserkräfte dem Energiebedarf im Inlande andauernd und genau anzupassen, einerseits weil der Energiebedarf eher stetig ändert, während die Zunahme an verfügbarer Energie, besonders wenn Grosskraftwerke erstellt werden, mehr sprungweise erfolgt. Die Erstellung grosser wirtschaftlicher Kraftwerksanlagen würde wesentlich erschwert,.wenn nicht die Möglichkeit bestünde, auch Energie an das Ausland abzugeben. Es ist ein dringendes Gebot, dass eine Unternehmung mit dem Bau nicht eher beginnt, als bis der Energieabsatz soweit gesichert ist, dass die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens nicht mehr in Frage steht.

Die Ausfuhrbewilligungen werden in der Eegel nur auf eine im Verhältnis zur Gültigkeitsdauer der Wasserrechtsverleihung beschränkte Dauer erteilt. Es besteht daher die Möglichkeit, zu gegebener Zeit, wenn sich dies ala notwendig erweisen sollte, die bewilligte Ausfuhrenergie dem Inlande wieder zuzuweisen. Die Produktionsmöglicbkeiten ändern von Jahr zu Jahr und im Laufe eines jeden Jahres infolge der variierenden Wasserführung, so dass die Anpassung des Energieabsatzes an die Disponibilitäten wesentlichen Schwierigkeiten begegnet. Es werden normalerweise an die Ausfuhrbewilligungen Bedingungen geknüpft und in die Lieferungsverträge Bestimmungen aufgenommen, welche ermöglichen, zu Zeiten grossen Energiemangels im Inlande die Lieferungen an das Ausland teilweise einzuschränken.

Wenn nun in der Tat die noch disponible Energie im Inland keine Zweckmassige Verwendung finden kann, jedoch zu angemessenen Bedingungen an das Ausland abgegeben werden könnte, so liegt es sowohl im Interesse des liefernden Werkes als seiner inländischen Konsumenten, wenn diese Ausfuhr erfolgt. Das Werk kann seine Einnahmen dadurch wesentlich verbessern bzw. die Preisverhältnisse im Inlande entsprechend günstiger gestalten.

Die vollständige Erfassung und Befriedigung des Inlandbedarfes ist in der Praxis nun allerdings mit einigen Schwierigkeiten verbunden. (Wir verweisen auf die Ausführungen unter C. II, 5.) Die erlassenen Vorschriften über die Ausfuhr elektrischer Energie haben zur Verbesserung der Verhältnisse auf dem Gebiete der Inlandversorgung
wesentlich beigetragen. Insbesondere die neueste Verordnung vom 4. September 1924 sucht im Zusammenhange mit der Erteilung von Ausfuhrbewilligungen und, soweit dies die bestehende Gesetzgebung zulässt, die Inlandversorgung in weitgehendem Masse zu fördern.

Auf Grund der amtlichen Statistik über die zu verschiedenen Jahreszeiten tatsächlich ausgeführten Effekte und Energiemengen ergeben sich folgende Verhältnisse : Die in den Sommerhalbjahren 1919--1928 ausgeführten Energiemengen betragen im gesamten 1116,9 Millionen kWh, die in den Winterhalbjahren 1919/20--1928/24 an das Ausland abgegebenen Energiemengen im gesamten

840 950,7 Millionen kWh. Es entfallen somit von der ab 1. April 1919 bis 81. März 1924 insgesamt ausgeführten Energiemenge 54 % auf das Sommerhalbjahr und 46 % auf das Winterhalbjahr oder, mit andern Worten, die Winterausfuhr beträgt 85 % der Sommerausfuhr. Der schweizerische Energiebedarf macht sich gerade im umgekehrten Sinne geltend. Im Inland verhält sich der Bedarf der.allgemeinen Licht- und Kraftversorgung im Winter zu demjenigen im Sommer in grossen Überlandversorgungen etwa wie 55 : 45 ; in städtischen Anlagen,, wo die Beleuchtung eine grössere Eolle spielt, wie 60:40.

Während der Zeit der grössten Wasserknappheit in den Monaten Januar und Februar 1925 wurde die Ausfuhr aus den Kraftwerken nördlich der Alpen fast vollständig eingestellt. Überdies wurde hauptsächlich während der Nacht durch die Ausfuhrleitungen Energie aus ausländischen kalorischen Anlagen eingeführt, um so Wasser in den Staubecken der Kraftwerke sparen zu können.

Die insgesamt nach Frankreich und Deutschland auf Grund der Bewilligungen, im Januar und Februar 1925 mögliche Ausfuhr beträgt 2,172,886 kWh; die während der grössten Wasserklemme in der letzten Woche Januar und an fangs Februar 1925.dorthin e f f e k t i v e r f o l g t e Energieausfuhr in kWh ist aus folgender Tabelle ersichtlich: Ausfuhr

des Tages

1925

Januar 25.

» 26.

» 27.

» 28.

» 29.

» 30.

» 31.

Februar 1.

.

» 2.

» 8.

· · >.

4.

· » 5.

6.

·

' »

'

7.

während der Nacht

Einfuhr während des Tages der Nacht

Total Mehrausfuhr als Einfuhr

kWh

kWh

kWh

kWh

kWh

221,060 268,900 263,700 265.500 208,200 218,800 256,100 178,170 262,400 219,670 216.250 212,600 218,700 196,200

253,900 228,780 247,950 247,650 189.800 195,950 188,750 182,700 72,770 77,520 85,100 83,200 83,750 85.600

1,300 4,800 3,400 11,000 19,400 11,800 2,500 2,500 19,000 15,000 16,500 20.500 25.000 44,000

21,800 66,500 165,500 164,100 159,000 152,500 80,500 29,500 48,500 133,000 154,000 161,500 160,000 138,500

451,860 426,880 342,750 888,050 219,100 250,450 361,850 328,870 267,670 149,190 130,850 113,800 117,450 99,300

Wenn für die einzelnen Ausfuhrbewilligungen die Summe der maximal erreichten, nicht zusammenfallenden Effekte eines Monats gebildet wird, so ergibt sich, dass der so erhaltene Maximaleffekt*) eines Monats ungefähr *) Der effektive Maximaleffekt beträgt zirka 90--95% zusammenfallenden maximalen Effekte eines Monats.

der

Summe der nicht

841 doppelt so gross ist als der mittlere monatliche Effekt der ausgeführten Energie.

Dieses Verhältnis des maximalen zum mittlern Monatseffekt hat seit 191& nicht geändert und beträgt durchschnittlich im Winter 2,08, im Sommer 1,76.

Nur ein sehr geringer Teil der insgesamt ausgeführten Energie wird nur au solchen Tageszeiten abgegeben, während welchen in der Schweiz allgemein Energieüherschuss besteht. Der grösste Teil dor ausgeführten Energie wird ähnlich wie im Inlande auch an das Ausland, dem im Laufe eines Tages oder einer Woche stark ändernden Licht- und Kraftbedarfe entsprechend, mit stark veränderlicher Leistung abgegeben.

Es ergibt sich daraus, dass die Ausfuhr normalerweise nicht dazu beiträgt, Tages- und Wochenschwankungen in der inländischen Produktion auszugleichen. Sie hilft jedoch mit, das Verhältnis zwischen Sommer- und Winterproduktion zu verbessern. Soweit die Energielieferungen an das Ausland zu Zeiten grosser Energieknappheit im Inlande eingeschränkt werden können, bilden diese Energiemengen eine wertvolle Reserve für den Inlandkonsum.

Die Ausfuhr trägt somit wesentlich dazu bei, die Ausnutzung der Anlagen zu verbessern und die schweizerische E l e k t r i z i t ä t s w i r t s c h a f t im allge^meinen zu beleben.

3. Die Preisverhältnisse in der Energieausfuhr.

Wie der bereits erwähnte Art. 8 des Wasserrechtsgesetzes besagt, darf das öffentliche Wohl durch die Ausfuhr elektrischer Energie nicht beeinträchtigt werden. Die Ausfuhr soll deshalb nur zu Bedingungen erfolgen, welche eine Konkurrenzierung der einheimischen Industrie nicht zulassen.

a. Preise und übrige L i e f e r u n g s b e d i n g u n g e n für die aus Wasserkraft erzeugte elektrische Energie bestimmen sich im Auslande hauptsächlich aus den Bedingungen, nach denen avis Brennstoffen Energie erzeugt werden kann. Es ergibt sich daraus, dass die schweizerische Exportenergie auf dem ausländischen Markte nicht mehr konkurrenzfähig ist, wenn sie für den ausländischen Bezüger wesentlich teurer zu stehen kommt "als die im Ausland aus Kohle oder auf anderem Wege im grossen erzeugte Energie. Wenn man dio zahlenmässig nicht ausdrückbaren Vorteile in Erwägung zieht, welche sich für den ausländischen Energiekäufer daraus ergeben, dass er für die aus der Schweiz bezogene Energie nur kleinere Kapitalien festzulegen braucht,
dass sich ferner aus den verschiedenen und verschiedenartigen Bezugsquellen eine grössere Sicherheit für die ununterbrochene Betriebsführung ergibt, so folgt daraus, dass die schweizerische Energie für Kraftbedarf sehr wohl auf der Preisbasis des ausländischen Kohlenäquivalentes abgesetzt worden kann.

Im Auslande ist die aus Brennstoffen erzeugte Energie billiger als die auJ; gleiche Weise in der Schweiz erzeugte Energie. Auf die Preise der aus Brennstoffen erzeugten Energie sind die Preise des B e t r i e b s s t o f f e s von grossem Einfhiss, während die Preise für hydroelektrische Energie in hohem Masse durch die Aufwendungen für die Anlagen bedingt sind.

842

b. Die Preisbildung im Inlande für Kraft- und Lichtstrom ist, wie erwähnt, wesentlich von der Ausnützung der Zentralen und der Leitungen, sowie von der Gebrauchsdauer der bezogenen Leistungen abhängig, indem zum Beispiel bei kurzer Gebrauchsdauer grosse Anlagekosten auf eine geringe Energiemenge entfallen und so zu einem verhältnismässig grossen Gestehungspreise für die Energie führen. Die Preise für Energie, welche im Inlande zu Wärmezwecken Verwendung findet, müssen in der Regel weit unter den durchschnittlichen Gestehungskosten (auf gesamte Energieproduktion des Werkes bezogen) angesetzt werden, um mit der Kohle in Wettbewerb treten zu können.

Aus der Kohle kann, wie nachstehend ausgeführt wird, mit einem sehr hohen Wirkungsgrad Wärme erzeugt werden, während bei der Auswertung der Kohle zur Erzeugung mechanischer beziehungsweise elektrischer Energie verhältnismässig geringe Wirkungsgrade erzielt werden : l kg Kohle (Steinkohlenbriketts)1) hat theoretisch einen Wärmeinhalt von zirka 7000 Kalorien *) Davon können ausgenützt werden: 1. Bei Umwandlung in Wärme für Warmwasser- und DampferWirkungsgrad zeugung.

. 75 % » 5250 » ' für Hausbrand 40 % » 2800 ' n 2. Bei Umwandlung in elektrische Energie in Kolbendampfanlagen (mit Kondensation) 11 % » 770 » in Dampfturbinenanlagen (mit Kondensation) gewöhnlicher bisheriger Bauart bis 18% » 1260 » in Dampfturbinenanlagen neuester Bauart mit Drücken über 50 Atmosphären 2) » 25 % » 1750 » Einer kWh entspricht theoretisch ein Wärmeinhalt von . . . . . .

860 » bei Umwandlung von l kWh in Wärme bei einem Wirkungsgrad neuerer elektrischer Wärmeapparate von 95 % sind erzeugbar 820 » Daraus ergibt sich nun 1. dass zur Erzeugung derselben Wärme wie mit l kg Kohle in Warm-.

wasser- und Dampferzeugungsanlagen . . . . 820 = zirka 6,4 kWh 2800 in Hausbrand 820 = » 8,4 » 820 elektrischer Energie erforderlich sind, und !) Entsprechend einem Mittelwert des Heizwertes.

) Bisher nur vereinzelte Ausführungen.

a

843 2. dass 1 kg Kohle 770 in Kolbendampfanlagen (mit Kondensation) ^r = zirka 0,» kWh *) ob"

in neuen Dampfturbinenanlagen -^^ bis -^^ = zirka 1,6, bis 2,o kWh ^ oOU

ooU

im Maximum elektrische Energie erzeugt werden können.

Wenn somit die Tonne Kohle zu Fr. 70 erhältlich ist (l kg Kohle = 7 Bp.), so darf, um z. B. in Heisswasser- und Dampfanlagen gemäss 1) dieselbe Wärme zum gleichen Preise auf elektrischem Wege zu erhalten, die kWh am Ver7 brauchsort nicht höher als mit -=- = l)i Bp- bewertet werden. Für einen abschliessenden Vergleich müssen ausser den Kosten für den Betriebsstoff (Kohle bzw. elektrische Energie) auch die aus den Installationen sich ergebenden Jahreskosten berücksichtigt werden.

Ferner ist aus 2) ersichtlich, dass zur Erzeugung von l kWh elektrische r Energie aus Kohle eine Kohlenmenge im Werte von 3,a--7 Ep. aufgewendet werden muss. Hierzu kommen noch die festen Betriebskosten der Dampfzentrale sowie die Arbeitslöhne, woraus ersichtlich ist, dass für Licht- und Krafterzeugung die Wasserkraft normalerweise die Konkurrenz mit der Kohle aufzunehmen imstande ist.

Die Erzeugung elektrischen Stromes in Dampfturbinen- oder Diosolmotorenanlagen kann immerhin noch in Frage kommen und in der Schweiz wirtschaftlicher sein als die Erzeugung in Wasserkraftanlagen, wenn es sich um die Erzeugung von elektrischer Energie mit sehr kurzer Betriebsdauer handelt (Spitzenkraft), weil alsdann der teure Betriebsstoff nicht so sehr ins Gewicht fällt und da die Anlagekosten für Verbrennungsmotoren doch bedeutend geringere sind als für Wasserkraftanlagen.

c. Sowie die schweizerische Energie im Auslande zu Preisen abgegeben wird, die über dem ausländischen Marktpreise liegen, so findet eine K o n kurrenzierung der schweizerischen Industrie im allgemeinen nicht statt. Denn würde die schweizerische Energie nicht geliefert, so würde die entsprechende Energiemenge vom Auslande selbst auf kalorischem Wege^ erzeugt. Eine Konkurrenzierung der schweizerischen Industrie findet unter der erwähnten Voraussetzung selbst dann nicht statt, wenn der Preis der ausgeführten ^Energie etwas unter dem inländischen Energiepreise liegt. Für jene Energie, welche für Beleuchtung, Heizung, Kleinmotoren und für Industrien, welche in der Schweiz nicht vorkommen, Verwendung findet, kommt eine Konkurreuzierung von vornherein nicht in Frage. Es ist darauf hinzuweisen, dass die Lieferung meistens an ausländische Elektrizitatsgrossunternehmungen erfolgt, welche ihrerseits wiederum die Energie an
Gross- und Kleinabonnenten weiter verkauft. Die Preise werden, bis die Energie an die Verbrauchsorte gelangt, aus rein administrativen Gründen bereits wesentlich erhöht. Dazu kommen noch Kosten und Verluste aus Übertragung, Transformierung und Ver] ) Diese Ziffern sind Höchstwerte und beziehen sich auf volle Belastung der Maschinen. Im praktischen Betrieb (Jahresdurchschnitt) sind sie geringer.

ti.

844

teiluiig des Stromes. Bedenken über die Möglichkeit der Konkurrenzierung wurden eigentlich nur von Seiten der Karbidindustrie geltend gemacht.

In der Öffentlichkeit wurden häufig in unrichtiger Weise die Preise für inländische Kleinabonnenten den Preisen ausländischer Elektrizitätsunternehmungen gegenübergestellt. Wenn man bedenkt, dass die Kosten für die Ü b e r t r a g u n g und Verteilung der Energie die Kosten der Erzeugung bei den meisten Unternehmungen erreichen und bei vielen sehr wesentlich übersteigen, so ist es auch verständlich, dass die Belieferung von Elektrizitätsgrossunternehmungen billiger erfolgen kann als von einzelnen Kleinabonnenten (vgl. Angaben unter C,I). Überdies wurden häufig die übrigen Lieferungsbedingungen, wie z. B. die Bedingung der Einschrimkbarkeit, welche für die Beurteilung ebenfalls sehr wesentlich sind, nicht in Betracht gezogen. Die zur Ausfuhr angemeldeten Energiemengen sind dem Inland jeweilen zu gleichen Bedingungen angeboten worden. In manchen Fällen wurde erreicht, dass ein Teil dieser Energie den inländischen Bezügern zugewiesen werden konnte. In vielen Fällen aber konnte sich der inländische Bezüger zur Übernahme der ganzen Energiequote oder eines Teiles derselben zu gleichwertigen Bedingungen nicht verpflichten. Gelegentlich werden auch in unrichtiger Weise Preise für ausgeführte und im Inland abgegebene Energie einander gegenübergestellt, die zu verschiedenen Zeiten und unter verschiedenen Verhältnissen vertraglich festgelegt wurden.

Es ist auch zu erwähnen, dass die Preisberechnung in Städten vielfach nicht allein nach kaufmännischen Grundsätzen erfolgt, sondern dazu benutzt wird, erhebliche indirekte Steuern einzubringen.

Auch wenn eine Konkurrenzierung der einheimischen Industrie nicht stattfindet, so muss doch mit Bücksicht auf die einheimischen Konsumenten das ausführende Werk darnach trachten, dass die Inlandpreise für gleichartige Energie nicht höher sind als die Exportpreise.

Bei der Behandlung der Ausfuhrgesuche wurde ganz besonders Gewicht darauf gelegt, dass die Ausfuhr zu volkswirtschaftlich angemessenen Bedingungen erfolge. Die Entwicklung der Preisbildung für Ausfuhrenergio zeigt folgende Zusammenstellung: ....

1920 1921 1922 1923

Energiemenge ausgeführt

Davon Sommerenergie

Einnahmen Total -pro kWh

877 Millionen kWh 58,4 % 6,3 Millionen Er.

1,07 Ep.

328 » » 58,7 % 6,7 » » 2,04 » 463 » » 52,4 % 10,0 » » . 2,io » 522 » » 56,5 % 12,7 » » %,u » Insbesondere der Umstand, dass einzelne Elektrizitätsunternehmungen mit andern schweizerischen Unternehmungen auf dem ausländischen Markte in Wettbewerb traten, musste im Interesse der Werke selber, im Interesse der Konsumenten, aber auch im Interesse der gesamten schweizerischen Volkswirtschaft zur Ergreifung neuer Massnahmen führen.

845

Es wurden verschiedene Lösungen in Erwägung gezogen: Monopol des Bundes; Monopol einer Privatgesellschaft; Erteilung von Bewilligungen nur an die Gesellschaft, welche für das betreffende Versorgungsgebiet zuerst eine Bewilligung erhalten hatte ; Beschränkung der Bewilligungen auf ganz kurze Dauer; Errichtung einer von den Elektrizitätsunternehmungen bestellten privaten Treuhandstelle; Kontingentierung der den einzelnen Gesellschaften zur Ausfuhr zu bewilligenden Energiemengen und Herbeiführung einer Verständigung unter den Werken über dio Preise und übrigen Lieferungsbedingungen.

Wir kamen nach Würdigung aller Verhältnisse zum Schlüsse, dass die zuletzt erwähnte Lösung den allgemeinen Interessen am besten dient. Es sind auf diesem Wege bereits Erfolge erzielt worden.

Es soll dabei darnach getrachtet werden, einerseits durch Unterlassung der gegenseitigen Unterbietungen schweizerischer Lieferanten auf dem ausländischen Markte die Preise für die ausgeführte Energie zu erhöhen, anderseits durch Erstellung nur wirtschaftlicher K r a f t w e r k e , Erleichterung der Konzessionsbedingungen (vgl. die Ausführungen im Abschnitt A) und geeignete Verwendung der Einnahmen aus der Ausfuhr, die Preise im Inland herabzusetzen.

4. Einfuhr elektrischer Energie.

Bei der Behandlung von Ausfuhrgesuchen haben sich Gesuchsteller bereiterklärt, im Winter bei Energieknappheit in der Schweiz, wenn möglich, Energie aus den kalorischen Anlagen des ausländischen Bezügers dem schweizerischen Versorgungsgebiet zuzuleiten.

Ein solches Vorgehen kann bis zu einem gewissen Grade zweifellos im Interesse der Schweiz liegen; es ist allerdings unwahrscheinlich, dass für die Schweiz auf diese Weise ein genügender Ausgleich im Energiehaushalt bewerkstelligt werden kann. Auch im Auslande stellt sich nämlich der grösste Bedarf an Energie im Winter ein. Der Ausbau der kalorischen Anlagen im Auslande wird diesem grössten Bedarf angepasst. Damit diese kalorischen Anlagen im Winter Energie, auch Tagesenergie in grösserem Umfange, an die Schweiz abgeben könnten, müssten dieselben entsprechend grösser ausgebaut werden und würden dadurch wohl kaum wirtschaftlicher werden. Solche Bezüge aus dem Ausland, die normalerweise gerade dann erfolgen müssten, wenn auch im Auslande der grösste Bedarf sich einstellt, werden in grösserem Umfange kaum
unter günstigen Preisbedingungen erfolgen können und dürften sich in der Hauptsache auf Nachtenergiebezüge beschränken. Immerhin kann bereits die Lieferung von Nachtenergie erwünscht sein (vgl. die Angaben unter B, I, 2).

846 IL Regelung der Energieausfuhr auf Grund der bisherigen Erfahrungen.

1. Frühere Ausfuhrverordnungen und Bundesratsbeschlüsse.

Gestützt auf Art. 8 des Wasserrechtsgesetzes erliessen wir erstmals die Verordnung vom 1. Mai 1918. Sie enthält in der Hauptsache technische und administrative Bestimmungen. Die rasche Entwicklung machte eine Neuordnung bereits im Jahre 1921 notwendig (Bundesratsbeschluss vom 3. Juni 1921). Es wurde die Einreichung der S t r o m l i e f e r u n g s v e r t r ä g e mit den ausländischen Abnehmern oder doch die Angabe der wichtigsten Lieferungsbedingungen verlangt ; inländischen Interessenten wurden die wichtigsten Lieferungsbedingungen zur Kenntnis gebracht (vgl. auch den Bundesratsbeschluss vom 18. April 1922), damit es ihnen ermöglicht werde, die eigene Versorgung gestützt auf diese Grundlagen zu prüfen. Die inländischen Konsumenten sollten unter gleichen Bedingungen unbedingt den Vorzug haben vor den ausländischen Bewerbern. Um diesen Grundsatz auch praktisch durchführen zu können, wurde die Einsprachefrist, die bisher nur zirka 14 Tage betragen hatte, auf drei Monate ausgedehnt. Es wurde auch die Einreichung eines generellen Planes der Fernübertragungsleitungen verlangt.

Imgleichen Jahre wurde die Kommission für A u s f u h r elektrischer Energie bestellt, welche die Gesuche um Bewilligung zur Ausfuhr elektrischer Energie zuhanden dea Departements des Innern und des Bundesrates zu begutachten hatte. In dieser Kommission waren bereits Produzenten und Konsumenten in gleicher Weise vertreten (Bundesratsbeschluss vom 10. Oktober 1921). Uni die rasche Behandlung der Gesuche so weit als möglich durchführen zu können, wurden in der Folge zwei Suppleanten gewählt (Bundesratsbeschluss vom 26. Februar 1928), und es wurde dem Departement des Innern die Kompetenz zur Erteilung von Bewilligungen von geringer Bedeutung übertragen (Bundesratsbeschluss vom 19. Januar 1923).

Unterm 4. September 1924 erliessen wir eine neue Verordnung, in welcher die Fragen über die Inlandversorgung in so weitgehendem Masse geregelt wurden, als dies im Eahmen der heutigen Gesetzgebung möglich ist.

2. Die neue Ausfuhrverordnung vom 4. September 1924.

Diese wurde im Schosse der Kommission für Ausfuhr elektrischer Energie durch eingehende Beratungen sehr sorgfältig vorbereitet und hierauf noch der
eidgenössischen Wasserwirtschaftskommiesion zur Begutachtung unterbreitet.

a. Um zu verhindern, dass die exportierenden "Werke sich im Ausland gegenseitig konkurrenzieren und um zu ermöglichen, dass die Energie an das Ausland zu angemessenen Bedingungen abgegeben wird, bestimmt Art. 12, Abs. 3, der neuen Verordnung:

847

«Werke, die in dasselbe ausländische Absatzgebiet Energie liefern bzw.

zu liefern gedenken, können verhalten werden, sieh zu verständigen.» 6. Hinsichtlich der Deckung des Inlandbedarfes wird ausgeführt: Art. 12, Abs. l und 2: «Bevor ein Ausfuhrgesuch gestellt wird, hat der Gesuchsteller die zur Ausfuhr bestimmte Energie in geeigneter Weise den ·wirtschaftlich erreichbaren inländischen Strorakonsumenten anzubieten,» (Die Möglichkeit, anlässlich der Ausschreibung eines Gesuches Einsprache einzureichen, bleibt bestehen.)

«Bei der Einreichung des Gesuches soll die Frage der Verwendung deiEnergie im Inlande in der Hauptsache abgeklärt sein.» Art. 14, Abs. l : «Der Gesuchsteller hat die zur Ausfuhr bestimmte Energie den inländischen Strombezügern zu mindestens gleich vorteilhaften Bedingungen anzubieten wie dem ausländischen Abnehmer, sofern gleiche Verhältnisse vorliegen.» c. Die Stromvermittlung wird in Art. 15 wie folgt geregelt: « Gehört der inländische Strombezüger nicht direkt dem Versorgungsgebiet des Gesuchstellers an, so hat sich dieser an die für die Versorgung in Betracht kommenden Unternehmungen zu wenden und alles zu tun, um eine Verständigung über die Lieferung an den inländischen Bezüger herbeizuführen.» d. Sofern den unter a und b erwähnten Punkten Genüge geleistet wurde, wird die Ausfuhr gemäss den nachstehend genannten Bestimmungen erleichtert: Die dreimonatige Einsprachefrist wurde auf eine einmonatige verkürzt (Art. 6, Abs. 1).

Die Kantonsregierungen s i n d n i c h t v e r p f l i c h t e t , ihre Vernehmlassungen abzugeben, es bleibt ihnen vielmehr freigestellt, ob sie dies tun wollen. Die Anhörung beschränkt sich dabei auf die zunächst interessierten Kantone (Art. 7).

Die Kompetenzen des Departements des Innern wurden beträchtlich erhöht (endgültige Bewilligung für 500 statt 50 Kilowatt; vorübergehende Bewilligung für 2000 statt 500 Kilowatt), um die Erledigung von Angelegenheiten untergeordneter Bedeutung nicht in unnötiger Weise zu verzögern.

e. Die neue Verordnung enthält im übrigen Bestimmungen über das Verfahren bei der Behandlung der Gesuche und der Einsprachen, über die Ausweise, welche vom Gesuchsteller über die Deckung des Inlandbedarfes zu erbringen sind und über die Kontrolle der ausgeführten Energie.

/. Die Kommission für A u s f u h r elektrischer E n e r g i e ,
in welcher Konsumenten und Produzenten in gleicher Weise vertreten sind und deren Tätigkeit sieh bisher gut bewährte, wird beibehalten und ihr Aufgabenkreis näher umschrieben.

848

Wir glauben, dass auf Grund dieser Verordnung auf dem Gebiete der Elektrizitätswirtschaft wesentliche Fortschritte erzielt werden können.: Auf dem Gebiete der Energieausfuhr e r a c h t e n wir weitere Massnahmen v o r l ä u f i g nicht erforderlich. Dem Punkte l des Postulates wird mit der neuen Verordnung (Art. 12 und 14) Genüge geleistet.

C. Die Fortleitung und Abgabe elektrischer Energie im Inland.

l, Leitungsbau: 1. Die Portleitung elektrischer Energie wird durch das Bundesgesetz b e t r e f f e n d die elektrischen Schwach- und Starkstromanlagen, vom 24. Juni 1902 (Schwach- und Starkstromgesetz), geregelt, welches gestützt auf die Art, 23 (Errichtung öffentlicher Werke und Expropriation), 26 (Eisenbahngesetzgebung), 36 (Post- und Telegraphenwesen), 64 (Gesetzgebung über Zivilrecht) und 64bia (Gesetzgebung über Strafrecht) der Bundesverfassung erlassen .wurde. Um dem Schwach- und Starkstromgesetz eine bessere verfassungsmässige Grundlage zu geben, wurde später anlässlich der Beratung von Art. 24bis der Bundesverfassung diesem Artikel der letzte Absatz (Absatz 9) beigefügt. Man wollte damit überdies auch eine weitere Ausgestaltung der Gesetzgebung auf dem Gebiete der Portleitung und der Verteilung elektrischer Energie ermöglichen.

Auf Art. 23 der Bundesverfassung (Verfassung 1848: Art. 21) stützt sich ferner das Bundesgesetz b e t r e f f e n d die Verbindlichkeit zur Abtretung von Privatrechten, vom I.Mai 1850 (Expropriationsgesetz).

2. Die technischen und wirtschaftlichen Verhältnisse mit Bezug auf den Leitungsbau haben sich seit zirka 20 Jahren gründlich verändert : die möglichst weitgebende Berücksichtigung wirtschaftlicher Fragen, sowie allgemeiner Interessen erscheint heute dringlich. Wenn die erzeugte Energie in der Schweiz leichte und gleichmässige Verwendung finden soll, muss für die Übertragung und Verteilung auch ein zweckmässig angelegtes Leitungsnetz zur Verfügung stehen. Welch grosse Bedeutung einer zweckmässigen Anlage und Ausnützung des Übertragungs- und Verteilleitungsnetzes im Interesse einer Verbilhgung der elektrischen Energie zukommt, ergibt sich schon daraus, dass die Kosten für Ubertragungs- und Verteilanlagen im Verhältnis zu den Kosten für die Erzeugung der Energie ausserordentlich hohe sind. Über diese Verhältnisse sind uns nachstehende Angaben gemacht worden:

849 Unternehmungen

Elektrizitätswerk der Stadt Basel

Jahr

1923

Zürich

Bern

1923

1924

Bernische Kraftwerke

1923

NordostEntreprises Electriques schweizeFrirische bourgeoises Kraftwerke 1923

1924

Anlagekosten Mill Fr. % Mili. Fr. % Mill.fr. "/· Mili. Ft. % Mili. Fr. % MUl. Fr. %

für Produktion Übertragung Verteilung Total Anmerkung:

12,6

47 18 35

35,5

100

16,6

6,4

,,Übertragung" und ,,Verteilung" «erlitten iicn nur für dii nasikitidtisoliB Abgabe.

5,o 6,2

45 55

II, i 100 Keing Übertragung aul groüB Distanz.

In ,,Virteilung" sind dii Zeblsr und Hesiappartte nicht Inbegriffen.

66

30,o

60

61,e

}45

72 |40j2

34

V

20,i

76 24

16,7

9 31

63

100 118,o

100

50,1

100 81,s

100

18

28

78,4

Liifendie Essrjii auch im Till an andin UiMnuingen mit tipm hrleilnlzen.

LJaftn «g Enmiii IDT in WitdifMilifir.

Insbesondere sollte beim Bau und Betrieb von Kraftübertragungsleitungen nicht nur den Bedürfnissen des Unternehmens, welches die Leitung erstellt ·oder zu Eigentum besitzt, entsprochen werden, sondern auch das allgemeine Landesinteresse berücksichtigt worden, z. B. durch eine planmässige Ausgestaltung des schweizerischen Kraftleitungsnet/es.

Die Unternehmungen sollten daher verpflichtet werden können, beim Bau von Leitungen der zu erwartenden künftigen Entwicklung Rechnung zu tragen, sich nötigenfalls mit andern Unternehmungen zusammenzuschliessen zwecks gemeinsamer Benützung bestehender Leitungsstränge oder bestehender Träger zur Anbringung neuer Stränge oder auch zur gemeinsamen Erstellung neuer Leitungen.

Die Frage, in welcher Weise diesen Verhältnissen am besten Bechnung getragen werden kann, wird noch geprüft.

II. Inlandversorgung: 1. Gesetzliche Grundlagen.

Das Problem der Inlandversorgung wurde bisher gesetzgeberisch nicht eigentlich geregelt, obschon Art. 24bis, Absatz 9, der Bundesverfassung die Grundlage hierzu bieten würde. Es werden lediglich im Schwach- und Starkstromgesetz und im Wasserrechtsgesetz einzelne Punkte berührt.

Das Schwach- und S t a r k s t r o m g e s e t z berührt die Inlandversorgung indirekt durch die Bestimmungen über den Leitungsbau, direkt aber nur in einem einzigen Artikel (Art. 46), welcher ausführt, dass die Gemeinden zum Schutze ihrer Interessen das Recht zur Mitbenützung ihres öffentlichen Eigentums für Einrichtungen zur Abgabe elektrischer Energie innerhalb der Gemeinde verweigern oder an beschränkende Bestimmungen knüpfen können.

Bundesblatt 77. Jahrg. Bd. I.

58

850 Auch das W a s s e r r e c h t s g e s e t z hat sich mit der Abgabe elektrischer Energie im Mande nur in einem einzigen Artikel befasst. Art. 10 ermächtigt den Bundesrat, Gebietsabgrenzungsverträge unter den Elektrizitätsunternehmungen abzuändern, wenn diese Verträge dem öffentlichen Interessezuwiderlaufen. Diese Bestimmung steht in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit den übrigen Vorschriften des Wasserrechtsgesetzes. Eine weitergehende gesetzliche Eegelung der Inlandversorgung war bei den Beratungen, des Wasserrechtsgesetzes erwogen, jedoch fallen gelassen worden.

Auf Grund des Art. 55, Absatz d, desWasserrechtsgesetzes besteht dieMöglichkeit, anlässlich der Erteilung von Wasserrechtskonzessionen Bestimmungen in die Konzessionen aufzunehmen, welche unter Umständen geeignet sein können, die Inlandversorgung zu fördern. Art. 55, Absatz d, bestimmt,, dass in die Verleihungen aufgenommen werden können z. B. Bestimmungen über die Gestaltung der Tarife, über die Herabsetzung der Strompreise bei erhöhtem Gewinn, über die Versorgung einer Gegend mit Kraft. Für die Bundesbehörden kommt die Anwendung dieses Artikels nur in Frage bei internationalen Konzessionen, sowie bei interkantonalen dann, wenn sich die beteiligten Kantone nicht einigen können. Der Ausgleich der sich entgegenstehenden Interessen anlässlich der Erteilung von Wasserrechtskonzessionen ist übrigens bei der heutigen Wirtschaftslage bereits derart schwierig > dass die eingehende Eegelung all dieser Punkte den Abschluss der Konzessionsverhandlungen allzusehr verzögern müsste. Meist sind auch die Verhältnisse über die Tarifbildung anlässlich der Erteilung einer Konzession noch nicht genügend abgeklärt. Im übrigen ist die Rentabilität der Kraftwerksunternehmungen keine hohe, so dass auch den Bestimmungen des Art. 55, Absatz dr .keine grosse praktische Bedeutung zukommt.

2. Abgrenzung der Versorgungsgebiete.

Man wollte mit dem System der Gebietsabgrenzungen verhindern, dass; mehrere Unternehmungen Verteilanlagen in ein und demselben Versorgungsgebiet erstellen, weil sonst-zweifellos die Anlage eines rationellen Verteilnetzes verunmöglicht würde. Solche Gebietsabgrenzungen sind daher wirtschaftlich begründet.

Mit Art. 10 des Wasserrechtsgesetzes suchte man nun anderseits allfälligen Auswüchsen, welche sich aus diesem System ergeben könnten, zu begegnen. Art. 10 des Wasserrechtsgesetzes hat nun aber die Erwartungen,, die man wohl auf ihn hinsichtlich des Schutzes der Konsumenten setzte, nicht erfüllt. In den meisten Fällen, in denen die Inlandversorgungnicht befriedigt, kann eine wirtschaftliche Lösung nicht einfach in einer Verschiebung der Grenze der Versorgungsgebiete gefunden werden. Weitergehend darf aber wohl Art. 10 des Wasserrechtsgesetzes doch nicht interpretiert werden. Eine Verschiebung der Grenze des Versorgungsgebietes allein kann schon aus dem Grund nicht befriedigen, weil das neue Unternehmen, dem ein Gebiet zugeteilt wurde, nicht verhalten werden kann, dieses

jr -

r~:TM*^^r^^«;?ef *,;#··

8S1

Gebiet auch wirklich zu beliefern. Eine Verschiebung der Grenzen der Versorgungsgebiete allgemein in Anwendung gebracht, würde auch den Wert solcher Verträge bedenklich beeinträchtigen und keineswegs zur Bechtssicherheit beitragen. Infolge des geschilderten Umstandes wurde denn auch bei den Btindesbehörden innert bald sieben Jahren nur in drei Fällen eine Abänderung der Gebietsabgrenzungsverträge nachgesucht. In diesen Fällen konnte eine Regelung auf gütlichem Wege erzielt werden.

Nach der gegenwärtig gültigen Gesetzgebung ist der Bund nur während derjenigen Zeit in der Lage, eine Elektrizitätsunternehmung zur Abgabe von Energie in ihrem Versorgungsgebiete zu verhalten, während welcher dieses Unternehmen ein Gesuch für Ausfuhr elektrischer Energie anhängig hat. In diesem Falle gelang es wiederholt, den inländischen Stromkousumenten Energie zu Bedingungen zuzuführen, welche allen Interessen gerecht werden konnten.

Indem der Bund die Gebietsabgrenzungen gestattet, so erhebt sich die Frage, ob die Elektrizitätsunternehmungen allgemein verhalten werden könnten, in ihrem Versorgungsgebiet, soweit dies wirtschaftlich gerechtfertigt ist, Energie zu angemessenen Preisen und Bedingungen abzugeben. Das System der Gebietsabgrenzungen würde in diesem Falle den Elektrizitätsunternehmungen nicht nur das Hecht zur Belieferung zuweisen, sondern auch die Pflicht zur Belieferung unter angemessenen Bedingungen auferlegen. Die Verpflichtung zur Versorgung würde auch dann bestehen, wenn das Unternehmen die Energie von andern Unternehmungen beziehen niüsste.

Da sich gesetzgeberische Massnahmen auch auf das kaufmännische Gebiet erstrecken müssten, sind sie nicht zu empfehlen. Dujreh vermittelnde Tätigkeit der Behörden kann praktisch mehr erreicht werden als durch neue Vorschriften.

3. Der Zwischenhandel.

Wünscht ein schweizerischer Konsument K, der ausserhalb des Versorgungsgebietes A eines Unternehmens liegt, das ein Ausfuhrgesuch gestellt hat, Energie zu beziehen, so ist meist die Berücksichtigung dieses Konsumenten, auch wenn sie an und für sich gerechtfertigt ist, mit sehr grossen Schwierigkeiten verbunden.

Die Bundesbehörden besitzen grundsätzlich kein Mittel, den Unternehmer B, in dessen Versorgungsgebiet der Konsument K liegt, zur Übertragung der Energie des A zu verhalten. Wenn somit der Unternehmer B sich weigert, Energie zu annehmbaren Bedingungen oder überhaupt zu transportieren, so müsste, um den Konsumenten K in seinem Absatzgebiet gleichwohl beliefern zu können, vorerst der Gebietsabgrenzungsvertrag aufgehoben werden und alsdann von A eine neue Leitung nach diesem Konsumenten K erstellt werden. Ein solches Vorgehen ist aber neben dem aus der Aufhebung ·der Gebietsabgrenzungsverträge sieh ergebenden bereits erwähnten Übelstande

852 auch meist unwirtschaftlich. Die Bundesbohonku haben nur im direkten Zusammenhang mit der Behandlung von Ausfuhrgesuchen die Möglichkeit, einzugreifen. Auch in Art. 15 der neuen Ausfuhrverordnung vom 4. September 1924 konnte mangels genügender gesetzlicher Grundlagen nur das ausführende Elektrizitätsunternehmen, jedoch nicht der an der Ausfuhr imbeteiligte Zwischenhändler verpflichtet werden. Wenn mehrere Zwischenhändler beteiligt sind, ist es ausserordentlich schwierig, die administrativen und technischen Hindernisse zu überwinden. Wir haben im Geschäftsbericht für das Jahr 1922 erwähnt, dass in einem Falle neben den Behörden fünf Beteiligte waren.

Leider wurde der Zwischenhandel in unserem Lande zum Teil allzuweit ausgestaltet. Dadurch wird eine wirtschaftliche Versorgung ausserordentlich erschwert. Von den Unternehmungen ist doshalb auf Vereinfachungen im Zwischenhandel hinzuarbeiten. Der Energieausgleich zwischen den einzelnen Landesgegenden wird alsdanh wesentlich erleichtert, die Administrationskosten werden verringert und dadurch die Energiepreise verbilligt.

Der Bundesrat könnte wirksam nur einschreiten, wenn ihm Befugnisse erteilt würden, Zwischenhändler zu v e r h a l t e n , elektrische Energie in Transit zu übertragen, und zwar zu Bedingungen, welche allenfalls von den Behörden unter Berücksichtigung aller Verhältnisse festgesetzt würden.

Freiwillige Verständigungen unter den energietiansportierenden Unternehmungen werden am testen zum Ziele führen,

4. Der Energieaustausch zwischen den schweizerischen Grossunternehmungen; das Sammelschienensystem.

Entsprechend der geographischen Gestaltung des Landes -- Verlauf der Alpen, des Mittellandes und des Juragebirges, mit ihrem verschiedenen Wasserregime -- drängt sich der Energieaustausch innerhalb der einzelnen Landesteile, d.h. zwischen Gebieten im Oberlauf der Flüsse mit Akkumulationsmöglichkeiteri und benachbarten Gebieten der untern Flussläufe mit Niederdruckwerken, also im allgemeinen in der Richtung von Südost nach Nordwest auf. Beispiele : a. Das Albula-, das Heidsee- und das Wäggitalwerk beliefern mit den Werken an der Limmat die Stadt Zürich.

6. Löntsch und Wäggital bringen den Ausgleich mit den Niederdruckwerken der Nordostschweizerischen Kraftwerke am untern Laufe der Aare (Beznau) und des Eheins (Eglisau).

c. Die St. Gallisch-Appenzellischen Kraftwerke beziehen grosse Mengen von Energie von den Nordostschweizerischen Kraftwerken. Sie prüfen eine bessere Verbindung der eigenen Anlage an der Sittor (Kubelwerk) mit den Anlagen in den Glarner Alpen (Muttenseewerk).

d. Die Zentralschweizerischen Kraftwerke verbanden das Niederdruckwerk Eathausen an der Beuss mit dem Hochdruckwerk am Lungernsee.

853

e. Die Bemischen Kraftwerke haben ihre Niederdruckanlagen am Doubs und an der Aare mit den Kraftwerken Spiez und Kandergrund verbunden.

Sie beziehen ferner Energie aus dem Wallis über den Gemmipass; sie streben überdies den Bau der Oberhaaliwerke an. Vorübergehend beziehen sie Energie auch aus dorn Kraftwerk Wäggital.

/. Die Leitungen der «Energie Ouest-Suisse» (EOS) verbinden in dei: Hauptsache den Kanton Wallis mit den Kantonon Waadt und Genf.

Es ist leicht verständlich, dass sich die Elektrizitätsuntemehmungen dadurch unabhängig zu machen trachten, dass sie den Jahresausgleich in eigenen "Werken möglichst herbeizuführen suchen. Sofern dabei die kaufmännischen Gesichtspunkte gewahrt werden, liegt dies auch im allgemeinen Interesse.

Die Betriebsführung wird dadurch wesentlich vereinfacht. Auch die Schweizerischen Bundesbahnen trachten dai nach, den Energieausgleich für den Bahnbetrieb selbständig in den eigenen Anlagen herbeizuführen.

Die Übernahme der Sainmelschienenunternehmungen durch den Bund muss abgelehnt werden, da dio Übernahme derartiger technischer Botriebe nicht im Aufgabenkreis des Bundes liegen kann. Ein solches Unternehmen könnte durch den Bund kaum wirtschaftlicher gestaltet werden als auf privatwirtschaftlicher Grundlage. Die Sammelschienenunternehmungen umfassen übrigens nur einen kleinen Teil des gesamten schweizerischen Kraftübertragungsnetzes. Schon aus diesem Grund könnte der Bund, wenn er diese Unternehmungen übernehmen oder sich daran beteiligen würde, nicht dazu beitragen, in allgemeiner Weise das Problem der Kraftübertragung und der Inlandversorgung zu regeln. Aber auch die Übernahme sämtlicher Kraftübertragungsleitungen kann nicht Aufgabe des Bundes sein. Es würde zu unhaltbaren Zuständen führen, wenn die Energieübertragung, das notwendige Zwischenglied zwischen der auf privat- oder gemischtwirtschaftlicher Grundlage aufgebauten Energieer/eugung einerseits und der Energieabgabe anderseits herausgelöst würde, um sie in die Hände des Bundes oder einer privaten oder gemischtwirtschaftlichen Unternehmung zu legen. Dies würde schliesslich dazu führen, dass der Bund auch die Kraftwerks- und Verteilanlagen übernehmen müsste. Die Zuweisung einer Monopolstellung an eine privato Unternehmung kann auch aus politischen und volkswirtschaftlichen Gründen nicht befriedigen.
Ein reines Leitungsunternehmen, das nicht über sämtliche Übertragungsleitungen verfügen kann, und ein Unternehmen, das sich weder eigene Absatzgebiete sichergestellt hat noch eigene Erzeugungsanlagen besitzt, wird zufolge dieser Abhängigkeit von andern Unternehmungen immer Mühe haben, bestehen /u können.

Aus allen diesen Gründen kommen unseres Erachtens für den Bund neue gesetzliche Massnahmen nicht in Frage. Die Bundesbehörden haben sich darauf zu beschränken, in den Fällen einzugreifen, in denen die bestehende Gesetzgebung ihnen die nötige Befugnis einräumt und im übrigen in ver-

854 mittelndem Sinne zu wirken, in ähnlicher Weise, -wie dies bisher, nicht ohne Erfolg, bereits geschah.

5. Statistik.

Um die verschiedenen, im volkswirtschaftlichen Interesse des Landes gelegenen Fragen beurteilen zu können (Deckung des Inlandbedarfes, Energieverschiebungen), sollte die Statistik Aufschluss geben über: a. das Verhältnis der Wasserführung zu den Produktionsmöglichkeiten der verschiedenen Werke; b. das Verhältnis der Produktionsmöglichkeiten /u den wirklich produzierten Leistungen und Energiemengen; c. das Verhältnis der produzierten Leistungen und Energiemengen zum Energiebedarf ; d. die Art der Verwendung der erzeugten Leistungen und Energiemengen ; e. die auf kalorischem Wege erzeugten elektrischen Leistungen und Energiemengen.

Die Wasserführung wird bereits heute in genügender Weise statistisch erfasst. Die Fragen der Beschaffung des fehlenden statistischen Materials über die Produktionsmöglichkeiten der einzelnen Werke in Funktion der Wasserführung und der Zeit, sowie der fortgesetzten Beschaffung der Angaben über die e f f e k t i v p r o d u z i e r t e n E n e r g i e m e n g e n und über den Ausbau der S t a t i s t i k werden eingehend geprüft.

6. Das weitere Vorgehen.

Aus unserri Ausführungen ergibt sich, dass gewisse Misstimmungen gegen die Ausfuhr weniger auf dem Gebiete der Ausfuhr selbst als vielmehr auf dem Gebiete der Inlandversorgung ihre Ursache haben. Auf dem gelegentlich bereits beschrittenen Wege, an Ausfuhrbewilligungen und Konzession« erteilungen Bedingungen hinsichtlich der Inlandversorgung zu knüpfen, kann wohl gelegentlich ein günstiger Einfluss auf die Inlandversorgung und die Kraftübertragung ausgeübt werden. In allen andern Fällen besitzt der Bundesrat indessen keine Befugnisse, um Elektrizitätsuntemehmungen zu verhalten, Energie zu angemessenen Bedingungen an die Bezüger in ihrem Versorgungsgebiet abzugeben, noch um Leitungeunternehmungen zu verhalten, Energie an Dritte zu übertragen.

Es wären hierzu neue gesetzliche Bestimmungen, -welche gestützt auf Art. 24bls, AI. 9, der Bundesverfassung zu erlassen wären, erforderlich. Wenn solche gesetzliche Massnahmen notwendig werden sollten, müssten sie sich auf die Regelung folgender Punkte beschränken. Es würde sich darum handeln : a. den Ausbau des Kraftübertrftgungsleitungsnetzes nach allgemeinen volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten zu regeln;

855

b. den energieüberfcragenden und energievorkaufenden Unternehmungen nicht nur das Eecht zuzuweisen, Energie zu übertragen bzw. zu verkaufen, sondern auch die Pflicht hierfür zu überbinden; «, dem Bundegrate die Befugnis zu übertragen, in Fällen von ausserordentUcher Wasser- bzw. Energieknappheit Massnahmen im Sinne des Bundesbeschlusses vom 23. Dezember 1921 zu ergreifen, um die Werke zur gegenseitigen Aushilfe und zur rechtzeitigen Inbetriebsetzung der kalorischen Reserveanlagen zu verpflichten und um ferner Gleichmässigkeit im Falle von Einschränkungen herbeiführen zu können.

Wir glauben indessen nicht, dass der Erlass von neuen Gesetzesbestimmungen notwendig ist.

Wenn in Berücksichtigung gezogen wird, wie rasch sich die schweizerische Elektrizitätswirtschaft entwickelte und wie weit dieselbe im Vergleich zu ^andern Ländern fortgeschritten ist, so ist es nicht unverständlich, dass sich dabei gelegentlich gewisse Übelstände zeigten, die aber doch im Verhältnis zu den im .allgemeinen erfreulichen Resultaten keine Ursache bilden, um eine grundlegende Umgestaltung der bisherigen Elektrizitätswirtschaft beantragen zu müssen. Jedes andere System hat auch wieder seine Nachteile. Eine zu starre gesetzliehe Regelung könnte au E die Weiterentwicklung der Elektrizitätswirt eohaft eher hemmend statt fördernd wirken. Es ist deshalb in erster Linie auf dem Wege derfreiwilligen Verständigung der Elektrizitätswerke unter sich und mit den Konsumenten und ferner auf dem Verordnungswege, soweit dies nicht schon erfolgt ist und soweit hierzu die gesetzlichen Grundlagen vorliegen, zu versuchen, allfälligen Übelständen künftighin zu begegnen.

Gesetzgeberische Massnahmon im obenerwähnten Sinne wären nur in Aussicht zu nehmen, wenn durch Erlass von Verordnungen und auf dem Wege der Verständigung keine befriedigenden Resultate erzielt werden könnten. Eine Verständigung dürfte um so eher möglich sein, als sich einerseits die Energieproduzenten im Verband schweizerischer Elektrizitätswerke zusammengeschlossen haben, anderseits auf Seiten der Energiebezüger der Energiekonsumontenverband besteht. Die Bundesbehörden können durch vermittelnde Tätigkeit wesentlich zur Regelung beitragen; sie sind bereits an die genannten Verbände gelangt.

B. Schlussfolgerangen.

Zusammenfassend ergibt sich in der Hauptsache: L Der Ausbau der W a s s e r k r ä f t e ist im Bundesgesetz über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte in befriedigender Weise geregelt. Die Wahrung der kaufmännischen Gesichtspunkte kann nicht wohl auf gesetzgeberischem Wege herbeigeführt werden. Dio sorgfältige Wahrung derselben ist daher nach wie vor den Kraftwerksunternehmungen zu überlassen.

856 II.

Mit der neuen Ausfuhrverordnung vom 4. September 1924 wird dieEnergieabgabe an das Ausland zurzeit in genügender Weise geregelt.

Insbesondere wird damit dem Punkt l des Postulats Rechnung getragen.

III.

Die Tätigkeit des Bundes zur Förderung des Energieausgleiches im Inlande muss sich unter allen Umständen auf eine gesetzliche Regelung bes c h r ä n k e n , für welche die verfassungsmässige Grundlage in Art. 24bis Abs. 9, der Bundesverfassung geschaffen wurde. Eine Übernahme der Sammelschienenunternehmungen oder des gesamten Kraftübertragungswesens durch, den Bund kommt nicht in Frage.

Auf dem Gebiete des Energieaustausches und dt r Inlandversorgung empfiehlt es sich zur Zeit von einer neuen gesetzlichen Eegelung Umgang zu nehmen. Dagegen weiden bereits folgende Massnahmen, welche im Bereiche der Kompetenzen des Bundes liegen, geprüft: 1. Massnahmen zwecks Ausgestaltung des Netzes der Kraftübertragungsleitungen nach allgemeinen Gesichtspunkten, 2. Vermittelnde Tätigkeit, des Bundes im Sinne derHerbeiführungg freiwilliger Verständigungen unter den Elektrizitätsunternehmungen auf dem Gebiete der Energieübertragung und Verteilung. Diese Verständigungen sollen erzielt weiden durch Zusammenarbeit der leitenden Organe des Verbandes schweizerischer Elektrizitätswerke und des.

schweizerischen Konsumenten Verbandes.

3. Besondere Massnahmen hinsichtlich der Energieversorgung des Landes in Fällen ausserordentlichen Wasser- bzw. Energiemangels besonders im Winter.

Damit findet auch Punkt 2 des .Postulates seine Erledigung.

"Wir beantragen Urnen, diesen Bericht gutzuheissen und benützen den Anlass, Sie unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

Bern, den 27. März 1925.

Namens des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Musy.

Der Bundeskanzler:

Kaeslin.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über das Postulat Grimm betreffend die schweizerische Elektrizitätswirtschaft. (Vom 27. März 1925.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1925

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

13

Cahier Numero Geschäftsnummer

1959

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

01.04.1925

Date Data Seite

833-856

Page Pagina Ref. No

10 029 340

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.